Nach diesseitiger Auffassung hat sonach die ganze Frage für die Königreiche Hannover und Sachsen nur eine Frage der
Zeit und der Zeitgelegenheit sein können. Erschien aber auch die Zeit allmälig weniger gespannt und ließen die äußeren Er⸗ schütterungen nach, welche den Versuch zuerst ins Leben gerufen hat⸗
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ten, und zwar hauptsächlich in Folge dieses Versuches, dessen Wir⸗ kung sich also sofort als wohlthätig erwies, so war der Augenblick gerade für die Aufführung eines sicheren Baues entschieden günstig,
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und es wurde um so dringender, keine Zeit zu verlieren.
Sollten aber einzelne Staaten, zumal Hannover und Sach⸗ en den Versuch vor seiner wirklichen Erprobung beharrlich einsei⸗ tig aufgeben wollen und dadurch sein Gelingen stören oder ins Unberechenbare hinausschieben, so würde das leicht eine Schuld heraufbeschwören, die das Vaterland, statt es auf den Weg der Vereinigung und Versöhnung zu führen, zunächst an den Abgrund bahnloser Verworrenheit treiben könnte. 9
Es wird dagegen nicht eingewandt werden können, daß durch das zu München am 27. Februar d. J. geschlossene Bündniß, der Weg der besseren Einigung eingeschlagen worden sei. Die König⸗ ich hannoversche Regierung selbst scheint denselben, mit den von Seiten des K. K. österreichischen Kabinets daran als unerläßlich geknüpften Bedingungen, nach den uns neben dem gefälligen Schrei⸗ ben vom 6. April d. J. gemachten Mittheilungen, zunächst für unausführbar zu halten. Und dies dürfte auch desto mehr hervor⸗ treten, je näher man diesen Weg betrachtet; zumal wenn dabei der
Rechtsboden, wie doch der Königlichen Regierung achtungswer⸗ thes Bestreben vor Allem ist, nicht verlassen werden soll. Denn wenn das bestehende Recht Allen gewahrt bleiben soll, so enthält der dem münchener Vertrage zum Grunde liegende Plan einen un⸗ lösbaren Widerspruch in sich selbst, und seine Verwirklichung würde gerade das in der That sein, was von anderen Seiten dem Bündnisse vom 26. Mai v. J. als vermeintliche Schuld zur Last gelegt werden will, eine Verkümmerung der Gleichberechtigung und der freien Vereinbarung auf der Grundlage der bisherigen Bundes⸗ Rechte und Pflichten.
Das Bündniß vom 26. Mai hat gerade Niemandes Rechte
verletzt oder ausgeschlossen, wogegen der Plan des 27. Februar so⸗ fort mit einer Rechts⸗Ausschließung, bis auf sieben Bevorzugte, beginnt. Aber nicht nur auf dieser Seite würde ein Aufgeben des er⸗ sten Weges und ein Verfolgen des zweiten bestehenden Rechten mit Beeinträchtigung drohen, sondern es würde auch auf der ganz ent⸗ gegengesetzten Seite den subversiven Tendenzen indirekt Vorschub geleistet werden, welche im Innern der zurücktretenden oder zurück⸗ haltenden Staaten, obschon gegenwärtig scheinbar zu ein und dem⸗ selben Ziele des Verneinens verbunden, nur auf eine noch allge⸗ meinere Verwirrung harren, um die verderblichsten Pläne zur Aus⸗ führung zu bringen.
Die Königliche Regierung hat auch, wie aus früheren gefäl⸗ ligen Mittheilungen erhellt, die Mißlichkeit und Ungerechtigkeit des in München eröffneten und durch die Forderungen des K. K. österreichischen Kabinets noch schwieriger gemachten Weges nicht verkannt, auf welchem die Kaiserliche Regierung für sich die Ab⸗ streifung aller beengenden Bande des alten Bundesrechts in An⸗ spruch nehmen und von allen Uebrigen die strengste Umhegung durch eben diese Bande verlangen würde; weshalb auch die Kö⸗ niglich hannoversche Regierung, wie wir uns aus früheren ge⸗ neigten Mittheilungen erinnern, des Glaubens gewesen ist, daß die Kaiserliche Regierung davon abstehen werde, wozu jedoch bis jetzt noch keinerlei Anzeichen eingetreten sind.
Wenn nun, nach allseitiger Uebereinstimmung, die der deutschen Nation gegebenen Zusagen gelöst werden müssen und die Nothwen⸗ igkeit gebietet, daß etwas und daß es bald geschehe, wenn ferner wei Mittel vorliegen, wovon das eine gleichsam physisch, politisch und rechtlich unmöglich, das andere dagegen nicht allein möglich, sondern rechtlich begründet, von der Königlich hannoverschen Regie⸗ rung zuerst mit herbeigeführt und empfohlen und zugleich schon zu einer lebensfähigen Reife und Ausbildung gezeitigt, auch durch den Verlauf der deutschen Geschichte seit fast anderthalb Jahrhunderten natürlich herangewachsen und angewiesen ist, — so kann die Wahl wohl kaum noch zweifelhaft sein.
Und was diesem Wege an unmittelbarer Gedeihlichkeit noch abgeht, das ist nach diesseitigem Dafürhalten gerade die Wirkung der Lücke, welche Hannovers Verhalten und nach dessen Beispiel dasjenige Sachsens darin verursacht hat. Wäre diese schmerzliche Lücke nicht entstanden, so möchte der Boden bereits um Vieles ge⸗ ebneter sein, und das politische und moralische Gewicht des geeinig⸗ ten deutschen Nordens würde die Fugen des Baues schon gefestigt haben, welche jetzt der deutsche Süden, fast gezwungen, zu immer tieferen Rissen zu erweitern droht.
Die Großherzogliche Regierung vermag sich nicht von der Ueberzeugung zu trennen, daß jener Weg dermalen der einzig rich⸗ tige und gerechte sei, denn derselbe zeigt das mögliche und erreich⸗ bare Ziel auf fester rechtlicher Grundlage.
Wenngleich dieselbe als Pflicht erkennt, zunächst auf diesem Wege zu beharren, so ist dadurch gewiß die offenste Bereitwilligkeit nicht ausgeschlossen, auch ihrerseits mit den übrigen Betheiligten auf den nachzuweisenden besseren oder auch nur gleich guten Weg, falls er zum Ziele führt, hinüberzugehen.
