1850 / 140 p. 4 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

klärung zurückbeziehen. Es hat vorher den Satz vorangestellt, daß es die bestehenden Organe des Bündnisses vom 26. Mai 1849 auch für die Wirksamkeit des Provisoriums für ausreichend erachte. Es hält an diesem Satze fest und wünscht, vor weiterem Fortgang in der Abstimmung der vorliegenden Frage, vorher die Abstimmung über die Vorfrage:

ob überhaupt ein Ministerium der provisorischen Union, von Form

und Modalität der Wirksamkeit desselben einstweilen völlig abge

sehen, bestellt werden solle. 8 1

Der Kommissar der Königlich preußischen Regierung stellt diese Vorfrage.

Die Vorfrage ist von allen Votanten, mit Ausnahme Badens, Mecklenburg⸗Schwerins und der drei Hansestädte, bejaht. „JFür die Bejahung ist namentlich von Sachsen⸗Altenburg und Sachsen⸗Wei⸗ mar auf die Nothwendigkeit eines verantwortlichen Zwischen⸗Or⸗ gans zwischen dem provisorischen Unionsvorstande und dem Fürsten⸗ Kollegium eventualiter dem Parlamente hingewiesen worden, wäh⸗ rend Baden und Mecklenburg⸗Schwerin darauf beharren, die 88

stehenden Organe des Bündnißstatuts oder doch nahe liegende Ana⸗ logien dieser Organe für ausreichend zu bezeichnen.

General⸗Lieutenant von Radowitz versucht die aus einander

gehenden Ansichten der Votanten durch den Vermittelungsvorschlag zu vereinigen, daß es dem Unionsvorstande selbst überlassen bleiben möge, sich diejenigen Personen, sei es aus dem Königlich preußi⸗ schen Ministerium oder anderweitig, zu bestimmen, denen er die in Frage stehende Wirksamkeit zu übertragen geneigt sein werde: ein Vorschlag, dem Baden seinerseits unbedenklich und die freie Hanse⸗ stadt Lübeck im vollen Umfange zuzustimmen erklärt, während Meck⸗ lenburg⸗Schwerin auch diesen Vorschlag, insofern dessen materieller Inhalt über die Befugnisse des Unionsvorstandes, als des Inha bers der Exekutivmacht hinausgeht, unter Zustimmung von Bremen und Hamburg ablehnt.

General⸗Lieutenant von Radowitz glaubt den Umstand nachdrücklich hervorheben zu müssen, daß nach der bleibenden Auf⸗ fassung Mecklenburg⸗Schwerins der provisorische Vorstand, so viel es seine Vertretung im Fürsten⸗Kollegium und diesem Kollegium gegenüber betreffe, eine Stelle einzunehmen haben würde, die von der jedes anderen Mitgliedes des Fürsten⸗Kollegiums durchaus nicht unterschieden wäre, welche Schlußfolge doch vielleicht nicht be⸗ absichtigt werde.

Mecklenburg⸗Schwerin will die Entscheidung der ob schwebenden Frage bis zur Entscheidung über die Geschäftsordnung ausgesetzt wissen, da sie nur im Zusammenhange mit der Gestal⸗ tung der Geschäftsordnung völlig zu bemessen sei, eine Ansicht, der General-Lieutenant von Radowitz nicht beizupflichten im Stande ist, da die Feststellung der Geschäftsordnung, das feststehende Macht verhältniß der einzelnen Organe der provisorischen Unionsregie rung, als ihre Grundlage voraussetze.

Nachdem im weiteren Fortgange der von mehreren Seiten auf⸗ genommenen Diskussion, in der namentlich Sachsen⸗Weimar und Anhalt⸗Deßau und Cöthen sich in thesi auf das Entschiedenste für die von dem Kommissar der Königlich preußischen Regierung ver

882 für die Darbietung der in Frage gestellten höchst wünschenswerthen Vertretung zugleich ihren Dank aussprechen.

Die Vertreter der Hansestädte erklären: „Da im 82sten Pro⸗ tokolle des Verwaltungsrathes den Hansestädten die selbstständige völkerrechtliche Vertretung auf so lange, als nicht die Verfassungs⸗ Urkunde und Additional⸗Akte in ihrem vollen Umfange auch in den Königreichen Sachsen und Hannover gleichmäßig wie in allen übri⸗ gen verbündeten Staaten werde zur Ausführung gebracht werden, vorbehalten worden sei, so hielten sie sich, wenn sie gleich in allen übrigen Punkten die Genehmigung ihrer Senate vorbehalten hät⸗ ten, doch hier für vollkommen ermächtigt, auszusprechen, daß die Senate die völkerrechtliche Vertretung der Städte auch während des Provisoriums beibehalten würden.“

Das Resultat der Abstimmung wird von dem General⸗Lieute⸗ nant von Radowitz dahin festgestellt:

Die Frage ist in fakultativer Weise bejaht von Mecklenburg⸗ Schwerin, Oldenburg und Baden; vorbehalten haben sich ihre Erklärungen die freien Hansestadte.

Die übrigen votirenden Regierungen haben der Frage sämmtlich vollständig zugestimmt, Nassau unter dem stillschweigen⸗ den Vorbehalte der Ratification Seiner Hoheit des Herzogs.

Der letzte Punkt, auf den das Bündniß⸗Statut vom 26. Mai 1849 im Sinne einer Grundlage der provisorischen Unions⸗Regie⸗ rung zurückführt, würde, wie der Kommissar der Königlich preußi⸗ schen Regierung schließlich ausführt, die Instituirung eines Schieds⸗Gerichts der Union, an der Stelle des bisherigen provisorischen Bundes⸗Schieds⸗-Ge⸗ richts sein. Die Regulirung dieses Gerichts würde nach Maßgabe der provisorischen Kurien⸗Eintheilung zu erfolgen haben. Zunächst und vor Allem aber würden die Vollmachten der Mitglieder des bisherigen Schieds⸗Gerichts, die ihrem Ablaufe nahe sind, unter geeigneten Modificationen unverzüglich zu erneuern bleiben.

