zu Recht bestehen (Zusatz Zwerger's und mit 56 gegen 5
Stimmen angenommen);
daß die Landes⸗Versammlung jedes Bündniß, welches die Re⸗
gierung mit auderen Mächten, sei es auf der Grundlage der
Bundesakte von 1815, sei es als durchaus neue Ueberein⸗
kunft definitiv oder auch nur provisorisch ohne Zustimmung
der Landesvertretung abschließen würde, so weit für gesetz⸗ widrig und unverbindlich erkläre, als dadurch staatsrechtliche
Verpflichtungen irgend welcher Art für Württemberg aner⸗
kannt würden oder dasselbe sonst nach §. 85 die Zustimmung
der Landesvertretung erheische (angenommen mit 57 gegen 4 Stimmen); 1
daß die Landesversammlung übrigens als befugt zu Rege⸗ lung der deutschen Verfassungsfrage, und zur Einsetzung einer provisorischen wie einer definitiven Centralgewalt, im Ein⸗ klange mit den wiederholten Anerkenntnissen der Königl. Re⸗ gierung, ausschließlich nur eine auf Grund des Bundesbe⸗ schlusses vom 7. April 1848 gewählte konstituirende deutsche National⸗Versammlung anzuerkennen vermöge und es als dringendes Bedürfniß des engeren wie des weiteren Vater⸗ landes und als ein tief begründetes Recht des Landes be⸗ trachte, daß die Regierung auf die möglichst baldige Einbe⸗ rufung einer solchen bei den übrigen deutschen Regierungen
mit allen Kräften hinwirke (angenommen mit 50 gegen 11
Stimmen);
2) gegen den provisorischen Departementschef der auswärtigen Angelegenheiten, Freiherrn von Wächter⸗Spittler, der die Verfü⸗ gungen, betreffend den Beitritt zum Interim und zur münchener
Tonvention unterzeichnet hat, auf Grund des §. 195 der Verfas⸗ sung wegen Verletzung des §. 85 derselben, Klage bei dem Staats⸗ gerichtshofe zu erheben;
3) zu diesem Ende die im Entwurfe angeschlossene Anklage⸗ schrift zu genehmigen;
4) zur Verfolgung der Anklage einen Bevollmächtigten und einen Stellvertreter zu wählen;
5) den Präsidenten der Landes⸗Versammlung zu beauftragen, in Gemäßheit des §. 198 der Verfassung das weiter Erforderliche in der Sache einzuleiten;
6) für den Fall einer Vertagung oder Auflösung der Landes⸗ Versammlung, in Gemäßheit der Schlußworte des §. 188 der Ver⸗ fassungs-Urkunde, wonach der Ausschuß für die Vollziehung der landständischen Beschlüsse zu sorgen hat, diesen mit Besorgung des weiter Erforderlichen in der Anklagesache an der Stelle der Lan⸗ des⸗Versammlung zu beauftragen.
Diese Anträͤge werden mit 50 gegen 11 Stimmen angenom⸗ men. Zu Vollziehung dieses Beschlusses will der Präsident heute noch die Nachricht an den Staatsgerichtshof ergehen lassen, damit dieser sich versammle. Inzwischen verlangt nach einem eben verle⸗ senen Königlichen Reskripte das Finanz⸗Ministerium die Ermächti⸗ gung der Forterhebung der Steuern auf die nächsten vier Monate.
Darüber soll morgen Beschluß gefaßt, eben so zu Verfolgung der Minister⸗Anklage ein Bevollmächtigter und ein Stellvertreter von der Landes⸗Versammlung gewählt werden.
Baden. Karlsruhe, 26. Juni. (Karlsr. Ztg.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Gustav von Wasa ist heute Nachmit⸗ tag, von Darmstadt kommend, zum Besuch der Großherzoglichen Familie hier eingetroffen und im Schlosse abgestiegen.
„Heessen. Kassel, 27. Juni. Die Kass. Ztg. enthält in ihrem heutigen Blatte das nachstehende „Ausschreiben des Gesammt⸗ Staatsministeriums vöm 27. Juni 1850, die indirekten Abgaben und die Wegegelder betreffend: Bei der ohne Vorsorge für den Ablauf der Steuer —Erhebungszeit erfolgten Auflösung der Stande⸗Versamm⸗ lung und zur Abwendung der in Folge dessen dem Staate drohen⸗ den Gefahren, so wie mit besonderer Rücksicht auf die gegen die Zollvereinsstaaten bestehenden Verpflichtungen, wird mit allerhöchster Genehmigung Sr. Königl. Hoheit des Kurfürsten und mit der in GHemäßheit des §. 95 der Verfassungs⸗Urkunde erfolgten Beistim⸗ mung des bleibenden landständischen Ausschusses Folgendes verfügt: §. 1. Die auf sämmtliche indirekte Abgaben, einschließlich der Stempel⸗Abgabe und auf die Wege⸗ und Brückengelder bezüglichen gesetzlichen Bestimmungen und Vorschriften sind auch nach dem am 30 sten d. M. eintretenden Ablaufe der Steuer⸗Erhebungszeit wäh⸗ rend des Monats Iult l. J. vollständig zur Anwendung zu brin⸗ gen, und es sind die betreffenden Beträge zur Sicherstellung des Staates für den Fall der nachträglichen Steuerbewilligung zur Er⸗ hebung zu bringen. §. 2. Alles Aufkommen dieser Art soll nicht zu den Staats⸗Ausgaben verwendet, sondern bis darüber gesetzliche Bestimmung getroffen sein wird, als Depositum bei den betreffenden Staatskassen, beziehungsweise bei der Haupt⸗Staatskasse, aufbewahrt werden. §. 3. Für genaue Befolgung dieser Vorschrift wird die Direction der Haupt⸗Staatskasse besonders verantwortlich erklärt. Kassel, am 27. Juni 1850. Kurfürstliches Gesammt⸗Staats⸗ Ministerium Lometsch. Haynau. Baumba 1g
Hessen und bei Rhein. Darmstadt, 27. Juni. (O. P. A. Z.) Die Ministerkrisis, von der so viel gesprochen wurde, ist nun entschieden. Unser Minister⸗Präsident Dr. Jaup hat seine Entlassung genommen und der Großherzog, mit Rücksicht auf sein vorgerücktes Alter (er ist demnächst 70 Jahre alt), sie ihm gnädigst bewilligt, unter huldvoller Anerkennung seiner dem Staate in den schwierigsten Zeiten geleisteten treuen und eifrigen Dienste. Sein Nachfolger ist Freiherr von Dalwigk, der in den letzten Jah⸗ ren die Stelle eines landesherrlichen Kommissärs und Regierungs⸗ Dirigenten in Mainz bekleidete, gegenwärtig als Großherzoglicher Bevollmächtigter bei der Versammlung in Frankfurt. Herr von Dalwigk übernimmt indessen nur die Leitung des Ministeriums des Innern. Ein Minister⸗Präsident wird vorerst nicht ernannt, son⸗ dern der älteste, Geheimer Staatsrath Hallwachs, wird den Vor sitz
Staats⸗Ministerium führen. “ 9
Ausland
vom Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. „„Juni. Vorsitzender Dupin. Verhandlung des Gesetzes
Sitzung
lich egleihung hes neuen Kredits an den Minister der öffent⸗ der 4 1 Parfait überläßt sich einer scharfen Kritik Die Rügen des Redge der Versammlung geschehenen Ausgaben.
