1850 / 122 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

roße Soiree, bei welcher der Banus Jellacic, viele österrei⸗ ische Generale und mehrere von den Ministern, im Ganzen bei⸗ nahe 200 Personen, geladen waren.

8 Nach einem Sr. Majestät dem Kaiser bereits vorliegenden Plane wird die österreichische Marine binnen 15 Jahren 6 Linien⸗ schiffe, 10 Fregatten, 12 Dampfschiffe zählen; nebstdem auch einen bedeutenden Zuwachs von Korvetten, Briggs u. s. w. erhalten. Die Zahl der Matrosen wird auf 1700 erhöht werden.

Das constitutionelle Blatt a. B. sagt: „Noch immer be⸗ H.“ die Kirchenangelegenheit den ersten Rang unter den Tages⸗ fragen. Sie ist auch seit langem die wichtigste, die in das tägliche Leben einschneidendste. Aus Wien wird uns in einem Privatbrief gemeldet, daß man daselbst von einer Monsterpetition gegen die Kirchenordonnanzen spricht und der lith. nord. Beob. theilt mit,

daß „glaubwürdigem Vernehmen nach“ die theologische wie die phi⸗

losophische Fakultät in Wien einen gemeinschaftlichen Protest gegen diese Edikte vorbereitet. Gewiß ist, daß man auch schon in Böh⸗ men von Uebertritten zum Protestantismus in Folge der neuen

Kirchenedikte spricht, und daß die Abneigung, um nicht zu sagen Erbitterung, gegen diese Ordonnanzen von Tag zu Tage eher zu⸗

als abnimmt. Unter den wiener Blättern tritt am ausdauerndsten die Ost d. Post den Kirchenverordnungen entgegen, und selbst die

bedeutend ministerielle Reichszeitung erklärt, daß sie die Frage noch dahingestellt lasse, unter welchen Bedingungen die Freiheit der

Kirche, soll heißen Freiheit der Hierarchie, mit Rücksicht auf die

Verfassung und die gegebenen Verhältnisse Oesterreichs eingeführt werden könne und inwiefern die Regierung, abgesehen von der

praktischen Durchführung, das Prinzip selbst richtig begriffen und in seinen Konsequenzen aufgefaßt habe. Wir unsererseits lassen

die Frage nicht dahingestellt, sondern bleiben bei unserer Ansicht: will die Regierung Oesterreichs Heil und Wohl, so muß sie diese

Verordnungen zurücknehmen.“

Prag, 29. April. (Lloyd.) Der Stand unseres Gemein⸗ dewesens wird von Tag zu Tag schwieriger. Es ist eine verzwei felte Lage, in der wir stecken; alle Hüllen und Verbände, womit man bisher den Kassen⸗Defekt der Gemeinde mehr oder weniger dem Auge des Publikums zu entziehen suchte, sind gerissen, und das Uebel in seiner ganzen Tiefe und Ausdehnung liegt enthüllt vor uns. Bereits mußten 17,000 Fl. Kapitalien angegriffen werden, um die laufenden Auslagen der Stadt zu decken; 75,000 Fl. für verschiedene größere Gemeindebedürfnisse sind unbezahlt und die Ge⸗ meinde⸗Beamten haben vom 1. Mai für ihre Besoldung so viel zu fürchten als zu hoffen.

Großes Aufsehen macht hier die Excommunication des Dr. Smetana, welche gestern in allen hiesigen Kirchen von der Kanzel verkündigt wurde. Der Inhalt der verlesenen Bann⸗Urkunde be⸗ trifft die Antecedentien des Apostaten und seine Strafe. Augustin Smetana, im Jahre 1814 zu Prag geboren, wurde im Jahre 1837 zum Priester des Kreuzherren⸗Ordens mit dem rothen Sterne ge⸗ weiht. Er erhielt hier später die Assistentenstelle an der Lehrkanzel der Philosophie und supplirte diesen Gegenstand, als Professor Exner im Jahre 1847 zur Berathung eines neuen Sindien⸗Planes nach Wien berufen wurde. Als provisorischer Professor am Neu⸗ städter Ober⸗Gymnasium erhielt er vom Großmeister seines Ordens die Erlaubniß, außerhalb des Klosters wohnen zu dürfen, um sei⸗ nem Hörsaale näher zu sein. Doch bald zeigte Dr. Smetana durch Wort und Schrift, daß er auf bedenkliche Abwege in Theologicis gerathen sei, und am 19. Februar d. J. kam ihm daher vom General⸗ Großmeister seines Ordens der Befehl zu, in das Kloster zurückzukehren, um sich in den Dogmen der katholischen Religion, welche er in sei⸗ nem Betragen verleugnete, zu befestigen. Als Antwort darauf er schien eine Erklärung in der Union und auf Grund derselben hat das hochwürdige Konsistorium den Kirchenbann gegen Dr. Smetana ausgesprochen, ihn von aller Gemeinschaft mit der atholischen Kirche erkommunizirt, den Gläubigen jeglichen Umgang mit ihm verboten und ihm sowohl den Empfang als die Ausübung der heiligen Sa⸗ kramente versagt. Doch wurden alle Frommen zu Gebeten ermahnt, auf daß der verirrte Sünder von Gott erleuchtet werde, Buße thue und in den Schooß der Kirche zurückkehre.

Sachsen. Dresden, 2. Mai. (D. A. Z.) Durch meh rere auf die Aufhebung der sogenannten wilden Fischerei auf frem dem Grund und Boden und die Ueberlassung derselben an die Adjacenten bezügliche Petitionen veranlaßt, faßte heute die Kammer rücksichtlich dieses Gegenstandes nach einer sehr langen Debatte fol⸗ genden Beschluß: „Die Kammer stellt an die Staats⸗Regierung den Antrag, es möge den Adjacenten an Flüssen, welche gesetzlich nicht für öffentliche erklärt worden sind, die Ausübung der wilden Fischerei, unbeschadet der künftigen Gesetzgebung über die fließenden Gewässer, überlassen werden, wenn nicht nachgewiesen werden kann, daß die Ausübung derselben auf einem lästigen, mit dem Eigen thümer des belasteten Grundstücks abgeschlossenen Vertrage beruht.“ Der anwesende Regierungs⸗Kommissar erklärte, daß die Staats⸗ Regierung diesen Antrag jedenfalls in Erwägung ziehen werde. In Betreff des Antrags des Abgeordneten Graichen auf Einbrin⸗ gung eines Gesetz⸗Entwurfs wegen Wegfall der Hofeleistungsdienste und Hufengelder beschloß man, die Angelegenheit bis zur Bera⸗ thung des zu erwartenden Gesetz⸗Entwurfs, die Ablösung der baa⸗ ren Geldgefälle betreffend, auf sich beruhen zu lassen.

