1850 / 181 p. 4 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

ins Budget; wodurch der Ausschuß⸗Antrag auf Ueberweisung dieser Summe auf den Industrie⸗Fonds verworfen ist, was auch eine Er⸗ ledigung des Forndranschen Antrags nach sich zieht.

Die Debatte greift nun den landwirthschaftlichen Etat auf.

Auch hier hat der Ausschuß zwei bedeutende Positionen gestrichen; nämlich 35,000 Fl. Zuschüsse an die Kreis⸗Fonds und 30,000 Fl. Beitrag zur Dotation des landwirthschaftlichen Vereins in Bavern. Es liegen hier mehrere Anträge vor. Hirschberger beantragt, daß statt der für Beförderung der Landeskultur ausgesetzten 20,000 Fl. die Summe von 50,000 Fl. ins Budget eingestellt werden solle. Dr. Lanzer stellt zwei Anträge: 1) es möͤge die vom Ausschuß für die Zwecke der Landeskultur ausgeworfene Summe von 20,000 Fl. auf 50,000 Fl. erhöht werden; von diesen 50,000 Fl. seien 32,000 Fl. auf Gründung von Ackerbauschulen zu verwenden, das Uebrige der Lan⸗ deskultur zu überweisen; 2) es seien die Positionen für Landeskul⸗ tur und landwirthschaftliche Zwecke überhaupt von der Industrie zu trennen und in allen Vorlagen als für sich bestehend zu behandeln. Abg. Müller beantragt: es solle die Position von 20,000 Fl. auf 50,000 Fl. erhöht werden. Diese seien nach Abzug von 2000 Fl. als Beitrag zur Dotation des landwirthschaftlichen Vereins gleich⸗ mäßig an die Kreise zu vertheilen und sollten alsdann mit Zuzie⸗ hung des Landraths hauptsächlich zur Gründung von Ackerbauschu⸗ len und Musteranstalten verwendet werden. Diese Anträge werden nach ausführlicher Erörterung und Motivirung durch den Antrag⸗ steller gehörig unterstützt, worauf wegen vorgerückter Tageszeit die Berathung über dieses Material auf die Montags⸗Sitzung verscho⸗ ben wird. Die Sitzung schließt gegen 8 Uhr.

Hannover. Hannover, 29. Juni. (Z. f. N. D.) Erste Kammer. Zu Anfang der Sitzung berichtet Gosling über die An⸗ träge des Finanz⸗Ausschusses in Betreff der an die Herren von Lütke und von Voß verliehenen Inseln Kahlesand und Wilhelms⸗ sand. Er nennt den Auftrag, der ihm geworden, einen unangeneh men und bittet, die um einige Tage verspätete Erstattung der Be⸗ richte damit zu entschuldigen, daß ihm erst jetzt das vollständige Material zu Gebote gestellt sei. Zu der Sache selbst übergehend, beleuchtete er das Erwerbs⸗ und Besitzverhältniß der beiden Inseln zu ihren jetzigen Besitzern, den Herren von Lütke und von Voß. Das Thatsächliche ist aus den Verhandlungen zweiter Kammer be⸗ kannt; 160 Morgen großer Verbesserung fähigen Marschlandes der Insel Kahlensand wurden an Herrn von Lütke übertragen un⸗ ter der Bedingung, daß die dafür zu zahlende Rente dem wahren Werthe nach später zu berechnen sei, jedoch nicht über 3 Rthlr. per Morgen betragen dürfe. Die Insel bringt ihrem Besitzer in ihrem jetzigen Zustande und Umfange einen Reinertrag von 700 Rthlr., wofür er die niedrige Rente von 1 Rthlr. 3 Ggr. 8 Pf. für den Morgen entrichtet. Der Wilhelmssand war bis 1850 verpachtet und wurde dennoch an den Kammer⸗Direktor von Voß bereits im Jahre 1843 als erbliches Eigenthum übergeben gegen eine vom Jahre 1850 zahlbare Rente von 15 Rthlr. Das Lan⸗ desverfassungs⸗Gesetz gestattet die Veräußerung von Domainen nur aus Nützlichkeitsgründen. Der Ausschuß hat aus den ihm vorlie⸗

genden Akten nicht ersehen, daß solche Gründe vorgelegen haben, da er aber die ganze Sachlage nicht vollständig zu übersehen ver⸗ möge, so trägt er darauf an, die Regierung um eine gründliche Prüfung und respekt. Mittheilung an die Stände zu ersuchen; des⸗ gleichen darüber, ob nicht etwa der Vertrag mit von Lütke eine Verletzung über die Hälfte für das Domanium involvire. Beide Anträge nebst dem Schlußantrag auf ein gesetzliches Verbot der Veräußerung von Domanialvorlagen an Beamte wurden, ohne eine Bemerkung oder Verhandlung hervorzurufen, einstimmig angenom⸗ men. Die Regierungs⸗Mitglieder traten erst nach Erledigung des obigen Gegenstandes ein; auch die Kammer⸗Räthe von Münchhau⸗ sen und von der Decken. Ehe zur weiteren Berathung über die Volksschul⸗Vorlagen geschritten wird, stellt Dompastor Beckmann en Vorantrag:

„Stände wollen die Grundzüge auf die katholische Volksschule nicht anwenden, eventuell aber der Regierung eine Verständigung mit den katholischen Behörden anheimgeben.“ Beide Anträge wer⸗ den mit großer Mehrheit abgelehnt. Gegen dieselben erhoben sich Rosenthal, Braun und Kirchhoff. Dem Staat zuzumuthen, seine Hand ganz von dem Unterricht eines Theils seiner Angehöri⸗ gen abzuziehen, sei doch unmöglich rathsam. Der Staat, sagt Ro⸗ senthal, bedarf der Schule und die Schule des Staates, für welchen Satz er nach beiden Seiten praktische Belege giebt. Beck⸗ mann und Saxer bemerken dazu, dem Staate solle allerdings eine Einwirkung auf die Schule nicht versagt werden, aber nur, so ungefähr war der Sinn ihrer Worte, so weit es die Kirche für gut finde. Rosenthal will darauf nichts weiter er⸗ wiedern, einmal um die Verhandlung nicht aufzuhalten, und dann, weil es in der That einer Erwiederung nicht be⸗ dürfe. Kirchhoff fügt den obigen Gründen hinzu, die Be⸗ hörden⸗Organisation, wie sie allein durch die Grundzüge beabsichtigt werde, leide, wie genugsam dargethan sei, keinen Aufschub weder für die eine oder die andere Konfession im Staate, der Religions⸗ Unterschied sei dabei von keinem Gewicht. Steinvorth wird gegen die Anträge stimmen, weil er in ihnen eine Ungärechtigkeit gegen die katholische Bevölkerung findet, Hermann, Sander aus Rücksichten der Konsequenz bezüglich des gestern gefaßten Be⸗ schlusses. Hicken gegen den Haupt⸗Antrag aus prinzipiellen Grün⸗ den, gegen den eventuellen, weil gestern für die protestantische Kirche ein Antrag gleichen Inhalts (der Antrag Saxer’'s) abgelehnt sei, er aber eine Bevorzugung der katholischen Kirche nicht guthei⸗ ßen wolle. Für den Antrag erklärten sich außer dem Antragsteller besonders Vezin und Saxer. Die Berathung des Entwurfs

selbst beginnt bei §. 11 und bezielt den katholischen Theil der Volks⸗ schule, welcher in den §§. 11 44 behandelt wird. Die für den katholischen Theil zu bildende besondere Provinzial⸗Schulbehörde soll bestehen: 1) aus einem Rechtsverständigen, 2) einem Geist⸗ lichen, 3) einem Schulkundigen. Vezin will dafür gesetzt haben: 1) aus einem den Vorsitz führenden Geistlichen, 2) einem Rechts⸗ verständigen ꝛc. Der Geistliche soll außer dem Vorsitz das Amt eines Generalvikars der Dibzese haben ꝛc. Ein dahin ge⸗ stellter Antrag wird abgelehnt. Saxer erklärt sich gegen jeg⸗ liche Verbesserung, sie falle bei ihm nicht weiter ins Gewicht, da Vrmnat das von ihm befürwortete Prinzip nicht an die Spitze der E1“ sei. Im Uebrigen bietet die Berathung nichts ganzen ee. Entwurf des Ausschusses wird in seinem zährlichen Kosten 1. vSeee Der Voranschlag der wird ohne Verhandlung benehe - bbeeee den „Grundsätzen für de eerh gr. E ie Kammer geht darauf zu sens” über. Mi Ter he 8 8 8eeg des Volksschulwe⸗ minarische) Ausbildung der Volks Regierung für genügendere (se⸗ sschullehrer erklärt sich der Aus⸗

schuß einverstanden, nu 2 b 1 b nannten Schulmeister Schnien, Ruhe n die Vorzüglichkeit der soge⸗

tragt: eine Geldunterstützung derselben Zweifel gezogen und bean⸗

der Ausicht aus, daß es dem tünftigen Schullehrer freistehen müsse eine Vorbildung sich zu holen, wo er wolle, daß also Schulmeister⸗

16

Schulen entbehrlich und er nicht an sie gebunden sein dürfe.

Hermann will die Frage überhaupt von den Ständen nicht ent⸗ schieden wissen, sondern der Regierung freie Hand lassen, ihr jedoch anempfehlen, möglichst auf eine praktische einfache Ausbildung der Volksschullehrer unter Anleitung tüchtiger Lehrer Bedacht zu neh⸗ men, mit Umgehung des höheren wissenschaftlichen Unterrichts in

gelehrten Anstalten. Das Volk wolle in seinen Lehrern weder halbe Gelehrte, noch halbe Pastore, noch halbe Politiker, sondern ganze Schulmeister. Braun giebt die Gefahr einer Verbildung der Volkslehrer in den Vorschulen und Seminarien zu. Hier sei Vorsicht nöthig. An das Praktische sich zu halten, sei die Regierung durchaus gewillt, wenn darunter zu verstehen sei, daß sie den gegenwärtigen Bedürfnissen möglichst Rechnung trage. Statt der 10,000 Rthlr., welche er in das Budget verweist und welche der Ausschuß als Ma⸗ rimalsumme bewilligt, beantragt Braun für das laufende Jahr 3000 Rthlr. zu nothwendigen Schulbauten. Steinvorth kann den Schulmeisterschulen das Wort nicht reden. Sie werden dem Lande nur viel Geld kosten und dem Zweck einer besseren Ausbildung, als der Volkslehrerstand bisher genossen, nur schlecht entsprechen. Ro⸗ senthal ist mit dem Antrage Hermann's einverstanden; er freut sich, dem Herrn Professor auf liberalem Wege zu begegnen. Die Vorbildungsschulen kann er durchaus nicht für entbehrlich halten, allerdings aber wünscht er, daß bei Anstellung der Lehrer nur ge⸗ fragt werde, was er gelernt habe, und nicht, wo er es gelernt habe. Der Antrag Hermann's wird abgelehnt, der Braun's ange⸗

