1850 / 77 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

und ich darf daher auch heute mit Vertrauen um Ihre Nachsicht bitten. Mögen inmitten des traurigen Zwiespalts und der Zerrissenheit, welche, Dank der Verwerfung der Reichsver⸗ fassung durch die größeren Regierungen, im weiteren und im en⸗ geren Vaterlande herrscht, inmitten der vielfach frechsten und ge⸗ fährlichsten Bedrohungen der in den verflossenen Jahren auf gesetz⸗ lichem Wege erworbenen bürgerlichen Freiheit, die verschiedenen Parteien dieses Hauses sich zusammenschaaren, und auch da, wo Uebereinstimmung der Ansichten nicht zu erzielen ist, in versöhnlicher und anerkennender Weise sich begegnen! Die deutsche Frage, welche durch das Dreikönigsbündniß des Jahres 1850, mag das Streben seiner Stifter noch so rein sein, so wenig gelöst werden wird, als durch das Dreikönigsbündniß des Jahres 1849, wird zunächst nicht Gegenstand der Berathung dieser hohen Versammlung sein müssen; Sie werden sich sogleich den inneren Verhältnissen zuwenden können, und dieses, glaube ich, ist der Boden, auf welchem der Parteihaß verschwinden und Harmonie die Gemüther ver⸗ binden sollte. Ist ja doch die Erhaltung der Grundrechte und Umgestaltung unserer Verfassung nach der Vorschrift und dem Geist der Grundrechte und der neuen Zeit das Verlangen, welches im rechten, wie im linken Lager und eben so im ganzen ge⸗ sunden Kern unseres Volkes wiederhallt. Meine Herren! Unser Wahlspruch sei: Entschiedenheit in Bewahrung und Vertheidigung der auf verfassungsmäßigem Wege bereits erworbenen Rechte, Mä⸗ ßigung und Berücksichtigung der Zeitverhältnisse, da, wo es sich um Erringung neuer Volksrechte handelt. Indem wir uns von diesem Wahlspruch leiten lassen, werden wir, möge der Ausgang unserer Wirksamkeit sein, welcher er wolle, als Männer von Ehre und Ge⸗ wissen seiner Zeit aus diesem Saale scheiden. Und so möge denn der Lenker der menschlichen Geschicke unsere Verhandlungen zu einem segensreichen Ziele führen!“ (Die ganze Versammlung erhebt sich bei diesen Worten von ihren Sitzen.)

Nun wird zur Wahl des Vice⸗Präsidenten geschritten. Ge⸗ wählt wird Rödinger mit 42 Stimmen. Rödinger nahm den Vice⸗ Praͤsidentensitz, nunmehr neben dem Präsidenten, ein und sprach: „Meine Herren! Indem ich mich im Allgemeinen den ernsten Worten unseres verehrten Herrn Präsidenten anschließe, bleibt mir nur übrig, für den Beweis Ihres Vertrauens meinen aufrichtig⸗ sten Dank auszusprechen.“

Hierauf berichtet Seeger von Neuenburg im des Ausschusses über die Legitimation der Mitglieder Versammlung. Es haͤben sich nur bei den Wahlen in Waldsee (Huck) und Freudenstadt (Sigmund Schott) Anstände ergeben. In Beziehung auf erstere Wahl sind die An⸗ stände beseitigt worden, in letzterer Hinsicht entsteht die Frage: ob der §. 148 der Verfassungs⸗Urkunde noch Anwendung finde, wel⸗ cher bestimmt: „Tritt der Fall ein, daß Vater und Sohn zugleich Mitglieder der Stände⸗Versammlung werden, so wird, wenn der Vater nicht aus eigener Entschließung zurücktritt, der Sohn durch denselben ausgeschlossen.’“ Ueber diese Frage liegt ein Majoritäts⸗ und ein Minoritäts⸗Gutachten vor, die Berathung wird in der nächsten Sitzung stattfinden. Aus Anlaß der Bestimmung der nächsten Tagesordnung wirft Abgeordneter Fetzer die Frage auf, ob eine Antworts⸗Adresse auf die Thronrede zu beschließen sein möchte, nachdem die letzte Versammlung erst vor kurzem ihre Grundsätze ausgesprochen habe. Er wünscht, daß diese Vorfrage auf die nächste Tagesordnung gesetzt werde. Riecke aber trägt darauf an, eine Kommission mit der Begutachtung dieser Frage zu beauftragen. Letzteres wird jedoch allgemein abgelehnt und Fetzer’s Antrag angenommen.

Baden. Karlsruhe, 13. März. (Karlsr. Ztg.) In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer erstattete der Abgeord⸗ nete Mathy Bericht über die Vorlagen der Regierung in Bezug auf den Beitritt zu dem Bündnisse vom 26. Mai 1849 und das provisorische Gesetz vom 7. Dezember 1849 über die Wahlen der Abgeordneten zum Volkshause des Parlaments. Der Bericht lautet:

Aufgefordert, den Handlungen der Regierung für Erhaltung und Einigung der deutschen Staaten ihre Zustimmung zu geben, wird die zweite Kammer in ihrer Vergangenheit, in der Lage und den Bedürfnissen des Vaterlandes, wie in dem Ver⸗ halten der großen Mehrzahl der deutschen Staaten die Gründe finden, welche ihre Entschließung bestimmen, und zugleich den Schein beseitigen, als könnten üußere, das freie Urtheil beschränkende Eindrücke dabei maßgebend sein. Wäre es möglich gewesen, aus dem Zustande, welcher der Erschütterung des vorigen Jahres folgen mußte, schon vor dem Zusammentritt der Stände zu der Herrschaft der ordentlichen Gesetze und zu der re⸗ gelmäßigen Thätigkeit aller Organe des Gemeinwesens zurückzu⸗ kehren, unsere Beschlüsse würden von einem Gefühle innerer Be⸗ friedigung begleitet, unsere Verhandlungen von einem wärmeren Hauche durchweht, aber sie würden zuverlässig nicht andere gewor⸗ den sein. Denn auf Badens Regierung und Stände konnten stets nur diejenigen Bestrebungen rechnen, welche der nationalen Ent⸗ faltung zu Einheit und Macht zugewendet waren. Dieser Zug führte zu dem Anschluß an den Zollverein, er geht durch die parlamentarischen Kämpfe gegen die zu starre und anhal⸗ tende Verneinung einer schaffenden deutschen Politik, er gab dem Aufschwunge von 1848 das Losungswort der Einheit, also ein bestimmtes, allgemein angenommenes, vor Auflösung und Zerrüt— tung schirmendes Ziel. Und ist Baden in den Wirren der Zeit und der Köpfe einem tragischen Geschicke für den Augenblick erle⸗ gen, so ist doch die Rettung von deutscher Seite gekommen, so sind wir doch nicht gegen unsere Neigung von dem Partikularismus ein⸗ gethan worden. Gerade in der Fügung aber, daß Baden für den Bundesstaat gerettet wurde, liegt die Versöhnung mit seinem Lei⸗ den; liegt die Bedeutung des Landes, das den Süden mit dem Norden verbindet, und die Kraft der Anziehung, welche den im Werden begriffenen Bundesstaat ergänzen wird. 1

