den Märkten in einem für unsere Ausfuhr nachtheiligen Maße werde gesteigert werden.
Rücksichten dieser Art waren es, welche der seit dem 1. Januar 1846 eingetretenen Zollbefreiung der Artikel: Galläpfel, Kurkume, Sumach, Eckerdoppern, Knoppern, Schwefel und Aloe und der gleichzeitig erfolgten Ermäßigung der Eingangs⸗Abgabe von Harzen,
so wie der ein Jahr später in Kraft getretenen Zollbefreiung von
Farbhölzern in Blöcken, zu Grunde lagen. Bei Gelegenheit der Vereinbarung über die letztere Maßregel wurde zugleich von Seiten mehrerer Vereins⸗Regierungen empfohlen, dem Grundsatze, daß solche fremde Fabrik⸗Materialien, bei deren Erzeugung und v2 stellung eine inländische Konkurrenz nicht stattfindet, zu Gunsten 98 betheiligten Gewerbe vom Eingangszolle zu befreien seien, bei 9 nächsten Tarif⸗Revision eine noch ausgedehntere Anwendung z geben. ““ 1 In diesem Sinne sind von der Staats⸗ Regierung bereits . Jahre 1848 Vorschläge gemacht worden, auf welche sie jetzt 3 zukommen beabsichtigt. 8 1 5 “ Gesichtopankte sind bei diesen Vorschlägen E“ Die Zollbefreiung ist zu beschränken auf bielenigen Feafebe 8 welche im Inlande nicht erzeugt werden, oder E1“ zeugung durch diese Befreiung nicht benachtheiligt also namentlich alle und bse 58 1.“ Materic ienenden chemischen Fabrikate hier auszuscheiden. 8 C übrigen Fabrik Materialien würde zwar im Interesse der Industrie und des Handels einem Bede nken nicht unterliegen können; es befinden sich jedoch darunter einige Artikel, welche vermöge der großen Ausdehnung ihres Verbrauchs, trotz der Geringfügigkeit der davon zu entrichtenden Eingangs⸗Abgabe, der Staatskasse eine erhebliche Einnahme gewähren und welche zugleich für die zur Ausfuhr arbeitenden Gewerbe ohne irgend wesentliches
Interesse sind. Bei diesen Artikeln, nämlich den zur Seifen⸗ und Lichter⸗Fabrication, so wie zu einigen minder wichtigen technischen wecken dienenden ausländischen Fetten und Oelen, mußte die finan⸗ zielle Rücksicht um so mehr überwiegen, als die Verminderung der Zoll⸗Einnahmen, welche in Folge fast aller übrigen der Berathung unterliegenden Abänderungs⸗ Vorschläge in Aussicht steht, es drin⸗ gend erforderlich macht, die Zollbefreiungen nicht über das Maß des wirklich Nothwendigen auszudehnen. Eine Ausnahme war je⸗ doch hinsichtlich dieser Artikel zu machen. Das Baumöl ist für mehrere der wichtigsten zum Export arbeitenden Gewerbe, nament⸗ lich für die Türkischroth-⸗Färberei, die Seidenwaaren⸗ und die Tuch⸗ Fabrication, ein zu erhebliches und unentbehrliches Material, um nicht seine zollfreie Einlassung, sofern es denaturirt, also für einen anderen, als den Fabrikgebrauch, untauglich gemacht ist, als unab⸗ weislich erscheinen zu lassen. Die auf diesen Gesichtspunkten beruhenden, in der Anlage zu⸗ sammengestellten Abänderungs⸗Vorschläge werden hiernach im Ein⸗ zelnen nur weniger Erläuterungen bedürfen. 1 Waid, Wau und Krapp werden auch im Inlande erzeugt; von ersterem über 1000 Ctr. im Kreise Erfurt und etwa 200 Ctr. im Kreise Geilenkirchen; von Wau, neben unbedeutenden Mengen im Kreise Rheinbach, etwa 1600 Ctr. im Kreise Geilenkirchen und 200. Ctr. im Kreise Düren, von Krapp endlich, außer einigen geringen Qmantitäten in den Kreisen Marienwerder und Mühlhausen, jähr⸗ lich 40,000 bis 50,000 Ctr. in den Kreisen Breslau, Ohlau und Neumarkt. Es hat indessen hieraus ein Bedenken gegen die Zoll Befrriung dieser Rohstoffe nicht hergeleitet werden können. Was den Krapp anlangt, so sind die qualitativen Eigenschaften der ver⸗ schiedenen Arten dieser Wurzel — Avignon⸗, Seeländer⸗, schlesischer Krapp durch Klima⸗und Boden bedingt; die Verwendung der⸗ selben in der Färberei ist eine ganz bestimmte und, bei ziemlich stationair bleibender Nachfrage und Verbrauch, der Preis fast aus- schließlich durch die Qualität der jedesmaligen Aerndte bestimmt, also von fremder Konkurrenz unabhängig. Die inländische Pro⸗ uction der beiden anderen Farbekräuter ist, im Verhältniß zum
abgesondert angeschrieben.
Verbrauch derselben, nur unbedeutend, und es ist keine Aussicht vorhanden, dieses Mißverhältniß durch Erweiterung der Kultur ausgeglichen zu sehen, da der Anbau beider Pflanzen schon jetzt im Abnehmen ist.
Die Eingangs⸗Abgabe von Flachs, Werg, Hanf und Heede hat niemals die inländische Erzeugung dieser Spinnmaterialien be⸗ günstigen, sondern nur die Durchfuhr derselben besteuern sollen. Es war zu diesem Zwecke anfangs und bis zum Jahre 1824 die Form einer Ausgangs⸗Abgabe gewählt; um die Ausfuhr inländischen Flachses nicht zu erschweren, verwandelte man dieselbe in eine Eingangs⸗ Abgabe. Der Aufhebung dieser Abgabe wird um so weniger ein Bedenken entgegenstehen können, als in den hauptsächlichsten Pro⸗ ductionsländern des Flachses die Ausfuhr desselben besteuert und dadurch die diesseitige Flachs⸗Erzeugung indirekt geschützt ist. Diese Ausgangs⸗Abgaben betragen für den Zollcentner in preußischem
Helde Rußland. zu Lande. zur See⸗ 22 Sgr.- Sgr. Sgr. Pf. Sgr. Pf. von Flachs ungehechelt. 9 10 5 gehechelt 8 8 8 ungehechelt lachs! gehechelt 1 1 11 Flachsheede, 3 8 . 5 -
Hannover.
