1850 / 157 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

gestellten, von Röben und Groß dagegen entschieden bestrittenen Antrag, „die Regierung um Nichtbestätigung der vor kurzem von einem Theile der ostfriesischen Landschaft veranstalteten Landraths⸗ wahl zu ersuchen.’“ Oppermann fragt bei dieser Gelegenheit, ob von der Regierung bereits Schritte gethan seien, um mit den Provinzial⸗Landschaften über die Reorganisation derselben in Ver⸗ handlung zu treten, worauf Stüve ihn daran erinnert, daß der Regierung eine Erklärung der allgemeinen Ständeversammlung über die desfallsige Vorlage noch nicht zugegangen sei, womit er den dringenden Wunsch verbindet, diese Angelegenheit thunlichst zu be⸗ schleunigen, da eine eilige Behandlung derselben in jeder Beziehung dringend nothwendig erscheine. Die unter den gedachten Haupt⸗ Rubriken aufgeführten einzelnen Sätze werden, mit Ausnahme des einstweilen ausgesetzten „Zuschusses zu den Ausgaben der Of⸗ fiziers⸗Pensions⸗Kasse“ ad 22,307 Rthlr. 6 Ggr. (worüber die Militair⸗Kommission noch zu berichten hat), sämmtlich ohne Widerspruch genehmigt, und ist darüber nichts Besonderes zu be⸗ merken. Nach beendeter Berathung stellt Lang II. den Antrag: „Hinsichtlich der Gesammt⸗Summe des Ausgabe⸗Budgets ad 7,714,847 Rthlr. 10 gGr. 5 Pf., unter Vorbehalt der Entschei⸗ dung über die ausgesetzten Positionen, die Bewilligung auszuspre⸗ chen.“ Die Nothwendigkeit und Zulässigkeit einer solchen Abstim⸗ mung im Ganzen wird von Lehzen, unter Bezugnahme auf die Geschäfts⸗Ordnung, wonach nur eine zweimalige Abstimmung über Geldbewilligungen nothwendig erscheine, in Frage gestellt. Das Budget könne als ein Ganzes nicht betrachtet werden und sei eine derartige Abstimmung im Ganzen beim Budget bislang auch nicht üblich gewesen. Lang II. hält eine Abstimmung im Ganzen nach der Geschäfts⸗Ordnung für nicht ausgeschlossen, erinnert daran, daß bis zum Jahre 1838 eine derartige Abstim⸗ mung auch üblich gewesen sei, und hebt als Motiv für ein solches Verfahren noch besonders hervor, daß andernfalls Stände überall nicht in der Lage sein würden, das Budget im Ganzen verweigern zu können. Die Richtigkeit der Behauptung wegen der Praxis bis zum Jahre 1838 wird vom General⸗Secretair und Stüve bezeugt, und findet Letzterer es unbedenklich, daß man bei dieser früheren Praxis verbleibe, welcher die nicht unzulässige Fiction zum Grunde liege, daß die einzelnen Posten nur unter dem Vorbehalte der Bewilligung des Ganzen einstweilen genehmigt werden. Der Präsident bringt dann den Langschen Antrag zur Abstimmung, welcher gegen sechs verneinende Stimmen zum Be⸗ schluß erhoben wird. Hiernächst wird die (im gestrigen Blatte des Preuß. Staats⸗Anz. bereits mitgetheilte Gratulations⸗ Adresse verlesen. Bueren, Röben und Groß erklären sich mit dem Passus nicht einverstanden, „daß Stände nach Verlauf von zwei Jahren dem im Jahre 1848 vor Augen gehabten Ziele in vielen Beziehungen um ein Bedeutendes sich näher gerückt sehen,“ und meint namentlich Bueren, daß man seit 1848 nur Rückschritte gemacht habe. Auch Gerding hat verschiedene Ausstellungen an der Adresse zu machen, will jedoch seinen Dissens nur durch Ver⸗ weigerung der Unterschrift geltend machen. Lang 1. bittet dringend, von den vorgebrachten Erinnerungen abzustehen, da es sich hier um einen simplen Akt der Unterthanentreue und nicht um Kundgebung politischer Ansichten handle. Von der Horst und Ellissen haben gegen die Fassung der Adresse nichts einzuwen⸗ den, da im Wesentlichen nicht eine Beglückwünschung beabsichtigt werde und die daneben ausgesprochenen politischen Ansichten durch⸗ erscheinen, um gegen Rückschritte sich zu verwahren, welche Die oben besserungs⸗Anträgen, und wird gebilligt angesehen. dritte Berathung der Strafprozeß⸗Ordnung in Anspruch, von wel⸗ cher heute die Paragraphen 1 bis 103 erledigt werden. Von den eingebrachten Verbesserungs⸗Anträgen werden die erheblicheren ab⸗ lehnt und nur einige von minderer Bedeutung angenommen. Im Ugemeinen scheint diese dritte Berathung einen bei weitem rasche⸗ n Verlauf nehmen zu wollen, als solches bei anderen Gesetz⸗Ent⸗ würfen bislang der Fall gewesen.

Hannover, 5. Juni. (H. Z.) Erste Kammer. Die heutige Fortsetzung der Berathung der Städteordnung be⸗ gann mit einer lebhaften Debatte über die Zulässigkeit der An⸗ ordnung besonderer Polizei⸗Directionen in den Städten. Der §. 77 des Entwurfes lautet mit den von der Kommission propo⸗ nirten Zusätzen dahin: „Besondere Polizei⸗Directionen können von der Stadt nur mit Genehmigung des Ministeriums des Innern angeordnet werden. Die bestehenden Polizei⸗Directionen bleiben jedoch in Ermangelung anderweiter Einigung bis nach erfolgter Aenderung der Gerichtsverfassung in bisheriger Wirksamkeit. (Kom⸗ missions⸗Zusatz: „jedoch soll der Vorstand des Magistrats als Po⸗ lizei⸗Direktor sofort in die Kommission eintreten.)) Wider den Willen der Stadt ist von diesem Zeitpunkte an die Anordnung oder Beibehaltung einer solchen Behörde zulässig: 1) wenn der Polizei⸗ Bezirk über die Gränzen des Stadtbezirks hinaus erstreckt werden muß, oder 2) vom Magistrate die gerichtliche und Sicherheits⸗Po⸗ lizei ungenügend verwaltet wird. In beiden Fällen kann die An⸗ ordnung nur auf den übereinstimmenden Beschluß der Ministerien der Justiz und des Innern erfolgen, nachdem der für den Bezirk zuständige Staatsanwalt darauf angetragen hat, und in Folge da⸗ von, was den zweiten Fall betrifft, die Maßregel zuvor der Stadt angedroht war. (Kommissions⸗Zusatz: „im ersteren Falle ist außer⸗ dem die Zustimmung der Provinzial⸗Landschaft erforderlich, im letz⸗ teren Falle muß die Maßregel der Stadt zuvor angedroht sein, ohne daß dies bessere Einrichtungen von Seiten der Stadt zur Folge gehabt hat“). Wyneken bestritt die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen. Der §. 19 des Gesetzes vom 5. September 1848 sage: es soll die Polizei⸗Verwaltung den Magistraten über⸗ lassen werden. Damit seien die obigen Bestimmungen über An⸗ ordnung von Polizei⸗Directionen wider den Willen der Städte nicht in Einklang zu bringen. Der Redner führte sodann aus, wie hierdurch außerdem etwas geschaffen werden solle, was bisher