Württemberg. Stuttgart, 30. April. (Schwäb. Merk.) In der heutigen Sitzung der Landes⸗Versammlung stellte Kapff folgenden dringlichen Antrag: Die Landes⸗Versammlung wolle die Bitte an die Königliche Regierung richten: es möchte der Sittenlosigkeit und Verarmung des Volkes ge

euert werden durch bessere Handhabung oder Erweiterung der Sitten-⸗Polizeigefetze, durch Aufrechthaltung der Sonntagsfeier; durch bälderes und zweckmäßigeres Einschreiten gegen Asoten, Trun⸗ kenbolde, Spieler und Solche, die durch Fluchen und unzüchtige Reden oder Handlungen öffentliches Aergerniß geben; durch stren⸗ gere Bestrafung der Hurerei und des Ehebruchs; durch Verbot des 55 Kaufleuten unverhältnißmäßig wohlfeil abgegebenen, aus Alko⸗ 2 Fenüscheen Pfeffer und anderen schädlichen Substanzen bereite⸗ . wena⸗; durch Einhaltung der zehnten Abendstunde als Whthehacsbeß en.; durch Verbot oder Beschränkung des haltung der enüfwon Sentsge ceen ohne Aufsicht; durch Fern⸗ Sittens gend von Tanzböden; durch Uebertragung der G

tenpolizei⸗Aufsi Bemneaegets afsce an wochenweise abwechselnde Mitglieder des

Wund Bürger ⸗Ausschusses; 8 4 - er Heireh. - husses; durch Beschränk „Niederlassungs⸗ und Wirthshaus 1.

reifere 1es eew.engl- von Fortbildungs⸗Schulen für die vieler sittlich Ve g der Lehrjungen, der dienenden Klasse und so Der Antragsteller besteigt die Redner⸗

Ich habe in

zusammengefaßt, konnte aber

Noth des Volkes sehe. Wir

nicht dagegen ausreichen, sonden nen immer mehr, daß wir allein

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theils veraltet, theils kommen sie nicht zur Ausführung. Größer als unser Etat sind die Summen, welche durch Asotie und Faulheit zu Grunde gehen, und wenn wir von der Verfassung sprechen, so haben wir zu bedenken, daß der ächte Geist der Freiheit und Ordnung kein anderer ist, als der sittliche Geist. Dieser aber ist leider im Abnehmen, man denke nur an die Schwurgerichts⸗ Verhandlungen. Bei einem großen Theile des Volkes fruchten lei⸗ der sittliche Mittel nicht mehr, für diesen geistig unmündigen Theil des Volkes, besonders für die zügellose Jugend, ist es eine heilige Pflicht, etwas zu thun. Ich wäre zufrieden, wenn die Volksver⸗ treter nur aussprechen wollten, es solle von der Obrigkeit für die Sittlichkeit etwas Weiteres geschehen. Nicht nur ein gebildetes, sondern ein sittliches Volk ist wahrhaft frei.

Der Präsident stellt die Frage an die Versammlung: ob der Antrag des Abgeordneten Kapff für so dringlich erachtet werde, daß er von der gegenwärtigen Landes⸗Versammlung zu berathen sei? Es müssen sich in diesem Fall ²¹, der anwesenden Mitglieder dafür aus sprechen. Der Namensaufruf ergiebt 33 dafür, 22 dagegen, mit⸗ hin ist die Dringlichkeit des Antrags abgelehnt.

Fetzer bringt die schon vor der Vertagung der Versammlung angekündigte Interpellation an das Justizministerium, über den Stand der Untersuchungssache gegen Rau und Genossen, in Erinnerung. Staatsrath von Hänlein antwortet: Die fragliche Untersuchungs⸗ sache ist bekanntlich angefochten, bevor die Gesetze über das Ver⸗ fahren bei den Schwurgerichten erlassen waren, sie mußte also nach den Vorschriften der St. Pr. O. geführt werden, es handelte sich also nicht blos um eine Voruntersuchung. Ferner ist die Unter⸗ suchung sehr umfassend, sie verbreitet sich von der Schwarzwald⸗ gegend bis über Gaildorf hinaus, daher konnte sie nicht so rasch vorschreiten. Nachdem nun aber gegen einen großen Theil der An⸗ geklagten die Untersuchung niedergeschlagen worden ist, können die Untersuchungsbeamten der Untersuchung gegen die noch übrig Ge⸗ bliebenen mehr Zeit zuwenden. Behufs der Beschleunigung der Sache ist auch dem Staats⸗Anwalte und dem Referenten bei dem Gerichtshofe in Tübingen eine Unterstützung gewährt worden. Die Sache steht jetzt so, daß in Bälde der Antrag an den Anklage⸗ Senat gebracht werden kann, dann wird die Sache ihren weiteren gesetzlichen Gang nehmen.

Die Tagesordnung führt nun zur Berathung des Berichts der

Finanz⸗Kommission über die Frage, ob der Haupt⸗ Finanz⸗Etat, so wie er von der Regierung auf die Jahre 1849—52 vorgelegt wurde, in Berathung genommen oder ob nur auf eine Etatsberathung für die Jahre 1849—1851 eingegangen werden solle. (Berichter⸗ statter Stockmaier.) Die Kommission sagt: Die positiven Gründe, welche für einen zweijährigen Etat unter den gegenwärtigen Ver⸗ hältnissen sprechen, sind namentlich die, daß 1) von der Regierung eine veränderte Organisation, welche beinahe sämmtliche Staatsein⸗ richtungen betrifft, mit Recht in kürzester Zeit erwartet wird, daß sich aber derzeit nicht einmal annähernd berechnen lasse, welchen Ein⸗ fluß diese veränderten Organisationen auf den Etat haben werden; 2) daß bei der Revision der Verfassung die Frage erst erörtert wer⸗ den müsse, ob in Zukunft überhaupt zwei⸗ oder dreijährige Etats stattfinden sollen; 3) daß man vorläufig, so lange diese Frage nicht entschieden ist, nur dadurch in die frühere Etatsperiode wieder hineinkomme, wenn man dem letzten außerordentlicherweise auf ein Jahr berechneten Etat weitere zwei Jahre gleichsam als Ergänzung anhänge. In Erwägung dieser Gründe und in Be⸗ sracht, daß der eigentliche und hauptsächlichste Zweck der gegenwär⸗ tigen Landesversammlung die Revision der Verfassung ist, und daß dieselbe mit anderweitigen Arbeiten nur insoweit und nur in dem Umfange sich beschäftigen soll, als dieselben unumgänglich nothwen⸗ dig erscheinen, daß aber dem Bedürfnisse einer geordneten Finanz⸗ Verwaltung schon dadurch vollständig Rechnung getragen wird, wenn die Landesversammlung sich nur auf die Berathung eines Etats für die zwei Jahre 1849—51 einläßt, beantragt die Kom⸗ mission: die Landesversammlung wolle beschließen, bei Berathung des von der Regierung vorgelegten Haupt⸗Finanz⸗Etats nur die zwei Jahre 1849—51 in Rechnung zu nehmen.

