1850 / 120 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

dieses Rechts wird in der Regel genügen, um zu verhindern, daß die Preise der Gymnasial⸗Schulbücher durch den Buchhandel auf eine unverhältnißmäßige und für die Schüler unbillige Höhe gesteigert werden, und die Regierung dürfte daher nur selten in die Lage kommen, von jenem Vorbehalte Gebrauch zu machen. Geschieht es aber auch in einzelnen Fällen, so wird es immer noch jedem Buch⸗ händler unbenommen bleiben, noch andere Lehrbücher über den glei⸗ chen Gegenstand zu verlegen und der Approbation des Unterrichts⸗ Ministeriums zu unterziehen. Das dritte Ziel der Sorgfalt der Regierung für die Gymnasial⸗Schulbücher, die Käuflichkeit derselben an allen Gymnasialorten zu einem und demselben Ladenpreise wird, insofern die bereits bestehenden buchhändlerischen Verbindungen nicht hinreichen sollten, theils dadurch, daß die Zusage der Empfehlung von der Herstellung einer solchen Verbindung abhängig gemacht wird, theils durch die Uebergabe des Verschleißes an die ohnehin für die Elementar⸗Schulbücher bestehenden v“ den Fall, daß das Werk im eigenen Verlage der Regierung ers r nen würde, und kein anderes Auskunftsmittel übrig bliebe, zu er. reichen sein. Die bisher entwickelten Grundsätze werden auch auf die für die technischn und die eigentlichen Real⸗ schulen nöthigen Bücher anzuwenden sein, hinsichtlich wel⸗ cher bisher kein gleichmäßiges Verfahren beobachtet worden ist, indem einige Bücher im Verlage der Kaiserlichen Schulbücher⸗ Verschleiß⸗Administration erschienen sind, andere aber ohne allen Einfluß der Regierung von Privat⸗Buchhändlern verlegt wurden. Die Realschulen sind den Gymnasien ganz analoge Unterrichts⸗ Anstalten; und es ist daher aller Grund vorhanden, für beide in gleicher Weise zu sorgen. In Betreff der Lehrbücher für Volks⸗ schulen, und die lediglich an die Stelle der Hauptschulen tretenden und daher auch dem Gebiete der Volksschule durchaus angehören⸗ den Unter⸗Realschulen von zwei Klassen findet jedoch ein ganz an deres Verhältniß statt, dasselbe wird den Gegenstand einer abge⸗ sonderten Verhandlung zu bilden haben, und ich glaube, in dieser Beziehung die Aufhebung des bisher gesetzlich bestehenden Mono⸗ pols der Regierung noch durchaus nicht befürworten zu sollen. Geruhen Ew. Majestät, die hier entwickelten Anträge zu genehmi gen und Allergnädigst anzuordnen, daß das bisher dem Studienfonds zustehende ausschließliche Privilegium der Drucklegung von Gymnasial Schulbüchern und des Handels mit denselben aufgehoben, der Regierung jedoch das Recht vorbehalten werde, Lehrbücher für Gymnasien, die technischen Lehr⸗Anstalten und die Realschulen auch durch ihre eigenen Organe drucken und verschleißen zu lassen. In Ungarn und den früheren damit verbundenen Ländern, dann in der Kaiser⸗ lichen Militairgänze und im lombardisch-venetianischen Königreich bestehen auch in Beziehung auf die Schulbücher abweichende Ver⸗ hältnisse, auf deren Aenderung der gegenwärtige allerunterthänigste Vortrag nicht abzielt, und über welche ich mir ehrerbietigst vorbe⸗ halten muß, abgesondert meine Anträge zur allergnädigsten Geneh⸗ migung Ew. Majestät zu bringen. Wien, 19. Februar. Thun.“ Hierauf erfolgt nachstehende Entschließung: „Ich genehmige diese Anträge und finde anzuordnen, daß das bisher dem Studien⸗ Fonds zustehende ausschließliche Privilegium der Drucklegung von Gymnasial⸗Schulbüchern und des Handels mit denselben aufgeho⸗ ben, der Regierung jedoch das Recht vorbehalten werde, Lehrbücher

für Gymnasien, die technischen Lehr⸗Anstalten und die Realschulen auch durch ihre eigenen Organe drucken und verschleißen zu lassen. Wien, 15. März. Franz Joseph.“

Ueber die Verordnung in Betreff der katholischen Kirchen⸗ Angelegenheiten vemerkt der Wanderer ferner: „Wollte man über⸗ haupt die Stellung der katholischen Kirche zum Staate durch eine provisorische Verordnung regeln, statt dies dem nächsten Reichstage zu überlassen, und wollte man in dieser Verordnung der Hierarchie eine so bedeutende Machtvergrößerung einräumen, wie dies wirklich geschehen, so hätte man vorerst durch eine andere Verordnung alle jene Hindernisse hinwegräumen sollen, welche bis jetzt noch der durch die Verfassung gewährleisteten vollen Glaubensfreiheit, so wie der vollen Gleichstellung aller anerkannten Religionsgesellschaften, ent⸗ gegenstehen, insbesondere aber müßte man sehr bestimmte und auf das Prinzip der vollsten Gleichheit gebaute Anordnun⸗ gen für alle jene Fälle erlassen, in denen zwischen den einzelnen Religions⸗Gesellschaften, oder zwischen einer Religions⸗Gesellschaft und zwischen einem sich nicht zu ihr zählenden Individunum sich Kon⸗ flikte ergeben können. Dies ist aber bis jetzt noch nicht geschehen. Die gegenwärtig noch in Kraft bestehende Gesetzgebung verlangt

