sich durch einen solchen Vorbehalt von den Nachbarstaaten abhängig machen würde. Dr. Souchay hält den Antrag von Stourzh für gleich⸗ bedeutend mit dem Mehrheitsantrage. Eine längere Debatte entspinnt sich nun zwischen den Herren Goldschmidt, Jucho, Mappes, Varren⸗ trapp, Souchay und dem Abg. Sarg, über die Fragestellung im Allgemeinen, wie im Besonderen darüber, ob überhaupt noch neue Anträge gestellt werden können, da die Diskussion geschlossen wor⸗ den. Dr. Goldschmidt schlägt eventuell, und auf den Fall, daß der Mehrheits⸗ und Minderheits⸗Antrag abgelehnt würden, den Antrag vor: die gesetzgebende Versammlung möge dem Senate die Erwartung aussprechen, er werde, wenn eine die Freiheit und Ein⸗ heit Deutschlands begründende Verfassung zu Stande gekommen und die neue Unions⸗Regierung eingesetzt sei, der Versamm⸗ lung neue Vorlagen machen. In ähnlichem Sinne spricht sich auch Dr. Mappes aus. Es wird nun zur nochma⸗ ligen Abstimmung über den Minderheits⸗Antrag geschritten und derselbe mit 46 gegen 41 Stimmen verworfen. Nun folgt eine neue Erörterung, über was jetzt abzustimmen sei. Dr. Goldschmidt will über seine eben angeführte motivirte Tages⸗ ordnung entscheiden lassen, Andere über die Anträge von Stourzh und Dr. Mappes als Abänderungs⸗Antrag des Mehrheits⸗Erach⸗ tens, noch Andere über dieses selbst. Die letztere Ansicht erhält die Oberhand, und der Mehrheits⸗Anträge, mit der von Dr. Blum vorgeschlagenen Einschaltung, wird in namentlicher Abstimmung mit 49 gegen 38 Stimmen ebenfalls verworfen, dagegen aber die mo⸗ tivirte Tagesordnung von Dr. Goldschmidt mit 54 gegen 33 Stim⸗ men angenommen. Ein Senatsvortrag, den allgemeinen Bedürfniß⸗ stand für 1850, und im Besonderen das Bedürfniß für die Stadt⸗ wehr betreffend, wird an eine Kommission gewiesen und die Sitzung um 6 ½ Uhr Abends geschlossen.
Frankfurt a. M., 24. Mai. (Frankf. J.) Heute Morgen fand auf der Grünbrunnenwiese ein Militair⸗Gottesdienst wegen der glücklichen Rettung Sr. Majestät des Königs von Preußen aus drohender Lebensgefahr statt, an welchem nicht allein die in Frank⸗ furt garnisonirenden preußischen Truppen, sondern auch das auf den Dorfschaften um Frankfurt liegende erste Bataillon des Garde⸗ Reserve⸗Regiments Theil nahmen. Es wohnten dieser kirchlichen Feier die beiden preußischen Mitglieder der Bundes⸗Central⸗Kom⸗ mission, der Kaiserlich österreichische Feldmarschall⸗Lieutenant von Schönhals, der Ober⸗Kommandant und der Kommandant der hier liegenden Bundestruxpen, das Offizier⸗Corps der Kaiserlich österreichischen, so wie der Königlich bayrischen Truppen und des frankfurter Linienbataillons, der Königl. preußische Minister⸗Resi⸗ dent bei hiesiger Stadt, Legationsrath Freiherr von Otterstedt, der Königlich preußische Konsul, Herr von Bethmann, und sämmtliche preußische Beamte der Bundes⸗Centralkommission bei. Nach been⸗ digtem Gottesdienste hielt der Herr General⸗Lieutenant von Peucker eine kurze Anrede an die Truppen und brachte ein Hoch auf Se. Majestät den König von Preußen Friedrich Wilhelm IV. aus. Hierauf folgte ein Vorbeimarsch der Truppen, und es ließ sich nicht
verkennen, daß die ausgezeichnete Haltung derselben, namentlich des Garde⸗Reserve⸗Bataillons, auf die zahlreichen Zuschauer einen nach⸗ haltigen Eindruck ausübte.
Der hiesige englische Gesandte, Lord Cowley, welcher längere Zeit in London war, ist seit einigen Tagen auf seinen Posten zu⸗ rückgekehrt.
Von Mecklenburg⸗Strelitz ist Herr von Oertzen hier angekom⸗ men, um seine Regierung bei dem Kongresse der Staaten Bevoll⸗ mächtigten zu vertreten. E“
Ausland.
Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 23. Mai. Den Vorsitz führt Dupin. Zahlreiche Montagnards übergeben wieder Petitionen gegen die Wahlreform. An der Ta⸗ gesordnung ist die Fortsetzung der Wahlreform⸗Debatte. Victor Hugo verlangt das Wort. (Allgemeine Aufmerksamkeit.) Die Versammlung werde an seiner Stimme erkennen, wie schwer es ihm sei, zu sprechen, da er seit vorgestern von einer heftigen Hei⸗ serkeit befallen sei. Nur die Nothwendigkeit der Vertheidigung führe ihn auf die Tribüne. Drei Redner hätten gegen ihn gleiche Beschuldigungen erhoben, darunter J. de Lasteyrie und Montalem⸗ bert. Er übergehe die Schmähworte mit Verachtung. Wenn man bei dem Vorwurfe eines Meinungswechsels an einige monarchische Verse gedacht habe, so bemerke er, daß diese noch fast in der Kindheit ge⸗ schrieben worden. Wenn man aber die Ansichten des Mannes meine, so fordere er Jedermann auf, seit 1827, wo er ins Mannes⸗ alter getreten, also seit 23 Jahren, ihm nur ein Wort des Wider⸗ spruches nachzuweisen. Nehme man diese Herausforderung nicht an, so bleibe ihm keine Antwort, als gründliche Verachtung. Wenn er einen Schwur geleistet, so pflege er ihn zu halten und erinnere nur, daß er, der letzte Pair, die Regentschaft vertheidigt habe. Montalembert habe ihm seine gestrige Abwesenheit vorgeworfen. Wenn es sich blos um einen Kampf zwischen ihm und Montalem bert handle, könne er sich achtlos ausruhen. Montalem⸗ bert bemerkt, seine Antwort lasse nicht 24 Stunden auf sich war⸗ ten. Er halte V. Hugo's Opposition nicht für bedeutend. V. Hugo habe Karl X. besungen, Ludwig Philipp geschmeichelt, jetzt mache er dem Sozialismus den Hof. V. Hugo erwiedert, er habe That⸗ sachen und keine Phrasen verlangt. Die Versammlung geht zur Tagesordnung über. Die Frage, ob man zur Berathung der Ar⸗ tikel schreiten solle, wird mit 462 gegen 227 bejaht. Art. 1. „Zwan⸗ zig Tage nach Verkündigung gegenwärtigen Gesetzes wird der Maire mit zwei vom Friedensrichter bezeichneten Delegirten der Kommune die neue Wählerliste entwerfen. Das betreffende Pro⸗ tokoll hat in der Mairie aufzuliegen.“ Der Präsident bemerkt, es seien 37 Amendements gestellt. Lamartine: Er be⸗ kämpfe Art. 1 und 2, in denen das ganze Gesetz enthal⸗ ten sei. Es sei sehr traurig, daß Leute, welche so lange für das allgemeine Wahlrecht gekämpft, dasselbe jetzt so hef tig angriffen. Er habe allerdings einige Ideen über eine Aende⸗ No der Dinge veröffentlicht, von Unvollkommenheiten und der
8 othwendigkeit ihrer Abstellung gesprochen, aber wohlverstanden Maf gesetzlichen Zeitpunkte. Er kenne zu wohl die Gefahr, die 1eestna geüseset 888 F lehren. Man habe gestern vom die Versammlung jetzt rechtf olt habe ihn genug gesühnt. Ob ihn französt etzt rechtfertigen wolle? Und das Angesichts der französischen Geschichte, die so deutlich ze ür Gefahr i Beseitigung der Gesetze liege. Er ge zeige, was für Gefahr in tionen durch und 8eg⸗ Er geht die Geschichte der Revolu⸗ das Volksgefühl ee 2. 24. Februar habe die Armee selbst Gourgaud reklazmirt da und nur geringen Widerstand geleistet. ihre Waffen niederzulegen⸗ 3*0h . “* Bedeau bemerkt, man habe —— ETTE16“ beten, er möge die prooisorische aufs Stadthaus gerufen und ge⸗ Tage seien auch andere öö schützen. An diefem gebeten, nichts gegen das Volk 8 Dn Wieaes waren abwesend, der König auf der Flucht. Er habe den Besehe
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zur Niederlegung der Waffen rung von Paris, dem Bürgerkriege Bewegung.) Lamartine meint, das allgemeine Wahlrecht verdiene die ihm gemachten Vorwürfe nicht. Man ver⸗ danke ihm zwei National⸗Versammlungen, die unendlich viel für das Land gethan. Man fürchte sich vor dem Sozialismus. Er wolle ihn definiren. (Gelächter.) Es sei dies ein Gemisch von Jakobinismus, neidischen und unzufriedenen Doktrinen, Träumen und allerdings auch einiger Wahrheit. Er bezwecke nicht den Raub der Glücksgüter, sondern gleiche Zugänglichkeit derselben. (Bravo links.) Wenn Lasteyrie und Montalembert den ersten Theil des Sozialismus meinten, so sei es naiv, ihn als fürchterlich auszu⸗ schreien. Von so verbrecherischen Lehren habe Frankreich nichts zu fürchten. Aber, aufrichtig gesagt, man wolle nicht den Sozialismus angreifen. Diese Furcht sei nur ein Vorwand. Eigentlich habe man es auf die Revolution abgesehen. Es sei ein sonderbares Ding, die Regierung einer demokratischen Republik, welche gleiches Recht für Alle beansprucht, ihren eigenen Ursprung mit Füßen treten zu se⸗ hen. Er appellire an die Vertheidiger des Gesetzes. Sie möchten doch auf die royalistische Presse schauen. Wenn ewig Monk, dieses Muster aller Verräther, gepriesen werde, wenn die Regie⸗ rung alle republikanisch Gesinnten aus dem Staatsdienst und der Armee entferne, sollte man nicht glauben, daß die Regierung selbst eine monarchische Verschwörung anzettele? Alles weist darauf hin, daß man eine neue Revolution insgeheim ersinne. (Bravo links.) Man möge einen so verderblichen Weg
verlasen. Die Regierung möge die Constitution achten und sich an Washington ein Beispiel nehmen.
