1850 / 27 p. 4 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

digungen und Verleumdungen darf sich ein Abgeordneter so wenig erlauben, wie jeder andere Mensch. Demgemäß lautet der §. 19 wie folgt: „Niemand kann wegen seiner Aeußerungen in der Ver⸗ sammlung des Landtags verantwortlich gemacht werden. Es ver⸗ steht sich, daß allezeit der gehörige Anstand beobachtet wird und daß jede Verletzung desselben, welche eine Verunglimpfung der höch sten Person des Landesfürsten oder eine Beleidigung der Regierung oder des Landtags oder Einzelner enthält, verboten und nach den Gesetzen strafbar ist.“ Der Landtag beliebte jedoch dem §. 19 auf Vorschlag des Ausschusses folgende veränderte Gestalt zu geben: „Nie⸗ mand kann wegen seiner Aeußerungen in der Versammlung des Fangtages verantwortlich gemacht werden. Jede Verunglimpfung der höchsten 8* son des Landesherrn, Beleidigung der Regierung, 89 bestimmter Einzelner ist verboten und nach den Gesetzen straf 2 Es wird hierdurch unsicher, ob Landtags⸗Abgeordnete. ö leidigungen bestraft werden können, die sie in der 6 ganzen Kategorieen von Personen zufügen. Der §. 20 ha von der Unverletzlichkeit der Landtags⸗Abgeordneten ound 1 5 Regierungs⸗Entwurfe also gefaßt: „Kein 111 darf während der Versammlung des Landtags ohne Zustin 18 . des letzteren verhaftet oder in strafrechtliche Untersuchung men werden, mit alleiniger Ausnahme der Ergreifung auf 8 That. In diesem letzteren Falle ist dem ö“ er troffenen Maßregel sofort Kenntniß zu geben, und es 89 1. zu, die Aufhebung der Haft oder der Untersuchung bis zu Schlusse des Landkages zu verfügen. Dieselbe Befugniß steht dem Landtage in Betreff einer Verhaftung oder Untersuchung welche über einen Abgeordneten zur Zeit der Eröffnung des Landtages bereits verhängt gewesen ist. 8 Diese Unver⸗ letzlickeit besteht nach dem alten Grundgesetze vom 5. Mai 1816 nicht nur bis zum Schlusse des Landtages, sondern auch noch acht Tage nach dem Schlusse desselben. Hierunter war dem Aus⸗ schusse das alte Grundgesetz gelegen und er beantragte, dem obigen 20 die Worte: „bis acht Tage ꝛc. nach dem Schlusse des Land⸗ tages“ anstatt der Worte, „bis zum Schlusse des Landtages“ ein⸗ zufügen. Der Staatsminister von Watzdorf vertheidigte den Regierungsentwurf mit der Erwägung, daß jenes Porrecht der Landtagsabgeordneten nicht über die Gränzen der unbedingten Noth⸗ wendigkeit ausgedehnt werden dürfe. Dagegen nahmen die Abge⸗ ordneten Trunk und Schüler den Antrag des Ausschusses in Schutz; sie fanden es anstößig, wenn Abgeordnete unmittelbar nach dem Schlusse der Verhandlung von dem Arme der Gerechtigkeit ergriffen werden. Abgeordneter Jäde war auch dieser Ansicht, er⸗ wähnte das Beispiel des österreichischen Abgeordneten Fischhof und meinte, es müsse dem Abgeordneten, welchem Verhaftung bevorstehe, nach Schluß der Versammlung eine Frist gelassen werden, damit er seine häuslichen Angelegenheiten vorher bestellen könne. Die Abgeordneten Schüler und Fries erzählten viel von dem ehemaligen Reichstagsabgeordneten Voigt aus Gießen, er in die Schwelz geflohen und zu dem darmstädter Landtage zuruͤckkehren wolle. Der Abgeordnete Rebling sagte es gerade heraus, „entwischt einer, so mag er entwischen“ und erklärte sich für den Antrag des Ausschusses, den der Landtag auch genehmigte. Ein Minoritäts⸗Erachten des Abgeordneten Stäps, den §. 20 mit den Worten beginnen zu lassen: „Jeder Abgeordnete ist unverletz⸗ lich“ wurde von den Meisten für zwecklos gehalten und nicht ge⸗ nehmigt. Uebrigens beschloß der Landtag auf Vorschlag des Aus⸗ schusses dem §. 20 noch Folgendes anzufügen: „oder während einer Vertagung verhängt wird. Der Vorsitzende oder dessen Stellver⸗ treter hat während der Vertagung die Befugnisse des Landtages auszuüben, jedoch haben seine Beschlüsse nur Wirkung bis zum Zusammentritte des Landtages.“ Ferner wurden die §§. 21 bis 33 mit kleinen Abänderungen und Redactionsbemerkungen geneh⸗ migt. Hierauf kam es über §. 34 zu langen Debatten. Der Re⸗ gierungsentwurf lautet: „Dem Landesfürsten steht das Recht zu, den Landtag nicht nur zu vertagen oder mittelst eines Abschiedes zu schließen, sondern auch gänzlich anfzulösen. Dieser Theil des §. 34 wurde vom Ausschusse wie vom Landtage gebilligt und nur noch zugefügt: „die Vertagung darf ohne Zustimmung des Land⸗ tages die Frist von 30 Tagen nicht übersteigen und während der selben Diät nicht wieder eintreten.“ Nun heißt es weiter in §. 34 des Regierungsentwurfes, welcher in dieser Beziehung mit dem alten Gesetze vom 5. Mai 1816 übereinstimmt: „Geschieht das letztere (näm⸗ lich die Auflösung), so verlieren sämmtliche Abgeordnete ihre Stellen. Es müssen sofort und längstens binnen drei Monaten neue Wahlen verfügt werden, bei welchen die Mitglieder der aufgelösten Versammlung wieder wählbar sind. Erfolgt diese Anordnung binnen dreimonatlicher Frist nicht, so ist die vorige Vereinigung von selbst wieder herge⸗ stellt.“ Die vorstehenden Bestimmungen über die Folgen der Auf lösung des Landtages fand der Ausschuß ungenügend und schlug folgende Aenderung vor: „Geschieht eine Auflösung des Land⸗ tages, so erlischt der Auftrag sämmtlicher Abgeordneten. Es mussen dann jedoch neue Wahlen verfügt werden, bei welchen die Mitglieder der aufgelösten Versammlung wieder wählbar sind. Auch ist Anordnung zu treffen, daß innerhalb eines Zeitraumes von 60 Tagen nach erfolgter Auflösung der neue Landtag zu⸗ sammentrete. Geschieht dies nicht, so ist der aufgelöste Landtag von selbst wieder hergestellt und durch seinen Vorstand einzu⸗ berufen.“ Man glaubte in dem beanspruchten Rechte des Land⸗ tages, sich im eintretenden Falle auch ohne Zuthun der Staats⸗ regierung zu versammeln, ein nothwendiges Schutzmittel gegen Verfassungs⸗Verletzungen eines böswilligen Ministeriums ge⸗ funden zu haben. Auf der anderen Seite war der Gesichts⸗ punkt, von dem aus der Staatsminister von Watzdorf den Vor⸗ schlag des Aus chusses bekämpfte, kurz gefaßt dieser: Das beantragte Selbstversammlungsrecht des Landtages ist illusorisch, es gewährt nicht den Schutz, welchen man davon erwartet. Denn der Lan⸗ desherr kann zu jeder Stunde den Landtag vertagen oder schließen. Lin boswilliges Ministerium würde also die Mittel haben, den eg. 8 es der alte oder der neue, in dem Augenblicke, wo er sich Sene. 8 hat, wieder heim zu schicken. Und es braucht nicht ein böswilliges Ministerium zu sein, welches dem Landes⸗ herrn den Rath giebt, vo 2 6 Febr machen. Das MüZe ‚von dem erwähnten Rechte Gebrauch zu Zeit e E. könnte sich in der Lage befinden, daß 1 Abgeordn. . wäre, sich mit dem Landtage zu beschäf⸗ sinden, man würden emeinze indessen, Geschäfte würden sich schon seen. Abgeordn. Sraäpewa, das Ministerium in Anklagezustand ver⸗ sehe in dem landesherrlichen Re gegen den Antrag des Ausschusses, er veräußerliche Prärogative 18- e. den Landtag einzuberufen, eine un⸗ ebenfalls gegen den Antrag wesne⸗ Abgeordneter Lairitz sprach nannte den Landtag, der eigen⸗