Nachdem Stockmaier den Bericht erstattet hatte, prüft der Finanz⸗Minister von Herdegen die einzelnen Gründe, welche die Kommission für einen zweijährigen Etat beigebracht hat, und führt aus, wie dieselben viel eher den Antrag der Regierung begründen, einen dreijährigen Etat festzustellen. Wenn überhaupt Ordnung wiederhergestellt und die Bestimmungen der Verfassung eingehalten werden sollen, so müsse die Berathung des Etats auf drei Jahre vorgenommen werden.

Pfeifer spricht für einen zweijährigen Ctat, weil die Refor⸗ men in der Staats⸗Verwaltung dringend geboten seien und man deshalb keinen allzulangen Etat wünschen könne. Das Mittel gegen den finanziellen Bankerott sei allein darin zu suchen, daß man den entgegengesetzten Weg des Oktober⸗Ministeriums einschlage. Die Zerrüͤttung Deutschlands liege in seiner Zersplitterung in so viele kleine Staaten, und diese Zerrissenheit, wie sie die Macht nach außen schwäche, lasse nach innen keinen Wohlstand aufkommen. Des⸗ halb sei der Bundesstaat der allgemeine Wunsch geworden. Das Oktober⸗Ministerium aber suche selbst die Spuren des Bundesstaat⸗ zu verwischen und wieder zum alten Bundestage zurückzukehren. Zeuge davon sei die Uebereinkunft mit Oesterreich und Bayern. Der ganze große Aufwand unseres Landes gewähre nicht die ge⸗ ringste Kraft nach außen oder nach innen; unser kleiner Staat gebe in diesem Jahre allein 2,000,000 Fl. aus, ohne etwas dadurch zu erreichen. Es sei durchaus geboten, daß die Verheißung eines Bundesstaats verwirklicht werde. Was das Innere betrifft, so könne der Staatshaushalt allein dadurch vereinfacht werden, daß man möglichst viele Geschäfte vom Volke besorgen lasse. Es sei Pflicht der Volksvertreter, ihre Stimme zu erheben, so lange sie können, und darum habe er gesprochen.

Minister von Schlayer fuͤhrt aus, daß nach den klarsten Be⸗ stimmungen der Verfassungs⸗Urkunde der Etat auf drei Jahre fest⸗ gestellt werden müsse. Ich habe, sagt der Redner, schon die Erfah⸗ rung gemacht, daß man die allerklarsten Bestimmungen anfechten kann. (Große Heiterkeit.) Ja, ich habe diese Erfahrung gegen mich schon öfters gemacht. Sodann muß ich tief bedauern, daß ein Red⸗ ner vor mir (Pfeifer) von einem bevorstehenden Staats⸗Bankerott gesprochen hat. Ich meine, die Männer, welche berufen sind, für das Wohl des Volkes zu wirken, sollten sich vor Allem hüten, solche Befürchtungen in die Welt hinauszuschleudern. Die in den letzten Tagen in diesem Saale geschehenen Aeußerungen über einen drohenden Staatsbankerott haben bereits nachtheilig auf den Staatskredit gewirkt. Leute, welche Staats⸗Obligationen besitzen, sind damit zu den Banquiers gegangen. Ich protestire im Namen des ganzen Landes gegen die Behauptung, daß wir einem Staats⸗Bankerott entgegensehen. Unsere finanzielle Lage ist allerdings mißlich, aber so trostlos, so verzweif⸗ lungsvoll, wie hier schon behauptet worden, ist sie nicht. Auf den Zustand unserer Finanzen haben hauptsächlich die März⸗Errungen⸗ schaften, der festgesetzte Ablösungs⸗Maßstab u. s. w. gewirkt, sodann v“ Eisenbahnen, in welcher Hinsicht es besser gewesen Falten 8 . von Norddeutschland nachgeahmt, Profit davon uͤb 5 * urch Andere bauen lassen und diesen den

überlassen. Der finanzielle Nachtheil der Eisenbahnen

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wird aber durch volkswirthschaftliche Vortheile wieder aufgewogen, und was durch die Ablösungsgesetze der Staatskasse entgeht, bleibt dennoch im Lande und kommt dem Volke zu Gute. Goppelt: Der Grund, warum ich das Wort genommen habe, ist so eben von dem De⸗ partements⸗Chef mit großem Nachdruck geltend gemacht worden Es ist heute schon das drittemal, daß nicht blos auf die Möglich⸗ keit, sondern auf die Wahrscheinlichkeit eines württembergischen Staatsbankerotts hingewiesen wird, und es scheint mir vom höchsten Interesse, daß darüber im entgegengesetzten Sinne gesprochen werde. Der Redner sucht nun durch beigebrachte Zahlen darzuthun, daß die nicht wenig gegründete Hoffnung sich ergiebt, daß das Gleich gewicht in den Staatseinnahmen und Ausgaben in nicht ferner Zeit sich wieder herstellen werde, ja, es könne die Erhöhung der Kapitalsteuer, der Accise wieder weggenommen werden, und es werde sich dennoch wieder ein kleiner Ueberschuß ergeben.