(Bravo links.) Man möge nicht das Land in neue Krisen stürzen. Man habe förmlich dem Sturm ein Stelldichein gegeben, der Sturm aber werde klüger sein, als die Majorität und sich nicht einstellen. (Bewegung.) Die Sitzung wird auf eine Viertelstunde aufgehoben. Man bemerkt, daß die diplomatische Loge ganz leer ist, weil ein Streit zwischen den Diplomaten und Quästoren stattgefunden. Bar oche besteigt die Trie büne. Es würde, sagt er, der vorgerückten Zeit wegen, ihm schwer werden, in die Details einzugehen. Er müsse die Regierung vertheidigen. Die Regierung sei gewissen Männern der Majorität nicht unter⸗ thänig und stehe in keinem Schutzverhältniß zu ihnen. Die Regie⸗ rung schätze ihren Beistand, aber sie gehorche keinem fremden Ein- flusse. (Gelächter links.) Lamartine spiele auch auf die Botschaft des Präsidenten an, die von demselben verleugnet worden sei, als die Minister mit den Führern der Majorität das Gesetz redigirten. Der Präsident habe nie daran gedacht, auf die Einsicht und Unter⸗ stützung der Majorität zu verzichten. Das Gesetz sei nicht das Werk einer der Regierung aufgedrungenen Kommission. Das Gesetz habe ein Minister entworfen und unterstütze es gegenwär⸗ tig als unerläßlich für das Wohl der Republik. Der Minister sagt, im März 1848 habe die Linke das allgemeine Wahlrecht schon entwürdigt. Er liest eine lange Abhandlung Lamartine’s über die Nothwendigkeit einer Modification des allgemeinen Wahlrechts. Lamartine habe vom Sturm und dessen Nichteintreffen gesprochen. Das sei sehr löblich. Aber es sei nöthig, kräftig dagegen einzu⸗ schreiten. Die Sitzung wird hier aufgehoben. Der Präsident Du⸗ pin beabsichtigt, die Debatte so einzurichten, daß bis Sonnabend das ganze Gesetz votirt sein könne. Man hält dies aber kaum für möglich.
unterzeichnet, um der Zerstö⸗ vorzubeugen. (Lange
Paris, 23. Mai. Niemand denkt mehr an ein ernstliches Zerwürfniß mit England. Lord Normanby, von seiner leichten Verletzung bereits wiederhergestellt, hat fast täglich Konferenzen mit Lahitte. Erst heute sind wieder Depeschen aus London angekom⸗ men, worüber sogleich Ministerrath gehalten wurde. Alles ist auf dem Wege der friedlichen Vereinbarung. Lord Normanby hat gestern von Lord Palmerston eine Depesche erhalten, die er sogleich an La hitte mittheilte. Dieselbe soll von beträchtlichem Umfange sein, und vom Palmerstonschen Standpunkte die ganze Geschichte der griechischen Angelegenheit auseinandersetzen, versöhnlich lauten und mit dem Anerbieten eines Vergleiches enden. Lord Palmerston schiebt angeblich alle Verantwortlichkeit auf Baron Gros. Lahitte soll durch diese Depesche in nicht geringe Verlegenheit versetzt sein, da sie ihm durchaus nicht genügend scheine und er doch sich genöthigt sehe, die angegebenen Gründe zu genehmigen. Das Gerücht von einem Rücktritte Lahitte's fand da⸗ her heute, obgleich es vollkommen unbegründet sein soll, vielfachen Glauben. Gestern Abend war großer Empfang des diplomatischen Corps beim Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Alle Mächte, mit Ausnahme Englands, waren vertreten. An die Reise des Di⸗ rektors im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, Brenier, nach London knüpfte das Gerücht diplomatische Zwecke. Herr Bré⸗ nier hat aber blos seine Frau, die sich seit längerer Zeit in London befindet, abgeholt. 8
General Baraguay d'Hilliers ist heute vom Präsidenten in ei⸗ ner Privat⸗Audienz empfangen worden und hat ihm einen eigen⸗ händigen Brief des Papstes überreicht.
Der Andrang zum Sitzungsgebäude der National⸗ Versamm⸗ lung war heute minder groß. Nur wenige Neugierige hatten sich auf dem Place de Bourgogne eingefunden. Dessenungeachtet sind im Stillen die großartigsten militairischen Vorsichtsmaßregeln ge⸗ troffen. Man sieht zwar fast nirgends Soldaten und selbst weni⸗ ger Stadtsergeanten. Dennoch sind alle Kasernen in der Nähe der National⸗Versammlung, die Kaserne auf dem Quai d'Orsay, die der Invaliden und die Militairschule ganz von Truppen angefüllt. Der Salle des Pas perdus und der Konferenzsaal der National Versammlung sind in Schlafstätten für Soldaten verwandelt, welche dort auf Stroh schliefen. Paris ist vollkommen ruhig, und die te⸗ legraphischen Depeschen, welche die Regierung aus den Departe⸗ ments empfängt, melden das Gleiche von dort. ]
Dreihundert Mitglieder der Reunion im Staatsraths⸗Gebäude sollen, dem Corsaire zufolge, die Annahme des Wahlgesetzes ohne Amendements beschlossen haben. Herr Thiers äußerte gestern in einer Partei⸗Sitzung, daß der vorliegende Wahlreform⸗Gesetz⸗ Entwurf ihm nicht genüge; nur indirekte Wahlen könnten Frank⸗ reich retten. Auch soll er sich geäußert haben, wenn das Amende⸗ ment Vesin's angenommen würde, so werde er die Tribüne bestei⸗ gen und von der Regierung die gänzliche Zurücknahme des Entwurfs verlangen. Das Amendement Vesin's erkennt nämlich einen that⸗ sächlichen Aufenthaltsort und ein Domizil dem Rechte nach an und setzt ersteren auf 6 Monate fest. Dieses Amendement des Tiers parti wird wahrscheinlich von der Linken unterstützt werden. Die Wähler des 10ten und 11ten Bezirks von Paris haben eine Peti⸗ tion gegen die Wahlreform an die National⸗Versammlung gerichtet.
Die Nachricht von einer beabsichtigten Zinserhöhung der Schatz⸗ scheine ist falsch.