des Herrn La es beziehen sich meist auf die Verwaltun
die Anklage. h-. 8 ieser nimmt das Wort und protestirt bfat Der Redner will e Jccg habe sich in den Daten getäuscht. lichkeiten erfüllt seien (ah, a behaupten, daß alle finanziellen Förm⸗ seiner Akte zu verbergen. D, aber sein Ministerium habe keinen schehenen Ausgaben wären bo 8 8 vorläusige Bewilligung ge⸗ einer boshaften, aber keiner See8ee e ene doß sie wohl werden köͤnnen. Diese Arbeiten belaufen⸗ üich vat gsrges
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Fr. und wären durch die Installation des Praͤsidenten nöthig geworden. Oberst Charras setzt die Unregelmäßig⸗ keit dieser Ausgaben weiter auseinander. Er begründet seine Mei⸗ nung durch den Bericht der Kommission über die vorläufigen Zwölf⸗ tel, die von der National⸗Versammlung votirt wurden. Herr Passy: „Durch diesen Bericht ist nicht der Handels⸗Minister, son⸗ dern wohl der Finanz⸗Minister getroffen, und darum will ich das Wort nehmen. Es handelte sich damals um die Regiekosten des Hotels des Präsidenten. Diese Kosten waren bedeutender, als Mon anfangs gedacht. Man mußte Wachstuben für die Truppen bauen. Links: Zu welchem Zwecke? „Man frägt mich wozu? Nach dem 13. Juni ist es überflüssig, dies zu sagen. Wir mußten über den Präsidenten der Republik, das heißt über die Re⸗ publik selber, wachen.“ Links: Und das allgemeine Wahlrecht? Der Präsident: „Ich gebe zu bedenken, daß es sich um Meuchel⸗ mord handelte, man erlaube wenigstens, daß man den Präsidenten gegen solche Versuche beschütze.“ Passy: „Man schreit gegen Ver⸗ schwendung wie unter der Monarchie, und gerade die, welche am meisten gelärmt, haben später, als sie zur Regierung gelangten, das Beispiel einer noch weit ärgeren Vergeudung gegeben, als die, ge⸗ gen welche sie eben loszogen.“ Bineau, Minister der öffentlichen Angelegenheiten, erklärt, daß die Regierung ihre Verantwortlichkeit mit derjenigen ihrer Vorgänger in Gemeinschaft trage in Beziehung auf die bereits vollbrachten Akte derselben. Noël Parfait's Amen⸗ dement gegen die Minister wird mit 424 gegen 189 Stimmen ver⸗ worfen. Die drei ersten Paragraphen des Gesetzes werden ohne Verhandlung angenommen. Artikel 4 begreift eine Summe von 605,000 Fr. für Installationskosten und 257,000 für Regiekosten in sich. Die Linke verlangt das getheilte Skrutinium für diesen Artikel. Die Abstimmung giebt folgendes Resultat: Anzahl der Stimmenden 597; für die Annahme 390, gegen dieselbe 201. genommen. Präsident: Herr Valentin hat das Wort. Valen⸗ tin erklärt seine gestrigen Worte und beklagt sich gegen den Prä⸗ sidenten. Dieser besteht auf seinem Ordnungsrufe und verlangt nun noch Ordnungsruf mit der Censur. Emil von Girardin weiß nicht, ob man gegen den Präsidenten den Ordnungsruf verlan⸗ gen kann mit Censur, sonst würde er es thun, weil dieser Jemand interpellirt habe, ohne daß er gesprochen. Wenn er die Worte des Präsidenten gehört hätte, würde er protestirt haben. Die Versamm⸗ lung spricht die Censur gegen Valentin aus. Präsiden 11 Folge dieses Votums muß ich Herrn Valentin bedeuten, daß er sich zu entfernen und während drei Tagen nicht mehr hier zu erscheinen habe.“ Emil von Girardin: „Ich kann nicht umhin, mein Erstaunen darüber auszudrücken, daß der Präsident sich heute so streng zeigt, während er doch gestern ein Mitglied interpellirte, daß sich ganz schweigend verhielt.“ P räsident: „Ich sprach jene Worte, weil mir schien, Herr Dain habe sein Recht uüberschritten, als er Herrn Girardin aufforderte, die Tribüne zu besteigen.“ Herr Dain stürzt sich auf die Tribüne. Getümmel. Präsident: „Worüber soll Herr Dain sprechen?“ Herr Dain will sprechen. Präsident: „Sie haben nicht das Wort.“ Er ruft ihn zur Ordnung. „Und nun haben Sie das Wort, weil sie es gar so sehr verlangen.“ Der Präsident bringt nach einigen Worten des Herrn Dain den 4ten Artikel zur Abstimmung. Derselbe wird mit 411 Slimmen gegen 179 angenommen und die Sitzung um 5 Uhr geschlossen. Sitzung vom 27. Juni. Den Vorsitz führt Léon Fau⸗- cher. Gesetz⸗Entwurf über einen Supplementar⸗Kredit von 10,000 Fr. für 1850 auf das Budget der Legislative. Sauteyra be⸗ kämpft denselben. Pamat beantragt dagegen Erhöhung auf 15,000 Fr. An die Kommission verwiesen. Debatte morgen. Zweite Be⸗ rathung des Gesetz⸗Entwurfs über Verwaltung und Besetzung von Staats⸗Aemtern. Art. 1: vSIn; Zulassung sind öffentliche Spezial⸗ prüfungen unbedingt nothwendig“. Angenommen. Art. 2: „Ein Reglement bestimmt für jeden Zweig: 1) Die Bedingungen der Zulassung zu den Prüfungen; 2) Art und Weise der Prüfungen.“ Gillons Antrag, diese Bestimmung dem Staatsrathe zu über⸗ lassen, wird verworfen und Art. 2 angenommen. Art. 3: „Nur solche, welche die Prüfungen gut bestanden haben, können angestellt wer⸗ den. Die Ernennung kann ohne Rücksicht auf den Verdienstrang geschehen.“ Dieser Artikel und alle folgenden bis einschließlich Art. 11 werden angenommen. Art. 12: „Gegenwärtiges Gesetz ist anwendbar: „„1) Auf die Central⸗Verwaltung der Ministerien; 2) auf Verwaltung der National⸗Buchdruckerei und Ehrenlegion; 3) auf Konsulats⸗Personale; 4) auf Telegraphen⸗, Zwangsarbeits⸗ und Zuchthaus⸗Verwaltung; 5) auf das Münz⸗ und Gewicht⸗Amt, Gestüͤte, Thierarznei⸗ und Gestütschulen; 6) auf Unterrichts-An⸗ stalten; 7) Straßen⸗, Brücken⸗, Bergbau⸗ und Aufsichts⸗ Personale der Eisenbahnen; 8) Central⸗Finanz⸗Inspection, Central⸗ Regie⸗Verwaltung, Münzamts⸗Personal, Personal der indirekten Steuern, Domainen und des Stempels, des Forstamtes, der Zoll⸗ Administration, der Pulver⸗ und Tabacks⸗Fabriken, der Posten und der Steuer⸗Einnehmer.“ Vavin beantragt Zulassung der Beam⸗ hen der früheren Civillite zu den Aemtern des Art. 12. Das Amendement wird mit einer geringfügigen Aenderung de Lasteyrie's angenommen. Berryer betritt die Tribüne und überreicht den Bericht der Budget⸗Kommission für 1851. (Bewegung.) Skruti⸗ nium über die dritte Berathung des obigen in Debatte stehenden Gesetzes. Stimmende 603, absolute Majorität 302; für 309, ge⸗ gen 294. (Bewegung.) Tagesordnung: St. Priest's Antrag gegen Wucher. Aubry bekämpft dieselbe. Ohne ein Votum wird die Debatte vertagt und die Sitzung aufgehoben.
