1850 / 68 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Bundesbeschluß vom 7. April 1848 der frankfurter National⸗ versammlung das Recht ertheilt worden sei, das deutsche Verfas⸗ sungswerk allein festzustellen. Ein solcher Bundes Beschluß sei ihm nicht bekannt. Die Wahl⸗Ausschreibungen zur National⸗ versammlung seien erlassen worden auf Grund des Bundesbe⸗ schlusses vom 30. März, welche sage, daß die National⸗Versamm⸗ lung zusammentreten solle, „um zwischen den Regierungen, und dem Volke das deutsche Verfassungswerk zu Stande zu bringen.“ In diesem Sinne seien in Sachsen die Wahlausschreibungen auch von den Ständen genehmigt worden, und die sächsische Regierung sei daher nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet gewesen, an die⸗ sem Standpunkte festzuhalten. Die Hauptgründe, warum er sich an die Anträge der Majorität des Ausschusses angeschlossen, seien: weil er als März⸗Minister an der Verheißung Theil genommen habe, daß dem deutschen Volke eine Verfassung mit einem Bundesparlament ge⸗ geben werden solle, und die Ansichten, die ihn damals geleitet, heute noch dieselben seien; dann aber auch, weil Sachsen in dem großen Umgestaltungsprozesse Deutschlands nicht isolirt bleiben könne. Oesterreich habe sich durch die Verfassung von Kremsier von der Idee eines deutschen Bundesstaates losgesagt, und es handle sich jetzt darum, ob man die Idee des Bundesstaates, oder ob man Oesterreich wolle fallen lassen; er halte das erstere für folgenreicher und müsse sich deshalb dagegen erklären. Auch er betrachte die preußische Reichsverfassung nicht als etwas Voll⸗ kommenes, allein er könne die gegen dieselbe eingewendeten Be⸗ deyken nicht für gewichtig genug ansehen, um sich gegen das ganze Projekt zu erklären. Er stimme hauptsächlich für dasselbe, weil es die Idee des Bundesstaates zu verwirklichen anfange und so eine Aufgabe erfülle, deren Lösung die Abwehr äußerer Gefahren sei. Man möge ihm für den hier in Betracht kommenden Zweck: eine allgemeine deutsche Verfassung zu erstreben, die alle Postulate des Constitutionalismus enthalte, einen besseren Weg zeigen, als das Dreikönigsbündniß, und er werde mit Freuden diesen Weg betreten.

Der Abgeordnete von Friesen spricht zur Erwiederung, na⸗ mentlich in Bezug auf die in den letzten Sitzungen von dem Refe⸗ renten erfahrenen Angriffe und empfiehlt den von ihm eingebrachten Antrag, der die Meinung ausspreche, ein ganzes Deutschland zu gründen, ohne der Regierung und der Volksvertretung die Hände zu binden für mögliche Eventualitäten.

Staatsminister von Beust nahm Veranlassung, auf die in seiner gestrigen Rede erwähnten neueren Verhandlungen der säch⸗ sischen Regierung zurückzukommen. Wenn auch die formellen Grunde, welche ihn gestern verhindert hätten, das bestimmte Re⸗ sultat, welches durch jene Verhandlungen erreicht worden sei, der Kammer mitzutheilen, noch nicht beseitigt seien, so sei es ihm doch erlaubt, und er halte es für Pflicht, die Mittheilung zu machen, daß diesen Verhandlungen eine Rückkehr zum alten Bun⸗ destage nicht zu Grunde liege. Er könne vielmehr erklären, daß dieser neuere Verfassungsentwurf darauf berechnet sei, daß der Bundesregierung eine Nationalvertretung zur Seite gestellt werde, die aus dem Volke selbst hervorgegangen sei, welche die Initiative in der Bundesgesetzgebung haben solle, und ohne deren Zustimmung Bundesgesetze gar nicht erlassen werden könn⸗ ten. Eine Octroyirung der Bundesverfassung sei nicht beabsich⸗ tigt, in dem neuen Verfassungsprojekt sei ausdrücklich vorgesehen, daß die neue deutsche Verfassung mit der einzuberufenden Na⸗ tionalvertretung vereinbart werden solle. Es handle sich bei die sem Projekt um die Einigung des ganzen Deutschlands, nicht um einen Sonderbund, und er glaube, daß es doch der Mühe werth sei, zu erwägen, ob es nicht mehr wiege, eine Gesammtver⸗ fassung zu schließen, oder blos einen engeren norddeutschen Bun⸗ desstaat zu schaffen. Die Annahme der im Ausschußberichte aufge⸗ führten speziellen Anträge könne diesem Projekte nicht förderlich sein, wohl aber auf der anderen Seite die Verhandlungen der Re⸗ gierung hinsichtlich der Annahme dieser Verfassung für ganz Deutschland erschweren. Hoffentlich werde es möglich sein, die Kammer in nicht zu langer Zeit in den Stand zu setzen, ein voll⸗ ständiges Urtheil über diese Angelegenheit zu fällen.

Der Abgeordnete Wagner aus Schneeberg ergreift das Wort, hauptsächlich um die Demokratie gegen den gestern von dem Abge⸗ ordneten Raschig erfahrenen Angriff zu vertheidigen, als wolle sie eine neue Revolution und als stimmten die Vertreter der Demo⸗ kratie in diesem Saale für das Festhalten an der frankfurter Reichs⸗Verfassung nur deshalb, weil sie auf diese Revolution hoff⸗ ten. Auch die Demokratie wolle nur die Einheit Deutschlands, und sie sei zu diesem Wollen durch das Verfahren der Regierun⸗ gen im Jahre 1848 berechtigt. Er fürchte eine neue Revolution nicht, denn das deutsche Volk allein mache keine Revolution; übri⸗ gens dürfte der Umstand, daß die Führer der letzten Bewegung in Amerika eine Zuflucht suchten, schon dafür sprechen, daß einer neue Revolution nicht so nahe bevorstehe. Er seinerseits wolle ein Großdeutschland, wolle nicht, daß die gegenwärtige Politik einen Theil Deutschlands abreiße, wie die frühere Politik das Elsaß ab⸗ gerissen habe; gehe Oesterreich jetzt für Deutschland verloren, so werde es nimmer wiederkehren., Dem Dreikönigsbündniß, das schon den Todeskeim in sich trage, Sachsen mit seinem Namen und seiner Geschichte zu opfern, dazu könne er sich nicht veranlaßt sehen. E werde daher nur für den allgemeinen Antrag der Majorität des Ausschusses und für den Antrag des Abgeordneten von Friesen