Großbritanien und Irland. London, 23. Mai. Der englische Gesandte in Washington, Sir Henry L. Bulwer, hat an Herrn Chatfield, englischen Gesandien⸗ in Nicaragua, ein Schrei⸗ ben gerichtet, welches sich auf die von England in Central⸗Amerika zu befolgende Politik bezieht. Herr Chatfield war mit dem diplo⸗ matischen Agenten der Vereinigten Staaten, Herrn Squier, wegen
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verschiedener englischer Ansprüche ziemlich hart an einander gerathen und die Besetzung der Tiger⸗Insel durch die Engländer war die Folge dieses Zwistes gewesen. In dem erwähnten Schreiben spricht Sir H. Bul⸗ wer nun seine Ansicht dahin aus, daß Herr Chatfield doch wohl etwas zu weit gegangen sein möge, obgleich sein Verfahren durch das Be⸗ nehmen des Herrn Squier provozirt worden sei. Die britische Regie⸗ rung habe eine Menge von Rücksichten zu beobachten und könne die Schritte ihres Repräsentanten daher nur bis zu einem gewissen Grade gutheißen und unterstützen. Dann heißt es weiter: „Ich glaube, die hiesige Regierung hat gegenwärtig nicht die Ansichten, welche Sie ihr zuzuschreiben scheinen. Sie ist jedoch schwach, und da sie von der populairen Partei beargwohnt wird, so fürchtet sie beständig, den Schein auf sich zu laden, als begünstige sie eine unpopuläre Politik. Man kann sich daher, obgleich ihre Absichten redlich sind, auf ihre Poli⸗ tik nicht verlassen. Es sind Versuche gemacht worden, einen Ver⸗ gleich hinsichtlich der Mosquito⸗Frage herbeizuführen. Möglicher⸗ weise werden sie den günstigen Erfolg haben, welchen sie verdienen. Wir wünschen nichts mehr, als zum Bau eines Kanals mitzuhelfen, d. h. den Bau selbst zu schützen und nach Vollendung des Kanals seine Sicherheit zu garantiren. Auch haben wir weder ein großes Interesse an dem Protektorat über die Mosquito⸗Küste, noch einen selbstsüchtigen Zweck in Aufrechterhaltung desselben. Auf eine unehrenhafte Weise dürfen wir es nicht aufgeben und werden es wohl auch nicht thun. Eben so wenig werden wir den Bewohnern von Nicaragua gestat⸗ ten, wieder Herren von San Juan zu sein, von wo wir sie ver⸗ trieben haben. Ich finde, daß Sie Squier gegenüber einige Worte hinsichtlich eines Schutzvertrages zwischen uns und Costa Rica ha⸗ ben fallen lassen. Nun hat Lord Palmerston nicht nur jeden Gedanken an ein Protektorat über Costa Rica in Abrede gestellt, sondern sogar der Regierung der Vereinigten Staaten erklärt, daß er dasselbe ausge⸗ schlagen hat. Meine Instructionen verbieten mir, irgend dergleichen Absichten zu ermuthigen; außerdem würde ich dadurch ein äußerst unkluges Beispiel geben. Ich muß Ihnen sagen, daß sowohl die Vereinigten Staaten, wie wir, gegenwärtig der offen ausgesproche⸗ nen Politik gemäß handeln, daß keine von beiden Mächten einen ausschließlichen Einfluß in Mittel⸗Amerika erstreben will, und wäh⸗ rend Herr Squier durch sein Verfahren dieser Politik entgegengewirkt, würde ein ähnliches Verhalten Ihrerseits dieselbe Wirkung hervor⸗ bringen.“ Nachrichten aus Washington stellen es als wahrscheinlich dar, daß man die Aufmerksamkeit des Präsidenten auf dies Doku⸗ ment lenken wird; man hielt sogar ein Abbrechen der diplomatischen Beziehungen zwischen dem Kabinet der Vereinigten Staaten und der britischen Gesandtschaft für nicht unmöglich.
Die Gesellschaft der Friedensfreunde hielt vorgestern ihre Jah⸗ res⸗Sitzung und sprach den Wunsch der Fortdauer des guten Ein⸗ vernehmens zwischen Frankreich und England aus.
Dänemark. Kopenhagen, 23. Mai. (Alt. Merk.) Heute früh hat ein russisches Kriegsschiff auf der hiesigen Rhede Anker geworfen.
Italien. Turin, 19. Mai. (Lloyd.) In der gestri⸗ gen Sitzung der Deputirten⸗Kammer ist das Stempelgesetz großen⸗ theils angenommen worden. Der erste Artikel des Gesetzes be⸗ stimmt den Zuschlag eines Drittels zu der gegenwärtigen Gebühr; der zweite Artikel blos, daß jeder Bruchtheil eines Centestmo als Ganzes berechnet werde. Im dritten Artikel werden alle in den sardinischen Staaten zahlbaren Handels⸗Effekten der folgenden Stempelgebühr unterworfen: bis 500 Lire 25 Centesimi, von 500 bis 1000 Lire 50 Cent. u. s. f. für jede weiteren 1000 Lire 50 Cent. Der vierte Artikel bestimmt endlich, daß jeder Wechsel im Verlaufe von 14 Tagen nach dem Ausstellungstage und in jedem Falle vor der Verfallzeit gestempelt werden müsse. Die weitere De⸗ batte wurde bis nach den Pfingstfeiertagen verschoben.
Die Gazzetta Piemontese bringt eine Erklärung des Ap⸗ pellations⸗Rathes Grafen Girardi über die Motive seiner Nichtbe⸗ theiligung an dem Prozesse des Erzbischofs. b
In der Senatoren⸗Kammer konnte am l9ten keine Sitzung ab⸗
gehalten werden, da die Senatoren meistens schon aufs Land ge⸗ gangen waren, um dort die Pfingstferien zu verbringen. Das sardinische Konsulat in Florenz und Livorno hat eine Er⸗ klärung veröffentlicht, in welcher das Gerücht, als ob in den er⸗ wähnten Konsulaten Werbelisten eröffnet worden, entschieden in Ab⸗ rede gestellt wird.