Hanf
—Von der hiernach beabsichtigten völligen Zollfreiheit des Ver⸗ kehrs mit Flachs, Werg, Hanf und Heede wird jedoch in Bezie⸗ hung auf Werg und Heede eine lokale Ausnahme zu machen sein. Schon seit längerer Zeit ist in der Provinz Westfalen das Bedürf⸗ niß hervorgetreten, diese Abfälle beim Ausgange zu besteuern. Die Heede⸗Spinnerei hat nämlich bis dahin, daß dieses Material in der Maschinen⸗Spinnerei eine ausgedehnte Anwendung fand, gerade einer besonders bedürftigen Klasse von Spinnern im Kreise Lüb⸗ becke und im Fürstenthum Paderborn einen erträglichen Unterhalt gewährt, dessen Forkdauer gegenwärtig um so mehr in Frage ge⸗ stellt ist, als sich das Ausland, mit Rücksicht auf die in Hannover und Belgien bestehende Besteuerung der ausgehenden Heede, vor⸗ zugsweise in Westfalen mit seinem Bedarf zu versorgen sucht. Die Pfeninsalbehörden von Westfalen und die Handelskammer in Bie⸗ lbgabe .1“ Ansicht, daß die Erhebung einer Ausgangs⸗ derkich sei und sie 899 nteresse der inländischen Spinnerei erfor⸗ dadurch das “ gleichzeitig die Ueberzeugung aus, daß baren Weise 8. be Flachs⸗Produzenten in keiner irgend fühl⸗ der Ausgangs⸗Abgabe 8eega. werden. Bei Bemessung der Höhe Vorbilde gedient. ie in Hannover bestehende Abgabe zum
Die Höhe der bestehenden Ein
seit Jahre efochte gangs⸗Ab
mnit Nücficht agffactecd worden. ddecgeleden “ 898 89 als ein wichtiges Fabrütmaterial sehi Hoch ng, suh sexeaen schase steuerung technisch äquivalenter Sweffe in 1en eh sie mit der Be⸗ hat deshalb einerseits die Verwendr einem Verhältniß und
3 2 adung a rte Stelle des Talgs zur Folge, andererseits See 11“
818
Schutzzolls für die inländische Talgproduction. namentlich folgende Verhältnisse in Betracht. 1“ Während früher zur Fabrication von harter Seife fast aus⸗ schließlich Talg oder Olivenöl (letzteres in Deutschland in sehr ge⸗ ringem Maße) verwendet wurden, haben seit einer Reihe von Jah⸗ ren zwei Pflanzenfette, Kokosnußöl und Palmöl, in immer steigen⸗ dem Maße zu diesem Zwecke Anwendung gefunden. Das Palmöl, welches theils allein, theils in Verbindung mit Talg oder mit Harz zur Seifenfabrication verwendet wird, ist merklich wohlfeiler, das Kokosnußöl, welches den Seifensiedern den Vortheil gewährt, eine viel wasserhaltigere Seife liefern zu können, als dies bei der An⸗ wendung von Talg möglich ist, ist im Durchschnitt wenig theurer als der Talg.
Das Palm⸗ und Kokosnußöl unterliegt einer Eingangs⸗Ab⸗ gabe von nur 15 Sgr. und es wirkt die Differenz zwischen dieser Abgabe und dem Zoll von Talg dahin, daß bei der Seifenbereitung jenen Fettarten vor dem ausländischen Talg der Vorzug gegeben wird, während gleichzeitig die niedrige Besteuerung derselben den Schutz illusorisch macht, welcher für die inländische Talgproduction in der hohen Belastung des fremden Talgs gefunden werden könnte.
Daß die eben dargestellten Verhältnisse wirklich die daraus hergeleiteten Folgen gehabt haben, ist aus den Ergebnissen der Ein⸗ gangs⸗Verzollungen allerdings nicht mit Sicherheit nachzuweisen. Die Zufuhr von fremdem Talg hängt, abgesehen von allen anderen Einflüssen, wesentlich von dem Umfange der inländischen Talgpro⸗ duction ab; die Ausdehnung der letzteren ist je nach der durch die Futter⸗Aerndten bedingten Menge der Schlachtungen einem steten Schwanken unterworfen und entzieht sich ihrer Höhe nach jeder Schätzung. Es kann deshalb nicht auffallen, wenn die Menge des versteuerten fremden Talgs, wie aus der in der Anlage B. enthal⸗ tenen Uebersicht hervorgeht, einem steten Wechsel unterliegt.
Die Einfuhren von Palm⸗ und Kokosnußöl, unter welchen auch das Wallrathöl mit begriffen wird, sind erst seit dem Jahre 1841 Die Mehreinfuhr betrug:
im Jahre 1841: 113,176 Ctr. 1842: 487,752 » „ 1Sö'81ö 18ööe „ 14845: 92,708 8 1846: 134,120 „ 1847: 123,485 E1ööö“
In wie großer Ausdehnung die genannten beiden Oele mit
Talg konkurriren, ergiebt sich aus diesen Zahlen von selbst, und es wird allerdings kaum in Abrede zu stellen sein, daß hierauf, neben anderen Ursachen, auch die hohe Besteuerung des ausländi⸗ schen Talgs von Einfluß gewesen ist.
Es wird daher eine Ermäßigung dieser Eingangs⸗Abgabe von Talg um ein Drittel vorgeschlagen; eine weitergehende Herabsetzung erschien mit Rücksicht auf die Landwirthschaft bedenklich zu sein.
Der Vorschlag wegen Ermäßigung der Eingangs⸗Abgabe von rohem Zink von 2 Rthlr. auf 1 Rthlr. vom Centner hat nur den Zweck der Herabsetzung eines mit dem Werthe der Waare außer Verhältniß stehenden und bei dem Stande der inländischen Zink production nicht mehr gerechtfertigten Schutzzolls.
Die Aufhebung der Eingangs⸗Abgabe von Pottasche endlich ist nicht vorgeschlagen worden, theils aus Rücksicht auf die inländischen Pottaschsiedereien, theils und hauptsächlich um deswillen, weil die Pottasche bei einer nicht unbedeutenden Menge technischer Verwen⸗ dungen mit der Soda konkurrirt und es im Interesse der gegen die Konkurrenz ausländischer Soda ohnehin nur mit Mühe kämpfenden Soda⸗Fabrication nicht zulässig erscheinen konnte, durch Erleichte⸗ rung des Bezuges von Pottasche den Preis der inländischen Soda hinabzudrücken.