Sie wird es daher mit dem wärmsten Danke erkennen, wenn die hohe Königliche Staats⸗Regierung, in Verwirklichung höchst⸗ ihres in dem geehrten Schreiben ausgedrückten freundnachbarlichen Erbietens, ihr eine nähere Mittheilung von den dortseitigen An Tüse über die Revision der Bundes⸗Verfassung zugehen lassen wollte.
Daß die Regierung Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs für das allgemeine Wohl Opfer zu bringen und sich nach Kräften zu bemühen willig und bereit sei, dürfte sie bewiesen haben, denn kein
anderes Motiv, als das Heil der deutschen Gesammtheit hat sie be⸗ wegen können, an dem Verfassungswerk des 26. Mai nach bestem Wissen und Vermögen selbst in schwieriger Lage festzuhalten, ob⸗ gleich sie dadurch, zu ihrem lebhaftesten Bedauern, nicht nur die ihr überaus wünschenswerthe Ungetrubtheit der Beziehungen zu der Königlichen Regierung gefährdet gesehen, sondern auch die momen⸗ E.“ der Opposition im eigenen Lande zu überwin⸗
Indem wir schließlich ganz ergebenst bemerken, daß wir von heh greben der Königlich preußischen wie den übrigen ver⸗
gihen wen Siger Mittheilung Ka1n. g. zu sollen glauben, er⸗ bochpreislichen Mhefügnügen diese Gelegenheit, einem Königlichen
Versicherun erium der auswaͤrtigen Angelegenheiten die
wzendurg, zallkommensten Hochachtung zu erneuern. ö“ aldenburgisches Staats⸗Ministerium. er auswärtigen Angelegenheiten. An . von Eisendecher, 88
das Königlich hannoversche hochpreislt der auswärtigen Angelegenhenraen
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Berlin, 27. Juni. Es ist folgendes Cirkulare für die sämmtlichen preußischen Post⸗ Anstalten erlassen worden:
„Zur Vorbeugung von Mißverständnissen werden die Post⸗ Anstalten darauf aufmerksam gemacht, daß auf die Taxirung und Behandlung der Post⸗Sendungen zwischen den preußischen und den anhalt⸗cöthenschen Post⸗Anstalten die Bestimmungen des deutsch⸗ österreichischen Post⸗Vereins⸗Vertrages nicht Anwendung finden. Für diese Sendungen bleiben vielmehr die bisherigen Vorschriften durchweg in Kraft.
Auch für die Post⸗Sendungen zwischen den eöthenschen Post⸗ Anstalten und den außerpreußischen Vereins⸗-⸗Post⸗Anstalten sind vorerst die bisherigen Bestimmungen ferner in Anwendung zu brin⸗ 8 und bleibt in dieser Beziehung weitere Bestimmung vorbe⸗ halten.
Berlin, den 25. Juni 1850.
General⸗Post⸗Amt. Schmückert.“
Breslau, 25. Juni. In Bezug auf die neue Gemeinde⸗ Ordnung macht die hiesige Königliche Regierung durch das Amts⸗ blatt bekannt, daß die Bildung der zur Ausführung des §. 146 der Gemeinde⸗Ordnung vom 11. März d. J. berufenen Kreis⸗ Kommissionen nunmehr in allen Kreisen des diesseitigen Regierungs⸗ Bezirks den Bestimmungen des §. 148 der Gemeinde⸗Ordnung ge⸗ mäß erfolgt ist, und daß die Vorschläge über die Art und Weise, wie die Bestimmungen des §. 146 der Gemeinde⸗Ordnung wegen Abgränzung der Gemeinde⸗Bezirke in jedem einzelnen Kreise aus⸗ zuführen sind, von dem Landrath entworfen und der betreffenden Kreis⸗Kommission demnächst zur Beschlußnahme werden vorgelegt werden. Die Namen der Mitglieder der Kreis⸗Kommissionen wer⸗ den für jeden einzelnen Kreis durch das betreffende Kreisblatt zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden.
Glatz, 23. Juni. (Bresl. Ztg.) Heute wurde hier auf dem Puhberg eine solenne Feier für die Errettung aus Mörder⸗ hand und die Wiederherstellung unseres geliebten Königs begangen. Die gesammte jetzt sehr bedeutende Garnison hatte sich zu diesem Zweck zum Gottesdienst, ein Quarré bildend, in Kolonnenmassen aufgestellt und in demselben den pischkowitzer Militair⸗Verein mit seiner Fahne unter Anführung seines Ehrenchefs, Herrn Freiherrn Theodor von Zedlitz⸗Neukirch, eine Deputation unseres Bürger⸗ schützen⸗Corps, die verschiedenen Civil⸗Autoritäten und einen liebli⸗ chen Damenkranz aufgenommen. Der Gottesdienst, eingeleitet durch einen Gesang des militairischen Sängerchors und ein gemeinsames Lied, ging dann zur Liturgie über, worauf Herr Divisions⸗Prediger Fischer die Festrede hielt über: „Der Herr schützet seine Geliebten, und vernichtet die Hand der Missethäͤter“, welche er mit den erhe⸗ benden Worten: „Mit Gott für König und Vaterland“ schloß. Nach dem Bekenntniß, der Segnung und dem allgemeinen Gebet stellten sich die Truppen zur Parade auf. Unser Herr Kommandant brachte Sr. Majestät ein dreimaliges Hurrah aus, welches von 101 Kanonenschüssen vom Schäferberge her begleitet wurde, und ließ hierauf die Truppen zweimal vorbeidefiliren, wobei der Militair⸗ Verein vorantrat. Die Truppenzahl war eine ansehnliche, nämlich das 2te Bataillon des 22sten, das Füsilier⸗Bataillon des 23sten Re⸗ giments, eine Compagnie und eine Eskadron des 11ten Landwehr⸗ Regiments, welche behufs Abhaltung ihrer jährlichen Uebung hier eingezogen waren, und endlich eine reitende, eine 6pfünder, eine 7pfünder Haubitz⸗ und eine 12pfünder Batterie, Summa 32 Ge⸗ schütze, welche erst seit wenigen Tagen hier mobil geworden und be⸗ reits vollständig ausgerüstet sind.