och nicht Rechtens gewesen sei; wie dadurch der Willkür und den Uebergriffen der Regierung Raum gegeben werde, indem es in Wirklichkeit ihrer Beurtheilung anheimgestellt bleibe, woann der Polizei⸗Bezirk erweitert, und was unter der „unge⸗ nügenden“ Verwaltung der Polizei seitens des Magistrats verstan⸗ werden solle; wie endlich das Bestehen Königlicher Polizei⸗ 18 en in den Städten in politisch erregten Zeiten erfahrungs⸗ dirb hen⸗ das vane- Hebel sei, die Ansichten der Regierung auf lic r indirektem Wege durchzusetzen. Solche Zustände ge⸗ setzlich zu legalisiren, dazu wollte er die Hand nicht bieten; er bean⸗

tragt daher: unter Streichung des Uebri : „Wider d Willen der Stadt ist vom dissem enp Hente un en neederaen 8 iesem Zeitpunkte an die Anordnung ꝛc.

einer solchen Behörde unzuläͤssig“, und erklärte widrigenfalls

die ganze Städte⸗Ordnung stimmen zu müssen. .2g h Gah⸗ ver würden dem Vorredner beistimmen, wenn die Anordnung sol⸗ cher Maßregel in Wirklichkeit von der Willkür der Regierung ab⸗ hinge; sie glaubten aber, daß durch den von der Kommission vorge⸗ schlagenen Zusatz zum §. 77, und außerdem durch den Schluß des

8“

demnach die

§. 79 (wonach eine in dem oben unter Nr. 2 erwähnten Falle an⸗ geordnete Polizei⸗Direction stets wieder aufgehoben werden soll, so⸗ bald die Stadt eine nach dem Gutachten des Staatsanwalts zur Sicherung der Polizei ausreichende Einrichtung trifft) hiergegen ge⸗ nügende Garantieen geboten seien. von Hammerstein erklärte, daß die Regierung, wenn sie überhaupt bestehen solle, dies Recht in Anspruch nehmen müsse. Er frage, was denn anders übrig bleibe, als die Anordnung einer besonderen Polizei⸗Behörde, wenn das Polizeigebiet, wie solches in einzelnen Fällen, namentlich wo besondere Vorstädte nahe an die Stadt gränzen, zur Führung der Polizei unumgänglich nöthig sei, über die Stadt hinaus ausgedehnt werden müsse, oder, wenn die Stadt es beharrlich unterlasse, eine genügende Polizei⸗-Verwaltung zu üben? Er meine, daß alle Garan⸗ tieen, die gegen den Mißbrauch von Seiten der Regierung gefunden werden können, hier in genügendem Maße durch die Zustimmung der von der Regierung unabhängigen Pro⸗ vinzial⸗Landschaft für den ersten Fall, und durch die vorge⸗ schriebene Uebereinstimmung des Justiz⸗Ministeriums und des Staats⸗Anwalts für den anderen Fall geboten seien. Haus⸗ mann fand den Widerspruch mit §. 19 des Verfassungs⸗Gesetzes nicht ganz gelöst und fürchtete besonders eine Gefährdung der Städte hinsichtlich des Kostenpunktes, weshalb er von Braun auf die besonderen desfallsigen Bestimmungen des folgenden §. 78 ver⸗ wiesen wurde. Kammer⸗Rath von Münchhausen sah keinen Widerspruch mit der Verfassung darin, wenn gesetzlich von der da⸗ selbst gegebenen Regel zwei Ausnahmen für solche Fälle statuirt werden, wo die faktische Unmöglichkeit, es bei jener Regel zu be⸗ lassen, klar vorliege. Andere Mittel für solche Fälle, z. B. Bela⸗ gerungs⸗Zustände und dergl., von denen Gottlob unser Land noch keine Erfahrung habe, möchten doch wahrlich noch weniger erwünscht sein. Herrmann sprach in längerer Rede gegen Wyneken's An⸗ trag. Er war mit dem Antragsteller durchaus einverstanden in der Ehrfurcht vor dem Rechte, dessen gerader Weg niemals verlassen werden dürfe; wollte aber eben deswegen auch in der Gesetzgebung die Institutionen des Staats so organisiren, daß dadurch dauer⸗ bare Zustände geschaffen werden. Er widerlegte zunächst die be⸗ hauptete Verfassungswidrigkeit der hier fraglichen Bestimmung und führte aus, daß das Verfassungs⸗Gesetz hier nur ei en Grundsatz als Prinzip für die zu erlassende Städte⸗Ordnung aufstelle, wodurch nicht ausgeschlossen sei, daß die nähere Ausführung in der letzteren unter Festhaltung des Grundsatzes bestimmte Ausnahmen davon statuire. So sei auch z. B. Oeffentlichkeit der Rechtspflege in der Verfassung vorgeschrieben, und die jetzt berathenen Prozeßgesetze schließen dennoch vollkommen zulässigerweise in einzelnen Fällen die Oeffentlichkeit aus. Er gab zu, daß die Regierung die ihr hier verliehene Befugniß denkbarerweise mißbrauchen könne; eben so gut sei aber auch von Seiten der Städte ein Mißbrauch nach der an⸗ deren Seite möglich, wenn man ihnen das Recht der Polizei ganz unantastbar und ausnahmslos vindizire. Unter solchen Umständen müsse man sich aber für Uebernahme der Polizei durch den Staat erklären, von welchem die patrimoniale Polizei ebensowohl abge⸗ leitet sei, als die Patrimonial⸗Gerichtsbarkeit. Wyneken er⸗

mehrfachen Gerüchten zufolge nahe bevorstehen möchten. gedachten Dissentienten abstrahiren sodann von Ver⸗ Adresse für Den übrigen Theil der Sitzung nimmt die