Hölder hat in rechtlicher Beziehung kein Bedenken über die Annahme des Kommissions⸗Antrags, und es scheint ihm Pflicht zu sein, kein drittes Jahr zu verwilligen, damit entschiedene Reformen vorbereitet werden. Der Redner hält, sofern jetzt der Etat des Justiz-⸗Departements berathen werden soll, umfassende Veränderungen und Vereinfachungen der Gerichtsorganisation für geboten. Diese müssen einen großen Einfluß auf den Etat ausüben, daher könne derselbe für das dritte Jahr jetzt nicht genehmigt werden. St. R. von Hän⸗ lein erwiedert, daß umfassende Gerichtsorganisationen nichts so leichtes seien, daß sie nicht in einem Augenblicke ins Leben gerufen werden können. Ein Rechtsgelehrter habe vor einigen Jahren in einem Aufsatze die Organisalion des Gerichtsverfahrens als nicht so schwierig dargestellt. Dieser selbe Rechtsgelehrte sei nachmals an die Spitze des Justiz⸗Ministeriums gelangt und werde sich überzeugt haben, daß die Durchführung nicht so leicht ist. Ich habe, sagt der Red⸗ ner, bei den Akten einen Plan zu einer neuen Geeticesdesaleng gefunden, es ist eine treffliche Arbeit. Ich habe den Verfasser die⸗ ses Planes gebeten, auch die Rechnung zu machen. Derselbe hat dann berechnet, daß die vorgeschlagene, verbesserte und vereinfachte Gerichtsverfassung 140,000 bis 100,000 Fl. mehr Aufwand herbei führe, als die jetzt bestehenden Einrichtungen

Zimmermann: Der Minister habe gesagt, die Stände seien berufen, die für nothwendig erkannten Steuern zu verwilligen; wenn damit gemeint ist, die Stäͤnde können die Steuern nicht auch ver⸗ weigern, so protestire er dagegen. Das Ministerium sei nicht be fugt, die Versammlung zu hindern an der Berathung eines zwei jährigen Etats, denn diese könne ja später auch noch das dritte Jahr berathen, wenn inzwischen die Regierung die Reformen gemacht habe. Der Hauptgrund der Differenz zwischen Einnahmen und Aus gaben liege in den Vorbereitungen zum Kriege, welche als schleichendes Fieber in den Staaten Europa's alle besseren Kräfte verzehrt ha⸗ ben. Wäre das Volkswohl gehoben worden, dann gäbe es auch nicht so viele Gante, mit denen die Gerichte so sehr beschäftigt seien. Auch sollten die Gerichte im Allgemeinen besser besetzt wer⸗ den, als mit Beisitzern, die oft schlafen. Minister von Schlayer erwiedert, daß er mit keinem Worte das Recht der Steuerverwei⸗ gerung der Stände berührt habe. 8 Mäulen: Ich erkläre mich gegen den Kommissions⸗Antrag, und zwar aus Rücksichten der Sparsamkeit. Reihen wir die Bera⸗ thung des Etats von 1851 52 der Berathung der Etats von 1849 —50 und 1850 —51 an, so mag dieses dem Lande einen Kosten⸗ Aufwand von nur 2000 Fl. verursachen. Berathet man aber nach Jahr und Tag den Etat von 1851—52 abgesondert, so steht dem Lande ein Aufwand von 30,000 Fl. in Aussicht. Soll reformirt werden, so wird dieses geschehen, ob wir jetzt einen zwei⸗ oder dreijährigen Etat berathen, jedenfalls steht das, was man durch die Reformen ersparen wird, nicht in dem Verhältnisse zu dem, was wir dem Lande ersparen, wenn wir jetzt einen dreijährigen Etat berathen. Finanzminister von Herdegen bemerkt, man müsse auch die Zeit berücksichtigen. Man verlange von den Ministerien fort und fort neue Organisationen und Berathungen, auf der anderen Seite muthe man ihnen zu, so viele Zeit mit Etatsberathungen zu verschwenden. Auch die Rücksicht auf die Kostenersparniß empfehle eine dreijährige Etatsberathung.

Süskind: Daß das Recht der Steuerverwilligung auch das der Steuer verweigerung in sich schließe, nicht blos in quan⸗ titativer sondern auch qualitativer Beziehung, hinsichtlich der Zeit der Steuerperioden, ergiebt sich aus dem Grundsatz des constitu tionellen Staatsrechts überhaupt. Das constitutionelle System, wenn es eine Wahrheit bei uns sein soll, dürfte daher dieses oberste Recht der Volksvertretung am wenigsten bezweifeln. Dafür beruft sich der Redner auf den englischen Staatsmann Ed NIe fein Demokrat, obwohl ein Konservativer, sich dahin ausgesprochen: Eine Regierung, welche sophistizirte und subtile Deductionen über die unbeschränkte und unbeschränkbare Natur der höchsten Souve⸗ rainetät behauptet, lehrt durch solche Mittel nur die Regterten, diese Souverainetät in Frage zu stellen. Wenn aber Souverainetät und Freiheit eines Volkes sich nicht versöhnen lassen, was wer⸗ den die Regierten erwählen? Der konservative Staatsmann sagt: sie werden Euch Eure Souverainetät ins Gesicht werfen. Denn es läßt sich Niemand gern in Sklaverei hinein argumentiren.

Schweickhardt: Die Verfassungs⸗Urkunde sagt nur: in der Regel sei der Etat auf 3 Jahre festzustellen; sie setzt also regelmäßige Zustände voraus. Nun hat aber kürzlich der Minister des Innern gesagt, wir leben in abnormen Zuständen. Ich gebe dieses zu, unsere Zustände sind abnorm, und besonders sind unsere jetzigen Minister abnorm. Es ist daher nöthig, daß die Minister normal werden, daß sie sich bemühen, in unserem Volke normale Zustände herbeizuführen, denn sonst gehen wir sicherlich dem Staats⸗ Bankerott und dem national⸗ökonomischen Bankerott entgegen. Minister von Schlayer antwortet, er habe nur vergleichungs⸗ und bedingungsweise das Minister um abnorm genannt gegenüber viel größeren Abnormitäten, und er müsse bitten, daß man seine Worte nicht anders deute, als dieselben in den Protokollen stehen.

Vogel will nicht über die rechtliche Seite der Sache spre chen, sondern nur über die finanzielle; in dem Etat kommen manche Positionen vor, die schon jetzt bis zum Jahre 13“* sest⸗ gesetzt werden können, namentlich solche, b E1““ gesetze influiren; in den Bemerkungen zu 6s „¹ ositionen sei öfters gesagt, daß sie nur auf EII1“““ Finanz Minister von Herdegen entgegnet, dieser Satz beweise viel zu viel; allerdings können einzelne Etatssätze föm auf Schaͤtzung he⸗ ruhen, aber wäre dieses nicht zulässig, so könnte man niemals ei

2 entwerfen. nen Kommissions-Antrag sind zwei Gründe ent⸗ gegengesetzt worden, einmal: er sei rechtlich nicht begründet, und zweitens: er sei unpraktisch. Die rechtliche Zulässigkeit sucht der Redner aus den Bestimmungen der Verfassungs⸗Urkunde darzu thun, ja, diese Versammlung sei nicht einmal berechtigt, einen dreijährigen Etat zu berathen, weil sie sonst ihre Befugnisse über schreiten und in die Rechte der künftigen Landesvertretung eingrei⸗ fen würde. Wenn es Einem wirklich um das Wohl des Volks zu thun sei, der müsse zur Entwicklung des Volkslebens die Hand bie⸗ ten, der müsse den im Volke herrschenden Krankheitsstoff ausschei⸗ den; dies könne nur auf dem Wege der Reform geschehen; der