Paris, 1 ging die Rede von einem Ausfluge des Präsidenten nach Metz und Nancy zum Zwecke der Inaugu⸗ ration der Eisenbahn zwischen beiden Städten. Heute heißt es, der Präsident wolle nach Straßburg gehen, und der Co nstitution⸗ nel vermuthet, er wolle vor seiner Rückreise noch Lyon besuchen.
Ueber die in Oran entdeckte Verschwörung erzählt die Patrie: „Nachrichten zufolge, welche wir für glaubwürdig zu halten geneigt sind, hätte sich eine mit den lyoner Gesellschaften verbundene ge⸗ heime Gesellschaft auf Antrieb mehrerer Führer gebildet, die groͤß tentheils dem Gemeinde⸗Rath angehören oder Regierungs⸗Beamte sind. Ein Versuch wäre auch bei den Soldaten gemacht worden. Einige Leute der Fremden⸗Legion, ein Offizier und der Adjutant des 68sten Linien⸗Regimentes sollen kompromittirt sein. Der Privat⸗Secretair des Kommandanten, Generals Pelissier, soll Mitglied der Gesellschaft sein und dieser durch Mißbrauch des in ihn gesetzten Vertrauens sie von allem unterrichtet haben. Diese Gesellschaft erwartete die Nachricht vom Gelingen insurrectioneller Bewegungen in Frankreich, um einen Handstreich auszufüh en. Der Zufall allein führte zur Entdeckung dieser verbrecherischen Absichten. Ein Schreiben an einen Herrn Arnaud war durch Versehen des Briefträgers an einen Namensgenossen, den Untersuchungs⸗Richter Arnaud gelangt. Es enthielt Details und Instructionen über Lyon und Betrachtungen über die Gesellschaftsglieder in Oran. Die Justiz, dadurch auf die Spur gebracht, hat sofort zahlreiche Be⸗ V weisstücke aufgefunden, und eine Untersuchung ist im Gange.“
Man spricht davon, daß Contre⸗Admiral Vaillant, welcher ge⸗
degescfsg zum Mittelmeer⸗Geschwader gehört, nach dem La Plata abgehen soll. Er soll seine Flagge auf der „Psyche“ aufhissen.
“
Der Artikel wird an⸗
Lepredour, dessen Kommandofrist abgelaufen ist, würde durch ihn ersetzt. Dieser Wechsel dürfte jedoch erst nach erfolgter Ankunft des Vertrages mit Rosas in Paris erfolgen.
Der Finanz⸗Minister hat die Aufstellung der Büste des ehe⸗ maligen Ministers der öffentlichen Arbeiten, Monieu, im Hotel des Finanz⸗Ministeriums angeordnet. 8 1
Der Minister der öffentlichen Arbeiten erklärt heute im Mo niteur, der Staub auf den makadamisirten Boulevards rühre von ungenügendem Aufspritzen her. 3
Neulich wurden von der gesetzgebenden Versammlung 45,000 Fr. für 3 Erzbisthümer auf Guadeloupe, Martinique und Isle Bourbon bewilligt. Die Kandidaten sind bereits dem Papste vor geschlagen. Die Ernennungs⸗Verordnungen durften ehestens im Moniteur erscheinen.
Straßburg, 24. Junt. (O. P. A. Z.) Die Uebereinlunft wegen Regelung des Rheinlaufs längs der französisch⸗badischen Gränze ist endlich festgestellt worden. Ein Hauptentwurf ist zufolge diplomatischer Uebereinkünfte zwischen Frankreich und dem Groß⸗ herzogthum Baden, auf folgendem Grundsatz beruhend, angenom men worden: Konzentrirung sämmtlicher Arme des Stroms in ein einziges Hauptbett; endgültige Festsetzung der Ufer; Sicherung der Gebiete gegen Ueberschwemmungen. Der Abriß besteht aus einer Folge von Zirkelbogen und geraden die Biegungen be⸗ rührenden Linien. Das geregelte Flußbett wird eine Gesammt länge von 186,755 Meters oder 33. Wegestunden haben, und dem nach eine bedeutende Verkürzung im Vergleich de jetzigen Fuß laufs bieten, die nicht weniger als 215 Kilometer oder 43 Weg⸗ stunden Ausdehnung längs der Gränzen Frankreichs beträgt. Man hat sich im neuen Riß des Flußbettes bemüht, so viel wie möglich die schon mit festen Dämmen versehenen Stellen beizubehalten. Das eingedämmte Hauptbett des Rheinstroms wird als Breite ha ben: zu Hüningen 200 Meter oder 640 rheinische Fuß, und zu Lauterburg 250 Meter oder 770 rheinische Fuß. Diese letzte Breite ist die in den Regularisations⸗Arbeiten zu⸗ gelassene, welche unterhalb der französischen Gränzen zwi⸗ schen der Rheinpfalz und dem Großherzogthum Baden be⸗ werkstelligt sind. Die Ausführung des Haupt⸗ Regularisations⸗ Entwurfs wird betrieben mittelst einer Bewilligung von ungefähr einer Million jährlich von Straßburg bis zur bayrischen Gränze. Eine aus französischen und deutschen Ingenieuren zusammengesetzte Kommission, welche vor kurzer Zeit den Rhein von Basel bis zu seiner Mündung bereiste, hat die Grundlagen einer allgemeinen Arbeit beschlossen, welche gestatten wird, den Strom in seinem gan⸗ zen Laufe zu reguliren, und auf diese Art der Schifffahrt die Mit⸗ tel zu bieten, die Konkurrenz mit den Eisenbahnen zu behaupten.