nommen. Vezin, Wehren, Exterde, Beckmann, Kolon M eier reichen darauf einen schriftlichen Protest ein gegen die Grund⸗

züge für die Volksschule, weil in denselben die katholische Volks⸗ schule zu einer Staats⸗Anstalt gemacht und die Rechte der katho⸗ lischen Kirche nicht gewahrt seien. Nach einer kurzen Besprechung uͤber die Frage, ob ein solcher Protest nach geschlossener Verhandlung, nach gefaßtem Beschluß, mithin nach Erledigung der Sache zulässig sei, wird dieselbe bejahend beantwortet und der Protest zu Protokoll genommen. Allerdings gestatte die Geschäftsordnung einen Protest nicht ausdrück⸗ lich, aber sie verbiete ihn auch nicht; es müsse jedem Mitgliede frei stehen, eine abweichende Ansicht zu jeder Zeit zu Protokoll zu geben. Eine rechtliche Bedeutung kann natürlich ein solcher Protest nicht haben. Hierauf wurden für Verbesserung der Lehrer⸗Einnahmen 15,000 Rthlr. jährlich, statt 10,000 Rthlr., welche die Regierung beantragt, bewilligt, die im Betrage zu je 50 Rthlr. an schlecht do⸗ tirte Lehrer zu verleihen sind. Die Vertheilung wird dem Ermessen der Regierung überlassen. In den früheren Berichten ist angege⸗ ben, daß der Abgeordnete erster Kammer, von Wehren, sich ge⸗ gen alle Folgen des Saxerschen Antrags, wenn er zum Beschluß erhoben werde, verwahrt habe. Dem ist nicht so; der Abgeordnete von Saxer hat erklärt, daß, da nach §. 14 der Vorlage der §. 10 des in Rede stehenden Entwurfs auch von der katholischen Kirche gelten solle, er für den Antrag stimmen müsse, indem er in der An⸗ nahme desselben die Möglichkeit sehe, den sonst drohenden Konflikt mit der katholischen Kirche, deren Grundsätze durch den vorliegen⸗ den Entwurf verletzt werden, zu vermeiden. Ferner lautete das Amendement Vezin's in der zweiten Kammer zu §. 1 des Volks⸗ schul⸗Gesetzes nicht: die Volksschule bleibt cine „christliche“, sondern eine „kirchliche“.

Hannvver, 28. Juni. (Zeit. für Nord⸗Deutschl.) Zweite Kammer. Die Städte⸗Ordnung wurde heute bis zu §. 84 erledigt. Es war auch heute eine ganze Anzahl von Anträgen zu verschiedenen Paragraphen eingereicht; es wurden schließlich jedoch

der ersten Kammer, daß die Anordnung einer besonderen Polizeibe⸗

hörde wider den Willen der Stadt unzulässig sein solle, angenom⸗

men werden solle.

Stüve suchte auszuführen, daß die Annahme des Beschlusses der ersten Kammer die Ausführung der Städte⸗Ordnung und der Gerichtsverfassung unmöglich mache. Der Zusammenhang mit der Gerichtsverfassung liege darin, daß in den größeren Städten der Staats⸗Anwaltschaft eine Einwirkung auf die Polizei zastehen müsse, wenn man nicht die Sicherheit in den Städten gefährden wolle. Schläger kam darauf zurück, daß die Bestimmung des Entwurfes eine Verletzung der unzweifelhaften Bestimmungen des Verfassungsgesetzes involvire. Würde, wie angedeutet wird, du ch die Annahme des Beschlusses der ersten Kammer die Publication der Städte⸗Ordnung verhindert werden, so könne er das für kein großes Unglück halten, denn dieselbe enthalte wesentliche Mängel. Manche Städte haben sehr gute Statute, die vielleicht besser seien, als die neue Städte⸗Ordnung. Viele Bestimmungen der Stadt⸗ Verfassung von Hannover seien der Städte⸗Ordnung vorzuziehen. Oppermann kann den Entwurf nicht mit dem Minister⸗Programm von 1848 vereinigen. Stüve ist es nur angenehm, an dieses Programm erinnert zu werden. Darin stehe, daß die Polizeigewalt nach einem allgemeinen Prinzipe geregelt werden solle. Das ge⸗ schehe durch den Entwurf. Nothwendige Modificationen seien nicht ausgeschlossen. Es müsse auch die Polizei in den Vorstädten ver⸗ waltet werden, es müsse ferner möglich sein, daß die Regierung für eine ordnungsmäßige Handhabe der Polizei sorge, wenn der Ma⸗ gistrat sie schlecht verwalte. Davon, daß dieses nicht geschehen könne, stehe nichts in dem Programm. Schläger war der Ansicht, daß hinsichtlich der ersten, für nothwendig erachteten Modification die Gemeinde⸗Obrigkeiten sich leicht zu gemeinschaftlicher Verwaltung der Polizei vereinigen könnten, und wenn die Polizei von der Ge⸗ meinde⸗Obrigkeit einmal schlecht gehandhabt werden sollte, so seien