Rom, 16. Mai. (Statuto.) Am 20sten d. M. wird ein Konsistorium stattfinden und der Papst in demselben, dem Gebrauche gemäß, eine Allocution halten. Man will wissen, daß der heilige Vater zuerst der ihm gewährten Hülfe der auswärtigen Mächte und der Verhaftung des Erzbischofs von Turin in dieser Ansprache Erwähnung thun und dann auf die künftige Organisation des Kir⸗ chenstaates übergehen wird. Die Erwartungen der liberalen Partei steigern sich indessen nicht allzuhoch. Die Censur⸗Behörde fährt mittlerweile in ihrer Wirksamkeit fort, und selbst die Gefängnisse werden nachgerade unmöglich die große Zahl der Verhafteten be⸗ herbergen können.
*Das Papiergeld verliert 13—414 pCt. gegen Silber.
Rom, 18. Mai. (W. Z.) Der französische Gesandte Ray⸗ neval ise hier so eben eingetroffen.
An mehrere Schweizer, die sich bei der Belagerung Bologna's vortheilhaft hervorthaten, sind Medaillen ausgetheilt worden.
Spanien. Madrid, 18. Mai. (Fr. B.) Der Auslie⸗ ferungs⸗Vertrag zwischen Spanien und Frankreich ist seinem Ab⸗ schlusse nahe. Herr von Forbin Janson ist auf seinen Posten zur französischen Gesandtschaft nach Rom zurückgekehrt.
3proz. 32 %.
Aegypten. Alexandrien, 26. April. (Lloyd.) Mit der Anlegung des großen britisch⸗indischen Schienenbahn⸗ Netzes soll es Ernst werden: der Ingenicur R. M. Stephenson ist neuer⸗ lichst mit einem ganzen Stab von Assistenten von hichs nach Kal kutta abgegangen, um das großartige Unternehmen, auf die künftigen Geschicke der indischen Welt einen unberechenbaren Einfluß ausüben dürfte, in Angriff zu nehmen. Seitens der hiesigen Regierung ist die gemessene Weisung ergangen, den Transit Sech at. 6 sie behufs der Schifffahrt auf dem Rothen Meere ein ““ hiff läßt, durch alle erdenkliche Mittel Vorschub zu eisten, es ss daher die begründetste Aussicht vorhanden, daß das in n. ]] — zieller Beziehung höchst belangreiche Projekt einer chienenbahn
nach Kahira in Bälde wieder aufgenommen und endlich ausgeführt
hat das Portefeuille des Handelsministeriums mit “
demjenigen der ar en Angelegenheiten vertauscht.
Verhandlungen des landwirthschaftlichen Kongresses.
Verhandelt Berlin, im Ständehaus, den 24. Mai 1850. Gegenwärtig: Unter⸗Staatssecretair Bode, Land⸗Stallmeister v. d. Brincken, Regierungs⸗Rath Heyder, Geheimer Regierungs⸗Rath Seydel, Geheimer Regierungs⸗Rath Schellwitz, Regierungs⸗Rath Schuhmann, Geheimer Regierungs⸗Rath Stiel, Geheimer Regierungs⸗Rath Wehrmann,
11““
Albrecht, Superintendent (Provinz Posen), Arnold, Rittergutsbesitzer (Provinz Preußen), Baumstark, Direktor (Pommern),
von Beckedorf, Präsident des Landes⸗Oekonomie⸗Kollegiums,
von Below, Rittergutsbesitzer (Preußen), Bethe, Rittergutsbesitzer (Posen), Bessel, Justizrath (Westfalen), von Burghauß, Graf (Schlesien), 1 von Brandenstein, Regierungs⸗Rath (Westfalen), Conrad, Rittergutsbesitzer (Preußen), Dieterici, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath (Landes⸗Oeko⸗ nomie⸗Kollegium), Fisch, Landschafts⸗Direktor (Posen), Franz, Ober⸗Amtmann (Sachsen), von Gerlach, Präsident a. D. (Brandenburg), von Gustedt, Landrath, Heine, Dr., General⸗Secretair (Sachsen), von Helldorff, Freiherr (Sachsen), Kette, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath (Landes⸗Oekono⸗ mie⸗Kollegium), von Kleist, Rittergutsbesitzer (Pommern), Koppe, Landes⸗Oekonomie⸗Rath (Landes⸗Oekonomie⸗Kolle⸗ gium), von Lengerke, Landes⸗Oekonomie⸗Rath (Landes⸗Oekonomie⸗ Kollegium), Lette, Präsident (Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium), von Lilien⸗Borg, Freiherr (Westfalen), Magnus, Professor (Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium), von Meding, Ober⸗Präsident a. D. (Brandenburg), von Müller, Ritterguts⸗Besitzer (Rhein⸗Provinz), Mentzel, Wirklicher Geheimer Kriegsrath (Landes⸗Oeko⸗ nomie⸗Kollegium), von Noorden, General⸗Secretair (Rhein⸗Provinz), Reiche, Ritterguts⸗Besitzer (Posen), 1 Röder, desgleichen (Sachsen), Rohve, General⸗Secretair (Pommern), von Rosenberg⸗Lipinsky (Schlesien), Rothe, Oekonomie⸗Rath (Posen), 3 “ von Pilsach, Freiherr (Landes⸗Oekonomie⸗Kolle⸗ gium), Settegast, Administrator (Schlesien), Simons, Landrath (Rhein⸗Provinz), von Strantz, Geheimer Ober⸗Finanzrath (Landes⸗Oeko⸗ nomie⸗Kollegium), von Schlicht, General⸗Secretair (Brandenburg), Stoll, Ober⸗Steuer⸗Controlleur (Rhein⸗Provinz), Sprengel, General⸗Secretair (Pommern), Thaer, Oekonomie⸗Rath (Brandenburg), von Viebahn, Geheimer Ober⸗Finanzrath (Landes⸗Oeko⸗ nomie⸗Kollegium), W e h e, Landes⸗Oekonomie⸗Rath (Landes⸗Oekonomie⸗Kolle⸗ gium), s Wiederhold, Ritterguts⸗Besitzer (Westfalen), von Zedlitz, Freiherr (Schlesien).
