1850 / 117 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Departement der Justiz. Berichterstatter Seefried, Korreferent Neidlein. Zuerst ergreift der Vorstand der Finanz⸗Kommission, Stockmaier, das Wort. Er bemerkt: Die Finanz⸗Kommission wird der Versammlung auch einen allgemeinen Bericht über die Finanz⸗Verhältnisse erstatten, dieses aber jetzt schon zu thun, war nicht möglich, weil dieser Bericht sich auch noch über einige Vorla⸗ gen zu verbreiten hat, welche die Regierung noch nicht eingebracht hat. Eine wesentliche Frage ist aber die, ob die Versammlung einen dreijäh⸗ rigen oder einen zweijährigen Etat festsetzen will, und ich stelle die Frage, ob die Versammlung nicht wünsche, daß die Kommission mit letzter sich beschäftige. Pfeifer: Ich wollte diesen Antrag W“ bringen. Ganz abgesehen von allen politischen Fragen, muß Jeder die Ueberzeugung haben, daß wir, wenn der Staat auch gar keine außerordentlichen Ausgaben zu tragen 88— in nächster 9 g mathematischer Gewißheit dem Finanz⸗Bankerott Deshalb sind Reformen durchaus nothwendig. Das Ministerium hat einen dreijährigen Etat vorgelegt, und es scheint nicht, FeS Regierung geneigt ist, auf umfassende Reformen einzugehen. Wir müssen aber der Krone die wahre Sachlage vorstellen, ich unter- stütze daher den Antrag Stockmaier's. P robst unterstützt diesen Antrag ebenfalls. Wir sind, sagt er, zu einer Organisation noth⸗ gedrungen, wir müssen das Gerichtsverfahren öffentlich und münd lich machen, den Anklageprozeß einführen u. s. w. Man wird sagen, daß man alles dies ausführen könne, ohne eine neue Ge⸗ staltung vorzunehmen, dann aber kann das Prinzip nie zur Aus⸗ führung kommen, wie es soll, und es häufen sich nur Kosten auf Kosten, ohne daß man ein Ganzes erhält. Deshalb halte ich es

für nothwendig, daß man den Etat nur auf das nächste Jahr festsetze. ““ Finanz⸗Minister von Herdegen: Das Finanz⸗Ministerium st allerdings noch mit einigen Gesetz⸗Entwürfen zurück, wie Abg. iStockmaier sagte, dieselben sind aber inzwischen theilweise bereits im Geheimerath berathen, und sie werden wohl in den nächsten acht Tagen der Versammlung vorgelegt werden können. Wenn ein an⸗ derer Redner den Finanz⸗Etat trostlos nannte, so kann ich aller⸗ dings nicht widersprechen. Bei gehöriger Sparsamkeit läßt sich aber nach einigen Jahren, wie ich denke, das Gleichgewicht wiederher⸗ stellen. In der kurzen Zeit, in welcher das Ministerium im Amte ist, konnte nicht mehr geschehen. Wenn verlangt wird, keinen drei⸗ jährigen Etat zu bewilligen, so kann ich nicht damit übereinstimmen. Es ist ja schon fast ein Jahr des Etats abgelaufen, und man würde nach diesem Antrage nie aus der Unordnung heraus⸗ kommen. Die Verfassungs⸗Urkunde verlangt, daß der Finanz⸗Etat in der Regel auf drei Jahre festgesetzt werde; um eine Abweichung von der Verfassung zu begründen, müßte die Regierung vorher ge⸗ hört werden, und diese würde nicht so leicht darauf eingehen. Staatsrath von Hänlein: Der jetzige Etat ist allerdings noch auf die dermalen bestehende Gesetzgebung basirt. Die Regierung wird sich aber gewiß ernstlich angelegen sein lassen, auch in Bezie⸗ hung auf die Rechtspflege den Forderungen der Zeit Rechnung zu tragen; sie wird sich namentlich auch mit einer neuen Gerichts⸗ Organisation beschäftigen. Allein die Vorarbeiten zu durchgreifen⸗

den Reformen erfordern viele Zeit, und wenn auch nach Feststellung des Verfassungswerks eine neue Gerichts⸗Organisation zu Stande gebracht werden sollte, so könnte ihre Einführung auf den jetzigen Etat doch noch nicht wohl einen Einfluß ausüben.

Römer: Ich bin der Ansicht, daß wir uns für jetzt darauf beschränken sollten, die Rechnungs⸗Ergebnisse der letzten Etatsperiode zu prüfen und etwa die Steuern noch bis zum letzten Juni d. J. zu bewilligen. Ich muß mich aber ganz entschieden dagegen aus⸗ sprechen, daß wir einen Etat auf weitere 2 Jahre berathen und verwilligen. Bevor wir⸗einen Etat berathen, muß uns die Regie rung Verfassungsvorlagen machen. Es wird sich dann zeigen, ob sie uns (um mich des schon so oft angefochtenen und mißbrauchten Ausdrucks zu bedienen), ob sie uns konveniren. (Große Heiter keit.) Konveniren uns die Vorlagen nicht, so ist die Steuerverwei⸗ gerung eine nothwendige Folge. Ich bin also dafür, daß eine Kommission die Frage begutachte, ob ein einjähriger oder ein zwei⸗ jähriger Etat berathen werden soll.

Präsident Schoder: Ich habe den Bericht über den Etat des Justiz⸗Departements auf die Tages⸗Ordnung gesetzt, weil kein an⸗ derer Stoff zur Berathung vorhanden war. A. Seeger wäͤre für die Berathung des Etats, da dies nur eine vorberathende Arbeit sei, ist aber darum doch nicht gegen den Antrag Stockmaier's. Er schließt seine Rede mit den Worten: Allerdings gebe es einen Staats⸗Bankerott, wenn man auf der bisher betretenen Bahn fort⸗ schreite und überall die alten, das Volk und dessen Entwickelung