noch immer zur Gültigkeit einer gemischten Ehe das Eingehen vor dem katholischen Geistlichen, räumt in Betreff der Kindererziehung bei solchen Ehen dem Katholiken einen Vorzug vor den Protestan⸗ ten ein; sie gestattet noch immer der katholischen Geistlichkeit in dem Falle, wo die Aeltern zum Protestantismus übertreten, auf die ka⸗ tholische Erziehung der Kinder, selbst der zur Zeit des Uebertritts noch ganz unmündigen, zu dringen, es ist noch immer keine Vorsorge ge⸗ troffen, um das Eingehen solcher Ehen möglich zu machen, welche die Ge⸗ setze des Staates erlauben, die aber von der Kirche als nicht zu⸗ lässig erklärt werden; und so bestehen noch manche Rechtsungleich⸗ heiten der Art. Diese Rechtsungleichheiten werden aber durch die der katholischen Hierarchie jetzt eingeräumte größere Macht nur noch drückender, während es doch die Aufgabe des Ministeriums gewesen wäre, dafür zu sorgen, daß dieselben, wenn ihre durch die Verfassung gebotene Aufhebung nicht augenblicklich möglich war, doch möglichst schonend gehandhabt würden. So hätte ferner zu der Be⸗ stimmung, welche der Hierarchie die Verhängung von Kirchenstrafen wieder erlaubt, ausdrücklich hinzugefügt werden sollen, daß das kirch⸗ liche Strafrecht sich nur auf solche beschränkt, welche wirklich Mitglieder der katholischen Kirche sind, und daß es nie auch auf Nichtkatholiken, mögen sie früher Katholiken gewesen sein ober nicht, angewendet wer⸗ den könne. Man sollte wohl diese Bestimmung für eine über⸗ flüssige halten, weil sie sowohl aus der Natur der Sache, als auch selbst aus der Motivirung folgt, welche die Bischöfe selbst zur Be⸗ gründung ihres Anspruches auf ein kirchliches Strafrecht anführ⸗ ten, aber der katholischen Hierarchie und ihren Ansprüchen gegen⸗ über ist eine solche Bestimmung gar nicht überflüssig, ja, die weni⸗ gen Tage, welche die Verordnung besteht, haben bereits gezeigt, daß eine solche Bestimmung nothwendig ist, denn übereinstimmenden Zei⸗ tungsnachrichten zufolge soll das prager Konsistorium gesonnen sein, den Dr. Smetana feierlichst zu exkommuniziren. Smetana behn aber’ seinen Austritt aus der katholischen Kirche feier⸗ hst erklärt, er ist kein Katholik, und doch legt sich das prager Konsistorium das Recht bei, über ihn Kirchen⸗ secen ve erechtigung versteht. Was würde dieselbe wohl daru gen, wenn ein protestantischer Pastor über einen Katholiken eine Kirchenstrafe verhängen wollte? Die Vertheidiger irner. Verordnung berufen sich 88 e? 89 Vertheidiger der Ministerial⸗ jene Uinabiöngigt, arauf, daß vurch dieselbe vie Kirche erst nothwendig sei. Aber a ae 155 , 1 bedeutenden achi nechc,ahie dichafäch 99 der Pfarrklerus, der eigentlich mit dem V lke verk 6 nem Bischofe gegenüber vollkommen abhä EEE1“; Geistlichen auch dann, wenn er sich weder eines Verbrechens, noch

it erhalten habe, welche zum segensreichen Wirken

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eines Vergehens schuldig gemacht hat, vom Amte zu entfernen, wenn sie sein Wirken für kein dem Staatswohle zuträgliches hält. Daß einer solchen Entsetzung ein Einvernehmen mit dem Bischofe vorausgehen muß, ist kein genügender Schutz gegen Willkür. Man sieht, der niedere Geistliche ist von der Regierung abhängiger als ein Justizbeamter, der ohne richterliches Urtheil nicht entlassen wer⸗ den kann. Wir tadeln keinesweges das Ministerium, daß es sich dieses Absetzungsrecht vorbehalten; wollte es den Staat, nach den Aufgaben aller Präventiv⸗-Maßregeln und nach der großen der Kirche eingeräumten Machtfülle, letzterer gegenüber nicht ganz wehr⸗ los lassen, so mußte es sich dieses Recht vorbehalten, wir wollten nur zeugen, daß die Verordnung nicht, wie man behauptet hat, der Kirche volle Unabhängigkeit gewähre.“

Die Theilnahme an der Einzeichnung zur Gemeinderathswahl ist noch immer eine sehr geringe. „Wenn man“, sagt der Lloy d, „die Zahl der Häuser und die der Einwohner, von denen die Wäh⸗ leraufnahme bereits stattgefunden hat, mit den erfolgten Anmel⸗ dungen in ein wahrheitgetreues Verhältniß bringt, so wird man das betrübende Resultat erlangen, daß im Durchschnitte nur aus jedem zweiten Hause Ein Wähler erscheint.“

Das Münzamt hat alle provisorisch angestellten Arbeiter dessel⸗ ben (400 an der Zahl) des Dienstes entlassen, da die Ausprägung des Silbers vorläufig bis auf Weiteres eingestellt wurde, indem die Silbervorräthe in Barren deponirt bleiben und zur künftigen Ausprägung von Zwanzigkreuzerstücken und Scheidemünzen bestimntt sind. Die Münze beschäftigt sich derzeit nur mit Prägung von Kupfermünzen zu 1 und ½ Kreuzer. Das Arbeiterpersonal besteht übrigens noch immer aus 60 Köpfen, welche, als definitiv ange⸗ stellt, pensionsfähig sind und nicht entlassen werden können.

Am Sonnabend gab der französische Gesandte de la Cour eine glänzende Soiree, welcher das ganze diplomatische Corps, der Minister⸗Präsident Fürst Schwarzenberg, und der Gouverneur Frei⸗ herr von Welden beiwohnten. 1 8

Nach einer zum Gendarmerie⸗Gesetz nachträglich erlassenen Ver⸗ ordnung ist jeder Gendarm als immer im Dienste stehend zu be⸗ trachten und daher Jedermann ohne Unterschied des Standes ver⸗ pflichtet, den durch ihn zum Vollzuge gebrachten höheren Befehlen unbedingt Folge zu leisten. Jeder Gendarm hat übrigens einen Legitimationsschein bei sich, welcher mit dem Siegel und der Unter⸗ schrift seines Regiments⸗Kommandanten versehen ist, auf dessen Vor⸗ weisung der sogleiche Vollzug seiner Anordnung erfolgen muß.

Die erforderlichen Einleitungen zur Volkszählung in Ungarn sind bereits allseitig getroffen, und die Conseription wird in kürze⸗ ster Frist an mehreren Punkten zugleich beginnen. b

Zur Erinnerung an die Thronbesteigung des regierenden Kai⸗ sers Franz Joseph J. wird dessen Bild in Lebensgröße im Sitzungs⸗ saale des Gemeinderathes aufgestellt werden.

