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Stuttgart, 17. Jan. (Schw. M.) In der öffentlichen Sitzung des Gemeinderaths wurde über die Organisation der Bür⸗ gerwehr ein Erlaß des Ministeriums des Innern verlesen, worin dem Gemeinderath zu erkennen gegeben wird, daß es sich von selbst verstehe, daß das neue Gesetz über die Bildung der Bürgerwehr eigentlich nur eine Ergänzung des Gesetzes vom April 1848 und daher bis zu Einführung des neuen alle Bestimmungen des alten Gesetzes noch in Krast seien; daß, um die neue Organisation der Bürgerwehr nach dem Gesetz vom 3. Oktober 1849 vorzunehmen, der hbisherige Verwaltungsrath als Organisations⸗Kommission zu fungiren haͤbe; man solle jetzt nur die neuen Stammlisten anlegen, inzwischen werde der neue Landesoberst ernannt sein und sodann an der Berathung der weiteren Organisation mit Theil nehmen kön⸗ nen. Beschlossen wurde, den Verwaltungsrath zu veranlassen, aus seiner Mitte eine Kommission von einigen Mitgliedern zur Orga⸗ nisation nach dem Gesetze von 1849 zu wählen.
ZSHessen und bei Rhein. Darmstadt, 17. Jan (Darmst. Ztg.) Ehe in der heutigen Sitzung der ersten Kam⸗ mer zur Wahl des Abgeordneten zum Staatenhause geschritten wird, verliest Eberstadt nochmals seinen Antrag und motivirt ihn so⸗ fort. Er rede hier nicht als Demokrat, sondern als Hesse und als Deutscher. Im Reichsgesetz⸗Entwurf seien wichtige Punkte der frankfurter Verfassung gestrichen, jetzt solle dies auch mit den wich⸗ tigsten geschehen, eine Pairie geschaffen werden u. s. w. Er ver⸗ weist hierauf auf Art. 128 des „sogenannten Entwurfs und der so⸗ genannten Grundrechte“, doch sei kein Zweifel, daß das Volk eine andere Handlungsweise verlange. Er beabsichtige nicht durch Ver⸗ zögern die Wahl die ganze Woche zu verschieben; sofortige Wahl aber sei ein Scheidebrief für Oesterreich, ein unbedingtes Einsetzen ins Schlepptau Preußens. Der Präsident unterbricht den Redner; er solle sich zur Sache wenden. Eberstadt: Man habe nicht nöthig, Preußen ein Vertrauensvotum zu geben, auch beeile man sich nir⸗ gends in Deutschland so wie hier. Würde sofort entschieden, ohne darüber im Klaren zu sein, was Preußen biete, so werde der Vorwurfnicht ausbleiben, der Regierung von Preußen unbedingtes Vertrauen bewiesen zu haben, und das verdiene es nicht. Der Präsident erinnert abermals den Redner, sich an die Sache zu halten, über die deutsche Frage sei schon debattirt und abgestimmt. Eberstadt ist gegen eine Wahl, weil sie zur Zerklüftung des Vaterlandes beitragen werde, auch dürfe man der zweiten Kammer nicht durch Nichtbeachtung ihrer späteren Beschlüsse vor den Kopf stoßen. Auch sei das Wahlgesetz kein constitutionelles, weil die drei Faktoren der Gesetzgebung es nicht an⸗ genommen. Da demnach Versöhnung und Vermittelung der Parteien das erste Erforderniß, ein weiterer Bruch also zu vermeiden sei, man auch mit der zweiten Kammer möglichst Hand in Hand gehen müsse, und da das Wahlgesetz kein constitutionelles sei, so beantragt er, die Wahl ins Staatenhaus auszusetzen. Auf seinen zweiten Antrag wird Redner zurückkommen. Präsident hat einen formellen Ein⸗ wand gegen den Antrag: man habe schon zweimal beschlossen, die Wahl zu verschieben, bis die Kammer vollzähliger sei, gestern nun habe man die Wahl auf heute festgesetzt, und Niemand habe etwas dagegen eingewandt. Emmerling beantragt, über die Motive Eberstadt'’s zur Tagesordnung überzugehen. Man brauche dieselbe nur vom formellen Standpunkt aus zu betrachten; alle anderen Punkte seien früher mehr oder weniger weitläufig zur Sprache gekommen. Man habe nicht allein §. 128, sondern auch §. 192 des Reichs⸗Ver⸗ fassungs⸗Entwurfs angeführt, der noch weit entscheidender ein⸗ greife. Aber aus Art. 128 werde klar, daß hier nur ein Mini⸗ mum von Freiheiten gemeint sei. Gestern habe man einstimmig beschlossen, heute zu wählen, und Eberstadt habe auch den Beschluß adoptirt. Man möge sich keine Inkonsequenz zu Schulden kommen lassen auf Gründe hin, die schon vor acht Tagen erledigt gewesen seien. Der Beschluß, zu wählen, sei auch schon der zweiten Kam⸗ mer mitgetheilt. Der Präsident verliest den Schluß des Pro⸗ tokolls von gestern, wonach einstimmig die Tagesordnung für heute genehmigt wurde. Dieffenbach: Er habe nichts gegen die Vor⸗ nahme der Wahl erinnert, weil er sich überhaupt nicht daran be⸗ theiligen wolle. Weisheimer schließt sich dem an. Eberstadt verwahrt sich gegen eine Versäumniß; er habe den Antrag kurz nach Schluß der Sitzung dem Präsidenten überreicht, was dieser bestätigt; dies dürfe aber nicht bei so wichtigen Angelegenheiten in die Wagschale gelegt werden. Die Kammer stehe nicht auf dem Boden des Reichs⸗ wahlvereins, sondern es sei ihre Pflicht, jede Verzögerung zu ver⸗ meiden und in Eintracht vorwärts zu gehen. Es entstehe keine Gefahr durch einen Verzug. Prasident: Der Grund, daß früher nicht gewählt worden, sei nur der, weil die Kammer nicht vollzäh⸗ lig genug gewesen. Zöppritz unterstützt den Antrag Emmerling's; man müßte wählen, möge auch die Frage in ein anderes Stadium getreten sein. Eigenbrodt spricht für den Uebergang zur Tages⸗ ordnung. Ein Aufgeben des früheren Beschlusses der Kammer, eine Verschiebung der auf heute bestimmten Wahlen würde ein schwerer Schlag für die Sache des Bundesstaats sein; die Freunde des Vaterlandes, welche in dem Verfassungs⸗Entwurf der verbündeten Regierungen die letzte Hoffnung auf eine befriedigende Lösung der deutschen Frage erblickten, würden dadurch entmuthigt wer⸗ den, die Feinde des Bundesstaats würden neue Hoffnung dar⸗ aus schöpfen. Diese Feinde beständen aus zwei extremen Par⸗ teien, deren eine ein Uebermaß der Freiheit wolle, die an dere aber die Reaction; der letzteren sei die preußische wie die Reichs⸗Verfassung gleich zuwider. Die Ereignisse, welche Eberstadt's Antrag zu Grunde lägen, hätten allerdings den peinlichsten und niederschlagendsten Eindruck gemacht; doch sei die von Eberstadt gegebene Charakteristik derselben übertrieben; es feien nur Vorschläge. Auch seien wir über den Stand der Dinge nicht genügend unterrichtet, und Eberstadt bewege sich zu sehr in Allgemeinheiten. Die Lage der Sache nöthige keinesweges, die Hoffnung auf die Gründung des Bundesstaats aufzugeben; nicht blos eine Vereinigung mit der preußischen Regierung, sondern auch mit dem preußischen Volke wollten die Freunde des Bundesstaats, sie värften das Vertrauen hegen, daß es der preußischen Kam⸗ fasperhen 1e; die Krisis, in welcher sich die preußische Ver⸗ glücklichen Helegenheie befinde, zu überwinden und dieselbe zu einem durch ein Bengegen hren. Darum möge sich die Kammer nicht Bundesstaats dersäundi 8 früheren Beschlusses an der Sache des Annahme des Eberstadische mmerling ist derselben Ansicht. Durch Kammer alterirt, und en utrags werde der frühere Beschluß der Schlag; denn man wolle 8 8 Sache erleide einen entsetzlichen den Bundesstaat ganz veselganr die Wahl verhindern, sondern auch daß Eberstadt gestern für digen. Er lege kein Gewicht darauf, jedenfalls überstimmt worden seant gewesen sei, denn er würde entschiedenste gegen eine Darteistenungg, eaht verwahrt sich aufs
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auf Friede und Ordnung, wenn sein Antrag angenommen werde. Kraft berührt einige materielle Gründe gegen denselben. Es sei kein anderer Weg, um den Rest von Freiheit und die Ein heit des Volks zu retten. Eben so widerlegt er den Anstand wegen des Wahlgesetzes; die zweite Kammer solle mit der ersten Hand in Hand gehen. Emmerling: Er sei nicht aufs Materielle einge⸗ gangen, weil das Formelle Grund genug gegen Eberstadt’s Antrag gebe. Er beklage sehr, daß die preußische Regierung solche Vor⸗ lagen mache, doch kenne man deren Tragweite nicht. Jetzt sei alle Hoffnung auf eine Vereinbarung vorhanden. Warum solle man sich also abhalten lassen, zumal da noch gar nichts am Reichs⸗Ver⸗ fassungs⸗Entwurf geändert sei. Es bedürfe keines neuen Wahlge⸗ setzes, denn die Geschäfts⸗Ordnung und die Verfassung bestimme hinlänglich, wie in jeder Kammer gewählt werden solle. Eber⸗ stadt: Die zweite Kammer sei von der immensen Mehrheit des Volks gewählt, es sei also ein unbilliges Verlangen, daß sie mit der ersten Hand in Hand gehe. Er wolle nicht weiter aufs Fakti⸗ sche eingehen, obgleich dies den Gegnern gestattet worden sei. Prä⸗ sident: Sie hätten nur auf das vom Vorredner Gesagte geant⸗ wortet. Keudel: Man sei nicht von der zweiten Kammer abhän⸗ gig, auch seien die Begriffe, wer die Majorität des Volkes sei, sehr verschieden; ob die, die sich als Partei des Volks laut verkündige, die sich allein für klug und weise halte, oder die Partei der Ord⸗ nung und Ruhe. Der Bau der deutschen Einheit sei in Brand ge⸗ rathen und brenne, seitdem die National⸗Versammlung auseinander gegangen. Es müsse hier also möglichst viel gerettet werden. Bei der Abstimmung wird der Antrag Emmerling's auf Tagesordnung mit 16 gegen 6 (Strecker, Weisheimer, Dieffenbach, Mathes, Eber⸗ stadt, Holzmann) angenommen und sofort zur Wahl geschritten. (Das Resultat derselben ist bereits gestern gemeldet.)
Darmstadt, 18. Jan. (O. P. A. Z.) Gleich nach Er⸗ öffnung der Sitzung und nachdem der Präsident die neuen Ein⸗ gaben zur Kenntniß der Kammer gebracht hatte, erhob sich der Füh⸗ rer der ministeriellen Partei, Abgeordn. Reh, um den Präsidenten des Ausschusses zur Begutachtung der deutschen Frage, Abgeordn. Lehne, zu interpelliren. Obgleich schon vor einer Woche dieser Aus⸗ schuß gewählt worden, so seien doch die Mitglieder desselben (Abg. Reh gehört zu denselben) noch nicht einmal zur vorläufigen Bespre⸗ chung zusammenberufen worden; er frage, wann die Thätigkeit des Ausschusses beginnen soll? Der bestellte Berichterstatter Abgeordn. Müller⸗Melchiors, ergriff hierauf zuerst das Wort, um die Gründe dieser Verhinderung anzugeben; das Studium der volu⸗ minösen Vorlagen verlange Zeit für eine so wichtige Angelegen⸗ heit; den Bericht darüber könne man nicht aus dem Aermel schüt⸗ teln; Zeit dafür in Anspruch nehmend, weise er jeden Versuch mo⸗ ralischer Nöthigung zurück. Minister Jaup bestritt, daß die Vor⸗ lagen ein zeitraubendes Studinm erforderten. Abgeordneter Lehne bemerkte, daß er schon heute eine Einladung der Mitglieder des Ausschusses auf morgen beschlossen habe, und schob die Schuld der Verzögerung dem Ministerium zu, das die Stände so spät einberu⸗ fen habe. Abgeordneter von Gagern brach heute ein längeres Schweigen: Dagegen, daß die Majorität nur Mitglieder aus sich
schienen, rede aber hier nur al⸗ g. Er sei als Demokrat er⸗ nung und Friede. Die deutsch vögeordneter. Er wolle Versöh⸗ frühere Beschluß nicht umgestürzt werde solle nicht fallen und der schlossen, heute zu wählen, auch sei 1 denn man habe nicht be⸗ gleich er dies nicht als Grund für sich “ nicht vollzählig, ob⸗ Gegner betrachteten die Sache nur Len o ehewolh. “ erst von Eigenbrodt habe er Gründe g „en. Standpunkte;