Abwesend waren: von Itzenplitz, Graf (Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium), Lenné, Garten⸗Direktor (Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium), Mätzke, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath (Landes⸗ Oeko⸗ nomie⸗Kollegium), von Wulffen, Hauptmann a. üv Kollegium),
Se. Excellenz der Herr Minister von Manteuffel eröffnete die Versammlung, indem er nach deren Begrüßung sich über die Wichtigkeit der den Mitgliedern bereits bekannten Verhandlungs⸗ Gegenstände ausspricht und demnächst seinerseits noch deren Thä⸗ tigkeit für die Prüfung derjenigen Zolltarifs⸗Angelegenheiten in Anspruch nimmt, welche mit dem Landbau in engerer Verbindung stehen und bei deren seitens des Ministeriums für Handel ꝛc. ver⸗ anlaßten Verhandlung vom 10. Mai bereits auch ein betreffendes Gutachten des Königlichen Landes⸗Oekonomie⸗Kollegiums berücksich⸗ tigt worden sei.
Präsident von Beckedo rff leitete hierauf die Verhandlungen ein mit einer Rede über den Zweck der Versammlung, über die wahren landwirthschaftlichen Interessen, die Mittel, durch welche sie gefördert und in welcher Art diese Mittel gemeinsam und überein⸗ stimmend von den Vereinen und dem Kollegium in Anwendung ge⸗ bracht werden können.
Als Mitglieder zur Unterstützung des Vorstandes wurden nam⸗ haft gemacht:
(Landes⸗Oekonomie⸗
als Censor von Kleist und als Schriftführer die General⸗Seecretaire Albrecht, on Kege
ͤa-“
Der Vorschlag, die Beschlüsse der Versammlung dem Lan⸗ des⸗Oekonomie⸗Kollegium zur Ausführung zu übertragen, fand ein⸗ hellige Genehmigung und soll die Ausfertigung der Berichte und Schreiben unter der Firma: das Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium und die Vertreter der Centralvereine der Provinzen erfolgen. Das vom Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium mitgetheilte Programm soll nach dem Beschlusse der Versammlung nach der Reihe nach den Materien die Gegenstände der Berathung hergeben; schon bei Nr. I. gab ein An⸗ trag „von Helldorff“: daß die gleichartigen oder verwandten Gegenstände durch eine besondere Kommission zusammengestellt und der Versammlung zur Berathung vorgelegt werden mögen, Veran⸗ lassung zu einer lebhaften Diskussion und Genehmigung folgender beiden Anträge:
Das Präsidium habe drei Mitglieder zur Prüfung des Pro⸗
gramms in der fraglichen Beziehung zu ernennen.
Bei eintretenden Anlässen sei es unbenommen, auf besondere
Anträge für gewisse Gegenstände Kommissionen zu bilden.
Die Anträge von Fisch und Arnold: die Erörterung des Be⸗ rathungs⸗Gegenstandes I. „die Verwendung der etatsmäßigen Lan⸗ deskultur⸗Fonds“ bis zum Schlusse der Verhandlungen auszusetzen, werden genehmigt, indem es angemessen erscheint, hierüber
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dann das Nähere festzustellen, wenn durch den Verlauf der Dis⸗ kussionen sich die Ansicht über die Bedürfnisse klar und sicher her⸗ ausgestellt haben.
Berathungsgegenstand II. Die Gründung der landwirthschaftlichen Meliora⸗ tions⸗Fonds.
Referent Lette leitet mit einigen darauf bezüglichen Worten die Diskussionen ein, welchen von Beckedorff eine weitere Erör⸗ terung hinzufügt und als erstes Berathungs⸗Objekt die Frage hin⸗
ellt: 1 Wird das Bedürfniß von Meliorations⸗Fonds aus Staatsmit⸗ teln anerkannt?
von Kleist macht bei dieser Frage sogleich von der ertheilten Genehmigung: besondere Kommissionen zu ernennen, Gebrauch und beantragt für diesen Gegenstand die Ernennung einer solchen.
Die hierauf folgende Berathung ergab die Nothwendigkeit, daß es der Kommission unbenommen bleiben müsse, alle auf diesen Gegenstand Bezug habenden Vorlagen in den Kreis ihrer Bera⸗ thung zu ziehen.
Es erfolgte folgender Beschluß hierzu:
Es ist eine Kommission zu ernennen, welche über die Gründung landwirthschaftlicher Meliorations⸗Fonds in Verbindung mit allen darauf Bezug habenden Anträgen zu berathen und der Versamm⸗ lung Bericht zu erstatten hat; die Anzahl der Kommissions⸗ Mitglieder wird aus 8 (aus jeder Provinz ein Abgeordneter) bestehen, zu welchen noch ein Rath des Königlichen Ministeriums für landwirthschaftliche Angelegenheiten und ein Mitglied des Landes⸗Oekonomie⸗Kollegiums hinzutreten wird.
Ein von mehreren Mitgliedern eingereichter Antrag: die Nach⸗ mittags⸗Sitzungen ausfallen zu lassen, wird mit Rücksicht auf die für die Kommissions⸗Arbeiten zu verwendende Zeit angenommen.
Berathungsgegenstand III. Die Herstellung einer landwirthschaftlichen Statistik sämmtlicher Vereinsbezirke.