klärte sich durch alle diese Argumente nicht beruhigt und ver⸗ theidigte wiederholt seinen Antrag. Er wies auf politische Erfahrungen hin, deren Wiederkehr er bei dem Gange, wel⸗ chen die deutschen Angelegenheiten jetzt nehmen, in nicht ferner Zeit befürchtete, und erinnerte daran, daß es nicht blos die Städte, sondern das ganze Land berühre, wenn in solchen Zeiten die Selbst⸗ ständigkeit der ersteren gelähmt werden könne. Braun nahm Ver⸗ anlassung, wiederholt darauf aufmerksam zu machen, daß man bei der gegenwärtigen organisirenden Gesetzgebung den regelmäßigen Verlauf der Dinge im Auge behalten und dieselbe nicht, indem man sie nach denkbaren Ausnahmezuständen zurichten wolle, für den or⸗ dentlichen Gang unbrauchbar mache. Gegen Uebergriffe der Re⸗ gierung müsse die constitutionelle Staatsform schützen; für diese seien die gegenwärtigen Gesetze berechnet und nicht nach Zuständen des früheren Staatslebens zu bemessen. Die Garantie dieser Staatsform beruhe aber im Geiste des ganzen Volkes und sei nicht in einzelnen gesetzlichen Klauseln zu suchen. Vezin motivirte sein Votum für Wyneken's Antrag. Er ließ es dahingestellt sein, ob es nicht zweckmäßig gewesen wäre, die Ausübung der Polizei so gut wie die der Gerichtsbarkeit ganz wieder in die Hände des Staats zu legen. Da aber die Verfassung im §. 19 sich für das Gegentheil einmal entschieden habe, so könne er es nicht für zu⸗ lässig halten, hier Ausnahmen von dem daselbst aufgestellten Prin⸗ zipe zu statuiren, welche letzteres selbst illusorisch machen. Bei der Abstimmung wurde darauf Wyneken’'s Antrag mit 29 gegen 28 Stimmen angenommen. v. Hammerstein bemerkte nachgehends, daß er in der dritten Berathung die Wiederaufhebung dieses Be⸗ schlusses beantragen werde, da die Regierung nicht in der Lage sei, mit diesem Beschlusse das Gesetz zu publiziren. Ein bei §. 79 von der Kommissien vorgeschlagener Zusatz: „Die Verwal⸗ tung der Polizei in der Residenzstadt soll nach vorgängiger Ver⸗ handlung mit der Stadt durch ein besonderes Gesetz geregelt wer⸗ den“, wurde unter Ablehnung eines Antrags von Hausmann, das Wort „Verhandlung“ in „Einigung“ zu verwandeln, mit großer Mehrheit angenommen. Die Bestimmungen des §. 84 über die Stimmfähigkeit für die Bürgervorsteher⸗Wahlen, fanden mit den von der Kommission vorgeschlagenen Modificationen hinsichtlich des Census und der Ausschließung Bescholtener keinen erheblichen Wi⸗ derspruch. Ein Antrag Stegemann's, daß es in den Städten, wo bislang ein allgemeines Stimmrecht bestehe, dabei verbleiben solle, wurde verworfen; desgleichen der Antrag der Kommission, daß je⸗ der stimmfähige Bürger zur Ausübung seines Wahlrechts verpflich⸗ tet sein solle. Bei §. 85 wurde die Berathung abgebrochen.

Zweite Kammer. Nach Annahme des vom General⸗Syndikus Hirsch zum Vortrage gebrachten Koͤnferenz⸗Vorschlages wegen der Verbesserung der Lage der Stadt Münden wendet man sich der Tagesordnung gemäß zur Forlsetzung der dritten Berathung der Strafprozeß⸗Ordnung. Da nur vier resp. von Lang IJ. und von Düring gestellte, im Wesentlichen nur eine verbesserte Fassung einzelner Paragraphen bezweckende Verbesserungs⸗Anträge vorliegen, so wird die Berathung sehr rasch beendet, obgleich noch 174 Para⸗ graphen zu erledigen waren. Ein von Freudentheil für das Begleitschreiben gestellter Antrag, demzufolge die Regierung unter näherer Motivirung ersucht werden sollte, das Kriminal⸗Gesetzbuch einer zeitgemäßen Revision zu unterziehen und den Ständen dar⸗ über eine Vorlage zu machen, wird vom Proponenten vor der Ver⸗ lesung, um unter den obwaltenden höchst dringenden Umständen jede Weiterung thunlichst zu vermeiden, zurückgezogen. Schläger bit⸗ tet um die Verlesung des Antrages und nimmt denselben, da er ihn für sehr nothwendig erachtet, wieder auf. von Düring hält dafür, daß die Regierung, wenn sich ein. Bedürf⸗ niß dazu herausstelle, auch ohne Antrag eine Revision der Strafgesetze werde eintreten lassen. Da jedoch, na⸗ mentlich wegen der Motive, Weiterungen mit Erster Kammer leicht durch den Antrag herbeigeführt werden können, so giebt er anheim, e vSh ehen⸗ zumal der Proponent selbst ihn bereits aufgege⸗

e e.

Freudentheil schließt sich diesem Wunsche an. Die

Gründe, welche ihn bewogen, den Antrag fallen zu lassen, seien zum Theil nicht ostensibler Natur. Die gegenwärtige Lage der Dinge dränge darauf hin, jede Weiterung von Seiten der Stände zu vermeiden, denn man stehe vielleicht vor einer Scheidewand. Werde dann das Gesetz auch nicht publizirt, so haben Stände doch mindestens ihr Gewissen gegen das Land salvirt. Dem gegenwär tigen Justizministerium, bemerkt der Redner, könne man das Zeug⸗ niß nicht versagen, daß es in jeder Beziehung seine Schuldigkeit gethan habe. Lang I. erklärt sich dringend und entschieden gegen den Antrag, weil er für jetzt keine praktische Folgen haben könne, und nur unnöthig Zeit wegnehme, welche sehr knapp zugemessen sei. Da Schläger keine Aussicht auf einen günstigen Erfolg des Antrages hat, so läßt er denselben fallen, wiewohl er die Andeutungen Freu⸗ dentheil's nicht versteht. Nachdem das Gesetz im Ganzen nebst den Anhängen einstimmig wiederum gebilligt ist, referirt General⸗Syn⸗ dikus Dammers aus der Konferenz wegen Ausgleichung der ab⸗ weichenden Beschlüsse beider Kammern über die Regierungs⸗Vorla⸗ gen vom 1. Februar vund 8. November v. J., die Organisation der Verwaltung betreffend. Die Konferenz legt wegen sämmtlicher Differenzpunkte Vorschläge zur Ausgleichung vor, welche auf Empfehlung des Referenten, meistens ohne Diskussion, von der Kammer angenommen werden. Der wichtigste Differenzpunkt wal⸗ tete bezüglich der Grundzüge für die Organisation der Provinzial⸗ Landschaften ob, und zwar wegen der Wahl der Abgeordneten der Landgemeinden. Der Regierungs⸗Entwurf enthält darüber sub II. 4 folgende Bestimmung: „Die Abgeordneten der Landgemein⸗ den werden von der Amts⸗Versammlung gewählt. Es treten zu dem Ende die Amts⸗Versammlungen zweier Aemter zusammen und wählen nach absoluter Stimmenmehrheit zwei Abgeordnete, den einen unbeschränkt aus einem der beiden Aemter, den anderen aus den zur ersten Kammer wählbaren Grundbesitzern der beiden Aemter.“ Von zweiter Kammer war beschlossen worden, statt der letzteren Worte zu setzen: „den anderen aus den Grundbesitzern der beiden Aemter“, von erster Kammer dagegen (in Gemäßheit des Kommissions⸗Antrages): „den anderen aus den größeren Grund⸗ besitzern der beiden Aemter“, die Konferenz schlägt nun behufs nähe⸗ rer Bestimmung des Begriffes „größeren Grundbesitzer“ vor, dem Beschlusse erster Kammer Folgendes hinzuzufügen: „Zu diesen sind die sämmtlichen zur ersten Kammer der allgemeinen Stände⸗ Versammlung wählbaren Grundbesitzer jedenfalls zu zählen. Der Kreis der größeren Grundbesitzer, aus denen die Wahl des oder der Abgeordneten zu treffen ist, darf unter die Zahl der für den Wahl⸗Bezirk wahlberechtigten Amtsvertreter nicht hinabgehen.” Die übrigen Differenzen, mit Ausnahme einer sehr unerheblichen zur Amtsordnung, betrafen den Gesetz⸗Entwurf wegen Einrichtung einer Amtsvertretung und zwar die §§. 2, 99 do) 9 und 10, waren jedoch meistens nicht sehr erheblich. Der übrige Theil der Sitzung wird zum Beginn der ersten Berathung des Einnahme⸗ Budgets verwandt, von welchem für heute die zur Nr. I. Ueber⸗ schüsse von den Amtskassen 1,496,133 Rthlr.) gehörige Anlage 4 „Anschlag der Einnahmen und Ausgaben der Amtskassen“ auf der Tagesordnung steht. Lindemann, als Berichterstatter des Finanz⸗ Ausschusses, leitet die Berathung mit der Bemerkung ein, daß dieser