stimmen. Der Abgeordnete Ziesler giebt die Gründe an, warum er die

als Ausschußmitglied sich vorbehaltenen Anträge während der Dis⸗

Er sei zu der völlig klaren Gewiß⸗ heit gelangt, daß die Beschlüsse der Kammer auf die Politik der Regierung keinen Einfluß uben würden. Man betrachte von Seiten der Regierungen die Volksvertretung jetzt als Civilpa⸗ raden, auf denen man die Volksvertreter nach Herzenslust sich schwenken lasse; sobald es aber gelte, die Wünsche des Volks zu verwirklichen, werde zum Abtreten kommandirt. Er werde für den allgemeinen Ausschuß⸗Antrag und für den des Abgeordneten Funkhänel stimmen; damit sei seine Thätigkeit in dieser Sache zu Ende, weil er von den anderen Anträgen, wenigstens für jetzt, nichts erwarten könne.

„Der Abgeordnete Harkort, der jetzt das Wort erhalten sollte, erklärt, daß er auf das Wort verzichten werde in der Voraus⸗ setzung, daß dies auch von Seiten der anderen noch angemeldeten Sprecher geschehe. Sollte diese Voraussetzung sich nicht bestätigen, so werde allerdings auch er die „Lammsgeduld“ der Kammer noch für 8g Augenblicke in Anspruch nehmen müssen. E“ angemeldeten Abgeordneten Funkhänel, tet Wer Jatob aus Vielau, so wie einige Andere, verzich⸗ eten aufe ort, dagegen wollte der Abgeordnete Dr. Theile dem von dem Abgeordneten Harkort ausgesprochenen Wunsche, weil „von dieser Seite der Kammer her“, nicht entsprechen und hierin selbst eine Beschränkung der Redefreiheit finden.

Der Abgeordnete Harkort erhielt nun da . gev s Wort. Er moti⸗ virte seine Abstimmung, die ihm, wie er sagte, diesmal schwerer werde, als irgend eine vorher. Nur mit Widerstreben habe er in dieser Frage einem Ministerium entgegen zu treten sich entschließen

kussion nicht eingebracht habe.

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können, von dem er überzeugt sei, daß es dem Lande die größten Dienste geleistet habe. (Gelächter auf der Gallerie.) Abgeordneter Harkort: „Mein Herr Präsident, ich glaube, daß zu den Errungenschaften der letzten Jahre auch die Redefreiheit gehört; ich nehme sie für mich wie fur jeden Anderen in Anspruch.“ Präsident Cuno spricht seine Entrüstung über ein solches Ge⸗ bahren der Tribüne aus und erklärt auf das Bestimmteste, daß er beim ersten Vorkommen derartiger Kundgebungen von Beifall oder Miß⸗ fallen unbedingt die Gallerie räumen lassen werde. Der Abgeordnete Harkort fährt nun in seiner Rede fort und giebt die Grunde an, die ihn bewogen hätten, sich für das Drei⸗ königsbündniß zu erklären. Die Nothwendigkeit, daß sich Sachsen entweder Oesterreich oder Preußen anschließen müsse, wenn es seine Selbstständigkeit wahren wolle, habe seine Abstimmung hervorgeru⸗ fen. Nicht die Politik und das Verhalten der preußischen Regie⸗ rung sei es, die ihn bestimmt hätten, Preußen vor Oesterreich den Vorzug zu geben; es sei das preußische Volk, mit dem Sachsen recht wohl Hand in Hand gehen könne. Er werde für den allge⸗ meinen Antrag des Ausschusses, und für die speziellen Anträge J., V. und VI. vesselben stimmen, dagegen aber den speziellen Anträ⸗ gen II. bis VI. nicht beitreten, weil er sie für ersolglos halte. Der Abgeordnete Dr. Theile erklärt sich für den Antrag des Abgeordneten Haberkorn, und wenn dieser nicht angenommen werde, für den des Abgeordneten von Dieskau. Werde auch dieser nicht ange⸗ nommen, so stimme er für den allgemeinen Antrag des Ausschusses; dieser sei zwar „nur eine Phrase,“ allein da feststehe, daß kein an⸗ derer Antrag Erfolg haben werde, so genüge es ihm, eine Ueber⸗ zeugung auszusprechen. Der Abgeordnete Raschig erklärt, daß er in seiner gestrigen Rede weder die Demokratie im Allgemeinen, noch weniger aber die in diesem Saale vertretene anzugreifen beabsichtigt habe, es über⸗ haupt nicht in seinen Grundsätzen läge, der Demokratie irgendwie feindselig entgegenzutreten. Der Abgeordnete Löwe erklärt sich in wenigen Worten gegen das preußische Bündniß, in welchem er weder den Weg zur Macht, noch zur Einheit und Freiheit Deutschlands erblicken könne. Diese Garantie könne nur eine aus dem Volke hervorgegangene Verfas⸗ sung in sich tragen, nur diese werde dauernd sein. Er stimme da⸗ her dem Antrage des Abgeordneten Cramer bei. Hiermit wurde die Debatte geschlossen und der Referent der Majorität, Abg. Biedermann, erhielt das Schlußwort. Seine Rede währte fast zwei Stunden. Staats⸗Minister von Beust bemerkte nach dieser Rede nur noch, daß die Mittheilung über das Resultat der Verhandlungen in München keinesweges in weiter Ferne stehe, da diese Verhandlungen bereits zum Abschluß gediehen seien und daß nur formelle Gründe ihn noch verhinderten, dasselbe jetzt mitzutheilen. Das Gutachten der Minorität blieb ohne Vertheidigung, da der Abgeordnete von Dieskau auch heute durch fortwährende Krank⸗ heit abgehalten war, der Sitzung beizuwohnen. 8 Der Präsident stellte in klarer Uebersicht die Grundzüge fest, nach denen er bei der Abstimmung über die einzelnen Anträge zu verfahren gedenke, und. nachdem sich die Kammer sofort einstimmig mit seinem Vorstande einverstanden erklärt hatte, wurde zur Abstimmung selbst übergegangen. Die, vorlie⸗ genden Anträge kam in folgender Reihenfolge zur Abstimmung. 1) Antrag des Abgeordneten Wigand, folgenden Inhalts: Die Kammer wolle erklären, daß sie an der, von der konstitui⸗ renden deutschen National⸗Versammlung zu Frankfurt rechts⸗ gültig aufgestellten Reichsverfassung treu und unwandelbar fest⸗ halte und nur diese als rechtsgültig anerkenne.