Von der Regierung haben Sie mit der Vorlage der betreffen⸗

den Urkunden eine Darstellung des Ganges der Ereignisse und Ver⸗ handlungen, so wie der gegenwärtigen Sachlage erhalten. Das von der Nattonal⸗ Versammlung am 28. März 1848 zu Stande gebrachte Verfassungswerk konnte nicht in das Leben gerufen werden. Es wer nicht gelungen, neben der Vertretung der Nation eine Vertretung der Regierungen zu er⸗ halten oder neu zu bilden, und dadurch eine Verständigung herbei⸗ zuführen, die als der Ausdruck des Willens der Gesammtheit und der einzelnen Glieder keinen Widerstand mehr zu befahren gehabt hüttte Auch auf anderem Wege war eine Verständigung unter sämmtlichen Regierungen über gemeinschaftliche Vorschläge an die National⸗Versammlung in Bezug auf die Verfassung nicht erzielt worden. Es fehlte also an dem zweiten Faktor, mit welchem die National⸗Versammlung zum Zwecke einer Vereinbarung oder Ver⸗ saändiguns er 8- Reichsverfassung hätte verhandeln können. Die Geschichte wird urtheilen, ob in dieser Lage die National⸗Versamm⸗ lung einen anderen Weg hätte einschlagen können oder sollen, als den sie gegangen ist.

Ueber die Voraussetzungen, unter denen Oesterreich dem deutschen Bundesstaate beitreten könne und werde, herrschte lange

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Namen dieser

Zeit hindurch völlige Unklarheit. Das Programm von Kremsier vom 27. November 1848, noch mehr die ee. für die öster⸗ reichische Gesammt⸗Monarchie vom 4. März 1849 gaben Licht. Oesterreich hatte ausgesprochen, daß die engste Verbindung aller Theile Bedürfniß des Gesammt⸗Staates sei, daß dieser in keinem seiner Theile irgend welche Einwirkung einer deutschen Reichsgewalt und Reichsgesetzgebung zugeben könne. Es ließ sich nicht verkennen, daß Oesterreich durch die Netur der Verbindung seiner deutschen mit den außerdeutschen Bestandtheilen, auf eine Sonderstellung An⸗ spruch habe. Daraus ergab sich, daß Oesterreich einem deutscl en Bundesstaat mit gleichen Verbindlichkeiten wie die übrigen Glieder nicht angehören, wohl aber durch einen Vertrag in mög⸗ lichst inniger Beziehung zu demselben treten könne. Was Oester⸗ reich von Deutschland Positives zu verlangen hat, das kann ihm der Unionsvertrag gewähren; was es aber Negatives von Deutsch⸗ land begehren könnte, den Verzicht auf die Einigung im Bundes⸗ staate, das kann Deutschland um seiner Selbsterhaltung willen nicht einräumen.

War sonach auf der einen Seite hergestellt, daß die Ver⸗ fassung für Deutschland in Oesterreich nicht zur Geltung kom⸗ men könne, so war dieselbe, wie sie aus der Paulskirche her⸗ vorgegangen, auch in den übrigen deutschen Staaten nicht mehr durchzuführen, nachdem der König von Preußen die auf Grund derselben von der National⸗Versammlung getroffene Wahl zum Reichsoberhaupte abgelehnt, die Regierungen von Baypern, Sachsen und Hannover sich der Annahme der Reichsverfassung ent⸗ zogen hatten.

In diesem ernsten Augenblicke, bei der Aufregung der Ge⸗ müther, welche leider schwer mißbraucht worden ist, erklärte die preußische Regierung, gleichzeitig mit der Ablehnung der Kaiserwürde und der Reichs⸗Verfassung, daß ihr durch diesen Schritt die Pflicht, der Nation die Mittel zur Einigung dar⸗ zubieten, nur um so strenger auferlegt sei. Sie forderte die deutschen Regierungen mittelst Rundschreiben vom 28. April v. J. auf, sich mit ihr zu diesem Zwecke durch Absendung von Bevoll⸗ mächtigten nach Berlin in unmittelbare Verbindung zu setzen. Der Einladung entsprachen jene Regierungen, welche die Reichs⸗Ver⸗ fassung abgelehnt hatten, Bayern, Sachsen und Hannover, selbst der K. K. österreichische Gesandte nahm an den ersten Besprechungen Theil. Die Konferenzen begannen am 17. Mai v. J. und führten zu dem Schlußprotokoll vom 26. Mai, wodurch zwischen Preußen, Sachsen und Hannover das Statut eines Bündnisses auf Ein Jahr, nebst dem Entwurf einer Verfassung und des Wahlgesetzes festge⸗ stellt wurden. Diese Urkunden hat die Regierung der Kammer mitgetheilt; eben so die sich daran schließende Vereinbarung über das Schiedsgericht und die Denkschrift vom 11. Juni über die Grund⸗ lagen der Verfassung.

Der Zweck des Bündnisses ist ein doppelter. Einmal die Er⸗ haltung der äußeren und inneren Sicherheit Deutschlands, der Unabhängigkeit und Unverletzlichkeit der einzelnen deutschen Staa⸗ ten, sodann die Herstellung einer Verfassung nach Maßgabe des unter den Verbündeten vereinbarten Entwurfs, welchen sie einem Reichstage vorlegen werden, der gemäß der Bestimmung über den Reichstag und nach dem gleichfalls vereinbarten Wahlgesetz lediglich zu diesem Zwecke berufen worden ist.

Die Verbindung zu gegenseitiger Hülfe war bei der damaligen gefahrvollen Lage des Vaterlandes und bei dem Mangel eines all⸗ gemein anerkannten Organs der Gesammtheit der Bundesglieder geboten und suchte seine Berechtigung in dem Artikel XI. der Bundesakte.

