1850 / 68 p. 4 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Verträge für die auswärtigen Mächte noch bindende Norm sind, von denen nicht abzugehen sie sich zur Regel gemacht haben, daß das republikanische Frankreich wie das absolute Rußland diesen Weg gegangen sind und festgehalten haben, daß also, wenn von diesen Ver⸗ trägen abgewichen werden wollte, daraus noch gar nicht folgt, daß wir Angriffen ausgesetzt wären, daß aber die völkerrechtliche Anerken⸗ nung nicht stattfinden wird, so lange diese Anstände nicht vollstän⸗ dig beseitigt sind. Es ist auch für uns in Sachsen nicht, unbedenk lich, mit diesen Bundesverträgen so leicht umzugehen, im Eegen⸗ theil glaube ich, es ist Pflicht der Staats⸗Regierung und auch Volksvertretung, an diesen Verträgen zu halten, welche einzige sichere Basis für unsere Selbstständigkeit te. 8 einmal auf eine Weise gefaͤhrdet werden könnte, wo es si um ihre Aufgabe für die deutsche Einheit handelt, auf eine Weise, welche der deutschen Volksvertretung eben so unliebsam sein könnte, als der Regierung. Gelange ich zur dritten von mir gestellten Frage, was Sachsen zu erreichen habe, wenn es sich bei dem enge⸗ ren Bundesstaate betheiligt, und welche Dienste es dadurch der deutschen Sache leistet, so werfe. ich zunächst einen Blick zurück auf das, was die Regierung ursprünglich erstrebte durch die Annahme der berliner Verfassung. Es wurden dadurch Sachsen allerdings erhebliche Opfer auferlegt an Rechten, auf die es zu verzichten hatte. Allein es war doch immer die Füglichkeit geboten, bei allen deutschen Angelegenheiten seine Stimme zu erheben, eben so aber auch die eigenen Interessen gegen zu große Gefährdung zu sichern. Es war in Aussicht gestellt ein Volkshaus mit einer prä⸗ sumtiv wirklich deutschen Majorität, worin jedenfalls die Abge⸗ ordneten eines einzelnen Landes in der Minorität waren. Es war ein Staatenhaus und Fürstenkollegium, in welchem der Staat ver⸗ eint repräsentirt war und durch voraussichtliches Zusammenhalten gegen etwaniges zu großes Uebergewicht der Exeiutivgewalt ein er⸗ hebliches Gegengewicht bieten konnte. Mehr aber, als für alle die von uns zu bringenden Opfer war der hohe Preis, wel⸗ cher uns dafür geboten wurde, nämlich die Aufrichtung eines wirklichen ganzen, einigen Deutschlands. Wie ganz anders aber stehen die Sachen jetzt! In dem Fürstenkollegium würde Sach⸗ sen eine halbe Stimme bekommen, daneben stehen die verein⸗ zelten Stimmen der deutschen Staaten; wohin diese sich nei⸗ gen, naturgemäß neigen, das haben die Ergebnisse der letzten Monate gezeigt. Hier will ich sehr gern das Naturgesetz der Attractionskraft gelten lassen. Dasselbe Verhältniß tritt auch im Volkshause ein, auch hier sehen wir die Majorität eines einzigen Volkes, welchem die übrigen Abgeordneten der kleinen Staaten zur Seite gestellt sind. Sieht man also ab von dem Unterschiede dieses Bundesstaates von einem wirklichen Deutschland, und der größeren oder minderen Wahrscheinlichkeit einer Ausdehnung, so muß man zunächst ins Auge fassen, was nun unter den ge⸗ gebenen Verhältnissen eintreten wird, und da will mich doch be⸗ dünken, daß es eine ziemlich große Täuschung ist, darauf zu rech⸗ nen, daß die an Preußen sich anschließenden Staaten im Vereine mit den in Preußen bestehenden mehr deutschen als preußischen Elementen, einen solchen Umschwung in der preußischen Mo⸗ narchie hervorzubringen vermöchten, daß die Gefahr eines über⸗ wiegenden Einflusses des preußischen Elementes dadurch zu beseiti⸗ gen wäre. In Preußen sind gerade die alten Provinzen das Volkselement, es hat sich hier namentlich im November des Jahres

1848 gezeigt, wo das sehr entschiedene Auftreten der preußischen

Regierung gerade dort seinen Hauptstützpunkt fand. Es läßt sich auch nicht verkennen, daß gerade die unendlich kräftige Militair⸗

gestaltung Preußens dort ihren Hauptstützpunkt findet, und daß sich vorzugsweise von dort her die wirklich nationale Kraft entwickelt, welche sich mit anderen schwer amalgamirt, und welche durch die große Spannkraft, die ihr innewohnt, eher dahin trachtet, zu herrschen, als Es darf das nur mit Anerkennung genannt werden, denn gerade dieser energischen Natur, welche den alten preußischen

sich zu fügen.

Provinzen innewohnt, hat Preußen die kräftige Rolle zu verdanken, welche es in den Kriegsjahren in Deutschland unternehmen und durch⸗ führen konnte. Und es ist von dort aus jene so kräftige Verwaltung ent⸗ standen, unter deren Schutz sich der Zollverein in Deutschland auf so er⸗ sprießliche Weise ausbilden durfte. Wenn ich also auf diese Um⸗ stände hinweise, so geschieht dies keinesweges im Sinne eines An⸗