Großbritanien und Irland, Parlament. Unter⸗ haus. Sitzung vom 24. Juni. Sir R. Inglis bemerkt bei Ge⸗ legenheit des Antrages auf Erwägung der Bill in Betreff der Wohnung des preußischen Gesandten, daß der Zweck der Bill darin bestehe, den Ankauf einer stehenden Amtswohnung fur den preußi schen Gesandten zu gestatten, in derselben Weise, in welcher Hert⸗ ford⸗House für den französischen, Ashburnham⸗House für den russi⸗ schen und Chandos⸗House für den österreichischen Gesandten ange⸗ kauft worden sei. Er erlaube sich, die Aufmerksamkeit des Hauses auf einen Vorfall zu lenken, welcher den Gesandten betroffen habe, dessen Name und Person kürzlich in einer anderen Versammlung vor das Publikum gezogen worden sei (Beifall). Er glaube nicht, daß es einen Ort in England, in Europa, in Amerika, ja, über⸗ haupt unter civilisirten Menschen gebe, wo ein solcher Mann zum Gegenstande einer leichtsinnigen, wenn nicht vorher überlegten Be⸗ leidigung hätte gemacht werden können. (Lauter Beifall.) Es habe sich jedoch gezeigt, daß es einen solchen Ort in England gebe, und zwar da, wo man es am wenigsten hätte erwarten sollen (hört! hört!), und ohne eine Kollision zwischen den zwei Versamm⸗ lungen hervorrufen zu wollen, müsse er doch sagen R. De⸗ nison unterbricht hier den Redner, indem er von dem Sprecher zu erfahren wünscht, ob keine Veranlassung vorhanden sei, den Ord⸗ nungsruf gegen R. Inglis ergehen zu lassen. Der Sprecher erklärt, er sei gegenwärtig noch nicht im Stande, den Zusammen⸗ hang des Gesagten mit der dem Hause vorliegenden Bill einzuse⸗ hen. Sir R. Inglis: Wenn das chrenwerthe Mitglied sage, er verstoße gegen die Ordnung des Hauses, so könne dies nur von seiner Unbekanntschaft mit dem Texte der Bill herrühren. Sogar der Name des Mannes, welcher die Ehre habe, den wichtigen Posten als preußischer Gesandter zu bekleiden, sei in der Bill enthalten. Als man ihn unterbrochen habe, sei er im Begriff gewesen, zu sagen, daß er geglaubt babe, es gebe keinen Ort im Lande, wo ein solcher Mann habe beleidigt werden können. Er wünsche nicht, eine Kollision zwischen zwei Versammlungen oder zwei Individuen hervorzurufen; allein er behauple, daß, wenn Jemand in seiner Heimat, in seinem Vaterlande, in seinem eigenen Hause einen Fremden und einen Gast beleidige, und wenn dieser Gast noch dazu der Vertreter, ja, er dürfe wohl sagen, der Freund eines mit unserer geliebten Königin aufs engste verbündeten Für⸗ sten sei, so erscheine ihm dies als eine Handlung der Unhöflichkeit, welche, wie er überzeugt sei, alle Anwesenden depreziren würden. Der Ritter Bunsen sei einer der wohlwollendsten und wohlthätig⸗ sten Männer, die er je das Glück gehabt habe, zu kennen, und ob⸗ gleich er nicht mit seiner Politik übereinstimme, noch auch slets mit seinen literarischen Leistungen, oder seinen kirchlichen und theologi⸗ schen Ansichten, oder mit seiner Chronologie, so habe er doch so häufig aus seinem reichen und vielseitigen Wissen Nutzen gezogen, daß er jeden Punkt der Meinungsverschiedenheit vergessen habe, als er einen solchen Mann angegriffen gesehen habe. (Hört! hoͤrt!) Er erinnere sich mit Freuden seiner freundlichen, freimüthigen, einfachen und, vor einer Woche noch würde er selbst es ihm nicht gestattet haben, zu sagen, englischen Manieren. Wenn er nun einen solchen Mann in einer anderen Versammlung vor das Publikum gezogen sehe, er wolle nicht sagen, mit Verletzung der Regeln Ver sammlung, denn diese Frage lasse er unberührt, aber mit Verletzung aller herkömmlichen Höflichkeit und zwar in merer Minister Ihrer Majestät, welche die Sache, ohne 2 emerkung zu machen und sicherlich ohne einen Tadel auszusprechen, anhörten, so glaube er, daß er die Zeit des Hauses nicht unnöthig in An⸗ spruch nehme, indem er in Bezug auf jenen Angriff englischen Gent⸗ lemen die Gelegenheit gebe, ihre Sympathieen auszudrücken. (Hört! hört!) Er hoffe, das Haus werde ihm erlauben, zu sagen, 8 aß die an einem anderen Orte abgegebene Erklärung “ ersten Beleidi gung noch eine zweite hinzugefügt habe (hört! zu sagen, daß Jemand kein Englisch verstehe, welcher Englisch wenigstens eben so gut ver⸗ stehe und schreibe, als derjenige, welcher jenen Angriff gewagt habe, heiße nichts weiter, als die Beleidigung noch erschweren. Da er, wie er zu glau⸗ ben wage, die Zustimmung des Hauses zu den gemachten Bemer⸗ kungen erhalten habe (Beifall. Einzelne Stimmen rufen: Nein!), da er vollkommen überzeugt sei, daß der Beifall, wenn nicht allgemein, doch beinahe allgemein sei, so halte er es nicht für nö thig, die Aufmerksamkeit des Hauses länger in Anspruch zu neh⸗ men, und wolle nur noch bemerken, daß er der vorliegenden Bill seine herzliche Unterstützung gebe. (Hört! hört!) Roebuck macht
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arauf aufmerksam, daß über den erwähnten Vorfall die Darstel⸗ ungen abweichend von einander seien. Lord Brougham habe die Sache erst vor das Haus gebracht, nachdem er den preußischen Ge⸗ sandten zu wiederholtenmalen höflich ersucht habe, den ihm nicht zukommenden Platz zu verlassen. Lord J. Russell hält es für passend, jenes Vorfalles im Oberhause nicht weiter zu erwähnen. (Hört! hört!) Er wolle sich hier in keine Untersuchung darüber inlassen, welche der beiden oben gegebenen Darstellungen die rich⸗ tige sei; eben so wolle er nichts über den Gegenstand sagen; da die Frage jedoch im Allgemeinen angeregt worden sei, so beschränke er sich darauf, zu erklären, daß die geistigen Vorzüge, die Gelehr⸗ samkeit und der Ruf des Ritters Bunsen der Art seien, daß sie hm die Achtung jedes Landes und aller Klassen von Personen er⸗ worben hätten. (Beifall.) Es thue ihm sehr leid, daß einem Manne, welcher ein Recht auf die höchste Achtung habe, etwas Unangeneh⸗ mes widerfahren sei, und er hege die Ueberzeugung, daß er die Gesinnung beider Häuser des Parlamentes sowohl, wie des Landes im Allgemeinen, ausspreche, wenn er sage, daß der erwähnte Herr der höchsten Achtung genieße nicht nur als Vertreter des Königs von Preußen, sondern auch wegen seines persönlichen Charakters. (Hört! Hört!) Die Bill wurde sodann in Betracht gezogen. Hier⸗ ach beantragte Roebuck nach vorhergehender Ankündigung zu⸗ nächst die bekannte Resolution in Betreff der auswärtigen Politik des Ministeriums, nämlich: „Daß die Grundsätze, welche die aus⸗ wärtige Politik der Regierung geleitet haben, geeignet gewesen sind, die Ehre und Würde dieses Landes zu wahren und in Zeiten nie da gewesener Schwierigkeiten den Frieden zwischen England und fremden Nationen zu erhalten.“ Roebuck stimmt mit Lord J. Rus⸗ sell darin überein, daß kein Kabinet gehalten sei, auf Grund einer bloßen Resolution des Oberhauses zurückzutreten, doch sei ein Oberhaus nöthig, und wenn dasselbe seine Meinung über eine Frage der auswärtigen Politik abgegeben habe, so sei es Pflicht des Un⸗ terhauses, die Meinung des englischen Volkes über denselben Ge⸗ genstand auszusprechen. Was die Politik Palmerston's anbelange, so erkläre er von vorn herein, daß er mit deren Prinzipien sich vollkommen einverstanden erklären müsse, habe er auch Mancherlei im Einzelnen zu rügen. Ein Doppeltes sei bei deren Beurtheilung ins Auge zu fassen, zunächst der Fall, wo es sich um individuelles Recht und Unrecht handle, dann aber auch, wo es sich um das all— gemeine Interesse, um die Würde und Ehre des Landes handle. Was den Schutz der Individuen anlange, so sei das Ziel Palmer⸗ ston's einfach das, den Schutz Englands auf seine wandernden Söhne so weit auszudehnen, als die Regel der civilisirten Nationen es gestatte, und was die Interessen Englands als Nation anlange, so sei er der Ansicht, daß Palmerston's Politik dahin gestrebt, den Frieden der Welt aufrecht zu halten, nicht dadurch, daß er dem Despotismus in die Hände gearbeitet, sondern dadurch, daß er die moralische Kraft des englischen Namens in die Wagschale geworfen, so weit das Völkerrecht es gestatte. „Kann es nicht vorkommen“, sagte der Redner, „daß ein Minister in diesem Lande, ich will nicht sagen, den Despotismus, sondern die Legitimität, auf eine solche Weise vertheidigt, daß er unter diesem milderen Ausdruck etwas weit Schlimmeres zur Herrschaft bringt und der Tyrannei in Eu⸗ ropa Sicherheit verschafft?“ Wolle man etwa, daß der Minister Englands eine Politik verfolge, welche Gewaltherrschaft in Europa mit begründen helfe? Hierüber habe das Haus der Gemeinen nun zu entscheiden. Der Redner warf nun einen Rückblick auf die Ge⸗ schichte Englands von den Zeiten der französischen Revolution bis auf die Gründung des Königreichs Griechenland und wies auch auf die Forderungen hin, welche Rußland und Oesterreich in der Türkei bei der Flüchtlingsfrage gestellt, und darauf, daß nur das Erscheinen der englischen Flotte in den Dardanellen die Pforte vor jenen Zumuthun⸗ gen geschützt habe. Das Mißtrauen des Oberhauses charakterisirte er als das Resultat einer Art Tripel⸗Allianz: Griechenlands, das den Despotismus von Europa, Frankreichs, das beinahe die Privat⸗ misere repräsentire, und der englischen Protectionisten⸗Partei, welche die Handelspolitik der Minister bekämpfe. „In Griechenland“, sagte Roebuck in dieser Hinsicht unter Anderem, „finde ich einen Monarchen, der ganz den Eingebungen Rußlands und Oesterreichs folgt. Rußland hat stets ein Ziel verfolgt; es trachtet nach dem Hafen von Konstantinopel. So schon unter Alexander, so auch jetzt. Frankreich hat vergessen, was das große Prinzip seiner eigenen bür⸗ gerlichen Freiheit war, hat vergessen, wer es in seiner zweiten Re⸗ volution unterstützte; es hat sich, allen seinen glorreichen Eriunerun⸗ en zum Trotz, zu den Füßen des Kaisers gestürzt und, unter dem kamen eines Alliirten, zum Vasallen Rußlands gemacht. Warum that es das? und wann? Es that es, weil seine Regie⸗ rung in dem Augenblicke, wo diese Vorgänge stattfanden, die Con⸗ stitution niederbrechen wollte, die sie selbst geschafsen hat; weil der⸗ jenige, der einen so glorreichen Namen führt und über ein so mäch⸗ tiges Volk regiert, seinen persönlichen Verlegenheiten unterliegend, eine Dotation annahm aus den Händen wessen? Einer Parti:, die nicht das französische Volk repräsentirt, nicht französische Gesinnungen repräsentirt, einer kleinen Clique von Männern, die ihre besonderen Zwecke zusammengeführt haben; hier Einer, der unter der Hand und verstohlen für den legitimen Monarchen arbeiten will, dort ein Anderer, der unter dem Schein und dem prostituirten Namen der Ordnung seine Minister⸗Existenz zu erhalten sucht.