hemmenden Institutionen beibehalte, denn damit werde jeder neue Etat nur immer höher gebracht, als seine Vorgänger. Schweick⸗ hardt: In der Finanz⸗Kommission herrschte die größte Einstimmig keit über die Frage, daß man nicht einen dreijährigen Etat festsetzen solle, sondern nur einen Etat bis auf den 1. Juli 1851. Es ist mir nicht wohl erklärlich, wie über diese Frage nur ein Zwiespalt zwischen dieser Versammlung und dem Finanz⸗Ministerium stattfinden kann. Wenn so fortgewirthschaftet wird, wie bisher, so gehen wir nicht allein einem finanziellen, sondern auch einem national⸗ökonomischen und Geschäftsbankerott entgegen. Seefried rechtfertigt das Verfahren der Finanz⸗Kommission beim Etat des Justizdepartements: sie habe sich an die bestehenden Einrichtungen angeschlossen und habe bis jetzt noch nicht organisatorisch zu Werke gehen können. See ger von Ulm: Wenn wir fortfahren, zu berathen und zu bewilligen, so kommen wir aus der Unordnung, aus dem Flicken, aus der Scheinreform nicht hinaus. Es sind gründliche Reformen nöthig; Finanz⸗Berathungen führen zu nichts. Das Wenigste, was wir thun können, ist, daß wir die Kommission veranlassen, zu begut achten, ob wir einen ein⸗ oder einen zweijährigen Etat festsezen wollen. Ueberhaupt hüten wir uns, aus unserer Versammlung einen erfurter Reichstag zu machen! mer, von dem Präsidenten aufgefordert, einen Antrag in dem von ihm ausgesprochenen Sinn zu übergeben, wiederholt, daß nach sei ner Ansicht blos das Vergangene geprüft, die neue Bewilligung aber auf die Vorlagen der Regierung ausgesetzt werden soll; je nachdem diese ausfallen, werde eine Steuerverweigerung stattfinden und so das Drama um so eher zur Entwickelung kommen. Mohl: Diese Versammlung ist sich und dem Lande schuldig, zu zeigen, daß sie bis zum letzten Augenblicke ihres Bestehens, der vielleicht nicht sehr fern ist, in ihrem Rechte war. Sie muß also das thun, Faaunchr 81 Wenn die Regierung ihre Vorlagen über die Ver⸗ sie 8--S etälen dne qagt haben wird, so müssen dieselben, mögen Versammlung ve an Pnd ich wänsche, daß sie so lauten, daß die zerst wieden Prüfung wenigstens wird eingehen können, Zen hingehen, une ee ge ehen werden; damit wird einige soll, so ist es zit 89 wenn die Versammlung nicht vertagt werden

Br. ees ihre Pflicht, sich mit dem zu beschäftigen, was zu⸗

nächst vorliegt. Dies ist d 8 6 9 8 ben wird durcha st das Budget. Mit der Berathung dessel us nichts präjuvizirt, sondern die Versammlun thut nur das, was ihr verfassungsmäbt. ) g rverfassungsmäßig obliegt, bis zu dem Augen⸗ blicke, wo es sich zeigt, ob auch der andere Theil seiner Pflich nachkommt. Da kein weiterer Redner 1e-T, 2. i 85 18 der Präsident die Frage zur Abstimmung: Soll nach dem ea,

Stockmaier's die Finanz⸗Kommission die Frage begutachten, ob ein drei- oder nur ein zweijähriger oder nur ein einjähriger Etat aufgestellt werden soll? Diese Frage wird mit überwiegender Majorität bejaht.

Baden. Karlsruhe, 26. April. (Karlsr. Ztg.) Se. Hoheit der regierende Herzog Ernst von Sachsen⸗Koburg⸗ Gotha und Ihre Großherzogliche Hoheit die Frau Herzogin haben heute Vormittag die Rückreise nach Gotha angetreten.

Oldenburg. Oldenburg, 26. April. (Wes. Ztg.) Dem Landtage ist folgendes Schreiben des Staats⸗Ministeriums in Be⸗ zug auf die deutsche Frage zugegangen:

„Auf die Beschlußfassung des allgemeinen Landtags vom 22sten d. M. in Betreff des berliner Bündnisses beehrt sich das Staatsministerium Fol⸗ gendes zu erwiedern.

„Wie die Staatsregierung in ihrem Schreiben vom 25sten v. M. sich zur gegenseitigen Verständigung und Herbeiführung eines guten Einverneh⸗ mens mit der Ansicht des allgemeinen Landtags einverstanden erklärte, konnte und mußte sie die Erwägungsgründe, in Folge deren der allgemeine Landtag am 22sten seinen Beschluß gefaßt hatte, in wesentliche Beruͤcksichti⸗ ung ziehen, indem ohne dieselben der eigentliche Sinn und Absicht des Be⸗ fbnanes für beide Theile eben so unklar als der Beschluß selbst nnannehm⸗ bar erscheinen mußte. Die Staatsregierung hat daher auch in ihrer Er⸗ klärung ausdrücklich auf die Gründe hingewiesen, welche den allgemeinen Landtag zu seiner Beschlußnahme hingeleitet haben.

„Hiernach lag es aber nicht in der Absicht, weder einerseits die Staats⸗ Regierung dem von ihr eingegangenen Bündnisse zu entfremden oder die⸗ selbe an der ferneren Betheiligung zu behindern, noch andererseits die Stel⸗ lung des allgemeinen Landtags zu der Anschlußfrage rechtlich zu alteriren. Durch die beiderseitigen Konzessionen sollte nur ein „Ausweg“ ermittelt werden, der es möglich macht, auf die Frage überhaupt einstweilen nicht tiefer einzugehen.“ 8

„Als wesentliches Ziel galt, wie dies aus jenen Erwägungsgründen deutlich und mehrfach hervorgeht, Oldenburg bei seiner eigenthümlichen Lage, so lange Hannover nicht wieder beigetreten ist, gegen alle nachtheiligen Folgen des Bündnisses zu sichern, und die Staats⸗Regierung hat diesen Zweck ebenfalls ausdrücklich in ihrer Erklärung hervorgehoben. 8

„In diesem Sinne hat sich die Staats⸗Regierung mit der Ansicht des allgemeinen Landtags einverstanden, auch danach ihr Verfahren bemessen zu wollen, erklärt. .

„Die Lage des Bündnißwerkes ist nun aber zur Zeit noch so wenig festgestellt, namentlich die Art der eigentlichen Ausführung noch so unbe- stimmt, daß bis hierzu noch keine Veranlassung vorgelegen hat, nach Maß⸗ gabe der verständigten Ansicht besondere Schritte zu thun, es sei denn, daß der Staats⸗Regierung zugemuthet würde, ganz allgemein vom Bündnisse sich loszusagen, was sie nicht kann. 11.“

„Die Staatsregierung hat aber ihren Bevollmächtigten wörtlich so in⸗ struirt, wie bereits dem allgemeinen Landtage mitgetheilt worden ist, und danach hat auch der Bevollmächtigte am ten d. M. sofort in der ersten Sitzung nach seiner Rückkunst im Verwaltungsrathe seine Erklärung abge⸗ geben. Durch die Fassung jener Instruction glaubt die Staatsregierung gerade spezifisch genau die Sachlage bezeichnet zu haben, um nämlich einer⸗ seits nicht den Irrthum auffommen zu lassen, als sei eine rechtliche Loslö⸗ sung beabsichtigt, und um andererseits im Verwaltungsrathe sofort zu er⸗ kennen zu geben, daß die Staatsregierung sich nichtsdestoweniger, so lange Hannover nicht wieder beigetreten, bei Beschlüssen und Verfüͤgungen des Verwaltungsraths und der Unionsgewalten, welche einen Konflikt mit dem allgemeinen Landtag herbeiführen könnten, vorbehalte, Anträge auf Aufhe⸗ bung oder Aufschub einzubringen. Damit hat sie weder sich, noch dem all⸗ gemeinen Landtag präjudizirt, vielmehr in beiderseitigem Sinne Oldenburgs Stellung gewahrt, 1

„Von Seiten des Verwaltungsrathes ist eine Einsprache oder Erwiederung nicht erfolgt, weitere Verhandlungen haben nicht stattgefunden, wie denn auch überhaupt keine Korrespondenz vorzulegen wäre, die den durch die Er⸗ wiederung vom 25ten v. M. eingenommenen Standpunkt veränderte oder

modifizirte.