Staatsmann müsse aber den Weg der vernünftigen Reform zur rechten Zeit betreten, er dürfe die Krisis nicht abwarten, in welcher auf dem Wege der Reform vielleicht gar nicht mehr geholfen wer⸗ den könne. Der Redner stellt nun eine Vergleichung des Etats von 1830 an bis auf die neueste Zeit, und zeigt, daß die Ausgabe⸗ Etats bei den meisten Rubriken in sortwährendem Steigen begrif⸗ sen sind, während die Hülfsquellen des Staats abnehmen. Er geht dann auf die Staatsschuld über. Diese habe im Jahr 1806, als das Land ein Königreich geworden, 14 Millionen betragen, etwa 1 ½ Millionen Schulden seien übernommen worden, bis zum Jahre 1820 sei sie fortwährend gestiegen, und habe in den 1820ger Jahren 24 Millionen betragen. Später sei sie wieder auf 20 Mil⸗ lionen zurückgegangen, jetzt betrage sie fünfzig Millionen für ein Ländchen von anderthalb Millionen Menschen. Es komme auf jeden Kopf 30 Fl. Staatsschuld, jeder Kopf müsse zur Verzinsung der Staatsschuld etwa 1 Fl. 30 Kr. beitragen. Diese Thatsachen sprechen klar und deutlich, daß eine einfachere und wohlfeilere Staats

Verwaltung absolut nöthig sei, und um dieses herbeizuführen, sei es Eile, daher dürfe man nicht auf Jahre hinaus Gelder verwilligen. Was den von dem Chef des Justiz⸗Departements angeführten Entwurf zu einer Gerichts⸗Organisation betreffe, so scheine dieser, sofern danach mehr Geld erfordert werde, fast dazu gemacht worden zu sein, um von einer neuen Organisation abzuschrecken.

Minister von Schlayer entgegnet, daß die Ausgaben aller⸗ vings zugenommen haben, aber nur im Interesse der Staats⸗An⸗ stalten selbst, durch Uebernahme von Straßen, durch Verbesserung des Unterrichtswesens in allen Theilen, durch Uebernahme von Kom⸗ munallasten auf den Staat u. dgl. Seeger habe aber ganz unter lassen, anzuführen, daß dem Volke dessenungeachtet keine neuen Steuern auferlegt, vielmehr bestehende Abgaben theils abgeschafft, theils er mäßigt worden seien. Der jetzige finanzielle Zustand sei eine Folge der März⸗Errungenschaften, bis zum Jahr 1848 sei Alles gut gewesen. 1

In längerem Vortrage sprach noch Römer, der Seeger’s An⸗ sichten theilt. Die Berathung wird hiermit geschlossen, der Be⸗ richterstatter Stockmaier widerlegt die gegen den Kommissions Bericht von dem Ministerium gemachten Einwendungen kurz, weil, wie er sagt, die Abgeordneten Seeger und Römer schon das thige erwiedert haben. Man wisse nicht, welchen Einfluß auf die folgenden Jahre die Entschließungen Sr. Majestät des Königs we⸗ gen Nachlasses an der Civilliste haben werden, welchen Einfluß die dringend nothwendige Revision des Apanagengesetzes, die abgeän⸗ derten Pensionsgesetze, die Aufhebung des Geheimen Rathes, die verminderte Volksvertretung üben werden. Dies und Anderes rathe von einer dreijährigen Etats⸗Berathung dringend ab. Der Antrag der Kommission wird nun hierauf mit 53 gegen 3 Stim⸗ men angenommen.

Von den Abgeordn. Hopf, Pfäfflin, Schnizer, Trotter, Kraus, L. Seeger, Winter, Nüßle, Mattes ist der Antrag gestellt worden, daß die Berathungen des Finanz⸗ Etats so lange vertagt werden, bis die Regierung ihre Vorlagen über die Verfassungs⸗Revision der Landes⸗Versammlung wirklich übergeben haben wird. Präsident: Nach einer Mittheilung eines Mitgliedes des Ministeriums können die Vorlagen morgen erfolgen, er schlage daher eine Sitzung auf morgen Nachmittag vor. Die nächste Sitzung wird auf morgen Abend um 4 Uhr festgesetzt, in welcher das Ministerium die Ver⸗ fassungs⸗Vorlagen machen wird.

Baden. Mannheim, 29. April. (Karlsr. Zt g.) Der heutige Nachmittag war ein Nachmittag des Wetteifers unter den Waffengattungen zweier befreundeten Mächte. Des Morgens schon inspizirte Oberst Holtz zum Zweck einer nachsolgenden In⸗ spection von Seiten Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen die hiesige badische Infanterie. Gegen 1 Uhr Nachmittags stellte sich sämmtliche preußische und badische Militairmacht der hiesigen Garnison vor dem Großherzoglichen Schlosse auf; auf dem linken Flügel das zweite badische Dragoner⸗Regiment, auf dem Schloß⸗ platze selbst das erste und das neu organisirte dritte Infanterie Bataillon nebst den Cadres des 2ten, Aten, 6ten und 7ten Bataillons und auf dem rechten Flügel das preußische Infanterie Bataillon vom 28sten Linien⸗Regiment sammt 2 Schwadronen Ulanen, welche von den umliegenden Ortschaften Schwetzingen, Seckenheim und Feudenheim herbeigezogen worden waren. Um die bestimmte Stunde kam Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen an und mit ihm Se. Großherz. Hoheit der Prinz Friedrich von Baden, Commandeur des 1sten Reiter Regi ments und Se. Großherzogl. Hoheit der Markgraf Max; in seinem Gefolge befanden sich: der Kriegs Minister von Roggenbach, die preußischen Generale von Schreckenstein und Brun, die Obersten Holtz und von Roggenbach ꝛc. Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen passirte zuerst die Reihen der badischen Infanterie die Kavallerie war sogleich bei dessen Ankunft auf den großen Exerzier⸗ platz des rechten Neckarufers abmarschirt und ließ dieselbe hierauf defiliren. Sowohl über die militairische Haltung als über das Aussehen unserer Infanterie sprach sich Hochder⸗ selbe höchst vortheilhaft aus, und es wurde dieses Lob von den je⸗ weiligen Bataillons⸗Commandeuren der Mannschaft verkündet. Nach Besichtigung der badischen Infanterie wurde die der preußischen Infanterie und Kavallerie vorgenommen; die erste vollführte bei dieser Gelegenheit auch einige Uebungsmanöver, insbesondere einige Bajonettattaken, die sich des ungetheilten Beifalls zu erfreuen hat ten. Die Musik vom Lssten preußischen Infanterie⸗Regiment, welche von Heidelberg hierher beschieden worden war, spielte dabei abwechselnd mit der Musik der Ulanen. Nach geschehener Besichtigung auf den Schloßplätzen marschirten die Ulanen nun ebenfalls auf den Exer⸗ zierplatz über den Neckar, gefolgt von einer unübersehbaren Men schenmenge zu Fuß, zu Wagen und zu Pferde. Nach zwei Uhr kam auch Se. Königl. Hoheit der Prinz sammt seinem Generalstab und den bereits genannten höchsten und hohen Herrschaften daselbst an, und verweilte, nachdem die preußischen Ulanen nach einem höchst gelungenen Manöver im Trab und Galopp entlassen worden waren, bis 4 Uhr Abends bei Besichtigung des 2ten badischen Reiter⸗Regi⸗ ments. Alle möglichen Directions „Veränderungen und sonstigen Manöver des Regiments⸗Unterrichts wurden mit einer im Ver hältniß der kurzen Zeit der Neubildung deiess Regiments unbegreiflichen Ordnung und Schnelligkeit exekutirt und der höchste Beifall lohnte der Mannschaft, die trotz der gehabten Stra pazen nach mehrstündigem Manoͤvriren endlich ohne eine Spur von Ermüdung mit heiterer Miene wieder einrückte. Im Trab ritten nach Beendigung der heutigen großartigen und imposanten Besich tigung die hohen Herrschaften nach der Stadt zurück in das Gast⸗ haus zum Europaäischen Hof, wohin Se. Königliche Hoheit der Prinz von Preußen sämmtliche Stabs⸗Offiziere zur Tafel geladen hatte. Um 5 Uhr suhr dieser mit der Eisenbahn nach Frankfurt, Ihre Großherzogliche Hoheiten der Prinz Friedrich von Baden und Markgraf Marx aber mit ihrem Stabe eine Viertelstunde später nach Karlsruhe zurück.