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und nur ein Mitglied aus der Minorität zur Bildung des Aus⸗ schusses genommen habe, sei nichts einzuwenden; er müsse sich aber dagegen erklären, daß die Angelegenheit in den Klubsitzungen der Majorität (in dem Hotel Köhler) verhandelt werde, so daß jenes eine Mitglied ausgeschlossen werde; allerdings müsse dem Berichter⸗ statter Muße vergönnt sein, aber, gegenüber der Erklärung, daß Verzögerung beabsichtigt werde, nur die durchaus nöthige. Hier⸗ auf eine Antwort des Berichterstatters und des Abgeordneten Lehne. Auch Abgeordneter Matthy nahm das Wort. Minister Jaup er⸗ achtete das gebrauchte Wort „Partei“ für unpassend, worauf der Präsident bemerkte, er finde darin keine Verletzung. Nachdem hierauf Wahlfragen erledigt worden waren, ließ der Präsident den Entwurf der Adresse an die Staats⸗Regierung zur Darlegung ih⸗ rer gestrigen Beschlüsse wegen der Verhaftung der vier Abgeordne⸗ ten verlesen. Daraus nahm Abgeordneter Reh Anlaß, um, unter Hindeutung auf mehrere Artikel der Verfassungs⸗Urkunde zu be⸗ haupten, daß vorerst eine Benehmung mit der ersten Kammer eintreten müsse, weil ein Beschluß nur durch die Vereinbarung beider Kammern zu Stande komme. Dadurch wurde eine ausführ⸗ liche Diskussion herbeigeführt. Die Redner der Opposition, Lehne, Müller⸗Melchiors, Cretzschmar, Matthy, Franck, widersprachen, in⸗ dem der Beschluß der Kammer nur innerhalb des Kreises ihrer Prärogative stehe und illusorisch sein würde, wenn ein fremder Wille hinzutreten müsse. Die Redner der anderen Seite suchten darzuthun, daß es Absicht sei, eine Beschwerde an die Staats⸗Re⸗ gierung zu bringen, Beschwerden aber müßten ihren Weg durch die beiden Kammern nehmen. Die Frage: ob erst mit der ersten Kammer kommunizirt werden solle, wurde mit 25 Stimmen gegen 10 verneint. Mit gleicher Stlmmenzahl wurde die Adresse an die Staats⸗Regierung genehmigt. Abgeordneter von Gagern stimmte mit der Minderheit.
Gießen, 17. Jan. (O. P. A. Z.) Die Nachricht, daß die vom Mainzer Dom⸗Kapitel vorgenommene Wahl des Professors Leopold Schmidt zum Bischof von Mainz von Sr. Heiligkeit dem Papste verworfen ist, weil der Gewählte „zum Bischof untauglich sei“, bestätigt sich. Worin diese Untauglichkeit bestehe, ist nicht ge⸗ sagt. Die nöthigen Aufklärungen wird die in einigen Tagen er⸗
scheinende Schrift des Professors Schmidt: „Ueber die jüngste Bischofswahl zu Mainz“ geben, worin alle betreffenden Aktenstuücke werden veröffentlicht werden, die dem Urtheil zum Anhaltspunkte dienen können.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 20. Jan. (N. Ztg.) Auf den (s. Staats Anz. Nr. 23.) Erlaß der provisorischen Bun des⸗Central⸗Kommission zu Franksurt a. M. vom 11. d. M. ist heute die nachfolgende Erwiederung des Großherzogl. Gesammt⸗ ministeriums abgegangen: 3
„Dem unterzeichneten Großherzogl. mecklenburgischen Gesammt⸗ ministerium ist am gestrigen Tage der vom 11. d. M. datirte Erlaß zu Theil geworden, welchen diese hohe provisorische Bundes⸗Central⸗ Kommission auf Antrag der Gutsbesitzer Rettich auf Rosenhagen, Graf von Bassewitz auf Schwissel und von Dewitz auf Miltzow zu verfügen Veranlassung genommen hat.
Es ist in jenem Erlasse ausgesprochen worden, daß diese hohe provisorische Bundes⸗Central⸗Kommission, nach Maßgabe der vor⸗ liegenden Schrift- und Druckstücke, ihre eigene Kompetenz und die Legitimation der Beschwerdeführer sorgfältig geprüft und die eine wie die andere, so weit es zur Einleitung der Sache erforderlich, vorbehaltlich der definitiven Entscheidung in beiden Beziehungen, begründet befunden habe, sodann aber mit dem Ersuchen um Ge⸗ genäußerung sowohl in faktischer als rechtlicher Beziehung die Er⸗ öffnung verbunden, daß ein Voranschreiten, welches in der streitig heh een Verfassungsangelegenheit nach dem Empfang jenes Er⸗ schwervefthter definitiven Entscheidung gegen den Willen der Be⸗ dis ge empün. stattfinden möchte, und jede einseitige Veränderung
gegenwärtigen Standes der Sache für rechtlich wirkungslos zu
chten sein werde, unter Hinzufügung des schließlichen Ersuchens, von allen derartigen Maßnahmen abzustehen.
Das nunterzeichnete Großherzogl. mecklenburgische Gesammt⸗ Ministerium, welches von jeher bereit gewesen ist, einem Jeden, der durch seine Maßnahmen sich beeinträchtigt fühlt, vor dem für die mecklenburgische Staatsregierung kompetenten provisorischen Bundes⸗ schiedsgerichte in Erfurt zu Recht zu stehen, hat bereits im Laufe der verflossenen Woche bei dem Verwaltungsrathe der dem Bündnisse vom 26. Mai v. J. angehörigen deutschen Regierungen Anträge in Betreff der mecklenburgischen Verfassungsangelegenheit gemacht, welche die Wahrung der Kompetenz des eben genannten provisorischen Bundes⸗ schiedsgerichts zum Gegenstand haben, und beehrt sich, das unter den dorthin gemachten Mittheilungen befindliche, hieneben gedruckt an⸗ liegende Promemoria zu überreichen, worin dargelegt worden ist, daß beim Bestande der altlandständischen Verfassung die Eröffnung der Kompromiß⸗Instanz nach der Verordnung vom 28. November 1817 nur von dem Corps der Landstände rechtlich habe in Anspruch genommen werden dürfen, daß in allgemeinen Landes⸗Angelegen⸗ heiten zum mindesten die Ritterschaft für sich niemals ein Recht dazu gehabt, daß die Beschwerdeführer zu einer Repräsentation der Ritterschaft nicht befugt seien, daß die Anwendbarkeit der fraglichen Verordnung auf der nicht statthabenden Voraussetzung beruhe, daß die altlandständische Verfassung in anerkannter Wirksamkeit bestehe, mit⸗ hin selbst die Bundes⸗Versammlung zu einer Handhabung solcher Verordnung nicht berechtigt gewesen sein würde, und daß endlich eine solche Handhabung außerhalb der Kompetenz dieser hohen pro⸗ visorischen Bundes⸗Central⸗Kommission liege.