Es kommen hierbei
2 2)
11““ 1) Leinengarn und Leinenwaaren.
Die Abnahme der Ausfuhr vereinsländischer Leinen⸗Fabrikate und der damit in Verbindung stehende Nothstand unter dem mit dieser Fabrication beschäftigten Theile der Bevölkerung, namentlich in den Provinzen Schlesien und Westfalen, hat schon seit einer Reihe von Jahren die Aufmerksamkeit der Regierungen und der öffentlichen Meinung auf die Ursachen dieser Erscheinung und auf die Frage gelenkt, durch wrelche Mittel derselben abgeholfen werden könne. Die Ursachen können für Niemand mehr zweiselhaft sein; die von der Staats⸗Regierung und von den Kammern angestellten sorgfältigen Ermittelungen haben zu dem Ergebniß geführt, daß die einheimische Leinen⸗Industrie, als Ganzes betrachtet und abge⸗
sehen von einzelnen Ausnahmen, in allen ihren Stadien, von der
Kultur des Flachses an bis zur Aufmachung der fertigen Waare, hinter den Fortschritten zurückgeblieben ist, welche diese Industrie zu
erst in Großbritanien und nach dessen Vorbilde auch in Belgien
und Frankreich gemacht hat. Unter diesen Fortschritten nimmt nach
der übereinstimmenden Ansicht der Regierung, der von beiden Kam- mern zur Berathung der Leinenfrage niedergesetzten Kommissionen und der betheiligten Handelskammern der Besitz ausgedehnter me- chanischer Spinnereien die erste Stelle ein. Die Staats⸗Regierung hat Veranlassung gehabt, sich an einem anderem Orte ausführlich über die Maßregeln zu erklären*), welche sie zur Hebung der Flachskultur und Flachsbereitung, zur Verbes serung der Fabrication des für eine Reihe von Jahren noch nicht zu entbehrenden Handgarns, zur Verbreitung besserer Webemethoden und Webegeräthschaften, zur Herbeiführung eines fabrikmäßigen Betriebes der Weberei und zur Hebung der Bleiche und Apprelur getroffen hat und zu treffen beabsichtigt; sie würde aber alle diese Maßregeln für Stückwerk halten müssen, wenn dieselben nicht mit energischen Schritten zur Förderung der Maschinen Spinnerei ver⸗ bunden werden.
Schon im Jahre 1845 hat die Staats-⸗Regierung eine ange⸗ messene Besteuerung der Einfuhr von leinenem Maschinengarne als dasjenige Mittel erkannt, welches zur Erreichung dieses Zweckes vorzugsweise geeignet sei. Sie stellte demgemäß bei Gelegenheit der in jenem Jahre stattfindenden Revision des Zolltarifs den An trag: die Eingangs⸗Abgabe von leinenem Maschinengarne auf 4 Thaler pro Centner zu erhöhen und gleichzeitig für die zur Aus⸗ führung gelaͤngenden Leinenwaaren einen Rückzoll von 3 Thalern pro Centner zu gewähren. Ihr Antrag erhielt nicht die Zustim⸗ mung aller Regierungen der zum Zollverein gehörenden Staaten. Im Jahre darauf wurde beschlossen, die Einfuhr dieses Garnes mit 2 Thalern pro Centner zu besteuern, ein Zollsatz, welcher zur Zeit noch besteht.
Der Schutzzoll von 2 Thalern hat eben hingereicht, den bereits bestehenden Maschinen- Spinnereien die Konkurrenz mit dem engli⸗ schen Maschinengarne etwas zu erleichtern, es ist aber nicht zu er warten, daß er hinreichen werde, um neue Spinnereien hervorzu rufen. Die Zahl der auf Flachsgarn und Werggarn im Gange befindlichen Spindeln, welche im Jahre 1846
*) Stenographische Berichte der ersten Kammer, Band 5. S. 2
S
in Schlesien 43,138 in Westfalen 1,825 zusammen 7955 betrug, beläuft sich jetzt in Schlesien auf. 44,050 in Westfalen auf. 2,281 zusammen 46,331 hat sich also durch eine kaum bemerkenswerthe Ausdehnung der bestehenden Spinnereien nur um 1368 Spindeln vermehrt. Es ist dabei zu bemerken, daß beinahe * sämmtlicher vorhandenen Spin deln auf die einem Staats⸗Institute, der Königlichen Seehandlung, gehörenden Spinnereien kommen und daß die in Westfalen hervor tretende Vermehrung nur durch eine namhafte Unterstützung von Seiten des Staates herbeigeführt worden ist. Um allein den Be⸗ darf der Provinz Westfalen zu decken, würden etwa 90,000 Spin deln erforderlich sein.
