Standpunkt, den Stände in dieser Sache einzunehmen haben. Seit⸗ vdem die Regierungen die Initiative in dem Verfassungs⸗Aufbaue ergriffen, seien die Stände in constitutionellen Staaten mit zu Bau⸗ lenten berufen; ihr Wirken sei aber gemessen nach der Bedeutung, welche das einzelne Land in Deutschland einnehme, und sie müssen si vergegenwärtigen, daß sie die freie Bewegung, welche nament⸗ 1 den Regierungen der kleineren Staaten verbleiben muß, nicht sehr beschränken dürfen; auf der anderen Seite aber auch sich err Beschlüssen hüten, deren Unbestimmtheit den Beschluß selbst zum Scheine mache. Sie haben den Zweck, der zu erreichen, und den Seg im Allgemeinen zu bestimmen, die einzelnen Modalitäten aber der Regierung zu überlassen. Die deutsche Verfassung sei das Ziel; dies der edle Kern der Bewegung von 1848, die nicht eher zur Ruhe kommen werde, als bis dies Ziel erreicht sei. Der Redner führt sodann aus, daß das ürsprüngliche Streben nach einer einheitlichen Verfassung für 8 Gesammt⸗Deutschland durch die österreichische Verfassung von Krem⸗ sier unerreichbar geworden sei, und daß so lange, aber auch nur so lange Oesterreich auf dieser Verfassung beharre, dasselbe von dem einheitlichen Deutschlande thatsächlich ausgeschlossen sei; er kann aber nicht zugeben, daß Oesterreich das übrige Deutschland verhin⸗ dern dürfe, sich unter sich enger zu einigen. Er widerlegt die Ein⸗ würfe, daß solche Einigung die Zerstückelung Deutschlands in sich schließe, und daß dadurch Deutschlands Stellung in militai⸗ rischer Hinsicht gefährdet würde; er will nicht warten, wie sich Oestereich entwickelt und ob die rechtlich festgestellte Ver⸗ fassung von Kremsier politisch sich als lebensfähig erweise; er will nur daneben die Bundes⸗Pflichten gegen Oesterreich ge⸗ wahrt, und diesem die Möglichkeit des Eintritts in das engere Deutschland offen gehalten wissen; er erinnert daneben, daß schon vor 1848 Oesterreich in seiner ganzen intellektuellen und materiel⸗ len Gestaltung eine isolirte Stellung gegen die übrigen deutschen Staaten gehabt hat, und daß sich auf jenem Wege nur eine durch die frühere Entwickelung angebahnte geschichtliche Thatsache vollzieht. Hiernach hält er das Verfahren der hannoverschen Regierung, nach Auflösung der National⸗Versammlung, welche ihr Werk auf dem ven ihr eingenommenen Standpunkte der Loslösung von den beste⸗ enden politischen Gewalten der Regierungen nicht durchführen konnte, mit Preußen im Vertrage vom 26. Mai die Einigung an⸗ zubahnen, für angemessen. Das spätere Zerwürfniß sieht er als atürliche Folge der differenten Ansichten an, von welchen Preußen und Hannover beim Abschluß des Bündnisses ausgegangen sind, end welche praktisch heraustreten mußten, sobald nicht alle Inderen deutschen Staaten, außer Oesterreich, dem Vertrage beitra⸗ unz er kann weder Preußen noch Hannover deswegen einen Vor⸗ vurf machen und hat namentlich mit Freuden nach Durchsicht der Aktenstücke den Vorwurf der Treulosigkeit für unsere Regierung als ungerecht erkannt. Er billigt auch die gegenwärtige Stellung Han⸗ aovers zu dem engeren Bündnisse, da der preußische Bund „mit Wenigen“ zu gefährlich für diejenige Selbstständigkeit, für welche unser Land völlig begabt sei, erscheine, bedauert jedoch, daß durch dies beklagenswerthe Ereigniß die Stämme zu altem Haß wieder
aufgestachelt werden, und hält es für Pflicht der Stände, ein ver⸗ söhnendes Wort zu sprechen. Was den jetzt einzuschlagenden Weg anlange, so sei allein dahin zu streben, daß die Regierungen außer Oesterreich sich einigen und einen Verfassungs *Entwurf und die Art der Verhandlung mit der National⸗Vertretung feststellen, und daß sodann eine Reichs-Versammlung wieder berufen werde, um im constitutionellen Wege mit den Regierungen die Verfassung zu vereinbaren. Er will so den Mangel bei der ersten National⸗ Versammlung, das Fehlen der Verbindung mit den Regixrungen, bei der zweiten vermieden wissen. Der Abschluß des Interim end⸗ lich erscheint ihm nach Bundesrecht und nach der Landesverfassung rechtlich zulässig, wenngleich es räthlich sei, die Rechte des Landes noch ausdrücklich zu verwahren; politisch sieht er dasselbe höchst be⸗ denklich an, weil Preußen dadurch auf den Weg gewiesen werde, sich über die deutsche Angelegenheit mit Oesterreich ausgleichen zu müssen, ein Weg, der zur Theilung Deutschlands unter diese beiden Mächte führe. Hiernach stellt er folgenden Antrag: „In Erwägung, daß der Grundgedanke und das Ziel der deutschen Bewegung des Jahres 1848, so wie die Auf⸗ gabe der deutschen National⸗Versammlung auf Grund einer parlamentarischen Verfassung eine engere politische und mate⸗ ritelle Einigung des gesammten Deutschlands gewesen ist; In Er⸗ wägung, daß dieses Ziel nicht dadurch vereitelt werden darf, daß Oesterreich durch seine Reichs⸗Verfassung vom 4. März 1849 die Theilnahme seiner doutschen Lande an jener engeren Einigung für jetzt thatsächlich ausgeschlossen und deshalb nur die Möglichkeit einer dem bisherigen Bundes⸗Verhältniß analogen völkerrechtlichen Union übrig gelassen hat; In Erwägung, daß dem hiernach modi⸗ fizirten Grundgedanken die Theilnahme der Königlichen Regierung an dem Bündnisse vom 26. Maiv. J. eben so entsprach, als der Widerspruch, welchen die Königliche Regierung der sofortigen Konstituirung eines ngeren Bundesstaats ohne Heranziehung des gesammten außer⸗ Zsterreichischen Deutschlands entgegengesetzt hat; wobei jedoch Stände ie daraus hervorgegangene Stellung der verbündeten Staaten, nsbesondere Preußens und Hannovers, als eine sowohl für