Sachsen. Dresden, 30. April. (. A. 8.) Für die heutige Sitzung der ersten Kammer hatte der Staats⸗Minister von Friesen die Beantwortung dreier Interpellationen angekündigt und waren dieselben noch besonders auf dier Tagesordnung gebracht wor⸗ den. Allein, weder der Staats⸗Minister, noch ein stellvertretender Regierungs⸗Kommissär hatte sich eingefunden. Erst später ging dem Präsidium die Anzeige zu, daß der Staats⸗Minister von Friesen nach Leipzig gereist sei. Es wurden alsdann an die Stelle des Prin⸗ zen Johann der Abg. Metzler in den ersten Gesetzgebungsausschuß und ver Abg. Glumann in den außerordentlichen Ausschuß für das Berggesetz gewählt. Für den außerordentlichen Ausschuß für Kir⸗ chen⸗ und Schulangelegenheit wurden die Abgg. Dr. Joseph, Dr. Meißner, Buhk, Böhme und Oehmigen gewählt. Rücksichtlich eines Antrags des Abg. Mehnert und Genossen auf Errichtung größerer

Armenbezirke und Bezirks⸗Armenarbeitshäuser beschloß man, die Angelegenheit bis zum Erscheinen des Entwurfs der neuen Ge⸗ meinde⸗Ordnung und Bildung der Verwaltungsämter auf sich be⸗ ruhen zu lassen. Auf der Tagesordnung der zweiten Kammer stand heute der Bericht des ersten Ausschusses über den Gesetzentwurf des Abge⸗ ordneten Dr. Joseph, die Abschaffung der Todesstrafe betreffend. Der Ausschußbericht, wie die Debatte, faßten weniger das Materielle des Gegenstandes als vielmehr das Formelle des⸗ selben, die Rechlsbeständigkeit der frankfurter Grundrechte ins Auge. Im Lausfe der Debatte ergriff der allein anwesende Staats⸗Minister Dr. Zschinsky in Betreff der Grundrechte zu einer umfassenden Ausfüͤhrung das Wort und sagte unter Ande⸗ rem: „Die Grundrechte sind als Landesgesetz in Sachsen den übrigen Gesetzen gleich. Sie stehen nicht über der Verfassung, ja sie bilden nicht einmal einen Theil der letzteren, sondern sie sind nur wie die sonstigen Landesgesetze zu betrachten. Das Gegentheil davon ist nirgend ausgesprochen. Die im Bericht angezogene Klausel *), welche sich im Eingange der Grundrechte befindet, hat, da die frankfurter Reichsverfassung, wovon die Grund⸗ rechte einen Theil bilden, nicht ins Leben getreten ist, keine Wirkung, und es wird gewiß Niemand behaupten wollen, daß blos wegen dieser Klausel die Grundrechte in alle Ewigkeit sortbestehen müßten und durch die Landesgesetze nicht abgeändert werden könnten. Die Regierung wird daher auch hinsichtlich der Ausführung der Grundrechte das obener⸗ wähnte Recht in Anspruch nehmen. Sie wird, wie ich hiermit erkläre, die Bestimmungen der Grundrechte, welche sie für heilsam und dem Vaterlande zuträglich erachtet, gern und willig mit ausführen helfen; sie wird dies aber nicht thun können, so weit sie die eine oder andere Bestimmung in den Grundrechten für schädlich, für verderblich erachtet. So weit Bestimmungen der letzteren Art, nach Artikel I. des zu den Grundrechten gehörenden Ausführungs⸗ Gesetzes, bereits ins Leben getreten sein sollten, wird die Regie⸗ rung die nöthigen verfassungsmäßigen Schritte thun, um jene Bestimmungen wieder zu beseitigen. Dies wird auch geschehen mit denjenigen Bestimmungen, welche nicht cuf Sachsen allein, sondern lediglich auf ganz Deutschland berechnet sind, so weit diese Bestim⸗ mungen nach der jetzigen Lage der Dinge, nachdem nämlich die frankfurter Reichsverfassung verworfen worden ist, nicht ohnehin als erledigt anzusehen sein dürften. Dasjenige, was in ganz Deutsch⸗ land als Recht und namentlich als Grundrechte gelten soll, kann erst durch ein künftiges Reichsgesetz, welches in ganz Deutschland Gültigkeit erlangt, festgesetzt werden.“

Diese Erklärung rief eine Menge von Protesten und Anklagen der stärksten Art hervor. Der Abgeordnete Wigard aber brachte folgenden Antrag ein: „Die Kammer welle die heutige Er⸗ klärung des Staatsministers Dr. Zschinsky an einen Ausschuß zur Berichterstattung darüber verweisen, ob in dieser Erklärung nicht eine offenbare Verletzung des die Publication der Grund⸗ rechte in Sachsen betreffenden Gesetzes enthalten und deshalb eine Anklage zu erheben sei.“ Dieser Antrag wurde nicht angenommen, dagegen ein Antrag des Abg. von Polenz, nach welchem vorerst das Erscheinen der betreffenden Nummer der Landtagsmittheilun⸗ gen abgewartet werden solle. seiner e deuischer Volke sollen die nachstehenden Grundrechte gewähr⸗ . 18 venen den dböeen der Einzelstaaten zur Norm die⸗ so diesent sung oder Gesetzgebung eines deutschen Einzelstaats

i je aufheben oder beschränken können.

Hessen und bei Rhein. Darmstadt, 30. Avpril. (Darmst. Ztg.) Die heute erschienene Nummer des Großherzogli⸗ chen Regierungs⸗Blattes enthält eine Verordnung des Kriegs⸗Mi⸗ nisteriums vom 12. April, die Einquartierung und Verpflegung der Großherzoglichen Truppen bei den Landes⸗Einwohnern betreffend.

Bingen, 30. April. (O. P. A. Z.) Unsere Stadt ist heute Nacht von einem surchtbaren Unglück heimgesucht worden. Gegen 1 Uhr brach in der Gräffschen Tabacks⸗ Fabrik am Tabacksrost Feuer aus, welches mit reißender Schnelligkeit in der Salzgasse und Judengasse um sich griff. Trotz der nachbarlichen Hülfe, die von Budesheim, Münster, Rüdesheim und Geisenheim herbeigeeilt ist, konnte man bis jetzt das sch reckliche Element nicht bewältigen. Ungefähr 30 Gebäude zu beiden Seiten der Judengasse, die einem Feuermeer gleicht, in der Salzgasse und am Markte sind bis jetzt (Morgens um 6 Uhr) theils schon niedergebrannt, theils stehen sie noch in Flam⸗ men; auch das am Eck der Judengasse liegende Rathhaus ist be⸗ droht, wenn der Wind nicht nachläßt. Der durch den Brand ver⸗ ursachte Schaden ist sehr groß und triff leider viele arme Leute, die in den richt aneinander geklebten Häuschen der Judengasse wohnten und außer ihrem Obdach fast ihre ganze meistens unver⸗ sicherte Habe verloren haben. Schleunige Hülfe thut Noth; daher ergeht an alle Menschenfreunde die dringende Bitte, dem Elende von mindestens funfzig mittellosen Familien durch milde Gaben zu steuern. So eben, 7 Uhr, werden per Estaffete in Mainz Sap⸗ peure requirirt. Wird man im Laufe des Tages des Feuers nicht Meister, dann ist die Stadt verloren.