Ein Einwand hiergegen ist von keiner Seite erhoben. Das Schieds⸗Gericht der Union in der angedeuteten Weise also zuge⸗ standen.

Minister⸗Präsident, Graf von Brandenburg, schließt die Sitzung, Berlin, wie Eingangs, Nachmittags 4 ½ Uhr.

Die nächste Sitzung ist durch denselben auf morgen, den 14. Mai c., Vormittags 11 Uhr anberaumt.

Das Protokoll der Sitzung vom 13. Mai c. ist in dieser Sitzung vom 14. Mai c. verlesen, von den Mitgliedern der Kon⸗ ferenz genehmigt und von diesen und dem Protokollführer unter⸗ zeichnet worden.

Für Preußen: Graf von Brandenburg. Schleinitz. von Radowitz.

Für Baden: Klüber. Freiherr von Meysenbug.

Für Kurhessen: Hassenpflug.

Für Großherzogthum Hessen: Freiherr von Lepel.

Für Sachsen⸗Weimar: von Watzdorf. Seebeck. 1

Für Mecklenburg⸗Schwerin: Graf von Bülow. von Schack.

Für Mecklenburg⸗Strelitz: von Bernstorff, von Oertzen.

Freiherr von

tretene Ansicht aussprechen, und Mecklenburg⸗Schwerin ebenfalls

erklärt hat, daß es gegen Delegirte des Unionsvorstandes zu Ge⸗

schäften einer bestimmten Art nichts einzuwenden finden werde, weil es zunächst nur die Einsetzung eines ceigentlichen Ministeriums der provisöorischen Unionsregierung, als einer neuen Institution, be⸗ streite, bemerkt Minister Hassenpflug, daß er nach der Stellung, die er seinerseits zum Gegenstande der gegenwärtigen Erörterung habe einnehmen müssen, zwar durchaus nicht berechtigt sei, in die

Diskussion einzugreifen, daß er aber von seiner faktischen Anwesen⸗ heit bei dieser Erörterung die Erlaubniß zu der Bemerkung her⸗ nehme, daß ihm das Gewicht der Frage, worüber die Votanten dissentiren, darin zu beruhen scheine, ob man auf der Bestellung des Vertreters des provisorischen Unionsvorstandes, als auf der Kreirung einer persona moralis, verharren müsse. Könne man hier die persona singularis zugeben, so scheine die Differenz prak⸗ tisch ausgeglichen, da ja auch alsdann die Macht des Unionsvor⸗ standes unbestreitbar sei, sich im einzelnen Falle die erforderliche Vertretung zu bestimmen.

Mecklenburg⸗Schwerin bezeichnet diese Auffassung des kurhessischen Vertreters als eine völlig richtige.

Auch der Bevollmächtigte des Großherzogthums Hessen, Ge⸗ heimer Rath Freiherr von Lepel, glaubt in ähnlicher Weise die Gegensätze zu vermitteln, indem er dieselben auf die Frage zurück⸗ führt, ob in Vertretung des Unionsvorstandes ein verfassungsmä⸗ ßiges oder ein Verwaltungs⸗Organ geschaffen werden solle.

General⸗Lieutenant von Radowitz formulirt diesemnach die bei der Abstimmung über die Frage nach der dem Königlich preu ßischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu übertragende Vertretung der unirten Staaten im Auslande u. s. w. von Mecklen⸗ burg⸗Schwerin angebrachte Vorfrage nunmehr dahin:

Wird dem provisorischen Unionsvorstande die freie Befugniß zu⸗ gestanden, während der Dauer des Provisoriums die Personen zu bestellen, deren Zuziehung er zur nöthigen Wahrnehmung der Geschäfte für angemessen erachtet; diese Form der Vorfrage mit dem erklärenden Zusatze begleitend,

daß es dabei wahrscheinlich nicht in der Absicht des Fragenden

liegen werde, zu verlangen, daß es wechselnde Personen sein müßten, denen der Unionsvorstand die fragliche Stellung an⸗ weisen würde.

Hierauf wird die Zustimmung zu der also gestellten Vorfrage von keiner Seite ferner versagt. Die Vorfrage ist also erledigt, und die Abstimmung über die Hauptfrage, der Frage nämlich:

Soll dem Königlich preußischen Minister der auswärtigen Ange⸗

legenheiten während der Dauer des Provisoriums von der be⸗

treffenden Regierung die Vertretung ihrer Staats⸗Angehörigen

im Auslande, eventualiter auch die Erwirkung der Anerkennung der Union im Auslande und Inlande Form und Modalität

vorbehalten übertragen werden? die bei Braunschweig abgebrochen wurde, nimmt ihren Fortgang.

Mecklenburg⸗Schwerin wird sich nach Maßgabe des zelnen Falles über diese Frage entschließen. Eben so Oldenburg und schließlich auch Baden, welches letztere seine frühere Beant⸗ wortung der Frage in der von Mecklenburg⸗Schwerin bezeichneten fakultativen Weise verstanden hat.

Nassau, Sachsen⸗Weimar, Sachsen⸗Koburg⸗Gotha, Sachsen⸗Meiningen, Sachsen⸗Altenburg, Anhalt⸗Deßau und Cöthen Anhalt⸗Bernburg, Schwarzvurg⸗Sondershausen, Schwarzburg⸗Rudolstadt,

Waldeck, älterer Linie, Reuß jüngerer Linie 3 5 11“ h4““ bejahen die Frage in ihrem ganzen Um

dem sie Preußen 8 ö“

Für Oldenburg: von Eisendecher. Mosle.