mächtig zusammentritt, er 1 einen re⸗ druck war zu schrecklich 8* lenutionairen Konvent.

zu,

164

des erforscht, damit der aufgelöste Landtag gerechtfertigt werde. Staats⸗ Minister von Watzd orf entgegnete, in Zeite n der Aufregung müsse man diese erst vorbeilassen, bevor man des Feues Landtag zusam⸗ menrufe, wie es denn einer allgemeine Wahrheit sei, daß man wichtige Fragen lieber am anderen Morgen beantworte. rar Bicepraͤsident Schüler: Um die Frage erst zu beschlafen, seien

1 nicht ausreichend. Abgeordn. Fries: Wenn der Eech eagl her in fiehen Wochen ausschlafe, so könne das Volt auch in zwei Monaten ausschlafen. „Abgeordn. Tr unk für den Ausschuß⸗ in Zue Nur machten die Erörterungen des Staats⸗Ministers auf ihn den Eindruck, daß er die Frist zur Herbeischaffung des neuen Landtages von 60 Tagen auf 90 Tagen setzte. Mit dieser 90tä⸗

gigen Frist wurde der Antrag des Ausschusses vom Landtage ge⸗ nehmigt.

Weimar, 19. Jan. (W. Z.) Nach Annahme der §§. 35 und 36 des Staatsgrundgesetzentwurfs beantragte der Ausschuß zu §. 37, daß die Staatsregierung, wenn zwischen ihr und dem Land⸗ tage eine Vereinbarung über den Etat nicht zu Stande gekommen, nicht ein Jahr, sondern nur ein halbes Jahr lang das Recht ha⸗ ben solle, die Steuern fortzuerheben.

Nachdem Geheimer Staatsrath Thon erklärt hatte, daß ihm persönlich ein Bedenken dagegen nicht beikomme, er dem Ministe⸗ rium aber die Erklärung offen halte, nahm der Landtag den Aus⸗ schußantrag an. Zu §. 38, des Inhalts, daß, nach Ablauf des eben erwähnten Halbjahrs, die Staats⸗Regierung befugt sei, noch so viel Steuern fortzuerheben ohne Bewilligung des Landtags, als sie bedürfe, um denjenigen Forderungen zu genügen, zu deren Er⸗ füllung sie im Rechtswege angehalten werden könne, hatte der Ausschuß eine andere Fassung beantragt. Abgeordneter Fries gab hierzu die Erläuterung, daß zwar eine Pflicht des Landtags, Steuern zu bewilligen, nicht bestehe, daß aber der Ausschuß den⸗ noch einstimmig für diese Selbstbeschränkung gewesen sei, weil der Staat dasjenige, was feststehe, immer gewähren müsse. Geheimer Staatsrath Thon: Der Antrag des Ausschusses sei nur eine Re⸗ ractions⸗Veränderung und ihm daher unbedenklich, dennoch müsse er den Grundsatz wahren, daß der Landtag allerdings die Pflicht habe, die nothwendigen Steuern zu verwilligen; ob man diesen Grundsatz selbst oder nur, wie im §. 28 geschehen, seine Folgen ausspreche, sei gleichgültig; eben so wenig köͤnne er hier eine Be⸗ schränkung des Landtages gegen früher erkennen, denn die Regie⸗ rung habe das Recht, provisorische Gesetze aller Art und also auch Steuergesetze, bis zum Schlusse des nächsten Landtages, ein⸗ seitig zu erlassen. Abgeordneter Stäps: Das Recht der Steuer⸗Verweigerung könne nicht willkürlich ausgeübt wer⸗ den, sondern sei, in constitutionellen Staaten, nur das Mittel gegen ein bestimmtes Ministerium. Abgeordneter Tru nk: Erst durch §. 36 erhalte das Ministerium die Befugniß, provisorische Steuer⸗ gesetze zu erlassen. Abgeordneter Fries: Die Steuererhebung sei, auch in unserer jetzigen Verfassung, von der übrigen Gesetzgebung geschieden; er wolle nicht weiter hierauf eingehen, es komme aber darauf an, daß man sich der Konzessionen, die man der Regierung mache, klar bewußt werde. Der Landtag nahm die Fassung des Ausschusses an. §. 39 wird, in Uebereinstimmung mit dem Mini⸗ sterium, als unwesentlich gestrichen. Die §§. 40 und 41 des Ent⸗ wurfes geben der Regierung das Recht, Staatsgüter, welche unter 1000 Rthlr. Pachtertrag liefern, oder Forstgrundstücke, welche unter 500) Acker halten, ohne Einwilligung des Landtages zu verkaufen, §. 42 bestimmt, daß vom Erlös solcher Verkäufe andere Realien angekauft oder Staatsschulden getilgt werden sollen. Die Rechte der §§. 40 und 41 sind der Regierung bereits im vorigen Jahre durch den Landtag zugestanden worden, nämlich durch die Erklä⸗ rungsschrift vom 23. Juli und das hierauf antwortende Dekret vom 3. August, außerdem gestattet das Gesetz vom 1 7. April 1821, daß minder bedeutende Theile des Kammervermögens ohne Ein⸗

