1850 / 141 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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beim Unterrichts⸗Ministerium Denkschriften ein, welche sich mit den der katholischen Kirche ertheilten Begünstigungen vollkommen ein⸗

verstanden erklären.

Mehrere Blätter bringen die Nachricht, das Ministerium sei zu dem Entschlusse gekommen, Freiherrn von Gehringer aus⸗ Un⸗

garn zurückzuberufen.

Sprache kam.“

Sachsen. Leipzig, 24. Mai. (Leipz. Ztg.) gearlat⸗ Abend starb hier der ehemalige Ober⸗Hofprediger und 81gb Vice⸗Präsident Dr. Christoph Friedrich von Ammon im 85 en 84 5

Württemberg. Stuttgart, 241. 15 Merf.) Sitzung der Landes⸗Versammlung. bbeö“

8 EI111“n“ cher Departements. Der Minister befinden sich die Chefs sämmtlicher edie Rednerbühne, um eine des Innern, von Schlayer, befteige d4e vot schon früher gestellte Interpellation. 8 b - Regie⸗ Gatldorf zu beantworten. Die Anfrage gel 8 19 Volleni

1 bege,r ei, deon Art. 2 des Eisenbahngesetzes in Vollzug zu rung gemeint sei, den 8 J elche nicht von der Ei

btzen, wonach diejenigen Bezirke, welche nicht

e berührt werden, dagegen durch Herstellung von Herbindungs ⸗Straßen entschädigt werden sollen, oder ob dieser Artikel blos auf dem Papier stehen bleiben solle. Der Mi nister des Innern antwortet: Ich kann mich nur wundern, daß

der Abgeordnete von Gaildorf allein nicht zu wissen scheint, was landeskundig ist. §. 2 dieses Gesetzes wird schon seit mehreren Jahren vollzogen, seine Vollziehung ist eben so in die Hände der Stände als der Regierung gelegt, und der Abgeordnete hätte in den Kammer⸗Protokollen Belehrung suchen und finden können. Den Bezirken, welche nicht an der Eisenbahn gelegen sind, sind zu ihrer Verbindung mit der Eisenbahn Verbindungsmittel zugewiesen wor⸗ den, es ist auf den Landtagen von 1845 und 1849 in diesem Sinne gehandelt worden, sowohl was die Erhaltung, als was den Bau solcher Straßen betrifft. Deshalb kann ich nur staunen, wie man die Frage stellen mag, ob die Regierung den §. 2 blos auf dem Papier stehen lassen wolle; ich kann nur bedauern, wenn man sich einen solchen Ton aneignet, zumal wenn man so sehr im Un⸗ recht ist. Was den Bezirk Gaildorf betrifft, so weiß ich wohl, daß dieser Bezirk seit 1820 mehr als irgend ein anderer Bezirk für Straßenbauten gethan hat, aus dem Grunde nämlich, weil er viel zu spät zu bauen begonnen hat. Es ist in 20 30 Jahren viel⸗ leicht eine halbe Million Gulden dazu verwendet worden. Die Re⸗ gierung hat dies auch nicht unberücksichtigt gelassen und hat dem Bezirk zu verschiedenen Zeiten Beiträge zu Straßenbauten gegeben (wie der Minister dies speziell ausführt). Ich glaube deshalb, daß am allerwenigsten die Gaildorfer in der Lage sind, zu ignoriren alles das, was in Beziehung auf §. 2 des Eisenbahn⸗Gesetzes gethan worden ist, und ich muß mein Erstaunen wiederholen, wie man die Frage überhaupt und in solcher Form stellen konnte und wollte.

Wullen bleibt dabei, daß der Bezirk Gaildorf sehr vernach⸗ ässigt sei, und daß in Beziehung auf ihn der §. 2 des Eisenbahn⸗ gesetzes nur auf dem Papier bestehe, denn hier entscheiden nur Zah⸗ en. Allerdings antwortet der Minister Zahlen sollen ent cheiden. Der Gegenstand wird hiermit verlassen.

Vor dem Uebergang zur Tagesordnung stellt Schnitzer den ntrag, einen heute mitgetheilten Bericht der Finanz⸗Kommission über die provisorische Steuerverlängerung als dringlich jetzt zu be⸗ rathen, damit der gegenwärtige ungesetzliche Zustand sein Ende erreiche. Es erfolgt aber Widerspruch, daher kann die Berathung nach der Ge schäftsordnung nicht stattfinden, weil nach derselben ein Kommissions bericht 24 Stunden vor der Berathung in den Händen der Mit⸗ glieder sein muß.

Die Tagesordnung führt nun zur Berathung des Berichts der Verfassungs⸗Kommission über den Gesetz⸗Entwurf, betreffend die Abänderung der Bestimmungen der Verfassung über die Zusammen⸗ setzung beider Kammern. (Berichterstatter M. Mohl, Korreferent Seeger.) Präsident: Es ist von mehreren Seiten der Antrag gestellt worden, vor dem Uebergang zu den einzelnen Anträgen eine allgemeine Debatte zuzulassen. Die Versammlung ist damit ein⸗ verstanden. Minister von Schlayer: Er habe vor der allge⸗

meinen Debatte etwas noch Allgemeineres zu sagen. Der Kom⸗

nissionsbericht sei so groß geworden, daß ihn die Mitglieder der

egierung bis jetzt kaum hätten durchlesen können, dieser Be⸗ icht enthalte Dinge, die gar nicht in denselben gehören, könne nur staunen, daß die Kommission die Indiscre

ion begangen und ihre Befugnisse überschritten habe, indem sie ganz ungeeigneter Weise Protokolle über die vertraulichen Besprechungen er beiderseitigen Kommissäre veröffentlicht habe, welche einseitig verfaßt seien, diese Protokolle seien in Beziehung auf die Aeußerun⸗ en der Minister diesen nicht zur Durchsicht mitgetheilt worden, er rkläre daher in seinem und seiner Kollegen Namen, daß er deren Richtigkeit nicht anerkenne, und sie nur als ein parteiliches Werk erkenne, womit er natürlich im Mindesten nicht verdächtigen wolle.

Der Minister bespricht hierauf einige Stellen des Kommissions- Berichts, namentlich den Satz über den Eindruck, welchen die kommissarischen Verhandlungen gemacht haben, über die verschiedenen Anschauungs⸗ und Gefühlsweisen, indem nicht

zwischen dem türkischen Kaiser und fremden Gesandten verhandelt worden sei, man habe keine Dolmetscher gebraucht und es sei Alles Aanz deutsch verhandelt worden, man habe sich schon in der ersten Sitzung gut verstanden; dann geht er auf die Ausführungen über das allgemeine Wahlrecht über.