Frankfurt. Fr. ankfurt a. M., 29. April. (O. P. A. 3) Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen ist heute Abend, von

Karlsruhe kommend, hier eingetroffen.

Muslanbd.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 29. April. Den Vorsitz führt Dupin. Er erinnert die Repräsentanten, welche erst in geringer Anzahl gestimmt haben, ihrer Wählerpflicht nachzukommen, da um 4 Uhr die Wahlurne geschlos⸗ sen wird. An der Tagesordnung ist das Gesetz über die Spar⸗ fassen. Die Dringlichkeit wird erkannt. Einziger Artikel: „Vom 1. Mai 1850 an werden die nach Art. 1 des Gesetzes vom 21. November 1848 auf besondere Bücher eingetragenen Summen der nen in gewöhnlichen Büchern rücksichtlich der Disponibilität gleich⸗ gestellt.“ Der Präsident bemerkt, die Regierung sei einverstanden, doch dürfte der zu treffenden administrativen Anordnungen wegen der Termin auf den 1. Juli hinausgerückt werden. (Murren.) Delessert protestirt feierlich gegen diese Dauer; für die Arbeiten der Administration seien 14 Tage genug. Er verlange Fixirung des Termins auf den 15. Mai. Der Finanz⸗Minister erklärt, die Vorarbeiten verlangten unbedingt einen Monat Zeit, er ist für den 1. Juni. Das Gesetz mit diesem Datum und einem blos auf die Komptabilität Bezug nehmenden Zusatze wird ange⸗ nommen. Es folgt die Fortsetzung der Budget Debatte. Kap. 5 Gendarmerie. Lamoricidre bemerkt, zu Formirung neuer Cadres sei ein besonderes Gesetz nothwendig. Er verlangt einen Zusatz, des Inhalts: „Es wird ein zweites Bataillon mobiler Gendarmerie errichtet.“ Berryer bekämpft denselben, da der Kredit bereits vo tirt sei und man gar kein besonderes Gesetz noͤthig habe. Lamor besteht darauf. Der Kriegs⸗Minister spricht dagegen. Man geht zur Tagesordnung über. Kap. 5, 6 und 7 werden bewilligt. Kap. 8, Justizkosten, 368,000 Fr. Charras beantragt einen Zuschlag von 10,000 Fr., welche die Kommission bei den Kriegs gerichten gestrichen hat. Berryer spricht dagegen. Kap. 8 wird angenommen. Kap. 9, Sold, 73 Millionen für die Infan terie. Lavatier Laroche beantragt Herabsetzung des mit 319,304,348 Fr. beantragten Kriegsbudgets für 1850 um hundert Millionen, also Herabsetzung ves Effektivstandes. Die Steuern hätten ihr Maximum erreicht. Nach außen sei die Lage nicht dro⸗ hend. Wein- und Grundsteuer müßten 1851 modtfizirt werden, solle das Land nicht erliegen. Das Ministerium sehe selbst die Nothwendigkeit der Ersparungen ein. aber sei eine bedeutende Reduction der Armee. lage nicht geändert werde, so dürfte man schwerlich zur Abstimmung über das Budget von 1852 gelangen. Das Amendement wird verworfen. Cavaignac und Lamoricidre erheben sich dage⸗ gen. Francisque Bouvet will eine Reduction von 24 Millio⸗ nen durch Entlassung der Altersklasse von 1843 am 1. Mai. Charras unterstützt nicht absolut dieses Amendement, beklagt es aber, daß 400,000 Mann zur Unterdrückung des Landes mißbraucht würden. Man könnte ohne Gefahr die Klasse von 1843 bis zum Belang von 14 Millionen entlassen. Die Amendements werden verworfen. Lamoricieère wirft der Kommission vor, daß sie abermals bei Kap. 9 durch eine Finanzmaßregel die Cadres umge stalte. Er tadelt die Abschaffung des Brodbezuges in Natura vom militairischen, politischen und ökonomischen Standpunkte und beweist seine Ansicht aus dem Julikampfe von 1830, wo die Gar⸗ den sich wegen Brodmangel hätten zurückziehen müssen. General Oudrnot bemerkt, daß damals das Proviant⸗Magazin von den Insurgenten genommen worden. (Lärm.) d'Hautpoul bemerkt, er sei damals Augenzeuge gewesen. Die Garde hahe alles Brod in ein Magazin gelegt. In der ausführlichen Erzählung erregt das Wort: „Insurgenten“ jedesmal Lärm. Larmoricidère's Furcht sei grundlos. Dieser erwiedert ihm nochmals. Verworrenes Ge⸗ schrei üͤber die Fragestellung. Ein Amendement Cavaignac's wird verworfen. (Bewegung.) Grammont's Antrag auf Bei⸗ behaltung der Guides ruft eine längere Debatte hervor. Lamo⸗ ricière beantragt Reduction von vier Escadrons, wonach blos eine Escadron übrig bleibe. Wird nach zweimaliger Probe endlich im Skrutinium verworfen. Die Sitzung wird aufgehoben.

Paris, 29. April. Heute um 4 Uhr Nachmittags wurde die Abstimmung zur Ergänzungswahl geschlossen. Bis zum letzten Au⸗ genblicke dauerte die Agitation fort. Die gemäßigte Partei hat diesmal einen großen Eifer entwickelt. Jedem Wähler, der in den Saal der Abstimmung trat, wurde außer dem Stimmizetiel mit Le⸗ clerc's Namen noch ein gedruckter Brief Foy's eingehändigt, in welchem dieser erklärt, für Leclerc zu stimmen und seiner Kandida⸗ tur zu entsagen. Aufforderungen der mannigfachsten Art wurden gestern und heute an den Straßenecken angeschlagen, unter anderen folgende: „Demokraten! Enthalten wir uns der Abstimmung; Eu gene Sue hat über das Elend geschrieben und lebt im Ueberflusse. Er beutet uns aus und dient uns nicht. Leclerc ist ein braver Soldat, aber kein Gesetzgeber. Dienen wir Niemanden als Fuß⸗ schemel.“ Diese Ankündigung wurde allenthalben neben dem Briefe Foy's angeschlagen und trug die Firma der Druckerei, welche alle Manifeste der Wahl⸗Union druckt. Auch andere Plakate gegen E. Sue wurden im letzten Augenblick noch angeheftet. Heute ent halten noch sämmtliche Blätter dringende Aufforderungen, für ihren bezüglichen Kandidaten zu stimmen. Die gerüchtweise nach der