willigung des Landtages veräußert werden dürfen. Der Ausschuß hingegen will die genannten Rechte der Regierung nicht durch Gesetz ein⸗ für allemal einräumen, sondern durch Verab⸗ schiedungen für bestimmte Klassen von Fällen und betrachtet alle derartigen Verabschiedungen, so auch die vom 23. Juli v. J., als wider⸗ ruflich. Hierüber entspinnt sich eine längere Debatte. Von Seiten des Ministeriums wurde durch Geh. Staatsrath Thon und Staatsrath Bergfelderklärt: ob die fraglichen Bestimmungen in das Grund ¹ gesetz aufgenommen oder durch Verabschiedung festgesetzt würden, sei der Regierung ziemlich gleich, wohl aber müsse sie ihre, sowohl im Gesetze vom 17. April 1821 als durch die Verabschiedung vom 23. Juli v. J. gesicherten Rechte wahren; das genannte Gesetz stelle die Gränze zwischen bedeutenden und nicht bedeutenden Staatsgütern nicht sest und darum sei eine Abgränzung wünschenswerth, die Ver⸗ abschiedung vom 23. Juli hingegen sei⸗ bestimmter gefaßt und man müsse bestreiten, daß Regierung oder Landtag einseitig von einer Verabschierung zurückgehen könnten; im Interesse des Landes müsse rie Regierung auf diesem Rechte bestehen, denn es sei oft, z. B. bei Abtretung einiger Ruthen Landes zu einem Hausbau oder einer Straßenanlage unmöglich, vielleicht Jahre lang auf die Genehmi⸗ gung des Landtages zu warten; übrigens brauche der Landtag keine Besorgniß wegen etwanigen Mißbrauchs dieser Rechte zu hegen, denn er wisse, daß die Regierung den festen Grundsatz beobachte, alle be⸗ deutenden Güter dem Staate zu erhalten und nur die unbedeuten⸗ den, deren Verwaltung unverhältniß kostspielig sei, zu veräußern, auch würden jährlich Verzeichnisse über alle Veräußerungen vorge⸗ legt. Die Abgeordneten Fries, Kruse, Jäde behaupteten Wider⸗ ruflichkeit der Verabschiedung; Abgeordneter Rebling er blickte im Ausschußantrage eine größere Sicherheit des Staatsvermögens; Ab⸗ geordneter Maul erklärte sich für die Ansicht des Ministeriums; Abgeordneter Trunk meinte, man könne sich nicht mehr auf das Ge⸗ setz vom 17. April 1821 berufen, weil dieses zu einer Zeit erlassen sei, wo Kammer⸗ und Landesvermögen noch von einander getrennt waren; Geheimer Staatsrath Thon bemerkte hiergegen, daß, nach dieser Ansicht, die er jedoch nicht theile, die Ver⸗ äußerung sämmtlicher Staatsgüter dem Ministerium frei stehe, als Verwaltungsmaßregel, welche Befugniß hinsichtlich der früheren eigentlichen Staatsgüter niemals bestritten worden sei; in der Erklä⸗ rungsschrift vom 23. Juli stehe kein Vorbehalt der Widerruflichkeit. Zu §. 42 stellte Abgeordneter Schüler, nach einer vom S gatsrath

Bergfeld gegebenen Erläuterung über die Grundsätze bei Staats⸗

Dieser Aus⸗

schuldentilgung, den Antrag: daß die, aus dem Verkaufe von Staatsgütern gelösten Gelder dem Stammvermögen des Staates zu erhalten seien. Das Ministerium sowohl, als der Ausschuß, traten dem bei. Hierauf nahm der Landtag die Ausschußanträge zu §§. 40 und 41 und den Schulerschen Antrag zu §. 42 an. Der zweite Satz des §. 43, welcher der Regierung gestattet, be⸗

V V

biesigen Verhältnisse mit Glück I*. gewaltig, um sich auf unsere hufs der Eingehung vortheilhafter Geschäfte, ein Darlehen aufzu

daß der Abgeordnete Schüler r

gewiß keinen Konvent. b ries

sissae Fechwengegic, deh vee mer Naicsasi bes „f. Aaehner 1 omme, dam ärti . e gegenwärtige Stimmung des Lan⸗ Bewilligung des Landtages nur dann ein Darlehen au

6 I. zu lassen; daher kam es, tete, ungefäͤhr so: Es sal ihen 8 neaticsche Argument verspot⸗ der Rede des Abgeordneten Lairitz. hseg; .

Abgeordnhener s sche Philister mache

nehmen, wird gestrichen, der erste Satz, der die Regierung ermüch⸗ tigt, zur Deckung von Kosten Darlehen bis zur Höhe von in ei Drittel des Nominalbetrages derselben, ohne Einwilligung des Landtages zu negoctiren, wird, als Punkt einer künftigen Verab⸗ schiedung, angenemm n. Auf Antrag des Abgeordneten Schüler wird hier ein Paragraph eingeschaltet, des Inhalts, 8 auch mit genommen

8

Hierauf

werden dürfe, wenn dasselbe entweder das Stammvermögen um den gleichen Betrag erhöhe oder aus den Staats⸗Revenüen planmäßig getilgt werde. Die §§. 44—47 werden, theils unverändert, theils mit unwesentlichen Veränderungen, angenommen. Zu §. 48, die Contra⸗Signatur und Verantwortlichkeit der Minister betref⸗ fend, hatte der Ausschuß eine veränderte Fassung beantragt, welche die Contrasignatur sämmtlicher Minister bei allen Regierungshand lungen erfordert. Staats⸗Minister von Watzdorf erklärte solche Bestimmungen bei der neuen Einrichtung des Ministeriums geradezu für unausführbar, denn es würden alle bedeutenderen Sachen dem Staatsoberhaupte von dem betreffenden Minister in Gegenwart der übrigen Minister vorgetragen, die letzteren hätten jedoch dabei nur eine berathende Stimme, sie könnten anderer Ansicht sein, die Ver antwortlichkeit treffe nur den Ersteren; man dürfe sich das Ge sammt⸗Ministerium nicht als eine kollegiale Behörde denken, nur in zwei Fällen habe man ausnahmsweise eine gemeinschaftliche Ver antwortlichkeit aller Minister proponirt: bei Schuldenkontrahirung und bei Erlaß provisorischer Gesetze; der Ausschuß verlange überall die Contrasignatur und Verantwortlichkeit aller, also auch der in ihrer Meinung abweichenden, Minister und mache daher die ganze Verantwortlichkeit illusorisch. Abgeordneter Trunk beantragt, daß die Berathung des §. 48 einstweilen ausgesetzt werde. Abgeord⸗ neter Fries: Der Ausschuß schlage nur vor, was, nach §. 111 des Staatsgrundgesetzes, bereits bestehe; übrigens könne ein Mi⸗ nister sich vor der Verantwortlichkeit schützen, wenn er seine abwei⸗ chende Meinung zu Protokoll gebe. Staats⸗Minister von Watz⸗ dorf: Nach der neuen Organisation des Ministeriums gehörten