die Interessen unseres Landes, als des gesammten Deutschlands höchst bedenkliche aufrichtig beklagen. In fernerer Erwägung, daß der Vertrag vom 30. September v. J., die Bildung einer provisori⸗ schen Bundes⸗Central⸗Kommission betreffend, wenngleich der Bei⸗ tritt der Königlichen Regierung zu demselben unter den vorliegenden Umständen durch die Nothwendigkeit geboten sein mochte, den Stän⸗ den keine Veranlassung zu einer Rückäußerung giebt, da die Kö⸗ igliche Regierung eine Genehmigung dieses Vertrags bei den Ständen nicht beantragt hat und es sich von selbst versteht, daß die Rechte des Köntgreichs und der Stände desselben insbeson⸗ dere dadurch in keiner Weise alterirt werden dürfen; aus diesen Hründen gehen Stände über das Schreiben der Königlichen Re⸗ gierung vom 10ten v. M., die deutsche Frage betreffend, insoweit 1 8 motivirten Tagesordnung über. In Erwägung jedoch, daß echt und Wohlfahrt des deutschen Volkes die Verwirklichung jenes mit der preußischen Regierung angestrebten Grundge⸗
rung: Das veheerheischen, ersuchen Stände die Königliche Regie⸗ Selbstverleugnung SZit mit Entschiedenheit, Offenheit und Ende mit allen eei zu verfolgen und zu diesem vernehmen mit den desavcin deeeen⸗ 1en 9. 5 änderungen des Verfassunzedetcn Regierungen über die Ver⸗ baldigst eine solche Einigun Entmurfs vom 26. Mai v. J. Regierungen des gesammten außerelge awelche den Beitritt ver beiführt, so wie daß demnäͤchst asreichischen Deutschlands her⸗ Volkes erweckenden Wahlgesetze 89 einem das Vertrauen des Regierungen berufen und diesen Bertretung desselben von den vertretung die deutsche Reichsverfassung d der also berufenen Volks⸗ ken stellt einen Antrag, welcher alcs aeepeinbart werde.“ Wyne⸗ mit dem von ihm bereits in der frcbee von einigen Zusehen, (auch in der zweiten Kammer von Lang I1. erathung vorgebrachten und darauf in seinen einzelnen Thehten. gestellten) übereinstimmt begründet wird. Er hält es nur für die Ausdemn argse rü 1 1 be der Stände
zu p fen, ob die Rechte und Freiheiten s Volks unan⸗
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getastet geblieben sind, oder ob die Regierung ihre Kompe⸗ zenz überschritten und einseitig solche Maßregeln ergriffen hat, welche die Zustände des Landes so verändern, daß die Zustim⸗ mung der Stände nöthig ist, um ihnen gesetzliche Geltung zu ver⸗ schaffen. Von diesem Standpunkte aus hält er die Regierung nicht für befugt, einseitig 1) der frankfurter Reichsverfassung sich zu ent⸗ ziehen. Wenn er auch zugeben wolle, daß die Regierung von ihrem Standpunkte aus Grund gehabt habe, dieselbe nicht unbedingt an⸗ zunehmen, so habe sie doch vor der Verwerfung die Stände hören und nicht rein auf die Seite der Dynastieen treten müssen. 2) Das Dreikönigsbündniß einzugehen; dadurch werde das Land unter die Oberhoheit Preußens gestellt, unter Veräußerung seiner Selbst⸗ ständigkeit; der Vertrag vom 26. Mai sei auch kein bloßer Entwurf, indem das Statut desselben so eingerichtet sei, daß die Regierung durch das Bundesschiedsgericht gezwungen werden könne, an dem Vertrage festhalten. 3) Das Interim abzuschließen; dasselbe gebe Preußen und Oesterreich auch die Sorge für die innere Sicherheit Deutschlands in die Hand, und die Geschichte lehre zur Genüge, was jene darunter verstehen. Das fernere Ver⸗ halten der Regierung anlangend, so sei es nicht schwer, vom Boden des Rechts aus den Weg anzuweisen. Deutschland habe das Recht, seine Verfassung durch eine Nationalvertretung geschaffen zu sehen, und zwar nicht durch eine Versammlung nach einem beliebigen Wahlgesetze, sondern nach demjenigen, welches der Bundesbeschluß vom 7. April rechtsgültig bestimmt habe. Daher sei vor allem Anderen auf Wiederberufung einer solchen Versammlung hinzu⸗ wirken. Der Redner weist die Einwürfe zurück, als ob, weil angeblich die erste National⸗Versammlung ihre Kompetenz über⸗ schritten (ein Vorwurf, der die Regierungen von Alters her weit mehr treffe) und ihr Werk nicht mehr zu Stande gebracht haben solle, das Volk das Recht auf Berufung einer zweiten National⸗ Vertretung verloren habe, und empfiehlt seinen Antrag als der Würde und Ehre des Hauses entsprechend, will aber eventuell für Herrmann's Antrag stimmen, zu welchem er einige vor der Abstim⸗ mung jedoch von ihm zurückgezogene Verbesserungs⸗Anträge stellt (namentlich dahin, daß der Beitritt zum Interim als unge⸗ rechtfertigt bezeichnet werde, und daß das demnächstige Wahl⸗ gesetz zuvor den Ständen zur Genchmigung vorzulegen sei. Kirchhoff beantragt, dem Beschlusse zweiter Kammer beizutreten, welchen er in seinen einzelnen Theilen kurz beleuchtet. Er ermahnt, nicht an der Zukunft Deutschlands zu verzweifeln und erinnert an den Spruch des alten Römers, es sei nicht eines Menschen Tagewerk, die Verfassung eines Staates festzustellen. Er wünscht nicht, in dem Antrage (wie Herrmann) geradezu auszusprechen, daß Oesterreich ausgeschlossen sel, sieht viel⸗ mehr dessen Zustände als in der Entwickelung begriffen an und stellt in dieser Hinsicht die Verfassung von Kremsier dem Vertrage vom 26. Mai gleich; er wünscht eine Ausbildung des Dreikönigs⸗ Bundes, wie sie die hannoversche Regierung anfänglich beabsichtigt habe, und zunächst die Zusammenberufung einer National⸗Vertre⸗ tung zur Vereinbarung der Verfassung. Daß das desfallsige Wahl⸗ gesetz ohne Zustimmung der Stände nicht zu erlassen sei, hält er durch die Bezeichnung „ein das Vertrauen des Vol⸗ kes erweckendes“, genügend angedeutet. Ministerial⸗Vor⸗ steher Bennigsen erklärt sich mit dem Vorredner im Wesentlichen