Derselbe wurde mit großer Mehrheit verworfen.. *

2) Antrag des Abgeordneten Dieskau (Minorität des Aus⸗

schusses): 1 1) die Kammer wolle beschließen, im Verein mit der ersten Kam⸗ mer der Staats⸗Regierung zu erklären: a) die sächsische Volks⸗ vertretung erkennt die von den gesetzlichen Vertretern des deut⸗ schen Volkes in Frankfurt am Main gegebene Reichsverfassung vom 28. März 1849, mit Ausschluß des durch Ablehnung der deutschen Kaiserkrone von Seiten des Königs von Preußen daraus in Wegfall gekommenen Abschnitts III., so wie das Reichswahl⸗ gesetz vom 27. März bis 12. April 1849 als allein rechts⸗ gültig und rechtsverbindlich für ganz Deutschland an; b) die säch sische Volksvertretung betrachtet die am 18. Mai 1848 im Einver⸗ ständnisse mit den Regierungen der sämmtlichen Staaten Dentsch⸗ lands in Frankfurt am Main eröffnete konstituirende deutsche Na⸗ tional⸗Versammlung noch als rechtlich bestehend und allein befugt, den gedachten Abschnitt III. der den schen Reichs⸗Verfassung zu er⸗ gänzen; 2) die Kammer wolle beschließen, im Verein mit der ersten Kammer, bei der Staats⸗Regierung zu beantragen: die Staats Regierung möge dahin wirken, daß die konstituirende deutsche Na⸗ tional⸗Versammlung zur Ergänzung des Abschnitts III. der Reichs⸗ Verfassung baldigst wieder einzuberufen und zu Besetzung der Stel⸗ len der ausgeschiedenen Mitglieder Neuwahlen in Gemäßheit der in dem deutschen Vorparlamente beschlossenen wahlgesetzlichen Be⸗ stimmungen ungesäumt vorgenommen werden. *

Ueber den ersten Punkt desselben wurde mittelst Namensaufruf abgestimmt; er wurde mit 47 gegen 21 Stimmen verworfen.

3) Antrag des Abgeordneten Cramer:

Die Staats⸗Regierung zu ersuchen: es möge diese mit aller Kraft dahin wirken, daß auf Grund des Reichswahlgesetzes vom 18. April 1849 baldigst eine deutsche Reichsversamm⸗ lung berufen werde, um die von der konstituirenden deut⸗ schen National⸗Versammlung rechtsgültig festgestellte Reichs⸗Ver⸗ fassung vom 28. März zu revidiren und so das deutsche Verfas⸗

sungswerk zu Stande zu bringen.

Er wurde mit großer Mazjorität von der Kammer abgelehnt. 4) Antrag des Abge ordneten von Friesen: Die Kammer wolle gegen die Regierung die Ueberzeugung aus⸗ sprechen, daß sie eine schleunige Erledigung der deutschen Ver⸗ fassungsfrage durch Begründung eines deutschen Reiches mit einer aus Wahlen des Volkes hervorgehenden Vertretung als allein heilbringend betrachte.

Wird ebenfalls mit großer Majorität von der Kammer abgelehnt. 5) Der allgemeine Antrag der Majorität des Ausschusses: Die Kammer wolle gegen die Regierung als ihre feste Ueber⸗

zeugung aussprechen: 3

daß sie eine schleunige und unverzögerte Erledigung der deutschen Verfassungsfrage im Geiste der, schon von der National⸗Ver⸗ sammlung zu Frankfurt angestrebten, Begründung eines Bundes⸗ staates mit parlamentarischer Regierung und einer aus Wahlen des Volkes hervorgehenden Gesammtvertretung als die unerläß⸗ liche Bedingung nicht allein der Herstellung eines gesicherten und dauernden Zust andes der allgemeinen deutschen Verhältnisse, sondern insbesondere auch einer gedeihlichen Entwickelung der in⸗ neren sächsischen Angelegenheiten und einer ersprießlichen Thätig⸗ keit der sächsischen Volksvertretung betrachte;

welcher Erklärung, nach dem Vorschlage von vier der sechs Majo⸗

ritäts⸗Mitglieder, noch der weitere Zusatz hinzugefügt werden soll:

daher auch nur einer in diesem Sinne aufrichtig vor⸗

gehenden Regierungspolitik ihre Unterstützung zu ge⸗ währen vermöge. v Die Abstimmung über den Hauptsatz dieses Antrages erfolgte durch Namensaufruf: er wurde mit 59 gegen 9 Stimmen ange⸗ nommen. 8

Der Nachsatz dieses Antrages wurde dann ebenfalls, und zwar mit 36 gegen 32 Stimmen angenommen.

6) Antrag des Abgeordneten Funkbänel:

Die Kammer wolle noch vor dem Eingehen auf die speziellen Anträge des Ausschusses der Regierung erklären, daß sie bei Er⸗ ledigung der deutschen Verfassungsfrage jedenfalls die den einzel⸗ nen deutschen Völkern, namentlich dem sächsischen Volke durch die Sonderverfassung und die Grundrechte zustehenden Rechte ge⸗ sichert wissen wolle,

Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen.

7) Antrag des Abgeordneten Vice⸗Präsident Haberkorn: Die Kammer wolle beschließen, von der Beschlußfassung über die speziellen Anträge I— VI. des Ausschußberichts vor der Hand abzusehen.

Derselbe wurde mit großer Majoritaͤt abgelehnt.