zur Abhülfe dieselben Mittel vorhanden, welche bei sonstigen Pflicht⸗

vergessenheiten der Obrigkeiten Abhülfe verschafften. Uebrigens seien ihm diese Zweckmäßigkeits⸗Rücksichten gleichgültig gegenuüber der kla⸗ ren Bestimmung des Landes⸗Verfassungsgesetzes. Diese müsse von den Ständen aufrecht erhalten werden. Wolle man daran ändern, so möge man doch offen mit einem dessallsigen Vorschlage hervortre⸗ ten, nur möge man nicht, wogegen noch vor kurzem der Herr Mi nister selbst gewarnt habe, die Landesverfassung so bei Wegelang abändern. Gerding wies ebenfalls auf die klare Bestimmung des Landesverfassungsgesetzes hin, welches den Städten mit dürren Worten die Polizeigewalt beilege. Gehe man davon jetzt hier ab, so möge man bedenken, daß man Treue und Glauben syste⸗ matisch untergrabe. Wenn wieder darauf hingedeutet werde, daß dann aus dem Gesetze nichts werde, so wolle er lieber das Gesetz

nicht, als die Stände des Landes lediglich zu dem Zwecke hier

anwesend sehen, damit sie zu allen Dingen Ja sagen. Ueber⸗ haupt wolle er die Ausführung von keinen Reformen, wenn der Preis, um welchen sie zu erringen, ein Verfassungsbruch sei. Er wünsche, daß sich Niemand durch die vernommenen Drohungen bewegen lassen möge, seine Stimme anders abzugeben, wie er sonst gethan haben würde; falle dann der Beschluß unvereinbar mit dem Willen der Regierung aus, so gebe es ja in einem con⸗ stitutionellen Staate Mittel, um aus der Kollision herauszukommen. Grumbrecht hielt es für unmöglich, daß der Paragraph der Verfassung seinem Wortlaute nach ausgeführt werde. Die Poli⸗

zeigewalt könne nicht in allen Städten ausschließlich in die Hände

des Stadtmagistrats gelegt werden.

fast alle Anträge abgelehnt, die eine auch nur einigermaßen lich zu nennende Abweichung von dem Entwurfe bezweckten. ““ den §§. 77 und 78 dreht es sich darum, ob der bekannte Beschluß

Das sei eine politische Un⸗ möglichkeit. Man sehe es ja in Hannover, die Stadt wolle die Polizei haben, und doch sei die Zurückgabe derselben nicht mög⸗ lich. Schläger: Er sehe doch in der That nicht ein, warum die Zurückgabe der Polizei unmöglich sei. Der geehrte Herr stelle die Behauptung als so ausgemacht hin, daß man bald glauben sollte, die Verhältnisse seien so; indeß bei Lichte betrachtet, sei auch Lön

ihm kein einziger Grund für die Unmöglichkeit angegeben. Die Sache sei einfach die, daß die Regierung sich im Besitz befinde, und den wolle sie nicht fahren lassen. Zeige die Regierung nur guten Willen, ihr Versprechen zu erfüllen, so sei von einer Unmög

lichkeit keine Spur. Detering: Durch die Polizeigewalt, wenn sie in den Händen der Regierung ist, will man ganz etwas Ande⸗ res erreichen, als kräftig gegen die Uebertretung der Strafgesetze einschreiten: man will dem Volke seine Bestrebungen für freiheit⸗ liche Entwickelung verkümmern; Beispiele davon haben wir genug erlebt; auch ganz unschuldige Petitionen, selbst solche, die an Se. Majestät gerichtet waren, wurden als Verbrechen bezeichnet und be⸗ handelt; ja, die Polizei hat sich nicht entblödet, das Wahlrecht, wel⸗ ches ihm durch die Verfassung zusteht, bald so, bald anders zu schmälern. Freudentheil ist einerseits der Ansicht, daß das von der Regierung gegebene Versprechen gehalten werden müsse, daß er gleichwohl die Städteordnung um die Annahme des Beschlusses erster Kammer nicht aufs Spiel setzen wolle. Landdrost Meyer glaubte eine Gewähr dafür, daß in dem früheren Beschlusse der zweiten Kammer keine Verfassungs⸗Verletzung liege, darin zu finden, daß der Beschluß gefaßt sei. Wenn man sich auf Autoritäten aus der ersten Kammer berufen habe, so könne er aus der dortigen Mi⸗ norität vielleicht noch bedeutendere Autoritäten anführen; gegen die Annahme des Beschlusses erster Kammer haben beide Professoren der Universität gesprochen. (Gelächter.) Pfaff: Er lasse sich recht gern belehren, nicht aber durch Berufung auf Autoritäten, sondern nur durch Gründe; nun aber seien keine Gründe vorgebracht, durch welche ihm bewiesen sei, daß der Entwurf mit der Bestimmung des Verfassungsgesetzes vereinbar sei. Stüve entgegnete, daß er die Gründe gegen den Beschluß der ersten Kammer schon an⸗ geführt habe; es sei aber völlig vergeblich, zu beweisen, wenn doch hernach erklärt werde, es seien gar keine Gründe vorgebracht. Er wolle es wiederholen, daß die Regierung vollkommen außer Stande sei, die Städteordnung und die Gerichts Verfassung aus⸗ zuführen, wenn ihr nicht die nöthigen Mittel in die Hände gege⸗ ben seien. Finden die Herren darin keinen Grund, so muͤsse er ihnen ihre Ansicht natürlich lassen, und er stimme vollkommen da⸗ mit überein, daß Jeder nach seiner Ueberzeugung abstimme. Haben die Herren dann eine Ueberzeugung, die wesentlich von der der Re⸗ gierung abweiche und diese durch einen Beschluß ausgedrückt, so könne und werde sie die Regierung daran nicht hindern; die Her⸗ ren werden umgekehrt aber auch nicht verlangen können, daß die Regierung von ihrer Ueberzeugung abgehe. Die Sache sei dann eben die, daß nichts daraus werde. Wenn der geehrte Herr von Celle gemeint habe, daß dann eine Auflösung der Stände erfolgen müsse Gerding in facto: Das habe er nicht gesagt. Stüve: Die Worte möge er gerade nicht gebraucht haben, indeß er habe es doch sagen wollen. Gerding: Nein, ganz etwas An⸗ deres. Stüve: „Nun, so hat etwas Anderes gesagt werden sollen. Der geehrte Herr wird aber doch zugeben, daß die Regierung das