Koblenz, 24. Juni. (K. Z.) Die seither hier garnisoni⸗ rende, jetzt mobil gewordene reitende Batterie des 8ten Artillerie⸗ Regiments marschirt morgen nach Bonn abz; eben so bricht die mobil gewordene Munitionskolonne Nr. 48, welche auf den umliegenden Ortschaften Rübenach, Mühlheim ꝛc. untergebracht ist, zwei Tage später ebenfalls nach Bonn auf, wo sie mit der in Köln mobil ge⸗ wordenen Kolonne Nr. 44 zusammentreffen wird. Nach glaubwür⸗ digen Mittheilungen würde eine Compagnie badischer Artillerie hier⸗ her und zwei Schwadronen badischer Dragoner nach Köln in Gar⸗ nison kommen.
König Max von Bayern ist gestern Abend im strengsten In⸗ cognito mit Postpferden hier durch nach Aachen gereist. Während seines kurzen Aufenthalts im „Trierschen Hof“ hierselbst stattete er der Prinzessin von Preußen einen Besuch ab.
Aachen, 24. Juni. (Aach. Ztg.) Heute Abend trafen mit dem letzten Eisenbahnzug Se. Majestät der König Maximilian von Bayern hier von Köln ein, wo Allerhöchstdieselben den Dom be⸗ sichtigt und bei dem Herrn Erzbischof gespeist hatten. Im Gefolge Sr. Majestät, welche unter dem Namen eines Grafen von Werden⸗ fels das strengste Incognito zu beobachten wünschen, befinden sich die Herren General⸗Major Delpy von La Roche, General⸗Adjutant Sr. Majestät, Oberst⸗Lieutenant von der Tann, Flügel⸗Adjutant Sr. Majestät, Geheimer Rath von Gietl, Leibarzt, und Herr Rath Pfistermeister, Secretair. Se. Majestät haben für die ganze Dauer der fünf⸗ bis sechswöchentlichen Kur, die sie hier zu gebrauchen beabsichtigen, in dem Hotel Nuellens eine Anzahl Appartements be⸗ zogen.
Oesterreich. Wien, 25. Juni. Gestern früh 7 Uhr war die ganze Garnison auf den schmelzer Exerzierplatz ausgerückt, um vor Sr. Majestät dem Kaiser zu manövriren. Se. Majestät der Kaiser erschien mit einem zahlreichen und glänzenden Generalstabe und ritt die lange Front herab.
Freiherr von Jelacic wurde am Tage vor seiner Abreise zur Kaiserlichen Familientafel geladen, bei welcher sämmtliche Glieder der Kaiserlichen Familie und Prinz Albert von Sachsen anwesend waren. Nach derselben überreichte Se. Majestät der Kaiser dem Banus unter den schmeichelhaftesten Ausdrücken das Armee⸗Ver⸗ dienst⸗Kreuz. Am 2lsten wurde demselben das Diplom eines Ehren⸗ bürgers von Wien durch eine Deputation des Gemeinderaths feier⸗ lichst überreicht. Gestern sollte der Banus in Agram eintreffen, und morgen werden die Kaiserlichen Manifeste und Proclamationen des Banus, welche die Staatsdruckerei in Druck legte, in Croͤatien, Slavonien und allen Gränzländern publizirt werden. In militai⸗ rischer Beziehung werden alle Gränz⸗Regimenter ohne Ausnahme dem Banus untergeordnet werden. In Agram wurden zum Em⸗ pfang des Baron Jellacic bereits Voranstalten getroffen; Feldmar⸗ schall⸗Lieutenant Baron Burits und Oberst Baron Jellacic sind dem⸗ selben bis Warasdin entgegengereist.
Bayern. München, 24. Juni. (N. M. Z.) Se. Majestät
der König haben Allergnädigst geruht, den Königlich bayerischen Konsul David von Bartels in Köln zu Allerhöchstihrem General⸗
Konsul daselbst zu ernennen. 1
Nachdem der Kriegszustand in der Pfalz in Folge allerhöchster Entschließung vom 19ten d. aufgehoben wurde, so ist nunmehr durch Kriegsministerial⸗Reskripr vom 23sten d. auch die Auflösung des Armeecorps⸗Kommando's in der Pfalz und des Observations⸗ Corps in Franken verfügt worden. Die das Armee⸗Corrs in der
b bisher bildenden Abtheilungen, mit Ausnahme des in Frank⸗ u
rt stehenden und der 7. Infanterie⸗Brigade zugewiesenen 3. Jäger⸗ Bataillons, bleiben in einem Truppen⸗Corps unter der Benennung „Truppen⸗Corps in der Pfalz“ unter dem Kommando des General⸗ Majors Karl Bienenthal vereinigt, der General⸗Lieutenant Fürst von Thurn und Taxis übernimmt nach seiner Rückkehr nach Würz⸗ burg das 2te Armeecorps⸗Kommando; General⸗Lieutenant von Le⸗ suire das Kommando der 3ten und General⸗Major Damboer der 4ten Infanterie⸗Division.
München, 23. Juni. (N. C.) des Staatsraths stattgefunden, in welcher dem Vernehmen nach der Gesetzentwurf bezüglich der Permanenz der Kammer⸗Ausschüsse nach erfolgter Vertagung des Landtages berathen wurde. Wie es heißt, beabsichtigt Se. Majestät der König nach beendeter Kur in Aachen auf der Rückreise die Pfalz zu besuchen.
Speyer, 23. Juni. (Sp. Z.) Gestern Abend fand aus Veranlassung der Aufhebung des Kriegszustandes in der Pfalz ein solenner Fackelzug zu Ehren des Herrn General⸗Lieutenants Für⸗ sten von Thurn und Tagxis statt.
Sachsen. Dresden, 23. Juni. (D. A. Ztg.) Das Mi⸗ nisterium des öffentlichen Unterrichts scheint jetzt ernstliche Anstalten zu treffen, um das Turnen als Erziehungsmittel bei den öffent⸗ lichen Unterrichtsanstalten Sachsens allgemein einzuführen. Sicherem Vernehmen nach ist als Direk or einer in Dresden zu errichtenden Turnlehrer⸗Bildungsanstalt der Kantor und Gymnasiallehrer Kloß aus Zeitz berufen, welcher sich in seiner seitherigen Wirksamkeit als Lehrer zugleich als Turnlehrer bewährt und als Schriftsteller in diesem Fache bekannt gemacht hat. Künftig sollen nun alle Lehrer Sachsens einen halbjährigen Kursus in der dresdener Normal⸗ Anstalt durchmachen, damit sie geeignet sind, die ihnen anvertraute Jugend auch in den Leibesübungen zu unterweisen.