8) Spezielle Anträge der Majorität des Ausschusses: Die zweite Kammer wolle im Verein mit der ersten Kammer die Staats⸗Regierung veranlassen: I. den Verwaltungsrath aufs Neue unverweilt durch einen Bevollmächtigten zu beschicken und somit an den Verhandlungen desselben wieder Theil zu nehmen, auch auf diesem Wege die mit Rücksicht auf den zur Zeit noch beschränkten Umfang des Bundesstaats und Sachsens Stellung in demselben ihr etwa nothwendig schei⸗ nenden, jedoch mit dem Wesen des constitutionellen Bun⸗ desstaats verträglichen Abänderungen des Entwurfs vom 26. Mai 1849 als transitorische Bestimmungen bis zu dem zu hoffenden Beitritte der übrigen rein deutschen Staaten zu bcantra⸗ gen; II. die Wahlen zum Reichstage in Ersurt ungesäumt zu

veranstalten und dergestalt zu beschleunigen, daß die sächsischen Abgeordneten, wenn nicht beim Beginne, doch mindestens im Laufe der Verhandlungen in denselben einzutreten im Stande sein möchten; III. das mit Preußen und Hannover vereinbarte Wahl⸗ gesetz für dieses erste Volkshaus bei seiner Ausführung in mög⸗ lichst liberalem und den besonderen Verhältnissen Sachsens Rech⸗ nung tragenden Sinne zu handhaben und die desallsige Aus⸗ führungs⸗Verordnung zuvor den Kammern zur Abgabe ihrer Erklärungen darüber vorzulegen; IV. bei der dem Reichstage zu machenden gemeinsamen Vorlage der Verfassung, so wie bei den auf des letzteren Beschlußnahmen von Seiten der verbünde⸗ ten Regierungen abzugebenden Erklärungen jeder etwa versuchten Schmälerung der im Entwurfe vom 26. Mai 1849 verbürgten Freiheiten und constitutionellen Einrichtungen ihre Zustimmung zu versagen; V. inzwischen Alles aufzubieten, sowohl im Wege direkter Verhandlungen, als auch durch den Verwaltungsrath, um die Regierungen von Bayern und Württemberg zu einer Vereinbarung mit den Staaten des Bündnisses vom 26. Mai und zur Theilnahme am Reichstage zu bewegen; endlich VI. in gleicher Weise dahin zu wirken, daß der Weg, den der Verwal⸗ tungsrath zur Anbahnung eines Unionsverhältnisses mit Oester⸗ reich durch Niedersetzung einer besonderen Kommission (in seiner 49sten Sitzung am 9. Oktober v. J.) und Beauftagung derselben mit gutachtlichem Bericht hierüber eingeschlagen hat, unverdrossen und beharrlich verfolgt werde.

Ueber den Antrag sub J. wurde durch Namensaufruf abge stimmt; er wurde mit 38 gegen 30 Stimmen angenommen.

Die Anträge sub II. und III. wurden mit je 35 gegen 3. Stimmen abgelehnt, die Anträge IV. VI. aber angenommen, un zwar IV. mit 37 gegen 31, V. mit 39 gegen 29 und VI. mit 4. gegen 26 Stimmen. 8 1b 1

9) Der in der heutigen Sitzung eingebrachte Antrag des Ab⸗ geordneten Biedermann, wie er oben mitgetheilt ist.

Der erste Theil desselben wurde einstimmig, der zweite gegen 3 Stimmen von der Kammer angenommen.

Hierauf wurde die Sitzung um 4 Uhr geschlossen. (Vergl. die vorhergehenden Verhandlungen

Dds

Baden. Karlsruhe, 6. März. (Karlsr. Ztg.) Se. Koͤnigl. Hoheit der Großherzog hat heute in. eigener Person die Ständeversammlung feierlich eröffnet. Nachdem in der Schloßkirche und katholischen Kirche der Feierlichkeit die religiöse Weihe gegeben worden war, begab sich Se. Königl. Hoheit, gefolgt von einer Eskorte badischer Dragoner, unter Glockengeläute und dem Donner badischer Geschütze in das Ständehaus; die nach demfelben führen⸗ den Straßen waren festlich mit Fahnen geschmüuckt und zu beiden Seiten bildete die Bürgerwehr Spalier. Auf dem Wege hin und zurück empfingen herzliche Lebehoch den Regenten; die Ständever⸗ sammlung selbst empfing ihn, wie Ihre Königl. Hoheit die Groß⸗ herzogin, die der Feierlichkeit beiwohnte, mit einstimmigem Lebehoch beim Kommen und Scheiden.

Der Wortlaut der Thronrede ist solgender:

„Edle Herren und liebe Freunde! Tief bewegt heiße Ich Sie willkommen in dieser ernsten Stunde. Möge sie der An⸗ fang sein besserer Zeiten.

Traurig ist der Blick in die jüngste Vergangenheit. Das be⸗ friedigende Bild, das Ich, freuvdig ergriffen von der Lage des Lan⸗ des entwarf, als Ich vor zwei Jahren von dieser Stelle die Ver⸗ sammlung der Stände begrüßte, ist zertrümmert; die Hoffnungen, die Ich damals aussprach, sind getäuscht, die Früchte jahrelanger Mühen dem Volke verloren, der Wohlstand und das Gluck zahlrei⸗ cher Familien erschüttert.

Das sind die Folgen des unseligen Aufruhrs, der durch alle Mittel der Bethörung lange vorbereitet, plötzlich mit betäubender Schnelligkeit überallhin Verwirrung ergoß.

Mit Schmerz und Widerstreben erwähne Ich, daß Männer einst Miglieder 2 Treue und der Landesverfassung zum Schutze noch besonders ver⸗ pflicht die Häupter waren der Empörung. Eine hochverrälhe⸗ rische Versammlung führten sie in diese Räume, denen wir heute ihre Weihe wiedergeben.

Nur die mit der Gnade der Vorsehung schnell und aufopfernd geleistete Hülfe bewährter Bundesgenossen ö8“ 899 vergänglichem Danke verpflichtet sind hat dem ö“8 Noth⸗ wendigkeit erspart, den Kelch des Leidens bis zum Grunde zu

. 8 den Thron Meiner Väter zurückgekehrt, 88e IS. dem Gesetze wieder Achtung verschafft und mit der geretteten Verfassung ein Banner errichtet, um das sich Alle schaaren sollen, die zu wir⸗ ken bereit sind für des Vaterlandes Ehre und Wohlfahrt.

Was wir aber hierfür auch thun . es ist in seinem Er⸗ folg wesentlich bedingt durch G“ G der großen Ver⸗ fassungsfrage, welche die er Deutschen aller Stämme fort und fort in Aufregung erhält. ül 1t

Der erste Versuch hierzu ist miß v . Aber ein zweiter Weg nach dem gleichen Ziele ist durch das Bündniß zwischen Preu⸗

dieses Hanses und durch feierlichen Eid Mir zur

Verhandlung und Abstimmung.