Die Wichtigkeit des Gegenstandes wird allgemein anerkannt, gleichzeitig aber auch die Schwierigkeit der Einsammlung dieser Nachrichten durch die Behörde hervorgehoben und als dringende Forderung anerkannt, die Theilnahme der Vereine hierfür zu ver⸗ langen; es ergab sich die Nothwendigkeit der Bildung von statisti⸗ schen Deputationen in jedem Central-Vereine, deren natürliches Mit⸗ glied der Landrath des betreffenden Kreises sein müßte. Geheime Rath Dieterici giebt eine historische Uebersicht über die Entstehung der Statistik, die nichts Neues, sondern schon mit 1748 angefangen habe; man forderte in der ersten Zeit zu viel, daher die Antworten unzuverlässig ausfielen. Ueber die Landwirthschaft verbreiteten sich die allgemein stati⸗ stischen Tabellen sehr wenig, es ist zwar jetzt etwas anders gewor⸗ den, aber nicht genügend. Rathsam erscheint es nicht, viel amtlich zu fordern, wenn die Landwirthschaft ein besonderes Interesse für statistische Nachrichten gewinnt, dann wird sie sich dieselben nur durch die Vereine anschaffen können. Die allgemeine Statistik wird solche Nachricht über das Agrikultur⸗Interesse gewiß mit gro⸗ ßem Danke entgegennehmen. 3
Die Frage, in welcher Art das Interesse der Vereine hierfür
zu wecken ist, beantworteten von Kleist, Graf Burg hauß, Set⸗ tegast, von Lengerke, Letzterer mit Anführung besonderer ihm gewordenen Unterstützung aus einzelnen Provinzen dahin, daß eine Aufforderung an die Vereine genügen würde.
Die Mitglieder Thaer, Conrad, Arnold dahin, daß die einzigen Organe der Vereine, die Secretaire, durch Verleihung von Reisekosten und feste Anstellung in den Stand gesetzt werden müß⸗ ten, sich persönlich die Notizen zu verschaffen; die Mitglieder von Gerlach, Weyhe, Bessel, Lette, von Noorden, Rohde, Mentzel wünschen, daß es den Beamten, die in irgend einer Be⸗ ziehung mit der Landwirthschaft stehen, als eine besondere Aufgabe ihres Berufes seitens des Königlichen Ministeriums für landwirth⸗ schaftliche Angelegenheiten dargestellt werde, die Arbeiten der Ver⸗ eine hierin zu unterstützen, wobei von Gerlach den Antrag dahin erweitert, daß vom Königlichen Ministerium allen diesen Beamten, wenn nicht als amtliche Pflicht auferlegt, so doch als dringende Pflicht empfohlen werde, sich bei den landwirthschaftlichen Vereinen ihres Bezirks zu betheiligen.
Diesen Antrag modifizirt Lette dahin, daß es nicht als
Pflicht, sondern als allgemeiner Beruf dieser Beamten ausgesprochen
werden möge, sich bei den landwirthschaftlichen Vereinen thätig zu
betheiligen und vorzugsweise bei der Sammlung statistischer Nach⸗
richten mitzuwirken. Nach Beendigung der ausführlichen Debatte
stellt der Präsident die Frage:
Soll das Ministerium ersucht werden, den Beamten dringend
zu empfevlen, sich beim Vereinswesen thätig zu betheiligen und
vorzugsweise bei der Sammlung statistischer Nachrichten mitzu⸗
wirken?
Gegen diese Fragestellung spricht Mentzel und will nur die
Empfehlung des landwirthschaftlichen Vereinswesens.
Die Frage kommt in der obigen Fassung des Präsidenten nur
getheilt zur Abstimmung und es wird beschlossen: „das Ministe—
rium zu ersuchen, den obigen Beamten dringend zu empfehlen:
1) daß sie sich bei den landwirthschaftlichen Vereinen thätig be⸗ theiligen; 8
2) bei ““ der statistischen Nachrichten eifrig mitzu⸗ wirken.
Berathungs⸗Gegenstand IV. Der landwirthschaftliche Unterricht in den Volksschulen. Präsident von Beckedorff erläutert die Veranlassung, diesen Gegenstand zur Berathung empfohlen zu haben. Das Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium hat nicht den Kreis des Unterrichts erweitern oder zersplittern wollen, sondern nur die Ab⸗ sicht gehabt, die Unterrichts⸗Gegenstände mehr mit Bezug auf den künftigen Beruf praktisch zu benutzen; er ersucht den Regierungs⸗ Kommissarius Geheimen Regierungs⸗Rath Stiehl, die Versamm⸗ lung über den gegenwärtigen Standpunkt des Unterrichtswesens in den Volksschulen und der zu rathenden Veränderungen in Kennt⸗ niß zu setzen. Derselbe hält hierüber einen ausführlichen Vortrag und zeigt, daß ein spezifisch⸗landwirthschaftlicher Unterricht in den Volksschulen aus verschiedenen Gründen nicht zu ertheilen sei, eine Trennung von Stadt⸗ und Laund⸗ Seminarien erscheine nicht an⸗ gemessen. Die Beschaffung eines tüchtigen Lesebuches nach der Idee der Denkschrift erscheint als dringend nothwendig, jedoch sei gegen⸗ wärtig ein solches nicht vorhanden. Außerdem macht er die Versammlung auf den bereits aus⸗ gearbeiteten Entwurf zu einem Gesetze über das Volksschulwesen aufmerksam, nach welchem der Unterricht in der Weise ertheilt wer⸗ den soll, daß er
2) daß auf dem Lande überall die nöthige Anleitung zum Obst⸗ und Gartenbau gegeben werden soll; —
3) daß der weiblichen Jugend der Unterricht im Nähen und Stricken zu ertheilen sei.
Zur Ausbildung der Lehrer in den Seminarien wird überall ein dreijähriger Kursus als unbedingt festgestellt werden.