Donaueschingen, 29. April. (Schwäb. Merk.) In verflossener Nacht wurde das hiesige Fürstliche Hoftheater ein Raub ver Flammen. Das Feuer griff so schnell um sich, daß nur We⸗

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niges und Unbedeutendes gerettet werden konnte. Es war halb zehn Uhr Abends, als der Brund bemerkt wurde, und alsbald stand die ganze Umgegend in schauerlicher Tageshelle. An Rettung war nicht mehr zu denken. Zum Glück trieb ein leichter Nordost⸗Wind den Feuerregen gegen die Fürstlichen Anlagen hin, da sonst großes Unheil für die benachbarten großen Gebäude und das Fürstliche Schloß zu bssorgen gewesen wäre. Was anfangs ganz besonders beunruhigte, war der Umstand, daß in den sehr nahe anstoßenden Fürst⸗ lichen Stallgebäuden der ganze Artillerie⸗Park der preußischen 37sten Fußbatterie in Verwahrung stand, doch der günstige Wind wendete bald jede Gefahr ab. Ueber die Entstehung des Feuers weiß man natürlich zur Zeit etwas Bestimmtes nicht; doch geht die allgemein und auch ziemlich wahrscheinliche Vermuthung dahin, daß Fahrläs⸗ sigkeit oder irgend ein unglückliches Zusammentreffen der Grund sei. Es sollte heute in Folge Personenwechsels eine Uebergabe er⸗ folgen, zu welchem Zwecke gestern Heizung stattfand. Bis jetzt liegt kein hinreichender Grund für die Vermuthung irgend einer Bös⸗ willigkeit vor. Unglücksfälle ereigneten sich nicht.

Der Königl. preußische General von Kölln ist seit vorgestern in unserer Stadt und mustert die hiesige Besatzung. Morgen wird er sich zu gleichem Zweck nach Villingen begeben und dann die Reise nach Sigmaringen fortsetzen.

Frankfurt. Fraukfurt a. M., 1. Mai. (O. P. A. Z.) Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen ist hente Vormittag um 11 Uhr über Biebrich nach Koblenz gereist.

Die O. P. A. Z. enthält Folgendes: „Gestern traf eine öster⸗ reichische Note hier ein, welche die Bevollmächtigten sämmtlicher deutschen Regierungen hierher einladet, um in möglichst kürzester Zeit die Berathungen über die deutsche Angelegenheit beginnen und die erste Sitzung schon am 10. Mai abhalten zu können. Als nächste Aufgabe der Berathung wird „die Einsetzung eines neuen provisorischen Centralorgans“ bezeichnet und angenommen, daß dies Werk um so mehr in 14 Tagen beendigt sein könne, als die öster⸗ reichische Regierung „die so wünschenswerthe Verständigung durch entsprechende Vorlagen nach Thunlichkeit erleichtern werde.“ „Nachdem“, fährt die Note fort, „durch eine solche Verständigung die wesentlichste Bedingung erfüllt sein wird, von der die Erreichung der Zwecke des Bundes abhängt, dürfte es an der Zeit sein, daß die Versammlung der Bevollmächtigten ihre Aufmerksamkeit der allgemein als nothwendig anerkannten Revision der Bundesverfassung zuwende, und in Erwägung ziehe, in welcher Weise dieselbe zu Stande kommen solle.“ Alle bisherigen Versuche seien fruchtlos geblieben wegen Mangels an Uebereinstimmung der Ansichten, auf welchen Grundlagen das zu schaffende Werk zu ruhen habe, und auf welchem Wege eine Ausgleichung für die herr⸗ schende Verschiedenheit der Meinungen zu suchen sei. Diese Zwei⸗ fel dürften ihre Lösung in der von dem Kaiserlichen Hofe zu beru⸗ fenden Versammlung finden, da dieselbe die ihr hierzu nöthigen Be⸗ sugnisse aus §. 4 der wiener Schlußakte abzuleiten vermag, und aus diesen Bestimmungen zugleich die Grundsätze entnehmen wird, von welchen jede Revision der Bundes⸗Verfassung auszugehen hat, wenn der derch die völkerrechtlichen Vertroge von 1815 als ein unauflöslicher Verein erklärter Bund aufrecht erhalten werden so . Treu übrigens den wiederholt gegebenen Zusagen, daß sie nicht zu dem Bestandenen, den Bedürfnissen der Zeit nicht mehr Entspre⸗ chenden zurückzukehren bezwecke, sondern nur auf den gegebenen, auf Vertrag und Recht begründeten Verhältnissen jene Bestimmungen entwickelt zu sehen wünsche, welche für die Zukunft geschaf⸗ fen werden sollen, wird die Kaiserliche Regierung redlich dazu mitwirken, daß nach solchen Grundsätzen ein Werk zu Stande komme, welches gerechten und billigen Ansprü⸗ chen allseitig zu genügen vermöchte. Die Kaiserliche Regierung dürfe erwarten, daß sämmtliche Genossen des Bundes dem Aufruf entsprechen werden, und es sei diese Zuversicht durch die Erwägung gerechtfertigt, daß der eingeschlagene Weg nicht nur bundesgesetzlich, sondern der einzige zum Ziele führende sei, und überdies die zu fassenden Entschließungen zur Erfüllung der Bundeszwecke uner⸗ läßlich seien. Deshalb könne auch keiner der Bundesgenossen seine Theilnahme und Mitwirkung verweigern, wenn er nicht aufhören wolle, Mitglied des Bundes zu sein. Eine weitere Besprechung dieser tiefgehenden Note sammt ihrer wörtlichen Mittheilung be⸗ halten wir uns vor.“