“ Was nunmehr die Spezial⸗ forderungen Englands an Griechenland angehe, so sei er der An⸗ sicht, daß dieselben völkerrechtlich begründet wären, wie auch die Art und Weise, in welcher England dieselben geltend gemacht. An⸗ dere Nationen hätten eben so gehandelt! Frankreich habe 1831 eine Flotte in den Tajo gesandt, um Genugthuung für die von franzö⸗ sischen Unterthanen erlittene Unbill zu verlangen, nachdem Englands Vermittelungs⸗Anerbieten ausgeschlagen worden. Im Jahre 1812 habe die französische Regierung in ähnlicher Weise Genugthuung für ihre Unterthanen zu St. Salvador zu erlangen gewußt. Frank⸗ reich, Nhesßs Amerika und England hätten in ähnlichen Fällen in gleicher Weise verfahren, und schwachen Völkern gegenüber heiße es jedenfalls nur rücksichtsvoll verfahren, daß man sie nicht mit Krieg überziehe, sondern nur ihre Häfen blolire und sich an ihrem Eigen⸗ thum blos schadlos halte. Seit Jahren habe sich die griechische Regierung schlecht gegen englische Unterthanen benommen sogar habe sie die Briefe der Gesandten Englands uneröffnet liegen las⸗ sen, wo sie natürlich nicht darauf habe antworten können. Die Herren Finlay und Pacificv seien in ihrem vollen Rechte und hät⸗ ten vergebens Genugthuung von der griechischen Regierung Jahre lang verlangt. Wäre einem Manne wie Rothschild das widerfahren, was dem armen Juden Pacifico zu Athen geschehen, so wäre ganz Eu⸗ ropa davon voll gewesen, so aber habe man zu Athen der begrün⸗ deten Forderungen Pacifico's gespottet. Lasse man solche Rechts⸗ verletzungen gegen englische Unterthanen zu, so gebe es keinen Schutg mehr für einen Engländer im Auslande. Schließlich ging Roebuck in eine ausführliche Erörterung der letzten diplomalischen Verhand⸗ lungen ein, wobei er Herrn Hume aufforderte, von seinem Amende⸗ ment abzustehen, damit das Unterhaus über die allgemeine Politik der Regierung sein Urtheil abgeben könne. Hume erklärte sich zwar nicht in allen Punkten mit Roebuck einverstanden, fand sich jedoch veranlaßt, seinem Rathe zu folgen. Sir F. Thesiger wunderte sich darüber, daß gerade Herr Roebuck für die
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Regierung in die Bresche trete, denn Roebuck sei es ja, welcher Palmerston zur Zeit mit einem Phosphorzündholz verglichen, welches bei dem geringsten Anlasse Fcuer fange, und die⸗ ser Zündstoff sei ja noch im auswärtigen Amte. Indem er darauf in eine Erörterung der Ansprüche Finlay’'s und Pacifico's eingeht, findet er darin keinen triftigen Grund zu einem solchen Auftreten, wie es geschehen; daher könne er um so weniger anerkennen, daß Palmerston's Politik darauf berechnet gewesen, die Ehre und Würde des Landes aufrecht zu halten. P. Wood ist für die Motion und geht zur Begründung seiner Ansicht in die Details der Sache ein. Selbst der erste Vorkämpfer der Resolution im Oberhause habe
zugeben müssen, daß Jahre lang die drei Repräsentanten der gro⸗
ßen Mächte zu Athen nichts anderes gethan als unter sich zu in⸗ triguiren. Hätte denn, wäre dies der Fall, ein englischer Minister durch russischen oder französischen Einfluß sich Genugthuung zu verschaffen suchen müssen? Der Redner vertheidigte nun das Ver⸗ fahren gegen Griechenland; es würde im ganzen Orient von außer⸗ ordentlicher Wirkung sein und dem griechischen Hof die Illusion genommen haben, daß England ohne Frankreichs und Rußlands Genehmigung sein gutes Recht nicht zu erzwingen rocge. 6 Graham begann mit der Erklärung, daß er sich nur widerstrebend in die Diskussion einlasse; absichtliches Fernhalten würde aber bei einer solchen Frage nur Feigheit sein. Seit vier Jahrech habe er der Regierung seine unabhängige und ehrliche Unterstützung gege⸗ ben, was er bei dem Stand der Harteien für Pflicht gehalten. Er hege keine Feindschaft gegen die Regierung, und Lord Palmerston, sein ehemaliger Kollege, besitze seine höchste persönliche Achtung. Es handle sich aber hier nicht um eine persönliche Frage, ja nicht einmal nur um die griechische Angelegenheit; das Haus sei aufge⸗ fordert, die Gesammtpolitik des Ministeriums seit seinem Ein⸗ tritt in die Regierung zu billigen. Anders würde es gewesen sein, wenn im Gegensatz gegen den Beschluß des Oberhauses der Antrag gestellt wäre, daß das Unterhaus das Verfahren gegen Griechenland für gerechtfertigt und die freundschaftlichen Bezie⸗ hungen zum Ausland dadurch nicht gefährdet erkläre. Der vor⸗ liegende Antrag, wenn auch von den Ministern selbst nicht aus⸗ gegangen, doch von ihnen adoptirt, gehe viel weiter. Er (Gra⸗ ham) sei kein absoluter Gegner von Interventionen, wie er denn selbst Mitglied des Greyschen Kabinets gewesen, als die Trennung von Belgien und Holland stattfand. Diese sei indeß mit Einstim⸗ mung aller Großmächte erfolgt. Das Gefährliche der englischen Einmischung sei aber bald nach Lord Grey's Rücktritt, als Sir R. Peel an der Spitze der Regierung stand, von Lord Howick (dem jetzigen Grafen Grey, dem Kolonial⸗Minister) angedeutet worden. Bereits 1846 scheine ihm Lord Palmerston in dem Ver⸗ fahren gegen Spanien die Grundsätze einer gesunden Politik über⸗ treten zu haben. Sein Verhalten in der schweizer Sonderbund⸗ frage sei zweideutig gewesen. Graham wiederholte hier die An⸗ klage französischer Diplomaten, daß Lord Palmerston damals die Unterzeichnung der Note der Großmächte seinerseits absichtl ch ver⸗ zögert und durch den englischen Geschäftsträger in der Schweiz, Peel, den General Dufour aufgefordert habe, den Feldzug gegen die Sonderbündler zu beschleunigen, damit die Note erst nach voll⸗ brachter That ankäme, welcher Anklage damals Lord Palmerston auf das bestimmteste widersprach. Ueber die Parteien in der Schweiz äußerte sich Sir J. Graham folgendermaßen: „Auf der einen Seite stand der Sonderbund, oder, um einen uns besser verständlichen Ausdruck zu gebrauchen, die Partei der gemäßigten Republikaner. Die andere Partei bestand aus denen, welche ich der Kürze wegen rothe Republikaner nennen will. (Ruf: Nein! Nein!) Wenn Ih⸗ nen der Ausdruck nicht gefällt, so will ich diese Partei die der Ultrarepublikaner nennen.