Pfeifer stellt den Antrag: Die Versammlung möge vor einer weiteren Debatte erklären, daß der von dem Minister des Innern der Kommission gemachte Vorwurf der Indiscretion und Befugniß⸗

Ueberschrettung unbegründet sei. Moriz Mohl: Die Kommissäre schweren Auftrag von der Versammlung erhalten, es 888 ö von großer moralischer Verantwortung, von über Düfe N eigenen Ehre dem Lande gegen⸗

sich üͤber besten mußten das Bedürfniß klar machen,

. ö“ mit den Regierungs Kommis⸗ g6 welchen unpartelischeren Be in den ööö geben, als wenn sie wiedergaben, was dem Bericht worden. Der Herr Minister hat des Herrn Ministers E Wenn man den Vortrag

lagen und den Bericht ver lricht Zung der Regierungs⸗Vor⸗

Seite die Provocation gleicht, so frage ich, auf welcher

Redner verwahrt ni auf welcher die Mäßigung ist. Der

die Versammlung deae. 1 Nr nach welcher

wäre, eine solche, deren G6G“ er Leidenschaften des Volks unterstützt Pfeifer's Antrasg unerträglich wäre, und nugtoung. Praͤsident; Cs in ein wär ene en schuldige Ge⸗

Schnitzer und Krauß gestellt 826 8. ein weiterer Antrag von Hopff, ständigkeit und Dur ssichtigteit. en, den Kommissären für die Voll⸗ gen zur Kenntniß dieser s welcher sie ihre Verhandlun⸗ derselben auszusprechen. nlung gebracht haben, den Dank

Staatsrath von Z 1 der Kommission das Rechber Spittler: Ich bin weit entfernt,

zusprechen, der Landes⸗Versammlung

2 „Wir können mit Bestimmtheit Ferice sagt der Lloyd, „daß im Ministerium ein ähnlicher Beschluß gefaßt wurde und daß überhaupt nie ein bezüglicher Antrag zu

sein sollen.

in abgerissener Form, oft aus dem Zusammenhang Ich gebe ihnen zu, daß sie sich möglichst bemühten, darzustellen. Ich verwahre mich aber gen aus diesen Berichten. degen: Auch ich protestire gegen jede diesen Protokollen. Wenn die Besprechungen wirklich ver⸗ traulich waren, so konnten offenbar die Aeußerungen Einzelner ohne ihre Zustimmung nicht veröffentlicht werden. Staatsrath von Hänlein schließt sich gleichfalls diesen Erklärungen an. Pfeifer: Die Verfassungs⸗Kommissäre waren in steter Verbin⸗ dung mit der Verfassungs⸗Kommission, welcher sie ihre Besprechun gen mit den K. Kommissären in Form von Berichten, nicht von Protokollen mitgetheilt haben. Ich fordere nun die Mitglieder auf, zu erklären, ob die Worte des Ministers des Innern gegen uns gegründet waren oder nicht. S. Schott: Der Druck dieser Be⸗ richte wurde von der Verfassungs⸗Kommission, nicht von den Kommissären beschlossen. Ich glaube, dem Pfeiferschen Antrag einen Verbesserungs⸗ Antrag beifügen zu sollen in dem Sinne, daß ebensowenig die Verfas⸗ sungs⸗Kommission durch ihre Schritte in dieser Sache eine Indis⸗ cretion oder Befugniß⸗Ueberschreitung sich habe zu Schulden kom⸗ men lassen. Reyscher: Ich glaube, wir sollten jetzt zur Tages⸗ ordnung übergehen, nachdem von beiden Seiten das Nöthige gesagt worden ist. In die beste Absicht des Berichterstatters ist gewiß kein Zweifel zu setzen. Daß nicht Alles wiedergegeben worden ist, liegt in der Natur eines Protokolls. Römer theilt Reyscher's Ansicht: das Werk der Kommission sei insofern parteiisch, als es einseitig zu Stande gekommen, daraus folge aber nicht, daß es unrichtig oder gar unwahr sei, wenn man aber frage, ob die Kommission indiskret gehandelt oder ihre Befugnisse überschritten habe, so erkläre er, daß dieses nicht der Fall sei, denn es wurde aus⸗ drücklich festgesetzt, daß die Verhandlungen nicht geheim Uebrigens solle man in solchen Verhandlungen nicht jedes gesprochene Wort auf die Goldwage legen; es seien schon von beiden Seiten harte Worte gesprochen worden, der Minister des Innern habe keine Beleidigung ausgesprochen. Bei der Abstim⸗ mung wird von den verschiedenen Anträgen der von Hopff, Schnitzer und Krauß von der Mehrheit angenommen. Hierauf wird zur allgemeinen Berathung zurückgekehrt. von Zwerger: Es ist fast ein Jahr, seit das Gesetz in die⸗ sem Saale berathen wurde, welches die Revision der Verfassung auf Grund der Grundrechte vorschreibt. Damals war es Beschluß, die Verfassung nach der Reichsverfassung und den Grundrechten zu ändern. Leider sind die damaligen Hoffnungen zu Grunde gegangen. Wir haben jetzt schon verschiedenemale Andeutungen gehört, daß eine Aenderung der Grundrechte in Aussicht stehe, wir lesen, daß behauptet wird, das Gesetz vom 1. Juli bilde keinen Bestandtheil der württem⸗ bergischen Verfassungsgesetzgebung, daß keine Gesammtrevision der Ver⸗ fassung beabsichtigt ist, und doch hat das Staats⸗Oberhaupt das Gesetz, das verfassungsmäßig zu Stande kam, ohne Vorbehalt ge⸗ nehmigt und verkündigt. Deshalb ist es auch ein Theil der Ver fassungs⸗Gesetzgebung. Wenn ich unseren Ständeeid ins Auge sasse, kann ich nicht begreifen, wie man eine Revision der ganzen Verfassung verweigern will. Unsere heilige Pflicht ist, zu beharren, es ist eine Bedingung, ohne welche kein Zusammenkommen möglich ist. Die Verständigung mit der Regierung nun ist, glaube ich,