alle Regierungshandlungen, in der oben angegebenen Weise, vor

das Gesammt⸗Ministerium, dies sei eine Abänderung des früher Bestehenden, das Auskunftsmittel des Abgeordneten Fries sei schon in Anwendung, doch könne man es nur da brauchen, wo das Mi⸗ nisterium die Sache vornehmen müsse, z. B. bei Antworten an den Landtag, nicht aber in anderen Fällen, wie z. B. bei Erlaß provi⸗ sorischer Gesetze. Der Landtag nahm den Vertagungs⸗Antrag an; eben so wurde die Berathung von §§. 49—53 ausgesetzt.

““

Weimar, 21. Jan. (W. Z.) Nach Verlesung eines Mi⸗ nisterialdekrets über die Entschädigung der Patreimonial⸗Beamten und einiger Erklärungsschriften, ging man zu §. 54 des Staats⸗ grundgesetzes über. Der Ausschuß beantragte zu diesem Paragraphen einen Zusatz, welcher lautet: „wird ein Gesetzvorschlag auf 3 ver⸗ schirdenen Landtagen, wovon ein jeder aus einer anderen Wahl hervorgegangen ist, von dem Repräsentantenkörper unverändert wie derholt, so ist die landesfürstliche Sanction dazu nicht zu ver⸗ weigern. Ein Antrag der Abgeordneten Trunk, Stäps und Schulze wollte nur solche Gesetzvorschläge hierunter verstanden wissen, welche weder über die Landesverfassung, noch über Rechte der Krone, der Hoheit oder der Großherzoglichen Familie dispo⸗ nirten und fügte die fernere Beschränkung hinzu, daß die Majorität zwei Dritiheil betragen und die beiden letzten Landtage ordentliche Landtage sein müßten. Referent Schulze führte für das suspen⸗ sive Veto die Verfassungen Norwegens, Oesterreichs, Dessaus, Schleswig⸗Holsteins, Gothas an. Abgeordneter Trunk: Die Thei⸗ lung des gesetzgebenden Willens zwischen Fürst und Landtag müsse eine gleiche sein, der Fürst könne seinen Willen nur durch einen verantwortlichen Minister äußern, der Minister würde für die Ver⸗ werfung eines Gesetzes nicht in Anklagestand versetzt werden können, die Steuerverweigerung gefährde die Existenz des Staates, daher bleibe der Volksvertretung nur die Sicherheit des suspensiven Vetos; dagegen bleibe der Regierung das Recht der Kammerauflö⸗ sung, der freien Presse, die Hinausschiebung bis zum dritten Land tage und der Ueberzeugung; das Ministerium möge den Versuch machen, zu gewähren und könne sich ja den Widerruf bei Miß⸗ brauch vorbehalten. Abgeordneter von Schwendler: Die Frage sei praktisch ohne Belang, habe aber doch ihre Bedenken, wenn man erwäge, wie oft eine Stimme die Majorität hervorbringe; ihm sei⸗ es weit wichtiger, daß der Landtag wirklich eine Vertretung des ganzen Volkes, nicht nur einzelner Stände und Interessen sei, dies werde hoffentlich durch unser Wahlgesetz erreicht und dann bedürfe man des suspensiven Vetos nicht, denn die Regierung würde mit solch einem Landtage immer Hand in Hand gehen. Abg. Liebe Dem Beispiele Norwegens, in welchem allein das suspensive Veto schon praktisch bestehe, könne man das Beispiel Englands entgegen setzen; spreche man von gleicher Vertheilung der Gewalten, so müsse man konsequenterweise auch dem Für⸗ sten das Recht einräumen, daß ein von ihm vorgelegter Gesetzent wurf, auch ohne Genehmigung des Landtages, zum drittenmale Ge setzeskraft erhalte; übrigens werde das suspensive Veto auch aus dem Grunde bei uns keine Gültigkeit behalten, weil es der deut⸗

schen Verfassung vom 28. Mai zuwiderlaufe. Abgeordn. Walther:

Der Wille des Volkes müsse zur Geltung kommen, ohne suspensives Veto wären alle Verfassungen nur leerer Schein. Abgeord. Ra⸗ tenbacher: „Die gesetzgebende Gewalt der Regierung theilt letz⸗ tere mit dem Volke und empfängt dadurch eine Stärkung, das suspensive Veto würde aber dies Gleichgewicht aufheben.“ Abg. La iritz: Diese Theilung der Gewalten sei das Band zwischen Fürst und Volk, man solle es nicht lockern; im absoluten Veto liege der Angelpunkt alles constitutionellen Staatslebens; es sei die schüz⸗ zende Macht, welche den Einzelnen, die Minorität vor Ungerechtig⸗ keiten der Majorität sichere, aus diesem Grunde habe der vorige Landtag das jetzige Wahlgesetz mit gutem Gewissen annehmen kön⸗ nen. Abgeordneter Peuker: Man solle bedenken, daß der Fürst auch nicht ohne Einwilligung des Landtages handeln könne. Ab⸗ geordneter Säuberlich: Bei einer schlechten Regierung sei das suspensive Veio ein Damm für die Volksrechte. Abgeordneter Stäps: In einem großen Staate sei das absolute Veto minder gefährlich, als in einem kleinen, denn da könne die öffentliche Mei nung sich Geltung verschaffen, während einem kleinen Volke die Er hebung unmöglich sei. Abgeordneter Fries: Auch in Verfassungs Angelegenheiten wolle er nur ein suspensives Veto, so allein halte man den Weg des gesetzlichen Fortschritts eben und vermeide ge

waltsamen Ausbruch; die Reichsverfassung gewähre dem Oberhaupt

auch nur ein suspensives Veto und zur endlichen Durchführung der⸗ selben sei es nothwendig, daß in den einzelnen Staaten die Be⸗ stimmungen derselben aufrecht erhalten würden. Staats⸗Minister von Watzdorf: zeto dem Volke denn auch die Gesetzgebungskunst sei eine Kunst, die erlernt und geübt sein wolle und wobei die Re⸗ gierung wenigstens die größere Vermuthung für sich habe, weil ihr alle Verhältnisse täglich vor Augen stünden, dann wären die Majo⸗ ritäten oft etwas rein Zufälliges und an eine um so größere Vorsicht des Landtages glaube er wenigstens bei minder bedeuten⸗ den Fragen, die aber doch tief in die Interessen einzelner Stände eingriffen, nicht, da sei das vbsolute Veto ein unentbehrlicher Schutz; über die Zeit der Wahlperiode stehe noch nichts fest, ob sechs oder drei Jahre, die Frage sei offen erhalten worden. N. wolle er die prinzipielle Seite der Frage in das Ange fassen. Das Ministerium habe dem Großherzog früher die Annahme der Reichsverfassung anempfohlen, nicht weil, sondern obgleich sie