Theil des Budgets den Ständen in diesem Jahre zum erstenmale

vorliege und der Finanz⸗Ausschuß daher, bei der Kürze der Zeit, nicht in der Lage gewesen sei, eine detaillirte Untersuchung daruͤber anzustellen, ob die Verwaltung zweckmäßig und tadellos geführt sei. Er giebt sodann die Gründe an, weshalb die Einnahme aus den Ueberschüssen der Amtskassen für das nächste Rechnungsjahr nahezu um 150,000 Rthlr. niedriger, als im vergangenen Jahre habe ver⸗ anschlagt werden müssen. Der Ausfall originire hauptsächlich aus

den niedrigen Kornpreisen, aus der erheblichen Verminderung der

Gerichtssporteln, aus der Erhöhung der Forst⸗Besoldungen (um 40,000 Rthlr.) und der Erhöhung des Bau⸗Etats (um 45,000 Rthlr.). Die Berichterstattung wendet sich hiernächst zur Erläute⸗ rung der einzelnen Einnahme⸗Positionen, nämlich: I. Domanial⸗ Einnahmen: a) gutsherrliche Gefälle 675,268 Rthlr., b) Pacht⸗ gelder 785,000 Rthlr., c) Korngefälle 97,700 Rthlr. II. Ho⸗ heits⸗Einnahmen 36,000 Rthlr. III. Forst⸗Einnahmen 567,000 Rthlr. IV. Sporteln und Accidenzien 167,450 Rthlr. V. Außer⸗ ordentliche Einnahme 12,750 Rthlr. Summe 2,341,168 Rthlr. Die gutsherrlichen Gefälle vertheilen sich auf die einzelnen Pro⸗ vinzen folgendermaßen: Kalenberg 71,953 Rthlr., Göttingen 34,455 Rthlr., Grubenhagen 30,227 Rthlr., Lüneburg 33,972 Rthlr., Hoya und Diepholz 23,799 Rthlr., Bremen und Verden 17,068 Rthlr., Hildesheim 79,943 Rthlr., Ostfriesland 81,129 Rthlr. Von der Einnahme aus verpachteten Grundstücken kommen auf die Haupt⸗ pachtungen 358,934 Rthlr., auf die kleineren Pachtungen 282,643 Rthlr., auf Verpachtungen bei Dienststellen 15,308 Rthlr. und auf sonstige Verpachtung einzelner Grundstücke 27,545 Rthlr.; die größ⸗ ten Domainen, welche sämmtlich einen Ertrag von mehr als 6000. Rthlr. liefern, sind Koldingen, Kalenberg, Grohnde, Marienburg, Schäferhof, Steuerwald, Winzenburg und Stolzenau. Die Ein⸗ nahme aus den Zehnten ist durch die Ablösungen sehr bedeutend verringert; sie hat im Jahre 1836 37 noch 226,000 Rthlr. be⸗ tragen, für das nächste Jahr ist sie zu 25,684 Rthlr. veranschlagt worden. Von dem gesammten Dominial⸗Grundbesitz ad 1,248,731 Morgen fallen auf die Hauptpachtungen 149,511 Morgen, einzeln verpachtet sind oder werden sonst genutzt 316,140 Morgen, der Forst⸗ grund beträgt 783,079 Morgen. Die erläuterten Ansätze geben zu Bemerkungen aus der Mitte der Versammlung im Uebrigen keine Veranlassung, nur erkundigt man sich von verschiedenen Seiten danach, unter welchem Titel eine Insel in der Weser, genannt Wil⸗ helmsplate, dem gewesenen Kammerdirektor von Voß, und eine desglei⸗ chen in der Elbe, genannt Kahle⸗Sand, dem Landdrosten von Lütcken verliehen worden sei. Es wird bezeugt, daß die Verleihungen unter einem onerosen Titel stattgefunden haben und expromittirt Lehzen, nähere Auskunft über die fraglichen Verhältnisse später zu geben. So weit es einer Bewilligung bedarf, werden die oben gedachten Ein⸗ nahme⸗Positionen ohne Anstand genehmigt.