griffs gegen die Regierung oder das Volk Preußens, es geschieht

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mer darüber in Folge der Diskussion über unser Budget ausfällt. Ein Abgeordneter stellt dabei dem Armen in Aussicht, daß er sein Körnchen Salz steuerfrei erhalten werde, wenn dieses Recht weg⸗ falle. Wenn der geehrte Abgeordnete einen Blick ins Budget wer⸗ fen will und in Erwägung zieht, wie viel unter dem Etat für die auswärtigen Angelegenheiten für die Gesandtschaften noch in An⸗ satz gebracht ist, so möchte er wohl die Hoffnung nicht theilen, daß die Salzpreise sehr fallen werden, wenn die Kosten für die Ge⸗ sandtschaften gestrichen werden. Es wurde dabei der politischen Stellung Sachsens erwähnt; natürlich haben wir keinen Anspruch auf eine curopäische Stellung gemacht; allein die Anerkennung glaube ich wohl beanspruchen zu dürfen, daß unsere gesandschaft⸗ lichen Beziehungen zum Auslande den sächsischen Staatsan⸗ gehörigen in vielen Fällen nützlich gewesen sind; und ich will wünschen, daß sie, wenn die sächsischen Gesandtschaften aufhören sollten, sich besser dabei befinden. Namentlich hätte ich gewünscht und gehofft, daß ein Abgeordneter Leipzigs nicht ganz hätte ver kennen mögen, daß die Regierung, indem ihr die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten überlassen blieb, mehrfach im Falle gewesen ist, gerade Leipzig manchen Vortheil zuzuwenden, der au⸗ ßerdem schwer zu erlangen gewesen sein dürfte; ich weiß namentlich nicht, ob gerade Leipzig ein Knotenpunkt des deutschen Eisenbahn utzes geworden sein würde, wenn nicht eine Partikularregierung alle Kräfte darauf verwendet hätte, und ob die besonderen Vortheile, welche auf diesem Wege Leipzig für seine Messen erlangt hat, ohne diese gesandtschaftlichen Beziehungen Sachsens zu erlangen gewesen wären und ob sie fortbestehen werden, möge noch dahingestellt bleiben. Allein, wie gesagt, die Nachtheile, welche wir von ei⸗ nem Anschlusse Sachsens an einen engeren Bundesstaat besorgen, werden nicht allein aus dem Aufgeben und dem Verluste solcher Souverainetätsrechte hergeleitet, sondern wir besorgen auch, daß ein solcher Anschluß ein sehr nachhaltiges Eingreifen in unsere Ge⸗ setzgerbung zur Folge haben wird, ohne daß wir im Stande wären, eine kräftige und gewichtige Stimme dagegen in die Waagschale zu legen, und wenn vdann die Regierung nichts wird, als die Vollzieherin der Beschlüsse einer Obergewalt, wenn die Wirksamkeit der Volksvertretung sich auf Wenig oder Nichts mehr beschränken muß, da ihren Händen die Gesetzgebung haupt⸗ sächlich entnommen wird, dann freilich wird unvermeidlich das Gefühl eintreten, daß unsere ganze staaͤtliche Fortexistenz etwas Unnützes wird, und es tritt dann ein langsamer Tod ein, dem am Ende ein schneller vorzuziehen ist; weshalb dann auch die Gefahr, daß eine schnelle Katastrophe unserer Existenz ein Ziel setzen werde, wenn wir dem engeren Bunde nicht beiträten, nicht sehr zu fürchten ist und uns unmöglich schrecken kann. Was heute in dieser Beziehung von einem Redner gesagt worden ist, das trägt wenigstens den Stempel der größten Aufrichtigkeit. Sage man anfrichtig, daß es unbehaglich ist, in einem kleineren Lande zu leben, daß man einem größeren Lande angehören will, und daß sich dort Alles besser befindet, so begreift sich das; 1b es ist darauf zu erwiedern, daß es doch, Gott sei Dank! viele Stimmen giebt, die an Sachsen und seinen L“ 88 ten hangen, und jedenfalls kann die Regierung CCe auf die Seite derjenigen treten, welche bis aufs ständigkeit des Landes, seinen Namen 1“ hungen erhalten wollen. Wäre es bei nur wenig⸗ thun um die Herstellung des ganzen Deutschlands, sollen, stens das Wagestück, welches wir gewissermaßen. 116“6“ 3 g 3 1 daran knüpfen ließe, *

von der Art, daß sich die Aussicht, ch hierfür sind die Aus⸗ mittelbar zur deutschen Einheit; allenil denrhet A

sichten sehr schwach, und im Gegenth

eil deulet Ales darauf hin, daß 1S ir Theil zu nehmen aufgefordert ornehme velchem wir T das Unternehmen, an mw. heil führt,

werden, geradezu zun Gegent 1 b E11131“ geradezu zum Rerichtung eines,echten Deutschlands, das viel erstrebte Ziel der ver Macht Deutschlands, in weite Ferne hin⸗ Ziel der Einheit 1n der Attractionskraft hat man vielfach ge⸗ ausgerückt wird. schon von einem Redner mit Recht bemerkt wor⸗ sprochen. Es, vie! mehr scheint, als äußere der engere Bundes⸗ den, daß es⸗ruc’ionskraft, als eine Actractionskraft; und jedenfalls staat einenschauung, welche eine Attractionskraft erblickt, bis jetzt ist die Ausfluß einer Konjekturalpolitik, welche keinen sicheren An⸗ nurgewähren kann. Hat sich der Süden Deutschlands schon im

igen Jahre, als die Wogen der politischen Bewegung höher gin⸗

vielmehr nur aus Berücksichtigung der nothwendigen Konsequenz der gen und als Preußen eben den Beruf antrat, welchen es durchzufuh⸗

Dinge. Ich habe bereits in einer der vorliegenden Noten aus⸗ sprochen, daß, wenn einmal ein solches Verhältniß zu Stand ber kommen wäre, es selbst bei der allerwohlwollendsten Aböersel⸗ preußischen Regierung dann gar nicht mehr in der M⸗Amalga⸗ ben stehen würde, diese Konsequenzen aufzuhalten. wird aller⸗ mirungsprozeß, von dem hier gesprochen wordench die schwäche⸗ dings eintreten, allein eben auf eine Weise, dafmgekehrt, und je ren Theile dem größeren assimiliren, aber desto mehr gerade die Gränzen des Bundesstagtk ein, seine Stellung mehr tritt für Preußen die Nothwep’behaupten, und sowohl als Großmacht zu wahren und „oem übrigen Deutschland ge⸗ dem Auslande gegenüber, als ayoch lange Zeit in nicht sehr enüber, mit dem es deshal würde, zu befestigen. Daran eundlichen Beziehungen streit einer größeren Befestigung im schließt sich die Nothwen“ daraus gewisse Bedürfnisse und Be⸗ Innern und es entstehgein das preußische Reich, sondern auch dingnisse, denen nicht sen Staaten sich würden fügen müssen, die beigetretenen deuing und unter diesen Umständen möchte und in dieser Be Recht aufgegeben werden müssen, welches, nicht blos so mayr Regierung schwer fällt, aufzugeben, sondern wie man glauh ichtung und manche besondere Freiheit in den auch manche n dürfte durch diese Bedürfnisse und Bedingnisse einzelnen z der preußischen Monarchie in ihrer ganzen Stärke der Fortenl! müssen. Man wird mir vielleicht einhalten, daß ge für die besonderen Besorgnisse und Freiheiten der Staaten auf Seiten der Regierung wohl nicht als

sehr aufrichtige zu betrachten sei, und daß die Regierung wohl weniger daran dächte, als an die Rechte der Souveränetät und namentlich an jenes Recht der gesandtschaftlichen Vertretung, worüber ich so viel auch in dieser Kammer hören mußte und woran man so viel Höhnendes knüpft. Ich möchte auf dieser Frage nochmals zurückkommen, weil mir dazu gestern Gelegenheit gegeben wurde, indem man sich auf eine Aeußerung von mir in der ersten Kammer bezog. Ich habe in jener Kammer damals nicht ausgesprochen, daß man jenes Nimbus wegen, welcher mit jenem Rechte für die Krone verbunden sein kann, das Gesandtschafts⸗ recht überhaupt nicht aufgeben solle, sondern ich habe nur gesagt, daß es in dieser Beziehung als ein werthvolles Recht zu bezeich⸗ . 88 ich hätte „auch noch hinzufügen können, daß es nicht veeic en ist für den Staat, insofern sich hieran die völker⸗ gesagt, ee. des Staates knüpft. Allein, ich habe nur so lange man nscst ne gh etchbanles Recht nicht so leicht hingiebt, auch wirklich für ganz Deut wofür man es hingiebt, und ob es utschland geschieht, und ob sich auch die