Praktisch gewähre das suspensive Veto dem

Nun

das suspensive Veto enthalten habe, übrigens bestehe doch tin großer Unterschied zwischen ganz Deutschland und Wei⸗ mar, ferner zwischen einer ganz neu zu errichtenden und der Veränderung einer schon bestehenden Verfassung, man sollte sich hüten, den Grundstein eines Hauses herauszureißen; man habe vom Interesse des Volkes gesprochen und er könne wohl, ohne Un⸗ bescheidenheit, von sich sagen, daß er ein wahrer Volksfreund sei und daß ihn das Volk wohl auch dafür halte, er sei aber auch ein treu ergebener Diener seines Fürsten und Herrn und ein fester Anhänger der constitutionellen Monarchie und hier müßten diese Eigenschaften dereinigt hervortreten; er halte die freieste Bewegung für die beste Entwickelung des Volkes, man sollte aber nicht über die Gränzen hinausgehen und den letzten Damm der Monarchie niederreißen; er glaube nicht, daß die Antragsteller die Republik herbeiführen wollten, dennoch säi es der erste Schritt dazu; man solle doch bei dem Errungenen stehen bleiben, es böͤte genug reiche Mittel zur Entwickelung. Gegen den Abgeordneten Trunk bemerkt der Minister, der Wille des Fürsten sei doch von größerem Gewicht und maßgebend, denn er werde immer einen gleichgesinnten Minister finden, gegen den Abgeordn. Stäps, es wundere ihn dessen Begründung, bei seinem anerkennungs⸗ werthen streng staatsrechtlichen Standpunkte, zehn Verwerfungen eines Gesetzes durch den Fürsten wären für das Staatswohl nicht so gefährlich als eine einzige Straßenemeute. Von der Gesinnung unseres Fürsten habe man nichts Volksfeindliches zu befürchten, er werde stets im Geiste seines großen Vaters regieren, aber er werde sich wohl hüten, das wichtigste Recht der Monarchie preis zu geben.

Ausland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 22. Jan. In der heutigen Sitzung wird die Berathung des Gesetz⸗Entwurfes wegen Ueberstedelung der Juni⸗Insurgenten nach Algerien fortgesetzt. Die Diskussion über den ersten Artikel, der alle in Belle⸗Isle gefangen gehaltenen Juni⸗Insur⸗ genten nach Algier gebracht haben will, wird wieder aufgenommen. Pelletier spricht gegen den Antrag und wiederholt die schon von Mehreren angeführten Gründe, indem er glaubt, daß sich viele Un⸗ schuldige unter ven Insurgenten befinden. Denjoy wird, weil er den Redner heftig interpellirt, zur Ordnung gerufen, worauf er die Tribüne besteigt und sich gegen die gehässigen Anklagen, die seit zwei Tagen der Rechten zur Last gelegt würden, vertheidigt. Der Redner fordert das Ministerium auf, seine Handlungen zu vertheidigen. Leon Faucher sucht die Behauptung, der Insurrection hätte keine Verschwörung zu Grunde gelegen, zu widerlegen. Er beruft sich auf den Bericht der nach den Juni⸗Ereignissen eingesetzten Untersuchungs⸗Kommission, woraus deutlich hervorgehe, daß eine große Verschwörung dieser Insurrec⸗ tion zu Grunde gelegen habe. Die Regierung habe mit großer Milde gehandelt. Der Präsident habe mehr als 3000 Insurgen⸗ ten begnadigt. Er fordert schließlich die Versammlung auf, das Dekret, welches nur ein Verbesserungs⸗Artikel zu dem der konsti⸗ tuirenden Versammlung sei, zu votiren. Nach ihm betritt Jules Favre die Tribüne, um sich gegen den ihm von Leon Faucher in⸗ direkt gemachten Vorwurf, er sei ein Vertheidiger der Insurrection, von sich abzulehnen. Er sagt im ferneren Verlause seiner Rede, die Gerechtigkeit dürfe der Politik nicht hintangesetzt werden. Leon Faucher habe ihm den Vorwurf gemacht, zu spät sich gegen diese Maßregel erhoben zu haben; er frage ihn aber, ob er etwas ge⸗ sagt, als man der provisorischen Regierung den Dank der Nation volirt habe, welche er, so oft sich die Gelegenheit darböte, angreife. Als Beweise seiner Behauptung, es läge eine Verschwörung der Mai⸗Insurrection zu Grunde, habe Leon Faucher nur einige Pro clamationen citirt, welche während des Kampfes gemacht worden seien. Man könne keinen einzigen gerichtlichen Beweis gegen die Insurgenten vorbringen. Die Verschwörung sei nur auf Meinun⸗ gen und Gefühlen begründet, und deshalb verdamme man die Juni Insurgenten, die so lange als unschuldig zu betrachten seien, als kein Urtheil über sie gesprochen worden wäre. Das Ende der Rede ist des großen Lärms halber nicht zu verstehen. Leon Faucher antwortet Jules Favre, indem er ihm als Beweis des Bestehens einer Verschwörung anführt, daß die Führer der Insurrection auf dem Platz des Pantheon, woselbst sie ihre Hauptschlacht geliefert hätten, zusammengekommen seien. Man hätte zwar nicht, wie un⸗ ter der Monarchie, heimlich konspirirt, sondern die Verschwörer hät⸗ ten die Leidenschaften angefacht und diese Leidenschaften die Insur⸗ rection zu Stande gebracht. Am Schlusse sagte der Redner: „Jetzt, meine Herren, erlauben Sie mir, auf das überzugehen, was mich persönlich betroffen hat, und auf jene Anklagen, die ich als lächerlich bezeichne, zu antworten. (Jules Favre ruft Leon Faucher zu, er beleidige von der Tribüne herab.) Herr Jules Favre hat von dem der provisorischen Regierung votirten Dank gesprochen; ich habe nicht mitgestimmt. (Cremieux: „Die proviso rische Regierung ist dadurch niedergeschmettert gewesen.““ Wenn ich meine Stimme nicht erhoben habe, so geschah dieses, weil ich den Augenblick nicht für geeignet hielt. Ich hatte mich jedoch nicht ge fürchtet, in einer Schrift gegen die Lehren des Luxembourg zu pro⸗ testiren. Ich glaube seit jener Zeit Beweise meines Muthes in je⸗ der Hinsicht gegeben zu haben. (Lachen auf der Linken.) Mein Gewissen giebt mir dieses Zeugniß.“ Die Sitzung wird unter brochen und nach 20 Minnten wieder aufgenommen. Der Schluß über die Diskussion wird der Reclamationen der Linken un⸗ geachtet ausgesprochen. Testelin schlägt einen Verbesserungs⸗ Artikel vor, dem zufolge die Juni Insurgenten vor ein Kriegs⸗ Gericht gestellt werden sollen. Er begründet seinen Vorschlag auf vie Weigerung, die Insurgenten ihrem ordentlichen Richter zu überge⸗ ben. Vorher frage er jedoch das Ministerium, was dieses zu thun gedenke, nach der von einem Mitgliede der Versammlung gemachten Drohung. „Wir haben jetzt die Juni⸗Insurgenten verdammt“, solle dieses Mitglied gesagt haben; „sagt dem Präsidenten der Re⸗ publik, daß, wenn er wagt, diese zu amnestiren, er sehen wird, was wir thun werden.“ (Große Bewegung.) Mehrere Stimmen ver⸗ langen die Nennung des Namens, worauf Testelin den Repräsen⸗ tanten Kerdrel nennt. Ein großer Tumult entsteht. Kerdrel wird von der Rechten aufgefordert, nicht zu sprechen, entschließt sich aber doch nach einigem Zaudern, das Wort zu ergreifen. Er sagt, er hätte vertraulicherweise dem Minister des Innern gesagt, er hoffe nicht, daß jetzt eine Amnestie erfolgen würde, da die Ver⸗ sammlung ein hartes Gesetz votirt habe. Wenn eine Amnestie möglich gewesen wäre, so hätte die Rechte dieselbe gern selbst er⸗ theilt. Er hätte nicht geglaubt, daß diese Worte von einem Lauscher gehört worden seien. (Lärm auf der Rechten.) Testelin’s Zusatz⸗ Artikel wird verworfen. Nach Verwerfung eines zweiten Zusatz⸗ Artikels wird die Sitzung geschlossen.