Finanz ⸗Minister von Her⸗

hauptsächlich an der Forderung des allgemeinen direkten Wahl⸗ rechts gescheitert. Der Redner verbreitet sich weiter über das all⸗ gemeine Wahlrecht und entwirft ein Gemälde der Lage Deutschlands, welche vielleicht eben noch erlaube, die seit zwei Jahren errungenen Rechte in die Verfassung aufzunehmen. Die Vorlage der Regierung be⸗ trachtet er an der Hand der Grundrechte und der Erfahrung. Zwei Kammern wären überflüssig, wenn wir ein deutsches Parlament hätten; es sei aber kein Punkt, von dem man das Zustandekommen des Werks abhängig machen sollte. Er erklärt sich für blos 96 Abgeordnete, 64 in die zweite, 32 in die erste Kammer. Beide müssen aber nur aus gewählten Volksvertretern bestehen. Eine Be⸗ rechtigung der K. Prinzen vermöge er nicht anzuerkennen; die Grundrechte gestatten es nicht. Früher haben die Prinzen zudem meist wenig Antheil genommen oder sich an die Standesherren an⸗ geschlossen. Auch aus diesem Grunde sei er dagegen. Die höchst⸗ besteuerten Wähler müßten jedenfalls aus den Hoͤchstbesteuerten nicht des ganzen Bezirks, sondern je in jeder Gemeinde genommen wer⸗ den. Die Wahl durch die Amis⸗Versammlungen vermöge er nicht anzunehmen, indem letzteres Insti ut ein veraltetes sei. Den Ge⸗ meinden müßte ein Recht eingeräumt werden, aus der Wahl der Gemeinde⸗Räthe müßten die Wahlmänner hervorgehen. Der Ar⸗ tikel, welcher die Prälaten, katholischen Geistlichen mit sammt dem Kanzler wieder hereinführe, sei ganz gegen die Grundrechte. Die Wahl für die zweite Kammer sollte durch indirekte Wahlart ge⸗ schehen. Für die Anträge der Mehrheit der Kommission zu 2 und 3 könne er sich nicht erklären. Der Redner spricht seine Hoffnung aus, daß auch die Regierung noch nicht ihr letztes Wort gesprochen habe; er verzweifelt noch nicht am Zustandekommen des Werks, vorausgesetzt die Mäßigung der Versammlung; er wünscht, daß die Mehrheit sich mit der Minderheit vereinigte, damit das Werk nicht scheitere, dann werde das Vaterland sie dafür segnen.

Pfahler: Meine Herren! Wenn im Verlaufe der letzten zwei Jahre einer verfassungberathenden Versammlung von einem Mini⸗ sterium solche Verfassungs⸗Vorlagen mit einer solchen Motivirung gebracht worden wären, die Entscheidung wäre in viel kürzerer Zeit und in einer ganz anderen Weise ausgefallen, als sie jetzt ausfal⸗ len wird. Ich weiß zwar wohl, daß von diesem Ministerium die letzten zwei Jahre, ihre Geburt, ihre Entstehung ganz anders an⸗ gesehen und gedeutet werden, als von der Versammlung, ganz ähnlich jener geflüchteten Königlichen Familie vom Jahre 1830, die mit ihrer Umgebung nicht begreifen und nicht zugeben wollte, daß die Ereignisse in Paris und in Frankreich naturnothwendig hereinge⸗ brochen, vielmehr künstlich hervorgerufen worden seien. Ich dage⸗ gen bin der Meinung, meine Herren, daß die Ereignisse der letzten zwei Jahre, ihre tiefen Erschütterungen, daß jede Trostlosigkeit, welche jetzt das Vaterland drückt ich meine Deutschland gegen die vormärz lichen Tage und ihre Systeme als ihre Mutter und ihre Quelle zeugt. Meine Herren! Es wird diese Versammlung, ihre Majorität, zwar nicht als Feind des Volkes und des Landes bezeichnet, aber sie wird doch so hingestellt, als handele sie nicht im Interesse des Allgemeinen, als verstände sie die Verhältnisse des Volkes nicht. Nun, meine Herren, wir haben hier schon Aehnliches gehört und nicht lange darauf die Widerlegung gesehen. Ehe das Diluvium hereinbrach, von dem der Herr Minister des Innern gesprochen und das hier schnell Alles weggespült hat, hat man hier in diesem Saale auch diejenigen als Feinde bezeichnet, welche bald nachher mit offenen Armen empfangen werden mußten, um das zu ret⸗ 89 G schüten, „dessen Feinde sie sein sollten. Man . ö“ ob dem Feinde eine goldene

ebee o 8 gebaute 2 rücke abgebrochen werden ppeure haben wohlgethan, die Brücke nicht abzu⸗

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Bericht über die Unterredungen zu erstatten, dann hätte aber ein Protokollführer beigezogen werden müssen, der⸗ die Aufzeichnungen eführt hätte, statt daß es die Kommissäre selbst gethan haben.

Deshalb ist das, was sie sprachen, in runder Form, unsere Reden gerissen.

richtig

gegen alle Folgerun⸗

Folgerung aus

brechen, denn wer wäre dann gewesen, der das vertheidigt hätte, was sie zu vertheidigen wähnten. Meine Herren! Mir scheint die Vorlage der Regierung und ihre Motivirung aus der Ueberzeugung einer übergroßen Machtfülle, aus dem Glauben einer starken Re⸗ gierung hervorgegangen zu sein. Hierin, was eine starke Regie⸗ rung sei und was nicht, haben die letzten Jahre merkwürdige Bei⸗ spiele aufzuweisen und eigene Erscheinungen gesehen. Verdient aber eine Regierung den Namen einer souverainen, einer starken, welche zwar mit der Repräsentation des Volkes Gesetze macht und sie nicht auszuführen wagen darf, weil sonst fremde Bayonnette die Grän

zen überschreiten und einen andern, einen fremden Willen diktiren

Eigenthümlichkeiten der Stämme erhalten wurden. Meine Herren! Ich kenne keinen württembergischen Stamm, ich weiß ein württem bergisches Herzogthum, ein württembergisches Kurfürstenthum, und seit dem glorreichen Jahre 1806 ein Königreich, aber von einem württembergischen Stamme weiß ich nichts. Ja, wenn die Gränzen des Königreichs diesen Stamm umschließen sollen, so weiß ich nicht minder, daß die Angehörigen der neu acquirirten Landestheile, nach dem Styl von 1806, nicht als Mitglieder desselben Stammes an⸗ gesehen wurden, sondern daß die, welche in Anhägnglichkeit an ihre vorigen Landesherren diesem Stamme nicht ange⸗ hören wollten, zum Galgen und zu Pulver und Blei be gnadigt wurden, 1809. Meine Herren! Mir scheint, als seien die Vorlagen der Regierung und ihre Motivirung aus Mißkennt niß der Verhältnisse des Volkes hervorgegangen. Schon mehr als einmal hat man das Materielle, das Daniederliegen des Verkehrs, besonders das Aermerwerden des Volkes in unmittelbare Beziehung mit den zwei vergangenen Jahren gebracht, ich rufe dagegen den Königlichen Justiz⸗Minister auf, der uns vor nicht langer Zeit darüber belehrt hat, daß die bekannten Donnerstagslisten des Mer⸗ kurs, das Zunehmen der Vergantungen seit mehr denn zwanzig Jahren im Steigen und im Wachsen seien. Meine Herren! Schon oft hat man die sittlichen Zustände des Volkes so streng geschildert, daß wir den Vergleich mit den furchtbarsten Zuständen versunkener Völker aushalten könnten; ich bin der Meinung, es könnte Vieles