Der deutsche Bund ist noch vorhanden in seinen Gliedern und in ihren gegenseitigen Rechten und Verbindlichkeiten, welchen letzteren nur Oesterreich durch seine Verfassung vom 4. März v. J. Eintrag gethan hat. Allein als Staatenbund hat er aufgehört, seit die Bundes⸗Versammlung am 12. Juli 1848 sich aufgelöst hat, und seit mit der unter Zustimmung sämmtlicher Regierungen eingesetzten provisorischen Centralgewalt eine bundesstaatliche Regierung an ihre Stelle trat. Als mit der Auflösung der National⸗Versammlung die durch das Gesetz vom 28. Juni 1848 festgestellten rechtlichen Grundlagen der provisorischen Centralgewalt gefallen waren, trat keinesweges die alte staatenbündliche Form wieder in Kraft, sondern es blieb der Anspruch der Nation auf eine ihren Bedürfnissen ange⸗ messene Form der Einigung, welche durch die Ereignisse von 1848, so weit sie von dem Organ des Bundes und sämmtlichen Regierun⸗ gen anerkannt waren, einen Rechtsboden gewonnen hat, worauf Preußen mit seinen Verbündeten steht und schreitet.

Der Entwurf vom 28. Mai hält die wesentlichen Bedingungen des Bundesstaazes aufrecht; die Regierung mit einheitlicher Leitung, die National⸗Vertretung mit dem Rechte der Gesetzgebung und der Be⸗ willigung der Mittel, die einheitliche Vertretung der Nation nach außen, die Oberleitung des Heerwesens und diejenigen Befugnisse der Reichs⸗ gewalt, welche für die Pflege der gemeinsamen Interessen nothwen⸗ dig sind. Die erheblicheren Abweichungen von der Verfassung vom 28. März betreffen: die Bezeichnung des Gebiets, welches statt aus dem Gebiete des bisherigen deutschen Bundes, aus denjenigen Staaten desselben bestehen soll, welche die Reichsverfassung aner⸗ kennen; die Uebertragung der Reichsgewalt an einen Reichsvorstand nebst einem Fürstenkollegium, welches bei der Gesetzgebung mitzuwirken hat, statt an einen Kaiser; das absolute an der Stelle des sus⸗ pensiven Veto für die Regierung bezüglich auf Reichstagsbeschlüsse. Ferner soll die Erhebung und Verwaltung der Zölle, wie der ge⸗ meinschaftlichen Productions⸗ und Verbrauchssteuern nur der Ober⸗ aufsicht, nicht auch der Anordnung der Reichsgewalt unterliegen, die Reichskosten sollen durch Matrikularbeiträge, nicht durch unmittel⸗ bare Bezüge von Zöllen und Steuern gedeckt werden; beide Häu⸗ ser des Reichstages haben hinsichtlich des Budgets gleiche Rechte erhalten. Aus den Grundrechten sind die Aufhebung der Todes⸗ strafe, der unbedingte Ausschluß der Geistlichkeit von dem, der Ober⸗ aufsicht des Staates unterstellten, Unterrichts⸗ und Erziehungswesen und die ausnahmslose Ueberweisung der Ortspolizei an die Gemeinden weggeblieben. Ein allgemeines Reichsgesetz soll das Heimatsrecht und den Gewerbebetrieb regeln; die Bestimmungen über die Ver⸗ äußerlichkeit und die Theilbarkeit des Grundeigenthums und über die Entschädigung für aufgehobene Jagdrechte werden der Landes⸗ gesetzgebung überlassen; die Presse ist gegen die Censur geschützt, dagegen soll ein Reichsgesetz die öffentliche Sicherheit und die Rechte Dritter gegen Mißbrauch der Presse, wie der Ausübung des ge⸗ währleisteten Vereins⸗ und Versammlungsrechts wahren. Bei der Gewähr der Verfassung ist der Reichsregierung ebenfalls statt des suspensiven ein absolukes Veto zugetheilt, und es sollen im Falle des Kriegs oder Aufruhrs nicht nur die Bestimmungen über Ver⸗ haftung, Haussuchung und Versammlungsrecht, sondern auch jene über den Gerichtsstand und die Presse zeitweise außer Kraft gesetzt, auch die getroffenen Anordnungen, wenn die Volksvertretung nicht versammelt ist, erst der folgenden Versammlung vorgelegt werden dürfen, ohne daß die Berufung eines außerordentlichen Reichs⸗ oder Landtags sofort stattfinden muß. 18

Vergleicht man die Aufstellung vom 28. Mai mit dem Ent⸗ wurfe der Reichsverfassung, wie ihn der Ausschuß nach der ersten Lesung zusammengestellt hatte und wie er als der unverfälschte

Ausdruck der Mehrheit der National⸗Versammlung anzusehen ist, so wird die Verschiedenheit noch bedeutend geringer; namentlich enthielt dieser Entwurf das absolute Veto und an der Stelle des Fürsten⸗Kollegiums einen von den Staaten zu besetzenden Reichs⸗ rath. Anders freilich verhält es sich mit dem Wahlgesetze, welches auf wesentlich andere Grundlagen wie das Reichswahlgesetz gebaut ist und auf welches wir zurückkommen werden. 68

Mag man nun die Abänderungen, welche der Entwurf vom 28. Mai nebst dem Wahlgesetze an der Reichsverfassung und dem Reichswahlgesetze vorgenommen, billigen oder nicht, so war doch da⸗ mals schon dem unbefangenen Freunde des Vaterlandes einleuchtend, und viele Bedenken dagegen sind seither noch geschwunden, daß das Bündniß vom 26. Mai, sammt dem Verfassungsentwurfe, der erst durch die freie Zustimmung der Volksvertretung einen rechts⸗ gültigen Abschluß erlangen wird, nicht von der Hand ge⸗ wiesen werden durfte. Das Bündniß gewährte Schutz und Hülfe der damals überall bedrohten, in Baden wie in einem Theil von Bayern leider umgeworfenen Staatsordnung; der Entwurf bot der Nation eine Form der Einigung, im Wesentlichen übereinstimmend mit jener, welche aus den Berathungen der Nationalversammlung hervorgegangen war; eine Aussicht, die Reichsverfassung unverän⸗ dert durchzuführen, war nicht mehr vorhanden; ein anderer Weg, zur Einigung zu gelangen, nirgends ersichtlich. 8

Ihre Kommission kann Ihnen daher nur vorschlagen, den von der Regierung vollzogenen Beitritt zu dem Bündnisse vom 26. Mai 1849 ausdrücklich gutzuheißen und nachträglich zu genehmigen. Sie spricht dabei ihre Ueberzeugung dahin aus, daß dieser Schritt, ob⸗ gleich ihn traurige Ereignisse mit dem Scheine einer unvermeidlichen Nothwendigkeit umgaben, doch als die Frucht einer richtigen und deutschen Politik unter günstigeren Verhältnissen eben so, nur freu⸗ diger gethan worden wäre.