Hannover, 6. Juni. (Z. f. N. D.) Erste Kammer. Die Petitionen des Senior Schläger zu Hameln, der Volksvereine zu Hannover und Burgdorf wegen Abschaffung der Todesstrafe und Revision des Kriminal⸗Gesetzbuches, welche der Regierung übersandt sind, begleitet Sander mit der Bemerkung, die Petitionen enthal⸗ ten nichts Neues, die Gründe gegen die Todesstrafe seien die be⸗ kannten, gewöhnlichen. Eine Revision ferner des Kriminal⸗Gesetz⸗ buches sei wohl nicht sehr nahe, er enthalte sich deshalb, aus dem Inhalte der Petitionen Näheres mitzutheilen, und empfehle einfach den Antrag des Ausschusses. Der erste Abschnitt des Ausgabe⸗

Budgets wird darauf im Fluge zum zweiten Male bewilligt; beim

Schluß desselben wird die Berathung durch den Bericht Wyne⸗ ken's aus der Verwaltungs⸗Konferenz unterbrochen. Die Konfe⸗ renzvorschläge sind von zweiter Kammer sämmtlich angenommen. Zufolge eines derselben soll das diesseitige Haus bei den Wahlbe⸗ stimmungen für Provinzial⸗Landschaften ihre „größeren“ Grundbe⸗ sitzer fallen lassen und statt dessen sich für eine Bestimmung ent⸗ scheiden, wonach die Wählbarkeit an weniger beschränkte und weni⸗

ger vage Bedingungen, nämlich an die Bedingung der Wählbarkeit

schaften

zur ersten Kammer geknüpft ist. Hammerstein sträubt sich ent⸗

schieden dagegen. Er wisse nicht, ob auf Grund dieser Bestimmung eine Einigung mit den Provinzial⸗Landschaften werde zu erreichen sein (was Honstedt in Bezug auf die jetzigen Provinzial⸗Land⸗ allerdings erklärlich findet). Die Regierung werde sich, im Falle jene Einigung nicht zu Stande komme, genö⸗ thigt sehen, mit neuen Anträgen vor die Stände zu treten. Er entscheide sich deshalb am liebsten für Beibehaltung des Beschlusses erster Kammer, und nur, um zu einem, wenn auch unerwünschten Schlusse zu kommen, wolle er sich eventuell für den Konferenz⸗Vorschlag erklären. Gegen den letzteren erheben sich nur die Regierungs⸗Mitglieder und Decken. Ueber die Oeffentlichkeit der Amtsversammlungen wird von der Konferenz dieselbe Bestim⸗ mung vorgeschlagen, welche nach dem Entwurfe der Städte⸗Ordnung ür die buͤrgerlichen Versammlungen gelten soll, nämlich, im Wesent⸗ lichen die Oeffentlichkeit und ihren Umfang dem Beschlusse der Amtsversammlungen zu überlassen. Der Vorschlag, so wie sämmt⸗

che übrigen Vorschläge der Konferenz, werden angenommen und sind somit die wichtigen Vorlagen für Organisation der Verwaltung von erster und zweiter Kammer erledigt, d. h. der Regierung lie⸗ gen nunmehr die Grundzüge vor, auf Grund deren sie theils mit den Provinzial⸗Landschaften weiter zu verhandeln hat, welche ihr theils als Norm dienen sollen, die detaillirte Aus⸗ und Insleben⸗ führung der neuen Organisation zu beschaffen. In fortgesetzter Be⸗ rathung des Ausgabe⸗Budgets wiederholt Müller seinen Antrag, aus Gründen der Sparsamkeit den Gehalt des Landdrosten auf 2500 Rthlr. herabzusetzen. Derselbe wird auch diesmal von großer Mehrheit verworfen. Der Antrag dagegen, bei Anstellungen von Regierungsräthen die Gehaltssumme von 1500 Rthlr. nicht zu überschreiten, wird angenommen. Der Beschluß, für den Gesandt⸗ schaftsposten in London baldthunlichst Ersparungen eintreten zu las

sen, wird wiederholt, obwohl sich Bennigsen, von Münchhau⸗ en und Hammerstein antschieden dagegen erklären. Bei der Position für die Bibliothek in Göttingen macht Kraut aufmerksam auf die geringen Hülfsquellen der göttinger Bibliothek zur Anschaf⸗ fung neuer Bücher. Es stehen ihr zu Gebote aus dem Kloster⸗ onds 5200 Rthlr., 300 Rthlr. aus Nebeneinnahmen und Zinsen eines us verkauften Doubletten gewonnenen Kapitals von 1000 Rthlr.; im Ganzen also 5500 Rthlr. Davon werden die Büreaukosten mit 1200 Rthlr. bestritten und für die Anschaffung von Jour⸗ nalen 3500 Rthlr. verwandl; es bleiben mithin zum Ankauf neuer Bücher nur 800 Rthlr. übrig. Der Redner weist die Un⸗ zulänglichkeit dieser Summe nach, beweist die Wichtigkeit der Bi⸗ bliothek für die Universität und deren Besuch, wie für die Wissen⸗ schaft überhaupt und stellt den auch in zweiter Kammer eingebrach⸗ ten Antrag, im Wesentlichen des Inhalts: Stände haben Kenntniß genommen, daß für die Bibliothek zur Anschaffung neuer Bücher für das dringende Bedürfniß nicht hinreichend gesorgt ist, und in Betracht des Flors der Universität, wie der Wissenschaft über⸗ haupt, ersuchen sie die Regierung, zu untersuchen, ob aus dem Klosterfonds eine höhere Summe bis zu 3000 Rthlr. zu jenem Zwecke zu verwenden ist, und würden sie im entgegengesetzten Falle die Summe von 3000 Rthlr. auf die Landes⸗Kasse zu über nehmen sich bereit erklären. Braun, dem Antragsteller die Richtigkeit seiner Angaben bezeugend, glaubt, die Kloster⸗Kasse werde schwerlich mehr als bis jetzt zu leisten im Stande sein, den Zweck des Antrages empfiehlt er dringend dem wissenschaft⸗ lichen Sinne des Hauses und bittet die Kammer, den ihr gemach⸗ ten Vorwurf nicht zu rechtfertigen, daß hier mehr die mate⸗ riellen Interessen vertreten würden, während im anderen Hause die Intelligenz ihre Vertretung fände. Die Fassung des Antrages hätte er anders gewünscht. Derselbe werde ihn nicht ermächtigen, direkte Anträge an das Finanz⸗Ministerium zu richten, er werde nach demselben noch genöthigt sein, den Ständen eine anderweitige Vorlage zu machen. Die Fassung wird auch von anderen Seiten als ungenügend erklärt, es solle mit dem Antrage wohl nur be⸗ zweckt werden, die Sache in Anregung zu bringen, das sei aber in der Form nicht genügend geschehen. Es erklären sich aus diesen und ähnlichen Gründen, namentlich weil man in Geldbewilligun⸗ gen nur der Regierung die Initiative zuerkennen will, gegen den Antrag Vezin, Kirchhoff, Hicken, Rittmeister Münchhausen. Der Letztere meint, die Klosterkasse sei wie eine Citrone, man möge sie nur tüchtig pressen, so werde wohl für die Bibliothek noch Einiges herausfließen. Der Antrag wird mit großer Mehrheit abgelehnt, wohl hauptsächlich aus dem von Kammer⸗Rath Münchhausen geltend gemachten Grunde, m einer Konferenz eine erwünschtere Fassung für denselben aufzufinden. Für den Antrag sprachen Ro⸗ senthal, Wyneken, Hermann. Gegen die Ansicht, als ob die Kam⸗ mer nur die materiellen Interessen, nicht auch Intelligenz vertrete, glaubte man sich von mehreren Seiten entschieden verwahren zu müssen.