“ Auch in der spanischen Heiraths⸗ Angelegenheit, fuhr der Redner fort, ruhe eine schwere Ver⸗ antwortung auf dem edlen Lord, der Guizot zu stürzen ge⸗ sucht, aber etwas ganz Anderes damit bewirkt habe. Seine Weigerung, in der lombardischen Frage zu interveniren, habe mittelbar den Aufstand Ungarns und die bedauernswerthe Inter⸗ vention Rußlands in die österreichische Politik herbeigeführt. Die Sendung der britischen Flotte nach den Dardanellen sei üͤberflüssig und unklug, die Entschuldigung, daß sie nur vor dem schlechten Wetter Schutz gesucht, unwahr gewesen. Was endlich den Streit mit Griechenland betreffe, so waͤren die Ansprüche Pacifico's und Finlay's die Nebensache; der schwierigste Theil der Frage seien die Gebiets⸗Ansprüche auf die Inseln Cervi und Sapienza, und darüber seien die Vertheidiger Palmerston's ganz hinweggeschlüpft. Sehr zu bedauern sei, daß die londoner Convention nicht sofort ange⸗ nommen worden, da man nun doch auf sie habe zurückkommen müs⸗ sen. In die Lobsprüche, die Lord Palmerston wegen seiner Politik in der dänischen Frage gespendet worden, könne er endlich auch nicht einstimmen; so lange sie nicht erledigt, stehe das gute Einver⸗ nehmen mit Preußen in Gefahr. Der österreichische Gesandte sei von London abwesend, der französische zurückberufen, die Beziehun⸗ gen zu Preußen seien unsicher, die letzte russische Note sei nichts weniger als ein Widerruf der früheren. Narvaez sei allmächtig in Spanien, Costa Cabral in Lissabon, eine französische Armee olku⸗ pire Rom, und der Papst sei England entfremdet. Das die Früchte der Palmerstonschen Politik. Lord Palmerston möge allerdings nicht der Minister Oesterreichs, Rußlands oder Frankreichs sein, sondern der Minister Englands par excellence, darum aber bejahen, daß seine Verwaltung für die Interessen, die Ehre Englands und die freundschaftlichen Beziehungen zu den fremden Mächten die heil⸗
samste gewesen sei, das sei er nicht im Stande.
Unterhaus. Sitzung vom 25. Juni. In der fortgesetzten Debatte über die auswärtige Politik des Ministeriums ergriff zuerst Herr Osborne das Wort. Was das Haus zu entscheiden habe, sagte er, sei, inwieweit die auswärtige englische Politik von den herkömmlichen völkerrechtlichen Grundsätzen geleitet werden müsse, und inwieweit britischer Handel und britische Unterthanen von der Regierung ihres Vaterlandes zu schützen seien. Es handle sich nicht darum, ob jede Handlung des Ministers recht gewesen sei, sondern darum, ob seine Politik sich in Zukunft durch die Ansichten fremder Minister zu bestimmen haben werde, und ob er zum bloßen Automat, dessen Bewegungen von der Lenkung Anderer abhingen, herabfinken solle. Hierauf aͤußerte sich Osborne mit strengem Tadel gegen das Verhalten Sir F. Thesiger's und Sir J. Graham's, die vier Jahre lang gegen die jetzt von ihnen so heftig angegriffene Politik nichts zu sagen gewußt hätten. „Der Redner geht sodann auf die Frage ein, ob es überhaupt politisch gewesen sei, ein griechisches Königreich zu gründen, als dessen ersten finan⸗ ziellen Grundsatz er den Satz bezeichnete: „Niederträchtig der Sklave, welcher bezahlt.“ Nach einer Uebersicht über die in der Sache Pacifico's besonders hervorstechenden Punkte fragt er, ob das Haus nicht den Verdacht hege, daß die giftige Feindschaft, welche sich gegen Palmerston richte, sich auf den Grund zurückführen lasse, daß Palmerston auf dem Festlande mit der Repräsentativ⸗Regierung identifizirt und als Advokat freisinniger Meinungen betrachtet werde. Griechenland gebe blos den Vorwand her; es bestehe eine weitver⸗ zweigte Verschwörung gegen Palmerston. Der Sturz seiner Politik werde den britischen Handel niederdrücken, den Fortschritt der Civilisation
aufhalten und die Erniedrigung Großbritaniens bestegeln. In der Ueber⸗ zeugung, daß das Wohl Großbritaniens, so wie das Wohl der Welt, auf dem Spiele stehe, gebe Osborne dem Antrage mit Stolz und mit Freuden seine Unterstützung. Lord J. Manners bekämpfte den Antrag, weil er glaube, daß die von Oesborne so sehr gefürchtete Kosaken⸗Herr⸗ schaft durch die Politik der Regierung gefördert werde. Er be⸗ streitet beide in dem Antrage enthaltenen Sätze und begleitet die Behauptung Roebuck's, daß das leitende Prinzip der auswärtigen englischen Politik darin bestanden habe, den Handel und das Volk Englands zu beschützen. Wenn die Aegis Englands schützend über britische Unterthanen in jedem Welttheile gebreitet werde, wie habe es dann geschehen können, daß ein britischer Unterthan, ohne Ge⸗ nugthuung zu erhalten, in einem der nordamerikanischen Staaten gleich einem gewoͤhnlichen Uebelthäter ins Gefängniß geworfen wor⸗ den sei? In scinem Verhalten gegen Griechenland habe Palmerston keine wirksameren Maßregeln ergreifen können, um den britischen Einfluß in der Levante zu vernichten und den Rußlands auszudeh⸗ nen, wenn er wirklich Minister eines fremden Staates gewesen wäre. Auf seine Politik in der Schweiz und in Italien Bezug nehmend, fragte er, auf welche Weise diese Politik die Ehre und Würde Eng⸗ lands, ja, selbst die Ausdehnung freisinniger Grundsätze gefördert habe. Was die Invasion Karl Albert's betreffe, so hätten Palmer⸗ ston und Abercromby sich in jenem ungerechten Angriffe auf Oester⸗ reich und die Lombardei als heftige Parteigänger gezeigt. Die
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Bewohner jener Länder seien ihrem Herrscher ergeben, und als jene frevelhafte Berufung an die Entscheidung durch die Waffen mißglückt sei, habe Palmerston versucht, die Lombardei Karl Albert auf diplomatischem Wege zu verschaffen. Das praktische Ergebniß dieser Aufstände in der italienischen Halbinsel sei die Ausdehnung der Zollvereins⸗Beschränkungen zum Nachtheile der englischen Handels⸗ Interessen. Herr Ansley fand cs schwierig, den Antrag zu ver⸗ stehen; beziehe derselbe sich auf die anderen Ereignisse der englischen auswärtigen Politik scit 1848, so werde er für ihn stimmen. Denn als ehrlicher Gegner Palmerston's müsse er gestehen, daß der Ministe