Dem Vorgange Badens ist allmälig eine Reihe anderer Staa⸗ ten gefolgt. Der in dem Statut des Bündnisses zur Leitung der gemeinsamen Angelegenheiten vorgesehene Verwaltungsrath ist am 18. Juni v. J. in Thätigkeit getreten und von Baden beschickt. Das Schiedsgericht wurde am 2. Juli eingesetzt. Da die Ver⸗ handlungen über den Beitritt Badens uns nicht vorliegen, so wuß⸗ ten wir nicht, ob und welche Schritte die Regierung gethan hat, um die angemessene Betheiligung Badens bei der Besetzung des Schiedsgerichts zu regeln. Doch haben wir vorläufig erfahren, daß das Recht Badens hinsichtlich der Besetzung des Schiedsgerichts an⸗ erkannt und gewahrt ist, und daß in kurzer Frist Gebrauch davon gemacht werden wird. Für die Berathung dieses Berichts behalten wir uns eine nähere Mittheilung vor.

In welcher Weise Hannover und Sachsen sich der Verbind⸗ lichkeit entschlagen haben, zur Erreichung des zweiten, wichtigsten Zweckes der Uebereinkunft vom 26. Mai, zur Herstellung einer Verfassung für Deutschland mitzuwirken, ist allgemein bekannt. In den Verhandlungen des Verwaltungsrathes findet sich für die⸗ ses Verfahren, so wie für den neuerlichst erfolgten völligen Rück⸗ tritt Hannovers die richtige Bezeichnung.

Ihre Kommission will diese Bezeichnung nicht wiederholen, vielmehr ihre Ueberzeugung hier niederlegen, daß zur Ehre deut⸗ scher Regierungen und deutscher Treue ein solches Beispiel nicht nur ohne Nachahmung bleiben, sondern auch in seinen Folgen für die Urheber die Sühne finden werde, welche das verletzte Rechts⸗ gefühl der Nation erheischt.

Der Verwaltungsrath, die preußische Regierung und ihre

Verbündeten haben sich durch die gedachten Vorgänge so wenig, wie durch andere Versuche, das Werk der Einigung zu vereiteln und die Zukunft Deutschlands abermals in Frage zu stellen, in ihrem Gange stören lassen. Die Wahlen zum Parlament sind angeordnet und größtentheils vollzogen; der Tag der Eröffnung ist festgesetzt und naht heran; der Entschluß, mit möglichster Beschleunigung zu sol⸗ chen Beschlüssen zu gelangen, welche die sofortige Bildung der Or⸗ gane des Bundesstaates ermöglichen, bricht sich von allen Seiten Bahn, und wird einen entscheidenden Wendepunkt in der deutschen Geschichte herbeiführen. Und ist die Ver⸗ einigung der dem Bündnisse treu gebliebenen Staaten auch noch nicht der deutsche Bundesstaat, den wir erstreben, so ist er doch ein deutscher Bundesstaat, dem sich die noch abgesondert ver⸗ harrenden und mit anderen Versuchen beschäftigten Staaten auf die Dauer nicht werden entziehen wollen und können. Erst dann, wenn verselbe alle rein deutschen Staaten umfaßt, und sich über ein mög⸗ lichst enges Verhältniß mit Oesterreich vertragen haben wird, können wir das deutsche Verfassungswerk als abgeschlossen be⸗ trachten. 1 In Beziehung auf das Verhaͤltniß zu Oesterreich ist ein Ver⸗ trag unterm 30. September 1849 zwischen Oesterreich und Preußen nach vorher ertheilter Zustimmung der Mehrheit des Verwaltungs⸗ raths abgeschlossen und von der Großherzoglichen Regierung wie von den übrigen deutschen Regierungen genehmigt worden, wonach Oesterreich und Preußen die Ausübung der Central⸗Gewalt für den deutschen Bund im Namen sämmtlicher Bundes⸗Regierungen bis zum 1. Mai 1850 über⸗ nehmen, insofern dieselbe nicht früher an eine definitive Gewalt übergehen kann. Eine Vorlage an die Kammer in Beziehung auf diesen Vertrag ist nicht erfolgt, und die Kommission besindet sich daher nicht in der Lage, denselben zum Gegenstand der Erörterung zu machen.

Wir betrachten die in Folge desselben am 20, Dezember v. in Frankfurt eingesetzte Bundeskommission eben so als das vor⸗ läufige Organ der künftigen Union zwischen Deutschland und Oester⸗ reich, wie wir in dem Verwaltungsrath den Vorläufer der Reichs⸗ regierung erkennen. Wir vertrauen dem gemeinschaftlichen Interesse der betheiligten Mächte die Sorge dafür, daß bei einer etwa nöthigen Ver⸗ längerung das Interim diesen seinen Charakter nicht ändern und seine Zu ständigkeit nicht erweitert werde, von welcher sowohl die Verfa sungsfrage als diejenigen Angelegenheiten ausgeschlossen sind, für welche die Bundesgesetzgebung Einstimmigkeit verlangte. Die ve bündeten Staaten sind bei der Bundes⸗Kommission durch Preußen vertreten und an den Verhandlungen, welche jene berühren, wird der Verwaltungsrath betheiligt. Sollte durch Beschlüsse der Bundes⸗Kommission den Rechten der Stände zu nahe getreten werden, so würde die Kammer sie zu wahren wissen. Eine förn liche Verwahrung darüber auszusprechen, halten wir für uͤberflüssig, so wie jeden Vorbehalt für sden Fall, den der Himmel abwenden wird, daß das Bündniß vom 26. Mai seinen auf die Verfassung gerichteten Zweck verfehlen sollte. In diesem Falle würde wohl die Regierung selbst das Bedürfniß fühlen, sich auf die Vertre⸗ tung des Landes zu stützen, und nur in Uebereinstimmung mit derselben zu handeln. Wir aber werden Ihnen keinen Antrag bringen, welcher ein für Deutschland nicht genug zu beklagendes Unheil als eintretend unterstellen würde,

Was endlich das Wahlgesetz betrifft, welches in riner he⸗ sondern Vorlage mitgetheilt wurde, worüber nach dem Be⸗ schlusse der Abtheilungen zugleich mit der deutschen Frage berichtet werden soll, so kann sich die Kommission kurz fassen.