Hannover, 7. Juni. (Z. f. N. D.) Der preußische Ge⸗ neral Wrangel ist gestern hier angekommen; heute früh inspizirte er die Garde du Corps; noch weitere Paraden sollen ihm zu Ehren bevorstehen.

Württemberg. Stuttgart, 5. Juni. (Schw. M.) Der Ausschuß der Landesversammlung hat (wie bereits gestern summarisch mitgetheilt worden) in seiner heutigen Sitzung beschlossen: die in dem Berichte der staatsrechtlichen Kommission, vorgetragen von dem Abge⸗ ordneten M. Mohl in der letzten Sitzung der Landesversammlung vom 3ten d. M., unter 1 a. b. vorgeschlagenen Erklärungen an die Königl. Staatsregierung vorläufig zu seinen eigenen zu machen, bis die Landesversammlung über dieselben selbst entschieden haben wird, und gegen jedes einseitige Vorgehen der Regierung in die⸗ ser Hinsicht die Rechte des Landes aufs entschiedenste zu wahren; so wie die Königliche Staats⸗Regierung sowohl im Hinblick auf die Dringlichkeit einer Berathung der Landes⸗Versammlung über diese Punkte, als auch hinsichtlich der von dem Ausschusse für eben so dringlich erachteten Entscheidung der Landes⸗Versammlung über die gegen den Chef der auswärtigen Angelegenheiten, Freiherrn von Wächter⸗Spittler, von der staatsrechtlichen Kommission und von dem Ausschusse für begründet erachteten Anklage vor dem Staats⸗ Gerichtshofe um unverweilte Wiedereinbernfung der Landes⸗Ver⸗ sammlung zu bitten.

Baden. Karlsruhe, 6. Juni. (K. Ztg.) Heute Nach⸗ mittag ist die vierte Compagnie vom Füsilier⸗Bataillon des König⸗ lich preußischen 28. Infanterie⸗Regiments hier eingetroffen und am Bahnhof von dem Stadtkommandanten, den Stabsoffizieren und der Musik des Regiments empfangen worden. Das genannte Fü⸗ silier-Bataillon ist nunmehr vollständig hier garnisonirt.

Freiburg im Breisgau, 6. Juni. (O. P. A. Z.) Professor Ecker, welcher früher an der Universität Heidelberg angestellt war und von dort nach Basel berufen wurde, ist zum ordentlichen Pro⸗ fessor der Physiologie, vergleichenden Anatomie und Zoologie an hiesiger Universität ernannt worden.

„Hessen. Kassel, 7. Juni. (K. Z.) Ihre Erlaucht die Frau räfin von Schaumburg, Gemahlin Sr. Königl. Hoheit des Kur⸗

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fürsten, ist nach Schloß Philippsruhe, Se. Hochfürstliche Durch⸗ laucht der Landgraf Wilhelm von Hessen nach Deßau abgereist.

Schleswig⸗Holstein. Kiel, 7. Juni. (H. C.) Gestern war das

Büreau der Landes⸗Versammlung hier vereinigt, um zu berathen, ob eine Zusammenberufung der Versammlung geschehen solle. Es wurde beschlossen, dieselbe nicht zusammenzuberufen.

Malméö, 5. Juni. (Lüb. Z.) Ordres sind hierselbst einge⸗ gangen zur Beibehaltung von Truppen, die unsere in Schleswig stationirten Landsleute ablösen sollen; es bliebe also noch Alles beim Alten. Von den schonischen Regimentern werden dahin abge⸗ hen: Eine Eskadron vom Husaren⸗Regiment des Kronprinzen, zwei von den schonischen Dragonern und ein Feldbataillon vom südschonischen Infanterie⸗Regiment. Von anderen Regimentern werden die beiden finnländischen Infanterie⸗Regimenter ausrücken. Die Kavallerie geht über Helsingborg; die Infanterie über Malmö.

Oldenburg. Oldenburg, 5. Juni. (N. B. Z.) Heute ist der Hof nach Rastede übergesiedelt. Prinz Peter wird, wie ver⸗ lautet, nächstens aus Rußland nebst Familie hier eintreffen. Sein Palais wird bereits zu seiner Aufnahme vorbereitet.

Die Staatsregierung hat verfügt, daß mit den Arbeiten im bokeler Fehn in umfassender Weise fortgefahren werden soll. Man wird bei der Ausweisung der Kolonate vorzugsweise auf solche An⸗ bauer sehen, welche die ostfriesische Fehnwirthschaft kennen und so im Stande sind, Kolonate zu begründen, die als Muster für die folgenden dienen können.

Sachsen⸗Meiningen. Meiningen, 2. Juni. (D. Z.) Unsere Stadt gleicht seit vorgestern Abend einer Blumenlaube. Selbst in den entlegensten Straßen sind die Häuser ohne Ausnahme bis zur Hütte herab mit Blättergewinden, Tannen⸗ und Birken⸗ bäumen, Fahnen, Wappen und sonstigem Festschmuck geziert. Es galt dem feierlichen Einzuge unseres Erbprinzen Georg mit seiner Neuvermählten, der Prinzessin Charlotte von Preußen. Am vorigen Mittwoch war das junge Paar an der Landesgränze zwischen Etterwinden und Waldfisch auf der eisenacher Straße feierlich empfangen und im Festzuge bis nach dem reizenden Lustschlosse Altenstein begleitet wor⸗ den, wo es einige Tage verweilte. Gestern Mittag traten die Herrschaften von da ihren Zug hierher nach der Residenz an. Bei allen Orten, durch die oder an denen der Zug vorüberging, wurden sie an Ehrenpfor⸗ ten aufs herzlichste begrüßt. Nach 4 Uhr trafen sie hier ein und wurden von den Geistlichen, den städtischen Behörden, den Schulen ꝛc. und im Raum des Schloßhofes von den Hof⸗ und Staatsbeam⸗ ten empfangen. Die junge Fürstin war sichtlich ergriffen und bewegt von den Beweisen der Liebe und herzlichen Theilnahme, die ihr von allen Seiten entgegenkamen. Abends war ein Fackelzug mit fest⸗ lichem Gesang, wie er in solcher Ausdehnung noch nie hier statt⸗ gefunden hat. Im Augenblick durchwogt eine zahllose Menschen⸗ menge die Stadt. Das heute beginnende Volksfest wird einige Tage dauern.