anders sein, und will Erzesse der zwei verflossenen Jahre nicht ent schuldigen noch vertheidigen. Mit Hinsicht auf diese Zustände ist auch ein Antrag von dem Herrn Abgeordn. von Leonberg gestellt worden. Ich habe damals für die Dringlichkeit dieses Antrags gestimmt, nicht weil ich derselben Meinung mit dem Herrn Antrag steller und mit den zu wählenden Mitteln dagegen gewesen bin, sondern weil ich glaubte, daß durch klare, durchsichtige und als baldige Diskussion das Gerechte wie das Unrichtige des Antrages dem Auge des Volks vorgelegt werden sollte. Aber, meine Herren, wenn irgend wer und wenn irgend eine Zeit Schuld an diesen sittlichen Zuständen trägt, so sind es die vormärzlichen Tage und ihre Systeme. Wer hat in Kirche und Schule und überall mehr Gewalt, als der Polizeistaat, der Schatten des Polizeihutes hat den Bürger begleitet, beengend, kontrollirend, beaufsich⸗ tigend von. der Taufe bis zum Grab. Meine Herren, aus dieser Mißkenntniß, aus dieser Selbstüberschätzung der eigenen Kraft, aus diesem Widerstand gegen den Geistt, der das ganze Vaterland durchweht, scheinen mir die Vorlagen der Regierung und ihre Motivirung hervorgegangen zu sein. Freilich, wie bei uns in Württemberg, so in ganz Deutschland. Drunten in Frankfurt hat der Bundestag sich wieder zusammengesunden gegen die Stimme und die Verwahrung des Vaterlandes. Sie, meine Herren, haben einst in den Norden mit Freuden die Bataillone ge⸗ schickt, um eine Provinz des Reiches gegen den Reichsfeind zu ver⸗ theidigen, in Frankfuxt wird der Gesandte dieses reichsfeindlichen Fürsten empfangen. Glauben Sie, daß dieses Diluvium, von wel chem der Herr Minister des Innern gesprochen hat, verlaufen ist, daß der Oelzweig wieder grünen könne, ich glaube es nicht; man thut Alles und hat bereits Alles gethan, daß die Brun⸗ nen der Tiefe wieder losbrechen, aber dann möchte die Arche feh len, welche die so Sicheren rettend aufnehmen könnte. Goppelt: Der Antrag der Majorität hat auf mich den Ein druck einer Hartnäckigkeit gemacht, welche von gegebenen Prämissen aus unter allen Umständen fortbaut. Ich glaube nicht, daß mit dem allgemeinen Wahlrecht in der jetzigen Zeit, wo die sozialen Fragen zum Vordergrund sich drängen, Alles gewonnen ist. Die Bewegungspartei, welche für das allgemeine Wahlrecht ist, sieht man von einer Seite als die an, von welcher allein alle Freiheit und alle Rechte gegründet und bewahrt werden, allein bei dem edleren Theile läuft auch eine unheilvollere Genossenschaft einher, welche das Recht verachtet, das Eigenthum verletzen möchte, und mit beiden ist als dritte die Klasse der Furchtsamen verbunden, welche nach Bei⸗ fall und Lob haschen. Ich frage nun, ob die, welche jetzt die Füh⸗ rer des Volkes sind, auch sicher sind, für die Zukunft dies zu blei⸗ ben, wenn sie dem Volke die ganze Entscheidung in die Hand ge⸗ ben und nicht auch die Berechtigung der Klassen anerkennen, welche für das erhaltende Element wirken! Eine unbefangene Würdigung der politischen Fragen, schließt der Redner, könne am cehesten durch die Theilung in zwei Kammern herbeigeführt werden, und er könne nicht umhin, Mäßigung anzuempfehlen.

Sltaatsrath von Wächter⸗Spittler erklärt, der Vorredner habe Worte gesprochen, die allerdings zum Ziele führen könnten; unangenehm habe es ihn dagegen berührt, daß der Kommissions⸗ bericht von einer Auschauungsweise ausgegangen sei, die jede Aus⸗ sicht auf eine Vereinigung verschwinden lasse. Durch den ganzen Be⸗ richt hindurch herrsche die Idee der Republik, die Idee des Demokra tismus, eines bodenlosen Demokratismus; es ergebe sich dieses aus dem oft ausgedrückten Haß gegen den Konservatismus u. s. w. Der Redner geht zum allgemeinen Wahlrecht über und äußert, daß dieses Frankreich an den Rand des Abgrundes gebracht habe. Proben dieses allgemeinen Wahlrechts seien, daß man bei der Wahl des Präsidenten in Frankreich einer großen Masse von Bauern vor gespiegelt habe, dieser Kandidat sei im Besitze eines Vermögens von vielen Millionen, womit das Glück des Volkes begründet wer⸗ den könne; eine weitere Probe dieses Wahlrechts sei ferner, daß kürzlich ein Mann aus der Wahlurne hervorgegangen, der eine Reihe unsittlicher Schriften verfaßt habe. Selbst angenommen, die von der Kommission aufgestellten Grundsätze würden zur Geltung kommen, ob man vann glaube, von auswärts her würde man die ses zulassen. Das Wahlrecht sei etwas Kostbares und dürfe nicht verschwendet werden. Zimmermann spricht in längerem Vortrag im Sinne des Kommissions⸗Berichts der Majorität; nicht das allgemeine Wahl⸗ recht habe Frankreich an den Rand des Abgrundes gebracht, wie der Herr Departements⸗Chef des Aeußern, geäußert, sondern die ganze vormärzliche Wirthschaft Ludwig Philipp's von oben bis nach unten. Was die Wahl des Mannes betrifft, der angeblich eine Reihe unsittlicher Schriften verfaßt habe, so habe dieser Schrift⸗ steller das große Verdienst, die faulen Flecken in der höchsten Ge⸗ sellschaft bis auf die untersten Schichten hinab aufgedeckt zu haben. Er, der Redner, habe sich schon vor Jahren über solche Schriften gefreut, weil sie nur dazu geeignet seien, die Mittel anzuwenden, um