In den Ländern, welchen es gelungen ist, ihre Leinen-Fabri⸗ cation von dem Bezuge fremden Maschinengarns der Hauptsache nach unabhängig zu machen in Frankreich und Belgien*) — betragen die Zellsätze für rohes Leinengarn nach Inhalt der An⸗ lage C. 5 Rthlr. 2 Sgr. bis 22 Rthlr. pro Centner. Die im Jahre 1845 von Seiten des Präsidenten des damaligen Handels amts vernommenen Sachverständigen berechneten den Nachtheil des deutschen Spinners in der Konkurrenz mit den englischen in den mittleren Nummern 40 — 50 zu 4 Rthlr. 10 Sgr. pro Centner. Der von der Staats-Regierung im Jahre 1845 vorgeschlagene Zollsatz von 4 Rthlr. pro Centner stellt sich daher als der geringste dar, von welchem ein Erfolg zu erwarten ist. Er beträgt bei Garn 2ter Qualität Nr. 22 etwa 10,9 Prozent, bei Garn Nr. 25 etwa 10 Prozent, bei Nr. 30 etwa 8,3 Prozent, bei Nr. 35 etwa 7,6 Prozent, und bei Nr. 40 etwa 6,8 Prozent vom Werth der Waare nach den Fabrikpreisen zu Leeds. “
Die des ausländischen Maschinengarns mit 4 Rthlr. pro Centner vorausgesetzt, fragt es sich, ob dieser Zollsatz gleichmä⸗ ßig auch auf das Handgarn Anwendung finden solle oder nicht. Im Allgemeinen wird es keinem Bedenken unterliegen können, diese Frage zu bejahen; es kommen jedoch dabei einige besondere Verhältnisse in Betracht. In einem Theile der an Hannover grünzenden Gegenden Preußens, wie im Eichsfelde und einigen Distrikten des Regierungs⸗Bezirks Mün⸗ ster, ferner in kurhessischen Landestheilen und in Braunschweig, beruht die daselbst vorhandene ansehnliche Leinweberei zum Theil auf den Verbrauch von Garn, welches in Hannover gesponnen wird, wie auch umgekehrt vereinsländisches Garn zu gleichem Zwecke nach Hannover ausgeführt wird. Dieses Verhältniß gegenseitigen Be⸗ dürfnisses liegt den Vereinbarungen zu Grunde, welche in den Ver⸗ trägen zwischen dem Zoll⸗Verein und Hannover vom 1. November 1837 und vom 16. Oktober 1845 dahin getroffen worden sind, daß auf der gemeinschaftlichen Gränze rohes Handgarn gegenseitig zoll⸗ frei eingelassen werden soll. Der Vertrag vom 16. Oktober 1845 läuft erst mit dem Schluß des Jahres 1853 ab und es ist bis da⸗ hin, was auch im Allgemeinen im Tarif bestimmt werden mag, hannoversches Handgarn einer Eingangs⸗Abgabe nicht zu unterwer⸗ fen. Aber auch nach Ablauf dieses Vertrags⸗Verhältnisses können die Gründe fortdauern, welche die zollfreie Einlassung dieses Garns im Interesse der diesscitigen Weberei als erforderlich erscheinen las⸗ sen, und es ist daher die Absicht, den betreffenden Vereins⸗Regie⸗ rungen das Recht vorzubehalten, an der Gränze gegen Hannover die zollfreie Einfuhr von rohem Handgarn zu gestatten. 1
Aus einer Erhöhung der Eingangs⸗Abgabe von rohem Leinen⸗ garn folgt die Nothwendigkeit einer höheren Belastung der gebleich- ten, gefärbten und gezwirnten Garne von selbst. Es ist die öb den bestehenden Zollsatz von Zwirn um denselben Betrag zur 1 G hen, um welchen der Zoll von Maschinengarn zu erhoöͤhen und diesem Zollsatz, in gleicher Weise wie dies bei den entsprechen⸗ den baumwollenen und wollenen Garnsorten der Fall ist, das 8 bleichte und gefärbte einfache Garn ebenfalls EAE11616“ “
In Beziehung auf Packleinwand und Segeltuch “ leine Erhöhung des bestehenden Zollsatzes von 38 Thalern vom Centner nicht vorgeschlagen. Es wird zu diesen Geweben ganz überwiegend inländisches, beziehungsweise hannoversches, durch die Zollerhöhung nicht vertheuertes Garn verwendet und es befindet sich die Fabri- cation derselben, namentlich des Segeltuches, in einem befriedigen⸗ den Zustande. Abgesehen hiervon, würde es im Interesse der Rhe⸗ derei, welche mit dem größeren Theile ihres Bedarfs an Segeltuch auf das russische Fabrikat angewiesen ist, nicht zu rechtfertigen sein, diesen Artikel einer höheren, als der bestehenden Eingangs⸗Abgabe zu unterwerfen und es kommt endlich in Betracht, daß der Eingang von Packleinwand und Segeltuch aus Hannover, welcher etwa zwei Drittheile des gesammten Eingangs in den Zoll⸗Verein ausmacht, nach dem Vertrage vom 16. Oktober 1845 einer Abgabe nicht un⸗ terworfen werden kann. 1
Für rohe Leinwand wird eine Erhöhung der bisherigen Ein⸗ gangs⸗Abgabe von 4 Thaler pro Centner um 2 Thaler, also um denselben Betrag vorgeschlagen, um welchen der Zoll von leinenem Garn erhöht werden soll. Bei diesem Zollsatze kommen jedoch ver⸗ schiedene lokale Verhältnisse in Betracht.
Nach dem bestehenden Zoll⸗Tarif geht rohe frei ein:
1) in Preußen auf den Gränzlinien von Leobschütz bis Seiden⸗ berg in der Ober-⸗Lausitz, von Heiligenstadt bis Nordhausen und von Herstelle bis Anholt nach Bleichereien oder Leinwand Märkten;
2) in Sachsen auf den Gränzlinien von Ostritz bis Schandau auf Erlaubnißscheine;
3) in Kurhessen auf Erlaubnißscheine nach Bleichereien oder Märkten;
mit anderen Worten: auf der Gränze gegen Böhmen von der Elbe bis zur schlesisch-mährischen Gränze und auf der gegen das Vereins⸗ Ausland gerichteten Gränze des Regierungs⸗Bezirks Ersurt, des Kurfürstenthums Hessen und der Provinz Westfalen wird rohe Lein⸗ wand der Regel nach zollfrei eingelassen.
Leinwand zoll⸗
Die zollfreie Einfuhr hannoverscher roher Leinen ist durch den
mehrfach erwähnten Vertrag vom 15. Ok ober 1845 bis zum Schluß des Jahres 1853 zugesichert worden. Es ist jedoch für den Fall, daß es von Seiten des Zoll⸗Vereius oder des Steuer⸗Vereins für rathsam befunden würde, die bestehenden Tarissätze für ungebleicht und ungefärbte Leinwand, ungebleichten Zwillich und Orillich unter Bewilligung von Rückzöllen bei der Ausfuhr erheblich zu “ ein Vorbehalt gemacht, welcher es gestattet, die ollfreie hannoverscher Leinen sanse 8b Maximal⸗Betrag von etwa 5000 Centner jährlich zu beschränken. 8
vorübergehende Vertrags Verhältniß,⸗ dessen hier nur behufs Darlegung des bestehenden Zustandes gedacht ist, ist in dem
*) Im Durchschnitt von 1846 — 48 betrug die Einfuhr von rohem
Leinengarn in Belgien — abgesehen von etwa 756 Centner Handgarn zur
Contil⸗ und Segeltuch⸗Weberei — nur 230 Centner; in Frankreich, ein⸗ schließlich der im Zoll erheblich begünstigten Einfuhr von belgischem Garne,
etwa 23,000 Centner.