Die einzig reelle Ersparung Wenn die Finanz⸗

bassage de Opera, der Börse und dem Comité der gemäßigten Presse gelangenden Nachrichten waren noch sehr widersprechend. In der Banlieu von Paris sollen viele Wähler entweder gar nicht oder für Foy gestimmt haben, da man dessen Rücktritt von der Kandidatur für erzwungen erklärte. Es soll namentlich Napolcon Bonavarte, der Sohn Jerome's, welcher Oberst einer Legion der Nationalgarde der Banlieu ist, 50,000 Stimmzettel für Foy in seiner Legion vertheilt haben. Die Wahlurnen und überhaupt die Wahllokale wurden seit Beginn der Abstimmung von den Demokraten⸗Sozialisten streng überwacht. Auch des Nachts wurde diese Aufsicht nicht unterbrochen. Beim heuti⸗ gen Beginne der National⸗Versammlung bildeten sich viele Gruppen aus Mitgliedern der Majorität, welche sehr besorgt aus⸗ sahen. Man glaubte, daß die Stimmen der gemäßigten Partei zwischen Foy und Leeclere zersplittert sein würden, während die De⸗ mokratie in Masse für Eugene Sue gestimmt haben dürfte. Um 4 Uhr be⸗ gann in allen Mairieen die Zählung der Stimmen. Einem Gre⸗

rüchte zufolge, waren bei der Abstimmung der Invaliden 1200 für Leclere, 600 für Sue. Die Wahl im Departement Saone und b

Hoffnung

Loire soll sich zu Gunsten der Sozialisten neigen. e ehr gesunken

der gemäßigten Partei auf Leclerc's Wahl soll sein. Biele Wähler dieser ⸗Partei sollen ihre Wahlkarten nicht erhoben haben. Um 8 Uhr Abends wollte man wis⸗ sen, bis jetzt habe Eugene Sue mehr Stimmen als Leclerc. Eine Verfügung des Seine⸗Präfekten bestimmt, daß die Gesammt⸗ zählung der Stimmen der einzelnen Sectionen Donnerstags den 2. Mai im Staͤdthause stattfinden soll. Die Armee soll angeblich in folgendem Verhältnisse, sowohl in Paris als in den Departe⸗ ments, gestimmt haben: auf je 8 Stimmen fuür Leclerc, je 17 für Eugene Sue. Die Regierung soll ernstlich daran denken, in der nächsten Zeit ein Projekt zur Regulirung des allgemeinen Stimm rechts vorzulegen. Sie betrachte, heißt es, das Wahlgesetz nur dem Prinzipe nach als organisches Gesetz und wolle darum die Details wesentlich modifiziren. Die Modificationen, welche sie vor⸗ schlagen werde, beständen zuvörderst in Folgendem: Weit längere Dauer des Aufenthalts und Aufhebung der Separat⸗Abstimmung des Militairs.

Alle Weinstuben, Buchladen und Journal⸗Boutiken, in welchen bisher der Einzelverkauf der Journale stattfand, dürfen von heute n nur die Journale gemäßigter Farbe verkaufen. Der Nummer⸗ eerkauf folgender Journale ist von Carlier verboten worden, Charivari, Crédit, Democratie pacifique, Estafette, Evenement, National, Nounveaux Monde, Presse, Republig u8, Sidele, Voix du Peuple. Das letztere Blatt hat außerdem seinen Prozeß gegen den Polizei⸗Präfekten, dessen Berichtigung es nicht vor Bezahlung der Insertionskosten einrücken wollte, verloren. . Das Gericht sprach dem Polizei⸗Präfekten nur Zahlung der Kosten, nicht aber der Insertionsgebühr u. Die re⸗ publikanischen Blätter haben appellirt. Der Subscription, welche die demokratischen Zournalr zur unenigeltlichen Vertheilung ihrer Blätter eröffnet haben, hat sit; unter Anderen auch ein Bataillons⸗ Chef der 11ten Legion der pariser Nationalgarde angeschlossen, wel cher 50 Fr. bei der Voix du Peuple zeichnete.

Ein Bericht der Kommission für Iustiz⸗Organisation ist heute ertheilt worden. Man bemerkt darin, daß der Unversetzbarkeit der Richter im Interesse der Justiz das Wort geredet wird.

Lamartine hat gestern sein Drama „Toussaint Lonverture“ urch den Druck veröffentlicht. Im Beginne der Vorrede sinden ch einige Zeilen, welche die Selbstkritik des Verfassers in folgen⸗

der Weise aussprechen: „Als ich dieses Drama, wenn anders diese Verse einen solchen Namen verdienen, schrieb, schwebte mir kein terarisches, sondern ein politisches Werk vor, oder, besser gesagt, ein Schrei der Menschheit in fünf Akten und in Versen.“ Die Travestie von „Toussaint Louverture“*, unter dem Titel: „JFPra- versin et Couverture“ (Pfühl und Ueberzug), ist ihrer Langwei⸗ ligkeit wegen im Theatre Moutauser ausgepfiffen worden.

Guizot hat seine in der Eröffnungs⸗Sitzung der parifer pro⸗ testantischen Bibelgesellschaft gehaltene Rede drucken lassen.

Die lebenden Bilder sollen in Paris wiever in Aufnahme kom⸗ men. Man spricht von der Rückkehr des Herrn und der Frau Keller. Man will namentlich religiöse Gemälde von Raphael dar⸗ stellen. Im Cirkus am Boulevard du Temple werden die Vorstel⸗ ungen stattfinden. 1

Der Marine⸗Maler Gudin arbeitet gegenwärtig an einer, „Robbenjagd“ für das Museum im Luxembourg.