Dresden, 24. Juni. (D. A. Z.) Wie wir vernehmen, ist sowohl sächsischer- als österreichischerseits eine Kommission ernannt worden, welche bei Bodenbach den Platz für einen gemeinschaftlichen Gränzbahnhof auf der prag⸗dresdener Route auszumitteln hat. Es wird durch diese Gemeinschaftlichkeit des Bahnhofs der Gränzver⸗ kehr in einer bedeutenden Weise erleichtert werden.
Baden. Karlsruhe, 24. Juni. (K. Z.) Heute Vormittag um halb 11 Uhr ist das Großherzoglich badische dritte Infanterie⸗ Bataillon (Oberst⸗Lieutenant Fritsch), auf der Eisenbahn von Mann⸗ heim kommend, hier eingetroffen. Se. Excellenz der Königlich preu⸗ ßische General der Kavallerie, von Wrangel, der mit dem Morgen⸗ zug von Baden hier angelangt war, Se. Excellenz der Befehlshaber der Königlich preußischen Armee in Baden, General⸗Lieutenant Frhr. von Schreckenstein, und die anderen hier befindlichen Königlich preu⸗ ßischen Generale und Stabs⸗Offiziere nebst ihren Adjutanten, badi⸗ scherseits Se. Großherzogliche Hoheit der Prinz Friedrich, der Kriegs⸗Minister, der Commandeur der Infanterie, Oberst von Holtz, und ein zahlreicher Generalstab erwarteten das Ba⸗ taillon auf dem Bahnhofe. Nachdem dasselbe sich in Bereitschaft gesetzt hatte, wurde es von Sr. Excellenz dem Befehlshaber in den Marken, General von Wrangel, gemustert. Se. Excellenz nahm hierauf den Rapport des Bataillons entgegen, ließ sich die einzelnen Offiziere desselben vorstellen und hielt an dieselben eine Anrede, welche er mit einem Hoch auf Se. Königl. Hoheit den Großherzog schloß, das bei den Soldaten des Bataillons sowohl, welche zugleich die üblichen militairischen Honneurs machten, so wie bei der Gesammtheit der zahlreich anwesenden Zuschauermenge, wieder⸗ holt stürmische Erwiederung fand. Während des militairischen Akts war Se. Großherzogliche Hoheit der Prinz Friedrich bestän⸗ dig zur Seite Sr. Excellenz des Generals von Wrangel. Nach be⸗ endeter Musterung defilirte das Bataillon vor den hohen Militair⸗ personen und marschirte sodann ohne weiteren Verzug unter Vortritt der Regimentsmusik auf der Straße nach Beiertheim in das bei Forchheim aufgeschlagene Lager, woselbst auch heute das fünfte Infanteriebataillon von Rastatt aus eingerückt ist. Was die Haltung und das Aussehen des hier durchgekommenen Bataillons betrifft, so fanden sich in dieser Beziehung alle Wünsche befriedigt.
Se. Excellenz der General von Wrangel ist mit dem Mittag⸗ zug von hier nach dem Unterland abgereist.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 25. Juni. (Meckl. Ztg.) Se. Königl. Hoheit der Großherzog ist gestern Abend von Pyrmont hier eingetroffen.
Braunschweig. Braunschweig, 25. Juni. (D. R. Z.) Mit dem 1. Juli d. J. hört die Wirksamkeit der hiesigen Herzogl. Eisenbahn⸗Kommission und der Herzoglich braunschweigischen Post⸗ Direction auf und geht auf die neukreirte Herzoglich braunschweig⸗ lüneburgsche Eisenbahn⸗ und Post⸗Direction über.
Sachsen⸗Meiningen. Meiningen, 25. Juni. (D. A. Z.) Schon glaubte man, daß die Etats⸗Differenzen zu einem völ⸗ ligen Bruche zwischen Regierung und Volksvertretung führen wer⸗ den, aber es ist anders und besser gekommen. Die Regierung gab noch in vielen Punkten nach, um da, wo ihr ein bestimmter Rechts⸗ Anspruch vorzuliegen schien, an ihrer Forderung festzuhalten. Abec auch der Ausschuß seinerseits glaubte den früheren Standpunkt nicht mit der anfänglichen Konsequenz festhalten zu dürfen. Und so sind in der Kammersitzung selbst die Anträge der Regierung in ihrer veränderten Gestalt alle durchgegangen. Hiernach wäre das Haupt⸗ geschäft des jetzigen Landtags beendet und man darf daher schon in der nächsten Zeit seiner Vertagung entgegensehen.
Fraukfurt. Fvyankfurt a. M., 25, Juni. (Fr. J.) Der Königlich preußische General der Kavallerie von Wrangel traf gestern Nachmittag um 6 Uhr hier ein und nahm sein Absteige⸗ quartier im Gasthof zum „Weidenbusch“, wo derselbe sodann das ganze preußische Offiziereorcgs empfing. Um 8 Uhr brachten die beiden Musikcorps, so wie das Sängerchor des Zlsten preußischen Infanterie⸗Regiments, dem General eine große Serenade..
(F. J.) Die hier und in der Umgegend stationirten König⸗ lich preußischen Truppen, aus zwei Bataillons des 3l1sten Linien⸗ Regiments, einem Bataillon Garde⸗Landwehr⸗Reserve, einer Schwa⸗ dron des 8ten Husaren⸗Regiments und einer Batterie von 8 Ge⸗ schützen bestehend, waren heute Morgens 6 Uhr auf der Grün⸗ brunnen⸗Wiese zur Inspection vor dem General der Ka⸗ vallerie von Wrangel aufgestellt. Nachdem der Inspizirende in Begleitung der K. K. österreichischen Generale von Schönhals und von Schirnding, so wie der sämmtlichen Stabs⸗ Offiziere der Besatzungstruppen, die Front der Truppen hinabgerit⸗ ten, ließ er dieselben dreimal an sich vorüber defiliren. Auf das ihm ausgebrachte Lebehoch dankte Gencral von Wrangel in einer kurzen Anrede, in welcher er die treffliche Haltung der Truppen anerkannte und die Ueberzeugung aussprach, daß sie auch auf dem Felde der Ehre stets ihre hingebende Treue und Aufopferung für König und Vaterla d bethätigen würden. Bei Beginn der In⸗ spection hatte General von Wrangel ein Lebehoch auf den Kaiser
von
Gestern hat eine Sitzung
Beourgeoisie durch die Güter des Adels und
tät müßte sich
schaffen.