Die Annahme der Grundsätze, welche in dem Entwurfe des Wahlgesetzes vom 26. Mai aufgestellt sind, wurde von den ve

bündeten Regierungen als unerläßliche Bedingung für die Theil⸗ nahme an dem Bündniß verlangt. Modisicationen, welche das Prinzip nicht änderten, aber durch besondere Verhältnisse bedingt waren, wurden gestattet.

Nach diesem Gesetze ist überall gewählt, auch in Baden sind die Wahlmännerwahlen bereits vorgenommen und die Abgeordne⸗ tenwahlen anberaumt worden. Außerdem gilt dasselbe nur für diese eine Wahl, indem das Parlament nur zur Berathung der Verfassung berufen ist. Entweder kommt mit der Verfassung auch ein Wahlgesetz zu Stande, und alsdann bedarf es der Zustimmung der Kammern nicht. Oder es findet eine Vereinbarung über das Wahlgesetz nicht statt, und dann bleibt es für den Fall einer nochma⸗ ligen Anwendung des gegenwärtigen der Kammer überlassen, vasselbe zur Berathung und Zustimmung zu reklamiren. Wir wären da⸗ her nur dann, wenn wir eine Abänderung einzelner Bestimmungen beantragen könnten und wollten, veranlaßt, auf eine Prüfung des provisorischen Wahlgesetzes jetzt einzugehen. Da aber eine solche Abänderung das der Vollendung nahe Wahlgeschäft ungültig ma⸗ chen, die Beschickung des Parlaments jedenfalls verspäten, nach Umständen die Theilnahme daran unmöglich machen würde, so schla⸗ gen wir Ihnen vor, das provisorische Wahlgesetz, so wie es liegt, ohne Berathung im Einzelnen, nachträglich zu genehmigen.

Der Antrag Ihrer Kommission geht sonach dahin: die Kam⸗ mer wolle

1) den Beitritt der Großherzoglichen Regierung zu dem Bünd⸗

nisse vom 26. Mai 1849 unter ausdrucklicher Gutheißung ih⸗ rer desfallsigen Schritte, und 1

2) das provisorische Gesetz vom 7. Dezember 1819 über die Wah⸗

len der Abgeordneten zum Volkshause für die erste Wahl Rach

Erfurt nachträglich genehmigen.

Die deutsche Nation muß die Einheit haben um jeden Preis; denn wenn die Einheit ihr nicht zu Theil wird, muß sie unterge⸗ hen. Ohne eine starke Reichsgewalt für die Leitung der auswär⸗ tigen Politik im deutschen Geiste und Interesse und der gemeinsa⸗ men inneren Angelegenheiten, ohne eine solche Gewalt, umgeben von einer Nationalvertretung als dem Hort der Freiheit und der Stütze einer nationalen Regierung, ohne diese Bürgschaften darf kein deut⸗ scher Staat, er sei groß oder klein, auf ein langes und gesundes Leben hoffen. Darum sind auch die Opfer, welche der Einzelne an liebgewordenen Gewohnheiten, an Vorurtheilen, auch an falschem Schein dem Ganzen zu bringen hat, nicht zu scheuen.

Der Bundestag selbst hat die Nothwendigkeit der Umgestal⸗ tung der Verfassung für Deutschland auf wahrhaft zeitgemäßer und nationaler Grundlage erkannt und die einleitenden Schritte gethan. Zwei Jahre sind seitdem verflossen, und ihr Juhalt mag uns leh⸗ beth daß es gut ist, mit denen zu halten, welche der Einigung, die Alle verheißen hatten, auch jetzt noch ernstlich nachstreben, und einem, wenn nicht vollständigen, doch bedeutenden und werthvollen Resultate nahe stehen. Wir werden insbesondere für die Verbesse⸗ rung der Lage des heimatlichen Landes erst dann einen festen Bo⸗ den und sichere Anhaltspunkte gewinnen, wenn der deutsche Bun⸗ desstaat als vollendete Thatsache dasteht. Dahin zu wirken, so viel un uns ist, liegt uns als Deutschen wie als Badnern ob, und Ihre Kommisston ist sicher, vaß das gleiche Gefühl in diesem Saale und in dem ganzen Lande lebt.

(Fortsetzung folgt.)

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 15. März. Mecklb. Ztg.) Das Ministerium hat der Abgeordneten⸗Kammer nachstehende Vorlage gemacht: „Zu den Gegenständen, deren Erle⸗ digung auf gesetzlichem Wege besonders dringend ist, gehört die Verfügung wegen Aushebung der Mannschaft zum Militair. Die Verfasung erheischt nach §. 177 besondere Gesetze, „welche die nä⸗ heren Bestimmungen über den Eintritt in den Kriegsdienst, die Dauer desselben und die Entlassung, so wie über etwanige Ent⸗ freiungsgründe enthalten. Wir haben diese in ihrem ganzen Um⸗ fange nicht vorlegen können, weil es noch an der Grundlage dem definitiven Reichswehrgesetze, fehlt. Erst wenn die Verpflich⸗ tungen gegen das gemeinsame Vaterland feststehen, wenn die Art und Weise, wie diese Verpflichtungen zu leisten, angegeben sind, kann ein vollständiger Organisationsplan für die bewaffnete Macht des Einzelstaats aufgestellt werden, und erst dann lassen sich die zuvor angedeuteren Bestimmungen treffen. Wir haben aus diesen Gründen nur eine Aushebungs⸗Verordnung vorzulegen, die sich in wesentlichen Bestimmungen an die des letztverflossenen Jahres an⸗ schließt. In zwei Punklen haben wir indessen eine Aenderung noth wen⸗ dig befunden. Einmal ist nach dem Beispiel der deutschen Länder, welche die allgemeine Wehrpflicht schon vorlängst bei sich eingeführt haben, die Zulassung einjähriger Freiwilliger gestattet. Es involvirt dies kei⸗ vesweges eine Befreiung von der Pflicht selbst. Diese bleibt in ihrer ganzen Dauer bestehen. Es gewährt nur den im Gesetz näher be zeichneten jungen Leuten, die durch ihre Vorbildung zu der An⸗ nahme berechtigen, daß sie den Militairdienst leichter lernen, bei ge⸗ hörig nachgewiesener Befähigung die Berechtigung, nach einem Jahre von den gewöhnlichen Uebungen dispensirt zu bleiben. Es geschieht dies jedoch nur unter der Voraussetzung, daß sie dem Staake durch Uebernahme eigener Equipirung und Unterhaltung wiederum eine nicht unerhebliche Last abnehmen. Sodann fand bisher die Prü⸗ fung der auszuhebenden Mannschaft unter der Oberleitung der Distrikts⸗Behörden wesentlich nur von den Aerzten statt. Es erschien durchaus nicht gerechtfertigt, daß hier nicht auch diejenige Verwal⸗ tungsstelle, welche den schweren Beruf der Ausbildung hat, die Mi⸗ litairbehörde, wesentlichen Theil an der Entscheidung über die Auf⸗ nahme habe. Es ist deshalb im §. 8 dies gewahrt. Das Mini⸗ sterium macht noch darauf aufmerksam, daß, wenn die Aushebung (wie doch gewiß wünschenswerth ist) zur gewöhnlichen Zeit statt⸗ haben solle, dann der baldige Erlaß des Gesetzes im hohen Grade nothwendig erscheint. Schwerin, am 28. Februar 1850. Großherzogl. mecklenb. Gesammt⸗Ministerium.