Großbritanien und Irland, London, 29. April. Die Königin der Belgier machte vorgestern der Königin Victoria einen Besuch im Buckingham⸗Palast. An der Vaurhall⸗Eisenbahn⸗ Station wurde sie, von Claremont kommend, vom Prinzen Albrecht empfangen und nach dem Palast begleitet. Die Herzogin von Or⸗ leans hat mit ihrer Familie ihren Aufenthalt in dem Hause der Lady Noel Byron zu Esher genommen. 1

Die Times enthält über die letzten Entschließungen Lord Pal⸗

merston's in der griechischen Frage folgende Angaben: „Bei dem

Eintreffen der letzten Nachrichten von Athen, nachdem Baron Gros

einen ganzen Monat in wohlgemeinten, aber zwecklosen Vorschlä⸗ gen verschwendet, welche die Instruction des Herrn Wyse ihm nicht anzunehmen gestatteten, wurde es klar, daß die Frage

nicht durch die bloßen guten Dienste jenes Gesandten zu schlich⸗ ten seien. Lord Palmerston war endlich von dieser Schwierigkeit so überzeugt, daß er selbst Herrn Drouyn de Lhuys auffor⸗ derte, sich mit ihm über die Feststellung des Prinzips zu be⸗ schäftigen, wonach die aufgestellten Forderungen zu schlichten und die Frage schließlich zur Regelung kommen könne. In voriger Woche wurde diese Uebereinkunft abgeschlossen und nach Athen ge⸗ sandt, wo sie wahrscheinlich in den ersten Wochen des nächsten Mo⸗ nats eintreffen wird. Wir halten dafür, obgleich das nunmehr zur Schlichtung der festgestellten Forverungen aufgestellte Prinzip verein⸗ bart worden, daß der Betrag der Summe noch in Griechenland schließ⸗ lich festzustellen ist. Der Hauptgrund zur Besorgniß entspringt nur noch aus der Ungewißheit dessen, was in Griechenland zwi⸗ schen dem 8. April, wo der letzte Conrier Athen verließ, und dem Tage sich ereignete, wo die nenen und praktischeren Instructionen eintreffen werden. Wir hoffen jedenfalls, daß alle weiteren Ope⸗ rationen der Flotte suspendirt werden, und daß König Otto die Bedingungen annehmen wird, welche nach dieser weiteren Debatte Frankreich ihm rathen mag. Bis zu den letzten Nachrichten von

Athen hatten die Forderungen des Herrn Wyse keine Form ange⸗ nommen, die Baron Gros sanctioniren mochte, und daher war es zwecklos, Griechenland Forderungen aufzudringen, welche der fran⸗ zösische Agent für übertrieben hielt.“

Nach Berichten aus Venezuela vom 22. März waren die Dif⸗ ferenzen des englischen Gesandten Wilson mit der dortigen Regie⸗ rung ganz geschlichtet. Die seitens des englischen Gesandten gestell⸗

ten Forderungen sollten ehestens erledigt werden.

Nach Berichten der Morning Ehroniele aus Adelaide ha⸗ ben sich dort ein Paar Gesellschaften gebildet, um Gold auszu⸗ waschen. Es hat sich nämlich als unzweifelhaft herausgestellt, daß die dortigen Flüsse weithin goldreich sind. Eine dieser Gesellschaf⸗

1““

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ten hat auf zwanzig englische Meilen hin den Uferboden mit dem Waschrecht erkauft. Das Gold ist 96 pCt. rein. In Süd⸗ Australien ist schon seit zwei Jahren Gold gefunden wor⸗ den, und seitdem angestellte Untersuchungen haben das Resul⸗ tat ergeben, daß Gold in großen Massen in dem Boden und Allu⸗ vial der Flüsse Süd⸗Australiens abgelagert ist. Seitdem hat die Lust der Auswanderung nach Kalifornien bei den australischen An⸗ siedlern abgenommen, da sie sich jetzt davon überzeugt haben, daß sie nicht in der Zerne zu suchen haben, was nunmehr in ihrer ei⸗ genen Nähe zu finden ist.

Der Reform⸗Verein hielt am 25sten wieder eine Sitzung, die dritte und letzte, in Crosby-Hall. Sir J. Walmsley und W. J. Fox waren die einzigen anwesenden Parlaments⸗Mitglieder. Es firl auf, daß Roebuck, die Mitglirder für Southwark und mehrere andere der liberalen Partei angehörige Repräsentanten sich nicht eingestellt hatten. Im Ganzen wohnten der Versammlung etwa 50 Abgeordnete des Vereins bei; doch auch diese Zahl schmolz im Laufe der Verhandlungen noch zusammen. Nach einer Reihe von Reden wurden verschiedene Beschlüsse angenommen und die Zusam⸗ mensetzung des Rathes festgesetzt. Der Schatzmeister machte die Anwesenden darauf aufmersam, daß es nothwendig sei, in den ver⸗ schiedenen Distrikten Subscriptionen zu eröffnen, da bisher London fast ausschließlich alle Kosten des Vereins getragen habe, und da derselbe ohne erneuerte Unterstützung und größere Geldmittel seine Thätigkeit nicht fortsetzen könne.

Daänemark. Kopeiha277. April. (Alt. Merk.) In der heutigen Sitzung des Volksthing kündigte der Präsident an, der Finanz⸗Minister habe ihm gemeldet, daß unter dem 19. April das „Gesetz über die schwebende Staatsschuld“, ferner das „Gesetz über die provisorischen Zollverhältnisse zum Herzogthum Schleswig und zum Herzogthum Holstein“, bekannt gemacht seien.

Im ferneren Verlauf der Sitzung interpellirte Wilkens den Marine⸗Minister über die eckernförder Katastrophe. Man sei da⸗ durch, meinte er, zu der bitteren Erfahrung gelangt, daß das Ver⸗ trauen zur Unüberwindlichkeit der dänischen Marine ein Blendwerk sei. Insofern das traurige Resultat als von einem unwidersteh⸗ lichen Volkswillen hervorgerufen angesehen werden müsse, laste die Verantwortlichkeit dafür auf dem ganzen Volke, eine mittelbare Ver⸗ antwortlichkeit laste doch aber auch auf diejenigen in der Marine, die das Ganze geleitet hätten, und, wer diese eigentlich seien, zu er⸗ fahren, dazu habe das dänische Volk jetzt, wo es eine freie Ver⸗ fassung habe, ein Recht. Das General⸗Kriegsgericht sei nicht hin⸗ reichend, neben der juristischen Verantwortlichkeit gebe es auch noch eine moralische, und über diese habe das Volk zu urtheilen. Ein Angriff wie der auf Eckernförde hänge viel von den äußeren Ver⸗ hältnissen, von der größeren oder geringeren Handlungsfreiheit, von den Nachrichten, die man in den ersten Tagen des April über die Stärke der dortigen Batterieen, über die Besatzung und Equipirung der ganzen Expedition, vornehmlich des Linienschiffes, habe einholen lassen, ab. Für dieses Alles habe das Marine⸗Ministerium die Berantwortlichkeit zu tragen. Er nehme an, daß der Marine⸗Mi⸗ nister sich selbst und seinem Amte es schuldig sei, möglichst vollstän⸗ dige Aufklärung über Alles zu geben, und wolle ihn daher fragen: „ob er der Oeffentlichkeit sämmtliche Aktenstücke in der nun been⸗ vigten Sache übergeben wolle?“ Namentlich verlange er die Ver öffentlichung der vom Marine⸗Minister an den Geschwader⸗Chef Garde und vom Kriegs⸗Minister an den kommandirenden General ertheilten geheimen Instructionen durch die Presse. Diese Stücke wären nicht öffentlich im Gerichte vergelegt, sondern nur vertraulich mitgetheilt worden, weshalb denn das Gericht in den Prämissen nicht Rücksicht darauf habe nehmen können. Kosten würde das höchstens ein paar tausend Bankthaler, und diese wären wohl an⸗ gewandt, um den Schleier zu lüften, der das traurige Ereigniß bedecke, welches Dänemark zwei seiner stolzesten Schiffe und das Leben so vieler Tapferen koste. Wolle er sich aber doch aus öko⸗ nomischen Gründen hierauf nicht einlassen, so möge er wenigstens die Akten öffentlich vorlegen lassen.