Frankfurt. Frankfurt a. M., 7. Juni. (O. P. A. Ztg.) Gestern Nachmittag wurden die hier in Besatzung stehenden zwei Bataillone des Königlich preußischen 31sten Infanterie⸗Regiments nebst den Königlich preußischen Kürassieren und Artilleristen, so wie das frankfurter Linien⸗Bataillon, zum Grindbrunnen befehligt und ihnen daselbst das Unstatthafte und Aergerliche der seit einigen Tagen vorgefallenen Exzesse durch die betreffenden Befehlshaber vorgehalten, sie zur Eintracht ermahnt und vor den Folgen solcher Auftritte gewarnt. Nach solchen eindringlichen Reden des preußi⸗ schen und des frankfurter Kommandanten, und nachdem sich beide Stabs⸗Offiziere vor der Front umarmt hatten, mußten von den verschiedenen Compagnieen die ältesten aller Chargen hervortreten und sich gegenseitig die Hand reichen. Zum Schlusse brachte der preußische Kommandant der Eintracht ein Hoch, was mit vieler Be⸗ geisterung erwiedert wurde. Um 7 Uhr Abends rückten die Trup⸗ pen gemeinschaftlich unter dem klingenden Spiel ihrer Musiken wie⸗ der in die Stadt ein. Die Mannschaft war nur mit dem Seiten⸗ gewehr bewaffnet.

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Ausland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung.

Sitzung vom 6. Juli. Den Vorsitz fuͤhrt Dupin. Tagesordnung: Verlän⸗ gerung des Klubgesetzes auf Ein Jahr. Esquiros hat das Wort üͤber die Dringlichkeit, welche er bekämpft. Das Vereinigungsrecht sei in der Constitution gegründet, diese jährlichen Verlängerungen seien eine Verletzung. Das Volk habe nur zwei Mittel des Unter⸗ richts: Preßfreiheit und Vereinsfreiheit. Mit diesen beiden Frei⸗ heiten habe es seine Menschenrechte erringen können. Das wolle man aber nicht. Man wolle so gemächlich fortregieren, und doch drohe der Sturm. Die sogenannten Konserva⸗ tiven moͤchten gern die Nation einbalsamiren, zur Mumie machen. Er wolle eine Definition des Sozialismus geben. Der Präsident verweigert dies. Die Abstimmung wird verlangt. Stimmende 611; dafür 422, dagegen 189. Die Dringlichkeit ist also angenommen. Mathieu (de la Droͤme) hat das Wort gegen den Entwurf. Er vertheidige eine aufgegebene Sache, aber er er⸗ fülle eine Pflicht. Es handle sich heute um die Wahl zwischen zwei Systemen: Unterdrückung und Freiheit. Der Minister habe von den ge⸗ fährlichen Leidenschaften gesprochen, welche in den Klubs ihren Tummel⸗ platz fänden, welche Religion, Familie, Eigenthum, Ehrfurcht vor dem Gesetz angriffen. Die Kommission habe sich dieser Ansicht angeschlos⸗ sen und die Gesellschaft in Gefahr erklärt. Das gefürchtete Un⸗ geheuer nenne man Sozialismus, und unglücklicherweise sei denen, welche ihn zum Vorwande nähmen, kein Wort davon belannt. Für Herrn Thiers sei er die Lehre Louis Blanc's, für Montalem⸗- bert der Kommunismus. „Mir selbst“, fährt der Redner fort, „hat man Ansichten zugeschrieben, die ich nicht im entferntesten theile.“ Man müsse doch das Uebel kennen, an dem man sterben solle. Wenn man das Volk seines Vereinigungsrechtes berauben wolle, so ge schehe dies nicht, weil es Mißbrauch mit demselben getrieben, son- dern weil es dasselbe weise, mäßig, taktvoll benutzt habe. (Unruhe rechts.) Eine Prüfung des Sozialismus über Familie, Religion,

Eigenthum wird von vielfachem Lärm unterbrochen. „Wie“, ruft

der Redner aus, „es giebt hier Leute, welche unter dem Vorwande der Vertheidigung der Religion die Jesuiten lobpreisen (Lärm), ja,

die Jesuiten, und zwar mit solcher Virtuosität, daß ich sie jedes⸗

mal um ihren Beichtzettel fragen möchte (Gelächter). Das ist Heuchelei, und zwar von der häßlichsten Sorte. Die Sozialisten verdammen das Eigenthum nicht, vorausgesetzt, daß es rechtlich

erworben wird.“ Rechts: „Wer soll dies beurtheilen?“ Mathieu: „Das Volk! Das rechtlich erworbene Eigenthum entspringt aus der Ar⸗ beit. Und der neue Weg der Arbeit ist die Association. In ihr liegt die

ganze Zukunft. Zu dieser Lehre bekennen sich unter 100 Soziali⸗

ster wenigstens 99. Man schließt die Klubs, weil man fürchtet,

daß dort alle die Ungerechtigkeiten, Mißbräuche und Widersprüche,

von denen unsere Gesetze wimmeln, dargethan werden.

hindert die Vereinigung des Volkes nach dem alten Spruche: Divide et impera. Die Gesammtdebatte wird geschlossen. Art. 1: „Das Gesetz vom 22, Juni 1849 üher die Klubs und anderen politischen Vereine wird bis zum 22. Juni 1851 verlängert.“ Bancel vom Berge hat das Wort dagegen. Er habe eine Ant⸗ wort auf Mathieu's Rede erwartet, die Majorität aber im Geleise der Reaction verfahren, antworte nur noch durch Abstimmungen. Man habe durch das letzte Gesetz den Souverain verstümmelt, es sei konsequent, ihm auch die Sprache zu nehmen. Welchen Souverain man denn eigentlich nun als Ersatz wolle? Einen Fürsten? Man sei also durch die Vergangenheit noch nicht genügend belehrt? Wolle man den Abgrund der Revolution wieder öffnen? Er bitte die Versammlung, das Gesetz zu verwerfen. Der Berichterstatter Boinvilliers meint, die Klubs seien mit Ruhe und Wohlstand unvereinbar. Sie versammelten in großen Städten Tausende von unwissenden, leidenden, heftigen Menschen und wü⸗ thenden Rednern. Man sage, die Ueberwachung derselben geschehe durch Polizei⸗Agenten in des Wortes schlechtester Bedeutung. Aber seien diese Agenten nicht Repräsentanten des Gesetzes? Musse man nicht ihre Berichte für wahrheitsgetreu halten? Nach den Berichten derselben würden dort mordbrennerische Reden gehalten. Nur den Sozialismus erkenne man daselbst als einziges Heilmittel an. Na⸗ daud: „Der Prästdent der Republik hat es gesagt und geschrie⸗ ben.“ (Lärm.) Schölcher wird zur Ordnung gerufen. Bonin⸗ villiers: Ein Redner habe daselbst die Wahl⸗Union eine Räu⸗ berhöhle genannt. Charles Dain will dem Redner auf die letzte Bemerkung antworten. Er behaupte damit, die Sozialisten nenn⸗ ten alle Nichtsozialisten unehrlic. Ob denn die Majorität, welche doch das Privilegium der Ehrlichkeit in Anspruch nehme, nicht alle Sozialisten für unehrlich halte? Art. 1 wird mit großer Majorität angenommen. Artikel 2 dehnt diese Ge⸗ setzbestimmungen auf Wahlversammlungen aus und wird gleich⸗ falls angenommen. Ein Amendement, das Gesetz auf die Zusam⸗ menkünfte in der Passage de l'Opéra auszunehmen, wird beseitigt, ein Amendement Larochejacquelin's, im mildernden Sinne, ebenfalls verworfen und hierauf das ganze Klubgesetz angenommen.