Nach dem Bisherigen muß nun aber die Staatsregierung die Behaup⸗ tung in dem Ausschußberichte, als habe die Staatsregierung nicht der Ueber⸗ einkunft gemäß gehandelt, entschieden zurückweisen, auch kann sie nicht die Anträge eingehen, die ihr die Art und Weise, wie sie zu verfahren habe, vorzeichnen oder wonach die Vorlage von Briefschaften über eine noch schwe⸗ bende Frage verlangt wird. 8

„Die Staats-⸗Regierung hat bei der getroffenen Uebereinkunft den drin⸗ genden Wunsch gehabt, ein Friedenswerk stiften zu helsen, und sie wird ih⸗ rerseits dasselbe aufrecht erhalten.

„Das Staats⸗Ministerium ersucht daher den allgemeinen Landtag, nach dieser Erwiederung von den gestellten Anträgen abzusehen und auch seinerseits die Sache noch ferner auf sich beruhen zu lassen. Wäre dies aber nicht die Meinung, so könnte das Staats⸗Ministerium dem allgemei⸗

nen Landtage nur anheimgeben, die ganze Angelegenheit auf den Stand zurück zu ziehen, in welchem sie am 25. v. M. verlassen wurde.

„Oldenburg, 25. April 1850. Staats⸗Ministerium, von Buttel.“

Ausland. Oesterreich.

Verona, 20. April. Das Foglio di Ve⸗ rona enthält in seinem amtlichen Theile folgende Bekanntmachung; „Um den Bewohnern des lombardisch⸗venetianischen Königreichs jede Erleichterung zu gewähren, die sich mit den außerordentlichen, zur Wiederherstellung des Friedens im Innern und nach Außen nothwendigen Anstrengungen verträgt, sind ausschließlich im In⸗ teresse des genannten Königreichs Schatzscheine (Viglietti del Tesoro) verausgabt war. Man haͤtte glauben sollen, daß diese Schatz⸗ scheine in Anbetracht des mit ihrer Verausgabung verbundenen Zweckes im Handel sich allgemeinen Kredites hätten erfreuen dürfen. Der Erfolg hat jedoch dieser Erwartung nicht entspro⸗ chen. Zum Nachtheil des öffentlichen Verkehrs und aller Bewoh⸗ ner des Königreichs, welche gezwungen sind, Zahlungen ganz oder theilweise in Schatzscheinen anzunehmen, wurde dieses Papier unter seinen Nominalwerth herabgedrückt. Im Königreiche wurde allge⸗ mein der Wunsch ausgesprochen, daß der Umlauf der klingenden Münze von neuem eingefuͤhrt und die Schatzscheine aus der Cir culation wieder zurückgezogen werden möchten. Se. Majestät haben in Ihrer unablässigen Sorge für das Wohl des Reiches diesen Wunsch in reifliche Ueberlegung zu ziehen und die Ausführung der geeigne⸗ ten Maßregeln zu dessen Befriedigung anzuordnen geruht. Als das in dieser Hinsicht zweckdienlichste Mittel geruhten Se. Majestät die Umwandlung dieser schwebenden in eine fundirte Schuld des lombardisch⸗ venetianischen Königreichs mittelst der Aufnahme eines Anleihens zu billigen. Der Betrag dieser Anleihe kann nicht auf jenen der Schatzscheine, nämlich auf 70 Millionen Lire, begränzt bleiben, da durch die Herabdrückung des Courses dieser Schatzscheine einerseits die Einkünfte des Staates vermindert sind, zu denen diese Scheine ihrem Nominalwerthe nach fließen, und andererseits die Ausgaben vermehrt sind, die theilweise mit diesen Scheinen gedeckt werden müssen. Aus diesen Gründen muß der Betrag der Anleihe nothwendig jenen der Schatzscheine überschreiten. Hierzu kommt noch, daß die venetianische „Carta comunale“ ebenfalls gegen Schatzscheine aus der Circulation gezogen werden mußte. Schließlich wird dieses Anleihen auch zur Deckung der Kosten für die Wiederaufnahme und die Vollendung der lombardisch⸗venetianischen Eisenbahnbauten dienen müssen. Aus diesem Grunde ist der Betrag dieses Anlehens auf die Summe von 120 Millionen Lire festgesetzt worden. In Beziehung auf die Art der Verwirklichung dieser Anleihe hat die Regierung, um den Wün⸗ schen des Landes nachzukommen, beschlossen, die Ausführung der be⸗ treffenden Verfügungen in die Hände jener zu legen, welche diese

nothwendig.

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Wünsche unterstützt haben, und zu deren Gunsten die Vortheile der Wiederherstellung einer geregelten Circulation der Metallmünze im lombardisch⸗venetianischen Königreiche gereichen sollen. Das An⸗ lehen wird also auf dem Wege der freiwilligen Subscrip⸗ tion, den beigefügten Normen gemäß, eröffnet, wodurch Jedermann in den Stand gesetzt wird, unter vortheilhaften Bedingungen zur Erreichung des beabsichtigten Zweckes bei⸗ zutragen. Von dem günstigen Fortgange der Subscriptionen auf dieses Anleihen wird es abhängen, ob und in welchem Maße es der Regierung möglich sein wird, den zur Deckung der Auslagen für die Verzinsung und Einlösung der Schatzscheine bestimmten Zuschlag zur Grund⸗Steuer zu ermäßigen, da kie Rückzahlung des neuen Anlehens in eine längere Reihe von Jahren eingetheilt wird, als dieses rücksichtlich der Tilgung der Schatzscheine be⸗ stimmt wurde. Sollten die wohlwollenden Absichten Sr. Majestät auch bei dieser Gelegenheit verkannt werden und die freiwillige Subscription nicht die gewünschten Resultate bringen, so würde die Regierung sich in die unangenehme Nothwendigkeit versetzt sehen, rücksichtlich der Circulation der Schatzscheine die den Umständen angemessenen Bestimmungen zu treffen, ein Zwangs anlehen zu veranlassen und dessen Modalitäten der Natur eines solchen Mittels gemäß zu bestimmen, ohne an die Verleihung jener Vortheile hierin gebunden zu sein, welche jetzt den T heilnehmern an dem freiwilligen Anlehen zugestanden werden. Jenen⸗ Individuen oder Gemeinden aber, welche sich an der freiwilligen Anleihe be theiligt haben, bleiben diese Vortheile in jedem Falle für den Be⸗ trag ihrer Subscriptionen zugesichert, und es wird ihnen das Recht eingeräumt, deren Zurechnung in dem Maße anzusprechen, in dem sie vor Anderen in Beziehung auf jene Summe bevorzugt erscheinen werden, welche auf sie nach den Bestimmungen des Zwangsanlehens entfallen würde. Verona, 16. April 1850. Graf Radetzky, Ge⸗ neralgouverneur für Civil⸗ und Militair⸗Angelegenheiten.“