Der Marine⸗Minister sagte, er sei bereit gewesen, auf die Interpellation zu antworten, aber Jedermann im Thinge werde ihm gewiß einräumen, daß ein großer Unterschied zwischen der ge⸗ druckten Interpellation und den Insinuationen sei, die in der Ent⸗ wickelung und Motivirung gegen ihn vorgebracht worden seien, in⸗ zwischen müsse jeder Mann von Ehre diese sogleich beantworten. Was in dieser Sache veröffentlicht werden sollte, sei in der heute herausgekommenen Nummer der Departements⸗Zeitung zu finden; mehr würde nicht veröffentlicht werden. Die Akten befaßten 400 geschriebene Bogen und darunter befänden sich Aktenstücke, die sich nicht zur Veröffentlichung eigneten, weil sie uns schaden würden, wenn sie zur Kunde des Feindes kämen. Niemand könne mehr die Oeffentlichkeit gefördert wünschen als er, er widersetze sich derselben also in dieser Sache nicht aus eigenem Wunsche, sondern weil es seine Pflicht sei. Ueberzeugte sich das Thing dagegen, daß die Be⸗ denklichkeiten, die er gegen die Veröffentlichung hege, ungegründet seien und verlangte das Thing sie auf die im Grundgesetz vorge⸗ schriebene Weise, so würde es auch geschehen.

Wilkens: „Wer meine Worte genau erwägt, muß finden, daß der Marine⸗Minister nicht dazu berechtigt war, das Wort „Insinuation“ zu gebrauchen. (Ja! ja!) Ich habe von der mo⸗ ralischen Verantwortlichkeit gesprochen, und diese ist etwas Anderes, als eine juristische vor einem Reichsgericht.“ Marine⸗Mini⸗ ster: „Ich scheue keine moralische Verantwortlichkeit, und ich will auch die juristische auf mich nehmen.“ Grundtvig bemerkte, das abgegebene Erkenntniß komme Manchem zu scharf vor, wenn die Verurtheilten unschuldig, und zu milde, wenn sie schuldig wären, und da Viele hier im Saale der Meinung wären, daß der Ma⸗ rine⸗Minister schuldig sei, so habe er erwartet, daß der Minister dem dänischen Reichstage vollständige Aufklärung gegeben haben würde; dies habe er nicht gewollt, sondern verlangt, vor ein Reichs⸗ gericht gestellt zu werden. Er wolle dem Minister die Versicherung geben, daß an demselben Tage, wo er sich überzeugen könne, daß eine Anklage vor dem Reichsgericht zu etwas führen könne, dieses auch geschehen werde. Marine⸗Minister: „Ich statte dem ge⸗ ehrten Mitgliede hierfür meinen Dank ab!“ Tscherning: „Das geehrte Mitglied, welches sich so eben niederließ, wünschte zu wissen, wer an der Affaire bei Eckernförde Schuld sei; es war das geehrte Mitglied selbst und alle diejenigen, die von der Kriegs⸗Verwaltung Unbesonnenheit verlangt haben und nicht dem Besonnenheitssystem Raum geben wollten. Ich spreche hier für meine eigene Sache, in⸗ dem ich für die Anderen spreche; ich habe selbst gesehen, daß man mit lautem Ruf das Unmögliche verlangte und auch das Volk dazu verleitete. Einer der Männer, die jetzt leiden, leidet nur, weil er diesem Rathe Gehör gab und seine eigene Klugheit und Besonnen⸗ heit bei Seite setzte.“ (Während dieses ganzen Vortrags ließen sich leidenschaftliche Beifalls⸗ und Mißfallensbezeugungen vernehmen.) Grundtvig wollte nicht darauf eingehen, inwiefern Persönlichkei⸗ ten, wie die, mit welchen Tscherning zum Vorschein gekommen, an ihrem rechten Platze seien, doch protestirte er dagegen, daß das, was er gedacht, gesprochen und geschrieben, einen so starken Einfluß

auf sein geliebtes Vaterland gehabt habe, als Tscherning ihm bei⸗ legen wolle.

Der Präsident hielt es nun für seine Pflicht, die Debatte in ihr rechtes Stadium zurückzuführen. Monrad war derselben Meinung; er fand nicht, daß der Marine⸗Minister die Interpel⸗ lation richtig aufgefaßt habe; vielleicht aber werde er von den ihm gegebenen kleinen Hieben stärker affizirt als Andere. Uebrigens dürfe man nach der bestimmten Erklärung des Ministers die Sache nicht weiter verfolgen. Rée fragte, ob der Beschluß der Minister in Betreff der Nichtveröffentlichung die Folge eines Gesammtbe⸗ schlusses des Staatsraths sei, welches der Marine⸗Minister be⸗ jahte. Nachtem R. Sörensen noch geäußert hatte, daß die Ver⸗ öffentlichung ein Volkswunsch sei, und daß selbige das Erkenntniß und die Prämissen hätte begleiten müssen, schloß der Präsident die Debatte über diesen Gegenstand.