übrigen Glieder Deutschlands bei d f bei der A b 9 igen. Ich muß es erwarten, wie 1 7

ren sucht, sich gegen die Bildung eines engeren Bundesstaates ge⸗ sträubt, wie mag es wohl jetzt stehen, wo selbst in den norddeutschen Staaten, wo man der Bildung des engeren Bundesstaates weit ge⸗ neigter ist, doch große Erschütterungen in der Neigung dazu sich gezeigt haben. Oesterreich ist bereit, und es wird sich hier⸗ über die Meinung bald klären, um Deutschlands Einheit zu erhal⸗ ten und um seinen Platz in Deutschland zu wahren, manche Zu⸗ geständnisse zu machen, welche ihm bei seinen Sonder⸗Verhältnissen schwer fallen. Allein eine absolute Nothwendigkeit besteht für Oe⸗ sterreich nicht, daß es sich um jeden Preis betheiligen müßte bei der Bildung neuer Bundes⸗Verhältnisse, gleichviel welcher; es kann sich isoliren, es hat die Macht dazu, in einer isolirten Stellung zu ver⸗ bleiben, und es wird jedenfalls stark genug sein, um den sich gegen den engeren Bund sträubenden Süden als Schutzmacht zu decken, und es tritt allerdings der Fall ein, daß Deutschland in zwei oder dre. Theile zerfällt, ohne daß eine Aussicht wäre, eine Einigung der ver⸗ schiedenen Glieder wieder herbeizuführen. Man droht uns jedoch mit den Nachtheilen, welche gerade uns speziell treffen soll, wenn wir uns nicht rasch anschließen; man droht namentlich mit der Kündigung der Zollvereins⸗Verträge. Ich theile diese Besorgnisse an und für sich nicht, und sie scheinen mir um so mehr nicht erheb⸗ licher Natur, als bis zum Ablauf der vertragsmäßigen Zeit noch Jahre vergehen, und in unseren Zeiten sind Jahre das, was sonst Jahrzehnte waren. Bis dahin, wo die Kündigung der Zollvereinsverträge zur Wirklichkeit werden kann, wird noch man⸗ cher Umschwung sich ereignen und wir werden jedenfalls Zeit haben, bis dahin zu erwägen, ob diese Opfer dem Zollverein, dessen Nothwendigkeit ich vollkommen anerkenne, zu bringen seien oder nicht. Sachsen hat allerdings große Vortheile vom Zoll⸗ vereine gezogen und bedarf dessen, allein Sachsen ist auch durchaus kein unwillkommenes Mitglied im Zollvereine, nament⸗ lich in Betracht seiner starken Consumtion der Kolonialwaaren, und es war daher jederzeit eines von den Mitgliedern, welches zu der Zollvereinskasse sehr erfreuliche Beiträge lieferte. Ich glaube daher nicht, daß man Sachsen im Zollverein so leicht vermissen wird, wie gestern erwähnt wurde und wie eine aus der Mitte des Verwaltungsrathes hervorgegangene Brochüre uns sagen soll. Der Bericht hat auch darauf hingewiesen, man solle sich das Beispiel zur Lehre dienen lassen, welches uns das Zu⸗ standekommen des Zollvereins biete, damals habe Sachsen durch rechtzeitige Verhandlungen sich gute Bedingungen verschafft. Hierauf habe ich nur die Bemerkung zu machen, daß auch da⸗ mals sich Sachsen nicht eher definiziv an den Zollverein anschloß, als bis mehrere Staaten, und als namentlich die beiden süd⸗ deutschen Staaten dem Zollvereine beigetreten waren, auf deren

eitritt es auch jetzt th legt, und dieselben Betrachtungen

welche damals für Sachsen maßgebend waren, sie sind es heute noch. Auch damals hatten schon die Verhandlungen wegen des Zollvereins Jahre lang gedauert, und wir sind deshalb immer noch zur rechten Zeit gekommen; ich zweifle nicht, daß wir auch jetzt noch zu rechter Zeit kommen und daß uns die Thüre nicht verschlossen werden wird. Eine andere Rücksicht, welche uns entge⸗ gengehalten wird und welche ebenfalls auf die Verhältnisse des Zoll⸗ vereins einging, ist die, daß, wenn der Bundesstaat zu Stande kommt und in Folge dessen den recalcitranten Staaten der Zollver⸗ einsvertrag gekündigt würde, so würde das zur Folge haben, daß die füdlichen Staaten Deutschlands aus dem Zollvereine treten wür⸗ den. Diese Folge könnte allerdings für uns bedenklich werden, we⸗ nigstens glaube ich, würde unsere Industrie dieses Ausscheiden der süddeutschen Staaten zu beklagen haben; denn das südliche Deutsch⸗ land hat allein für die Bedürsnisse seiner Industrie höhere Schutzzölle nöthig, die es bisher vermißt hat. Ganz anders wer⸗ den sich allerdings die Sachen gestalten, wenn der Zollverein nur das nördliche Deutschland umschließt. Eine Schutzmacht wird allerdings in Aussicht gestellt; ob dies eine sehr erfreuliche Aus⸗ sicht für unsere Industrie ist, lasse ich dahin gestellt. Eine an⸗ dere Betrachtung, die sich auch hieran knüpft, ist die Rücksicht auf die österreichischen Zoll⸗ und Handelsvorschläge. Ich getraue mir kein so kompetentes Urtheil darüber zu, um mich sofort aus⸗ führlich darüber zu verbreiten, aber das muß ich doch sagen, daß Personen, welchen ich ein kompetentes Urtheil in solchen Ange⸗ legenheiten zutrauen muß, und welche zugleich sehr eifrige An⸗ haͤnger des preußischen Bündnisses sind, mir versichert haben, daß gerade die Annahme dieser Vorschläge für Sachsen von der allergrößten Wichtigkeit sein würde. Es liegen in diesen Vor⸗ schlägen von Seiten Oesterreichs solche Zugeständnisse, die so günstig sind, daß man sogar an der Aufrichtigkeit Oesterreich hierin gezweifelt hat. Diese Zugeständnisse ist Oesterreich, in de Hoffnung und in der Absicht zu bringen bereit, um sich nich von seinem Platze in Deutschland verdrängen zu lassen; einen engeren Bundesstaate, welcher Oesterreich zurückstößt, und von sei nem Standpunkte aus unannehmbare und unzeitige Vorschläg macht, wird es solche Zugeständnisse nicht machen. Es erübrig mir jetzt noch, die mir gestellte vierte Frage hier zu beleuchten inwiefern wir überhaupt das Unternehmen, um das I 1. als ein Erfolg versprechendes zu betrachten haben? G hier über bloße Vermuthungen erlaubt. Ich erkenne an, Preußer mit anerkennenswerther Beharrlichkeit und Konsequenz den ein.⸗ rete eg verfo ind ich bin vollständig davon mal betretenen Weg verfolgt, und d Mei G 8 überzeugt, daß es geschieht in der Absicht und Meinung, dadurch die Einheit Deutschlands herbeizuführen, allein Zweifel in die Ausführung der ganzen Sache entstehen gegenüber den Erschütte⸗