ßen und einer Reihe anderer deutschen Staaten eröffnet. Ich bin dieser Vereinbarung beigetreten, treu Meinen stets bewährten Ge⸗ sinnungen und mit dem festen Entschlusse, so viel an Mir ist, mit⸗ zuwirken, daß dem lebhaft erwachten gerechten Selbstgefühl der Nation Genüge geschehe und Deutschland einig im Innern und stark nach außen sei. Daß Ich dabei im Sinne des Landes han⸗ delte, konnte Mir, nach allen früheren Vorgängen, keinen Augen⸗ blick zweifelhaft sein.

Die Urkunden über das abgeschlossene Bündniß werden Ihnen vorgelegt werden, und mit vollkommener Zuversicht sehe Ich Ihren Beschlüssen hierüber entgegen.

6 Hochwichtige Fragen der Landesgesetzgebung erwarten noch ihre Erledigung. Die bedeutendsten unter ihnen sind aber von der Nau⸗ gestaltung der deutschen Zustände zu sehr abhängig, als daß man sie im Augenblick mit Vortheil behandeln könnte. Meine Regierung wird sich daher für jetzt auf die nothwendigsten Vorlagen be⸗ schränken. c

Vor Allem werden Sie die provisorischen Gesetze zur Zustim⸗ mung erhalten, die durch die außerordentlichen Verhältnisse ge⸗ boten in ausgedehnterem Maße als sonst erlassen werden mußten.

Sodann werden Ihnen über die Polizei der Presse, über Ver⸗ eine und Volksversammlungen, über die Bürgerwehr und über die Bestellung der Gemeindebeamten Gesetz⸗Entwürfe vorgelegt werden welche die neuen freieren Institutionen vor ihrem gefährlichsten Feinde, dem Mißbrauche, zu schützen und die Beseitigung der ge⸗ genwärtigen Ausnahmezustände anzubahnen bestimmt sind.

. Auch die nothwendige Abänderung der Gesetze über die Rechte der Staatsdiener wird ein Gegenstand Ihrer Berathungen sein.

Die früher vielfach erörterte gänzliche Umgestaltung der Ver⸗ waltung und der Rechtspflege ist zur Zeit noch nicht wieder auf⸗ genommen worden. Die unvermeidlichen Folgen, en großer finan⸗ zieller Aufwand und eine zwar vorübergehende, aber tief in das buͤrgerliche Leben eingreifende Hemmung des Rechtsverkehrs sind mit der gegenwärtigen Lage des Landes nicht vereinbar. So weit übrigens diese Rücksichten schweigen, sind einzelne Entwurfe zur Verbesserung der bürgerlichen und der Strafrechtspflege zur Ueber⸗ abe bereit.

Ueber die Verwendung der Staatsgelder in der jüngsten Ver⸗ gangenheit und über die Bedürfnisse der jetzigen Budget Periode werden Sie, edle Herren und lieben Freunde, unverzüglich die ver⸗ fassungsmäßigen Vorlagen erhalten.

Deren Berathung wird Gelegenheit geben, die Verhältnisse unseres Heerwesens da es in fortschreitender Reorganisation begriffen ist einer umsichtigen Erörterung zu unterziehen.

Leider ist der Zustand des Staatshaushalls nicht günstig. Die Ereignisse der beiden verflossenen Jahre haben die Einnahmen sehr herabgedrückt, die Ausgaben ungewöhnlich gesteigert. Durch den letzten Aufruhr hat überdies der Staat an Geld und Geldeswerth große Verluste erlitten. Auch in der nächsten Zukunft werden, al⸗ ler thunlichen Einschränkung ungeachtet, neben den ordentlichen, be⸗ trächtliche außerordentliche Ausgaben bestritten werden müssen.

Wie dennoch mit möglichster Schonung des Volkes das Gleich⸗ gewicht zwischen den Ausgaben und Einnahmen hergestellt werden önne, ist Meine und wird auch Ihre angelegentlichste Sorge sein.

88. . 2 ub 8 ; 2 Meine Regierung ist angewiesen, Ihnen die deshalb erforderlichen

üheren Mittheilungen zu machen.

Edle Herren und lieben Freunde! An meinem ernsten Willen, Alles zu thun, was unsere Zustände verbessern kann, werden Sie nicht zweifeln. Die alte Liebe zu Meinem Volke steht fest. Nur mit Schmerz erfüllt es mich, daß eine dreimalige Auflehnung zum Sturz des Thrones und der Verfassung, die Verschuldung unsäg⸗ ichen Elendes und ungebeugter Trotz die Nothwendigkeit herbeige⸗ ührt haben, der Strenge des Gesetzes ihren Lauf zu lassen. Die Gerechtigkeit ist das Fundament der Staaten, die Mißachtung der Gesetze ihr Untergang. Dies im Auge zu haben als Regent ist Meine Pflicht; Mein Recht, das schönste der Krone, ist die Gnade Herne übe Ich sie gegen die Einzelnen, die sie reuevoll amufen, vwenn es nur immer vereinbar ist mit dem Ernste der Gerechtigkeit ind der Fürsorge für die Gesammtheit.

Von Ihnen, edle Herren und lieben Freunde, bin Ich fest über⸗ zeugt, daß Sie in Gemeinschaft mit Mir und Meiner Regierung ahin wirken werden, ein neues Band des Vertrauens um uns Alle zu schlingen, Ruhe und Friede in die Gemüther und damit das Glück in die gottgesegneten Auen unseres schönen Vaterlandes zurückzuführen.

Niemals haben Alle, die zum zuwirken berufen sind, mehr des klaren Blicks in den Or⸗ ganismus des Staatslebens und in die Wechselwirkungen al er politischen und sozialen Einrichtungen, mehr der Selbstver⸗ äugnung und des festen Zusammenhaltens für das Wesentlichste, vwas Noth thut, bedurft, als in dieser Zeit, wo von den Feinden der Ordnung mit aller List und Kunst unablässig ein Vertilgungs⸗ rieg gegen die Grundlagen der Gesellschaft erhoben ist.

Geben Sie dem Volke das schöne Beispiel der vorurtheils⸗ freien Mäßigung, versöhnlichen Gesinnung und einträchtigen Thä⸗

gkeit unter Sich und mit der Regierung, auf dem Wege freier zerständigung, wahrer Vaterlandsliebe und fruchtbringenden Wir⸗ kens. Die Blicke des Vaterlandes sind auf Sie gerichtet. Daß Ihr Beginnen ihm zum Wohl und zur Ehre gereiche, dafur erflehe Ich den Seegen des Allmächtigen.“

öffentlichen Wohle mit⸗

Hessen. Kassel, 7. März. (Kass. Ztg.) Die Stände⸗ Versammlung hat in ihrer Sitzung am 5ten die Herren Staats⸗ kath Wippermann, Geheime Ober⸗Finanzrath Duysing und Ober⸗ Steuer⸗Direktor Pfeiffer zu Abgeordneten für das Staatenhaus gewählt. Mehrere Mitglieder stimmten nicht mit.