Tarife selbst nicht zu erwähnen; bei Fassung des letzteren kommt es
nur auf dasjenige an, was dem dauernden Bedürfniß des Landes ggeemäß ist.
delsstande wiederholt und noch in neuester Zeit aufgestellte, von den Provinzial⸗Behörden getheilte Ansicht vor, daß die zollfreie
Hier liegt nun zunächst die von dem schlesischen Han⸗
Einfuhr der böhmischen Leinen zur Aufrechthaltung des Export⸗ Handels zur Zeit noch unentbehrlich sei. Ein gleiches Bedürfniß
wird ferner in Braunschweig, Kurhessen und einzelnen Theilen von Westfalen hinsichtlich der hannoverschen Leinen behauptet.
Die völlig zollfreie Einfuhr dieser böhmischen und hannover⸗
schen Leinen wird, sobald bei der Ausfuhr von Leinen ein Rückzoll
gegeben werden soll, worauf weiter unten zurückgekommen ist, fer⸗ ner nicht mehr zulässig sein; wohl aber ist den Interessen der
Staatskasse und des Ausfuhrhandels dadurch Genüge zu leisten, daß jene Leinen, so lange ein Bedürfniß dafür besteht, gegen einen,
dem Betrage des Rückzolls gleichkommenden Eingangszoll zugelas⸗ in werden. Die übrigen, nach dem bestehenden Tarife in drei verschiedene Kategorieen getheilten und mit 20 Thalern, 30 Thalern und 60 Thalern besteuerten Leinen Fabrikate haben sich füglich auf zwei
Kategorieen vertheilen lassen, von welchen die erste, zu einem zwi
—
schen den Zollsätzen von 20 Thalern und 30 Thalern in der Mitte
liegenden Satze, alle Artikel der ersten und fast alle Artikel der zweiten Kategorie begreift. Aus der letzteren sind nur ein Paar Luxus⸗Artikel: Battist, Linon und Stickereien ausgesondert und mit den Zwirnspitzen, der jetzigen dritten Kategorie, zusammen einem durch ihre Eigenschaft als Luxus⸗Artikel gerechtfertigten höheren Zollsatze unterworfen.
2) Baumwollengarn und Baumwollenwaaren. Die Erzeugung und der Verbrauch von baumwollenen Garnen im Zoll⸗Verein läßt sich annähernd in folgender Weise darstellen. Es wurden in den sechs Jahren 182½. Ctr.
18*
Ctr.
den sechs Jahren Ctr.
1) an roher
Baumwolle: eingeführt 1,6577,586. ausgefuhrt..... 328,645. also verbraucht. 1,248,940. davon zu Watten, Dochten und Ab⸗ fall bei der Spin⸗ nerei etwa 309Ct.
2,936, 19.
5102
ergiebt an inlän⸗ schem Garnr... 2) an Garn ein⸗ geführt und zwar: Twiste Warps
874,258.
2,390,705.
zusammen ausgeführt. 1
8 eeemgnmegnnggögn— also verbraucht. 21ö180 mithin gesamm⸗ 8 ter Garnver⸗ brauch oder auf ein Jahr
3,090,388. 515,063.
Zu diesem Garnverbrauch trug die inländische Spinnerei in der ersten sechsjährigen Periode etwa 28 pCt., in der zweiten sechs⸗ jährigen Periode etwa 32 pCt. bei.
Bis zum Schluß des Jahres 1842 war alles aus dem Aus⸗ lande eingehende ein- und zweidrähtige ungebleichte Baumwollen⸗ garn mit 2 Rthlr. pro Centner besteuert; vom 1. Januar 1843 ab wurde der Zoll für das zu Zetteln angelegte geschlichtete oder ungeschlichtete Garn und vom 1. Januar 1847 ab der Zoll auch für alles andere ungebleichte ein⸗ und zweidrähtige Garn auf 3 Rthlr. vom Centner erhöht. Die Zollerhöhung für die Warps war durch die Rücksicht motivirt, daß das Garn durch Spulen, Zetteln und Schlichten einen merklich höheren Grad der Veredelung erhalte, mithin einem entsprechend höheren Zollsatze unterworfen werden müsse; der Zollerhöhung für den Twist lag die Absicht zu Grunde, fur die inländischen Spinnereien den Nachtheil auszu⸗ gleichen, in welchen sich dieselben, durch die Aufhebung der Ein⸗ gangs⸗Abgabe von roher Baumwolle in Großbritanien, gegenüber den britischen Spinnereien, versetzt sahen. 8
Gegen den Zollsatz von 2 Rthlr. waren sowohl von den bei der Spinnerei, als auch von den bei der Weberei Be theiligten Beschwerden erhoben worden. Die ersteren fanden sich durch denselben nicht hinlänglich gegen die auswärtige Konkurrenz geschützt; die letzteren sahen sich durch die Besteue⸗ rung des ihnen unentbehrlichen Materials in der Konkurrenz mit dem Auslande auf fremden Märkten beeinträchtigt. Dier Zollerhö⸗ hung auf 3 Rthlr. hat die Beschwerden der Spinnerei nicht besei⸗ tigt und die Beschwerden der Weberei wesentlich gesteigert; die erstere sah sich, ihren britischen Konkurrenten gegenüber, nur in der nämlichen Lage erhalten, in welcher sie sich im Jahre 1815 befand; der letzteren war das Ausfuhrgeschäft von neuem erheblich er schwert. 8 In der That scheint diese Erschwerung in einem Umfange statrzufinden, welcher eine Abhülfe dringend wünschenswerth. macht.