Braunschweig. Braunschweig, 16. März. (D. R. Z.) Vor dem Schlusse der heutigen Sitzung der Abgeordneten⸗Versamm⸗ lung wurde vom Präsidenten ein Regierungs⸗Schreiben mitgetheilt, worin mit Rücksicht auf die bisherige lange Dauer des Landtags, die Beschäftigung des Ministeriums mit der Einführung der Or⸗ ganisationen und dem erfurter Reichstag eine über 3 Monat hin⸗ ausgehende Vertagung bis zum 1. Dezember für nothwendig gehal⸗ en und außerdem die Beauftragung des Ausschusses mit der Ver⸗ theilung der inzwischen zu machenden Vorlagen an die Kommissionen beantragt wird. Die Berathung dieser Propositionen, so wie eines denselben Gegenstand betreffenden Antrages von Trieps, wird für die Tagesordnung der Nachmittagssitzung bestimmt.

Anhalt⸗Deßau. Deßau, 15. März. (D. A. Z.) In der heutigen Sitzung des Vereinigten Landtags wurde nach kurzer Debatte zur Abstimmung über die ministeriellen Verfassungs⸗Ver⸗ inderungsanträge geschritten und statt der §§. 4 und 5 der Ver⸗

fassung folgender Paragraph zum Beschluß erhoben: „Die Regie⸗

rungsform beruht auf dem Grundsatze der verfassungsmäßigen Theilung der Gewalten zwischen Fürst und Volk.“ und statt der

delsleute als solche bezeichnet, die roth gestimmt haben und daher

§§. 84 und 87 der Verfassung: „Landtagsbeschlüsse, welche auf eine Aenderung der Staatsverfassung hinauslaufen, erfordern zu ihrer Gültigkeit 1) die Stimmen von zwei Drittheilen der Gesammtzahl der Abgeordneten und eine nochmalige Lesung und Beschlußfassung in gleicher Weise nach Verlauf von mindestens 14 Tagen, so wie 2) unter allen Umständen die Sanction des Herzogs“, und endlich wurde der §. 58 des Staatsgrundgesetzes, wonach bei Besetzung der Präsidentenstellen der obersten Justizbehörden die Einwilligung des Landtags erforderlich ist, gestrichen.

Hamburg. Hamburg, 16. März. (H. C.) Bei der heute stattgehabten Wahl der Abgeordneten zum Volkshause des deutschen Parlaments sind Sceretair Dr. Edmund Schwartze

Riesser gewählt worden.

Gesetzgebende Versammlung. Siz⸗ zung vom 16. März. Vorsitzender Bedeau. Dritte Lesung des Unterrichts⸗Gesetzes. Art. 74 bis 78 werden angenommen, ein Amendement Pascal Duprat's zu Art. 79 verworfen und Art. 79 bis 81 ohne Diskussion ebenfalls angenommen. Cremieur's Amendement, das Gesetz solle erst von 1852 an gelten, erregt gro⸗ ßen Sturm. Die vorläufige Frage wird begehrt. Cremieur protestirt dagegen. Der Berichterstatter und der Präsident erklären, daß die vorläufige Frage stets den Vorrang habe. Favre bemerkt, es handele sich nicht um Geschäfts⸗Ordnung, sondern nur um Ehrlichkeit. Der Lärm wird so groß, daß die National⸗Versamm⸗ lung ihre Sitzung auf 10 Minuten aufheben muß. Nach 10 Minuten wird zum Skrutinium der Abtheilungen über die vorläufige Frage geschritten. Cremieux's Antrag wird verworfen. Alle noch ubrigen Artikel wer den angenommen, darunter Art. 83, wonach das Gesetz erst vom 1. September 1850 an in Kraft zu treten hat. Ein Zusatz Lau⸗ rent's, Art. 112 der Constitution solle gewahrt werden, wird verworfen. Der Präsident bringt das Gesammtgesetz zur Abstim⸗ mung. Das Gesetz wird mit 162 Stimmen Majorität angenom⸗ men. Eine Interpellation wegen Chili's ist bedeutungslos. Gram⸗ mont's Antrag auf bessere Behandlung der Thiere, wie mehrere andere, werden zur zweiten Lesung bestimmt. Die Sitzung wird sodann aufgehoben.

Frankreich.