Oesterreich, General Schönhals ein Gleiches auf den König von Preußen ausgebracht, welche von der gesammten Mann⸗ schaft mit dreimaligem Zuruf erwiedert wurden. Um 8 Uhr war 9 militairische Feier, welche zahlreiche Zuschauer herbeigelockt hatte, beendet.
Der Herzog von Leuchtenberg ist gestern in unserer Stadt eingetvoffen.
8 8 “ Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 24. Juni. Den Vorsitz führt Dupin. Charamaule nimmt seinen Antrag zurück. Ein Skrutinium ist also unnöthig. Ein Supplementar⸗Kredit von 157,757 Fr. 72 C. wird mit 473 gegen 153 Stimmen ohne Debatte bewilligt. Hierauf folgt der Dotations⸗ Gesetz⸗Entwurf, zur Eröffnung eines Supplementar⸗Kredits auf Kap. 22 des Finanz⸗Ministeriums mit 2,400,000 Fr. für Reprä⸗ sentations⸗Kosten des Präsidenten der Republik. Finanz⸗Minister Fould: Das Ministerium habe das eingebrachte Gesetz charakte⸗ risirt. Dennoch habe man etwas Anderes hinter demselben gesucht. Um alle Zweideutigkeiten zu vermeiden, sei das Ministe⸗ rium entschlossen, eines der vorgeschlagenen Amendements anzunehmen, nämlich: „Dem Finanz⸗Minister wird auf das Budget 1850 ein Kredit von 2,160,000 Fr. für Repräsenta⸗ tionskosten der Präsidentschaft bewilligt.“ Dieses Amendement habe am besten dazu geeignet geschienen, sowohl die Zukunft frei zu er⸗ halten, als die Würde beider Gewalten zu wahren. Mathieu (de la Drome), vom Berge: Er und seine Freunde seien dahin übereingekommen, daß weder 1,600,000 Fr., noch 2 Millionen, noch 2,160,000 Fr. zu bewilligen seien. Er wolle die Gründe dafür ohne Heftigkeit, aber auch ohne Schwäche darthun. Seit langer Zeit habe man von den knappen Verhältnissen des Elysee gesprochen, seit langer Zeit habe man die Tuilerieen als Residenz für den Präsiden⸗ ten reklamirt. Um noch weiter zu gehen, man habe bei der Stimmenwer⸗ bung für die Präsidentschaft versprochen, Louis Bonaparte werde die Staatsschuld bezahlen, die Steuer von 45 Centimen vergüten. Heute seien die Dinge gewaltig geändert. Man stelle den Prä⸗ sidenten als verschuldet, als Verschwender dar. (Lärm rechts.) Der
Frankreich.
Redner erörtert die Gründe warum ursprü⸗ ich d väsi ’ 1 F prünglich das Präsidenten⸗ Gehalt auf 600,000 Fr. best ne des Pich
du bestimmt war. Was man nun heute wolle? Einen nachgemachten König! Man kehre zu derselben Do⸗ tationswirthschaft zurück, welche man unter der letzten Monarchie so heftig bekämpft habe. Herr Fould wolle aus dem Präsidenten eine
zweite Vorsehung machen. Aber man bekomme von all diesen Vor⸗ sehungen weiter nichts zu sehen,
als die großen Gehalte. Man Wolle man eine aristokratische Repu⸗ set in Frankreich unmoglich, wo die des Klerus reich gewor⸗ a . Vorerst welche? Die Majori⸗ üiber diesen Punkt verständigen. Er verwerfe jede Bewilligung, weil er verwegene, wahnsinnige Hoffnungen nicht er—⸗
muthigen wolle. Bevor man einem durch die Republik Amnestirten Gold gebe, solle man daran denken, den Februarkämpfern Brod zu Sevaistre fragt, wie man das Votum der Versamm⸗ lung nach den Drohungen der Journale beurtheilen werde? Ihn önne nur der Umstand, daß der Präsident sein Vermögen im Dienste geopfert, bewegen, für den Kommissions⸗Antrag zu stim⸗ men. Huguenin erinnert an Dupin's Worte bei Bewil⸗ ligung der Civilliste für 1832. Er werde nicht für einen Menschen stimmen, der vom einfachen Bürger Prinz und zu⸗ letzt gar zweite Vorsehung geworden sei. Laborde (Legitimist) antwortet auf die Frage Mathieu's (de la Drome), das Volk habe über die Republik bereits geurtheilt. Bei der Präsidentenwahl hät⸗ ten die Republikaner für, die Nichtrepublikaner gegen Cavaignac gestimmt. Die Majorität dringt auf Abstimmung und Schluß. Der Schluß wird angenommen. Der Präsident verliest den Kommissions⸗
Antrag, das vom Ministerium angenommene Amendement Dam⸗ pierre's und diejenigen der Minorität der Kommission. Auf die Frage des Präsidenten, ob zur Diskussion der Artikel übergegangen werden soll, erhebt sich die Majorität dafür. Der Berg und ein Theil der Linken stimmen dagegen. Favreau verlangt, man solle mit der Abstimmung bei der höchsten Ziffer beginnen. Der Minister des Innern: Man wolle sich auf vorhergegangene Beispiele stützen. Der gegenwärtige Fall sei aber noch nie dagewesen. Es sei kein anderer Unterschied zwischen dem Regierungs⸗Entwurfe und dem vom Ministerium angenommenen Amendement, als in der Re⸗ daction. Kerdrel bemerkt, des Ministers Fragestellung sei ganz unbegreiflich. Der Minister könne gar nicht mehr den Regierungs⸗ Entwurf berühren, da er nicht mehr existire. Die Frage sei⸗ verändert. Es zIhandle sich nicht mehr um Dotation, son⸗ dern um außerordentliche Auslagen. Daher komme zuerst das Amendement der Minorität der Kommission, dann das Amen⸗ dement Dampierre's. Der Minister des Innern will zuerst über den Kommissions⸗Antrag abgestimmt haben. Die Versamm⸗
lung beschließt, mit dem Amendement Duruflé zu beginnen. Ge⸗ neral Changarnier betritt die Tribüne. Man sei einig über die Ziffer, wie am Aufang Mathieu und seine Freunde einig gewesen über Verwerfung. Er stelle eine Bitte, die man begreifen werde. Man möge einfach und edel für das von der Regierung angenom⸗ mene Amendement stimmen, wie es einer großen Partei gezieme. Die Linke verlangt geheime Abstimmung. Wird unter großer Be⸗ wegung angenommen. Eine Anzahl Mitglieder drängt sich zur Tribüne, um zu sehen, wied ie Repräsentanten stimmen. Die Stimmzettel unterschei⸗ den sich nämlich in der Farbe. Da bedeckt Rancoud die Urne erst mit seinem Hut, bevor er seinen Stimmzettel hineinwirft. Das Skrutinium wird um 4⁄ Uhr geschlossen. Die Stimmzählung be⸗ ginnt. Gespannte, fast ängstliche Erwartung auf allen Gesichtern
Endlich verliest der Präsident das Resultat: Stimmende 663; dafür 354; dagegen 308. Die absolute Majorität war 332. Das vom Ministerium adoptirte Amendement ist also angenommen. (Große Bewegung.) Leo de Laborde's Amendement, die Herab⸗ setzung des Repräsentanten⸗Gehaltes auf 6000 Fr. bezweckend. ird durch die Vorfrage beseitigt und die Sitzung aufgehode “
8 seitig tung aufgehoben.