Unter den Baumwollenwaaren werden die ordinairen Arlikel am meisten durch den Twistzoll vertheuert, nicht allein weil die grö⸗ beren Garne, nach dem Gewicht verzollt, ihrem Werthe nach höher besteuert sind, sondern auch die Köosten des Garns an dem ganzen Preise der Waare einen um so größeren Antheil ausmachen, je weniger werthvoll die weitere Verarbeitung ist. Gerade in dieser Branche ist aber die Fabrication des Zollvereins am stärksten und am meisten ausgebildet. Unter dem Gewichtszoll von 50 Rthlr., welcher den groben schweren Waaren den höchsten Schutz gewährte und die fremde Konkurrenz darin fast prohibirte, hat sich die inlän⸗ dische Industrie vornehmlich auf diese Artikel geworfen, und indem diese Fabrication sich bald in hohem Grade vervollkommnete und so beträchtlich wurde, daß ihr der innere Markt nicht mehr genü⸗ gen konnte, wurde sie getrieben, weitere Absatzwege im Auslande zu suchen. Zur Ausfuhr liefert der Zollverein daher, abgesehen von Ausnahmen, kaum etwas Anderes, als Shirtings ordinairer Qua⸗ lität, ordinaire Strümpfe, Kambriks, weiße Jaconets, bedruckte Kalikos, grobe schlichte und brochirte Musseline, sogenannte Imita⸗ tion⸗Nankings, farbige geköperte Nankings, Ginghams, Pulikat⸗ Tücher, Parchent, Biber, ordinaire Hosenzeuge und Bänder. Es sind dies alles Artikel des gemeinen laufenden Bedarfs, deren größter Theil von den Veränderungen der Mode wenig berührt wird, und welche eine große Stetigkeit der Preise haben. Der Ge⸗ winn bei ihrem Absatz ist eben so für den inländischen Fabrikanten, wie für den Exporteur im Einzelnen sehr gering; er erhält aber durch den großen Umfang der Geschäfte im Ganzen eine erhebliche Bedeutung. Die Möglichkeit, damit auf den auswärtigen Märkten mit England und anderen mächtigen Rivalen zu konkurriren, ist
von ganz unbedeutenden Preisdifferenzen abhängig, und wird dem Inländer die Fabrication durch einen hohen Twistzoll vertheuert, so kann er den Export nur durch eine gleiche Ersparniß an den sonstigen Kosten aufrecht erhalten. Das Material muß er aber nach den Marktpreisen kaufen; er kann sich daher nur beim Arbeits⸗ lohn schadlos halten, und hierbei ist es gewöhnlich der Weber, welcher in seinem Lohn gedrückt wird. Von den verschiedenen Ar⸗ beitswerthen, welche dergleichen ordinaire Waaren enthalten, wie für Weben, Bleichen, Appretiren und Färben, ist der Weberlohn bei weitem der bedeutendste, und fast der einzige, welcher einer Ver⸗ änderung unterliegt. Bleichen, Appretiren und Färben machen da⸗ gegen nur einen geringen Werthsantheil aus, und ihre Kosten stehen fast unveränderlich fest, weil sie gewöhnlich in größeren Anstalten betrieben werden. Dem Weber muß daher die neue Last größten⸗ theils aufgebürdet werden, wenn der Fabrikant nicht genöthigt sein will, auf den Export Verzicht zu leisten.
Diese in der Natur der Sache liegenden Wirkungen der gegenwärtigen Besteuerung des Baumwollengarns sind denn auch nicht ausgeblieben. Um einige Beispiele anzuführen, so hat die Bandfabrication im Herzogthum Berg, welche über 12,000 Menschen beschäftigte und ihren Absatz in ordinairen baumwollenen Bändern namentlich im Auslande, in Nordamerika, in Italien und anderen südeuropäischen Ländern, so wie in der Levante und in den nordischen Gegenden hatte, schon bei dem Twistzoll von 2 Rthlr. in der letzten Zeit durch die zunehmende Konkurrenz der Englän⸗ der und der Schweizer sowohl in Amerika, als in Italien vielfachen Abbruch gelitten und ist seit der Erhöhung des Zolls auf 3 Rthlr., welcher an 4 bis 6 pCt. des Werths ihrer Waare ausmacht, na⸗ mentlich aus Italien, fast überall von den Schweizern verdrängt worden. In ähnlicher Weise ist die Fabrication von ordinairen baumwollenen Hosenzeugen im Kreise Gladbach, welche einen nicht unbedeutenden Export nach den Niederlanden, Mecklenburg, Däne⸗ mark und anderen nordischen Ländern, und auch nach Südamerika unterhielt, betroffen worden, indem das Stück leichter Hosenzeuge von 50 Ellen, die Elle zu 3 ½ Sgr., 9 Pfund Zollgewicht wiegend, durch den Twistzoll von 3 Rthlr. um 4 ½ pSCt. vertheuert worden ist. In der Provinz Sachsen, namentlich in Thüringen, wo beson ders die schweren Parchend, Drills und Bettzeuge, ordinairen Ho⸗ senzeuge und andere baumwollene, auch mit Leinen und Wolle ge⸗ mischte Waaren gefertigt werden, von welchen die Hälfte auf den Absatz nach dem Auslande, vornehmlich nach Hannover, Schweden, Dänemark, den Hansestädten, Belgien und nach Amerika berechnet ist, sind die gleichen Erfahrungen gemacht worden.
Nicht weniger als die Weberei leidet die Rothgarnfärberei unter dem bestehenden Zustande. Von ihrer jährlichen Production von etwa 5 Millionen Pfund wird über die Hälste exportirt. Bei einem Werthe von 30 Sgr. pro Pfund Zollgewicht türkischrothes Garn in Nr. 30 — 40 verursachte der Twistzoll von 2 Rthlr. eine Vertheuerung von 2 Ct., und der von 3 Rthlr. hat eine Preis⸗ erhöhung von 3 pCt. des Werths zur Folge. Diese Vertheuerung muß eine um so nachtheiligere Wirkung ausüben, als die Roth garnfärberei nicht nur die britische Konkurrenz, und zwar auf einer ihrer wichtigsten Märkte in Ostindien, unter einem Differentialzoll zu Gunsten der letzteren, zu bekämpfen hat, sondern auch gegen⸗ wärtig durch die belgische Konkurrenz bedroht wird, seitdem in Bel⸗ gien das für Rothfärbereien bestimmte und demnächst im gefärbten Zustande zur Ausfuhr gelangende Garn einer Eingangs⸗Abgabe nicht mehr unterworfen wird.
Die Abhülfe dieses Zustandes kann entweder durch Ermäßi⸗ gung der Eingangs⸗Abgabe von Garn oder durch eine mit einem Rückzoll verbundene Erhöhung derselben herbeigeführt werden.