Italien. Turin, 23. April. Der Hirtenbrief des Erzbi⸗ schofs von Turin lautet folgendermaßen: „Turin, 18. April 1850. Hochwürdiger Herr und Bruder! Da das bürgerliche Gesetz den Klerus nicht von den speziellen Ob⸗ liegenheiten lossagen kann, welche ihm die Kirchengesetze und deren Anwendung regelnden Konkordate auferlegen, so beantrage ich Ew. Hochwürden, den Geistlichen Ihrer Pfarre zu bedeuten: 1) Wenn sie vom bürgerlichen Richter aufgefordert werden, ein Zeugniß ab⸗ zulegen, so haben sie sich, wie früher, an den erzbischöflichen Ge⸗ richtshof zu wenden, um die vorgeschriebene Ermächtigung dazu zu erlangen. 2) Wenn sie vor ein weltliches Tribunal citirt wer⸗ den, um in einer bürgerlichen Rechtssache, die nach den bestehen⸗ den Konkordaten vor das bischöfliche Forum gehört, ver⸗ nommen zu werden, so haben sie sich wegen der nöthigen Weisungen an das betreffende Ordinariat zu wenden. 3) Sollte ein weltlicher Gerichtshof gegen einen Geistlichen in Fällen, die durch die Convention vom 27. März 1841 nicht vorausbestimmt werden, einen Kriminal⸗Prozeß einleiten, so haben sie sich gleichfalls an das betreffende Ordinariat zu wenden, und wenn sie dann durch Mangel an Zeit oder Mitteln verhindert werden, oder wenn sie durch die Nichtbeantwortung einen bedeutenden Schaden besorgen, so müssen sie die Inkompetenz des Gerichtshofes erklären und pro⸗ testiren, daß sie nicht das eigene Immunitätsrecht präjudiziren lassen wollen, sondern blos der Nothwendigkeit nachgeben. Ist dies ge⸗ schehen, so kann er alle vorgelegten Fragen beantworten, ohne daß es ihm als ein Vergehen ausgelegt werden kann. 4) In gleicher Weise muß jeder Pfarrer oder Rektor ei⸗ ner Kirche stets protestiren, wenn irgend ein Akt gegen die lokale Immunität ausgeführt wird. 5) Wenn geistliche Individuen oder Anstalten gerichtlich gegen einander auftreten, so haben sie beim betreffenden Ordinariate wegen der zu ergreifenden Schritte nachzusuchen. 6) Diese Bestimmungen werden endlich als proviso⸗ risch, und zwar so lange als provisorisch angesehen, bis die vom heiligen Stuhle erbetenen weiteren Instructionen eingegangen sein werden. Da ich nicht im Geringsten daran zweifle, daß Ew. Hoch⸗

würden, die Wichtigkeit der Sache wohl kennend, allen Eifer ent⸗ wickeln werden, damit diese Bestimmungen genau beobachtet werden, so erachte ich es für unnöthig, besondere Empfehlungen beizufügen, und bemerke blos, daß ich sogleich davon unterrichtet werden will, wenn es bekannt werden sollte, daß Jemand diesen Anordnungen nicht nach⸗ gekommen ist. Da das höchst beglückende Ereigniß der Rückkehr des heil. Vaters nach seinen Staaten bei allen Katholiken und um so mehr bei den Mitgliedern des Klerus die aufrichtigste Freude und die lebhafteste Dankbarkeit gegen die göttliche Vorsehung er⸗ regen muß, so sollen sowohl in der Messe, als bei der Segenshand⸗ lung mit dem heiligen Sakrament die Gebete pro gratiarum actione et pro Papa, wenn es der Ritus gestattet, eingeschaltet und damit acht Tage nach Empfang des Gegenwärtigen fortgesetzt werden. Ich bin inzwischen mit den Gefühlen der vollkommensten Achtung s Luigi, Erzbischof.“

Ew. Hochwürden u. s. w.

Turin, 24. April. (Lloyd.) Ein Dekret der piemontesischen Regierung befiehlt die Bildung von Garde⸗Brigaden, welche aber in ihren Bezügen keinen weiteren Vorzug genießen.

In einigen Gegenden von Turin fanden Erzesse und lärmende Demonstrationen gegen einzelne mißliebige Mitglieder des höheren Klerus statt. In Folge des erzbischöflichen Hirtenbriefes wird sich der Minister Sieccardi beeilen, die weiteren Gesetzvorschläge über die Kirchen⸗Feiertage dem Senate vorzulegen. Der Palast des Erz⸗ bischofs Franzoni wird gegenwärtig, um Ruhestörungen vorzubeu⸗ gen, von National⸗Garden bewacht.

In der heutigen Sitzung der Deputirten⸗Kammer wurde die Debatte über ein Monument für den König Karl Albert auf An⸗ trag des Generals Durando vertagt.

Neapel, 18. April. (Lloyd.) Der Präsident der franzö⸗ sischen Republik hat dem neapolitanischen Kriegsminister, Fürsten von Ischitella, und dem Grafen Ludolf, neapolitanischen Gesandten beim päpstlichen Hofe, den Ehrenlegions⸗Orden überschickt. Meh⸗ rere andere neapolitanische Stabsoffiziere haben ebenfalls Decora⸗ tionen erhalten.

Die Absetzung mißliebiger Beamten dauert in Neapel fort, und dem Vernehmen nach sind mehrere Beamte, welche dem Könige und der Verfassung den Eid der Treue geschworen, abgesetzt worden, weil sie auch auf die Constitution geschworen hatten.

Madrid, 24. April. (Fr. Bl.) Das neulich

Spanien. Staatsschuld soll bedeutend

mitgetheilte Dekret über Regelung der modifizirt werden.

Im Palast ist Alles ruhig.

Das Journal Clamor publie Beschlag belegt.

Zproz. 29 1⁄.

Griechenland. Athen, 23. April. (Tel. Dep. des Statthalters in Triest an den österreichischen Minister⸗Präsidenten Fürsten von Schwarzenberg, aus Triest vom 28. April.) Die Kon⸗ ferenzen zwischen de Gros und Wyse dauern fort. Herr Gros war nicht im Stande, in mehreren Konferenzen mit dem englischen Gesandten sich über die Basis eines Vorschlages zu verständigen, welche er dem griechischen Gouvernement hätte anbieten können. Er hat gestern eine Note an Herrn Wyse mit einem Projekte über⸗ geben, welches ihm annehmbar erscheint, und hat von Herrn Wyse verlangt, im Falle der Weigerung seine Zustimmung nach London zu berichten. Der englische Gesandte hat diese Proposition ver⸗ worfen. Die weitere Anlegung des Blokus der griechischen Häfen von Seiten Englands steht daher in naher Aussicht.

Nächst Syra war ein heftiger Zusammenstoß von Seeräubern mit einem türkischen Dampfboote und einer griechischen Korvette, wobei neun Seeräuber gefangen wurden. v

ist zum ten Male mit