Recht hat, den Entwurf mit Veränderungen zur einfachen Abstim⸗

mung mit Ja und Nein an die Stände zurückzubringen. Werden die Propositionen der Regierung dann abgelehnt, so wird sich das Weitere finden.“ Von Bueren wurde die namentliche Abstimmung verlangt. Für den Beschluß der ersten Kammer stimmten: Bege⸗ mann, Bojunga, Brammer, Bueren, Dammers, Detering, Düffel, Freudentheil, Gerding, Groß, Hintze, Horst, Kaulen, Kroͤncke, Lang I., Lang II., Senator Meyer, Oppermann, Pfaff, Reese, Reye, Richter, Röben, Rohrmann, Schläger, Schlüter, Siedenburg, Thiermann, Wangerow, Weinhagen, im Ganzen 30 Mitglieder, gegen denselben votirten 43. Abgefallen von der Opposition waren auch diesmal: Kreis⸗Einnehmer Köhler, Justitiar Münster, Lan⸗ des⸗Deputirter Rehder, Dr. jar. von der Osten und Dr. Klee. Es wurde serner sehr ausführlich über das Wahlrecht ge⸗ sprochen. Der §. 84 stellt als Bedingung auf, daß der Bür⸗ ger, welcher dazu berechtigt sei, entweder Grund⸗-, Häuser⸗, Besol⸗ dungs⸗ oder Einkommensteuer zahlen oder doch wenigstens in der vorletzten Klasse der Gewerbesteuer steuern müsse. Diese Bestim⸗ mung wurde hauptsächlich deshalb angegriffen, weil durch sie eine große Anzahl achtbarer Bürger, die dem kleineren Handwerker⸗ stande angehören, ausgeschlossen sein würde. Weinhagen be⸗ sonders sprach mit großer Wärme dafür, daß man die kleineren Bürger nicht so willkürlich vom Wahlrechte entfernen solle. Von der anderen Seite dagegen fand man in einer noch größeren Aus⸗ dehnung des Wahlrechts die größten Gefahren fuüͤr das Wohl und die Sicherheit der Stadt. Weinhagen hatte beantragt, daß allen Bürgern, welche in der Stadt oder deren Gebiete ihren Wohnsitz haben und zu den direkten städtischen Lasten und Abgaben beitragen, wo solche vorhanden sind, auch das Wahlrecht eingeräumt werden solle. Außerdem waren noch 9 andere Verbesserungs⸗An⸗ träge zu dem Paragraphen gestellt. Nach ausführlicher Diskussion wurde für den Antrag Weinhagen's die namentliche Abstimmung verlangt. Auch dieser Antrag wurde mit 37 gegen 33 Stimmen abgelehnt, dagegen ein Antrag Freudentheil's, nach welchem jedem Bürger, welcher zu den direkten Landessteuern beiträgt, das

2

Wahlrecht zustehen soll, mit 36 gegen 34 angenommen.

Hannover, 29. Juni. (Z. f. N. D.) Zweite Kammer. Die letzte Berathung der Städte-Ordnung wurde heute be⸗ endigt. Eine mehrstüͤndige Diskussion entstand über den §. 133, welcher vom Ortsstatut handelt und bestimmt:

„Das Ortsstatut ist vom Magistrate und den zeitigen Bürger⸗ Vorstehern zu errichten. In densenigen Städten, in welchen es jetzt an Bürgervorstehern fehlt, ist von dem Ministerium des In⸗ nern die Zahl der zuzuziehenden und nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu wählenden Vertreter zu bestimmen.“ Hierzu waren wieder 8 Verbesserungs⸗Anträge gestellt, von welchen einige jedoch im Laufe der Verhandlung zurückgenommen, andere aber wegen ihrer eventuellen Bedeutung durch die Abstimmung beseitigt wurden. Zuerst kam ein Verbesserungs⸗Antrag von Schläger zur Abstim⸗ mung; derselbe ging dahin, daß zur Errichtung des Ortsstatutes eine den Bürgervorstehern gleichkommende Zahl von Bürgern nach dem Wahlmodus der Städte⸗Ordnung gewählt werden solle. Dieser Antrag wurde als Hauptantrag abgelehnt, und eben so in der Form eines Verbesserungs⸗Antrages, als welcher er von Richter zu einem Antrage Freudentheil's gestellt war. Der Freudentheilsche Haupt⸗ Antrag, welcher ebenfalls eine gleiche Anzahl von Bürgern zu der Errichtung des Ortsstatuts hinzugezogen wissen wollte und nur darin abweichend war, daß er den gegenwärtig in den einzelnen Städten bestehenden Wahlmodus zu den Bürgervorsteher ⸗Wahlen in Vorschlag gebracht hatte, wurde mit großer Majorität angenom⸗ men. Die Staͤdte⸗Ordnung wurde darauf gegen 3 Stimmen (Bue⸗ ren, Gerding, Weinhagen) angenommen. General⸗Syndikus Hirsch referirte aus der verstärkten Konferenz über die Strafprozeß⸗Ord⸗

nung. Ueber die abweichenden Beschlüsse hinsichtlich der Frage, ob

für den Ausspruch des Schuldig einfache oder Zweidrittel⸗Majorität der Geschworenen erforderlich sein solle, hatte sich die Konferenz da⸗ hin geeinigt, daß die von der zweiten Kammer beschlossene Zwei⸗ drittel-⸗Majorität aufgegeben, die einfache Majorität der ersten Kammer angenommen und die Regierung im Begleitschreiben ersüucht werde, nach Ablauf einiger Jahre den Kammern über die Erfahrungen Mittheilungen zu machen und zu dem Ende ihr be⸗ sonderes Augenmerk auf den Gegenstand zu richten. Generalsyndi⸗ kus Hirsch bemerkte, daß von den Mitgliedern der ersten Kammer, die bestimmt erklärt hätten, von der einfachen Majorität nicht zu⸗ rückgehen zu wollen, auf den sür das Begleitschreiben vorgeschlage⸗ nen Passus Gewicht gelegt sei. „Die Herren verstehen Manches, was Anderen unverständlich bleibt. Das muß auch wohl bei diesem Beschlusse der Fall sein; denn da den Geschworenen zur Pflicht ge⸗ macht wird, über ihre Berathungen und den Gang der Abstim⸗ mung ein unverbrüchliches Stillschweigen zu beobachten, so wüß⸗ ten wir doch in der That nicht, wie die Regierung in der Lage sein sollte, die gewünschten Erfahrungen zu machen. Oder soll die Regierung etwa annehmen, daß, wenn viele oder einige auffallende Verurtheilungen vorkommen, solche durch einfache Majorität zu Stande gekommen seien?“ Der ganze Konferenz⸗Vorschlag wurde auch dieses Mal von mehreren Seiten angegriffen. Wind⸗ horst hob hervor, daß hier Erkenntnisse in Betracht kämen, bei welchen es sich um Tod und Leben handele; er könne die Verant wortlichkeit nicht auf sich nehmen, daß ein Todesurtheil mit 7 gegen 5 Stimmen solle gefaßt werden können. Garßen wollte seinen Protest ausdrücklich zu Protokoll genommen wissen. Grumbrecht dagegen hielt die Aufgabe des Beschlusses der zweiten Kammer für unbedenklich, weil er nicht glaube, daß hinsichtlich der Verurthei⸗ lungen ein anderes Resultat herauskommen werde, mögen nun 7 gegen 5 oder 8 gegen 4 das Schuldig sprechen. Detering be⸗ merkt dagegen, daß diese Annahme eine einseitige, durch nichts be⸗ wiesene Behauptung sci. Schließlich wurde der Konferenz⸗Vorschlag mit 32 gegen 30 Stimmen abgelehnt. Die Kammer begann mit der letzten Berathung des Eisenbahn⸗Einnahme⸗Budgets, kam aber nicht ganz damit zu Ende.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 1. Juli. Die Mecklenb. Ztg. enthält folgende Bekanntmachung: Friebrich Franz ꝛc. Da der Zeitraum von 3 Monaten, für welchen durch Unsere Verordnung vom 4. April d. J. die Abgeordneten⸗Kammer vertagt worden, am 4ten d. M. abläuft, die Wiedereinberufung dieser Kammer gleichwohl vor dem Austrage des gegenwärtig über die Verfassung schwebenden Rechtsstreites nicht rathsam erachtet werden konnte, auch eine weitere Vertagung der Kammer Unsererseits nach §. 98 des Staatsgrundgesetzes nicht verfügt werden darf; so finden Wir Uns bewogen, in Grundlage des §. 99 des Staatsgrundgesetzes zu verordnen, wie folgt: 1) die durch Unsere Verordnung vom 18. Februar d. J. ein⸗ berufene Abgeordneten⸗Kammer wird hiermit aufgelöst; 2) die Wah⸗ len für die neuzuberufende Abgeordneten⸗-Kammer werden auf den 26. August d. J. anberaumt.