Die Normen für die Eröfsnung dieses Anlehens sind folgende: 1) Sollten die subskribirten Partial⸗Beträge 150 Mill. österreichisch Lire übersteigen, so werden die Partialbeträge verhältnißmäßig ver⸗ mindert. 2) Die Erklärungen zum Beitrage zu dieser Anleite sind spätestens bis 3. Mai 6 Uhr Abends einzubringen. 3) Die Theilnahme der Anleihe wird auf einem stempelfreien Blatte. nach einem auszugebenden Formulare ausgedrückt. 4) Die Erklärung muß mit einer 10 prozentigen Caution sicher gestellt werden. 5) Auf die Caution erfolgt ein interimistisches Certifikat, als Quittung und Beweis dienend. 6) Der mindeste Subscriptions⸗ betrag ist 100 Lire, alle Beträge müssen durch 100 ohne Rest theilbar sein. 7) Eine Verminderung der subskribirten Beträge wird 14 Tage vor der in Nr. 2 angegebenen Frist kundge macht. 8) Die Einzahlung geschieht in 10 einmonatlichen Raten. 9) Keine Rate darf weniger als 10 österreichische Lire betragen. 10) Es können auch mehrere Raten vor Ablauf des bestimmten Termins erlegt werden, nur müssen sie durch 10 ohne Rest theilbar sein. 11) Die Einzahlung muß in der Regel an der Kassa gesche hen, wo die Subscription erfolgte. 12) Das Versäumniß einer Ratenzahlung hat den Verlust der Caution zur Folge, damit erlischt aber auch die weitere Verpflichtung des Subskribenten. 13) Cau⸗ tionen und Raten müssen zur Hälfte in klingender Münze und zur Hälfte in Schatzscheinen erlegt werden. 14) Für den regel⸗ mäßig eingezahlten Betrag wird der gleiche Betrag in Obliga tionen ausgegeben. Dieselben führen den Namen: Obligationen des lombardisch⸗venetianischen Königreichs, werden auf Verlangen auf den Namen oder au porteur geschriehen und lauten auf 100, 300, 900, 1500 und 3000 österreichische Lire mit 5 Prozent Interessen, die halbjährig in klingender Münze ausgezahlt werden. 15) Die Schuld verschreibungen werden im Laufe von 25 Jahren, vom Jahre 1853 angefangen, im Normalwerthe und in klingender Münze durchs Loos zurückbezahlt. 10) Mit dem Tage der zu geschehenden Hin⸗ auszahlung der Staatsschuldverschreibung wird die Verzinsung ein⸗ gestellt. 17) Die Einzahlung kann in Gold- oder Silbermünzen ge schehen und wird im ersteren Falle auch in Gold verzinst. 18) Für Subscriptionsbeträge üver 75,000 Lire werden Provisionen ertheilt. Wer statt Schatzscheinen Silber einzahlt, dem werden 5 Prozent zu gute gerechnet.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 26. April. Den Vorsitz führt Faucher. An der Tagesord⸗ nung ist die Fortsetzung der Debatte für 1850. Ministerium des Ackerbaues und Handels. Art. 8. Remonten und Ermunterungen. Richard (von Cantal) hat ein Amendement eingebracht, einen Theil des für Rennen bewilligten Kredits zu streichen. Charensin, Kommissions⸗Mitglied, bekämpft das Amendement. Allerdings seien theilweise Mißbraͤuche vorgekommen, doch gäben sie keinen hinrei chenden Grund zur Streichung des Krebits. Der Präsident bemerkt, er könne nach dem Gesetze von 1831 das Amendement eines Formfehlers wegen nicht zur Abstimmung bringen. Diese Ansicht vringt nicht durch. Richard (von Cantal) besteht darauf. La moricièdre unterstützt die Nützlichkeit der Rennen im Interesse der Armee. Man verlangt Schluß. Wird bei der Abstimmung ver worfen. Lamoricière würde ganz oder theilweise Streichung des Kredits von 300,000 Frs. beklagen. Aber Richard wolle eine an⸗ rere Verwendung des Kredits. Er behaupte, daß man den Kredit seiner ursprünglichen Bestimmung entziehe. Die Regierung ver⸗ wende ihn gut. Das englische Pferd, der eigentliche Typus des Mili⸗ tairpferdes, sei durch die Rennen gezogen worden. Man habe in Frank⸗ reich Ueberfluß an ausgezeichneten Zugpferden, aber man brauche einen zum Fahren wie zum Reiten gleich geeigneten Schlag. Ein solches Pferd tauge hauptsächlich zur Remontirung der Kavallerie. Man erhalte es durch Kreuzung des englischen oder arabischen Pferdes mit der Landesrace. Die Rennen seien zur Prüfung dieser gekreuzten Race Noch sprechen Richard für sein Amendement, Ou⸗ dinot für die glänzende Stellung der Gestüte. Das Amendement Richard's wird verworfen. Saussat beantragt Vermehrung des Kredits um 200,000 Fr., Rochut um 800,000. Fr. Saussat zieht sein Amendement zurück. Rochut's Amendement wird verworfen. Kap. 8 wird nach dem Kommissions⸗Antrage angenommen. F pitel 9, Manufaktur von Sévres und Gobelins, 636,000 Fr. An genommen. Kap. 10, Konservatorium der Künste und Handwerke (Gewerbeschule) 1,151,000 Fr. Rau dot beantragt eine Vermin derung um 1,010,000 Fr., da die Anstalt kein entsprechendes Re⸗ sultat erzeuge. Der Handeis⸗ Minister Dumas bemerkt, mehr als 1500 Zöglinge seien in vieser Anstalt schon gebildet worden und hätten namentlich in der Mechanik die größten Dienste Seste So habe noch vor kurzer Zeit der Direktor der Mittelmeer Post⸗ schiffe geschrieben, daß diese Zöglinge für die National⸗ Marine von größtem Nutzen seien. Man werfe ein, es gebe in England keine ähnliche Anstalt; aber man irre sich, denn es besteheeine solche namentlich in Dublin. Der Berichterstatler Berryer bemerkt, die vom Minister jetzt gegebenen Daten seien der Kommission früher unbekannt gewesen. Dumas bemerkt, er besitze sie selbst erst seit 8. Tagen, worauf ihm Bevrryer erwiedert, daß er dann jedenfalls Zeit gehabt hätte, sie der Kommission mitzutheilen. Letzterer fährt fort, daß die Kommis sion gründlich über die Frage nachgedacht habe. Da im nächsten Budget entschieden werden soll, daß alle Arbeiten wo möglich der

seinen Sitz in der National⸗Versammlung einzunehmen.