rungen, welche in der letzten Zeit in dem Vertrauen dazu einge⸗ treten sind. Daß sich der Kreis der theilnehmenden Staaten noch mehr verengern wird, steht in ziemlicher Aussicht. Beson⸗ ders aber möchte zu neuen Zweifeln die Betrachtung berechtigen, und die se Betrachtung nehme ich besonders auf, daß eben die preußische Regierung, so entschirden sie auch gemeint war, den von ihr betretenen Weg zu verfolgen, doch nimmermehr wird meinen können, daß es ihr Beruf werde sein können, gegen das Unmögliche anzukämpfen und es zu einem Konflikte bei der Thei

lung Deutschlands zu bringen, deren Durchführung zuletzt viel

leicht nur mit Waffengewalt zu erreichen sein dürfte. im Gegentheil, ja, ich hoffe, daß die preußische Regierung den Möglichkeiten Rechnung tragen wird, und daß Staatsmänner das beherzigen werden, was ein geehrter Redner in Bezug auf einen großen englischen Staatsmann sagte, welchem im übrigen das Verdienst der Konsequenz und der Festigkeit des Charakters nicht abgesprochen worden ist, und welcher gleichwohl nach Verhältnissen und Umständen seine Ansichten und Grundsätze zu modifiziren gewußt hat. Es ist die Besorgniß geäußert worden, unter diesen Umständen liefe am Ende Alles darauf hinaus, Nichts zu schaffen, Alles in Frage zu stellen und schließlich wenigstens den alten Bundestag wieder aufzurichten. Es ist dies nirgends die Absicht, am wenigsten ist dahin das Bestreben der sächsischen Regierung gerichtet; allein die sächsische Regierung hat sich nicht verhehlen koͤnnen, daß, wenn Versuche und mißglückte Versuche von deutschen Versfassungen lange so fortgesetzt werden, wie dies in der letzten Zeit geschehen ist, welche durch einseitiges Voran gehen auf der einen Seite unmöglich gemacht werden, und wo trotz dieses einseitigen Vorangehens doch nichts Positives erreicht wird, daß dann zuletzt eben die Möglichkeit eintreten könnte, die man vermeiden will, und zur Vermeidung einer solchen hat sich auch die sächsische Regierung angelegen sein lassen, sich mit anderen Staaten in neue Verhandlungen zu begeben und dahin zu trach⸗ ten, daß eine Gesammtverfassung für Deutschland zu Stande komme, an welcher sich das gesammte Deutschland betheiligen kann und welche geeignet sei, den Bedürfnissen Deutschlands, welche im Jahre 1848 kund gegeben wurden, die möglichste Be friedigung zu gewähren und diejenigen Verheißungen in Erfül⸗ lung zu bringen, welche dem Volke gegeben worden sind. Wenn hier nun das Maß dieser Erfüllungen in Frage kommt, wenn dann nicht alle Erwartungen befriedigt werden, insofern diese Er⸗ wartungen sich an das knüpfen, was zu Anfange des Jahres 1849 schon geschehen war, so antworte ich dann denjenigen, welche uns jetzt auffordern, uns am erfurter Reichstage zu be⸗ theiligen, dasselbe, was sie von ihrer Seite aus den Mitgliedern der Kammer, die bei der frankfurter Verfassung beharren wollen, wiederholt entgegenrufen: man muß das Mögliche nehmen, damit nicht noch mehr verloren gehe. Wir erinnern uns dabei aller dings der Verheißungen, welche das März⸗Ministerium gegeben hat, und welche der Ausschuß⸗-Bericht im Anfange seiner Darstellung angeführt hat: „Die Umgestaltung des deutschen Bundes mit einer Vertretung des Volkes bei demselben.“ Diese Verheißung wird im vollsten Maße zur Geltung gelangen. Es ist unsere Politik allerdings großdeutsch und unsere Gesinnung ist nie eine andere gewesen. Man wird mir da einhalten: wie konnte man da den Vertrag vom 26. Mai abschließen? Ich hobe darauf wiederholt schon sagen müssen und muß es CC Lin Staat von Sachsens Umfange kann unter erhält⸗ nissen nicht seine individuelle Ansicht über die bE11“ deutschen Verfassung durchführen, wenn dazu gar keine Mittel und Wege gegeben sind. Es wäre aber geradezu unter jenen Verhältnissen undeutsch gewesen, auf jener Anschauung zu be⸗ stehen, und es war dies um so schwerer, als ihr der Anschein des Partikularismus anklebt, indem b etwas verlangt hätte, was zu erreichen ganz unmöglich schien. E haben also damals, wie ich wiederhole, die Verfassung vom 26. Mai als eine Noth⸗ wendigkeit anerkannt und trotzdem, daß wir dasjenige, was die Oberhauptsfrage anlangt, mit Widerstreben annahmen, so haben wir sie doch aufrichtig gewollt und daß wir sie aufrichtig gewollt haben, davon ist mir jetzt erst wieder in einem freundlichen Zei⸗ tungsartikel, welcher gestern Abends erschien, ein neues Zeugniß abgelegt worden, was ich nur dankbar habe aufnehmen können. Allein, wir haben auch unsererseits nie etwas gegen die Verfassung vom 26. Mai unternommen. Man wird sich erinnern, daß gesagt

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dann das Bestreben der Einigung fortwährend