einverstanden, nicht aber mit dem Hermannschen Antrage, welcher ihm in folgenden Punkten bedenklich erscheint. Zunächst sei die Andeutung im zweiten Satze nicht als richtig zu⸗ zugeben, daß ein engerer Bund ohne die Zustimmung Oesterreichs möglich sei; die Regierung habe immer daran festgehalten, daß die Rechte und Pflichten der früheren Bundesverträge noch fortbestehen. Daß Oesterreich aus dem Bunde durch die Verfassung von Krem⸗ sier ausgetreten sei, lasse sich nicht behaupten; wenn auch das Pro⸗ gramm von Kremsier diese Auslegung zulasse, so haben spätere Er⸗ flärungen des Kaiserlichen Kabinets diese Auslegung wiederhelt zu⸗ rückgewiesen; daß aber Oesterreich durch diese Verfassung ver⸗ hindert werde, seinen Bundespflichten nachzukommen, sei nicht erweislich. Den dritten Satz anlangend, so theile er das Be⸗ dauern über den jetzt thatsächlich eingetretenen Zustand vollkommen, aber die Art, wie dieses ausgesprochen sei, lasse die Mißdeutung eines Tadels für die Regierung zu. Gegen den Schluß des An⸗ trages habe er zu erinnern, daß dadurch der Ausschluß Oesterreichs geradezu dekretirt und daneben die Regierung gebunden werde, mit den Staaten, welche sich gegenwärtig dem Bündnisse vom 26. Mai angeschlossen, in Verhandlung zu treten. Dieser Weg biete augen⸗ blicklich wenig Aussicht auf Erfolg; die früheren Verhaundlungen zwischen Preußen und Bayern seien abgebrochen, und beide Regie⸗ rungen scheinen nicht geneigt zu sein, auf die im Juni v. J. ge⸗ machten Propositionen zuruckzukommen. Hannover und Sachsen haben im Anfang November v. J. ihre Antwort auf die von Preußen proponirten Abänderungen des Verfassungs⸗Entwurfs dem preußischen Ministerium der auswärtigen Angelegenhei⸗ ten zur Mittheilung an den Verwaltungs⸗Rath überrei⸗ chen lassen; diese Mittheilung sei indessen aus einem rein formel⸗ len Grunde abgelehnt worden. Es sei jetzt die Möglichkeit eines anderen Wegs, uͤber welchen er augenblicklich noch keine weitere Mittheilung machen könne, für die Regierung eröffnet; schlage auch dieser Weg fehl, so werde dieselbe doch ihrer Pflicht, im Wege weiterer Verhandlung das Ziel der Einigung zu verfolgen, einge⸗ denk sein. Wachs muth ist der Ansicht, daß der in dem Herr⸗ mannschen Antrage bezeichnete Weg der richtige sei. Er schildert die Uebergriffe österreichischen Einflusses in dem früheren Bunde, welche sich namentlich auch auf Hannover geltend gemacht, und erinnert, daß Oesterreich nur da mit Preußen einig gewesen, wo es sich um Unterdrückung der Freiheit gehandelt, den deutschen Bestrebungen Preußens aber stets hindernd in den Weg getreten sei. Nach seiner Ansicht ist im Programme von Kremsier klar die Absicht ausgesprochen, daß Oesterreich und das übrige Deutschland beiderseits zunächst ihre Verfassung zu ordnen und nach Feststellung derselben über die Vereinigung Leider weiter zu verhandeln haben; Oesterreich habe später zwar diese Auslegung widerrufen, aber that⸗ sächlich nichts geändert. Er hält den deutschen Bund von 1815 und 1820 nicht mehr für bestehend; es existiren nur noch Verhält⸗ nisse daraus und Trümmer, die einer neuen Vereinigung harren; er weiset die Prätension Oesterreichs zurück, die anderen Staaten zu hindern, das zu thun, was es für sich selbst in Anspruch nimmt; es sieht endlich die Gefahren eines engeren außerösterreichischen Bundes als imaginair an und hebt hervor, daß die Idee einer ewigen Verbindung mit Oesterreich, einer Einigung von 70 Mil⸗ lionen, die Gründung eines Reiches der Milte, eine Chimaire sei. Uebrigens hält er den wegen des Rücktrittes vom Ver⸗ trage vom 26. Mai der hannoverschen Regierung gemachten Vorwurf des Treubruchs nach Prüfung der Aktenstücke für unbe⸗ gründet, tadelt aber scharf, daß dieselbe in dem Protokolle vom 26. Mai ihre Voraussetzungen und Vorbehalte nicht deutlich praäͤzisirt habe. Gegenwärtig wünscht er die Wiederaufnahme der Verhand⸗ Csgen mit Preußen und schließt mit der Schilderung der großen Gefahr der Zweiherrschaft Besterrichs und Preußens, für welche er einige beredte Worte aus der Schrift des älteren Gagern (An⸗ theil an der Politik) anführt. Saxer beklagt den gegenwärtigen
Zustand Deutschlands und findet die Schwierigkeit der Einigung in der neben dem Streben nach Einheit dem deutschen Na⸗ tionalcharakter inwohnenden, der ECentralisation widerstreben⸗ den Neigung nach individueller und partikularistischer Frei⸗ heit. Er erklärt sich zwar der neueren deutschen Politik Preu⸗ ßens geneigt, ist aber zweifelhaft, ob das Dreikönigsbündniß noch jetzt zu seinem Zweck tauge, und wird paher für den Beschluß der zweiten Kammer stimmen; ermahnt aber schließlich, unter Hin⸗ weisung auf das Gleichniß von Lazarus, so dunkel auch die Zu⸗ kunft sei, nicht zu bangen, so lange Gott noch in der Mitte unse⸗ res Volkes wohne. Vezin stimmt dem Herrmannschen Antrage nicht bei, da er die deutschen Stämme Oesterreichs, welche er mit der österreichischen Regierung nicht identifiziren will, nicht auszu⸗ schließen wünscht, und gesunden hat, daß das Volk für den Drei⸗ königsbund von Anfang an keine Sympathieen gezeigt habe. Er hält den gegenwärtigen Beschluß der Stände für die deutsche Sache selbst für ziemlich unerheblich, und sieht als deren Aufgabe die Ord⸗ nung der inneren Landes⸗Angelegenheiten an, wo sie positiven Nutzen schaffen können. von Bothmer fürchtet, daß die deutsche Frage nur eine blutige Lösung finden werde, stimmt aber dem Herrmann⸗ schen Antrage zunächst bei, weil er hofft, daß die Regierung darin einen Stützpunkt gegen gewisse, von ihm nur angedeutete Einflüsse