Dasselbe Blatt meldet ferner: „Aus zuverlässiger Quelle haben wir in Erfahrung gebracht, daß dem Senate in seiner gestri⸗ gen Sitzung durch den österreichischen bevollmächtigten Minister Baron Menshengen offizielle Mittheilung von zwei Cirkular⸗Depe⸗ schen des österreichischen Kabinets vom 26. April gemacht worden ist. Die eine betrifft die seitens des Kaiserlichen Präsidialhofes an alle deutsche Bundesgenossen ergehende Auffordervng zur Entsen dung ihrer Bevollmächtigten zu der am 10. Mai dahier durch einen nächstens hierher kommenden Kaiserlichen Bevollmächtigten zu eröff⸗ nenden Plenar⸗Versammlung, welche sich zuvörderst über die Einsetzung eines neuen provisorischen Central⸗Organs an die Stelle der seither bestehenden Bundes⸗Central⸗Kommission auf die zu erwartenden Vorschläge Oesterreichs zu vereinbaren, und dann die Revision der deutschen Bundes⸗Verfassung im Geist der gesche⸗ henen Zusage vorzunehmen hat. Die zweite Cirkular Depesche giebt Nachricht von der Vorsorge des Kaiserlichen Hofes, daß die Bundes⸗Central⸗Kommission die oberste Leitung der gemeinsamen, nicht wohl einen Aufschub leidenden Bundes⸗Angelegenheiten noch so lange fortführe, bis die von ihm (nach den Bestimmungen des Art. VI. der Bundes⸗Akte, Art. 58 der wiener Kongreß⸗Akte und des Art. IV. der wiener Schluß⸗Akte) einberufene Plenar⸗Ver⸗ sammlung ein neues interimistisches Central⸗Organ geschaffen haben wird; es ist darin die Voraussetzung ausgesprochen, daß alle deutsche Regierungen hiermit einverstanden sein und diese nenerdings bethä⸗ thigte Sorgfalt Sr. Majestät des Kaisers für das Gemeinwohl Deutschlands anerkennen werden.“

Alusland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 1. Mai. Den Vorsitz führt Daru. Der Präsident wählt die Milglieder der Abtheilungen durch das Loos. Zwei lokale Ge⸗ setzvorschläge ohne Interesse werden sofort angenommen. Der Kriegsminister bringt einen Gesetzentwurftbezüglich der Douanen⸗ verwaltung in Betreff Algiers, des französischen und fremden Handels ein. Rancey beantragt Verweisung des Gesetzes an die algierische Kommission. Cordier verlangt, daß sein Antrag über Stimmzählung auf die Tagesordnung kommt. Beides wird ange⸗ nommen. Fortsetzung der Budgetdebatte: Kriegsministerium, Kap. 27, Militairschulen. Berryer verlangt dessen Vertagung. Kap. 28 Invaliden 2,731,000. Charras bemerkt, daß die Exekutivgewalt durchaus nicht das Recht habe, im bloßen Verwaltungswege gesetz⸗ lich bestimmte Gehalte zu ändern, wie dies zu Gunsten des Inva liden-Gouverneurs Jerome geschehen, der unrechtmäßig 60,000 Fr. bezieht. Kap. 28 wird angenommen. Kap. 29, General⸗Verwal⸗ tung Algiers 771,000 Fr. Rancey interpellirt hier den Mi⸗ nister über die maßlose Willkür und Brutalität der verwaltenden

Offiziere in Algier, namentlich die rücksichtlose Austreibung der Ko⸗ lonisten. Der Kriegsminister erklärt sich durch diese Interpel⸗ lation genöthigt, bis zur Abreise der Kolonisten zurückzugehen. Statt Ackerbauern und Landleuten habe man aus Paris Künstler, Goldarbeiter, Kaufleute hingesendet. Diese Leute hätten dem Zweck nicht entsprechen können. Auch sei ihre politische Gesinnung verdächtig. Man habe sie daher jedenfalls ausweisen müssen (Lärm). Didier weist dem Kriegs⸗Minister nach, daß seine Angaben falsch seien, und beruft sich deswegen auf die Generale Cavaignac und Lamoricière. Kap. 29 wird angenommen. Kap. 30, 31, 32, 33 ohne Debatte ange⸗ nommen. Kap. 34, Expropriation in Algier 400,000 Fr. Die Kommission beantragt einen Abzug an den topographischen Arbeiten. General Daumas spricht dagegen. Es bestehe in Abtheilung des Landes die Sicherheit für Kauf und Verkauf. Für Kom

missionen sei dies Verfahren unerläßlich. An mehreren Orten wachse ausgezeichnetes Bauholz. Diese Reichthümer werden dem Staate von den Einheimischen streitig gemacht. Doch seien sie der franzoösischen Marine unentbehrlich. Er verlange daher Resti⸗ tuirung des Kredits für topographische Arbeiten. Der Bericht⸗ erstatter bemerkt, der bisherige Kredit betrage 429,000 Fr. Die Kommission beantrage Verminderung um 150,000 Frs. General Bedeau bemerkt, wenn die Kommission über die Resul⸗ tate der topographischen Arbeiten in Algier gehörig unterrichtet wäre, würde sie sich anders entschieden haben. Die Arbeiten seien nützlich und unerläßlich für den Waldreichthum der Gegend. Wenn man das Ingenieurcorps aufheben wollte, werde man bei jedem