Für Sachsen⸗Altenburg: Graf Beust.

Für Sachsen⸗Koburg⸗Gotha: von Seebach.

Für Sachsen⸗Meiningen: Freiherr von Wechmar.

Für Nassau: von Wintzingerpde. Vollpracht.

Braunschweig: Freiherr von Schleinitz. Dr. Liebe. Für Anhalt⸗Deßau und Anhalt⸗Cöthen: von Goßler. von Plötz.

Für Anhalt⸗Bernburg: Hempel. Dr. Walther.

Für Schwarzburg⸗Sondershausen: Chop.

Für Schwarzburg⸗Rudolstadt: von Roeder.

Für Reuß älterer Linie: Otto.

Für Reuß jüngerer Linie: von Bretschneider.

Für Lippe: Piderit.

Für Schaumburg⸗Lippe: Baron von Lauer⸗Münchhofen. Für Waldeck: Winterberg. Für Lübeck: Dr. Elder. Für Bremen: Smidt.

Für Hamburg: Dr. Banks. Bloemer.

PIGTII der D644““ zerhandelt Berlin , den 14. Mai 1850 , Vormittags 11 Uhr in Gegenwart: (S. drittes Protokoll.) 1 Minister⸗-Präsident Graf von Brandenburg eröffnet die Sitzung.

Das Protokoll der Sitzung vom 13ten d. wird verlesen, von den Mitgliedern der Konferenz genehmigt und von diesen und dem Protokollführer unterzeichnet.

Der Kommissar der Königlich preußischen Regierung, General⸗ Lieutenant von Radowitz, hat der Konferenz bezüglich des in der gestrigen Sitzung festgestellten Provisoriums noch die Schluß frage vorzulegen, ob die Konferenz es für dienlich erachte, die Dauer dieses Provisoriums sofort mit einem Termin zu versehen. Es werde diese Terminbestimmung für den ernsten Willen der verbündeten Regierungen, das Definitivum fest im Auge zu behalten, ein öffent⸗ liches Zeugniß geben, so wie sie die Regierungen zugleich gegen die Verdächtigung schützen werde, als liege es in deren Absicht, den durch die Nothwendigkeit gebotenen nächsten provisorischen Zustand einem Definitivum zu unterschieben. Preußen verkenne dabei die Schwierigkeit nicht, die mit einer dergleichen Terminbestimmung ver⸗ bunden sei; es habe aber geglaubt, sich dennoch seinerseits für die⸗ selbe aussprechen und etwa den 15. Juli d. J. als den Schluß des Provisoriums vorschlagsweise annehmen zu sollen. Der Kommissar der Königlich preußischen Regierung stellt hiernach zur Umfrage:

Hält die Konferenz es für dienlich, für die Dauer des

Provisoriums einen bestimmten Schlußtermin festzustellen: und im Bejahungsfalle

hält sie es für angemessen, den Schluß des Provisoriums

mit dem 15. Juli d. J. eintreten zu lassen?

Nachdem vorher der Bevollmächtigte des Großherzogthums Hessen, so wie die Vertreter von Kurhessen, Mecklenburg⸗Strelitz und Schaumburg⸗Lippe die Voraussetzung des Kommissars, daß sie nicht beabsichtigen würden, sich bei der Aussprache über die Frage zu betheiligen, bestätigt haben, erfolgen folgende Erklärungen.

Baden findet die in Frage stehende Terminbestimmung wün⸗ schenswerth. Deutschland warte auf ein baldiges Resultat der bis⸗ herigen Bestrebungen für seine politische Neugestaltung; könne dieser Erwartung auch zur Zeit noch nicht entsprochen werden, so werde die Begränzung des Provisoriums doch beweisen, daß man um deswillen gemeint sei, den Gegenstand der Erwartung aufzugeben. 8* 8 Rn- 8ialiäi saelch zustimme, müsse es doch ermin se st für zu nahe gesetzt erachten, zumal

hungen in Frankfurt noch nicht begonnen hätten, und deren

Abschluß für die Dauer des Provisoriums von erheblichem Einfluß erscheine. Baden spreche indeß, so viel es den verlängerten Termin betreffe, blos einen Wunsch aus, und erkläre im Voraus, sich die⸗ serhalb der Majorität zu unterwerfen. Es setze zu, daß nach dem Vorgesagten der kürzere oder ausgedehntere Termin des Proviso⸗ riums mit von dem Tage des Eintretens der verbündeten Regie⸗ rungen in den frankfurter Kongreß abhängig sein werde, und es stelle deshalb anheim, ob nicht über den Augenblick dieses Eintre⸗ tens, vor Fixirung des in Frage stehenden Endtermins, eine Ver⸗ einbarung unter den verbündeten Regierungen stattfinden möge. General⸗Lieutenant von Radowitz kann die Richligkeit der letzteren Erwägung nicht völlig zugeben, da ja die Möglichkeit eines Nicht⸗Eintretens der verbündeten Regierungen in den frankfurter Kongreß zur Zeit noch vorliege und auch im Falle dieses Nicht⸗ Eintretens der verbündeten Regierungen die Frage nach dem End⸗ termin des Provisoriums verbleibe. Sollte Baden seinerseits beab⸗ sichtigen, einen ausgedehnteren Termin vorzuschlagen, so werde die Konferenz diesen gegen den Vorschlag Preußens abzuwägen haben. Baden schlägt hierauf als Endtermin des Provisoriums die Frist von 3 Monaten, nach dem Schluß dieser Konferenz, vor. Braunschweig erkennt das dringende Bedürfniß an, das Provisorium baldmöglichst zu beschließen, und in einem Definitivum den gerechten Erwartungen der Nation zu entsprechen. Es stimmt für den Vorschlag Preußens in seinem ganzen Umfange. Mecklenburg⸗Schwerin, 8 Nassau, Waldeck, Lippe und die freien Hansestädte

stimmen wie Baden:

öIIö

Anhalt⸗Deßau und Cöthen und

I1vwalt VBernkbue.

wie Braunschweig. Sachsen Weimar stimmt ganz wie Preußen. Sachsen⸗Koburg⸗Gotha und Sachsen⸗Meiningen desgleichen.