In Beihalt der von dem Verwaltungs⸗Rathe gefaßten Be⸗ schlüsse, und insonderheit des von demselben an die Königlich preu⸗ ßische Staats⸗Regierung gestellten Ersuchens, ist das unterzeichnete Großherzoglich mecklenburgische Gesammt⸗Ministerium zu der An nahme berechtigt, daß die Königlich preußische Staats⸗Regierung an ihre Kommissarien bei dieser hohen provisorischen Bundes⸗ Central⸗Kommission, nach der Verfügung des vorliegenden Erlasses, Instructionen in einem demselben entgegengesetzten Sinne abgelassen habe, und hat dasselbe nur noch darauf hinzuweisen, daß, von al⸗ lem Uebrigen abgesehen, das Aussprechen eines Inhibitoriums eine richterliche Entscheidung und somit die Uebung einer Machtvollkom⸗ menheit involvirt, welche der Bundes⸗Versammlung nicht zugestan den. Dieselbe würde, wenn der diesseitige Widerspruch gegen die Anwendbarkeit der Verordnung vom 28. November 1817 und die Le⸗ gitimation der Beschwerdeführer durch eine Austrägal⸗Entscheidung für beseitigt anzunehmen gewesen, nur das Recht gehabt haben, jene Verordnung in Anwendung zu setzen, ohne den Vornahmen der Regierung einen Stillstand gebieten zu dürfen, oder aber deren Rechtmäßigkeit von der Willenserklärung der Beschwerdeführer ab⸗ hängig zu machen, wodurch den Letzteren offenbar das Recht der Mitregierung beigelegt worden ist, und die Staatsregierung zu einer mit einigen untergeordneten politischen Berechtigungen be⸗ widmeten Corporation herabgewürdigt wird. Es herrscht die größte Ruhe in dem hiesigen Lande, und mit Ausnahme der wenigen re⸗ nitenten Mitglieder der ehemaligen Ritterschaft, welche das Aeußerste versuchen, um von den Zugeständnissen der früheren Landstände entbunden zu werden, ist die ganze Bevölkerung von der Ueber⸗ zeugung durchdrungen, daß die Vereinbarung des neuen Staats⸗ grundgesetzes und die erfolgte Auflösung der Ritter⸗ und Landschaft auf völlig legalem Wege erfolgt sind.
Das unterzeichnete Großherzogl. mecklenburgische Gesammt⸗ Ministerium würde nach dieser kurzen. Darlegung das gegenwärtige Schreiben schließen können, wenn dasselbe nicht durch den Inhalt der von den Beschwerdeführern überreichten Vorträge, die neben der größten Oberflächlichkeit die krassesten Unwahrheiten und Ent⸗ stellungen enthalten, zu der Bemerkung sich veranlaßt finden müßte, wie es sich vorbehält, auch dieser hohen provisorischen Bundes⸗ Central⸗Kommission ausführlichere Mittheilungen über das Sach⸗ und Rechts⸗Verhältniß zugehen zu lassen, so wie es überhaupt die Ausführung der schon längst gehegten Absicht, der mecklenburgischen Verfassungs⸗Angelegenheit im Interesse der Wahrheit und des gu⸗ ten Rechts die größtmöglichste Oeffentlichkeit zu geben, hat vorbe⸗ reiten lassen.
Zum vorläufigen Belag der eben ausgesprochenen Beurtheilung der Vorträge der Beschwerdeführer hier nur so viel, daß die Be⸗ hauptung in dem Promemoria vom 29sten v. M., es sei der Kon⸗ vent vom 5ten und 6. Oktober v. J. durch die Landräthe ange⸗ meldet worden, unwahr ist, da die Meldung von dem sogenannten ritterschaftlichen engeren Ausschuß geschehen, und daß die Beschwerde⸗ führer, bei Production des Attestes des Großherzoglich strelitzischen Staats⸗Ministerium über ihre Qualität als Deputirte der mecklen⸗ burgischen Ritterschaft, es verschwiegen haben, daß das alleinige Dominium in Betreff der uniirten Stände nach der altlandständi⸗ schen Verfassung nur der schweriner Landesherr inne hatte, daß insonderheit nach §. 12 des Hausvertrags vom 14. Juli 1755 die schwerinschen Stände in keinerlei Subjection der strelitzischen Lan⸗ desherrschaft waren, und daß die letztere zu den ständischen Kon⸗ venten mit Ausnahme der von den stargardschen Ständen im dor⸗ tigen Kreise abgehaltenen, in gar keiner hoheitlichen Beziehung ge⸗ standen. Schwerin, den 19. Januar 1850. Großherzoglich mecklen⸗ burgisches Gesammt⸗Ministerium. An die hohe provisorische Bun⸗ des⸗Central⸗Kommission in Frankfurt a. M.“
Sachsen⸗Weimar. Weimar, 17. Jan. (Weim. Ztg.) In der gestrigen Landtags⸗Sitzung stand auf der Tagesordnung die Berathung über die Revision des Staats⸗ grundgesetzes. Das Staats⸗Ministerium spricht sich in dern Einleitung zu den hierauf bezüglichen Vorlagen im De⸗ krete vom 10. Dezember v. J. folgendermaßen aus: „Durch das Grund⸗ gesetz vom 5. Mai 1816 führte der höchstselige Großherzog, Karl August, das Großherzogthum in die Reihe der constitutionellen Staaten ein. Die der organischen Fortentwickelung dieser Verfassung entgegenste⸗ henden Hindernisse sind mit den beklagenswerthen ⸗Ausnahmegesetzen der Bundesversammlung zu Frankfurt a. M. noch durch den Bun⸗ destag selbst beseitigt worden. Ist nun ferner durch die Gesetze vom 17. und 18. November 1848 das ständische Prinzip bei den Wahlen der Volksvertreter und bei der Wahl des Landtagspräsidenten ei⸗ nem im Sinne des constitutionellen Staatsrechtes gehaltenen Wahl⸗ modus gewichen, und ist es ferner die Hauptaufgabe des gegen⸗ wärtigen außerordentlichen Landtages, in Gemeinschaft mit der Staatsregierung den Theil der Grundrechte, dessen. Anwendbarkeit erst durch besondere Gesetze zu ermitteln ist, in richtiger Anpassung auf die gegebenen Verhältnisse in die Geseßgebung Ver Landes überzuführen, so erhellt, daß für eine I“ der Perfassung, welche sich die Aufgabe stellt, in Durchführugg ebe constitutionellen Staatsform die Rechte der vree zea h . und die der Volksvertretung im richtigen Sleichgewicht festäustelen, nur noch Weniges zu thun übrig bleibt. Ueberhaupt aber erscheinen die zu diesem Zwecke vorgeschlagenen Zusätze und Abänderungen der Verfassung⸗ keinesweges in solchem Grade nothwendig, daß, wenn eine diesfallsige Vereinigung zwischen der Staatsregierung und dem verehrlichen Landtage großen 11 begegnen sollte, es nicht lediglich bei dem v.Ee. estehenden verfas⸗ sungsmäßigen Zustande ves Großherzogthumes belassen werden