Ich glaube

die dortigen

worden ist, wir hätten in Stuttgart intrignirt gegen diese Verfassung, und es ist von dort aus widersprochen worden, Sie werden sich auch erinnern, daß man vielfach von geheimen Zusammenkünften gefabelt hat, welche ich mit einem süddeutschen Minister gehabt hätte. Nun, was da geschah, kann ich sagen. Was da geschah, beschränkte sich darauf, daß ich mir von diesem Minister Auf⸗ schluß über seine Verhandlungen in der deutschen Frage mit Preußen erbat, weil mir die Kenntniß davon auf anderem Wege versagt war; und daß ich diesen Minister aufforderte, die Unter⸗ handlungen mit Preußen nicht abzubrechen, damit wir doch auf diese Weise zu einer Verständigung gelangten. Man wird es nicht auf Kosten der sächsischen Regierung setzen, daß Hannover aus dem Bunbdnisse vom 26. Mai ausgetreten ist. Ich glaube, daß die dortige Regierung sich wenig geschmeichelt fühlen würde, wenn Sie das annehmen wollten. Es sind also Verhältnisse und Umstände eingetreten, welche das Zustandekommen der Ver⸗ fassung vom 26. Mai unter den Bedingungen, welche Preußen festhalten zu müssen geglaubt hat, unmöglich machten; und nach⸗ dem wir, Dank dem vielgetadelten Vorbehalte, noch freies Han⸗ deln und das werthvolle Recht hatten, jetzt noch bei der definiti⸗ ven Gestaltung Deutschlands mitzusprechen, so machen wir ihn geltend und wünschen, ein ganzes Deutschland, eiuschließlich Oesterreichs, weil wir der Ansicht sind, daß ein wirkliches Na⸗ tionalgefühl nur mit Erfolg sich da ausbilden könne, wo es auf der Gesammtheit beruht, weil wir glauben, daß nur ein groß⸗ artiges System von Handel und Industrie, welches durch das Fallen aller Zollschranken bedingt ist, die sicherste Grundlage na⸗ tionaler Macht und nationalen Bewußtseins ist, und daß, wenn nur einmal eine Gesammtvertretung aller deutschen Länder bei dem deutschen Bunde erreicht ist, mag diese auch noch in der ersten Zeit nicht alle Bedingungen der Vollkommenheit darbieten,

daß man dann auf einer Basis ist, auf welcher ein Rückschritt

nicht möglich sein wird, daß dann der Partikularismus in sei⸗ nem Widerstreben allmälig aber sicher nachlassen wird, weil neue Nahrung erhält und man allemal zur Einheit im Uebergange zu größerer Einigung nach und nach gelangen wird. Das aber ist das Unglück gewesen, daß man von Anfang an zu viel verlangte, zu weit ging und deshalb zu weit zurückgehen mußte. Es haben sich bei der Bewegung vom Jahre 1848 in Bezug auf vie politische Umge⸗ staltung Deutschlands jedenfalls zwei wesentliche Bedürfnisse her⸗ ausgestellt: das eine dieser Bedürfnisse war die Umgestaltung der Bundes⸗ Regierung in einheitlicherer und einfacherer Form, damit dieselbe kräftiger und rascher die Gesammt⸗Angelegenheit in Deutschland föe dern könne; und das andere ist die Erkenntniß er inneren staatlichen Zustände, das Bedürfniß einer größeren Verschmelzung und Einigung unter den Einzelstaaten. Für die⸗ es doppelte Bedürfniß fand man damals in Frankfurt und auch Berlin gleichzeitig eine Lösung in Aufstellung des Bundes⸗ is mit einheitlicher Spitze. Es ist dieses Projekt, man kann nicht leugnen, unter den günstigsten Umständen in Angriff enommen worden, und es ist gescheitert; ich will mich daruͤber icht verbreiten, an welchen Ursachen es gescheitert ist. Es gab un aber noch eine zweite Lösung für jene Frage. Es war die Möglichkeit geboten, der doppelten Strömung des Bedürfnisses ein zweifaches Bette zu eröffnen. Für die einheitliche Gestal⸗ tung der Bundesregierung konnte gesorgt werden durch Verein⸗ sachung der bisherigen Organisation, durch Zurückführung auf eine geringere Zahl der Mitglieder, durch Beigebung einer Na⸗ onalvertretung, welches die Bundesgesetzgebung mit der Regie⸗ rung theilt, welche daher in dieser Beziehung auch einen stelen Fortschritt verspricht und zugleich eine Abwehr gegen Uebergriffe in die constitutionellen Einrichtungen und Freiheiten der einzelnen Staaten. Das andere Bedürfniß ließ sich dadurch erreichen, daß ie deutschen Staaten unter sich, da, wo das Bedürfniß es gebot, zur Verstärkung sich einigten, oder daß die schwächsten sich an die stärksten anlehnten, je nachdem dies die Neigung oder das Be⸗ dürfniß erheischte. Es war dieser Gang noch gewissermaßen be⸗ ingt durch die großen Verschiedenheiten, welche sich in Bezug auf die Ausbildung des constitutionellen Elements in den verschiedenen Staaten Deutschlands zeigten. Niemand wird verkennen wollen, daß in dieser Beziehung große Abstufungen vorhanden sind in Preußen, Oesterreich Württemberg, Hannover, Bayern und Sachsen, und in allen diesen Betrachtungen lag allerdings die Auffassung jenes Projektes, welches so große Angriffe erfahren hat, und viel⸗ leicht auch unausführbar sein mag, aber theilweise doch vielleicht eine sehr ersprießliche Anwendung finden könnte. Hinter dem Direkto⸗ ium will man sogar einen wiedererstandenen Bundestag sehen, und zwar, wie ein Abgeordneter sich ausdrückte, einen freiheitsmörderischen.