Schritte auf massenhafte Hindernisse stoßen. Der Berichterstat⸗

ter meint, man beabsichtige nicht Aufhebung, nur Beschränkung des

Ingenieurcorps. Cavaignac bemerkt, man habe die Unzuverlässigkeit

der gewöhnlichen Geometer sehr oft erprobt. Die Kommission habe aller⸗ dings nur den Beamtenüberfluß im Auge. Sie habe nichts am Stande der aufnehmenden Offizlere geändert. Er aber sehe sich

genöthigt, der Versammlung zu erklären, daß die gegenwärtige An⸗

zahl der Beamten viel zu gering sei. Denn in Afrika sei das Land

nicht ohne Eigenthümer. Die Eingebornen besäßen es. Berryer bemerkt, der Staat besitze in Algier noch 727,000 Hektaren herren⸗ losen Landes. Er könne also noch lange konzediren, ohne

den Eingebornen zu nahe zu treten. Die Furcht des Ge⸗

nerals Cavaignac sei ungegruͤndet, die Kommission beharre bei ihrer Ansicht. Nach mehreren neuen Bemerkungen Berryer's und Bechard's wird die Reduction von 400,000 Frcs. verworfen, das Kapitel aber angenommen. Kap. 36. Ackerbau Kolonieen. Daumas bestreitet die Reduction von 5500,000 Fres., welche die Kommission bean⸗ tragt, zuerst habe man 10 Millionen verlangt, dann 8 Millionen. Heute gehe man noch weiter. Das könne nicht angehen. Die Re⸗ duction wird angenommen. Die letzten Kapitel des Kriegsbudgets werden bewilligt und die Sitzung aufgehoben.

Paris, 1. Mai. Der Präsident der Republik hat hente mehrere einflußreiche Mitglieder der parlamentarischen Majorität zu einer Konferenz im Elysee beschieden, worunter die Herren Broglie, Molé, Thiers und Odilon Barrot. Der Letztere hat der

Einladung keine Folge geleistet. Auch mehrere Generale, worun⸗ ter die Herren Grammont und St. Priest, wohnten der Bera⸗ thung bei. 8

Bei dem letzten Feste des englischen Gesandten Lord Normanby erschien zum erstenmal wieder der spanische Gesandte, Herzog von Sotomayor, und wurde von Ersterem auf das Zuvorkommenste empfangen.

Ueber die pariser Wahl vom 28sten giebt heute der Moni⸗ teur du Soir folgende Ziffern nach der Erhebung der Wahl⸗ Union als positiv: Eugene Sue 128,007, Leclerc 119,425. Die Gazette de France erzählte gestern Abend, daß Girardin und die übrigen Redacteure der Presse gar nicht mitgestimmt, die Redacteure des Siècecle aber, mit Ausnahme des Herrn Perise, ihre Stimmen an Eugen Sue gegeben hätten. Das Sisele er⸗ wiedert heute, die Gazette sei salsch berichtet. Heute hat Paris wieder sein gewöhnliches ruhiges Aussehen angenommen, und nicht die leiseste Spur einer Aufregung ist wahrzunehmen.

Der Präfeke des Departements Saone und Loire hat an die Unterpräfekten, Maires, Friedensrichter, Gendarmerie⸗Kommandan ten und Polizei⸗-Kommissäre seines Departements folgendes Cirku⸗ lar erlassen: „Die Behörde hat aus Rücksichten für die Ordnung sich veranlaßt gesehen, die sozialistischen Wahl⸗Versammlungen zu schließen. Dieses Verbot ist von jetzt an absolut, d. h., es darf keine Zusammenkunft, auch nicht in Form eines Bankettes geduldet werden. Sie haben mit äußerster Strenge dagegen einzuschreiten.“

Großbritanien und Irland. London, 1. Mai. Heute früh nach 8 Uhr ist die Königin Victoria glücklich von einem Prinzen entbunden worden. Im Zimmer bei Ihrer Majestät be⸗ fanden sich Prinz Albrecht, der Arzt Dr. Locock und die Amme Mistreß Lilly; in den angränzenden Gemächern waren noch die beiden Aerzte Sir James Clark und Dr. Fergusson, so wie die Minister und hohen Staatsbeamten, unter diesen der Herzog von Wellington, Sir George Grey, der Erzbischof von Canterbury, der Bischof von London, Lord John Russell, der Herzog von Norfolk und der Marquis von Breadalbane, als Repräsentanten des Ge⸗ heimen Raths. Heute hat das Parlament einstimmig eine Glück⸗ wunsch⸗Adresse an Ihre Majestät votirt.

Im Unterhause wurde gestern ein Antrag des Herrn Henley, daß die Krone in einer Adresse um sorgfältige Untersuchung aller Staats Gehalte und um möglichste, mit dem öffentlichen Dienst ver trägliche Herabsetzung derselben gebeten werden solle, dem das Mi⸗ nisterium entgegentrat, weil in dieser Hinsicht schon das irgend Zu⸗ lässige geschehen sei, und ein solcher Antrag wie ein Mißtrauens⸗ votum aussehen würde, mit 269 gegen 173, also mit einer Majo⸗ rität von 93 Stimmen, durch die vorläufige Frage abgelehnt.

RNußland und Polen. St. Petersburg, 27. April. Der Russische Invalide meldet: „Bei der feierlichen Heer⸗ schau, welche Sonntag, den 14. April, abgehalten wurde, waren wir Zeugen einer erhabenen und denkwürdigen Scene. Nachdem Se. Majestät der Kaiser auf dem Admiralitätsplatze die Reihen entlang geritten, geruhten Höchstdieselben „Präsentirt's Gewehr!“ zu kommandiren und, als die Fahnen sich neigten, ein „Hurrah!“ auszubringen, das augenblicklich tausendstimmig wiederhallte. Da riefen Se. Majestät der Kaiser den Feldmarschall herbei, der kurz zuvor in der Hauptstadt angekommen war, traten ihm die Ehren⸗ bezeugung ab, reichten ihm die Hand und sprachen einige Worte, die, nach dem Ausdrucke der Züge des Monarchen zu schließen, die Freude, den berühmten Heerführer in der Hauptstadt zu sehen und das Wohlwollen, welches dieser sich durch die Thaten des verflossenen Jahres aufs neue erworben, ausdrückten. Der Fürst von Warschau war aufs tiefste gerührt, nahm seinen Helm ab und sank im Ueber⸗ maße des Dankes an des Kaisers Brust, der mit herzlichem Ge⸗ fühle das mit frischem Lorbeer bekränzte Haupt küßte. Es war un⸗ möglich, ein gleichgültiger Zeuge der rührenden Dankbarkeit des Monarchen zu sein, der den Ruhm seines Unterthanen, einen durch Thaten für das allgemeine Beste erworbenen Ruhm, so würdig schätzt und belohnt.“ Erst am 2Asten d. reiste der Fürst Paskewitsch wieder nach Warschau ab.