finden werde, denen er entgegenzutreten wünscht, da Hannover allen seinen Verhältnissen nach auf Preußen gewiesen sei. Kammer⸗Rath von Münchhausen erklärt sich gegen Herrmann's Antrag, dessen Begründung er nur hinreichend hält, um eine individuelle Ansicht, nicht aber einen ständischen Beschluß zu rechtfertigen, und in wel⸗ chem er dem Wesen nach das gothaer Programm findet, dem er nie geneigt gewesen ist, da er nicht dafür hält, daß das baldige Zu⸗ standekommen einer deutschen Verfassung durch Anerkennung Preu⸗ ßens als der einzigen Großmacht in Deutschland gefördert werde. Briegleb, welcher übrigens als Präsident an der Ab⸗ stimmung keinen Antheil nehmen wird, stimmt mit Wy⸗ neken in der rechtlichen Ueberzeugung nicht überein; eben so wenig aber mit dem dehnbaren Beschlusse der zweiten Kammer, da derselben, wenn er nicht ganz nichtssagend sein solle, die Absicht unterliege, der Regierung völlig freie Hand zu lassen. Er spricht sich besonders gegen den Grundsatz aus, daß es gegenwärtig noch jedem einzelnen Staate in Deutlschland freistehen solle, die einheit⸗ liche Gestaltung Deutschlands durch sein Veto zu hindern. In der Anerkennung des Bedürfnisses einer solchen Gestaltung und in der Berufung der National⸗Versammlung durch den Bundesbeschluß vom vorigen Jahre liege das Aufgeben dieses Grundsatzes klar ausgesprochen; die Wiederbelebung desselben sei das Week der ver⸗ derblichen österreichischen Politik. Er gönne Oesterreich alles Gute, aber er wolle nicht, daß Deutschland der stolzen Austria als Schemel dienen solle. Er empfieht daher Herrmann's Antrag, weil dieser der Regierung eine bestimmte Direction im entgegengesetzten Sinne gebe. von Hammerstein erklärt sich dagegen für den Beschluß zweiter Kammer und warnt davor, der Regierung einen bestimmten Weg vorzuschreiben, der moͤglicherweise am Ende zui ganz anderen Resultaten, als welche Stände jetzt beabsichtigen führen könne. Es motiviren sodann noch ihr Votum: Für der Wynekenschen Antrag: Senator Meyer und Steinvorth, wel⸗ cher dem Antrage nur die Bedeulung eines politischen Glaubens Bekenntnisses beilegt, übrigens aber den Motiven nicht völlig beistimmt. Für den Herrmannschen Antrag: von Wehren un Neupert, welche übrigens am liebsten für einen Antrag im Sinn der Gothaer sich erklären würden; ferner Hicken und Thor⸗ meyer, Letzterer eigentlich der Sache nach für Wyueken's Antra geneigt, welchen er jedoch für unerreichbar hält. Für den Kire hoffschen Antrag (Beschluß der zweiten Kammer): Dörrien Wolff, Angerstein, Hausmann, Sarer, Rittmeister vo Münchhausen, Letzterer, um diese Angelegenheit möglichst bald zu erledigen, da die Beschäftigung der Stände damit der Sache doch nichts helfe und Sander unter besonderer Bezug⸗ nahme auf die in einem von ihm beabsichtigten und der Kam⸗ mer bekannten, jedoch nicht gestellten Antrage dargelegten An⸗ sichten. (Gegen alle drei Anträge: Rosenthal, weil die ersten beiden Oesterreich ausschließen, gend sei. Bei namentlicher Abstimmung wird 1) Wyneken’'s An⸗ trag gegen 17 Stimmen (von Exterde, Harms, Hillingh, von Hon⸗ stedt, Kellers, Mammen, Meine, Senator Meyer, Müller, von der Osten, Schaper, Steinvorth, von Wehren, Winter, Wisch, Witle, Wyneken) abgelehnt. 2) Herrmann’'s Antrag gegen 26 Bejahende (Graf Münster, von Bothmer, Ehrlenholz, von Exterde, Harms, Herrmann, Hicken, Hillingh, von Honstedt, Hostmann, Kellers, Lep⸗ pert, Mammen, Senator Meyer, Müller, Neupert, von der Osten, von Santen, Schaper, Thormeyer, Wachsmuth, von Wehren, Win⸗ ter, Wisch, Witte, Wyneken) mit 31 Verneinenden abge⸗ lehnt. 3) Kirchhoff's Antrag mit 37 Bejahenden (Graf Münster, Ahrens, Angerstein, Beckmann, Schulth. Beckmann, Ben⸗ nigsen, Blome, von Bothmer, Braun, Dörrien, Eilermann, Z. Felde, Gossling, von Hammerstein, Harriehausen, Hausmann, Herr⸗ mann, Hicken, Hostmann, Kirchhoff, Knigge, Leppert, E. Meyer, H. Meyer, Col. Meyer, Michaelis, C. R. von Münchhausen, Ritt⸗ meister von Münchhausen, Prott, Refardt, Sander, von Santen, Saxer, Schlote, Sieling, Vezin, Wolff) gegen 16 Verneinende (mehrere Abgeordnete hatten vor der Abstimmung sich entfernt) an⸗ genommen und damit die Sitzung nach sechsstündiger Dauer geschlossen.
Heute fanden in erster Kammer keine Verhandlungen statt. In heutiger Sitzung der zweiten Kammer kommt zunächst der Ur⸗An⸗ trag Kaulen's, die Declaration ejniger Bestimmungen der Ge⸗ werbe⸗Ordnung über Haustren und Muüsterreisen betreffend, zur Berathung und wird nach längerer Diskussion auf Bueren's Vor⸗ Antrag vorgängige Prüfung durch die für Handel und Gewerbe niedergesetzte Kommission beschlossen. Außerdem beräth die Kammer den Ur⸗Antrag Gerding's wegen Amnestirung für Uebertretungen der Jagdgesetze, und wird der Antrag nach längerer Debatte an⸗ genommen.
Hessen. Kassel, 9. Jan. (D. A. Z.) Der Vorstand des Ministeriums des Innern, Eberhard, hat unterm 10. Januar in Beziehung auf die Wahlen zum Volkshause des deutschen Parla⸗ ments ein Rundschreiben an die Bezirks⸗Direktoren erlassen, in welchem er, Angesichts der, wenn auch mehr vereinzelten Versuche zur Vereitelung jener Wahlen, die Direktoren auffordert, die Freiheit der Wahl überall streng aufrecht zu erhalten und, wo es erforderlich erscheinen sollte, durch Belehrung und Verständigung etwanigen Täuschungen und Mißverständnissen zu begegnen und dahin zu wirken, daß richtige Erkenntniß der hohen Bedeutung der bevorstehenden Wahlen für das Gesammt⸗Vaterland alle Wähler zur Betheiligung an dem Wahl⸗Akt und zur gewissenhaften Er⸗ füllung ihrer gesetzlichen Wahlpflicht bestimme.