könnte. Insofern aber die Zustimmung des verehrlichen Landtages zu den in der Anlage A enthaltenen Abänderungsvorschlägen er⸗ folgt, wird derselbe mit dem Grotzherzoglichen Staats⸗Ministerium weiter auch darin einverstanden sein, daß das Grundgesetz in der unter B mitgetheilten neuen Fassung als revidirtes Grundgesetz des Großherzogthums Sachsen⸗Weimar vom 5. Mai 1816 anderweit zu publiziren ist.“ Bei der allgemeinen Debatte gab die von dem Abgeordneten Lairitz tadelnd ausgesprochene Bemerkung, daß der Ausschuß die in der Anlage A des Dekretes vom 10. Dezem⸗ ber enthaltenen Vorschläge nicht für sich besonders behandelt habe, sondern in seinem Berichte unmittelbar zur Begutach⸗ tung der Anlage B übergegangen sei, zu einigen, das Verfah⸗ ren des Ausschusses rechtferligenden Gegenreden Anlaß, wobei je⸗ doch der Staats⸗Minister von Watzdorf sich dahin äußerte, daß allerdings nach dem durch den Ausschußbericht vorgezeichneten Wege der Diskussion die von dem Staats⸗Ministerium gemachten Vor⸗ schläge untermischt mit den von diesen abweichenden Vorschlägen des Ausschusses zur Verhandlung kommen würden. §. 1 wurde in der Fassung des Entwurfes angenommen: „In dem Großherzogthume Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach besteht eine Verfassung, welche allen Thei⸗ len des Großherzogthums als einem Ganzen gemeinschaftlich ist.“ Auch der erste Satz des §. 2 wurde in der Fassung des Entwurfes angenommen: „Sämmtliche Staatsbürger werden durch Männer vertreten, welche aus ihrer Mitte durch freie Wahl als Landtags⸗Abgeordnete hervorgehen.“ Statt des zweiten Satzes „über die Modalität der Wahlen be⸗ stimmt ein besonderes Gesetz“, schlägt der Ausschuß vor: „über die Wahlart bestimmt der dritte Abschnitt dieses Grundgesetzes das Nähere. Dieser Abschnitt soll das ganze Wahlgesetz vom 17. No⸗ vember 1848, mit Wegfall des §. 35 enthalten.“ Abgeordneter Lairitz: „Ich gebe zu, daß bisher das Wahlgesetz im Grund⸗ gesetz enthalten gewesen ist, ich bin nun aber der Meinung, daß in das Grundgesetz womöglich nur solche Bestimmungen kommen sollen, die bleibend sind, die keinem Wechsel unterworfen sind, unser Wahl⸗ gesetz hat so gut Gültigkeit wie irgend ein anderes Gesetz, es ist kein hinreichender Grund vorhanden, es in das Grundgesetz auf⸗ zunehmen. Abg. Fries: „Der Ausschuß ist der Ansicht des Abg. Lairitz, daß nur das in das Grundgesetz aufgenommen werde, was recht feststehen soll, und darum sind wir für die Aufnahme des Wahlgesetzes. Gerade das Wahlgesetz müssen wir als den heilig⸗ sten Theil des Grundgesetzes betrachten. Der Abgeordnete Lairitz sagt, es könne ja leicht kommen, daß die Zahl der Abgeordneten wieder geändert werde, man soll aber an keiner Bestimmung des Wahlgesetzes wackeln.“ Abgeordneter Rebling: Ich stimme mit dem Abgeordneten Fries darin überein, daß das Wahlgesetz eines der wich⸗ tigsten aber so lange man noch darüber, welches das beste Wahl⸗ gesetz ist, ob Urwahl oder Interessenvertretung, so im Kampfe ist, wie gegenwärtig, so lange muß man gerade das Wahlgesetz nicht in die Verfassung aufnehmen.“ Abgeordn. Vicepräsident Schüler: „Auch Be⸗ stimmungen, welche in der Verfassung stehen, können abgeändert werden, wenn es Bedürfniß der Zeit ist, aber nicht so leicht, das Wahlgesetz soll nicht durch eine zufällige Majorität abgeändert werden, gegenwärtig, wo wir an einem festen und sicheren Punkt angelangt sind, wollen wir daran halten, daß das Wahlgesetz auf einem künftigen Landtage nicht durch eine zufällige Majorität auf⸗ gegeben werde.“ Abgeordneter Vice⸗Präsident von Schwendler: „Daß das ganze Wahlgesetz mit Wegfall von §. 35 in das Grund⸗ gesetz aufgenommen werde, dafür kann ich mich nicht erklären. Wenn Sie die Beschlüsse über die Reorganisation der Staats⸗ behörden zur Hand nehmen, so finden Sie zu §. 18 ausgespro⸗ chen, es solle die Staatsregierung um Reviston des Wahlgesetzes in Bezug auf die Wahlbezirksbildung ersucht werden; also dafür, daß das ganze Gesetz als Theil der Verfassung aufzunehmen sei, dafür kann ich nicht sein.“ Staats⸗Minister von Watzdorf: Die Regierung ist in ihren Erwägungen zu einem verneinden Resultate gekommen, in Bezug auf die Aufnahme des Wahlgesetzes in die Verfassung. Die weimarische Regierung hat, so viel mir be⸗ kannt, bis zum Jahre 1848 allein das Wahlgesetz in das Grund⸗ gesetz aufgenommen; daß es in die Verfassung vom Jahre 1816 auf⸗ genommen wurde, hatte den Grund, daß die vifeahg des Wahlgesetzes das wichtigste war, es ist aber gewiß, daß dem Zahl
gesetze immer eine Reihe von Bestimmungen beigefügt werden müssen, die der Veränderung unterliegen. Wenn man eine Ver⸗ fassung hat, ist es wesentlich, sie nicht bei jeder Gelegenheit zu ändern, deshalb muß man nicht Bestimmungen hineinbringen, die ihrer Natur nach Veränderungen unterliegen. Nachdem hier