solche faule Schäden auszumerzen. Der Abgeordnete von Ludwigs⸗

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würden. Man hat die Erhaltung all dieser starken Regierungen in der Gegenwart auch damit zu rechtfertigen gesucht, daß damit die

burg habe von einer Partei von Demo kraten gesprochen, welche sich Verletzungen des Eigenthums zu Schulden kommen lassen; mit solchen Menschen habe aber die Volksp artei keinen Umgang. Wei⸗ ter spricht er zu Gunsten des allgemeinen Wahlrechts, das er gegen den Abgeordneten von Ludwigsburg zu vertheidigen sucht. Für Aufopferungs⸗Vorrechte schwärme er, Verkürzungs⸗Vorrechte ver⸗ achte er. Ich danke meinem Schöpfer⸗ daß ich nicht mit so vielen Glücksgütern gesegnet bin, daß ich die vielen Aengsten des Besitzes zu erstehen habe. Das monarchische Prinzip läßt das allgemeine Wahlrecht ganz gut neben sich bestehen , das absolutistische Prinzip ist es, neben dem ein allgemeines Wahlrecht nicht bestehen kann. Ich möchte nicht, schließt der Redner, daß wegen des allgemeinen

Wahlrechts ein Bruch zwischen der Regäerung und dieser Versamm⸗ lung entstehe; unter allen Umständen ordneten, an da wolle. 1

Die Verhandlung wird hier um. 2 Uhr geschlossen.

aber haben wir, die Abge⸗

unserem Eide festzuhalten, möge kommen, was

Baden. Karlsruhe, 19. Mai. (Karlsr. Z.) Ihre Königlichen Hoheiten der Herzog und Dwie Herzogin von Genua sind, von Stuttgart kommend, zum Besuch der Großherzoglichen Familie hier angelangt und haben heute Nachmuittag die Reise üͤber Straß⸗ burg fortgesekzt.

Karlsruhe, 21. Maäi. (Karl Sr. Z.) Se. Königl. Hoheit der Großherzog ist in Begleitung des Staats⸗Ministers Klüber ge⸗ stern Abend gegen 10 Uhr von Berlin wieder hier eingetroffen.

Rastatt, 19. Mai. (Karlsr. Ztg.) Heute in der Frühe um 7 Uhr fand ein großes mitllitairisches Leichenbegängniß statt. Der preußische Major von Urlaub vonmr 20sten Infanterie⸗Regiment ist vor drei Tagen plötzlich an einer Urrterleibs⸗Entzündung erkrankt, und schon am Abend desselben Tages war keine Rettung mehr vor⸗ handen. Heute wurde er mit allen miilitairischen Ehren zur Erde bestattet, und haben seine Leiche der Gouverneur von Gayling und der Festungs Kommandant von Gansaarge, so Hie sämmtliche preu⸗ ßische und badische Offiziere, begleitet. Der Verstorbene genoß die allgemeine Achtung seiner Kameraden und erfreute sich der Liebe und Anhänglichkeit seiner Soldaten in hohem Grade. Seine all⸗ gemeine Bildung wie seine geselligen Tugenden machten ihn auch in den gesellschaftlichen Kreisen hiesi ger Einwohner sehr werth. Sein Tod erregt daher hier in allen Ireisen die lebhafteste Theil⸗ nahme.

Hessen. Kassel, 22. Mai. (Ka ss. Ztg.) In der heutigen Sitzung der Stände⸗Versammlung beamtwortete der Landtags⸗Kom⸗ missar die Interpellation des Herrn Detker wegen Beschickung des fraukfurter Kongresses dahin, daß die Protokolle der berliner Kon⸗ ferenz veröffentlicht würden, woraus zur ersehen sei, daß sämmtliche Regierungen beschlossen, die frankfüurnter Konferenz zu beschicken. Mittheilung über noch schwebende Verhandlungen zu machen und Instructionen zu veröffentlichen, sei nichhtt üblich.

Waldeck. Pyrmont, 17. Maäi. (Ztg. f. N. D.) Unser spezieller Landtag ist gestern eröffnet worden. Die vorzüglichsten Gegenstände der Verhandlung sind: die Regierungs⸗Vorlagen, welche die Ausführung der berathenen und anrgenommenen, aber noch nicht veröffentlichten Kreis⸗, Gemeinde⸗ und Gerichts⸗Ordnung betreffen, so wie die Berathung und Annahme des Budgets. Die finanziel⸗ len Verhältnisse gestalten sich, nach der Regierungsvorlage, äußerst günstig, denn die Einnahme übersteigt Die Ausgabe, wenn auch nicht um ein Bedeutendes, so doch um ein Merkliches. Die Ueberschüsse werden sich in Zukugnft noch bedeuten der herausstellen, wenn der jetzige Bestand des Militairs verringent und manche offen zu Tage liegende Uebelstände gehoben sein werden.

Frankfurt. Frankfurt a. M., 22. Mai. (O. P. A. 3.) Der Senat der freien Stadt Frankfrrrt beabsichtigt, sich mit dem Großherzogthum Hessen in Bezug aꝛu f die Kriminalrechtspflege in der Art zu verständigen, daß das hessi ssche Strafgesetzbuch auch, hier eingeführt, und das Ober⸗Appellationrs⸗ und Cassationsgericht zu Darmstadt, statt dessen in Lübeck, für Frankfurt die höchste Instanz werde. Der oberste Staats⸗ Anwalt in Hessen würde dadurch ein gewisses Ober Aufsichtsrecht in Strafsa chen auch in der Stadt Frank furt erhalten.

UAuslaen zid.

Oesterreich. Venedig, 18. Maei. (Llo yd.) Unter den letzten Kaiserlichen Entschließungen in Betreff r teses Königreiches dürften wohl sehr wenige allenthalben eine so freudi Ze Sensation erregt haben, wie jene, wodurch den Soldaten unserer Provinzen vom Fegt ab⸗ wärts, welche während der Revolution S⸗Epoche in ihrem Vaterlande gedient und der österreichischen Fahne treu geblieben sind, zwet Jahre, und denjenigen, welche außerhalb Italien gedient und falls sich treu bewährten, ein Jahr i hrer Capitulation nachgesehen wird. Diese Maßregel ist geeignet, auf alle Klassen der Bevölke rung einen wohlthätigen Eindruck zu machen.

Beim Buchdrucker Noratovich erschien unter der Leitung des Grafen Pullé eine zeitgemäße Sammrlung für Literatur, Wissen⸗ schaft, Jurisprudenz, schöne Künste zund Mannigfaltiges. Die bis jetzt ausgegebenen sechs Lieferungen enthalten manche interessante Beiträge. Diese äußerst billige Raccolta kann Freunden der ita lienischen Literatur empfohlen werden-

An der Riesenbrücke über die Lagunen wird sehr rasch gear⸗ beitet, dieselbe wird schon mit dem 1. Juli d. J. eröffnet werden.