Sitzung vom 23. Jan. An der Tagesordnung ist die Fort⸗

setzung der Debatte über die Juni⸗Insurgenten. Der zweite Theil des ersten Artikels, „was immer die Zeit ihrer Verhaftung gewe⸗

165

Abtheilungen über den ganzen ersten Artikel giebt folgendes Resul⸗ tat: Zahl der Stimmenden 463; absolute Majorität 232; für: 310, gegen: 153. Die Versammlung hat also den ersten Artikel angenommen. Ein Zusatz⸗Artikel Lagrange’s, daß vor der Uebertragung der Deportirten eine durch das Loos aus den Mitgliedern der National⸗Versammlung bestimmte Kommission die Aktenstücke der Deportirten zu untersuchen und etwaige Freilassun⸗ gen zu bestimmen habe, wird verworfen. Der zweite Artikel lautet: „Die transportirten Individuen werden auf dem Domainen⸗ grund des Staates ein besonderes Disziplinar⸗Etablissement bil⸗ den. Dasselbe wird von den übrigen landwirthschaftlichen Kolo⸗ nieen des Staates und der freiwilligen Kolonisten getrennt sein.“ E. Barrault gegen den Artikel. Derselbe beraube die Trans⸗ portirten des gemeinen Rechts, und man wird da ohne Freiheit keinen Vortheil für die Kolonie erhalten. Minister Hautpoul: Die Worte des Vorredners bewiesen nur, daß die algierische Be⸗ völkerung, die ihn gewählt, schlecht für ihre Angelegenheiten ge⸗ sorgt habe. (Gelächter). In der That seien diese Worte gegen die Interessen der algierischen Colonisation gerichtet gewesen. Der Minister schilderte hierauf die Lokalität, welche den Trausportirten angewiesen werden soll, (Lambessa nicht weit von Bathna) als ge⸗ sund, und stellt die Vortheile dar, welche den Kolonisten zu Theil werden sollen. Boissel sagt, die Insurgenten seien schändlich verleumdet wor⸗ den. (Lärm.) Miol wird wegen einer Aeußerung zur Ordnung geru⸗ fen, nennt diesen Ordnungsruf ungesetzlich, worauf der Präsident gegen ihn die Censur ausspricht. (Lebhafte Billigung.) Boisset: Unter den 468 Deportirten sei eine große Anzahl von Irrthümern vor⸗ gefallen. So habe ihm Jemand, dessen Arm in den Juni⸗Tagen zerschossen worden sei, geschrieben, daß man statt seiner seinen un⸗ schuldigen Bruder transportirt habe. Das Gesetz sei daher unge⸗ recht. Bedeau: Er, der als General während jener traurigen Tage kommandirt habe, wisse, daß die Behauptung, dieselben seien durch eine reactionaire Verschwörung hervorgerufen worden, irr⸗ thümlich sei. Man brauche nur die Worte gehört zu haben, die hinter den Barrikaden fielen, um diese verabscheuungswürdigen Lehren würdigen zu können. Mornay beschuldigt die Linke, daß sie gegen die Republik handeln wolle. Die Versammlung schreitet hierauf zur Abstimmung über den zweiten Artikel. Das Resultat der Abstimmung ist: Zahl der Stimmenden 623, für: 431, gegen: 192, also angenommen. Raspail spricht gegen den dritten Arti⸗ kel der über die Arbeit der Transportirten handelt, und die Sitzung wird dann aufgehoben.

Spanien. Madrid, 16. Jan. Vorgestern hat die De⸗ putirtenkammer das Amendement Olozaga's zu dem Gesetzentwurfe der Regierung über das Budget und die Forterhebuug der Steuern mit 158 gegen 78 Stimmen verworfen. Gestern fiel ein Amende⸗ ment Nocedal's, welches die Steuer⸗Erhebung nur bis Ende März zugestehen wollte, mit 150 gegen 87 Stimmen durch. Heute be⸗ räth die Kammer über ein Amendement Moron's, wonach die Re⸗ gierung zur Forterhebung der Steuern für das Jahr 1850 unter der Bedingung ermächtigt werden soll, daß sie Weine und Brannt⸗ weine mit einer Werthsteuer von 10 pCt. belegt, die Ausgaben für E11“ Krieges, des June rn und der Finanzen um 2 8. Fen 888 vermindert und 50 Millionen fur öffentliche Arbeiten anweist. Bei Abgang der Post sprach Moron noch. Man glaubt, daß alle Amendements am Sonnabend erledigt sein werden, so daß dann am Montage das eigentliche Prinzip des Gesetzent⸗ wurfs zur Erörterung kommen kann. Gegen den Entwurf werden Benavides, Gonzales Bravo und Rios Rosas, für denselben Do⸗ noso Cortes und die Minister sprechen. Einen Gesetzentwurf, be⸗ züglich der Eisenbahnen, die provisorische Ertheilung von Konzes⸗ sionen betreffend, genehmigte die Kammer ohne Debatte.