Sitzung vom 16. März. Den Vorsitz sührt Dupin. Die neuen Repräsentanten Flotte, Vidal und Carnot treten in den Saal. Sie wenden sich wegen Sitzplätze an einen Huissier, der verlegen wird. Der Repräsentant Versigny hilft ihnen und dem neuen Departements⸗Deputirten Hennequin im Anfsuchen. Der neue Minister des Innern, Baroche, tritt ein mit einem Portefeuille unter dem Arme und empfängt von der Rechten zahlreiche Glück⸗ wünsche. St. Priest erkundigt sich nach dem Schicksal seines vor zwei Monaten eingebrachten Antrages über Hypothekar⸗Resorm. Er fragt, warum das bezügliche Regierungs⸗Projekt noch nicht vorgelegt sei, worauf der Justiz⸗Minister bemerkt, man habe es dem Staatsrathe erst vorlegen müssen. Vatismenil er⸗ könne über St. Priest's Antrag vor einem onate nicht berichten. In dritter Lesung wird der Präsident durch ein Gesetz zum Abschluß und zur Ratifizirung der Post⸗Con⸗ vention mit der Schweiz ermächtigt. Hierauf folgt die Diskussion über den Antrag des Herrn Ceyras in Bezug auf Theilung in der Erbfolge. Die Kommission ist dagegen, Ceyras vertheidigt ihn. Der Eintritt Dupont's (von Bussac) erregt Aufregung. Auf die Frage Ceyras's, ob man ihn hören wolle, entsteht Lärmen rechts und links, bis der Präsident die Ruhe wiederherstellt. Der Bericht⸗ erstatter Valette bemerkt, daß allerdings in einigen Provinzen der Aelteste gewissermaßen ein Privilegium habe, welches seinen Brü⸗ dern und Schwestern Abbruch thue. Doch werde dadurch die Parzellirung des Bodens hintangehalten. Die Kommission sei daher gegen den Gesetz⸗Entwurf. Paulin Durrien spricht da⸗ S da unter der Republik kein aristokratisches Gesetz Privilegien geben dürfe. Er begreife überhaupt die Gegner nicht. Ob sie Februar⸗Revolution für Spaß hielten, da doch seit 1800 Jahren ein stetiger Fortschritt erxistire. Der Justiz⸗Minister spricht da⸗ gegen, der Antrag wird verworfen. J. Favre verlangt nach einer fruͤheren Bestimmung jetzt die zweite Lesung des Paris⸗Avignoner Eisenbahn⸗Projekts. Minister Bineau will vorher die Stempelung der Handels⸗Effekten diskutirt haben, und der Präsident will das Budget votirt wissen. Auf Berryer's Vorschlag soll Mon⸗ tag das Stempelgesetz diskutirt werden. Gouin bringt den Be⸗ richt über die Budget⸗Einnahmen von 1850 ein. Lasteyrie interpellitt den Justiz-Minister wegen eines Artikels der Assemblée Nationale, welcher eine Anzahl pariser Han⸗

gemieden werden müßten. Dadurch sei das Geheimniß der Abstim⸗ mung verletzt. Lärm rechts, die Linke schreit dagegen. Der Ju⸗ stiz⸗Minister bemerkt, die Regierung verkenne nicht, was man dem Geiste der Versöhnung schuldig sei, ein Geist, von dem der größte Theil der Sieger in den letzten Wahlen keine Ahnung habe. (Furchtbarer Lärm.) „Ich wiederhole es, die Sieger haben ver⸗ brecherische Absichten. Von den Namen, welche die Assemblée Nationale nennt, sind mehrere schon als Präsidenten sozialisti⸗ scher Wahl⸗Comité's bekannt. Die Anderen können das Journal gerichtlich belangen. Hat das Gesetz auch die Verletzung der ge⸗ heimen Abstimmung verboten, so wurde es doch nicht sanctionirt,

Ob sie die

da die Bestimmung eines Strafausmaßes fehlt. Sind diese Han⸗ delsleute in ihren Interessen gekränkt, so mögen sie sich felbst an das Blatt halten. Die Regierung wird nichts in dieser Sache thun.“ In gleichem Sinne sprach sich der nene Mini⸗ ster des Innern, Herr GBaroche, aus. Wenn, sagte derselbe unter Anderem, die Regierung gegen Artikel der Voix du Peuple und der Democratie eingeschritten sei, so habe es sich in diesen Blättern nicht um Angriffe gegen Personen, sondern gegen das Oberhaupt der Regierung gehandelt. (Lange Unterbrechung. Man ruft: Sie sind es, die ihn nennen!) „Wenn“, fährt der Minister fort, „das Stimmgeheimniß, über dessen Ver⸗ letzung man klagt, von denen selbst aufgedeckt worden ist, welche dort genannt werden; wenn diese sich eine Ehre daraus machen, für die Liste der Rothen gestimmt zu haben (lärmende Unterbre⸗ chung und Ruf: Zur Ordnung!) Sie wollen, daß die Regierung in Privathändeln einschreite (Lärm); das ist unmöglich; aber so⸗

bald ein Vergehen gegen die Verfassung, welche Sie allein zu ver⸗ theidigen sisch das Ansehen geben, begangen werden sollte, dann wird die Regierung es verfolgen, von welcher Seite auch die Angriffe kom⸗ men möchten, man wird gleiche Gerechtigkeit gegen Alle üben.“ (Lebhafte Reclamationen und ironisches Gelächter links.) Jules Favre:; „Ich bitte die Versammlung, mir ihre Nachsicht zu gewähren.“ (Lärm.) Der Präsident: „Geschieht die Unterbrechung auf der Rechten?“ Links: „Man pfeift; das ist schändlich.”“ Jules Favre; „Es fragt sich, ob man in einem Journal, in welchem man sich zum ausschließlichen Vertheidiger der Ordnung aufwirft,

Bürger um ihrer Meinung willen als Ziel der Rache einer Partei

.“

und des Ruins bezeichn 1 1 einfache Frage an die Versam (Beifag vuts.) Ich wil eine Z“ 1e Sind nicht Repräsentanten, 8 9 hten thei im? . des Seeeh Wuth nebe1 d geuf angegriffen worden inks: „Allerdi 8 12 les Favre: „Man stellt das üligerrines channn 86 5n. 8 618 b 7 2 6 und Sie sollten gleichgültig bleiben? Aus was find I denn hervorgegangen? (Lebhafter Beifall links.) 1e die Liste der Wahl⸗Union gesiegt hätte, würde man nur Lob 8 hebungen für die Wähler gehabt haben. Die Wähler dn n nach ihrem Gewissen gestimmt; es ist ein den Hoffnungen des Eo⸗ mité's der Wahl⸗Union entgegengesetztes Ergebniß erfolgt und darum sollte man das Recht haben, die Wähler zu schmähen ein Versöhnungs⸗Votum als ein Votum des Hasses darzustellen. Aus den Lehren des Herrn Justiz⸗Ministers würde folgen, daß man morgen in der entgegengesetzten Partei dieselben Mittel anwenden könnte, und daß die Justiz sich nicht darum zu kümmern brauchte. Wenn nun ein solcher Krieg zulässig sein soll, glauben Sie, daß dann nicht die Bürger zum Haß gegen einander aufgereizt würden?“ (Beifall links. Reclamation rechts.) Der Redner kommt auf die Bedeu⸗ tung des Votums vom 10. März zurück und behauptet, das Land habe dadurch die Politik des Ministeriums verurtheilt. (Lärm rechts.) „Sie erheben sich,“ fährt der Redner fort, „gegen den Aus⸗ Druck des Willens der Majorität; vergessen Sie denn, daß man vor kurzem, in Erwartung gewisser Voten, zu der Versammlung, welche Ihnen vorausging, sagte: Ihr seid nur noch ein Schatten?“ Der Redner schließt mit der Zuversicht, daß trotz alles Widerstan⸗ des und Zorns die Demokratie zuletzt doch siegen werde. Eine Stimm e: „Welche?“ Eine andere: „Die friedliche Demo⸗ kratie.“ Eine dritte: „Also das nennt man Versöhnung!“ Jules Favre: „Ich darf sagen, daß wir unsererseits die Ver⸗ besserungen nur auf dem friedlichen und regelmäßigen Wege unse⸗ rer Institutionen erstreben, und ich wiederhole, daß jeder andere Gedanke ein verbrecherischer und destruktiver wäre.“ (Bewegung. Links: Sehr gut!) Zahlreiche Stimmen rechts: Tagesord⸗ nung! Segur d'Aguesseau will das Wort nehmen, man wie⸗ derholt den Ruf nach Tagesordnung, links ruft man: Sprechen Sie! Der Abgeordnete spricht einige Worte, die aber in dem all⸗ gemeinen Lärm nicht zu verstehen sind. Die einfache Tagesord⸗ nung wird unter großer Aufregung angenommen und die Sitzung nach 6 Uhr aufgehoben.