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Nun ist, schon abgesehen von der Nationalvertretung, welche diesem Bunde zur Seite stehen sollte, doch zu betrachten, daß dieses Direktorium aus constitutionellen Staaten hervorgehen würde, daß also von dort aus nicht wieder die constitutionellen Einrichtungen und Frei⸗ heiten in den einzelnen Staaten aufgehoben werden würden: und hierbei kann ich nicht anders, als mir die Alternative stellen, daß in Preußen vornehmlich das constitutionelle System entweder zu größerer Entwickelung gelangt, oder daß der umgekehrte Fall eintritt. Entwickelt sich nun das constitutionelle Element in Preußen in einer gedeihlichen Weise, so wird dies eben sowohl auch in anderen deutschen Staaten der Fall sein, und es wäre daher nicht zu befürchten, daß ein Direktorium entgegengesetzte elemente in sich aufnähme. Nehmen Sie aber den umgekehrten Fall an, so weiß ich nicht, wie die constitutionellen Einrichtungen und Freiheiten in den einzelnen Staaten duech den Beitritt der selben zu dem engeren Bundesstaate gewahrt sein sollten. Die Zei⸗ tungen haben bereits gesprochen von den Verhandlungen, welche zwischen uns und den deutschen Staaten gepflogen worden sind. Es haben diese Verhandlungen allerdings zu Resultaten geführt. Ich bin aber nicht im Stande, hierüber zur Zeit noch eine formelle Vorlage an die Kammern zu machen, weil eben die Unterhandlun⸗ selbst nicht in der formellen Lage sind, die hier eine Vorlage und deren endliche Feststellung würde haben müssen, weil es na⸗ mentlich sich hier handelt nicht um ein Bündniß, wie ich dies be⸗ reits wiederholt erklärt habe, sondern ganz einfach um Aufstellung einer Proposition eines Verfassungs⸗Entwurfs, welcher erst nach mehreren Seiten hin vorgelegt werden muß und hinsichtlich dessen es noch ungewiß ist, ob er die allseitige Zustimmung erhalten und ob man in dem Fall sein werde, dann die Erklärungen der Kam⸗ mern darüber einzuholen, wenn dieser Verfassungs⸗Entwurf so weit gediehen ist, daß er mit Genehmigung der Kammern sofort ins Le⸗ ben treten kann. Indeß, wie ich hinzufügen muß, ist es die Ab⸗ sicht der Regierung, eine Mittheilung der Kammer, sobald als es möglich ist, zu machen.“

Hierauf ergriff der Referent Abgeordneter Biedermann das Wort, und zwar nicht sowohl um auf die Einzelnheiten der letzten Rede, die nur eine Recapilulation des Inhaltes der vorliegenden Denkschrift des Ministeriums sei, einzugehen, als vielmehr um von dem Minister des Auswärtigen eine Erklärung darüber zu verlan⸗ gen, wie sich das künftige Resultat der von der Regierung einge⸗ leiteten neuen Verhandlungen zu den Grundsätzen verhalte, welche

die Mehrheit des Ausschusses in ihrem Berichte ausgesprochen, und in dem allgemeinen Antrage daselbst zusammengefaßt habe.

Die von dem Ministertische aus hierauf ertheilte Antwort er⸗ schien indessen dem Referenten so wenig befriedigend, daß er an⸗ nehmen zu müssen glaubte, es sei seine Anfrage nicht richtig ver⸗ standen worden. Er erläuterte dieselbe nun dahin, daß er eine be⸗ stimmte Erklärung darüber wünsche, ob der Regierung die Annahme des im Ausschußberichte niedergelegten allgemeinen Antrags ge⸗ nehm sei oder nicht, oder um es parlamentarisch auszudrücken; ob sie in der Annahme diesesAntrags ein Mißtrauens⸗ oder ein Ver⸗ trauensvotum erblicken würde.

Staats⸗Minister von Beust bemerkte hierauf, daß das Mi⸗ nisterium diesen Antrag weder als ein Mißtrauens⸗, noch als ein Vertrauensvolum, sondern wie jeden anderen Antrag betrachte; sollte derselbe von der Kammer angenommen werden und sodann mit der Zustimmung der ersten Kammer an die Regierung gelangen, so werde die Entschließung hierüber auf dem vorgeschriebenen Wege, mittelst Dekret, an die Kammern gelangen. Eine bestimmtere Ant⸗ wort vermöge er gegenwärtig nicht zu geben, da einem so allge⸗ meinen Antrage gegenüber seine Worte leicht anders gedeutet wer⸗ den könnten, als sie gemeint seien, zumal es sich, wie er schon er⸗ wähnt, bei diesen neuen Verhandlungen nicht um ein Bündniß, sondern um ein Verfassungsprojekt handle, dessen Bestimmungen noch nicht endgültig abgeschlossen seien.

Der Abgeordnete Klinger stimmte der Ansicht des Referenten bei; auch er hätte eine bestimmte Antwort erwartet, zumal der Minister in der Einleilung seiner Rede gesagt habe, daß eine ent⸗ scheidende Wendung der Dinge eingetreten sei. Nachdem derselbe einige Bemerkungen der Rede des Ministers einer Kritik unterworfen hatte, ging er zur Motivirung seiner Abstimmung über, in welcher er sich für die Anträge der Majorität des Aus⸗ schusses erklärte. Er habe früher gegen die berliner Reichs⸗ Verfassung gestimmt, und sei nur ein Freund derselben geworden aus Noth. Die Ereignisse der letzten Jahre hätten ihn dazu bestimmt, um wenigstens ein einiges Deutschland zu erlangen so weit, es möglich sei. Auch er halte an der Ansicht fest, daß dem Rechtsboden nach die frankfurter Reichs⸗Verfassung jetzt noch rechtsgültig sei. Aber sie sei unausführbar geworden, und die Gewalt der Thatsachen zwinge ihn jetzt zu nehmen, was von dem Mangelhaften und Unbefriedigenden noch das Beste sei. Es thue ihm wehe, von der frankfurter Verfassung abzugehen, aber un⸗ ter den gegebenen Umständen bleibe nichts Anderes übrig, um noch Etwas zu retten. Die Verfassung vom 26. Mai habe in vielen Punkten seine Zustimmung nicht, und könne sie nicht haben; allein sie sei ein Anfang zum großen Baue, lasse wenigstens für eine Einigung Deutschlands einen Boden gewinnen; dieser Boden sei das Volkshaus. Schließlich weist der Redner auf die Gefahr hin, welcher Sachsen hinsichtlich des Zollvereins sich aussetze, wenn es sich nicht an Preußen anschließe, und meint, daß hierdurch die ma⸗ terielle Noth Sachsens noch größer werden könnte, als die politische. Sein Wahlspruch sei daher: „Mit Preußen zur Einheit, mit der Einheit zur Freiheit, mit beiden aber zur Civilisation.“

Nachdem auch der Abgeordnete Oehmichen mit einigen Wor⸗ ten seine Abstimmung molivirt und sich für die Majoritätsanträge erklärt hatte, ergriff der Staatsminister von Beust nochmals das Wort zu einigen Erwiederungen auf die letzten Reden. Derselbe kann die Befürchtungen nicht theilen, daß Preußen auf den Aus⸗ schluß Sachsens aus dem Zollverein dringen werde, wenn letzteres dem Bündnisse vom 26. Mai nicht beitrete. Die österreichischen Zollvorschläge seien übrigens kein bloßes Versprechen, sondern posi⸗ tive Anträge. Wenn ein Widerspruch zwischen den neuen Ver⸗ haudlungen der sächsischen Regierung und ihrem Beharren bei dem Bündnisse vom 26. Mai gefunden worden sei, so könne er nur wiederholt erklären, daß die sächsische Regierung keine Veranlassung, sich von diesem Bündniß loszusagen, gefun⸗ den habe, aber sich eben so wenig durch die eingegangene Ver⸗ pflichtung für verbunden erachten könne, etwas durchführen zu helfen, wozu sie sich nicht verpflichtet hatte. Schließlich verwahrte sich der Staats⸗Minister noch gegen die Anschauung, als wolle er hier die Selbstständigkeit Sachsens über das Interesse Deutsch⸗ lands stellen. Daß in Bezug auf diese Selbstständigkeit ein Opfer gebracht werden müßte, sei der sächsischen Regierung klar; sie werde dieses Opfer bringen, wolle es aber auch nur dann bringen, wenn sie die Bürgschaft habe, daß wirklich ein ganzes Deuschland erreicht werde.