Der portugiesische Geschäftsträger hat der hiesigen Regierung angezeigt, daß Dom Miguel sich in England einzuschiffen beabsich⸗ tige, um an die Spitze seiner Anhänger in Portugal zu treten. Gleich nach Empfang dieser amtlichen Anzeige hat die Regierung

den Frieden erhalten.

die Vergangenheit, mit Ruhe in die Zukunft blicken zu dürfen. Die russische Gesandtschaft steht wieder in offizieller Verbindung

zu kommen. Odessa aus St. Petersburg gekommen war, ist bereits am 27sten wieder mit Depeschen dahin zurück. Fuad Efendi wird auch bald in Konstantinopel sein und eine Stelle im Büreau des Großwesiers

den Gränz⸗ und Küstenbehörden den gemessenen Befehl zugeschickt die strengste Wachsamkeit zu üben und den Prätendenten wo 1 lich zu verhaften. 3 8. Zu Palma sind wieder 700 Mann des römischen Expeditions⸗ Corps angelangt. Nach dem Heraldo ist die Rückkehr des Re⸗ stes unserer Truppen blos durch die starken Stürme der letzten Wochen verhindert worden.

Madrid, 17. Jan. (Franz. Bl.) Die Deputirten⸗ Kammer fährt in der Berathung der Amendements über die mini⸗ sterielle Forderung einer Autorisation fort. Das Amendement des Herrn Morra wurde gestern mit 147 gegen 82 Stimmen verwor⸗ fen. Beim Abgang der Post entwickelte heute Herr Coira, ein Mitglied der gemäßigten Opposition, sein Amendement, das die Reduction der Grundsteuer um 50 Millionen Realen zum Gegen⸗ stand hat. Obschon dieses Amendement das populärste von allen ist, so ist doch nicht daran zu zweifeln, daß es gleichfalls mit einer großen Majorität verworfen werden wird, doch dürfte die Oppo⸗ sition dabei auf 90 bis 96 Stimmen zählen dürfen. Allem An⸗ scheine nach wird die Debatte über die Amendements morgen geschlossen werden, und die Debatten werden ernstlich über den ministeriellen Gesetz⸗Entwurf hinsichtlich der Forderung der Autorisation zur pro⸗ visorischen Erhebung der Steuern beginnen. Man glaubt, daß Herr Mon morgen das Wort ergreifen werde, um sich gegen die An⸗ griffe zu vertheidigen, die gegen ihn gerichtet worden waren. Die Forderung der Autorisation dürfte in drei Tagen bewilligt werden, und es wäre sehr möglich, daß die Kammern sodann in den ersten Tagen des Monats Februar vertagt würden. u““ Zproz. heute 29 %6.

Türkei. Konstantinopel, 5. Jan. (Wanderer.) Die Wolken, die sich drohend für die Türkei am Horizonte erhoben und gegen den Schluß des abgelaufenen Jahres mehr und mehr Furcht ein⸗ flößten, sind über unseren Häuptern schonend hingezogen. Der Muselmann athmet leichter auf und mäaͤcht den Anspruch, er müsse in der Meinung der europäischen Nationen um eine Stufe höher gestiegen sein, denn die Flüchtlings⸗Angelegen⸗ heit ist zur Ehre der Pforte und zugleich im Interesse der Humanität befriedigend beigelegt worden. Der Sultan und seine Minister wußten das heilige Recht der Gastfreundschaft unge⸗ kränkt zu bewahren und haben den Völkern des Ostens dennoch Der Türke glaubt nun am Schlusse eines Jahres und beim Beginne des folgenden mit Befriedigung in

mit dem Divan, und die österreichische wird nicht lange mehr säu⸗ men, dasselbe zu thun. In der Türkei herrscht tiefer Friede, und sie bedarf seiner in der That, um mit ihren Reformen zu Stande Latif Efendi, der als Courier Fuads Efendi über

sen sei“, wird ohne Diskussion angenommen. Das Skrutinium der

einnehmen, und an seiner Statt wird Achmet Efendi, der Chef

See, üeb, 1 18 ihrskhat setungs⸗Büreaus, zum Kaiserlichen Kommissär in den Do⸗

naufürstenthümern ernannt f zsis Flotte ist der Befehl übe werden. Der französischen und englischen

8 rschickt worde ie iürt 85 verlassen. den, die türkischen Gewässer zu welches vZ ““ und darüber est seinem Kabinet Vericht Mr angenommen gen Gesandtschaften des Westen et. Bei den hiest⸗

1 8 will man wisse 51 dieser Weigerung des Grafen Stürmer ““ Volge 9 Herrn

von Titos eine starke Spannung ein sei b Personen sehen jedoch in dieser anehn.s . dntu Mißtrauischer decktes Spiel, um die Entfernung der

Doch wie dem immer sein mag, so viel ist gewiß urchzusetzen.