Paris, 15. März. Vom Staatsrathe ist so eben ein für die Gesetzgebung über Kolonialzucker wichtiger Entwurf an die Re⸗ gierung gelangt. In successiven Reductionen, nämlich jedes Jahr um 5 Franken, soll der gegenwärtige Einfuhrzoll von 100 Kilo⸗ gramm Kolonialzucker von 45 Franken allmälig auf 25 herabgesetzt werden. Auch dem Zolle auf Kaffee, Kakao und fremden Zucker steht eine Ermäßigung bevor.

Herr Thiers begab sich gestern in das Büreau des Herrn von Lamartine und dankte ihm für ein wohlwollendes Wort, welches das letzte Hest des Conseiller du Peuple über ihn enthielt. Seit der Februar⸗Revolution hatten Thiers und Lamartine nicht zu⸗ sammen gesprochen.

Nach dem Moniteur du Soir sind sehr viele Präfekten telegraphisch nach Paris berufen worden, einige schon angelangt.

Die Gräfin Rossi und Herr Thalberg kehren übermorgen nach London zurück.

Der Baarvorrath der Bank beträgt 477 Millionen, Billets im Umlauf 466 Millionen. Im Portefeuille und der laufenden Rechnung des Schatzes ist keine Aenderung eingetreten. Die Börse hat sich erholt. Sie beschäftigt sich nicht mehr viel mit den Wahlen. G

Paris, 16. März. Der Moniteur enthält heute folgen⸗ des Dekret: „Im Namen des französischen Volkes! Der Präsi⸗ dent der Republik dekretirt: Herr Baroche, Vice⸗Präsident der National⸗Versammlung, General⸗Prokurator beim Appellations⸗ hofe von Paris, wird zum Minister des Innern ernannt, zum Er⸗

satze des Herrn Ferdinand Baärrot, dessen Demission angenommen 45. März 41850. L. N.

im Nationale,

Bonaparte.“ ußerdem liest man im Moni : b Ferdi⸗ nand Barrot, Volks⸗Repräsentant, wird als 1 sandter und bevollmächtigter Minister der Republik in zeitweiliger Mission zu Sr. Majestät dem Könige von Sardinien vund war anstatt des Repräsentanten L. Murat, abgesendet 84 Non behauptet, daß es nicht an den Führern der 8 und am Präsidenten gelegen habe, wenn die Veränderung nicht bezeichnender geworden ist.

erklärte vorgestern in der Berathung beim Präsidenten, der Au en⸗ blick sei gekommen, zur Rettung der Gesellschaft alle Kräfle zu 88 einigen. Dazu gehöre ein Ministerium Molé⸗ Thiers⸗Berryer Molé wollte annehmen, doch nur mit den beiden Anderen Thiers sprach zuerst lange von seinen Familienverhältnissen und seiner ge⸗ schwächten Gesundheit, nahm aber endlich doch an, nur Berryer weigerte sich. Sein Eintritt werfe der Republik den Fehdehand⸗ schuh hin und bedeute Bürgerkrieg, was er aber nicht verantwor⸗ ten könne. Diese Ansicht unterstützten Broglie und St. Priest leb⸗ haft gegen Montalembert. Man schlug dem Prästdenten dann vor ein anderes Kabinet zu bilden, was er aber, da er es nicht aus den Führern der Majorität bilden konnte, für jetzt zurückwies. Er verstand sich nur zur Entlassung Ferd. Barrot's.

Die französische Flotte wird, dem Constitutionnel zufolge in 14 bis 21 Tagen zu Toulon erwartet. Sie hat sich von Malta nach Neapel begeben, um den Papst nach Civitavecchia zu gelei⸗ ten. Die in der Tiber angelangten zwei Dampfschiffe haben gleiche Bestimmung. Die Fregatte „Pomona“ dagegen ist in Toulon an⸗ gelangt.

Mehrere Journale haben gestern Morgens eine Warnung an die Arbeiter erlassen, welche von Figuet, Croce⸗Spinelli und . ton als Präsidenten und Secretairen des Vereins der Fabrikanten Kaufleute, Eigenthümer u. s. w. unterzeichnet war. In demselben war von einer dem Volke gelegten Falle die Rede. Der Staats⸗ anwalt hat gegen die genannten drei Unterzeichner eine gerichtliche Untersüuchung eingeleitet, wegen Aufreizung zum Haß und zur Verachtung gegen die Regierung der Republik. Die Voix du Peuple und nach ihr die Démocratie pacifique brachten einen Artikel, daß bedeutende Sum⸗ men von einem reichen israelitischen Banquier, der eine hohe Stelle in der Verwaltung und bedeutenden Einfluß in der Regierung besitze, in Erwartung eines Wahlsieges der Wahl⸗Union angelegt seien; zugleich sollten, wie man sage, damit die Interes⸗ sen einer hohen Person in Mitleidenschaft stehen. In diesem Artikel findet der Staats⸗Anwalt: 1) Beleidigung der Person des Präsi⸗ denten; 2) Aufreizung zum Hasse und zur Verachtung gegen die Regierung der Republik; und er hat gerichtliche Verfolgung ein⸗ geleitet. 8

Der Kriegsminister hat, dem Moniteur de l'Armée zu⸗ folge, eine Kommission niedergesetzt, welche die organischen Gesetze der Armee zu untersuchen hat, und den General Oudinot zum Prä⸗ sidenten ernannt.