Paris, 24. Juni. In der letzten Partei⸗ 1 W1 Staatsraths⸗Ge bäude zur Berathung der 11“ Thiers unter Anderem: Frankreich habe zwar republikanische Ge⸗ setze, nicht aber solche Sitten, die Constitution sei wohl in einem Buche, nicht aber in den Gewohnheiten des französischen Volkes zu finden. Der Präsident habe eben darum eine Mittelstellung zwi⸗ schen wirklicher Präsidentschaft und Königthum, weil die monarchi⸗ schen Sitten in Frankreich die Monarchie überlebten. Die Reprä⸗ sentanten hätten ja die Feste, Empfangsaufwand und Unter⸗ stützungen schon lange gesehen. Niemand habe sich tadelnd dses geäußert. Warum also jetzt plötzlich verweigern? Den
egitimisten gab er zu verstehen, die Majorität habe ihnen genug nachgegeben, jetzt sei an ihnen die Reihe. Wer wolle denn die tacsstts sests eines Bruches der innigen, beim Wahlgesetz be⸗ deen igung beider Gewalten verantworten? Berryer hatte
ersammlung im Staatsraths⸗Gebäude gar nicht beigewohnt.
solle doch offen reden. blik? Die Aristokratie
den. Wolle man die Monarchie?
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Er und seine Freunde waren nämlich geneigt, die Dotations⸗Ziffer der Regierung anzunehmen, jedoch auf 1849 und 1850 vertheilt, während das Ministerium blos 1850 belasten will. Heute waren schon lange vor Eröffnung der Sitzung der National⸗Versammlung die Tribünen ungeachtet der tropischen Hitze überfüllt. Außerhalb der National⸗Versammlung hatten sich dagegen gar keine Volks⸗ gruppen gebildet. Die Repräsentanten fanden sich sehr ein und sprachen lebhaft mit einander. Die Majorität war anfangs noch unentschieden und wartete auf die Erklärungen der Minister. Als Hauptursache der Unentschiedenheit bezeichnete man den Umstand, daß auf Barthelemy St. Hilaire’s Frage an die Ministeriellen in der letzten Versammlung im Staatsrathsgebäude: „Will man den Kredit jährlich verlangen oder nicht?“ allgemeines Stillschweigen ein⸗ trat. Das Resultat der Abstimmung in der National⸗Versammlung ist oben gemeldet. 1 “
Berichtigung. In dem gestern mitgetheilten Wahlgesetz ist S. 1094, Sp. 3, Z. 42 hinter: „des Strafgesetzbuches“ einzuschal⸗ ten: vorgesehenen Vergehen.
Großbritanien und Irland, London, 24. Juni. Die Taufe des Prinzen Arthur, dritten Sohnes Ihrer Majestät der Königin, hat am Sonnabend um 7 Uhr Abends in der Kapelle des Buckingham⸗Palastes stattgefunden. Die Taufzeugen waren Se. Königliche Hoheit der Prinz von Preußen, Ihre Hoheit die Herzogin Ida von Sachsen⸗Weimar (vertreten durch Ihre Kö⸗ nigliche Hoheit die Herzogin von Kent) und der Herzog von Wel⸗ lington. Der Tauf-Akt wurde in Gegenwart der König⸗ lichen Aͤeltern des jungen Prinzen, so wie der hohen Pathen, aller in England anwesenden Mitglieder der Königlichen Familie, (mit Ausnahme des durch Unpäßlichkeit verhinderten Herzogs von Cambridge) und der hohen Staats⸗ und Hof⸗Beamten, vom Erz⸗ bischof von Canterbury vollzogen. Der Täufling erhielt die Namen: Arthur William Patrik Albert. Nach der Taufe war großes Ban⸗ kett in der Gemälde⸗Gallerie, bei welchem der Lord⸗Steward drei Toͤaste in nachstehender Reihenfolge ausbrachte: „Se. Königl. Hoheit der Prinz Arthur!“ „Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen!“ „Die Königin und der Prinz!“ In der Mitte der Tafel stand der übliche „Taufkuchen“ auf einem kostbaren gol⸗ denen Geschirr in der Form einer achteckigen Fontaine. Nach dem letzten Toast erhob sich Ihre Majestät und begab sich mit den Damen in das weiße Cour⸗Zimmer; etwas später folgte ihr Gemahl, Prinz Albrecht, der die Herren nach dem Musiksaal führte. Den Beschluß der Festlich⸗ keiten machte ein Hof⸗Konzert, zu welchem noch eine große Anzahl vornehmer Gäste eingeladen waren.
Einer Mittheilung der Deutschen Reform zufolge lauten das von dem preußischen Gesandten in London, Ritter Bunsen, in Betreff des ärgerlichen Vorfalls mit Lord Brougham, an Lord Palmerston gerichtete Schreiben, so wie die Antwort des Letzteren wörtlich wie folgt:
1) An Se. Excellenz den Herrn Vicomte Palmerston, er⸗ sten Staats⸗Secretair der auswärtigen Angelegenheiten Ihrer Majestät der Königin von England.
Preußische Gesandtschaft zu London, 18. Juni 1850.
Mylord!