Paris, 6. Juni. Man glaubt, die Ferien der National⸗Ver⸗ sammlung könnten vielleicht schon 1. Juli beginnen und bis zum 1. September dauern. Herr Thiers soll dieser Tage zur Urlaubs⸗ Kommission sich geäußert haben: die Versammlung sei zu sehr er⸗ müdet, Ruhe thne ihr Noth. 1

Der Constitutionnel vertheidigt die Forderung von 3 Mil⸗ lionen für den Präsidenten. „Die Demagogie,“ sagt derselbe, „kann lange über diese unerläßliche Vermehrung der Repräsentations⸗ Kosten schreien, sie wird das Volk damit nicht hewegen. Eine solche

Forderung ausschweifende Verschwendung nennen, wäre eine so über⸗ triebene und falsche Ansicht, daß deren Unhaltbarkeit nothwendig in die Augen springen müßte. Man verlangt keine Dotation, aber man muß das Nothwendige geben, und dieses Nothwendige für das Staatsoberhaupt ist der Luxus der Wohlthätigkeit. Die Con⸗

Man ver⸗ worden

stitution hat allerdings den Gehalt bestimmt, aber für Repräsenta⸗ tions⸗Entschädigung den Zugang offen gelassen. Aus Furcht vor dem Prunke der Monarchie hat man der Präsidentschaft unge⸗ nügendeGeldverhältnisse bereitet. Und doch sind die Repräsentanten, deren Amt sonst unentgeltlich gewesen, heute eine Macht mit ihrer Civil⸗Liste, für eine gewisse Partei ist diese Entschädigung sogar Parteimittel. Der Berg gebietet, durch freiwillige Gehalts⸗Abzüge seiner Mitglieder, täglich über 2000 Fr. Man mag gern glauben, daß diese Civil⸗ liste nicht zur Unterstützung der Anarchie, geheimer Gesellschaften, heimlicher Klubs und demagogischer Journale verwendet werde, doch macht sie die Partei populär. Man darf daher dieses Mittel dem Präsidenten nicht versagen. Ueberhaupt wird dadurch Frankreichs würdevolle Vertretung gegen das Ausland, sein Wohlstand und der Handel von Paris gefördert und so dem Berge ein Gegengewicht geboten.“ Die Opinion publique behauptet, das Mi⸗ nisterium habe anfangs beabsichtigt, die finanzielle Lage des Präsidenten durch eine National⸗Subscription zu verbessern. Die Partei der sogenannten Burggrafen soll sich gestern Abend ins Elysce begeben haben, den Präsidenten um Zurücknahme des Dota⸗ tions⸗Entwurfes zu bitten. Nach Versicherung des Evenement soll aber das gesammte Ministerium aus dem Dotationsprojekte eine Kabinetsfrage machen wollen.

Der Minister des Innern hat ein im heutigen Moniteur veröffentlichtes Cirkular folgenden Inhalts an sämmtliche Präfekten erlassen: Alters⸗ und Domizils⸗Bedingungen können bis zum letz⸗ ten Tage der zur Verfertigung und Abschließung der neuen Listen zugestandenen drei Monate geschehen. Die Listen müssen ganz neu angelegt, die früheren nur zum Nachschlagen benutzt werden. Ist das Domizil durch die Personal⸗Steuer⸗Liste oder Beitrag zu Vi⸗ zinalwegen während dreier Jahre bestimmt, so geschieht die Einzeich⸗ nung von Amts wegen. Muß das Domizil erst durch die Erklärungen der älteren Herrschaften oder Lohnherren dargethan werden, so ist die Beibringung der Beweisstücke unerläßlich. Zur Unterstützung der Maires haben die Friedensrichter zwei ansässige Kantonsbürger zu delegiren. Der Begriff Wohnort ist streng festzuhalten. Die Ka⸗ tastralmatrizen sind als Basis anzunehmen. Als Fabrikgebäude sind eigens für die Arbeiter erbaute Wohnhaäuser nicht zu betrachten. Zu den Beamten sind auch die Priester aller Konfessionen zu rechnen. Für Militairs ist ein Verzeichniß, angelegt vom Corps⸗Komman⸗ danten, rie beste Grundlage. Jeder Wähler hat an seinem neuen Aufenthaltsort die vollständigen Beweisstücke seiner Wahlfähigkeit beizubringen. Es sind 67 Tage für Gesammtdauer sämmtlicher Operationen bewilligt. 1

Die Regierung hat dem Staatsrath zwei wichtige Gesetzent⸗ würfe zugewiesen, welche das neue Wahlgesetz ergänzen sollen. Eines betrifft die Munizipalitäten, das andere die Departements.

Die Kommission für Pensionen der Februar⸗ und Juni⸗Ver⸗ wundeten von 1848 will nur den Soldaten, welche im Februar die Monarchie vertheidigten, nicht den, wenn auch ohne Schuld Ver⸗ wundeten des Juni, auch nicht den Wittwen der damals Gefallenen Pensionen gewähren.

Die Kommission für parlamentarische Initiative hat heute nach dreistündiger Berathung über General Grammont's Antrag: Ver⸗ legung des Regierungssitzes nach Versailles, mit einer Majorität von 12 Stimmen gegen 11 denselben verworfen. Morgen wird in diesem Sinne Bericht erstattet.

Der Kriegs⸗Minister hat die sofortige Entlassung der 1850. Ausgedienten und zeitweilige Beurlaubung der Altersklasse von 1844, wenn ihre Familien ihrer benöthigt sind, angeordnet. Der Moniteur schließt diese Nachricht mit der Bemerkung, daß da⸗ durch die Vertheidigungsfähigkeit nicht geschwächt werde, indem diese Leute sofort wieder zur Disposition gestellt werden könnten.

Man will zukünftig Repräsentanten, welche eine Petition über⸗ reichen, für deren Inhalt verantwortlich machen.

Nach dem Journal de Havre ist die außerordentliche Aus⸗ hebung von Seeleuten eingestellt worden; der desfallsige Befehl traf vorgestern früh bei der dortigen Marine⸗Verwaltung ein und die nämliche Weisung ist auch in alle übrigen Kriegshäfen abgeschickt