Kasssel, 9. Jan. (O. . A. Ztg.) In der heuli⸗ gen Sitzung der Stände⸗Versammlung wurden zunächst einige An⸗ fragen und Anträge erörtert. Herr Theobald interpellirte wegen mehrerer Militair⸗Exzesse, welche kürzlich in Hanau stattgefunden haben sollen. Der Minister des Innern erklärte alsbald, daß
glieder fehlten.
der letzte nichtssa-⸗
8 eine Untersuchung bereits eingeleitet sei, und sprach die Ueberzeu⸗ gung aus, daß die Tüchtigkeit der Disziplin im kurhessischen Heere und die Ehrenhaftigkeit der betreffenden Behörden Bedrohlichkeiten und Besorgnisse, wie sie der Herr Anfragende hervorgehoben habe, nicht zulasse. Herr Cöster stellte einen Antrag auf Beseitigung
der Minderjährigkeits⸗Rechte des Staats und des Landesherrn ꝛc.,
welcher in Erwägung gezogen und dem Rechtspflege⸗Ausschuß zuge⸗ wiesen wurde.
Hessen und bei Nhein. Darmstadt, 7. Jan. (Darmst. Ztg.) Die deutsche Frage. Präsident Schenk leitet die Debatte uͤber den Vortrag des Herrn Jaup, die deutschen Angelegenheiten, so wie insbesondere den Gesetz⸗Entwurf, die Wahl der Abgeordne⸗ ten zum Volkshause im Großherzogthum Hessen betreffend, damit ein, daß er drei Hauptpunkte derselben hervorhebt, nämlich 1) die Genehmigung des Bündnisses, 2) die des Wahlgesetzes und 3) die Wahl der Mitglieder zum Staatenhaus. Weisheimer stellt den Antrag, die Debatte zu verschieben, bis die Kammer, in der acht Mitglieder noch fehlten, vollzähliger sei. Emmerling ist gegen eine solche Zögerung. Dieffenbach erklärt sich dagegen für einen Aufschub. K. Zöppritz wundert sich, daß auch Dieffen⸗ bach den Antrag unterstütze, da doch im Minoritäts⸗Bericht durchaus kein solcher Anstand erwähnt gewesen sei. Auch kön⸗ ten später wieder solche Anträge kommen, wenn noch einige Mit⸗ Strecker ist ebenfalls für einen Aufschub; warum eile es auch so, da sich doch die Regierung nicht übereilt habe, die Vorlage zu machen? Auch sei die Zeit zur Vorbereitung zu kurz gewesen. von Stark macht auf den Unterschied aufmerksam zwischen der Berathung des Gegenstandes selbst und der Wahl der Abgeordneten zum Staatenhaus; letztere sei nicht so dringend. Stephani ist ebenfalls für eine Verzögerung, denn es könnten doch nicht am 31. Januar die Wahlen stattfinden. Emmerling: Es sei recht zu bedauern, daß die Kammer nicht vollzählig sei; doch sei sie beschlußfähig, varum rasch voran! M. Jaup: Diese Angelegenheit bewege seit Tagen, Wochen, Monaten die Herzen der Deutschen; Jeder habe sie schon bei sich reiflicher erwogen; es seien die Protokolle und Urkun⸗ den schon lange durch Zeitungen bekannt geworden, also könne man ein gewissenhaftes Urtheil abgeben. Auch giebt Redner nicht zu, daß am 31. Januar nicht gewählt werden könne; jede Zögerung würde die Sache des Großherzogthums nur gefährden. Camesasca macht ebenfalls auf die Konsequenz einer solchen Ver⸗ zögerung aufmerksam. Thudichum: Der Antrag scheine nicht aus der Tendenz hervorgegangen zu sein, als wolle man die Sache verzögern, aber Eil thue noth; das Ministerium könne vielleicht Auskunft geben, ob die Kammer in der Kürze vollzähliger wäre, dann sollte man sie verschieben. Auf die Antwort des Regierungs⸗ Kommissars, Min.⸗Rath Maurer, die dies als unwahrscheinlich dar⸗ stellt, ist Trhudichum für sofortige Berathung. Stephani citirt ver⸗ schiedene Stellen aus dem Wahlgesetz zum Beleg, daß unmöglich am 31. Januar gewählt werden könne, deshalb könne noch eine kleine Ver⸗ zögerung dazukommen. Kilian: Die Bemerkungen des Herrn Mi⸗ nisterpräsidenten schienen auf einem Mißverständniß zu beruhen; es habe sich Jeder vorbereitet, aber der Beschluß habe mehr Kraft und Werth, wenn mehr Mitglieder anwesend wären. Auch seien einer Zeitungsnachricht zufolge die Vorbereitungen in Preußen (Provinz Sachsen) nicht so weit gediehen, daß bis dahin gewählt werden könne. Strecker: Es sei verschieden, sich aus Zei⸗ tungen im Allgemeinen zu instruiren und sich auf eine Abstim⸗ mung vorzubereiten; zugleich verwahrt er sich, als solle durch diesen Verschub die Sache verschleppt werden. Nach einer Be⸗ merkung Emmerling's erwiedert Dieffenbach dem Abgeordn. Zöppritz, daß deshalb im Minoritätsbericht dieser Punkt nicht berührt sei, weil man geglaubt habe, bei der Berathung werde die Kammer vollzählig sein. Reg.⸗Kom. M.⸗R. Maurer: Das Ministerium habe die Wahlen in der Art vorbereitet daß es die Listen habe aufstellen lassen; sei ein Wählen nicht möglich, so dürfe eine Verzögerung nicht noch willkürlich vermehrt werden. Nessel ist ebenfalls gegen den Antrag Weisheimer's. M. Ja up: Nach bestimmten Nachrichten hätten alle preußischen Ober⸗Präsiden⸗ ten erklärt, daß bis zum festgesetzten Termin die Wahlvorbereitun⸗ gen beendigt sein würden; einzige Ausnahme sei das Ober⸗Präsi⸗ dium in Sachsen, das jedoch hoffe, fertig zu werden. Deshalb solle
auch hier keine Verzögerung eintreten; die später Kommenden könn⸗ ten immer noch an der Diskussion Theil nehmen. Bei der Abstim⸗ mung wird der Antrag Weisheimerzs mit 12 gegen 5 (Strecker, Stephani, Weisheimer, Holzmann, Dieffenbach) Stimmen (Kilian stimmt hierbei mit) verneint und sofort zur Diskussion geschri'ten. Z öpp⸗ ritz: in der zweiten Kammer sei er für Aufrechthaltung der Beschlüsse der frankfurter Reichs⸗Versammlung gewesen, jetzt stimme er, um nicht Alles zu verlieren, für den Entwurf des Dreikönigsbündnisses. Der Drang, einen Bundesstaat zu bilden, sei so groß, daß die Fürsten, nachdem sie sich von ihrer Ohnmacht erholt, doch nun dieses Be⸗ rürfniß zu erledigen strebten. Solle man deshalb nicht beitreten, weil nicht Alles darin enthalten sei, was in der frankfurter Reichs⸗ verfassung stehe? Vielmehr müsse man seine persönliche Ueberzeu⸗ gung aufgeben, um so durch den Anschluß auf dem Wege der Re⸗ formation das zu exrhalten, was nicht durch Revolution zu erlangen gewesen. Hierauf führt er für den Anschluß an: Preußen sei aus einem absoluten Staate ein constitutioneller geworden: der consti⸗ tutionelle Sinn werde sich, wenn auch langsam, ausbilden; warum solle man aber jetzt mißtrauen, wo doch Preußens König und Ministe⸗ rium ihre Ehre verpfändethätten, den Bundesstaat zuStande zu bringen? Preußen sei jetzt die faktische Schutzmacht Deutschlands, der einzige Staat, der Deutschlands Geschicke leiten könne; es habe die Revo⸗ lution in seinen eigenen Gränzen und in anderen Staaten nieder⸗ gehalten. Auch habe Preußen durch den Zollverein vorangeleuchtet, auf welche Weise man zu etwas Besserem komme; der Zollverein habe sich als materielles Band über Deutschland verbreitet und so auch auf ein politisches hingewiesen. Man sage zwar, Preußen habe einen geheimen Bund mit deutschfeindlichen Staaten geschlos⸗ sen, doch bringe man keine Beweise dafür; man solle Prcußen, das auf einem guten Weg sei, nicht anfeinden. Hauptgrund für den Anschluß sei jedoch, daß gerade das spezisische Preußenthum gegen das Bestreben, einen Bundesstaat zu bilden, sei. Zöppritz geht hierauf zum Minoritäts⸗Gutachten über; die beiden Mitglieder nannten sich Männer des Volks, die ein deutsches Herz besäßen, das wärmer für des Vaterlandes Wohl schlage, als dasjenige manches klugen und gelehrten Staatsmannes, der für den Dreikönigsbund sei. Redner sei weder Diplomat noch Staatsmann, aber sein Herz schlage auch warm für Deutschlands Wohl; er bedauere nur, daß sich die beiden Männer des Volks auf eine Linie mit von der Pfordten und Fürst Wallerstein gestellt hätten; er erinnert dabei daran, daß Ersterer s. Z. die Flottenbeiträge geweigert habe. Es sei ferner angeführt, daß Sachsen und Hannover vom Bündniß zu⸗ rückgetreten seien, voch werde zugleich nicht klar, ob die Mino⸗ rität dies billige. Jedenfalls sei zu bedaueyn, wenn Männer aus Sophisterei ihre Unterschriften zurückzogen. Der Antrag der Mino⸗ rität gehe dahin, die Staatsregierung solle sich mit den übrigen Staaten, welche früher die deutsche Reichsverfassung anerkannt hätten
und mit jenen, welche dem sogenannten Dreikönigsbündniß noch nicht beigetreten, vereinigen; doch wer seien jene Staaten? Nur Württem⸗ berg, Hessen⸗Homburg und Frankfurt! Es würde auf diese Weise ein Sonderstaat, und zwar ein Minimum von Deutschland entstehen. „Die Männer des Volks“ assozirten sich mit denen, die dem Wohl des Volks entgegenständen! Oesterreich, sage der Minoritätsbericht weiter, sei durch das Dreikönigsbündniß vom Gesammtbundesstaate ausgeschlos⸗ sen und so die Theilung Deutschlands für immer ausgesprochen. Aber Oesterreich habe sich selbst ausgeschlossen, es werde sich nie von deutscher Politik leiten lassen. Allerdings seien große materielle Erleichterungen und Hebung des Handels durch den Zutritt Oesterreichs zu erwarten, doch warum habe sich dieses immer so fern vom Zollverein gehalten? Aber es sei in demselben Falle wie die Schutzzöllner; wenn die Industrie Oesterreichs so blühte, daß sie mit der Zollvereins⸗Industrie konkurriren könnte, so wären längst die Gränzen des Landes geöffnet. Der Minoritätsbericht meine weiter, wir müßten durch den Auschluß der Selbstständigkeit unseres Staats entsagen, doch ist diese weit weniger dadurch gefährdet, als durch die frankfurter Verfassung. An den jetzt gebildeten Kern würden sich die anderen Staaten anschließen, und man solle nur sorgen, daß der Krystall, der da anschieße, nicht getrübt werde. Es sei unmöglich, Grund⸗ sätze konseqguent in der Politik durchzuführen, man strebe aber, die alten Zustände wieder herbeizuführen, um eine zweite stärkere Revolution zu erzielen;z doch würden Reformen durch den Reichs⸗ tag gegeben, man solle nur tüchtige Abgeordnete hinsenden. Sich an unhaltbare Grundsätze anzuklammern, auch wenn man unter⸗ liege, passe sich nicht für Staatsmänner. Nur durch endliche Ruhe würden Gewerbe, Industrie und Ackerbau wieder auf⸗ blühen, und erst dann das Volk wieder glücklich sein. Draudt: Obgleich die frankfurter Reichsverfassung nebst Wahlgesetz bessere Bestimmungen enthalte, als das vorgelegte, so gehe es doch von der Ansicht aus, daß Weniges sicher doch besser sei, als Vieles aber unsicher. Man könne sich keine Hoffnung ma⸗ chen, daß man von preußischer oder österreichischer Seite auf die frankfurter Reichsverfassung zurückkommen werde; man möge sich also vertrauensvoll der vorliegenden Bahn anschließen. Die Grundrechte enthielten hauptsächlich Bestimmungen, die jeder Staat für sich beanspruchen könne; diese müßten als gesetzlich beste⸗ hend angesehen werden, zumal da sie in Hessen abgesondert von der Reichsverfassung und früher als diese publizirt worden seien. (Schluß folgt.)
Darmstadt, 9. Jan. (Frkf. J.) Der Präsident der zweiten Kammer setzte dieselbe Eingangs der heutigen Sitzung davon in Kenntniß, daß die Personal⸗ und Besoldungs⸗Etats der Großher⸗ zoglichen Staatsschulden⸗Tilgungskasse, der Ober⸗Steuer⸗Direction und der Domainen⸗ und Ober⸗Forst⸗Direction vom Großherzog⸗ lichen Finanz⸗Ministerium vorgelegt worden seien. Aus der Ver⸗ lesung dieser Aktenstücke ging hervor, daß die Staats⸗Regierung eine Erhöhung des Etats der Staatsschulden-Tilgungskasse beab⸗ sichtige, da schon seit mehreren Jahren deren Geschäftslast, beson⸗ ders durch die Grundrenten⸗Tilgung, beträchtlich vermehrt worden sei, daß sich dagegen durch Umwandlung der früheren Ober⸗Finanz⸗ Kammer, Steuer⸗Section in eine Ober⸗Steuer⸗Direction und Ver⸗ einigung der Ober-Finanz-⸗Kammer, Domainen⸗Section mit der Ober⸗Forst⸗Direction in eine Domainen⸗ und Ober⸗Forst⸗Direction eine Ersparniß von 9520 Fl. in den Etats ergeben habe.