Ich halte es für meine Pflicht, Ihnen von einem wenig er⸗ freulichen Vorfalle Kenntniß zu geben, der sich am gestrigen Abende in der Pairskammer ereignet hak, einem Vorfalle, bei dem ich als Mitglied des diplomatischen Corps und als Repräsentant einer befreundeten Macht bei dem Hofe von Großbritanien betheiligt bin. Seit Eröffnung des neuen Sitzungssaales der Pairs war ich oft in dem Falle, von dem Platze Gebrauch zu machen, der, wie man mir seiner Zeit erklärte, dort für die Chefs der Gesandt⸗ schaften bestin mit war.
Dieser Platz befindet sich auf der zur Linken legenen Tribüne. Als ich mich gestern um 4 Uhr Frau und Fräulein Bunsen in dem Vorzimmer des Hauses der Pairs einfand, fragte mich der Diener, der uns, wie er sich aus⸗ drückte, „zu dem für das diplomatische Corps bestimmten Platze“ hinführte, ob ich mich, nur für diesmal, mit einem Platze an den Stufen des Thrones begnügen wolle. Ich antwortete ihm, daß ich es um so mehr vorziehen müsse, meinen gewöhnlichen Platz einzu⸗ nehmen, als ich in Folge einer Krankheit nicht leicht im Stande sein würde, mehrere Stunden zu stehen. Er erwiederte darauf, daß ich, wenn ich darauf bestehe, allerdings ein Recht auf meinen Platz habe („of course, if you insist, you have a right to go there“) und er mich mit den Damen nach der diplomatischen Tribüne füh⸗ ren werde. Als wir dort angekommen waren, fügte er hinzu, daß Ihre Königliche Hoheit die Frau Herzogin von Cambridge diesen Abend die Plätze zur Linken des Eingangs einnehmen werde und er mich daher bitte, meinen Platz zur Rechten bei dem Throne zu nehmen. Ich fügte mich natürlich diesem Arrangement und blieb auf diesem Platze bis gegen fünf Uhr, als Lord Brougham, der ci⸗ nige Damen nach der Tribüne geführt hatte, mir zuerst ein Zeichen gab, meinen Platz zu verlassen, dann mit lauter Stimme einige Worte an mich richtete, indem er sagte, „ich sei nicht an meinem Platze, sondern an demjenigen, welcher den Frauen der Pairs aufbewahrt sei, und er werde die Ausführung des Reglements der Kammer verlangen, wenn ich nicht fortgehe.“ Ich erwiederte, „daß ich an dem Platze sei, den man mir als preußischen Minister angewiesen habe.“ Da mir dieser Platz ausdrücklich in meiner offiziellen Eigen⸗ schaft angewiesen war, so glaubte ich eine offizielle Aufforderung erwar⸗ ten zu müssen, ehe ich ihn verließe. Waltete wirklich seitens des Dieners ein Irrthum ob, so vermuthete ich, daß die Offiziere der Kam⸗ mer, die mich seit einer Stunde dort gesehen hatten, denselben be⸗ richtigt hätten. Auch meinte ich, daß man mir, falls dies geschehen sollte, gleichzeitig einen anderen Platz auf der entgegengesetzten Tri⸗ büne, die nicht ganz besetzt war, anweisen würde.
Statt so zu verfahren, nahm Lord Brougham das Wort über diesen Gegenstand vor der Pairskammer und Sir August Clifford kam sogleich heran und bedeutete mich, „daß ich nach der Bestim⸗ mung des neuen Reglements keinen Platz auf der Tribüne habe und dieselbe verlassen müsse.“ Hierauf zog ich mich natürlich augen⸗ blicklich mit Frau und Fräulein Bunsen zurück. Beim Hinausge⸗ hen hatte ich ein kurzes Gespräch in dem Vorzimmer mit Sir Au⸗ gust Clifford, der, während er Frau und Fräulein Bunsen Plätze auf der Tribüne anbot, sich darauf beschränkte, mir zu wiederholen, daß „in Betreff des diplomatischen Corps das neue Regle⸗ ment der Kammer nichts enthalte.“ Er interpretirte demnach das Reglement in dem Sinne, daß die Gesandtschaftschefs gar kei⸗ nen Platz mehr auf irgend einer Tribüne hätten.
Um mir zu beweisen, was er behauptete, zeigte er mir ein ge⸗ drucktes Blatt, das nur von „Damen von Auszeichnung“ (adies of distinction) sagt, daß sie auf der Tribüne der Pairs⸗ damen Plätze erhalten könnten. Auf eine neue Bitte um Erklärung wiederholte er, daß das neue Reglement das diploma⸗ tische Corps nicht erwähne. “
Ich ließ auch Frau und Fräulein Bunsen nicht „auf
die Tribüne der Pairsdamen“, da nach den mir eben gemachten Mittheilungen die Gesandtinnen oder Frauen von Ministern offen⸗
des Thrones ge⸗ Nachmittags mit
das Anerbieten ablehnen, für meine Person einen Platz an den Stufen des Thrones zu nehmen. Man hat mir bis dahin, wenn ich mich in dem neuen Hause einfand, um den Debatten bei⸗ zuwohnen, noch nie vorgeschlagen, mich dorthin zu führen.
Dieselbe Antwort gab ich einem Boten der Kammer, der mir in dem Augenblicke, als ich in meinen Wagen stieg, nachkam, um mir Namens des Lords High Chamberlain zu sagen, 26 sei ein Platz für die Damen vorhanden.“ 8 5 Diesen vollständig und genau angegebenen Thatsachen gegen⸗ über sehe ich mich in die Nothwendigkeit versetzt, mich an Sie, Mylord, als Großbritaniens ersten Staatssecretair der auswärtigen Angelegenheiten, mit der Bitte zu wenden, mich in den Stand zu setzen, sowohl meine Handlungsweise vor meiner Regierung, mei⸗ nen Kollegen und dem Publikum zu rechtfertigen, als auch die mir schuldige Genugthuung zu erlangen. Es erscheint auch wünschenswerth bei dieser Gelegenheit, daß das diplomatische Corps erfahre, welchen Platz die Pairskammer entweder ihm im Allgemei⸗ nen oder den Chefs der Gesandtschaften im Besonderen, oder end⸗ lich den Damen des diplomatischen Corps anweisen will. Diese Damen haben bis zur Erbauung des neuen Saales stets eines für sie in ihrem eigenen Namen und ausschließlich bestimmten Platzes sich erfreut, wenn Ihre Majestät die Königin das Parlament er⸗ öffnet oder vertagt. Nun, da dieser Platz ihnen kürzlich verwei⸗ gert worden ist, sind sie der Gelegenheit beraubt worden, durch ihre Gegenwart bei solchen feierlichen Gelegenheiten der Königin ihre Ehrfurcht zu bezeugen. Man hatte indessen bisher geglaubt, daß man ihnen einen Platz bei gewöhnlichen Gelegenheiten einräu⸗ men wolle.