Gegeben durch Unser Gesammt⸗Ministerium, Schwerin, am 1. Juli 1850.

1 c Graf von Bülow. von Schröter. von Brock.

1 MUusland.

Frankreich. Paris, 29. Juni. Binnen kurzem werden die Wähler⸗Listen von Paris geschlossen sein. Die Wählerzahl dürfte ungefähr 9— 10,000 betragen. Nicht blos Arbeiter, son⸗ dern auch bedeutende Persönlichkeiten der antisozialistischen Partei haben ihr Wahlrecht verloren. So erzählt man, daß Herr Duchatel, ehemaliger Minister des Iunern, nach den neuen Be⸗ stimmungen nicht in die Wähler⸗Liste aufgenommen werden konnte. Es hatten sich bei Gelegenheit der Anfertigung der neuen Wähler⸗ Listen in jedem Stadtbezirk Auskunfts⸗Comités gebildet. Heute und gestern hat die Polizei in allen Lokalitäten, welche denselben zu Büreaus dienten, Untersuchungen angestellt und sämmtliche Pa⸗ piere mit Beschlag belegt. Der National ruft dem Polizei⸗Prä⸗ fekten zu, daß sich Republikaner nicht abschrecken ließen, und daß er von heute an in seinen Büreaus ein Wahl Nachweisungs⸗Comité errichtet.

Vereinigte Staaten von Nord⸗Amerika. New⸗ York, 16. Juni. Einer Korrespondenz aus Washington in dem zu New⸗York erscheinenden Courier and Enquirer zufolge, hatte die Regierung Depeschen des nord⸗amerikanischen Konsuls in Havana vom 8. Juni erhalten, in welchen derselbe meldete, daß die spani⸗ schen Behörden wahrscheinlich die Capitaine der „Georgiana“ und „Sarah Lond“ hinrichten lassen würden, wofern die Regierung der Vereinigten Staaten nicht sogleich entschieden einschritte. Die übrigen Gefangenen, glaubte man, würden mit weniger Strenge behandelt werden. Es war dies die Meinung nicht nur des Konsuls, sondern auch der nord⸗amerikanischen Schiffseigenthümer und vieler anderen Personen in Havana. Der Konsul hatte, wie es hieß, in seiner Depesche auf bestimmte Instructionen gedrungen, durch die er er⸗ mächtigt werde, die Auslieferung der Gefangenen zu fordern, da er sich von irgend einer anderen Art des Einschreitens nicht die ge⸗ ringste Wirkung versprach. Die Verhaftung des General Lopez in New⸗Orleans bestätigt sich übrigens; sie fand am 7. Juni statt, und am 12ten sollte das Verhör beginnen. Gegen mehrere der vornehmsten Bewohner von Cuba, die nach den Vereinigten Staaten geflohen, weil sie wahrscheinlich bei dem Unternehmen des Lopez kompromittirt sind, ist ein Erscheinungsbefehl erlassen, mit der Be⸗ stimmung, daß ihre gesammten Güter konfiszirt werden, wenn sie sich in neun Tagen nicht stellen. An die spanischen Soldaten, die bei Cardenas gegen die Freischaaren unter Lopez gefochten, sind eine große Anzahl Ehrenzeichen vertheilt worden. Man will in New⸗ York bestimmt wissen, daß der Gouverneur von Cuba die Spanier auf St. Domingo gegen den Neger⸗Kaiser Faustin J. mit Waffen und Soldaten unterstützen werde. b

In Washington herrscht die Ansicht, daß nach der ärgerlichen Scene im Kongreß zwischen Benton und Clay an eine Annahme des Kompromisses hinsichtlich der Sklavenfrage nicht zu denken sei

Kalifornien und seine Schätze bilden noch immer den Gegen⸗ stand, der die amerikanische Presse lebhaft beschäftigt. Das Journal Pacifik News bringt einen Bericht über die Entdeckun⸗ gen, welche Auswanderer über den Salzsee gemacht. In den öst lichen Anfängen der Sierra Nevada, gegen 230 englische Meilen von dem Pueblo entfernt, gelangten sie nach unendlichen Mühselig⸗ keiten, durch Gegenden ziehend, die nie ein menschlicher Fuß betre⸗ ten, zu einem wirklichen Felsengebirge, das aus lauter Gold und Silber besteht. Die Grundbildung ist Quarz, und Gold und Silber zieht durch die Felsen nach allen Richtungen hin. Bemerkens⸗ werth ist aber, daß das Gold im südlichen Theil und das Silber im nördlichen sich hinzieht. Uebrigens ist dort unoch mehr Silber als Gold zu finden. Traurig ist es aber, daß in der ganzen Ge⸗

1153

j gend kein trinkbares Wasser ist, denn alles Wasser dort ist gesalzen,

Meilen weit umher. Bruchstücke der Gold⸗ und Silberfelsen sind von den Abenteurern, die von dort zurückgekommen, mitgebracht worden, so daß an der Wahrhaftigkeit ihrer Aussagen nicht zu zweifeln ist. Professor Webster in Boston ist bekanntlich von der

Jury für schuldig erklärt, seinen Kollegen Dr. Parkman ermordet zu haben, mithin zum Tode verurtheilt worden, welches Urtheil aber bis⸗ her noch nicht vollstreckt wurde. Es ist sogar ein Cassationsgesuch ein⸗ gelegt worden, das jedoch keine Aussicht auf Erfolg hat. Mittler⸗ weile verwendel man sich stark zu seinen Gunsten, um Begnadigung zu erwirken, obgleich an seiner Schuld nicht gezweifelt wird.