Privat⸗Industrie überlassen werden sollen, so könnten geschickte Ar⸗ beiter jedenfalls mehr leisten, als diese Zöglinge. Dumas wider spricht ihm. Koufuser Streit über die Fragestellung. Raudot'’s Amendement wird verworfen, der Kommissions⸗Antrag auf Vermin⸗

derung um 14,000 Fr. mit 358 gegen 277 Stimmen angenommen.

Ueberwachung der Tontinen⸗Gesellschaften 20,000 Fr. Carteret und Mortimer Ternaur stellen die schreienden Mißbräuche die ser Gesellschaften heraus. Die noch übrigen Kapitel dieses Mini⸗ steriums werden ohne Debatte votirt. Die Sitzung wird aufge⸗ hoben.

Paris, 26. April. Unterm 24. April ist auf Antrag des Kriegsministers folgendes Dekret unterzeichnet worden: „Art. 1. Das Expeditions Corps in Italien wird auf eine Division reduzirt. Der Commandeur der 5ten und 6ten Militair⸗Division, Divisions⸗ General Gemean, wird zum Commandeur der Occupations⸗-Division ernannt. Der gegenwärtige Commandeur, Divisions⸗General Ba raguay d'Hilliers, ist ermächtigt, nach Frankreich zurückzukehren und W Der Divisions⸗General Gemeau wird in seinem Kommando durch General Castellane ersetzt. Art. 3. Der Devisions⸗General Gues willer ist zum Commandeur der 5ten Militair⸗Division ernannt. Art. 4. Divisions⸗General d'Arbouville übernimmt das Kommando der 11ten, 12ten und 14ten Militair⸗Division (Bordeaux, Bayonne, Nantes). Die 15te Militair⸗Division steht blos unter ihrem Divi⸗

sions⸗Generale.“ Während einige Blätter gestern die Abreise des Herrn von Persigny nach Berlin anzeigten, liest man heute im Evenement: „Man erzählt in wohlunterrichteten Kreisen, daß Herr von Per signy erst nach der pariser Wahl vom 28. April nach Berlin zu ruͤckkehren werde, und fügt hinzu, daß Persigny, im Fall der so zialistische Kandidat siegen sollte, mit Bildung eines neuen Mini⸗ steriums würde beauftragt werden.“ Ein Abendblatt versichert, daß außer der Ersetzung des Gesandten Baraguay d'Hilliers in Rom durch Herrn von Rayneval noch viele andere Veränderungen im diplomatischen Corps bevorständen. Herr von Walewski, der an Rapneval's Stelle nach Neapel geht, erhalt zu seinem Nachfolger in Florenz Herrn von Montessuy, gegenwärtig Gesandter in Han⸗ nover. Dieser wird durch den dermaligen ersten Legations⸗Seere tair in St. Hetersburg, Herrn Ferrières, ersetzt werden. Endlich soll Lucian Murat an General Aupick's Stelle nach Konstantinopel gehen. Zu Gesandtschafts⸗Secretairen sind Herr von Talleyrand nach St. Petersburg, von Menneval nach Wien und von Guitaud nach Madrid bestimmt. Inn den betreffenden Werkstätten wird mit den Vorarbeiten zur Feier des 4. Mai rasch vorgeschritten. Unter Anderem arbeitet man auch an vier kolossalen Sphinxen für den Konkordienplatz. Der Ministerrath beschäftigte sich heute mit der Frage, ob am 4. Mai eine Revue der Nationalgarde stattfinden solle. Diese Idee wurde jedoch als unzeitig und sehr gefährlich verworfen. Seit einiger Zeit war eine gemischte Kommission der preußi⸗ chen, belgischen und französischen Regierung in Paris versammelt, um über Beförderung der internationalen Benutzung der Eisenbahn zu berathen. Es sollen Grundzüge einer Convention zur Erleichte⸗ rung des Verkehrs von Land zu Land entworfen sein. Einstimmig prach die Kommission den Wunsch aus, die Lücken der großen Bahn⸗ strecke Paris⸗Brüssel, Köln, Hannover, Magdeburg, Berlin, welche ich nach Havre, Antwerpen und Stettin abzweigt, zu füllen. Es geht seit gestern das Gerücht, daß ein Theil der gemäßig⸗ en Wähler den Beschluß gefaßt habe, für Foy zu votiren. Dieser aber veröffentlicht heute eine Erklärung, in welcher er sein Zurück⸗

reten von der Kandidatur wiederholt. Dessenungeachtet glaubt nan, daß außer Eugene Sue und Leclerec auch ein dritter Kandi⸗ at von der Partei des Centrums Stimmen erhalten werde. Der Evurrie de6 ö . Aisten leichten Regiments, welches in Blois garnisonirt, hat gestern votirt. Unter 19 zum Seine⸗Departement gehörigen Wählern ha⸗ ben 17 für Eugene Sue gestimmt.

Der Stand der Bank seit dem 18. April ist wenig verändert. Aim 25. April betrug der Baarvorrath 470 (mehr 2 Millionen). Im Umlauf befinden sich Bankbillette für 484 Millionen (keine Veränderung). Eben so ohne Veränderung weist das Portefeuille aus: 106 Millionen. Die Rechnung des Schatzes beträgt 40 Mil⸗ lionen statt 36 ½. Die laufende Rechnung beträgt 118 Millionen (statt 123). Die Regierung soll entschlossen sein, mehreren Spe⸗

kulanten gegen Niederlegung von 500,000 Säcken Mehl als Hy⸗ pothek einen Kredit von 15 Millionen durch die Bank eröffnen zu lassen.

An der heutigen Börse wurden bedeutende Pariwetten, sowohl auf Sue, als auf Leeclerec, abgeschlossen.