Das bisherige Mitglied des Gesammt⸗Ministeriums, Geheimer⸗ Rath Schotten, ist auf sein Ansuchen von seiner Stellung ent⸗ bunden.

Hldenburg. Oldenburg, 4. März. (Wes. Ztg.) In der heutigen Sitzung des Landtags stand die Berathung über das abgeänderte Landtagswahlgesetz auf der Tagesordnung, nachdem vorher gegen Erfurt sowohl, als gegen die Abänderungen Proteste verlesen waren. Der letztere Gegenstand hatte die Zuhörer⸗Tribüne tark gefullt. Der Ausschuß hatte in seinem Bericht folgende drei Fragen abgesondert begutachtet: „Konnte ein Dringlichkeitsgesetz, as heißt ein solches, welches das Ministerium auf eigene Verant⸗ vortlichkeit erläßt, und welches dann dem Landtage zur Bestätigung vorgelegt werden muß, zur Abänderung des Wahlgesetzes selbst be⸗ zutzt werden, nach welchem eben dieser Landtag seine Entstehung immt? Lag Dringlichkeit im Sinne des Staatsgrundgesetzes vor? Und wird der Landtag zur Anklage gegen das Ministerium schrei⸗ ten? Diese drei Fragen kamen auch abgesondert nach einander zur Die erste Frage beantwortete der Ausschuß bejahend.

Nach eröffneter Debatte wurde zuerst vom Ministertische, an welchem die Herren von Buttel, von Eisenbecher und von Berg an⸗ wesend waren, das Wort genommen, indem der Letztere erklärte: ie Staats⸗Regierung habe bei Erlassung der Verordnung vom

7. Dezember nicht bezweifelt, in ihrem Rechte zu sein, und diese

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Ueberzeugung habe sie auch jetzt noch. Der Abgeordn. Mölling fand, daß die Regierung die Sache sehr leicht nehme; das Wahl⸗ gesetz sei aber die wichlige Grundlage der Volksvertretung. Die Formen hängen hier mit dem Wesen zusammen. Er erachte den Landtag als ungültig erwählt, also auch inkompetent zur Bestäti⸗ gung des Gesetzes. Auseinandergehen könne er nicht anrathen. Das Schiedsgericht müsse angerufen werden. Der Abgeordnete Nöll fand gar kein Bedenken, der Staats⸗Regierung das Recht der Abänderung des Wahlgesetzes zuzusprechen. Es sei ein Gesetz wie jedes andere. Niebour II. für Mölling's Antrag. Was würde man sagen, wenn durch die Abänderung des Wahlgesetzes ein unbedingt ministerieller Landtag zu Stande gekommen sei und dieser wolle sich für gültig erwählt erklären und Alles genehmi⸗ gen? Werry gegen Mölling's Antrag: Sei der Landtag kom⸗ petent zur Entscheidung, so könne er auch Namens des Landes kein Schiedsgericht anrufen. Aber das Volk sei in Nothwehr gewesen gegen das mit Unrecht abgeänderte Wahlgesetz; in dieser Nothwehr habe es gewählt; das sei die Legitimation des Landtages. Barg⸗ mann stimmte dieser Auffassung bei und wies noch auf die unge⸗ wöhnlich große Betheiligung des Volkes an dieser Wahl hin, um dieselben Abgeordneten wieder zu wählen, welche im aufgelösten Landtage die Majorität gebildet hätten. Böckel sprach im wesent⸗ lichen wie Werry, und stellte den Antrag, zu beschließen: der Art. 160 finde auf das Wahlgesetz keine Anwendung, im vorliegenden Falle aber erkenne sich der Landtag gültig gewählt, im Bewußt⸗ sein durch die Stimme des Volkes auch zur Entscheidung dieser Kompetenz⸗Frage berufen zu sein. Der Berichterstatter Wibel warnte vor Anrufung des Schiedsgerichts, indem er für den Con⸗ stitutionalismus nichts für gefährlicher hielt, als seine Grund⸗ gesetze der authentischen Auslegung von Rechtsgelehrten bloszustellen, welche nach den Lehrsätzen des Kaisers Iustinian und seiner Hof-Juristen zu urtheilen gewohnt wären. Bsckel's Antrag dagegen stimme im zweiten Theile mit dem des Ausschusses überein; den ersten Theil aber halte er in dieser Allgemeinheit be⸗ denklich, als authentische Interpretation des Staatsgrundgesetzes unberechtigt, als Ausspruch einer allgemeinen Rechtsausicht aber wirkungslos. Bei namentlicher Ahstimmung wurde sodann Mölling's Antrag gegen 5 Stimmen abgelehnt, desgleichen Böckel's Antrag gegen 10 Stimmen, der Ausschuß⸗Antrag sodann aber mit 31 ge⸗ gen 12 Stimmen angenommen. Der Abgeordnete Zedelius enthielt sich des Stimmens, weil er schon in der vorläufigen Versammlung sich dahin ausgesprochen habe, daß der Landtag gar nicht berechtigt sei, die Gesetzlichkeit seiner Erwählung in Frage zu stellen, eine Ausicht, welcher ramals die Staatsregierung durch ausdrücklich ein⸗ gelegte Verwahrung beigetreten war, auf welche von ihrer Seite heute jedoch nicht wieder zurückgekommen wurde.

Lübeck. Lübeck, 6. März. (H. C.) In Gegenwart der Senats⸗Kommissarien, so wie der zugezogenen Sachverständigen, Eisenbahn⸗Direktor Scheffer und Wasserbau⸗Direktor Müller, fand die weitere Berathung der Senats⸗Proposition in Betreff der durch die Lübeck⸗Büchener Eisenbahn⸗Anlage nothwendig werdenden Staats⸗ bauten statt, und führte zu dem Ergebniß, daß der Ausschuß die Bewilligung der dazu erforderlichen 149,660 Mark aus Staats⸗ mitteln der Bürgerschaft zu empfehlen beschloß.