auf noch die Abgeordneten Schulze, Fries, Enders, Domrich, Stäps, Schubert ihre Ansichten über die in Rede stehende Frage dargelegt hatten, wurde bei namentlicher Abstimmung der Antrag des Aus⸗ schusses angenommen, wonach also das Wahlgesetz dem Grundgesetz einverleibt und nur in Bezug auf den zweiten, die Bildung der Wahlbezirke betreffenden Paragraphen eine auf den Antrag des Ab⸗ geordneten Domrich angenommene Modification stattfinden soll. §. 3 des Entwurfes wurde angenommen, der die Grundrechte be⸗ treffende Zusatz des Ausschusses dagegen abgelehnt. §. 4 (Rechte des Landtages) wurde von Ziffer 1—4 angenommen in der Fassung des Entwurfes, Ziffer 5 in der Fassung des Ausschusses: „Es steht dem Landtage zu, das Recht Klage und bei dem Landesfürsten gegen das Staats⸗Ministerinm und dessen ein⸗ zelne Mitglieder Beschwerde zu führen“ angenommen. Ziffer 6 wurde in der abgekürzten Fassung des Ausschusses so angenommen: „das Recht an der Gesetzgebung in der Art Theil zu nehmen, daß kein Gesetz ohne Zustimmung des Landtags erlassen oder authentisch interpretirt werden könne; jedoch können Gesetze, welche nur für einzelne Corporationen im Staate gelten sollen, in Uebereinstimmung mit der Gemeinde von dem Landesfürsten auch ohne Einwilligung des Landtags erlassen werden“, und dazu der Zusatzantrag des Abgeordneten Trunk: „auch können Reichsgesetze ohne Zustim⸗ mung des Landtags publizirt werden.“ Auch der Zusatzantrag des Vicepräsidenten von Schwendler, „das Recht einzelne Abgeord⸗ nete zu beurlauben und im Falle, daß ein Abgeordneter ohne Ur⸗ laub an den Sitzungen nicht Theil nimmt, nach Befinden den Aus⸗ schluß dieses Abgeordneten zu erklären und eine andere Wahl zu veranlassen“, fand die Zustimmung des Landtags. Bei §. 8 ent⸗ spann sich eine Diskussion darüber, ob die Beschlußfähigkeit des Landtags wieder nach dem Entwurfe von 28 Mitgliedern auf 21 herabgesetzt, oder ob es, wie der Ausschuß wollte, bei den 28 bleiben solle? Die Fassung des Auesschusses wurde angenommen. In der heutigen Sitzung beantragt die Majorität des Ausschusses zu §. 9, daß dem Landtage das Recht ertheilt werde, seinen Präsidenten selbstständig und endgültig zu wählen, die Minorität (Abgeordneter Stäps), daß es bei dem bisherigen Verfahren und dem Regierungsentwurf verbleibe, wonach der Landtag drei Kandidaten vorzuschlagen und der Landesfürst un⸗ ter diesen zu wählen habe. Abgeordneter Peucer für den Regie⸗ rungs⸗Entwurf, wegen der vermittelnden Stellung, die der Präsi⸗ dent zwischen der Staatsregierung und dem Landtage einzunehmen habe. Abgeordneter Stäps: Man müsse der Regierung, bei allen den demokratischen Einrichtungen, diese konservative Bestim⸗ mung erhalten. Abgeordneter Schüler für den Ausschuß, weil es eine ndtagsangelegenheit sei. Abgeordneter Dom⸗
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rich führt in gleichem Sinne die Beispiele vieler anderen Verfasuungen an. Abgeordneter Liebe: Für den Landtag sei die Frage von wenig Bedeutung, weil er doch jedenfalls zu wählen habe, der Regierung hingegen müsse viel daran liegen, daß ihr derjenige Mann, mit dem sie in beständiger Geschäftsveroinbeng stehe, nicht mißliebig sei. Abgeordneter Fries: Der Landtag habe das Recht der Stellenbesetzung aufgegeben, als ein mit der Re⸗ präsentativ⸗Verfassung unvereinbares, aus gleichem Grunde müsse die Regierung auf ihr Bestätigungsrecht verzichten, zumal da der Präsident, mit dem Vice⸗Prästdenten, wenn der Landtag nicht ver⸗ sammelt sei, die Rechte des Volkes zu wahren habe; übrigens könne der Landtag so wählen, daß das Auswahlrecht der Regierung rein illusorisch werde. Die Abgeordneten Henß und Jäde sprachen für, die Abgeordneten Lairitz und Rebling gegen den Ausschuß⸗ antrag, Letzterer entwickelte: dem Prinzip nach scheine zwar die Wahl des Landtags am richtigsten, aber sie sei nicht zweckmäßig, denn durch den Vorschlag von 3 Kandidaten werde. verhindert, daß ein schroffer Anhänger der zahlreichsten Partei auf den Präsidentenstuhl gelange und bewirkt, daß auch der Stellung der anderen Partei mehr Rechnung getragen werden könne; dies sei ein großer Vor⸗ theil und die unpraktische Konsequenz eines Prinzips müsse dem weichen. Staats⸗Minister von Watzdorf schließt sich der De⸗ duction des Abgeordneten Rebling an; man müsse auf die fakti⸗ schen Verhältnisse des Großherzogthums sehen und den Beispielen anderer Länder mit anderen Verhältnissen nicht unbedingt nachge⸗ hen, es liege auf der Hand, daß man das constitutionelle Wesen in einem kleinen Lande nicht so weit ausbilden könne, wie das z. B. in England möglich geworden sei. Abgeordneter von Schwendler: Da er dafür halte, daß Regierung und Landtag einander nicht feindlich gegenüberständen, sondern ein gemeinschaftliches Ziel zu erstreben hätten, müsse er sich auch prinzipiell für einen Antheil beider an der Präsidentenwahl erklären; hinsichtlich der Wichtigkeit des Landtags⸗Vorstandes bemerke er gegen den Abgeordneten Fries, daß der Landtag den Präsidenten mit und die Vice⸗Präsidenten allein wähle. Die Abgeordneten Ratenbacher und Stäps sprachen noch gegen, die Abgeordneten Enders, Fries, Lorey, Trunk und Schulze für den Ausschuß⸗Antrag. Der Antrag der Majorität wurde darauf vom Landtage angenommen. Die §§. 10, 11 und 12 wurden beibehalten, §. 13 an den Ausschuß für Geschäftsordnung verwiesen; bei §. 14 stimmte Staats⸗Minister von Watzdorf mit dem Ab⸗ geordneten Fries darin überein, daß hier das Recht des Landtages auf Oeffentlichkeit seiner Sitzungen, außer in den durch die Ge⸗ schäftsordnung zu bestimmenden Ausnahmefällen, ausdrücklich an⸗ erkannt werde und der Landtag faßte demgemäß einen Beschluß. Nachdem bei §. 15 einige Bedenken des Ministeriums hinsichtlich der Redaction durch die Erklärungen des Ausschusses gehoben worden waren, trug Abgeordneter Fries darauf an, daß der Landtag das Recht erhalte, sich nicht nur um Aufschluß, sondern auch um Aktenmitthei⸗ lung an das Ministerium wenden zu dürfen. Staats⸗Minister von Watzdorf: Dies Recht des Landtages anzuerkennen, sei unbedenk⸗ lich, jedoch gebe es Fälle, wo das Ministerium nicht verbunden sei, die Aktenmittheilung zu gewähren, z. B. bei einer wichtigen und noch schwebenden politischen Frage; diese Fälle wären auch durch die vom Ausschusse vorgeschlagene Fassung nicht ausgeschlossen. Abgeordneter Fries erkannte dies an. Der Landtag beschloß den Ausschuß⸗Vorschlag. Ferner hatte Abgeordneter Fries, im Namen des Ausschusses beantragt, daß Nr. 4 % des §. 