Für die großartige Prozession, Wwelche am Frohnleichnamsfeste stattfinden soll, werden schon viele Vorbereitungen getroffen. 88

Der ausgezeichnete Bildhauer Zandomeneghi ist am 15. Mai

nit Tode abgegangen.

Gesetzgebend e Versammlung. Sitzung führt Dupin. Die Repräsentanten haben sich sehr zeitig eingefunden. Um 12 Uhr sind bereits die Tribünen überfüllt. Im Innern des Gebäudes sind alle Posten verdoppelt. Vor dem Palaste steht eine große Anzahl Blonsenleute. Fast alle Montagnards, darunter Duc our, Nadaud, Pierre Leroux, J. Favre, Ch. Lagrange, bringen Potitionen gegen die Wahlreform ein. Der Zug nach der Tribüne Dauert fast eine Viertelstunde. Leo de Laborde überreicht mehrere Petitionen, darunter eine um Bestrafung nachlässiger Wähler, die andere aus dem Departement des Gard um Aufruf crn das Volk über die Regie⸗ rungsform, damit endlich erkannt werde, daß für Frankreich. nur im großen Prinzipe der Erblichkeit Rettung möglich sei. (Lärm.) Vollkommen unaufmerksam nimmt die Versammlung mehrere Ge⸗ setzentwürfe von lokalem Interesse au. An der Tagesordnung ist die Diskussion über die Wahlreform. (Bewegung.) Der Präsi⸗ dent bemerkt, es handle sich vorerst um die Dringlichkeit und, wenn diese bewilligt sei, um den Gesetzentwuff selbst. Charles La⸗ grange verlangt das Wort. Nach seiner Ueberzeugung verletzt das

Frankreich. . vom 21. Mai. Den Vorsitz

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Gesetz die Constitution. Die Dringlichkeitsforderung erschwere da⸗ her nur das Vergehen. Das allgemeine Wahlrecht und seine Aus⸗ übung hätten bewiesen, daß das Volk vollkommen reif sei. „Ich appellire deswegen,“ sagt der Redner, „an die Fremden, welche die diplomatische Tribüne einnehmen. (Unruhe rechts.) Hat nicht das Volk in seiner Weisheit durch das allgemeine Wahlrecht sein Ur⸗ theil friedlich ausgesprochen? Ueberall herrscht Ruhe. Das Ver⸗ trauen ist vollkommen. Und gerade in diesem Augenblicke bringt man ein Gesetz ein, welches alle Leidenschaften aufregt.“ Der Redner liest mehrere Stellen sogenannter reaclionairer Journale, worin die Sozialisten als Barbaren bezeichnet werden, welche Frankreich seinem Untergange nahe brächten. „Diese Journale,“ fährt er fort, „haben der Regierung das Gesetz ent⸗

rissen, sie sind die Handlanger des Bürgerkrieges. Sie wollen eine Emeute, und ich sage ihnen, sie werden keine haben. Wir werden uns nicht raufen, und wenn die gutgesinnten Journale uns Heuchler und Feiglinge nennen, so wissen sie recht gut, daß sie gelogen haben. Wir sind keine Heuchler, denn wir verhüllen unsere Absicht nicht, das Wort Feigling aber sollte man in Frankreich gar nicht aussprechen. Ich verwerfe das Gesetz, denn es drängt zum Bürgerkriege, und den wollen wir nicht!“ Deflotte betritt die Tribüne. (Bewegung.) Alle vernünftigen Völker seien darin einstimmig, daß man Grundgesetze nur mit aller Behutsamkeit verändern dürfe. Es scheint, daß ein Angriff auf diese Gesetze das ganze Gesellschaftsgebäude erschüttern werde. Daher schreibe sich auch die bestehende Aufregung. Das vorgelegte Gesetz stelle wieder in Frage, was die Constitution bereits entschieden habe. Man frage, ob man berechtigt sei, ein Recht zu vernichten, das doch der Versammlung ihre Macht, ihre Kraft, ihr Recht gegeben habe. In Republiken, wie in Monarchieen, und noch mehr in ersteren sei Achtung vor dem Gesetze die erste Pflicht der Behörden. Nur diese Bedingung sichere ihnen Einfluß und Ansehen. Es sei nothwendig, daß die National⸗Versammlung ihre Würde, ihren Einfluß und ihr Anse⸗ hen bewahre, was ihr nur dadurch möglich sei, daß sie die Gesetze und vor allen das republikanische Grundgesetz achte. Welchen Grundsatz man zur Rechtfertigung des Gesetzes anführe? die Vertheidigung der Gesellschaft. Das sei aber kein Grund. Alle hätten ja ein gemeinsames Vaterland, eine gemeinsame Moral. „Mein Recht als Buürger“, sagt der Redner, „hängt nicht von Ihnen ab. Ich denke, was ich will. Sie vermögen nichts dagegen. Be⸗ schränkt man daher die Wahlfähigkeit, so bereitet man fortdauern⸗ den Kampf, endlosen Krieg.“ Da Niemand mehr das Wort ver⸗ langt, wird zur Abstimmung geschritten. Stimmende 700; für 461, gegen 239. Die Dringlichkeit ist also angenommen. Lange Bewegung. Cavaignac hat das Wort gegen das Gesetz. Er wolle kurz seine Gründe darlegen. Er habe für die Vorfrage gestimmt. Nach Art. 25 der Constitu⸗ tion sei jeder 21jährige Franzose Wähler, Art. 20 sei des ersteren Ergänzung. Von Aufenthaltsdauer sei in beiden nichts zu finden. Er könne daher unmöglich zugeben, daß etwas existire, was nicht ausgedrückt sei. Er verstehe die Constitution in ihrer weitesten Aus⸗ dehnung. Die Constitution habe die Definition des allgemeinen Stimmrechts gegeben, dem Wahlgesetze nur dessen Organisation,

nicht aber dessen Beschränkung übertragen. „Der Gesetzentwurf“ sagt der Redner, „ist nicht in diesem Geiste abgefaßt. Die Consti⸗ tution gab uns allgemeines Stimmrecht, das Gesetz will es be⸗ schränken. Darum verwerfe ich es. Der Entwurf schließt eine Menge Klassen aus, anderen macht er die Ausübung. höchst schwie⸗ rig. Das Resultat des Gesetzes rechtfertigt nicht die Ungesetzlich⸗ keit. Der Weg ist schlüpfrig; heute verlangt man Beschränkung des Wahlrechts, morgen wird man mehr fordern. Die Zumu⸗ thungen werden größer werden, und es ist nicht unmöglich, daß man dann Widerstand findet. Ich werde mich mit Ihnen verbinden, um ihn zu besiegen, ich verpflichte mich dazu. Bis zum 24. Fe⸗ bruar war die Wahl nur eine Täuschung. Die provisorische Re⸗ gierung erkannte dies und gründete das allgemeine Wahlrecht. Der Entwurf will diese Täuschung wieder herstellen. Das ist aber ein Unglück. Die provisorische Regierung hat dies sehr richtig begrif⸗ fen. Ich fürchte Unordnung, wenn man von ihrer Ansicht ab⸗ weicht.“ de Chaulie spricht für das Gesetz. Victor Hugo sagt: Er müsse auch diese Gelegenheit ergreifen, die geschmähte Februar⸗Revolution in Schutz zu nehmen. Sie habe zwei große