Auf Anlaß des Letzteren wird von dem Kommissar der König⸗ lich preußischen Regierung die gestellte Frage dahin näher präzisirt, daß am Schlusse des Provisoriums entweder einfach eine Verlän⸗ gerung oder eine Modification desselben oder endlich das Definiti⸗ vum eintreten und zwischen diesen dreien Möglichkeiten dann zu entscheiden sein werde.

Mecklenburg⸗Schwerin erklaͤrt, daß es die Frage in kei⸗ nem anderen Sinne als dem eben dargelegten verstanden und be⸗ antwortet habe.

Die übrigen Regierungen, welche bereits abgestimmt haben finden keine Veranlassung, ihr gegebenes Votum zu modifiziren.

Die verbleibenden votirenden Regierungen:

Schwarzburg⸗Sondershausen, Schwarzburg⸗Rudolstadt, Reuß älterer Linie, und Reuß jüngerer Linie, treten sämmtlich Sachsen⸗Weimar bei.

r das durch den Kommissar festgestellte Resultat ist eine allsei⸗ tige Bejahung der gestellten Frage über den Termin des Proviso⸗ riums überhaupt, und eine Bejahung des Schlußtermins auf den 15. Juli c. mit 12 gegen 8 Stimmen.

Hierauf wiederholt Baden die Erklärung, auch in Bezug auf die Dauer der Terminbestimmung der Majorität beizutreten. Nas⸗ sau und die freie Hansestadt Hamburg, so wie die übrigen Stimmen der Minorität, treten ebenfalls bei, die beiden erstgenann⸗ ten Staaten jedoch mit dem Zufügen, daß sie auch jetzt noch den ausgedehnteren Termin im Interesse der Sache für den besseren halten.

Der Schlußtermin des Provisoriums ist demnach von allen votirenden Regierungen auf den 15. Juli d. J. festgestellt. Gegen den Schluß dieses Termins wird, wie der Kommissar der Königlich preußischen Regierung nochmal zusetzt, durch die Organe des Pro⸗ visoriums zu bestimmen sein, ob das Provisorium in der Weise, wie es jetzt ins Leben tritt, oder in einer andern Gestalt zu verlängern, oder aber, ob es alsdann in das Definitivum einzutreten ha⸗ ben wird.

Sachsen⸗Weimar legt darauf, daß diese Entscheidung von den Organen des instituirten Provisoriums und nicht mehr von den einzelnen Regierungen auszugehen haben werde, besonderen Nachdruck und wünscht in dieser Hinsicht volle Gewißheit.

Hamburg im Gegentheil bestreitet dies. Darüber, was nach Ablauf des Provisoriums zu geschehen habe, könne von den Orga⸗ nen des Provisoriums selbst nicht statuirt werden, diese Bestimmung müsse vielmehr der völlig freien und alleinigen Entschließung der Regierungen überlassen bleiben.

Mecklenburg⸗Schwerin und Lübeck schließen sich dieser Ansicht Hamburgs an. Bremen ist der Meinung, daß eine an⸗ dere Ansicht überhaupt nicht wohl Platz greifen könne.

Der Kommissar der Königlich preußischen Regierung erklärt, daß es allerdings die Ansicht Preußens sei, die Frage über einfache oder modifizirte Verlängerung des Provisoriums oder über das Eintreten des Definitivums demnächst durch die Organe des Pro⸗ visoriums berathen und entschieden zu sehen. Die kundgewordenen gegenseitigen Ansichten müssen ihn indeß jetzt zu der Zwischenfrage nöthigen:

Ob die vorerwähnte Berathung und Entscheidung durch

die Organe des Provisoriums oder, unabhängig von dem Provisorium, durch die Regierungen selbst zu erfolgen habe. ““

Bei der Umfrage über diese Zwischenfrage erklären sich di votirenden Regierungen wie folgt:

Baden, das in dem Fürsten⸗Kollegium einer zusammenge⸗ setzten Kurie nicht angehört, hat bei der Frage kein näheres In⸗ teresse. Zur Sache selbst ist es indeß der Meinung, daß der Ge⸗ genstand der Frage kein anderer, als die Erneuerung des jetzt zu instituirenden Organs ist, und daß diese Erneuerung, eben so wie die jetzige Institutrung desselben, nur von sämmtlichen Regierungen ausgehen könne. b 8

Braunschweig stimmt wie Preußen. Die Bedeutung des Provisoriums werde fast zu nichts herabsinken, wenn dem Organe des Provisoriums, dem Fürsten⸗Kollegium, die hier fraglich gewor⸗ dene Attribution entzogen werden solle. Auch stehe ja überhaupt nicht zu gewärtigen, daß das Fürsten⸗Kollegium in einer Frage so weit greifender Art, wie die über Verlängerung oder Modification des Provisoriums oder über Eintreten des Desinitivums, anders als per unanimia oder nach qualifizirter entscheiden und dieserhalb eine andere Bestimmung in seine Geschäfts⸗Ordnung aufnehmen werde. Am Schlusse des Provisoriums abermals zur Konferenz und damit wieder ganz zu dem b8 1cenwärtigen Stadium zurückkehren, könne von Braunschweig unmög ich als sachdienlich er⸗ achtet werden