Bremen. Bremerhafen, 6. März. (Wes. Z.) Die beiden neuen Kriegs⸗Dampfschiffe „Frantfurt“ und „Großherzog von Oldenburg“ sind heute Nachmittag von England angekommen und auf der Rhede vor Anker gegangen

—y.—

Uusland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 6. März. Den Vorsitz führt Benoist d'Azp. Peupin's Vorschlag über die Leihhäuser wird dem Staatsrathe zugetheilt, Raudots Vor⸗ schlag wegen Abänderung des Artikes 24 des Reglements an eine besondere Kommission verwiesen. Es folgt die zweite Berathung über den Antrag Melun's wegen Verbesserung ungesunder Woh⸗ nungen. Melun bemerkt, der Zustand der Wohnungen armer Leute bekannt. Die erfahrensten Aerzte sähen darin die alleinige Ursache der Erbübel, welche die Bevölkerung dezimiren und der Ar⸗ mee schwächliche Rekruten gäben. Er hofft auf Annahme des Gesetzes, da es nicht sozialistisch, sondern rein menschlich sei. Theophile Roussel, Verfasser eines Gegen⸗Projektes, erklärt, daß er im Prinzip voll⸗ kommen einverstanden sei. Er weiche nur in den Details, in der äußeren Organisation des Gesetzentwurfes ab. Er erklärt nun seine Ansicht. Der Präsident bemerkt ihm, daß es sich gegenwärtig erst um die allgemeine Debatte handle. Riancey, als Berichterstatter erklärt, daß die Kommission dagegen sei. Montigny bringt den Bericht der Kommission über den Entwurf des organischen Gesetzes, betreffend die Verantwortlichkeit des Präsidenten, der Minister und sonstigen Staatsbeamten, ein. (Aufregung.) Artikel I. der Kom⸗ mission wird angenommen. Er lautet: „Wenn der Gemeinderath es für nöthig befindet, setzt er sofort eine Kommission ein, welche die Mittel zur Verbesserung ungesunder Wohnnun⸗ gen anzugeben hat. Ungesund sind alle die Wohnungen, welche dem Leben oder der Gesundheit der Inwohner Eintrag thun.“ Ein Zusatzartikel von Wolowski und Mortemart wird auf Antrag des Berichterstatters und des Handelsministers angenom⸗ men. Art. 2 bestimmt Zahl und Stand der Mitglieder, Art. 3 die Weise der Untersuchung, Art. 4 handelt vom Protokolle der Kommission, Art. 5 von Entscheidung des Gemeinderaths, Art. 6 vom Rekurs dagegen, Art. 7 von der Verpflichtung des Haueeigen⸗ thümers, Art. 8, 9, 10, 11, 12 betreffen die Stellung des Gemeinde⸗ raths. Diese Artikel werden nach Verwerfung aller Amendements angenommen. Wolowski will die Gemeinde ermächtigt wissen zur Gründung eines speziellen Sanitäts⸗Fonds, der hauptsächlich unbe⸗ mittelten Eigenthümern Vorschüsse leisten soll, 5 Zusatzcentimen umlegen zu dürfen. Wenn der Staat die kleinen Eigenthümer zu Auslagen nöthige, die sie nicht aus eigenen Mitteln bestreiten könnten, müsse er sie unterstützen. Raudoi bekämpft diese Ansicht. Das Amendement wird verworfen und sodann die Sitzung aufgehoben.

Paris, 6. März. Eugene Biareste, Haupt⸗Redakteur und Geschäftsführer der Republique, ist heute wegen Preßvergehens vom Geschwornen⸗Gerichte zu zwei Jahren Gefängniß und einer starken Geldbuße verurtheilt worden. Der Asssenhof von Toulouse hat in seiner Sitzung vom 3ten d. den Abbé Coigne zu zehn Mo⸗ naten Gefängniß und 5000 Fr. Buße wegen Preßvergehens ver⸗ urtheilt, außerdem die Vernichtung des fraglichen Werkes beschlos⸗ sen. Der Abbé war wegen Verletzung der Sittlichkeit und Reli⸗ giosität angeklagt. 3

Der Corsaire will wissen, daß gestern Abends Lucian Mu⸗ rat, bisheriger Gesandter in Turin, nach Paris zurückgekehrt sei.

Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten hat so eben eine Verfügung erlassen, derzufolge Konsuln und Konsular⸗Agenten, welche länger als einen Monat in Paris verweilen, als Demissio⸗ naire betrachtet werden. Diese Maßregel soll mit Strenge durch⸗ geführt werden.

in den Ne e Begutachtung des Gesetzes über die Maire Drouet Dessoun 8 ernannte Kommission besteht aus den Herren Gal St. Pri 5 oumies, Desmazibres, Vatismenil, Boinvilliers, BS1.“ riest, Pascal Duprat, Piscatory, de Laboulie, Fe⸗ 2 L“ Montalembert, Vaujnas, Favreau 1 D fe 1* Mathien de la Redorte und von Broglie. Von den Mage de n 5 s. Gesetze günstig, neun feind⸗ ich. ie bezügliche Diskussion i Abthei 15 lebhaft. zug skussion in den Abtheilungen war höch

Großbritanien und Irland. Lo 6 Broß . . ndon, 6 9 8 Die Königin und Prinz Albrecht, die schon vorgestern e- Whands.

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wieder nach London zurückkehrten, machten gestern dem Köni Lud⸗ wig Philipp und seiner Familie in Richmond einen Besuch. , „Das Ministerium ist gestern im Unterhause bei einer Frag über die Untersuchung der Zölle auf Schiffsbauholz in der Mino⸗ rität geblieben. Herr Mitchell nämlich beantragte, daß das Haus sich zu dem Zweck, um zu erwägen, ob diese Zölle nicht herabzu⸗ setzen wären, sofort in einen Ausschuß verwandeln möge; er hielt diese Herabsetzung für eine Forderung der Gerechtigkeit zu Gunsten der Schiffsbauer, welche jetzt der Konkurrenz der ganzen Welt aus⸗ gesetzt seien, und berechnete den Verlust für den Schatz aus der von ihm vorgeschlagenen Zoll⸗Ermäßigung nur auf 35,000 Pfd. Sterl. Der Präsident der Handelskammer verlangte Ver⸗ tagung dieser Diskussion bis nach der Vorlage der gesammten F nanz⸗Veranschlagungen des Kanzlers der Schatzkammer, das Un⸗ terhaus erklärte sich aber mit 45 gegen 32 Stimmen für unver⸗ zügliche Berathung des Antrags. Indeß gab nun Herr Mitchell selbst so weit nach, daß er die Motivirung seines Antrags im Aus⸗ schusse auf vierzehn Tage hinausschob.