Ideen verwirklicht: Abschaffung der Todesstrafe, Erhebung der

unteren Volksklassen auf das Niveau der höheren. Die Revolution

habe den Rest der Feudalität abgeschafft „und den ungerecht zurück⸗

gesetzten Menschen erhoben. Früher hätten diese Menschen kein

anderes Mittel gehabt, als die Gewalt, den Aufruhr. Die Revo⸗

lution habe sie zur Erkenntniß ihres Rechts gebracht. Die Majo⸗

rität benehme sich dem ihr ungehorsamen allgemeinen Wahlrechte

gegenüber wie jener wahnsinnige König des Alterthums, der sich

am Sturme habe rächen wollen und deshalb das Meer peitschte.

Die Minister, welche das allgemeine Wahlrecht verunglimpfen wol⸗ len, möchten bedenken, daß dieses gerade die einzige Stütze der Regierung sei. Den Ministern werde es nicht gelingen, den Ab

grund der Revolution wieder aufzuthun. Das pariser Volk, welches so viele Proben seines richtigen und scharfen Ur⸗ theils bereits gegeben, werde die revolutionairen Tendenzen der Minister nicht triumphiren lassen. Das Volk werde ruhig und konservativ bleiben. Es werde jeder Provocation, sie komme, von wo sie wolle, zu widerstehen wissen, wie es dies seit acht Monaten beweise. Es werde ruhig bleiben, denn es habe seine Zukunft, die Zukunft der Welt erkannt. Lächerlich aber sei es, mit den schwachen Klauen hämischer Gesetze in den Granit des allgemeinen Stimmrechts graben zu wollen. (Bravo links. Ge

lächter rechts.) Das Gesetz sei Meuchelmord, denn es stelle den Vater dem Sohne, dem Arbeiter den Meister, dem Diener den Herrn gegenüber und organisire dadurch die verderblichste Zwie⸗ tracht. Es erkläre das Gesetz, welches für Alle gleich bindend sein müsse, außerhalb des Gesetzes des unveräußerlichen allgemeinen Wahlrechtes. (Gelächter rechts.) „Ich nehme davon Akt“, sagt der Redner, „daß die Worte, welche ich zu Ehren des allgemeinen Stimm

rechtes gesprochen, der Rechten Gelegenheit zum Lachen gegeben haben. Voltaire wäre nach diesem Gesetz⸗Entwurfe nicht Wähler gewesen, man hätte ihn der Beleidigung der Moral beschuldigt, zum großen Jubel der Jünger Loyola's. Der Entwurf verletzt die Souverai⸗ netät der Nation, denn er vernichtet die Hälfte der Wähler. Was auch immer die Träume der Majorilät sein mögen, die nichtausge⸗ schlossenen Wähler werden die ausgeschlossenen rächen. Man spanne nur an den alten untauglichen Wagen 17 Staatsmänner, er wird doch nicht vorwärts kommen. Eher reißt Ihr die Felsen vom Grund des Meeres, als das allgemeine Wahlrecht aus den Händen des Volkes!“ Victor Hugo wird lebhaft von der Linken beglückwünscht. Jules de Lasteyrie wirft V. Hugo vor, daß er sich einmal um die Pairie beworben habe. Dann richtet er scharfen Tadel gegen die Handlungen der provisorischen Regierung. Der Schluß der Debatte wird gefordert, aber verworfen. Pascal I1 be⸗ kämpft das Gesetz. Die Sitzung wird aufgehoben und die De

vertagt.

wärtigen Angelegenheiten nach London, um mit Lord Palmerston zu un⸗ terhandeln. Die heutige Patrie sagt: „Man unterhält sich über eine Note, welche Oesterreich und Rußland über die Lösung der griechischen Frage an Lord Palmerston gerichtet haben sollen. Sind wir gut unterrichtet, so würden keine Reclamationen über die voll⸗ brachte Thatsache erhoben. Sie sollen blos Lord Palmer⸗ ston einen Beschluß notifizirt haben, welcher ihren Un⸗ willen über sein Verfahren deutlich genug ausspricht und den Interessen der in beiden Staaten lebenden Engländer nachthei⸗ lig wäre. Da die Art, wie Lord Palmerston in beiden Reichen le⸗ benden Engländern seinen Schutz angedeihen läßt, so viele Unzu⸗ kömmlichkeiten mit sich bringt, wollen Rußland und Oesterreich Eng⸗ ländern nur dann Aufenthalt gewähren, wenn sie auf den Schutz ihrer Regierung verzichten.“

In Odilon Barrot's Journal L'Ordre liest man: „Die Schwatzhaftigkeit mehrerer Führer der Rothen, an verschiedenen Orten ausgestoßene Drohungen hatten für die Ruhe des verflosse⸗ nen Tages ernstliche Besorgnisse erregt. Nichts hat diese Besorg⸗ nisse gerechtfertigt, der Tag ist friedlich vorübergegangen. Die Re⸗ gierung hatte übrigens entschiedene Vorsichts⸗Maßregeln getroffen und war auf ihrer Hut. Die Mitglieder der Majorität waren sämmtlich in Paris geblieben und hielten sich bereit, unmittelbar zu einer durch allenfallsige Ereignisse nothwendig werdenden Sitzung einzutreffen. Sonnabend Abends faßte noch eine Versammlung von 200 Mitgliedern der Majorität den einstin migen Beschluß, dem Ministerium im Falle eines Koufliktes mit den Rothen die energischste Unterstützung zu leisten. Als am Sonnabend die Besorgniß selbst in der offiziellen Welt ernstlich wurde, erhielten 60 Repräsentanten eine offiziöse Einladung zu einer Versammlung auf gestern 9 Uhr Morgens bei einem Minister. Alle hatten sich eingefunden. Die dort sowohl von den Repräsen⸗ tanten, welche mehrere Viertel durchstreiften, eingegangenen so wie die offiziellen Berichte schienen eine weniger gespannte Situation anzuzeigen. Gestern Nachmittags war der Konferenzsaal der Na⸗ tional⸗Versammlung fortwährend stark besucht. Nachrichten, welche die Besorgniß über einen nahen Ausbruch in Paris minderten, wurden dort bestätigt.“ Die Opinion publique will seit eini gen Tagen zahlreiche fremde Wühler in Paris bemerkt haben und wissen, daß die Rothen aus England und der Schweiz starken Zu zug erwarteten. Heute geht wieder allgemein das Gerücht, die Revolution werde in Paris am 24. Mai ausbrechen. 1