mehr aus zu großer Mäßigung gefehlt habe, als weil er zu weit gegangen sci. Er sucht diese Ansicht zu vertheidigen, indem er sich auf die Vorgäng
in Italien nach dem Regierungsantritt Pius IX., auf die Angele⸗ genheit der ungarischen Flüchtlinge und auf das Einlaufen der br tischen Flotte in die Dardanellen bezieht. Auch vertheidigt er das Verfahren Lord Palmerston's in Bezug auf die beiden griechischen Inseln sowohl, wie auf Pacifico. Da sich seine Billigung der eng⸗ lischen auswärtigen Politik auf den letzteren Theil derselben be⸗ schränke, so könne er nicht für den Antrag stimmen; eben so wenig jedoch werde er, da er nicht jene ganze Politik verdamme, dagegen stimmen. Cochrane erklärt, er habe Palmerston beschuldigt, revo⸗ lutionaire Lehren durch ganz Europa verbreitet und mit den In⸗ teressen Englands ein freventliches Spiel getrieben zu haben; er beschuldige ihn jetzt noch außerdem auf die Autorität des Herrn von Haussonville hin, in Bezug auf die schweizer Angelegenheiten im Jahre 1847 unredlich gehandelt zu haben. Nachdem er au die Details dieser Anklage eingegangen ist, wendet sich Cochrane zu der Sendung Lord Minto's in Italien. Dieser, behauptet er, habe in Rom die Revolution geschürt und in Neapel die Kluft zwischern dem Könige und seinen sicilischen Unterthanen erweitert. Es seien dies schwere Beschuldigungen gegen die auswärtige Politik der Re-⸗ gierung, welche eher alles Andere, als eine englische Politik sei, d sie sich auf Unterdrückung des Schwachen und Nachgiebigkeit gegen den Starken gründe. Lord Palmerston, der nun das Wort nahm, begann seine Rede damit, daß er auf die Bedeutung der Frage hinwies, von deren Entscheidung nicht nur das Verbleiben eines Einzelnen oder einer ganzen Regierung im Amte abhänge, sondern die vielmehr allgemeine Grundsätze der National⸗Politik, so wie die Interessen, die Ehre und die Würde Englands aufs tiefste berühre. Er bemerkte, daß es Pflicht derjenigen, welche sich für stark genug hielten, die Regierung im Sturm zu nehmen, ge⸗ wesen sei, sich nicht mit einem Meinungs⸗Ausdrucke des Hauses der Lords zu begnügen. Entweder hätten sie die Zustimmung des Unterhauses für die im Oberhause eingebrachte Resolution einholen müssen, oder es sei Sache der Parteigenossen, der Ver⸗ fechter jener Resolution im Unterhause gewesen, hier einen Antrag nuf Bestaͤtigung derselben zu stellen. Jetztt jedoch handele es sich darum, ob das Haus den Beschluß der Lords zu dem seinigen machen wolle. Die Frage umfasse Vergangenheit und Zukunft, da sie für die Zukunft ein Prinzip der nationalen Politik aufstelle, das er als durchaus unverträglich mit den Interessen, den Rechten und der Ehre Englands, so wie mit der Wohlfahrt anderer Län⸗ der, betrachte. Jenes Prinzip, welches der Antragsteller sich übri⸗ gens genöthigt gesehen habe, zu modifiziren, bestehe darin, daß bri⸗ tische Unterthanen in fremden Landen nichts beanspruchen dürften, als den Schutz der Gesetze und Gerichte des Landes, in welchem sie sich gerade aufhielten, und auf keinen Schutz von Seiten ihres eigenen Landes zu rechnen hätten. Auch habe das Haus der Lords diesen Satz nicht auf constitutionelle Länder beschränkt. Er be⸗ kämpfe diese Lehre, welche eine Lehre sei, nach der nie ein briti⸗ scher Minister gehandelt habe. Eben so wenig werde das eng⸗ lische Volk je dulden, daß ein britischer Minister ihr gemäß han⸗ dele. Er behaupte jedoch keinesweges, daß britische Unter⸗ thanen in fremden Ländern über dem Gesetze stehen soll— ten. Zuerst seien sie verpflichtet, zu den Landes⸗Gesetzen ihre Zu⸗ flucht zu nehmen; es könnten jedoch Fälle vorkommen, wo die Ge⸗ richte nicht der Art seien, daß sie Vertrauen einflößten, und die Regel sei überhaupt nicht auf despotische oder nur dem Namen nach constitutionelle Regierungen anwendbar. Der Minister gab nun eine kurze Geschichte des griechischen Staates und beschrieb die Be⸗ ziehungen Englands zu Griechenland. Die Absicht Englands sei gewesen, die Institutionen Griechenlands auf das Repräsentativ⸗ System zu gründen. Allein der Rath und der Einfluß der ande⸗ ren Mächte, Frankreich nicht ausgenommen, sei den Ansichten der englischen Regierung entgegen gewesen. Ein Uebel des Mangels einer Constitution in Griechenland bestehe in den Mißbräuchen, von welchen das ganze Regiterungs⸗System wimmele. Namentlich wende die Polizei gegen Personen beiderlei Geschlechts die Tortur in einer empörenden Weise an. Es gebe in Griechenland eine große An⸗ zahl von Personen, Malteser, Jonier und britische Unter⸗ thanen, welche England zu schützen verpflichtet sei. Sodann ging Lord Palmerston genauer auf die Beleidigungen ein, welche britische Unterthanen in Griechenland erlitten haben, und zeigte, wie gemäßigt und mit den Grundsätzen der Billigkeit in Ein⸗ klang man bei den Genugthuungs⸗Forderungen zu Werke gegangen sei. Herrn Finlay mit seinen Ansprüchen habe die griechische Re⸗ gierung 14 Jahre lang durch nichtige Entschuldigungen und Aus⸗ reden hingehalten. Auch seien diese Ansprüche gar nicht, wie be⸗ hauptet worden, definitiv erledigt gewesen. Was Pacifico betreffe, dessen Charakter, wie er auch immer sein möge, keinen Grund ab⸗ gebe, daß man ihn solle straflos von einem Pöbelhaufen, an dessen Spitze der Sohn des Kriegs⸗Ministers gestanden habe, berauben lassen, so habe er keine Genugthuung erlangen können, und Eng⸗ land habe daher das Recht gehabt, Entschädigung von der griechi⸗ schen Regierung zu fordern. Die griechische Regierung aber habe das Prinzip der Forderung geleugnet, so daß es nöthig geworden