Mecklenburg⸗Schwerin kann nicht zugeben, daß die hier in Frage stehenden Vereinbarungen durch die Organe des Provi⸗ soriums erfolgen können. Die Function dieser Organe ist vielmehr ganz von den Dispositionen abhängig, wodurch sie ins Leben geru⸗ fen wurden, und diese Dispositionen waren blos auf das Proviso rium selbst gerichtet. Ueber die Grundsätze, nach welchen das Für⸗ sten⸗Kollegium in dem Provisorium seine Beschlüsse fassen wird, ob nach Stimmen⸗Einheit, einfacher Mehrheit oder wie sonst, ist zu⸗ dem jetzt keine Gewißheit zu erlangen. Mecklenburg⸗Schwerin stimmt daher dafür, daß die fraglichen Vereinbarungen lediglich Sache der unmittelbaren Entschließungen der Regierungen bleiben.

Nassau reservirt die hier in Frage stehende Bestimmung ebenfalls lediglich den Regierungen.

Sachsen⸗Weimar tritt der Erklärung Preußens mit der von Braunschweig angegebenen Modalität bei, daß in der zu er⸗ lassenden Geschäfts⸗Ordnung darüber noch bestimmt werde, ob im vorliegenden Falle nach Stimmen⸗Einheit oder nach qualifizirter Majorität zu entscheiden sei, hat übrigens seinerseits die Frage nur angeregt, um darauf aufmerksam zu machen, daß die jetzigen Be schlüsse wegen Bildung eines Provisoriums das bereits bestehende Rechtsverhältniß nicht alteriren können.

Oldenburg,

Sachsen⸗Koburg⸗Gotha,

Sachsen⸗Meiningen,

Schwarzburg⸗Sondershausen,

Schwarzburg⸗Rudolstadt,

Waldeck,

Reuß älterer Linie,

Reuß jüngerer Linie und

Lippe timmen wie Sachsen⸗Weimar;

Schwarzburg⸗Sondershausen unter der zugefügten Voraussetzung, daß das Fürsten⸗Kollegium bef Provisoriums die fragliche Entscheidung nicht per majora asse.

Sachsen-Altenburg und

Anhalt⸗Bernburg

stimmen wie Braunschweig.

Die freien Hansestädte: Hamburg, Lübeck und Bremen stimmen wie Mecklenburg⸗Schwerin. ö Der Kommissar der Königlich preußischen Regierung konsta⸗ tirt hiernach als Resultat der Abstimmung über die Zwischenfrage, daß von den votirenden Regierungen 14 Stimmen: Preußen, Braunschweig, Sachsen⸗Weimar, Sachsen⸗Koburg⸗Gotha, Sachsen⸗Meiningen, Sachsen⸗Altenburg, Oldenburg, Anhalt⸗Bernburg, v Schwarzburg⸗Sondershausen, Schwarzburg⸗Rudolstadt, Waldeck, Reuß älterer Linie, Reuß jüngerer Linie und Lippe G sich dafür ausgesprochen, daß beim Schlusse des Provisoriums über einfache oder modifizirte Verlängerung desselben oder über Eintreten des Definitivums von den Organen des Provisoriums selbst zu ent⸗ scheiden sein wird, während 7 Stimmen: Baden, Mecklenburg⸗Schwerin, Nassau, Anhalt⸗Deßau und Cöthen Lübeck, Bremen un 8 Hamburg 8 diese Entscheidung blos den unmittelbaren Entschließungen d. gierungen selbst anheimstellen. 3 G Preußen, so erklärt General Lieutenant von R adowitz, kann hieraus nur den Schluß ziehen, daß es den Regierungen, die hier die Majorität bilden, unverwehrt bleiben muß, daß sie ihrer⸗ seits innerhalb des Fürsten Kollegiums ihre Entschließungen gel⸗ tend machen, während die Regierungen der Minorität auf unmit⸗ telbaren Entschließungen bestehen mögen; so, daß das Resultat die⸗ ser Abstimmung zu den Fällen gezählt werden kann, worin die Mi⸗ norität so wenig die Majorität, wie sonst die Majorität die Mino⸗ rität zu binden im Stande ist. 1“ General⸗Lieutenant von Radowitz fragt, ob gegen diese Auffassung des vorliegenden Resultats der Abstimmung Einspruch erhoben werde? Ein Einspruch ist nicht erfolgt. ““ 1 General⸗Lieutenant von Radowitz erklärt hiermit den ersten lbschnitt der Konferenz-Verhandlungen: 1 das Berferknaß und die Stellung der verbündeten Regie⸗ rungen zu der Union, 1 1 zur Zeit für erledigt, indem er sofort dazu übergeht, den zweiten Abschnitt dieser Verhandlungen: G das Verhältniß und die Stellung derselben Regierungen zu dem frankfurter Kongreß, 8 8 nach Maßgabe der von ihm Eingangs der Konferenz desfalls ge⸗ gebenen Uebersicht zur Erörterung zu stellen. Es würde hier zunächst zu entscheiden stehen: Ob die verbündeten Regierungen auf die ergangene Aufforderung der Kaiserl. österreichischen Regierung den Kongreß beschicken 8 werden, fell im Bejahungsfalle: - 1nahi vaelahen Feilärungen und unter ‚welchen Modalitäten? eine Entscheidung, an die sich die Verständigung unter den verbün deten Regierungen über ihr Verhalten auf dem Kongresse selbst, den ort zu fassenden Entschließungen gegenüber, anzuschließen hätte. Die besonderen Fragen würden lauten: 1) Sollen die verbündeten Regierungen den Kongreß beschicken? m Bejahungsfalle: 2) Soll dies unter der in der Sitzung der Konferenz vom 11. Mai c. von Preußen mitgetheilten Erklärung geschehen? und 3) Wie werden sich die verbündeten Regierungen auf dem Kon⸗ gresse selbst, den dortigen Fragen gegenüber, zu stellen haben? Preußen will bei Beantwortung dieser Fragen mit der eige⸗ ien Ansicht nirgend zurückhalten; und so erklärt es zur ersten Frage, daß es eine Verbindlichkeit zur Beschickung des Kongresses in keiner Weise anerkennt, daß es diese Verpflichtung vielmehr entschieden leugnet, und daß es nur um einer höheren, von aller Berechtigung er Kaiserlich österreichischen Regierung völlig unabhängigen Pflicht,