In der weiteren Debatte fordert Albrecht:
1) daß die Lehrer nach der Ausbilduug im Seminar einen Kur⸗ sus in einer Ackerbauschule gründlich durchzumachen verpflich⸗ tet werden müßten; daß der Unterricht in den Naturwissenschaften, welche in sämmtliche Gewerbe eingreifen, mehr berücksichtigt und prak⸗ tisch nützlich eingerichtet werden möge; daß mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in der Provinz Preußen in den Volksschulen ein doppelter Kursus eingerichtet werden möge, in welchem die Kinder, welche die Schule unausgesetzt regelmäßig besuchen, eine weitere Fort⸗
bildung erhalten und in einem zweiten Kursus den Kindern, welche im Sommer die Schule zu besuchen verhindert werden, die unentbehrlichsten Kenntnisse beigebracht werden;
4) daß der Unterricht in den weiblichen Handarbeiten den Mäd⸗ chen in jeder Dorfschule ertheilt werden solle,
Arnold fordert ebenfalls Unterricht in Handarbeiten,
Heine anschaulichen Unterricht in der Naturwissenschaft,
Thaer eben so,
von Below referirt, wie in seinem Kreise die Volksschule zur Ertheilung des Unterrichts in den landwirthschaftlichen Fertigkeiten benutzt werde, indem die Kinder unter Aufsicht des Lehrers bei den Arbeiten sich betheiligen.
von Gerlach wünscht in Knabenschulen Baum⸗, Bienenzucht, Kenntniß der Flora, in den Mädchenschulen: Handarbeiten und die Beschaffung eines populairen praktischen Lesebuchs, für welches Fisch Prämien ausgesetzt wissen will, dem sich Heine anschließt.
Baumstark glaubt, daß der landwirthschaftliche Unterricht in unseren Volksschulen keinen Platz gewinnen könne, daß aber hierzu Sonntags⸗ und Fortbildungs⸗Schulen nur allein wirksam benutzt werden können und macht auf den wohlthätig sittlichen Einfluß derselben bei der Entwickelung der jungen Leute im Alter von 14 bis 16 Jahren mit Hinweis aus seiner Erfahrung im südlichen Deutschland aufmerksam.
Koppe, von Kleist wünschen den Lehrern eine praktischere Ausbildung, letzterer und von Below empfehlen dringend die Trennung der Stadt⸗ und Land⸗ Seminarien.
Lette macht darauf aufmerksam, daß die Debatte sich von der Vorlage entfernt hat, daß zu oft vom spezisisch-landwirthschaftlichen Unterricht die Rede gewesen sei, und daß die Denkschrift nur for⸗ dert, die Kinder sollen von früh an zum Denken über ihren Beruf angeleitet und ihnen Liebe für denselben mit ins Leben gegeben werden.
Der Präsident giebt das Resumé über die ganze Verhand⸗ lung und macht darauf aufmerksam, daß mehrere Punkte der Denk⸗
1) die Grundlage zu jedem künftigen Lebensberufe bilden könne; 9 8 11o1
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schrift bei der Berathung übergangen seien; nach den verhandelten Gegenständen und den besonders eingereichten Vorlagen bringt er folgende Fragen zur Abstimmung:
Antragsteller Mentzel:
1) Soll die Staats⸗Regierung ersucht werden, die Seminare der Landschullehrer von denen für städtische zu trennen, und erstere überall auf das Land zu legen?
Soll dahin gewirkt werden, daß auf dem Lande in den Sommer⸗Monaten ein besonderer Kursus eingeführt wird, in welchem Naturlehre und andere dem Landwirth direkt nütz⸗ liche Gegenstände vorzugsweise behandelt werden? Soll die Staats⸗Regierung ersucht werden, angemessene Prä⸗ mien für die besten Schullesebücher für die Landjugend aus⸗ zusetzen? und zwar: a) für den ganzen Staat? b) nach Provinzen getrennt? c) konfessionell getrennt?
4) Soll gebeten werden, auf bessere Abfassung der Schreibe⸗ Vorschriften und der Rechenbücher mit praktischen Beispielen hinzuwirken?
Es möge dahin gewirkt werden
Antragsteller Baumstark:
5) daß auf den Schullehrer⸗Seminarien während des ganzen Kursus ein fortschreitender Unterricht im ganzen Gartenbau theoretisch und praktisch ertheilt werde; daß auf dem Lande für die über 14 Jahre alten, jungen Leute Sonntags⸗ und Winter⸗Abendschulen zur weiteren Fortbildung derselben, insbesondere in den landwirthschaftli⸗ chen Kenntnissen und Nebenarbeiten errichtet werden möchten; daß für diesen Zweck (unter 6) die in der Denkschrift em⸗ pfohlenen Hülfsmittel 1, 2 und 3 angelegentlichst in Angriff genommen werden möchten. 8 Antragsteller Arnold:
8) Das Unterrichts⸗Ministerium möge ersucht werden, dahin zu wirken, daß in allen Landschulen der Unterricht in weiblichen Arbeiten ertheilt werde. . “
Es ist dahin zu wirken Antragsteller Heine: 8 8 .
9) daß in den Elementarschulen die künftigen Landleute in den Naturwissenschaften an wirklichen Naturkörpern selbst unter⸗ richtet werden;
10) daß der geistige Unterricht der Kinder täglich keinen längeren Zeitraum einnehme, als die körperliche Beschäftigung der Kinder, die vom Lehrer zu leiten ist.
Von diesen Anträgen wurden abgelehnt 1, 2, 3, c, 9 und 10. Dagegen wurden angenommen Z a. b. — 5, 6, 7, 8. Zum Schlusse der heutigen Sitzung wurde die resp. Ernen⸗ nung und Wahl der Kommissionen vorgenommen. 1) Der Präsident ernannte als Mitglieder der Kommission zur Prüfung des Programms: Baumstark, Graf von Burghauß, von Helldorff, 2) Die Wahl als Mitglieder der Kommission in Betreff der Zollfrage fiel auf: d-“ Arnold, E“ 1 von Brandenstein, Franz, von Kleist, von Meding, von Müller, von Rosenberg⸗Lipinsky, denselben wurde vom Ministerium Geheime Rath Wehrmann; 28, vom Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium Geheime Rath Mentzel 1 8 zugeordnet; als. Mitglieder der Kommission in Betreff der dung landwirthschaftlicher Meliorations⸗Fonds wurden erwähl