Der erstere Weg wird sich nicht empfehlen lassen. Sollten auch die bereits bestehenden Spinnereien im Slande sein, sich bei einer Ermäßigung des Garnzolls erhalten zu können, so würde man damit doch auf eine weitere Ausbreitung der inländischen Spinnerei, also auf den Zweck verzichten müssen, welchen man von Seiten Preußens und des Zollvereins bei der Behandlung dieser Frage stets im Auge gehabt hat. Die im Eingange gegebene Uebersicht weist nach, wie langsam die Fortschritte der inländischen Spinnerei unter dem Schutzzoll von 2 Rthlr. und dem, seit Auf⸗ hebung der Eingangs⸗Abgabe von Baumwolle in Großbritanien, diesem Zoll äquivalenten Schutzzoll von 3 Rthlr. gewesen sind und es wird in der That nur einer Hinweisung auf diese Uebersicht be⸗ dürfen, um die Ueberzeugung zu gewähren, daß eine Zollermäßi⸗ gung einen völligen Stillstand in der Entwickelung der Spinnerei zur Folge haben würde. Der Zollverein würde alsdann den Vor⸗ theilen entsagen, welche eine dem Bedarf entsprechende einheimische Garnproduction für die Beschäftigung seiner Arbeiter Bevölkerung, für die Unabhängigkeit seiner Weberei von den ausländischen Märk⸗ ten, für seinen Handel mit den Erzeugungs⸗Ländern der Baumwolle und für die Thätigkeit seiner Rhederei verspricht.
Es wird daher der zweite Weg — Erhöhung des Garnzolls in Verbindung mit einem Rückzoll, zu betreten sein. Der vorge⸗ schlagene Satz von 4 Rthlr. pro Centner, zu dessen Annahme sich die Staats⸗Regierung bereits bei der Tarifrevision im Jahre 1845 bereit erklärt hatte, motivirt sich durch Folgendes. Der überwie⸗ gend größte Theil des im Zollverein verwebten, also desjenigen Garnes, auf dessen inländische Erzeugung hinzuwirken vor Allem von Interesse ist, geht bis zu Nr. 50. Für die gröberen Nummern innerhalb dieser Gränzen, etwa bis zu Nr. 30, gewährt der beste hende Zoll einen einigermaßen genügende Schutz, und es werden daher auch diese Sorten am meisten im Inlande gesponnen, dage⸗ gen hat sich die Fabrication der feineren Nummern von Nr. 30 bis 50 seit geraumer Zeit nur wenig ausgedehnt. Innerhalb die ser Kategorie liegt der Schwerpunkt der Consumtion in den Num⸗ mern bis zu Nr. 40, und es ist nach den Erfahrungen, welche von der Wirkung des bestehenden Zolls zu machen gewesen sind, so wie nach dem Urtheile unbetheiligter Sachkenner, nicht zu bezweifeln, daß ein Zollsatz von 4 Rthlr. ausreichen wird, die Spinnerei bis zu Nr. 40 vollkommen zu schützen und auch bei fortschreitender Entwickelung die Fabrication bis zu Nr. 50 zu sichern.
Ein höherer Satz als der vorgeschlagene erscheint daher nicht durch ein dringendes Bedürfniß geboten, und es würde deshalb seine Annahme um so mehr bedenklich sein, weil zu befürchten stände, daß er eine zu gewaltsame, weder mit dem Interesse der einheimischen Consumtion, noch demjenigen der bereits bestehenden kleineren und nicht vollkommen eingerichteten Spinnereien zu ver⸗ einbarende Aenderung der Verhältnisse herbeiführen würde. 1
Der vorgeschlagene Zollsatz beträgt von den hiesigen Preisen, unversteuerter englischer Garne pro Zollcentner und zwar für
Water Nr. 16 14.2 pCt. Mule Nr. 24 12.5 pCt.
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Zweifache] Nr. 40 9à pEt. Garne 8 60 v5 8 80 5.7 Er ist, wie die Anlage D. ergiebt, durchschnittlich kaum höher, als noch vor acht Jahren der Eingangszoll in Großbritanien war
und niedriger als noch jetzt dieser Zoll in allen anderen bedeuten⸗ den Fabrications⸗Ländern Europa's ist, selbst niedriger als de Zoll im Productionslande der Baumwolle, in den Vereinigter
Staaten von Amerika. 3
Einen Zollsatz von 4 Rthlrn. für den Centner Garn voraus⸗ gesetzt, fragt es sich, ob für die Warps, dem in den Jahren 1843 bis 1846 bestandenen Zustande entsprechend, ein höherer Zollsatz anzuneh⸗ men sei. Diese Frage wird verneint werden müssen. Es ist zwar richtig, daß die Warps eine weiter vervollkommnete Waare sind, als der Twist, es kommt indessen in Betracht einmal, daß sie ver⸗ möge der Stärke und Schlichte ein Mehrgewicht von etwa 10 Pro⸗ zent gegen den Twist erhalten, mithin, da es sich nicht darum han⸗ deln kann, die Schlichte zu besteuern, einem höheren Zollsatz als der Twist schon der Natur der Sache nach unterliegen, daß sie aus demselben Grunde eine höhere Fracht zu tragen haben, und daß sie höhere Verpackungsspesen erfordern, als der Twist, sondern auch und hauptsächlich, daß eine verschiedene Besteuerung beider Garn⸗ Arten eine höchst bedenkliche und namentlich für die Weberei in Eichsfelde und Münsterlande höchst nachtheilige Begünstigung der Maschinenweberei vor der Handweberei zur Folge haben würde. Die Handweberei allein bedarf dieser Garne und muß dieselben aus England beziehen, da auch die frühere differentielle Besteuerung nicht die Folge gehabt hat, Warpereien, welche für den Handel arbeiten, ins Leben zu rufen; sie sind ihr unentbehrlich, da der Handweber, unter Anwendung von Warps, doppelt so viel weben, also auch doppelt so viel verdienen kann, als wenn er Twiste zum Verweben erhält, welche er selbst schlichten muß.
Watte ist bisher demselben Zollsatze unterworfen gewesen, als das rohe Garn. Es liegt kein Bedürfniß vor, diesen Artikel mit 4 Rthlrn. vom Centner zu besteuern, und es wird keinem Bedenken unterliegen, die Abgabe auf den bis zum Jahre 1843 gültigen Satz von 2 Rthlrn. zu ermäßigen.