Darmstadt, 9. Januar. (O.⸗P.⸗A.⸗Z.) Die erste Kam⸗ mer hielt neoch gestein Abend eine Sitzung, um zum Schlusse der Berathung des Reichswahlgesetzes zu gelangen, dessen Entwurf mit 14 Stimmen gegen 4 mit einzelnen Modisicationen angenommen ward. Wegen der Wahl zum Staalenhaus wurden Beschlüsse ge⸗ saßt, die zu Benehmungen mit der zweiten Kammer führen. In der heutigen elften Sitzung der zweiten Kammer wurden Wahl⸗ fragen verhandelt und erledigt. Unter den gestellten Motionen machte sich bemerkbar: der Antrag des Abgeordn. Behlen auf Einbringung eines Gesetzentwurfs, wodurch die Verordnung vom 1827, welche die Zahl der Anwälte beschränkt (100 für das ganze Land), aufgehoben und der Zutritt zur Advokatur freigegeben, auch eine Anwaltkammer konstituirt werde, welche die Disziplin uber die öffent⸗ lichen Sachwalter an der Stelle der Gerichte ausübe; der Antra des Abgeordneten Müller⸗Melchiors, die Stäatsregierung zur Vorlegung eines Gesetzentwurfes wegen Verantwortlichkeit der Minister zu veranlassen; die Anträge des Abgeordneten Büchner auf Erwirkung eines Gesetzentwurfes, wodurch die in neuester Zeit eingeräumte Befugniß, die Sitzungen des Gemeinderathes öffentlich zu halten, in eine Nothwendigkeit verwandelt werde, sowie auf Herbeiführung der Vorlegung des Entwurfes eines Gesetzes, wodurch der Art. 13 der Gemeindeordnung (wonach die Staatsregierung aus drei der Gemeinde gewählten Candidaten den Bürgermeister wählt) mit den Grundrechten des deutschen Volks in Einklang ge⸗ bracht werde. Der Abgeordnete Kloch richtete an die Staatsre⸗ gierung die Frage, ob die Vorarbeiten für den Gesetzentwurf zur Durchsicht der Gemeindcordnung zur nahen Vorlegung desselben vorgerückt seien, während der Abgeordnete Westernacher eine Interpellation darüber einbrachte, ob zur Durchführung eines Prin⸗ zips der Grundrechte für das deutsche Volk ein Gesetzentwurf zur Aufhebung des Instituts der Familienfideicommisse eingebracht würde. Erst übermorgen halten beide Kammern wieder eine Sitzung. Der Finanzausschuß der zweiten Kammer ist bereits mit der Be⸗ gutachtung des Staatsbudgets beschäftigt.
Frankfurt. Frankfurt a. M., 11. Jan. (O. P. A. Z.)
Der Königlich hannoversche Legationsrath und ehemalige Reichs⸗ Minister der Justiz, Herr Dr. Detmold, ist heute Morgen hier an⸗
gekommen, um als Bevollmächtigter für das Königreich Hannover
bei der Bundes⸗Central⸗Kommission zu fungiren. Auch sein ehe⸗ maliger Kollege, General⸗Lientenant Jochmus, befindet sich gegen⸗ wärtig hier.
Die gestern begonnene Abgabe der Stimmzettel für die Wahl von 75 Wahlmännern, welche die 45 Mitglieder des den 21sten d. M. zusammenzutretenden gesetzgebenden Körpers zu wählen haben, wurde heute fortgesetzt. Um 11 ½ Uhr Vormittags waren in der ersten Abtheilung (Gelehrte, Adelige und Beamte) 417, in der zweiten (Kaufleute ꝛc.) 930, in der dritten (Handwerker, zünftige Künstler ꝛc.) 728 Stimmen abgegeben. Um 1 Uhr Nachmittags belief sich die Gesammtzahl der Abstimmenden auf 2261.
Ausland. Frankreich. Paris, 11. Jan. (K. Z.) Das Comité der Natio⸗ nal⸗Versammlung hat sich gegen das Projekt einer Erhöhung des Sol⸗ des der Truppen ausgesprochen, weil man eine Neben⸗Absicht des
Präsidenten der Republik darin erkennen will. Die National⸗Ver⸗ sammlung hat in ihrer heutigen Sitzung das Gesetz wegen der Schullehrer mit 385 gegen 223 Stimmen angenommen.
Nach dem Siscle haben die Minister des Krieges und des Auswärtigen Herrn Daru offiziöbs angezeigt, daß die Regierung dem
Nae, 168 78 b Kommissions⸗Ansicht über die La Plata⸗Frage 2300 Nnmnd ß die Unterhandlung mit Rosas durch 2000 bis werde d68 ungs⸗Truppen unterstützt werden solle; überhaupt ö dnen. hun, was von ihm abhänge, um das Handels zu schirmen.— nen difen und die Juteressen unseres
bedeutender sein müssen, so würde d 2* Seeedecden
folge, kein Bedenken tra en, dem Vice⸗Admiral auu⸗ - Oberbefehl und die Unterhandlungen .. ecins zueleic den das Kabinet Willens sein, die diplomatische 85 nnilstanaläufi. soll dung nach Montevideo entweder dem Contre⸗Admiral Be 899 früherem Marine⸗Minister, oder dem Contre⸗Admiral Dchmetrvite zu übertragen. Die Estafette meldet ebenfalls, die n sei entschlossen, eine gemischte Expedition nach Montevideo schicken. Das Expeditions⸗Corps von 2000 Mann werde küe2 Marine⸗Infanterie und einer oder zwei Schwadronen Reiterei be⸗ stehen, Oberst Lannes, der jetzt an der Spitze des 7. Jäger⸗Regi⸗ ments in Lille stehe, den Befehl über die Truppen und Admiral Dubourdieu den Befehl über die Flotille erhalten. Einem dritten Journale zufolge würde man die Expedition fast ganz aus Leuten der aufgelösten Mobilgarde zusammensetzen. Der Ocean von Brest meldet, der Marineminister habe den Befehl zur Bewaffnung von drei Kriegsschiffen ertheilt, die das Geschwader im La Plata zu verstärken bestimmt seien und absegeln würden, sobald die Natio⸗ nal⸗Versammlung ihr Votum in der La Plata⸗Frage abgegeben nn die Regierung alsdann ihren definitiven Entschluß gefaßt habe.
— Großbritanien und Irland. London, 10. Jan. Der Herzog von Wellington, der nun bald sein Sistes Jahr er⸗ reicht, ist trotz seines hohen Alters noch jugendlich rüstig. Das neue Jahr eröffnete er mit einer Jagd, wobei er 10 bis 12 eng⸗ lische Meilen zu Pferde zurücklegte.