Großbritanien und Irland. Parlament. Ober⸗ haus. Sitzung vom 23. April. Graf von Hardwicke über⸗ reicht mehrere Petitionen, in welchen über die gedrückte Lage des Ackerbaues geklagt wird. Der Graf von Malmesbury bean⸗ tragt die Vorlegung eines Berichts über die Getraide⸗Einfuhr seit dem 1. Januar 1850, mit besonderer Angabe der Länder, aus wel⸗ hen das Getraide eingeführt sei, und wiederholt die Klagen der Ackerbauer über die Menge des aus der Fremde nach England ge⸗ brachten Getraides. Auch der Herzog von Richmond warnt das Haus, den britischen Pachter nicht zur Verzweiflung zu brin⸗ gen. Der Marquis von Lansdowne lehnt ein Eingehen auf ie von dem Grafen von Malmesbury angeregte Frage ab, erklärt sich aber bereit, seine Ansichten darüͤber auszusprechen, wenn der edle Lord auf den von ihm verlangten Bericht einen be stimmten Antrag gründe. Lord Stanley ist überzeugt, daß die gegenwärtigen Getraidepreise dauernd seien und sich nicht auf einen bloßen Ausnahme⸗Zustand zurückführen ließen. Er wünscht zu vwissen, wie lange dieses furchtbare Experiment noch fortgesetzt wer⸗ den solle, und den Ruin von wie viel Hundert Engländern die Regierung abwarten wolle, ehe sie das Fehlschlagen ihres Systems rkenne. Er wolle der Regierung gern eine billige Frist zur Ueber⸗ egung gestatten, aber den Leiden, welche das Volk zu erdulden habe, während das Experiment erprobt werde, müsse doch endlich ein Ende gemacht werden. Nach einigem weiteren Wortwechsel zwischen dem Marquis von Lansdowne und Lord Stanley und einigen Bemerkungen Lord Beaumont's und des Grafen Grey wird der Antrag angenommen.

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Unterhaus. Sitzung vom 23. April. Herr Heywood tellt einen auf zeitgemäße Reform der Universitäten gehenden An⸗ trag. Er will, daß eine Adresse an die Krone gerichtet werde, mit der Bitte um Einsetzung einer Kommission, welche den Zustand der Universitäten und Kollegien von Oxford, Cambridge und Dublin zu untersuchen habe. Einige Kollegien, bemerkt er, in welchen die Zahl der Studirenden sehr klein sti, hätten über ungeheure Einkünfte zu verfügen, und es werde zu ihrem eigenen Vortheile gereichen, wenn eine gründliche Unter⸗ suchung der Verwaltung ihres Vermögens angestellt werde. Viele Kollegien seien durch ihre Statuten verhindert, Veränderungen vor

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mission sei ein gesetzmäßiges Verfahren. Das Exklusive in der Be⸗ nutzung der Universitäts⸗Bibliotheken, die Disziplin und der Gang der Studien, die Ceremonien der Immatriculation und der Ver⸗ leihung von akademischen Würden, die Vernachlässigung der einhei⸗ mischen Literatur, die Verpachtung und Verwaltung der Kollegien⸗ Ländereien, namentlich in Irland, dies Alles seien Dinge, welche Prüfung und Reform erheischten. Er habe seinen Antrag auf Er⸗ nennung einer Kommission durch die Krone gestellt, weil auf diesem Wege jene Untersuchung besser vorgenommen werden könne, als durch die Universitäten selbst. Auch sei es das Recht und die Prä⸗ rogative der Krone, Inspizienten und Kommissare zur Untersuchung des Zustandes der alten englischen Universitäten zu ernennen. Sir R. Inglis (Parlaments⸗Mitglied für die Universität Orford) wi⸗ dersetzt sich dem Antrage, indem er dem Hause das Recht abspricht, die Krone zur Einmischung in die Angel genheiten der Universitäten aufzufordern, ehe genügende Anklage gegen die auf denselben herr⸗ schenden Einrichtungen vorlägen. Er leugne nicht, daß die Krone das Recht der Inspection habe; doch sei das keine willkürliche Ge⸗

walt, und ehe das Haus auf einen Vorschlag dieser Art eingehen könne, müsse die Nothwendigkeit desselben bewiesen sein; einen sol⸗ chen Beweis sei aber der Antragsteller schuldig geblieben. Sir R. Inglis sucht nun nachzuweisen, daß viele der gegen die Universitäten vorgebrachten Beschuldigungen ungegründet seien, und daß namentlich die Universität Oxford seit 1800 eine große resormirende Körperschaft gewesen sei. Die Frage, um die es sich eigentlich bei dem vorliegenden Antrage handle, und der wahre Zweck, den Herr Heywood dabei im

zunehmen, und eine Prüfung von Seiten einer Königlichen Kom

Auge habe, sei die Zulassung von Dissenters zu den Universitäten. Der Redner vertheidigt hierauf, sich hauptsächlich auf Oxford beschränkend, das auf den englischen Universitäten herrschende Unterrichts⸗ und Erzie⸗ hungs⸗System und erklärt sich nochmals entschieden gegen jede Ein⸗ mischung der Regierung, da dieselbe unberufen und unzweckmäßig sei. Nachdem Fortescue, Fagan und Oberst Thompson den Antrag unterstützt und mehrere irländische Mitglieder den Zustand der Universität von Dublin berührt haben, ergreift Lord John Russell das Wort, um die Ansichten der Regierung auseinander⸗ zusetzen. Er erklärxt es für unmöglich, einem Antrage seine Zustim⸗ mung zu geben, welcher in einer solchen Form gefaßt sei, daß er Sir R. Inglis veranlaßt habe, denselben als einen Anklage⸗Akt gegen die Universitäten zu bezeichnen. Eine solche Anklage erhebe die bedeutende Mehrheit des Volkes nicht gegen die Universitäten. Die Frage von der Zulassung der Dissenters sei zu trennen von der einer Verbesserung des Unterrichts⸗Systems. Trotz aller Ach⸗ tung jedoch, die er vor den Universitäten habe, sehe er nicht ein, was sich, prinzipiell genommen, gegen Einsetzung einer Kommission einwenden lasse und wie die einflußreichsten Männer der Univer⸗ sitäten darin eine Herabsetzung erblicken könnten. Es frage sich nun, ob die Ernennung einer Kommission zweckmäßig sei. Er halte für die beste Unterrichts⸗Methode diejenige, welche das alte Unter⸗ richts⸗ und Erziehungs⸗System in den Kollegien mit der durch Professoren ertheilten Untercweisung vereinige. Eine solche Vereini⸗ gung lasse sich ohne große Schwierigkeiten erreichen, allein nicht vdurch die Universitäten selbst. Seine Absicht sei, nicht für den An⸗ trag zu stimmen; die Regierung werde jedoch der Krone den Rath ertheilen, eine Königliche Kommission für die Universitäten Orford und Cambridge zu ernennen, und da die Untersuchung nicht in ei⸗ nem feindseligen Sinne geführt werden solle, so glaube er, das Ergebniß werde ein für den Unterricht und die Erziehung des eng⸗ lischen Volkes wohlthätiges sein. Heywvood zieht hierauf seinen Antrag zurück, und Roundell Palmer beantragt die Vertagung der Debatte. Lord J. Russell erklärt, er habe nichts dagegen einzuwenden. Nach einigem weiteren Hin⸗ und Herreden wird die Vertagung mit 273 gegen 31 Stimmen angenommen.