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der Pflicht nämlich, kein Mittel unversucht zu lassen, das zur end⸗ lichen Verständigung über die politischen Verhältnisse Deutschlands führen kann, sich seinerseits zur Beschickung des Kongresses bestimmt erachtet. 8 Bei der Umfrage folgt: 1 8 8 Baden erkennt sich ebenfalls zur Folgeleistung auf die ergan⸗ gene Aufforderung nicht verpflichtet; dennoch bejaht es die Frage, weil es den Kongreß aller deutschen Regierungen selbst, für höchst wünschenswerth und nothwendig hält. 3 Kurhessen. Minister Hassenpflug. Wenn bei Erörte⸗ rung dieser Frage zunächst damit begonnen worden, daß man die Pflicht zur Beschickung des Kongresses leugne, so müsse Kurhessen bekennen, daß diese Ansicht nicht die seinige sei. Die wiener Schluß⸗ akte so gut wie die Bundesakte bestehe noch in Kraft. Nur die seitherige Bundes⸗Versammlung habe ihre Existenz eingebüßt. Wie aber der Art. IV. der Bundesakte, wonach die Angelegenheiten des Bundes durch eine Bundes⸗Versammlung besorgt werden sollen, bei der Schlußakte zur vollen Geltung gekommen, so müsse derselbe Artikel auch gegenwärtig, wo es an jeder Versammlung zur Wah⸗ rung der Bundes⸗Interessen mangele, als ein rechtsgültiger Titel für den Zusammentritt einer hierauf abzweckenden Versammlung der deutschen Regierungen betrachtet werden. Zu einem solchen Zu⸗ sammentritt Veranlassung zu geben, würde auf Grund des bezoge⸗ nen Art. IV. der wiener Schlußakte jedem einzelnen deutschen Staate ohne Unterschied zugestanden haben; so, daß hierzu auch der Kaiserlich österreichischen Regierung die Befugniß nicht wohl werde zu bestreiten sein. Habe diese Regierung sich dabei irgend eine Präsidial⸗Qualification beigelegt, so könne dies freilich nicht gebilligt werden, da das Präsidium einer nicht mehr bestehenden Bundes⸗Versammlung selbstredend nicht mehr existire. Oesterreich könne in dieser Qualification nur als ein praccipuum membrum erscheinen, gegen welche Qualisication alsdann ein erheblicher Ein⸗ wand nicht zu erheben sein werde. Uebrigens sei dieser Umstand Nebensache, gegenüber der Thatsache, daß das bisherige Organ des deutschen Bundes, die Bundes⸗Versammlung, wie auch er zugebe, zerstört worden, und daß ein neues grundgesetzliches Organ noch nicht an die Stelle des zerstörten eingetreten; während fortwährend das Grundgesetz bestehe, daß eine Versammlung da sein müsse, welche die Angelegenheiten des deutschen Bundes zu besorgen habe. Kurhessen deklarire also die Mitwirkung der deutschen Bundes Regierungen dazu, daß die Angelegenheiten des deutschen Bundes durch eine Versammlung besorgt werden, für eine gemeinsame Bun⸗ despflicht, welcher zu genügen er seinerseits bereits seinen Vertreter nach Frankfurt abgesandt habe. Dort werde man durch eine freie Vereinbarung zu einem neuen gesetzmäßigen Organ für den deut⸗ schen Bund zu kommen suchen muͤssen, und dort Oesterreich und Preußen die Berücksichtigung zuzuwenden haben, worauf die Macht und Stellung dieser Staaten natürlichen Anspruch habe. Sodann zu dem Verhältniß des Bündnisses vom 26. Mai 1849, und namentlich der darin beschlossenen Verfassung zu dem deutschen Bunde selbst, übergehend, wird von Minister Hassenpflug die gesetzliche Unzulässigkeit der Union ohne allseitige Zustimmung der anderen Regierungen daraus gefolgert, daß kein Buündniß statthaft sei, welches gegen die Sicherheit des deutschen Bundes angehe, wie Art. XI. der Bundes⸗Akte besage, diese Sicherheit aber ver⸗ letzt werde, wenn ein Bündniß mit den grundgesetzlichen Bestim mungen der Bundes⸗Verfassung in Widerspruch trete. Außer dem Mangel an Zustimmung seitens aller deutschen Regierungen zu der Verfassung des Bündnisses vom 26. Mai 1849 werden in einer umfassenden Ausführung als einzelne Hauptpunkte dieser Unzuläs⸗