Für die Debatte über die Wahlreform sind 41 Redner einge⸗ schrieben, und zwar 35 dagegen, 6 dafür. Dafür sprechen: du Chaulieu, Montalembert, Bechard, de Greslau, Hubert de [Isle und de la Reizieère. Dagegen: General Cavaignac, Ch. Lagrange, P. Duprat, Canet, E. Arago, Soubiès, Grévyv, Baune, Bourzat, de la Moskowa, St. Romme, Noël⸗ Parfait, Mathieu de la Dröme, Delebecque, Anglade, Montague, Barthelemy St. Hilaire, Cassal, Dain, Areène, E. Quinet, Emery, Baudin, Delavalade, Madier de Montjau, Th. Bac, Delours, Charamaule, Savatier Laroche, Bi⸗ gal, Sage, Lavergne, Dupont de Bussac, de Lamartine, J. Favre, Gleizal und Chavoix. 1 .

Von der gestrigen Auflage des Napoléon wurden nur gegen hundert Cxemplare vertheilt. Die Sprache dieses Blattes gegen England soll als ungelegen erschienen sein, und man hat, wie ver⸗ sichert wird, im Elysee nun den Beschluß gefaßt, dieses Blatt ganz fallen zu lassen; es würde daher nicht mehr erscheinen.

Die kirchliche Feier des Pfingstfestes ging mit großer Pracht vor sich. In Notre⸗Dame pontifizirte der Erzbischof von Paris, in der Kirche von St. Denis wurde eine neue Messe unter Mitwir⸗ kung des Sängerchors der Enfants de Paris ausgeführt.

Großbritanien und Irland. London, 21. Mat. Sir Seymour Hamilton ist zum greßbritanischen Gesandten am wiener Hofe ernannt worden.

Man erwartet, Lord Palmerston werde eine Demonstration ge⸗ gen Neapel machen; das Dampfschiff „Spitfire“ ist bereits dahin abgegangen.

Mit Bezug auf die Frage, welche Wirkung die Einfuhr aus ländischen Getraides in Zukunft auf die Weizen⸗Preise in England ausüben werde, giebt der Globe eine kurze Uebersicht pieser Preise während der verflossenen 35 Jahre. Man ersieht daraus, daß der Preis des Weizens in dieser Periode beständig im Sinken begriffen gewesen ist. Der Durchschnitts⸗-Preis während der zehn Jahre 1815 1825 betrug 68 Sh. 9 Pce., in den zehn Jahren 1825— 1835 war er auf 60 Sh. herabgesunken, und in den zehn folgen⸗ den Jahren auf 56 Sh. 9 Pree. Für die seit 1844 verstrichenen fünf Jahre stellt er sich um 3—4 Sh. niedriger, als die letzt⸗ erwähnte Summe. 3.

Hauptgegenstand der Journal⸗Besprechung ist noch immer die griechische Angelegenheit. Die Times öffnet ihre Spalten ver⸗ schiedenen erbitterten Briefen, welche auf den Rücktritt Lord Pal⸗ merston's, als einziges Mittel, das gute Einvernehmen mit den übrigen europäischen Nationen zu erhalten oder wieder herzustellen und den beständig drohenden Kriegsgefahren zu eatgehen, dringen.

Italien. Turin, 17. Mai. (Lloyd.) Die gestrige Sitzung der Senatoren war ungemein zahlreich besucht, und mit gespanntester Erwartung horchte man allgemein auf das Resultat der Interpellation gegen das siccardische Gesetz, welche der Senator Collegno vortrug. In seiner Auseinandersetzung wies der Redner auf die Unzukömmlichkeiten dieses Gesetzes hin und bedauerte, daß nicht vorerst die Einwilligung des heiligen Stuhles eingeholt wurde. Der Redner spricht seinen Schmerz über die vorgefallene Verhaftung mehrerer hohen und niederen Mitglieder des Klerus aus und zweifelt, daß die Regierung ernstlich einen Gewissenszwang einzuführen beabsichtigen könne. Der Minister Siccardi entgegnet in einer von häufigem Beifall unter⸗ brochenen Rede, daß die Beziehungen des Klerus zu den Behörden mit derjenigen anderer Staatsbürger gleichgestellt sind. Die Schick⸗ lichkeiten, welche freilich gegen die Diener der Religion zu beobachten sind, haben indessen die unabhängigen Gerichte in ihrer Amtshandlung gegen einzelne Glieder des Klerus nicht beirrt. Dem heiligen Stuhle sind überdies, wie der Minister weiter bemerkt, noch vor der Debatte jenes Gesetzes und auch später Mittheilungen gemacht worden, auf welche man jedoch nicht einging. Der Minister drückt schließlich die Hoffnung aus, daß die jetzt noch immer schwierige Anwendung ‚des Gesetzes mit dem Verschwinden der Vorurtheile wohl aufhören werde. Nach einigen kurzen Gegenbemerkungen des Interpellanten ging die Se⸗ natoren⸗Kammer zur Tagesordnung über.

In der gestrigen Sitzung der Deputixrten wurde beschlossen, zwei Tage wöchentlich den Diskussionen über das Budget von 1851 zu widmen. Die Debatten über das Stempelgesetz haben noch immer zu keinem Resultate geführt.

Am 20sten d. M. findet hier die fünfte Industrie⸗Ausstel⸗ lung statt. 1

Gestern wurde ein Geistlicher, welcher sich durch seine Predig⸗ ten eine Anklage zugezogen hatte, von dem Appellationsgericht nach

Paris, 21. Mai. Lord Normanby ist noch immer in Paris. Dagegen

reiste am 19. Mai ein Büreau⸗ Chef des hiesigen Ministeriums der aus

Anhörung von zwölf Entlastungszeugen freigesprochen. Der König begiebt sich im Laufe der nächsten Woche nach Chambery