Die Einfuhr von gebleichtem, gefärbtem, gezwirntem Garn — aus drellirtem Kettengarn zu Kamlots und feinen Strick⸗ und Näh⸗ garnen bestehend ist nicht erheblich und im Abnehmen; es scheint daher, trotz der Zollerhöhung für Garn, nicht erforderlich zu sein, dasselbe einem höheren als dem bestehenden Zollsatze zu unter⸗ werfen. Seit dem Jahre 1818 sind ahe baumwollenen Waaren ohne Unterschied demselben Zollsatze vom 50 Rthlrn. vom Centner un⸗ terworfen gewesen. In diesem zweiunddreißigjährigen Zeitraume hat jedoch die Baumwollen⸗Manufaktur eine so außerordentliche Mannigfaltigkeit erreicht, daß es, man mag bei Betrachtung der Sache einen Standpunkt nehmen, welchen man will, nicht ferner gerechtfertigt erscheint, bei einem einzigen Zollsatze fuͤr alle Baum⸗ wollengewebe stehen zu bleiben. Die Schwierigkeiten einer Clas fication sind nicht zu verkennen; sie haben es vorzugsweise veran⸗ laßt, daß man bisher bei einem einzigen Satze stehen geblieben is und sie halten mit Recht von einer zu sehr ins Einzelne gehender Detaillirung ab, sie können aber bis zu gewissen Gränzen nicht fü unüberwindlich erachtet werden. Die in der Anlage X. vorgeschla. gene Classification wird in der Ausführung keine Schwierigkeit haben; sie hält sich an Kriterien, über welche bei einer nur mäßi⸗ gen Sachkenntniß ein Zweifel nicht wohl obwalten kann, und wenn es nicht ganz hat vermieden werden können, Waaren⸗Namen zu ge⸗ brauchen, so sind doch solche gewählt, welche allgemein bekannt sind und über deren charakteristische Eigenschaft kein Mißverständniß ent⸗ stehen kann. Allerdings hat der Uebelstand des bisherigen Systems nicht ganz vermieden werden können, daß Waaren sehr verschiedenen
Werths neben einander in derselben Klasse stehen, z. B. in der ersten Klasse Westen⸗Piqués neben ordinairen Shirtings, in der dritten
Klasse Futtergaze und Marly neben schweizer Stickereien und eng⸗
lischen Spitzen; es ist indeß dieser Uebelstand, so lange man sich nicht in ein Spezialistren verlieren will, welches die sichere Hand⸗ habung des Tarifs, zum gleichen Nachtheil für Handel, Fabrication und Zollverwaltung, zu einer Unmöglichkeit macht, unvermeidlich, und er wird durch die vorliegende Classification, im Verglesch mit dem jetzigen Zustande, sehr wesentlich vermindert.
„ Was die Zollsätze anlangt, so hat es kein Bedenken haben können, für die in der ersten Klasse stehenden Waaren eine Ermä⸗ ßigung des bestehenden Zollsatzes in Aussicht zu nehmen. Ein Industrie, welche dreißig Jahre lang unter einem nach allgemeinen Einverständnisse mehr als ausgiebigen Schutz grarbeitet hat, muß, wenn sie nicht über sich selbst den Stab brechen will, so weit ge⸗ langt sein, auch eine namhafte Verminderung des Schutzzolls er—⸗ tragen zu können. Es ist als nothwendige Konsequenz der Unmög⸗ lichkeit einer allen Rücksichten genügenden Classification zuzugeben, daß ein Artikel in dieser Klasse vorkommt, dessen höhere Besteue⸗ rung einem Bedenken nicht unterliegen würde, der Piqué; es wird dies indessen, wenn man einmal eine Classification will, als ein nothwendiges Uebel hinzunehmen sein.
In der dritten Klasse befinden sich, neben wenigen bereits oben angedeuteten ordinairen Waaren, nur Luxus⸗Artikel, deren Einfuhr eine höhere als die bestehende Abgabe sehr wohl tragen kann, um so mehr, wenn damit der Zweck zu verbinden ist, die in gewissen Artikeln dieser Art noch zurückgebliebene einheimische Industrie zu fördern. 1
3) Seide und Seidenwaaren.
Rohe ungefärbte Seide, d. h. Grege, Organsin, Trame, rohe Floretseide und nicht besonders weiß gemachte Fantasieseide, unter⸗ liegt der allgemeinen Eingangs⸗Abgabe 15 Sgr. Eine Aen⸗ derung dieses Abgabensatzes würde an und für sich nicht erforder lich sein; sie wird aber durch Rücksichten äußerer Art geboten.
Es ist bei Motivirung der für Leinengarn und Baumwollen⸗ garn vorgeschlagenen Zollerhöhungen bemerkt worden, daß mit den⸗ selben die Gewährung eines Rückzolls in Verbindung gesetzt werden müsse. Die Ausführung dieser Maßregel würde, wenn es bei dem bisherigen Zollsatze für Seide verbliebe, hinsichtlich der aus Seide und Baumwolle bestehenden Gewebe große Schwierigkeiten finden, indem man entweder den Rückzoll für den durch die Zollerhöhung nicht vertheuerten seidenen Theil des Gewebes mit gewähren oder sich auf eben so schwierige als lästige Ermittelungen üͤber das Ver hältniß einlassen müßte, in welchem der seidene und in welchem der baumwollene Bestandtheil des Gewebes zu dem Gesammtgewichte des letzteren beiträgt. Man entgeht diesen Schwierigkeiten und ver schafft zugleich der Staatskasse eine durch den Charakter der Waare als Luxus⸗Artikel vollkommen gerechtfertigte Einnahme, wenn man die rohe Seide einer Eingangs⸗Abgabe unterwirft, welche bei der Ausfuhr seidener oder halbseidener Waaren erstattet wird.
Es wird daher vorgeschlagen, den Zollsatz für rohe, unge⸗ zwirnte Seide auf den weiter unten zu motivirenden Satz des für leinene und baumwollene Waaren zu gewährenden Rückzolls festzu setzen. Die rohe Seide verliert bei der Verarbeitung — einzeln Fälle, z. B. das Dunstschwarz, ausgenommen — erheblich an Ge⸗ wicht, und da es nicht die Absicht sein kann, die zur Ausfuhr ge langenden Seidenwaaren zu besteuern, so erscheint es nicht zulässig, hier den Eingangszoll höher zu stellen, als den Rückzoll. Er braucht indessen, da die rohe Seide schon jetzt einer Eingangs⸗Abgabe unterliegt, auch nicht niedriger gestellt zu werden, als der letztere.
Die Eingangs⸗Abgaben für die weiter veredelten Seiden wer⸗