15 wegfalle, des Inhalts, daß in besonderen Fällen, z. B. in Kriegszeiten, wo der Landtag nicht versammelt sei, der Landtagsausschuß dem Ministerium berathend zur Seite stehen solle. Abgeordneter Fries sprach sich hierüber dahin aus: der Landtag dürfe in Verwaltungs⸗Maß⸗ regeln nicht eingreifen, könne aber das Ministerium später nicht zur Verantwortung ziehen, wenn er durch seinen Vorstand schon gewissermaßen seine Einwilligung im voraus gegeben habe, persönlichen Rath werde der Vorstand, auf Ersuchen, dem Ministe⸗ rium in solchen Fällen gewiß niemals versagen. Staatsminister von Watzdorf: Allerdings wären die sämmtlichen in §. 15 dem Vorstande ertheilten Rechte nicht konsequent, dennoch habe die Staatsregierung, des praktischen Nutzens wegen, diese Rechte und besonders das eben erwähnte dem Landtage auch ferner zugestehen wollen, obgleich sie wohl kaum in einer anderen Verfassung enthal⸗ ten wären. Man denke sich z. B. den Fall eines Krieges, da sei es unmöglich, den Landtag zusammen zu berufen und es ließen sich auch mit dem ganzen Landtage die schleunigen Maßregeln nicht rasch genug beschließen; hier müsse das Ministe⸗ rium allein rasch und energisch vorschreiten und es auf die spätere Genehmigung des Landtages ankommen lassen, welch ein Vortheil sei es da für das Land und welch ein Trost für das Ministerium, wenn es den Landtagsvorstand berathend zur Seite habe; daher habe das Recht, welches die Regierung dem Landtage jetzt biete, für alle Theile den größten Nutzen. Der Landtag beschloß den Wegfall von Nr. 4 c, und nahm die noch übrigen Punkte des §. 15, nach dem Vorschlage des Ausschusses, an.
Anhalt⸗Cöthen. Cöthen, 19. Jan. (Ztg. f. Nd.) In seiner gestrigen Sitzung hat der vereinigte Landtag nachträglich den Beitritt der Regierung zum Interim genehmigt. Das Ministerium hatte beantragt, der Landtag wolle seine Zustimmung zu der mit den Höfen in Wien und Berlin abgeschlossenen Vereinbarung er⸗ theilen. Die Majorität der Kommission des Landtags hatte die Zustimmung empfohlen, die denn auch bei namentlicher Abstimmung mit 28 ertheilt wurde, 9 Abgeordnete stimmten nicht mit und 7 fehlten.
Hohenzollern. Hohenzollern, 18. Jan. (F. O. P. A. Z.) Die erste Kasernirung der preußischen Truppen in Hohenzollern ist erfolgt. Die Kaserne des aufgelösten hohenzollernschen Bataillons, die Ge⸗ bäulichkeiten des unweit der Stadt Sigmaringen gelegenen ehema⸗ ligen Klosters Gorheim, welche man zur Aufnahme der preußischen Truppen neu hergerichtet hat, sind gestern von einer Abtheilung Infanterie bezogen worden. Das in Hohenzollern und im Seekreis stehende 26ͤste Königlich preußische Infanterie⸗Regiment ist durch Einverleibung des anhaltischen Kontingents in die preußische Armee um ein viertes Bataillon vermehrt worden. Eine Vereinigung des Bataillons Anhalt mit dem genannten Regiment wird indeß, der beträchtlichen Entfernung der Standorte wegen, vorläufig unter⸗ bleiben. *
Frankfurt. Frankfurt a. M., 20. Jan. (Fr. O. P.
A. Zt g.) Im Juni des vorigen Jahres wurde zur Aufnahme kranker und verwundeter Soldaten hier ein Lazareth errichtet, das sich in Folge der Ereignisse jener Zeit schnell füllte. Im ersten Augenblick fehlte es an Allem, vorzüglich aber an der Anordnung, durch welche schwer Erkrankten die erforderliche theilnehmende er⸗ höhte Pflege, deren sie bedurften, zu Theil ward. Mehrere sehr ehrenwerthe Frauen der freien Stadt Frankfurt, deren wohlthätiger Sinn nach verschiedenen Richtungen hin längst allgemeine Aner⸗ kennung findet, widmeten den kranken und verwundeten Krie⸗ gern mit unermüdeter Selbstverleugnung die edelste Sorgfalt, deren Nachwirkung sich bis zum letzten Augenblick des Beste⸗ hens jenes Lazareths überall zeigte. Ihre Majestät di Königin “
von Preußen, hiervon in Kenntniß gesetzt, hatte den hiesigen Stadt Kommandanten, Herrn de acge gesetne, Fäte, 88 beahe ten Damen, und zwar namentlich den Frauen Lutteroth, Gontard, Koch und Fräulein Gontard, nebst einem allerhöchsten, an jede der S d evegens Handschreiben eine werthvolle goldene enkmünze (mit dem Portrait der Königin) j ⸗ lbergeben gin) jeder der genannten Da Ein starker Schneefall hat von gestern Nacht bis zum Spätabend angedauert. .. S.. noch viel mehr Schnee gefallen sein, als in der Stadt, wo er durch schnittlich neun Zoll tief ist. Viele Wege sind unbefahrbar gewor⸗ den. Im Gebirge des Spessart, des Vogelsberg und des Taunus liegen gewaltige Schneemassen, wie man solche seit Menschengeden⸗ ken nicht gesehen hat.
Frankfurt, 19. Jan. (D. Ztg.) Seit, kurzem konnten allerdings Probefahrten auf der so weit vollendeten Strecke der Main⸗Weser⸗Eisenbahn zwischen Frankfurt und Friedberg unter⸗ nommen werden, die ein günstiges Resultat lieferten. Gleichwoh bedarf diese Bahnstrecke immer noch an mancher Stelle der Aus besserung, die ungesäumt vorgenommen wird, soweit es die Ungunst der Jahreszeit gestattet. Es ist deshalb nicht wahrscheinlich, daß der Dienst zwischen hier und Friedberg in Kürze wird beginnen können, so wünschenswerth dies auch für den lebhaften Verkehr mit der Wetterau wäre. Der diesjährige Winter ist einer der härte⸗ sten, was die andauernde Kälte anlangt, und seit Menschengedenke erinnert man sich in Süddeutschland keines stärkeren Schneefalles, als jetzt. Der Eintritt eines plötzlichen und starken Thauwetters würde daher bei dem massenhaften Schnee, der nach der Mitthei⸗ lung von Reisenden auch im Fichtelgebirge und im Spessart ange⸗ troffen wird, den Uferbewohnern des Main, und somit auch einem Theil unserer Stadt, die größte Bedrängniß durch Wassersnoth bringen.