Hierauf wurde die heutige Sitzung wegen vorgerückter Zeit geschlossen.

Ausland.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 1. März Gestern wurde der am hiesigen Hofe als außerordentlicher Gesand⸗ ter und bevollmächtigter Minister des Königs von Griechenland neu beglaubigte Herr Zographos vom Kaiser in besonderer Audienz empfangen und überreichte Sr. Majestät sein Kreditiv.

Warschau, 4. März. Gestern früh setzte sich das Eis der Weichsel in Bewegung, und noch vor 5 Uhr war die ganze Masse abgegangen. Um 10 Uhr und um 1 Uhr kamen von weiter oben her noch Eismassen herangeschwommen, die aber ebenfalls, ohne den mindesten Schaden anzurichten, an der Stadt Warschau vorüberzo⸗ gen. Das Wasser fiel Abends auf 14 Fuß 5 Zoll. Aus den Pro⸗ vinzen gehen dagegen betrübende Nachrichten über Verheerungen ein, welche durch Austreten der Flüsse, namentlich der Warthe und Prosna, verursacht werden.

Italien. Rom, 27. Febr. (Ll.) Der Maurer Lorenzo Casca⸗ pera wurde wegen Verheimlichung verbotener Waffen verhaftet und zufolge der Bekanntmachung des französischen Generals en chef zum Tode verurtheilt. Der Delinquent wurde am 25sten auf der Piazza del Popolo erschossen. Auf dem Wege zum Richtplatze er⸗ mahnte er die Anwesenden, keine verbotenen Waffen zu tragen, und bezeugte überhaupt große Reue. Die Mitglieder des Kriminal⸗ gerichts hatten gegen die Hinrichtung protestirt, indem sie der fran⸗ zösischen Armee das Recht absprachen, einen päpstlichen Staatsan⸗ gehörigen erschießen zu lassen. Wenn sie sich zum Schutze der Re⸗ gierung in Rom befinde, so hätte sie nach den Landesgesetzen den Delinquenten nur zur Galeere, aber keinesweges zum Tode verur⸗ theilen dürfen. 1

Einige römische Banquiers wurden, wahrscheinlich des Anlei⸗ hens wegen, nach Portici berufen.

In einem Tagsbefehle des französischen Generals en Chef wird unter Anderem gesagt, daß bei dem bald zu erwartenden Einzuge fremder Truppen in Rom zwischen denselben und den Franzosen dieselbe Eintracht herrschen werde, wie sie jetzt zwischen den fran⸗ zösischen und päpstlichen Truppen vorwaltet.

KLijssenschaft und Kunst. = Königliches Opernhaus.

Jessonda. Herr Salomon: Da 8 ndau, al 8 (Den 7. Märg. s letzte Gastrolle

Anstatt in „Nobert der Teufel“ als2 S

am Donnerstag in „Jessonda⸗ als Seen nat Hen Salomon 8 Hindernisse die Vorstellung de uin cuf, da eingetretene Hindernis g der erstgenannten Oper, in welcher der G ine Fähigkeiten zu entwickeln jedenfalls reichere Gelegenheit 2edahn 1 He 8 mals unmöglich machten. So weit übrigens die Partie des Dand 8 8

der Kraft in der Tiefe ermangelnden Stimme des Herrn SSnn 4 sagt, kam sie durch den Genannten zur glücklichen Geltung. Er bewährte sich darin als ein mit frischem, klangvollem Organe begabter Sänger, dessen Acquisition für unsere Bühne höchst wünschenswerth erscheinen würbe um so mehr, als er mit seinen schönen Mitteln auch ein in vieler Hinsicht an⸗ erkennungswerthes Gesangs⸗Talent verbindet und viel Bildsamkeit verräth. Die seiner Tonbildung und seinem Vortrage anhaftenden Mängel wird ihm da⸗ her zu beseitigen nicht schwer werden. Seine deutliche Aussprache ist be⸗ sonders zu loben. Sein Darstellungs⸗Vermögen zu beurtheilen, gab weder die heutige Leistung, noch die neuliche des Sarastro in der „Zauberflöte“ ausreichende Gelegenheit, doch erschien sein Spiel beidemal dem Charakter

der bezeichneten Rollen angemessen.

Der Vorstellung der Oper voraus ging (nach der nicht sehr präzis und rein ausgeführten Ouvertüre zu Meperbeer's „Struensee“) das Duett des dritten Aktes zwischen Valentine und Marcell, in welchem Frau Köster hinreißend schön sang und Herr Salomon ebenfalls seine Vorzüge in anerkennungswürdiger Weise ans Licht förderte. Zu bedanern ist nur, daß es die Verhältnisse nicht gestatteten, den Sänger in einer für die Beurthei⸗ lung günstigeren, umfassenderen Rolle zu sehen, indem der ablaufende Urlaub den Gast nach Leipzig zurückruft. ͤe““

Musikalisches.

Berlin. Die italienische Oper wird nach dem Schluß der hiesigen Saison Vorstellungen in Dresden geben. Auch sind Unterhandlungen wegen Erfurt im Gange, wo wahrscheinlich während der Sitzungsperiode italienische Opernvorstellungen stattfinden werden.

Die schwedische Sängerin Fräulein Nissen, der ein bedeutender Ruf vorangeht, wird binnen kurzem hier eintreffen.

An Josef Gungll ist unter glänzenden Bedingungen der Antrag er⸗ gangen, während der Sommermonate in St. Petersburg Konzerte zu geben. Derselbe wird uns deshalb am 1. Mai verlassen.

Wissenschaftliche Vorlesungen in der Singakademie. (Den 2. März.)