erklären die übrigen Regierungen wie

sigkeit namentlich noch hervorgehoben: die bei der Durchführung der Verfassung eintretende Verletzung der einzelnen Staaten im Punkte der Rechtsgleichheit, der Selbstständigkeit und der Unabhängigkeit, so wie endlich die dadurch herbeigeführte Unmöglichkeit des ferneren Fortbestandes des deutschen Bundes als eines völkerrechtlichen und in dieser Eigenschaft für unauflöslich erklärten Bundes. Sobald ein bestimmter Theil der einzelnen deutschen Staaten innerhalb des deutschen Bundes durch Majoritäts⸗Beschlüsse gebunden werde, sei die Gleichheit und Selbstständigkeit dieser Staaten dahin und von dem deutschen Bunde als einem völkerrechtlichen Vereine nicht mehr die Rede. Kurhessen folgere aus dieser seiner Rechtsauffassung, daß es seinerseits nichts dazu thun dürfe, um auch nur dem klein⸗ sten Stücke der Unions⸗Verfassung zur Existenz zu verhelfen, womit denn die Nichtbetheiligung Kurhessens bei der Instituirung des Provisoriums so erklärt als gerechtfertigt sei. Kurhessen folgere dagegen nicht aus seiner Rechtsauffassung, daß man das Bündniß vom 25. Mai 1849 selbst aufgeben solle. Es sei ihm im Gegen⸗ theil auf das Entschiedenste wichtig, an demselben festzuhalten. Das Bündniß sei Anderen ein Dorn im Auge. Gerade deshalb solle man das Bündniß wenigstens bis zum Schlusse des frankfurter Kongresses verlängern und so während dieser Zeit die Stellung der Regierungen stärken, gegen die widersprechenden Staaten sichern, um diese zu nöthigen, den Art. 4 des Bündnisses zur Vollziehung bringen zu helfen. 18

Nochmal aber spreche Kurhessen sich gegen ein Weitergehen in den seitherigen Verhandlungen über die Einführung der Unions Verfassung mittelst des projektirten Provisoriums aus. Die vor⸗ handene Gereiztheit der widersprechenden Staaten werde gesteigert werden; der alte Ausweg, Differenzen der Bundesgenossen bei der Bundes⸗Versammlung zum Austrag zu bringen, sei leider ver⸗ mauert, und so die Möglichkeit der furchtbarsten Folge nicht zu leugnen, daß der Krieg mit all seinem Unglück die Entscheidung in Deutschland übernehmen werde. 1

Die Konklusion des Ministers Hassenpflug geht für Kur⸗ hessen schließlich dahin:

1) im Bündniß vom 26. Mai 1849 zu bleiben, b 2) dasselbe bis zum Schluß des frankfurter Kongresses zu ver⸗ längern, und 3) zu verhindern, daß zwischenzeitlich irgend etwas ins Leben trete, was bisher bezüglich der Union, verhandelt und vorbe⸗

reitet worden. 88

Minister Hassenpflug erklärt zusätzlich, daß die Stellung Kurhessens inmitten der obschwebenden Fragen eine unabhängige sei, die sich auf das Recht stütze und nicht auf die Politik.

General⸗Lieutenant von Radowitz erwiedert: Der Vertre⸗ ter der kurhessischen Regierung habe es für angemessen gefunden, sein Votum über die zur augenblicklichen Abstimmung anstehende Frage mit den bis jetzt vorbehaltenen Erklärungen zu verknüpfen. Er glaube, daß es nöthig sei, dabei sofort auszusprechen, wie Preu⸗ ßen diese Erklärung seinerseits betrachte. Er werde deshalb mit Erlaubniß der Konferenz die Abstimmung abbrechen und sich dieser Betrachtung sofort zuwenden.

Die rechtlichen Grundlagen, von denen die Argumentation des Vertreters der kurhessischen Regierung ausgehe, seien insofern durchaus die der preußischen Regierung, als auch die Königlich preußische Regierung den deutschen Bund selbst noch als bestehend anerkenne und nur die Verfassung des Bundes für aufgehoben er⸗ achte. Die Königlich preußische habe es dieserhalb zu

allen Zeiten als die Pflicht jeder deutschen Regierung anerkannt, zur Neugestaltung der Bundesverfassung die Hand zu bieten.

Der eigentliche Unterschied zwischen der kurhessischen Erklärung und der preußischen Auffassung beginne erst da, wo der kurhessische Minister zu der Annahme übergehe, daß jene Pflicht auch die Ver⸗ bindlichkeit auflege, am 10ten d. M. der ergangenen Aufforderung der Kaiserlich österreichischen Regierung in Frankfurt Folge zu ge⸗ ben. Diese Verbindlichkeit werde von Preußen allerdings entschie⸗ den geleugnet. Preußen erkenne keinerlei Nothwendigkeit an, einer Aufforderung zu folgen, wobei eigenmächtig über wo, wie und unter welchen Umständen, bei Androhung erheblicher Rechts⸗ nachtheile, bestimmt sei; es werde jede Einladung zu dem fragli⸗ chen Zwecke jederzeit in Erwägung ziehen, aber niemals einer Sommation gehorchen.

Die nächste Betrachtung des kurhessischen Ministers gelte der rechtlichen Stellung der Union zum deutschen Bunde. Man könnte vielleicht finden, daß diese Betrachtung etwas Unerwartetes habe von Seiten einer Regierung, die bis vor wenigen Monaten an den Vorbereitungen der Union überall thätigen Theil genommen. Doch solle diese Frage, da sie nicht rechtlicher Natur sei, auf sich beruhen bleiben.