London, 25. April. Der Besieger der Sikhs, General Lord Gough, empfängt seit seiner Rückkehr noch beständige Huldi⸗ gungen. So hat die Zunft der Goldschmiede ihn gestern als Eh⸗ ren⸗Mitglied aufgenommen und bei diesem Anlasse ihm ein glänzen⸗ des Bankett in ihrer Halle gegeben. Mehrere Minister, der Her⸗ zog von Wellington, einige Direktoren der Ostindischen Compagnie und Notabilitäten aller Stände waren zugegen, unter Anderen auch der französische Gesandte, Drouyn de Lhuis, welcher den auf das gute Einvernehmen zwischen England und Frankreich ausgebrachten Toast in gleichem Sinn erwiederte.

Der Morning Herald will wissen, daß in voriger Woche ein Courier von Lord Palmerston nach Athen gesandt worden, welcher dem britischen Repräsentanten versöhnlichere Instructionen bringe, die wesentlich die drohende Lage der Dinge dort ändern dürften. Nur stehe zu befürchten, daß vor dessen Ankunft neue Zwangsmaß⸗ regeln schon Platz gegriffen.

RNußland und Polen. Kalisch, 23. April. (Const. Bl. a. Böhm.) Es sind in neuester Zeit einige Truppen⸗ Abtheilungen aus Polen in das Innere von Rußland und zwar in die Fstlichen Gouvernements abmarschirt. Unter ihnen sind Regimenter, welche im verflossenen Jahre das kirchendorfer Lager bei Kalisch bezogen hatten, und welche nach ih⸗ rer Ueberwinterung in Polen beim Eintritt der milderen Jahres⸗ zeit sofort den Marschbefehl nach ihrer fernen Heimat erhalten ha ben. Dieses Ereigniß hat indeß die hier herrschenden Kriegsgerüchte nicht im entferntesten vermindert, denn es sind für die abgezogenen Truppen frische theils bereits in das Königreich eingerückt, theils aber noch auf dem Marsche in dasselbe begriffen. Es ist also dies ein Manöver, welches die Truppenanhäusungen in Polen eher vermehrt, als vermindert hat. Alle Festungen Polens sind mit Truppen über⸗ füllt, und auf der Straße von Augustowo nach Warschau sind neu ankommende Truppen gesehen worden. Auch Garde⸗Offiziere sind von Reisenden bemerkt worden, welche indeß zu den in Polen zu⸗ rückgebliebenen Garde⸗Kavallerie⸗Regimentern zu gehören scheinen. Die Einquartierungen in den Gränzvdörfern dauern fort, und in den Gränzstädten sind die Garnisonen nicht vermindert worden. Kalisch zählt gegen 3000 Mann, die Städte in der Nähe von Warschau sind mit Truppen überhäuft.

Italien. Turin, 22. April. (Fr. B.) Ein Hirtenbrief des turiner Erzbischofs Franzoni an die Geistlichen seiner Diszese, welche er darin zum Widerstand gegen das siccardische Gesetz auf fordert, ist in Beschlag genommen werden. Die Concordia erzählt, daß der Erzbischof in Folge der Confiscation seines Hirtenbriefes den Befehl erhalten habe, seinen Palast nicht zu verlassen.

General Chrzanowski hat seine Demission gegeben.

Die gerichtlichen Untersuchungen gegen die in den unruhigen Auftritten am 4. März betheiligten Nationalgarden hat die Un⸗ schuld der meisten Individuen an den Tag gelegt, die Regierung wird das weitere gerichtliche Verfahren fallen lassen.

Die bedeutendsten Genie⸗Offiziere sind gegenwärtig mit der Frage beschäftigt, an welchem Punkte die Errichtung des Bahnhofes in Alessandria am zweckmäßigsten sei, um die fortifikatorische Wich⸗ tigkeit dieses Waffenplatzes nicht zu gefährden.

Die Gazzetta piemontese veröffentlicht ein Königliches Dekret, welches den Militairs aus den Zeiten der napoleonischen Herrschaft gestattet, ihre damals erhaltenen Orden der Ehrenlegion

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Auszeichnung theilhaftig zu werden. Die mit dem erwähnten Or⸗

21 verbundenen Geldbezüge können jedoch nicht angesprochen erden. .

Wissenschaft und Kunst. Königliches Opernhaus.

Der Prophet, Oper in 5 Akten, nach dem Französis es en, Französischen d Scribe, deutsch bearbeitet von L. Rellstab. Musit von (Den 28. April.)

1 Nachdem „der Prophet“ bereits die Runde durch fast alle größeren Städte Deutschlands und Europa's gemacht hat, ist das mit seltener Span⸗ nung erwartete Werk endlich am Sonntag auch bei uns in Scene ge⸗ gangen, und zwar mit allem nur möglichen Glanz und einem Erfolge, wie er unter den obwaltenden Umständen vorauszusehen war. So weit sich nach dem ersten Eindrucke ein Urtheil geben läßt, haben Scribe und Meyerbeer darin ein Werk geliefert, der Schö pfer der „Hugenotten“ durchaus würdig. Musikalisch nicht die bekannten, genialen Höhenpunkte der letztgenannten Oper (im 2ten und 4ten Akte) erreichend, doch reich an geist⸗ reichen, fein und scharfsinnig berechneten Effekten, überragt „der Prophet“ „die Hugenotten“ zwar nicht durch dramatischen Schwung und melodischen Reiz, jedenfalls aber durch scenische Ausschmückung und Mannigfaltigkeit der Situationen. Diese letztere Eigenschaft des Tertbuches ist es besonders, wodurch der Komponist seine Hauptkraft zu entfalten Gelegenheit erhielt. Das Zarte wechselt mit dem Strengen, das Heitere mit dem Furchtbaren, das Naive mit dem Tragischen, lauter Elemente, die sich durch Meyer⸗ beer's anerkanntes musitalisches Darstellungs⸗Geschick unter bewunderungs⸗ würdiger Verwendung aller Kunstmittel bis zum Schlusse der Oper zur glücklichsten Wirkung steigern. G

Indem wir diesen allgemeinen kritischen Andentungen einen scenischen Auszug des Textbuches (das übrigens den historischen Stoff der Anabap⸗ tisten von Münster äußerst geschickt und wirkungsreich behandelt) folgen lassen, werden wir gleichzeitig Anlaß nehmen, einige die vorzüglicheren Mu⸗ sitstücke speziell treffenden Bemerkungen einzustreuen, ein Verfahren, das vorläufig statt einer tiefer eingehenden Kritik genügen möge.