Die Morning Chronicele freut sich über den Finanz⸗Bericht des letzten Vierteljahres, da daraus erhelle, daß die Einnahme die Ausgabe um 1,082,807 Pfd. St. übersteige, fügt aber hinzu, daß es noch wünschenswerther sei, den Ueberschuß der Einnahme zur Herabsetzung der Steuern zu verwenden. Auch bemerkt dies Blatt, es habe gute Gründe, zu glauben, daß das Budget für die Marine auf 1850 und 1851 beinahe um 250,000 Pfd. St. werde reduzirt werden.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 6. Jan. Das heutige Journal de St. Petersbourg meldet: „Die verderblichen Lehren, welche Unruhe und Aufstand im ganzen west⸗ lichen Europa herbeigeführt hatten und die dort gänzlich die Ord⸗ nung und das Glück der Völker zu vernichten drohten, haben un⸗ glücklicherweise in unserem Lande einen, wenn auch schwachen Wiederhall gefunden. Aber in Rußland, wo ein heiliger Glaube, die Liebe zum Monarchen und die Ergebenheit für den Thron,
gestützt auf den Charakter des Volkes, unerschütterlich in allen Herzen geblieben sind, hätten die böswilligen Umtriebe einer Hand⸗
voll durchaus nichts bedeutender, größtentheils junger und jeglicher Moralität entbehrender Menschen, welche die Möglichkeit träumten,
die heiligsten Rechte der Religion, der Gesetze und des Eigenthums mit Füßen zu treten, eine gefahrvolle Entwickelung nur in dem Falle zur Folge haben können, wenn die Wachsamkeit der Regie⸗ rung nicht das Uebel gleich in seinem Ursprunge entdeckt hätte. Zahl junger Leute, von und Geist verderbt, die anderen die verblendeten treuloser Versprechungen, eine geheime Gesellschast gebildet hatten, deren Zweck war, unsere politische Organisation gewaltsam umzustürzen, um an die Stelle derselben eine andere nach ihrer Art, die nur Anarchie gewesen wäre, zu setzen.
denen die einen
Aus der Untersuchung geht hervor, daß eine gewisse wirklich an Herz Opfer
““
Lästerungen, freche Re⸗
den gegen die geheiligte Person des Kaisers, Darstellung der Re⸗ gierungs⸗Akte in dem falschesten Lichte, das war das Programm
dieser Vereinigung, das waren die Fragen, welche man in Bewe⸗ gung setzte, während man den Augenblick erwartete, um jene un⸗ heilvollen Entwürfe zur Ausführung zu bringen.
Auf Befehl Sr.
Majestät des Kaisers wurde eine Untersuchungs⸗Kommission einge⸗
setzt. Als diese Kommission nach fünf Monaten der sorgfältigsten Nachforschungen ihren Bericht abgestattet hatte, geruhten Se. Kai⸗
serliche Majestät, vollständige und gänzliche Amnestie allen denen
zu gewähren, welche in diese verbrecherische Verschwörung, sei es durch Zufall, sei es durch Leichtsinn, gezogen waren. Was die wahren Verbrecher betrifft, so wurden sie durch eine Mi⸗ litair-Kommission gerichtet, deren Urtheil, geprüft durch das Gene⸗ ral⸗Auditoriat, die Angeklagten des Verbrechens der Verschwörung, welche den Umsturz der bestehenden Gesetze und der politischen Ord⸗ nung des Kaiserreichs bezweckte, für schuldig erklärte und sie zum Tode des Erschießens verdammte. Es sind der Zahl nach 21, nämlich: der Titularrath Michael Butaschewitsch Petraschewsky; Nikolaus Speschneff, Hofkavalier außer Dienst; der Gardelieute⸗ nant Nikolaus Mombelli; der Gardelieutenant Nikolaus Grigorieff; der Garde⸗Seconde⸗Capitain Theodor Lwoff II., Nikolaus Philip⸗ poff, Studirender an der St. petersburger Universität; Dmitri Achscharumoff, Literat und Bakkalaureus Alexander Chanikoff, Ho⸗ spes⸗Schüler an der St. petersburger Universität; der in Ruhestand befindliche Kollegien-Assessor Sersche Duroff; der in Ruhe⸗ stand befindliche Lieutenant vom Geniewesen, Theodor Dosto⸗ jewsky; der Kollegienrath Konstantin Desbut I.; der Gouver⸗ nements⸗Secretair Hippolyt Desbut II.; Felix Toll, Lehrer der rus⸗ sischen Sprache, ohne Dienstrang; der Titular⸗Rath Johann Jastr⸗ schembski; Alexander Plestschejeff, Hof⸗Kavalier außer Dienst; der Titular⸗Rath Nikolaus Kaschkin; der Titular⸗Rath Basil Golo⸗ winsky; der Garde⸗Lieutenant Alexander Palma; der Titular⸗Rath Konstantin Timkowsky; der in Ruhestand befindliche Kollegien⸗Secretair Alex. Europeus; der Bürger Peter Schaposchnikoff. Nachdem Se. Ma⸗ jestät der Kaiser von dem Bericht des General⸗Auditoriats Kenntniß genommen, geruhte Höchstderselbe seine Aufmerksamkeit auf die Um⸗ stände zu richten, welche bis auf einen gewissen Punkt eine Milde⸗ rung des Urtheilsspruchs zulassen könnten, und befahl in Folge des⸗ sen: Das Urtheil soll den 21 Verurtheilten vor den versammelten Truppen vorgelesen und, nach Vornahme aller Vorbereitungen zur Vollziehung der Todesstrafe, ihnen angekündigt werden, daß der Kaiser ihnen das Leben schenke, und daß sie, statt die über sie ver⸗ hängte Todesstrafe zu erleiden, aller ihrer bürgerlichen Rechte für verlustig erklärt und, je nach dem verschiedenen Grade ihrer Schuld, die Einen zu Zwangs⸗Arbeiten in den Bergwerken, die Anderen zu Zwangs⸗Arbeiten in den Festungen, oder auch zur Einverleibung in verschiedene Armee⸗Corps nach Bestehen einer längeren oder kürze⸗ ren Haft, verurtheilt seien. Also werden die Schuldigen, welche die Todesstrafe nach dem Gesetze verdient hatten, und deren Strafe die unerschöpfliche Gnade des Kaisers gemildert hat, eine gerechte Züchtigung erhalten. Möge dieser schuldvolle Versuch zur Warnung und zum heilsamen Beispiel den vielleicht schon irre ge⸗ führten, aber noch nicht verbrecherischen jungen Leuten dienen. Mögen die Aeltern besonders ernste Aufmerksamkeit der moralischen Erziehung ihrer Kinder widmen und sich bemühen, sie schon in ihrer frühesten Jugend zu überzeugen, daß der heilige Glaube, die