Die Existenz des Bundes, heiße es in der vernommenen Aus⸗ führung des kurhessischen Ministers, solle durch die Union gefähr⸗ det, in ihrer Sicherheit bedroht sein. Preußen antworte: Das Bündniß könne nicht gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sein, da es sich vor Allem dieselben Zwecke vorsetze, welche der Bund als die seinigen bezeichne. Aus der Uebereinstimmung der Ziele aber einen Angriff auf die Sicherheit des Bundes abzuleiten, erscheine schwer begreiflich. Wenn man sich darauf zurückziehe, daß durch ein Bündniß zu gleichem Zwecke die Fortdauer des deut⸗ schen Bundes gefährdet werde, so müsse dagegen hervorgehoben werden, daß das Bündniß⸗Statut und die nachfolgenden Akte allen nicht zur Union gehörenden deutschen Staaten die Rechte aus dem Bunde von 1815 ausdrücklich vorbehalte. Werde nun das ganze Gebiet der verbleibenden Möglichkeit in den beiden Fällen beschlos⸗ sen sein, daß entweder nicht ganz Deutschland, oder daß ganz Deutschland in die Union eintrete, so müsse im ersten Falle für die Klage das Objekt, im letzteren der Kläger fehlen. Die einzelnen Staaten sollen sich, wie behauptet werde, um ihrer bundesrechtlich nothwendigen Selbstständigkeit willen, in der Union nicht der Ma⸗ jorität unterordnen dürfen, und doch sei eine Uebertragung sogar der ganzen Staatshoheit von dem Souverain des einen deutschen Staates an den anderen, sei es durch Cession, sei es durch Erbgang bundesrechtlich vorgesehen, und an keinerlei Zustimmung der ande⸗ ren Bundesglieder gebunden. Was die rein politische Betrachtung des kurhessischen Ministers und die von demselben in Bezug genom⸗ mene Gefahr eines Krieges, in Anlaß der vorschreitenden Union, betreffe, so werde allerdings ein solches Ereigniß, wenn es eintreffen sollte, überaus schmerzlich und tief zu beklagen sein. Dasselbe werde aber nicht Krieg, sondern L andfriedensbruch sein. Möge die Bundes⸗Versammlung aufgehoben sein, der oberste Grundsatz, der hoch über allen Einrichtungen und Formen erhaben sei, bestehe noch, und er befehle, daß die Glieder des deutschen Bundes unter einan⸗ der steten Frieden halten und ihre Streitigkeiten nie durch Gewalt ausmachen sollen. Könne die Bundes Versammlung nicht zur Schlichtuug des Zwistes angerufen werden, so sitt Pflicht der Betheiligten, andere Wege aufzusuchen, um zu einer unparteiischen Erledigung des Zwiespaltes zu gelangen. Wer hier verwegen genug wäre, sich an dem Frieden Deutschlands zu vergreifen, würde dem Angegriffenen das volle Recht der Nothwehr einräumen, und nur der würde die Schuld des Unglücks tragen, der undeutsch genug wäre, das innerste Wesen des deutschen Bun⸗ des mit Füßen zu treten.

Preußen würde aufrichtig bedauern, wenn es den Schluß zie⸗ hen müßte, daß Kurhessen es nicht mehr angemessen fände, den bis⸗ herigen gemeinschaftlichen Weg zur Verwirklichung der Union mit ihm zu gehen, da es dringend wünsche und hoffe, daß der Union eine so bedeutende und wichtige Regierung nicht entfremdet werde.

Minister Hassenpflug relevirt noch den Unterschied zwischen dem gänzlichen Aufhören einer Souverainetät durch den Tod oder die Cession ihres augenblicklichen Inhabers und zwischen der Schmälerung der Souverainetät unter der Herrschaft der Majorität eines Kollegiums; sodann, daß von Seiten Kurhessens der Wunsch wie der Anlaß zu einem Krieg außer allem und jedem Betracht gestanden, und daß es im Uebrigen für das Kriegs⸗Unglück ohne Erheblichkeit sei, ob man den Krieg Krieg oder Landfriedens⸗ bruch nenne.

General⸗Lieutenant von Radowitz glaubt, auf das Letzte nur noch kurz erwiedern zu sollen, daß Preußen allerdings auf die rechtliche Seite der Kriegsfrage den verdienten Werth lege, daß es ihm schwer werde, eine gleiche Voraussetzung bei Anderen auf⸗ zugeben, und daß es, von dieser Seite der Betrachtung aus, im gegebenen Falle wirklich keinen Krieg zu führen, sondern einen Landfriedensbruch zurückzuweisen hätte. Die militairische und politische Seite einer solchen, hoffentlich nie eintretenden Kata⸗ strophe könne übrigens, der Natur der Sache nach, nicht Gegen⸗ stand der gegenwärtigen Verhandlungen sein, sondern bleibe den Erwägungen vorbehalten, welche die Ehre und Pflicht den betheilig⸗ ten Staaten vorschreiben würde. 8

Minuister Hassenpflug giebt die Hoffnung nicht auf, daß noch vor dem Schluß der Konferenz eine neue Erwägung eine An⸗ näherung der verschiedenen Ansichten herbeiführen wird, was Gene⸗ ral⸗Licutenant von Radowitz bei dem fortgerückten Stadium der Konferenz und den gefaßten Beschlüssen bezweifelt. 8

Die Abstimmung über die erste Frage wird fortgesetzt.

Braunschweig kann als Antwort auf die Frage blos wie⸗ derholen, was es auf die Einladung der Kaiserlich österreichischen Regierung bereits erwiedert hat, daß

es bereit sei, an den Berathungen Theil zu nehmen, sich dabei aber Zeit und Ort und Verständigung mit seinen Verbündeten vorbehalte.

Mecklenburg⸗Schwerin bejaht die Frage aus Gründen der Dienlichkeit, so wenig wie Preußen aber in Anerkennung einer Pflicht; namentlich nicht aus Art. IV. der Schlußakte.

Nassau,

Sachsen⸗Weimar, ö

Sachsen⸗Koburg⸗Gotha,

Sachsen⸗Meiningen,

Sachsen⸗Altenburg,

Oldenburg,

Anhalt⸗Deßau und Cöthen

Anhalt⸗Bernburg, 8

Schwarzburg⸗Sondershausen,

Schwarzburg⸗Rudolstadt

Waldeck,

Reuß älterer Linie,

Reuß jüngerer Linie,

Lippe und

die drei freien Hansestädte stimmen sämmtlich wie Preußen. Auch