Was die Angelegenheit betrifft, die in diesem Augenblicke mich direkt beschäftigt, so sind die Thatsachen, deren Feststellung und Anerkennung meine Ehre erfordert, und auf die ich beim Hin⸗ ausgehen Sir August Clifford aufmerksam gemacht habe, folgende drei:
1) daß ich mich an dem von dem Diener der Kammer mir an⸗ gewiesenen Platze befand;
daß dieser Platz sich auf der Tribüne zur Linken des Thro⸗
nes befindet, derjenigen Tribüne, auf welcher ich während
aller vorhergehenden Jahre beständig den Sitzungen der
Pairskammer beigewohnt habe, und zu der ich regelmäßig,
so oft ich in dem Vorzimmer erschien, von einem Diener ge⸗
führt wurde; 8
daß man mir bei der Aufforderung, den mir angewiesenen
Platz zu verlassen, erklärte, daß ein anderer für das diplo⸗ matische Corps nicht vorhanden sei, weder auf dieser Tribüne, noch auf der, welche sich gegenüber auf der anderen Seite des Thrones befindet.
Es ist Ihnen nicht unbekannt, Mylord, daß in allen anderen Ländern, wo es eine Nationalvertretung giebt, eine dem diplomatischen Corps aufbewahrte Tribüne den fremden Ministern offiziell ange⸗ wiesen wird. So ist auf dem Kontinent und in Amerika dieser Ge⸗ brauch der internationalen Courtoisie gleichsam ein erworbenes Recht geworden.
Das diplomatische Corps wird indessen ohne Schwierigkeit der Pairskammer das Recht zuerkennen, ihr denjenigen Platz auf den Tribünen zu entziehen, welchen ihm die Höflichkeit der Pairs, nach dem Muster aller anderen parlamentarischen Versammlungen in dem neuen Hause eingeräumt hatte. Ich gestehe Ihnen jedoch, Mylord, daß ich Grund hatte zu hoffen, daß, wenn es nicht die Sitte der Pairskammer erfordert, eine den sonst geltenden Gebräu⸗ chen so entgegengesetzte Veränderung zur Kenntniß des diplomati⸗ schen Corps zu bringen, wenigstens die Diener die nöthigen In⸗ structionen hätten erhalten müssen, um die Chefs der Gesandtschaf⸗
bar nicht als solche dort Platz finden. Noch mehr mußte ich
ten davon zu benachrichtigen, wenn sie sich im Vorzimmer einfinden, um den Debatten beizuwohnen. Zwei Fälle sind möglich: entweder der Diener hat Unrecht ge⸗ han mich nach der Tribüne zu führen, wo ich (wie er mir ausdrück Eni sa gte) das Recht hatte, Platz zu nehmen: oder Sir August neue Reglement falsch ausgelegt, indem er darin v das diplomatische Corps des Platzes Mitaiigee. Tribünen, in den Räumen, die nicht den Mit er Kammer aufbewahrt bleiben, ganals 3 eiben, gänzlich beraubt.
Da diese Frage nicht allein die sämmtlichen, bei Ihrer Ma⸗ Mitglieder de
jestät der Königin von Großbritanien akkrediti diplomatischen Corps, sondern bei dem ö Mitg genseitigkeit auch die bei fremden Regierunge ier gerechten Ge⸗ 9 greir 34 gierungen akkreditirten engli schen Minister angeht, so halte ich es für meine Pflicht My zu London mitzu⸗
lord, diesen Brief den Mitgliedern des Corps theilen, damit es über diese Angelegenheit in Gesammtberathung trete und im Interesse seiner Würde und zur Regulirung der 1 wahrhaften Stellung diplomatischer Agenten hier und an anderen Orten, solche Bestimmungen treffe, die es für nöthig halten wird damit seine Mitglieder ihre gemeinsamen Pflichten in passender Weise erfüllen können.
Ich kann diesen schon zu langen Brief nicht schließen, ohne Ih⸗ nen, Mylord, das Vertrauen auszudrücken, das mir Ihr bekanntes Wohlwollen für das diplomatische Corps, dessen Privilegien unter Ihren Schutz gestellt sind, wie auch die Courtoisie der Pairskammer einflößen, die, wenn sie von den Thatsachen und Vorgängen un⸗ terrichtet ist, sicher diesmal wie immer, die Grundsätze der Schick⸗ lichkeit ehren wird, als deren strenge Hüterin sie sich bei jeder Ge⸗ legenheit gezeigt hat.
Ich habe die Ehre, mit der ausgezeichnetsten Hochachtung zu
rgebener und gehorsamer Diener “ (gez.) Bunsen.
Die Antwort des Lord Palmerston. Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten den 19. Juni 1850. 1 vIII11I“
Ich habe die Ehre gehabt, Ihre Note vom 18ten in Bezug auf den Vorfall, der am Montag Abends in dem Hause der Lords stattfand, zu empfangen, und ich habe zu erklären, daß die Re⸗ gierung Ihrer Majestät die Angelegenheit, auf welche Ihre Note sich bezieht, tief bedauert und es außerordentlich beklagt, daß ein Mißverstehen des Reglements für das Haus der Lords die Folgen gehabt hat, die Sie in dieser Note erwähnen.
Was jedoch die zukünftigen Arrangements betrifft, so werden Sie aus den Berichten über die gestrigen Vorgänge im Hause der Lords ersehen haben, wie der Marquis von Lansdowne angekündigt hat, daß er künftigen Freitag den Antrag auf Niedersetzung einer Kommission stellen will, welche die beste Art der im Hause der Lords zu treffenden Einrichtungen für die Aufnahme der Mitglieder des diplomatischen Corps in Berathung nehmen und darüber berichten
soll. Ich habe die Ehre, mit der größten Hochachtung zu sein, Herr Ritter, Ihr sehr ergebener und gehorsamer Diener e6“