ca n immer g, eist gewiß, daß diese Ge⸗

rüchte und die Ueberzcugung, daß Rußland die Achtun 8 Oesterreich verletzen würde, wenn es den in Gemeinschaft Len seinem Allüirten abgebrochenen Verkehr nun allein wieder 8g. sollte, sehr viel zu jener Eilfertigkeit beigetragen haben, mit welcher die beiden Gesandten des Westens ihre Flotten nach Hause schick⸗ ten. Sie ließen sich hiervon durch keinerlei Vorstellungen abhalten und eben so wenig durch die drohenden Rüstungen Rußlands wie durch die Frage der Donaufürstenthümer. Man ist daher nicht ohne Grund der Ansicht, daß Frankreich und England blos intervenirten, um ein paar ungarische Fluchtlinge zu schützen, nicht aber, um die Inte⸗ grität des ottomanischen Reiches zu wahren, und daß diese beiden Mächte die Türken auf ihre eigene Kraft beschränkt lassen wer⸗ den, wenn der Kampf einer anderen als einer Humanitätsfrage gelten sollte. Namentlich war das Benehmen der französischen Gesandtschaft in den letzten Momenten der österreichisch⸗russischen türkischen Differenz ein höchst staunenswerthes, denn eigentlich hat man die Abfahrt der Flotten blos der energischen Zusprache des Generals Aupick bei seinem englischen Kollegen zu verdanken. Der General beeilte sich so sehr, der Sache auf was immer für einem Wege ein Ende zu machen, daß sich in der Türkei sogar hier und da Argwohn gegen die Aufrichtigkeit Frankreichs regle, und man spricht ziemlich laut von einem Einverständ⸗ nisse zwischen dem Präsidenten der französischen Republik und dem Kabinet von St. Petersburg, namentlich sind es die Eng⸗ länder, welche diesem Gerüchte Glauben zu verschaffen suchen. Man spricht hier sehr ernstlich von einem eigenhändigen Schreiben des Kaisers Nikolaus, welches Herr von Titoff dieser Tage dem Sultan überreichen soll. In diesem Schreiben erklärt Kaiser Nikolaus, daß er sich für den Augenblick mit dem Aus⸗ gleiche zufrieden gebe, aber er bedauere zu sehen, daß der Sultan schlecht berathen war und ist, und befürchte, die Zukunft könnte dem Sultan die unangenehmen (facheux) Resultate dieser Rath⸗ schläge darlegen. Dies wäre also ein direkter Angriff gegen das Ministerium Reschid und eine indirekte Drohung mit einem Kriege fur das nächste Frühjahr. Die Türken sind darauf gefaßt und setzen ihre Rüstungen unaufhaltsam fort. Mit einem Worte, diese Frage, dem Anschein nach beigelegt, läßt noch genug der Schwierig⸗ keiten zurück, welche den Krieg herbeiführen können. Achmet Efendi, der die Abreise der Ausgewiesenen und Internirten von Schumla zu leiten beauftrgt ist, wurde, wie gesagt, gleichzeitig zum ottomanischen Kom⸗ missär in der Moldo⸗Walachei an die Stelle Fuad Efendi's ernannt. Ach⸗ met Efendi ist ein Mann von Herz und Bildung, ein ausgezeichneter Pa⸗ triot und für Einflüsse wenig zugänglich; eben darum dürfte er in seinem neuen Amte schwerlich an seinem Platze sein. Dabei soll er unbeugsamen und wenig versöhnlichen Charakters sein, und doch bedürfte er in seiner neuen Stellung gerade der höchsten Geschwindigkeit; er wird indeß nicht so bald an seinen neuen Bestimmungsort gelangen und in Schumla jedenfalls einige Wochen zu verweilen genöthigt sein. Ueber den Tag der Ab⸗ reise Achmet Efendi's ist man noch nicht einig, die Einen sagen, er werde den Courier aus Wien abwarten, der die Instructionen für Herrn Stürmer überbringen soll, die Anderen behaupten, er werde, ohne diese Instructionen abzuwarten, schon morgen seine Reise antreten. Die Verwiesenen und Internirten sollen sich zu Varna einschiffen, die rrsteren, um nach Malta geführt die letzteren, um bei Guemlek ans Land gesetzt zu werden. Rußland hat von der Pforte die Zusicherung erhalten, daß keiner der Flücht⸗ linge Konstantinopel betreten werde; diese Maßregel scheint auch von den Gesandten Frankreichs und Englands gebilligt worden zu sein. Der Erste protestirte nicht einmal gegen diese Maßregel zu Gunsten des Grafen Zamoyski, der sich, wie es heißt, als Fran⸗ zose legitimirt hat. Dieser Gesandte hatte den Muth, Oesterreich zu beweisen, daß Graf Zamoyski französischer Bürger sei, und er ließ ihn darum auch nicht interniren, aber er läßt ihn nun durch Rußland ausweisen, und so wird es wohl nicht Wunder nehmen wenn die Türken fest glauben oder vielmehr befürchten, die franz⸗ sische Regierung sei mit dem Kabinete von St. Petersburg einver⸗ standen. Die französische Gesandtschaft hatte die Weisung erhalten politischen Flüchtlingen künftighin keine Pässe mehr nach Frank⸗ reich zu ertheilen. Dieser Befehl, welcher nur in höchst beschränk⸗ tem Maße Ausnahme gestattet, hat neuerdings auf die Türken un⸗ angenehm gewirkt, und sie sehen in dieser Verfolgung einstiger Frcunde das gute Einvernehmen Frankreichs und Rußlands nur um so mehr bestätigt. Die hier anwesenden Polen sagen, es sei vielleicht so besser für ihr von Frankreich verstoßenes Vaterland sie würden sich nun natürlichere Bundesgenossen suchen und dann vielleicht eben bei Jenen, die sich heute ihre Unterdrücker nennen wahre Freunde und schirmende Bundesgenossen finden. Auf Ver⸗ langen des preußischen Gesandten wird jener Beck, dessen Verhaf⸗ tung jüngst gemeldet, in Measkieral in Gewahrsam gehalten und er soll daselbst bleiben, bis man von Berlin aus Certifikate über seine Nationalität erhalten hat. Beck versah, nachdem er anfangs bei Bem Secretair gewesen, später in Schumla bei Kossuth die⸗ selben Dienste.

Salih Efendi, der Leibarzt des Sultans, hat nun die Ein⸗ richtung getroffen, daß die Professoren an der medizinischen Schule vor ihrer Anstellung sich einer Konkursprüfung unterziehen müssen.

Sir Stratford Canning ist von Tophane nach der Residenz im Bosporus übersiedelt, und der „Ardent,“ welcher ihn dahin brachte, ist bei der Rückfahrt im Sande am Quai von Therapia aufgefahren, von wo er erst durch einen türkischen Staatsdampfer befreit wurde. Der „Prony,“ welcher Depeschen für General Aupik gebracht hatte, ist wieder mit solchen nach Frankreich zurück Am 26sten war großer Ministerrath gewesen, und am 27sten hatte Sir Stratford eine lange Konferenz mit dem Großvesir.

Lord Lincoln, der mit seiner Jacht hier ankam und nach Alexandrien geht, ist dem Großherrn in einer Privataudienz vor⸗ gestellt und sehr zuvorkommend empfangen worden. Auch Artim Bei, der Kabukiaja des Vicekönigs von Aegypten, wurde dem Pa⸗ dischah vorgeführt. Der russische Marineoberoffizier, Bariatinsky welcher dieser Tage hier eintraf, geht nach Neapel und Spa⸗ nien. Der griechische Gesandte, Herr Rizos Nerulos, ist mit Tode abgegangen. Der erste Dolmetsch der Gesandtschaft Herr Argyropulos, wird ihn einstweilen ersetzen. Emin Bey ist von Samos wieder zurück und hat seinen Posten als Adju⸗ tant des Kapudan Pascha wieder angetreten. Mustafa Pascha ist Gouverneur von Samos. Die sonstigen Neuigkeiten sind: ein