Frankfurt a. M., 20. Jan. (Fr. J.) General⸗Lieutenant von Peucker, Chef des Generalstabes des Königlich preußischen Armee⸗Corps in Baden, welcher Herrn von Radowitz einstweilen in der Bundes⸗Central⸗Kommission ersetzen soll, ist gestern Abend 8 Uhr auf der Main⸗Neckar⸗Eisenbahn in Begleitung eines Adju⸗ tanten, von Karlsruhe kommend, hier eingetroffen und im Gasthofe zum „Römischen Kaiser“ abgestiegen. — In der Mitte des nächst⸗ kommenden Monats wird das hier garnisonirende Katserlich öster⸗ reichische Landwehr⸗Bataillon Palombini nach Böhmen zurückkehren und durch ein von dort hierher beordertes Jäger⸗Bataillon ersetzt
werden.
Frankfurt a. M., 22. Jan. (Tel. Dep.) Gestern sind in Darmstadt die Kammern aufgelöst worden. Heute wurde der ge setzgebende Körper unserer freien Stadt eröffnet.
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Ausland.
Frankreich. Paris, 20. Jan. Der Moniteur meldet rere Versetzungen und Ernennungen von Unter⸗Präfekten. Die Kommission für die verschiedenen Vorschläge gegen das Duellwesen hat ihren Bericht überreicht, worin sie sich gegen die Erwägung derselben ausspricht. b 2
Ein sogenanntes Central⸗Comité der vereinigten Arbeiter läßt in verschiedenen Städten eine angeblich der National⸗Versammlung überreichte gedruckte Petition verbreiten, worin es heißt: „Die Petitionaire erklären im Angesicht der Regierung und des Landes, daß sie, wenn die Repräsentanten nicht unverzüglich ihren Reclama⸗ tionen Recht widerfahren lassen, vom 1. April ab die Steuern ver⸗ weigern und alle Bürger als Verräther an der Gesellschaft betrach⸗ ten werden, welche Mobilien oder Immobilien ankaufen, die im Jahre 1850 wegen rückständiger Steuern oder wegen Nichtzahlung geborgten Geldes versteigert werden.“ ³ꝙBei der Repräsentanten⸗Wahl des Gard⸗Departements hat der sozialistische Kandidat 29,697 Stimmen erhalten, während der Kandidat der Rechten 20,933 und der legitimistische Kandidat (der Redacteur der Gazette de France) 10,308 Stimmen erhielt. Hätten also die Stimmen der konservativen Partei sich nicht zer⸗ splittert, so würde sie die Oberhand gehabt haben.
Die Gazette de Tribunaurx berichtet die Verhaftung eines der Juni⸗Insurgenten, welcher in ein Komplott zur Ermordung Louis Bonaparte's verwickelt gewesen sei. 1
Großbritanien und Irland. London, 19. Jan. Die neueste Post aus Ostindien hat Nachrichten von dort bis zum 17. Dezember überbracht. An der nordwestlichen Gränze des briti⸗ schen Gebietes hatte der Radschah von Sikkim, ein kleiner Gebirgs⸗ Häuptling, welcher den größten Theil seines Gebiets von der eng⸗ lischen Regierung zur Zeit der Verwaltung Lord Moira's erhielt, zwei auf einer wissenschaftlichen Tour nach dem Himalaya begriffene Engländer, Dr. Campbell und Dr. Hocker, gefangen nehmen lassen. Man vermochte den Grund dieses Verfahrens nicht mit Bestimmtheit anzugeben. Die Gefangenen befanden sich schon seit vierzehn Tagen in Haft; Truppen rückten gegen Darjiling vor, um den Radschah einzuschüchtern. Doch ließ sich an eine eigentliche Expedition gegen Sikkim wegen des starken Schnees nicht denken. Man glaubt, daß die Ex⸗Ranih von Lahore die eigentliche Anstifterin dieser Ge⸗ waltthat gewesen sei. Da ein Feldzug in jenen Berggegenden mit den größten Schwierigkeiten verbunden und von einer Eroberung des Gebietes des Radschah von Sikkim wenig Vortheil abzusehen ist, so hoffte man, die ganze Sache ohne Blutvergießen bei⸗ gelegt zu sehen. Für die persönliche Sicherheit der Gefangenen schien man keine Besorgniß zu haben. Im Pendschab herrschte im Allgemeinen die größte Ruhe. Eine Ausnahme davon bildete nur der Stamm der ZJusufzaies, welche die wilden Distrikte auf einem der Wege nach Kabul bewohnen. Diese hatten sich ge⸗ weigert, die ihnen auferlegten Steuern zu bezahlen und hatten ver⸗ schiedene Gewaltthaten begangen. Truppen sollten binnen kurzem gegen sie abgeschickt werden. Das Gerücht, daß Sir Charles Na⸗ pier im Frühjahr nach Europa zurückzukehren beabsichtige, scheint völlig ungegründet zu sein. Die englischen Schiffe „Columbine“, „Fury“ und „Phlegethon“ haben unter Befehl des Capitains Hay eine erfolgreiche Expedition gegen die chinesische Piraten⸗Flotte an der Mündung des Flusses Tonquin gemacht. Es gelang den Eng⸗ ländern, 58 Schiffe der Piraten mit 1200 Kanonen und 3000 Mann gänzlich zu zerstören. Der Seeräuber⸗Häuptling Shap⸗ug⸗ Azai entkam mit 6 Schiffen und etwa 400 Mann. 1
Die veranstaltete Subscription zur Förderung der Industrie⸗ Ausstellung aller Nationen, welche im Jahre 1851 in London 8 finden soll, ist von der Königin mit einem Beitrag von 1000 Pfd., und vom Prinzen Albrecht mit 500 Pfd. eröffnet worden.
In der London Tavern hat gestern die durch Cobden ange⸗ regte Versammlung zur Besprechung der russischen Anleihe statt⸗ 8 Von den Anwesenden wurde einstimmig ein Beschluß des Inhalts gefaßt, daß, da die Regierung von Rußland in England eine Kriegs⸗Anleihe von 5,500,000 Pfd. St. erheben wolle, angeb⸗
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