Zu den anziehendsten Vorlesungen, welche in diesem Jahre von dem wissenschaftlichen Vereine ausgingen, gehört die am vergangenen Sonnabend von Herrn Dr. Bodenstedt, dem geistreichen Verfasser von „Tausend und Ein Tag im Orient“ (Berlin 1850, Deckersche Geh. Ober⸗Hof⸗ buchdruckerei) gehaltene, über die Einführung des Christenthums in Ar⸗ menien. Ein längerer Aufenthalt im Lande, besonders im Kloster Etsch⸗ miadsin, dem Mittelpunkt der armenischen Kirche, befähigte den Redner, über diesen noch nicht genug aufgeklärten Gegenstand Licht zu verbreiten, und seine Darstellung trug den lebenswarmen, fesselnden Ausdruck, der nur

aus der eigenen Anschauung der Verhältnisse geschöpft wird. Keine jener kranken, sarblosen Abhandlungen war es, die den armen gähnenden Zuhöre⸗ rinnen nicht eben den vortheilhaftesten Begriff von deutscher Gelehrten⸗ Liebenswürdigkeit einflößen können, sondern ein warmer, stets spannender Vortrag, der mit der Gediegenheit des Inhalts eine immer geschmackvolle, oft edle und poetische Form verband. Möchte doch Herr Bodenstedt seinen Mittheilungen durch den Druck eine weitere Verbreitung sichern; wir kön⸗ nen hier nur einige kurze, aber wenigstens getreue Züge wiedergeben. In der Einleitung versetzte der Redner seine Zuhörer in die arme⸗ u sche Hochebene, an den Fuß des großen Ararat, dieses schönsten Denk⸗ mals, das Gott sich selbst gesetzt hat. Er schilderte, um so einen Rahmen für das spätere Bild zu gewinnen, die Eigenthümlichkeit des Bodens und seiner Bewohner und wies nach, wie in vielen Ortsnamen die Erinnerung an die Sündfluth, so wie an Noah sich erhalten hat. Von den verschiede⸗ nen Reisenden, welche das Land besuchten, sind die widersprechendsten An⸗ sichten in die Welt geschickt worden. Während die Einen Armenien das irdische Paradies nennen, und des Lobes voll sind über die üppige Be⸗ kleidung des fruchtbaren Bodens, finden Andere dieselbe Gegend einer öden Steppe vergleichbar. Die Wahrheit liegt in der Mitte, und das Urtheil wird immer verschieden sein, je nach der Jahreszeit, in der man das armenische Hochland besucht. Als Herr Bodenstedt Ende März 1844 nach dem Kloster Etschmiadsin kam, erschien ihm die ganze Gegend am Fuße des Ararat wie ein großer Blumengarten, und acht Tage später war Alles in ein großes Schneefeld verwandelt und das Thermometer von 16 Grad Wärme auf 6 Grad Kälte gefallen. Nach der Versicherung der Ein gebornen war diese Erscheinung keinesweges ungewöhnlich. Sie erklart sich aus der südlichen, aber zugleich sehr hohen Lage des Landes, denn unte dem 40sten Breitegrade gelegen, erhebt sich die Gegend von Erschmiadsin 3000 Fuß über dem Meeresspiegel. Eben so abweichend, wie über das Land, lauten die Urtheile der Reisenden über das Volk der Armenier und besonders in Bezug auf das schöne Geschlecht. Während die Meisten darin übereinstimmen, daß die Männer hier einen durchgehends gesunden, kräftigen und wohlgestalteten Menschenschlag bilden, lassen nur We⸗ nige den Frauen dieselbe Gerechtigkeit widerfahren. Die armeni⸗ schen Frauen stehen aber an Wohlgestalt des Körpers den Män⸗ nern nicht nach, und die irrigen Ansichten der Reisenden über diesen Punkt erklären sich daraus, daß sich unter den Frauen, welche man insgemein auf den Straßen der armenischen Städte begegnet, allerdings wenig hübsche finden, da dort zu Lande das Spazirengehen ein vollständig unbekanntes Vergnügen ist, und das Geschäft des Einkaufens auf den Bazars lediglich den alten Frauen überlassen wird. Zudem wird der alte morgenländische Satz, daß eine Frau in Kleidung und Geberden nur vor den Augen des eigenen Mannes schön, vor den Augen aller fremden Männer aber so häß⸗ lich als möglich erscheinen soll, in den Häusern der Armenier mit derselben Strenge aufrecht erhalten, als in den Harems der Moslem, um in dem eigentlichen Armenien schöne Frauen zu sehen, muß man mit den Familien in längerem und nahem Verkehr stehen, da die Männer hier ihre schönen Frauen und Töchter mit noch größerer Eifersucht überwachen, als die be⸗ nachbarten Perser und Türken. In Tiflis dagegen, in Konstantinopel, wie in allen fremden Städten, wo sich größere armenische Ansiedelungen befin⸗ den, zeigen die Frauen weniger Zurückhaltung, und wer dieser anmuthigen Wesen bei feierlichen Gelegenheiten einmal ein Paar Hundert beisammen gesehen hat, wie sie leichtfüßig einherschreiten in ihren zierlichen Maroquin⸗ Pantoffeln, ihren weiten, himmelblauen oder blutrothen Pantalons, ihren elegant geschnittenen kurzen Kaftans und dem kronenähnlichen Kopfputz, und dann noch an der Schönheit der Armenierinnen zweifelt, der beweist höch⸗ stens, daß er keinen Geschmack hat. Die geistige Beschaffenheit der Armenier anlangend, so sind sie reine Verstandesmenschen. Weder die Dichtkunst, noch die bildenden Künste, fanden hier einen günstigen Boden. Die einzi⸗ gen Spuren altarmenischer Poesie finden wir in ein Paar unbedeutenden Fragmenten, welche Moses von Chorene in seiner berühmten Geschichte des Landes aufbewahrt hat. Das Eine beschreibt die Geburt des armenischen Herkules Wahag'n, das Andere besingt die Thaten König Artasches II., der zu Ende des ersten Jahrhunderts nach Christum lebte. Das letztere Gedicht wurde in wortgetreuer Uebersetzung mitgetheilt. Werke der Malerei giebt es gar nicht, wenn man nicht etwa den Bilderschmuck dahin rechnen will, der sich auf den Rändern der alten Manuskripte findet. Die armenische Lite⸗ ratur, reich an theologischen und philosophischen Schriften, meistens Ueber⸗ setzungen aus alten und neuen Sprachen, interessirt uns nur durch ihre äl⸗ teren historischen Werke, in denen die Geschichte des Landes dargestellt wird. Der Redner wandte sich nun zu einem kurzen Ueberblick über die ältere armenische Geschichte; er verglich das Land sehr treffend mit einer Schnee⸗ wüste, wo die Fußtapfen derer, die hindurch gewandert, den einzigen An⸗ haltspunkt für die Forschung gewähren. Die Ausbreitung des Christenthums in Armenien fällt in das Ende des dritten Jahrhunderts, in die Regierun Tiridates. Dieser. König war der Sohn des Arsaziden Chosrow, der au