Erster Akt. Er zeigt eine holländische Landschaft in der Gegend von Dortrecht und fröhliche Landleute. Zu ihnen gesellt sich Bertha, die Braut Johann's, des Helden des Stücks, später auch Fides, die Mutter des Letzteren. Beide Frauen unterhalten sich von der bevorstehenden Hoch⸗

zeit. Da erscheinen drei Wiedertäufer, im unisono einen eigenthümlichen Gesang anstimmend. Sie kommen, Propaganda unter den Bauern zu machen, indem sie ihnen alle Reichthümer der Welt versprechen, wenn sie sich gegen ihre Herren auflehnen wollen. Die Bauern, ihnen Gehör lei⸗ hend, singen: „O hört auf sie, Folgt ihrem Wort! Sie sprechen wahr, So will es Gott! Tyrannen Ihr, voll Grausamkeit! Verderben Euch, Vernichtung!“ ꝛc. ꝛc. wodurch im Verein mit dem originellen Gesange der Anabaptisten ein Chor entsteht, der zu den effektvollsten der Oper gehört. Doch bald ändert sich die Scene. Graf Oberthal tritt auf und läßt die Wiedertäunfer von seinen Soldaten sortbringen. Schüchtern nähert sich ihm dann Bertha, um ihn in einer sehr ansprechenden Romanze: „Einst in tiefen Stromes Wellen, Sank ich hinab, Johann rettete mich!“

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um seine Einwilligung zu ihrer Heirath mit Johann zu bitten, ein Musik⸗ stück, an welchem sich auch Fides betheiligt und das in seiner ausdrucks⸗

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vollen Einfachheit von rührender Wirkung ist. nun der Knoten des Drama's.

dertäufer ein um so willigeres Ohr. Zweiter Akt.

scheint. Die Veranlassung dazu ist ein Traum.

beschließen sie sogleich, ihn für ihre Pläne zu gewinnen.

handelten. Recitative seinen Traum erzählend: „Jnu eines Domes Wunderbau, von Säulen Getragen, sah ich mich, stolz aufrecht stehend, Indeß das Volk rings auf den Knieen lag. Es schmückte meine Stirn ein Diadem. Da tönt's von Kinder Mund und Volkes Lippe Mit süßem, heil'gen Klang: „Seht, der Prophet! Den Auserwaͤhlten seht, des Herrn!“ zc. 2c. Worte, denen die Wiedertäufer die Versicherung solgen lassen, daß er wirk⸗ lich einst regieren würde. Doch, von Liebe zu Bertha erfüllt, erwiedert er in einem lieblichen Pastorale: Keins von allen Erdenreichen Sehne ich mich zu erreichen; Herrsch' ich nur in Bertha's Herzen, v Will ich leicht den Thron verschmerzen. ꝛc. zc. .

Nach diesem Pastorale und nachdem sich die Wiedertäuser entfernt ha⸗ ben, stürzt Bertha, von Soldaten verfolgt, plötzlich ins Zimmer. Sie hat sich der Gewalt Oberthal's durch die Flucht entzogen und beschwört Jo⸗ hann, sie zu verbergen. Kaum ist dies gescheh en, als auch schon Ober⸗ thal erscheint, Bertha von Johann zurück zu verlangen. Erst als Johann's Mutter mit dem Tode bedroht wird, liefert er nach furchtbarem Seelen⸗ kampfe, seine Braut den Soldaten aus, indem er dem Danke der tiefge rührten Mutter:

„Ach mein Sohn! Segen Di Denn Deine Mutter, Sie war Dir theurer AlIS Deine W v G nur stumme Vernichtung entgegenzusetzen vermag. Die Musik zu diesen Dankesworten der Fides, ein Arioso, ist von tiefgefühltem, herrlichen Aus⸗ druck und gehört ebenfalls zu dem Gelungensten der Oper. Kaum hat sich die Mutter entfernt, als Johann, vor Wuth kochend, die drei Wiedertäufer zurückruft, die ihm die Krone und Rache an seinen Feinden versprechen. Das Quartett, das diese Scene und den Aktschluß ausmacht, ist vortrefflich.

Dritter Akt. Er beginnt mit einer Lager⸗Scene der Anabaptisten. Im Hintergrunde erblickt man, von beschneiten Bäumen eingefaßt, in ma lerischer Abendbeleuchtung einen gefrorenen See, darauf Schlittschuhläufer, die mit Körben und Eßwaaren herankommen, um die müden und hungri⸗ gen Soldaten zu laben. Diese ganze Scene, obgleich streng genommen nicht zur Sache gehörend, ist höchst unterhaltend und wird durch eine frische und lebendige Balletmusik in der Wirkung noch bedeutend erhöht, so daß man sie als eine angenehme Bereicherung des Ganzen sehr gern mit in den Kauf nimmt. Zunächst folgt ein Auftritt in einem Wiedertäufer⸗Zelt. Oberthal wird gefangen herbeigebracht, aber, da es Nacht ist, nicht gleich erkannt, bis es dem einen der Wiedertäufer⸗Häuptlinge plötzlich einfällt Licht anzumachen. Bei dem Scheine desselben wird Oberthal erkannt und dem Tode geweiht. Als ihn der Prophet jedoch zur Richtstatt führen sieht hebt er den Urtheilsspruch über ihn, Bertha's wegen, auf, indem ihm Ober⸗ thal mittheilt, daß die Jungfrau, um ihrer Schmach zu entfliehen, sich vom Thurm in den Fluß gestürzt habe und, wie er gehört, jetzt in Münster sei. Dies bestimmt Johann um so mehr, als das Anabaptisten⸗Heer gerade vor Münster steht, die Stadt einzunehmen. Zuvor hat er aber noch einen Auf⸗ ruhr zu stillen, der unter seinen Schaaren ausgebrochen ist. Der Schluß dieses Aktes gestaltet sich nicht nur musikalisch, sondern auch seenisch da⸗ durch, daß man am Horizonte über den Thürmen von Münster die Soune aufgehen sieht, höchst glanzvoll.

Vierter Akt. Die Wiedertäufer sind nunmehr in Münster’, wo die Entwickelung des Drama's vor sich geht. Johann von Levden soll in der Kathedrale gekrönt werden. Man sieht einen prachtvollen Zug unter festlicher Musik nach dem Dome ziehen und nach geschehener Krö⸗

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oder der eisernen Krone zu tragen und aller damit verbundenen

Dadurch, daß Oberthal, von Bertha's Reizen verführt, die erbetene Erlaubniß versagt, schürzt sich Das Landvolk, über die Tyrannei Ober⸗ thal's empört, leiht dem nun wieder ertönenden Propaganda⸗Chor der Wie⸗

Er spielt in der Herberge Johann's, der, obgleich Vorbereitungen zur Hochzeit treffend, schwermüthig und in sich gekehrt er⸗ Als die Wievertäufer mitten unter dem Tanze der Bauern die schwärmerische Gestalt Johann'’s, dessen Züge, wie sie sagen, einem bekannten Heiligenbilde ähneln, bemerken, Auf ihr Befragen nach der Ursache seiner Schwermuth, antwortet er, in einem meisterhaft be⸗