Die Petition gegen die Wahl Rothschilr's ist zurückgezogen Lord John Russell wird nun die Bill der letzten Session in Bezug auf die Israeliten wieder einbringen, da der Grund des Aufschubs gehoben ist.

„Italien. Florenz, 27. Febr. Die offizielle Zeitung er⸗ zählt die in Pistoja stattgehabten Exzesse in folgender Weise: „Am 17ter d. M. zogen Wagen in langer Reihe, auf welchen viele den Be⸗ hörden bekannte händelsüchtige Personen saßen, durch die Straßen Sie tobten, lärmten und ließen die rothe Republik hoch leben. Natürlich mußten die Behörden Maßregeln ergreifen, einen so ärgerlichen Aufzug für den Sonntag zu hintertreiben. In der That zeigten sich die getroffenen Vorsichts⸗Maßregeln nicht unnütz; denn am Abend erschien ein Wagen mit mehreren singenden Per⸗ sonen. Der Inhalt des Liedes bewog den Kommandanten des Postens, den Sängern Stillschweigen zu gebieten. Statt dieser Aufforderung nachzukommen, riß einer der Sänger dem Komman⸗ danten die Waffe aus der Hand und schlug mit derselben auf die Patrouille los. Ein Soldat that nothgedrungen dasselbe und ver⸗ setzte dem Angreifer einen solchen Schlag, daß er die Waffe fallen ließ. Man bemächtigte sich seiner, führte ihn auf die Wache, wo⸗ selbst man bei ihm ein Stilet fand. Mittlerweile wurden viele

Leute herbeigelockt, die einen Befreiungsversuch wagten. Die öf⸗ fentliche Macht hielt jedoch Stand und, unterstützt von einer Ab⸗ theilung österreichischer Soldaten, gelang es ihr, die Ruhestörer zu zerstreuen und zwei derselben zu verhaften.“

Florenz, 2. März. (Lloyd.) Die Gesellschaft der Fürsten Altieri und Conti in Rom hat die Bewilligung zum Bau einer⸗ Eisenbahn von Rom nach Ankona, mit einer Zweigbahn bis an die toskanische Gränze, erhalten.

Aucona, 27. Febr. Die Stimmung ist hier fortwährend sehr trübe, und die Wühler werden nur um so frecher und zahlreicher, je größere Milde die Regierung walten läßt. Vor einigen Tagen wurden zwei Personen auf der Straße überfallen und verwundet, von denen eine bereits gestorben ist. Noch immer hoffen unsere Unruhestörer auf Hülfe von Piemont, Frankreich oder von den in der Romagna organisirten Horden, die dem Vernehmen nach in einigen Privatwohnungen sozialistische Klubs halten. 1

Don Antonio Riario Sforza hat am 1. März dem Herzoge von Modena sein Kreditiv als neapolitanischer Minister und Be⸗ vollmächtigter beim modenesischen Hofe überreicht. .

8 Rom, 28. Februar. (Nazio n al.) Im venetianischen Pa laste wird eine prachtvolle Wohnung in Bereitschaft gesetzt, welche für den Marschall Radetzky bestimmt sein soll, der sicherem Verneh⸗ men nach in einigen Tagen in Rom eintreffen wird, um mit seinem Generalstabe der Aufrichtung des österreichischen Wappens beizu⸗ wohnen. Diese Function soll mit der größten Feierlichkeit und Pracht vorgenommen werden.

Griechenland. Athen, 26. Febr. (Lloyd.) Die Hoffnung, die Differenz, deren nachtheilige Wirkung dem Lande täglich fühlbarer wird, bald beigelegt zu sehen, ist nicht in Erfül⸗ lung gegangen. Der Blokus wird uͤberall von Seiten der Englän⸗ der mit noch größerer Strenge als früher, namentlich im Pyräus. eingehalten. In letzterem Hafen wurden sogar auf einige Schiffe, welche einen günstigen Wind und die Dunkelheit der Nacht benutzend, auszulaufen versuchten, Kanonen abgefeuert. Herr Th. Wyse soll, in Erwiederung auf eine Depesche des französischen Gesandten, Herrn Tbounevel erklärthaben, daß Lord Palmerston ihm zwar Privatmitthei lungen gemacht, aber keine amtlichen Instructionen ertheilt habe. Unver⸗ bürgten Nachrichten zufolge, haben Herr Wyse und Sir W. Parker der britischen Regierung ihre Entlassungsgesuche zugesendet. Die an⸗ dauernden Zwangsmaßregeln haben in Griechenland die größte Erbitterung erregt, denn die Bewohner sind durch dieselben ih⸗ rer ersten Hülfsquelle, der Schifffahrt, beraubt, und man ist nicht ohne Besorgniß, bei noch längerer Fortdauer der Blo⸗ kade die Ruhe nicht aufrecht erhalten zu können. Die griechi⸗ sche Regierung hat über ihre Verhandlungen in der ob⸗ schwebenden Frage nichts veröffentlicht, was die allgemeine Span⸗ nung nur noch steigert. Ein Konsularbericht aus Salonich vom 14. Februar sagt, daß die Differenz zwischen der englischen und griechischen Regierung auch auf den Handelsverkehr in Macedonien nachtheilig einwirke. Piele nach Syra bestimmten Waaren wurden zurückgehalten. Man fürchtet sehr, daß die Olivenbäume in Macedo⸗ nien und Thessalien durch die ungewöhnlich strenge Kälte stark ge⸗ litten haben werden. Von den Feigenbäumen ist gewiß keine Frucht zu erwarten.

Briefen aus Smyrna vom 25. Februar zufolge war die fran⸗ zösische Flotte am 23sten von Vurla nach Agrilia abgegangen. Im Hafen von Smyrna befand sich nur das französische Linienschiff „Inflexible.“

Aus sonst verläßlicher Quelle erfährt die Südsl. Ztg., die Aufständischen in Türkisch⸗Kroatien hätten die Feste Bihacz einge⸗ nommen und aus der ganzen Kraina die Türken vertrieben.

Moldau und Walachei. Bukarest, 19. Februar. (Const. Bl.) Die erwarteten näheren Details über die Auffindung einiger Edelsteine aus der abhanden gekomme⸗ nen ungarischen Krone des heiligen Stephan sind leid