Henriette Herz.

Henriette Herz. Ihr Leben und ihre Erinnerungen. Herausgegeben von J. Fürst. Berlin 1850. Verlag von Wilhelm Hertz.

Ess ist eine traurige, aber nicht mehr zu bestreitende Thatsache, daß die Periode, in der wir leben, der ihr unmittelbar vorangegangenen, dem Ende des 18ten Jahrhunderts und den ersten Jahren des 19ten, an echter Genialität bei weitem nachsteht, und daß in den mannigfachsten Gebieten des Geistes, in der Wissenschaft, Kunst und Politik eine entschiedene Ab⸗ nahme der produktiven Kraft zu spüren ist. Auf die Erziehung der Ju⸗ gend wird jetzt weit mehr Sorgfalt verwandt, als früher; wer etwas ler⸗ nen will, dem bieten sich von allen Seiten die reichsten Hülfsmittel dar, und doch fehlt dem gegewärligen Geschlecht jene harmonische Entwickelung des gesammten menschlichen Wesens, die in so hohem Grade den bedeu⸗ tenden Persönlichkeiten der jüngsten Vergangenheit eigen war. Eine Menge von Kenntnissen, die sonst das Privateigenthum Weniger ausmachten, sind jetzt Gemeingut geworden. Aber wenn der Strom der Bildung zwischen breiteren Ufern dahinfließt, so verlor er dafür an Tiese. Geistige Mittel⸗ mäßigkeit ist der Charakter der Gegenwart und der Bestrebungen, die sich in ihr geltend machen, während die zweite Hälfte des 18ten Jahrhunderts eine wahrhaft schöpferische Zeit war, die bei allen Völkern einen neuen Aufschwung bezeichnet. Welcher Gegensatz zwischen den Menschen von da⸗ mals und von jetzt! Im englischen Parlament sind die Pitts, Burkes und Fox verstummt; wie großartig nimmt sih die französische Constituante von 1789 gegen das Kind der Februar⸗Revolution, die konstituirende Ver⸗ sammlung von 1848, aus, und doch ist es gerade die Politik, welche jetzt die Thätigkeit der Nationen und der Einzelnen am meisten in Anspruch nimmt. Das Interesse für die Wissenschaften, so weit sie nicht eine un⸗ mittelbare praktische Beziehung haben, und besonders für die Kunst, ist ganz in den Hintergrund getreten. Schon seit Dezennien wurde auf die⸗ sem Gebiete nichts Bedeutendes geschaffen, und wir sind lediglich darauf hingewiesen, von den überkommenen Schätzen zu zehren. So gleicht un⸗ sere Zeit dem Sohne eines reichen Vaters, der sich damit begnügt, von den Zinsen des ererbten Vermögens zu leben, ohne durch eigene Arbeit das aufgesammelte Kapital zu vermehren.

Seitdem nun die Beschäftigung mit der Kunst und den Wissenschaf⸗ ten ihre allgemeine Anziehungskraft verlor, ist zugleich jener behagliche Le⸗ bensgenuß, der sich die heitersten und geistreichsten Formen des geselligen Verkehrs schuf, verschwunden und an seine Stelle eine Hast und Unruhe getreten, die sich unter der Herrschaft des Materialismus immer der Gesell⸗ schaft bemächtigt. Die Memoiren aus dem Ende des 18ten Jahrhunderts haben deshalb einen so großen Reiz für uns, weil sie im schärfsten Ge⸗ gensatz zu den sozialen Zuständen der Gegenwart das Bild einer Gesellig⸗ keit entwerfen, in der die geistige Erregung der Zeit ihren Ausdruck und zugleich die schönste Befriedigung fand. Alle bedeutenden Männer und Frauen jener Zeit bildeten gleichsam einen festgeschlossenen Bund, dessen einzelne Glieder, sich gegenseitig fördernd und anregend, in ununterbroche⸗ nem mündlichen und schriftlichen Verkehr standen.

Das vorliegende Buch enthält die Erinnerungen einer Frau, die mit den bedeutenden Persönlichkeiten dieses und der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts denn sie sah mehrere Generationen an sich vorübergehen in Berührung stand. Die hier zusammengestellten Fragmente, denen einige kurze biographische Notizen über Henriette Herz vorausgeschickt sind, betreffen unter Anderen: Markus Herz, Dorothea von Schle⸗ gel, Karl Philipp Moritz, Mirabeau, Friedrich von Gentz Frau von Grotthius, Frau von Eybenberg, die Brüder von Humboldt, Schleiermacher, Jean Paul, Börne, die Herzogin Dorothea von Kurland, Elise von der Recke, Frau von Staëöl, August Wilhelm Schlegel, Schiller und Göthe. Es sind weder Lebensbeschreibungen, noch eigentliche Charakter⸗Skizzen, die darin gegeben werden, sondern einzelne Züge, die zu dem schon Bekannten einen neuen Beitrag liefern, manche noch nicht genug beachtete Seiten mehr hervorheben und so anderweitige Schilderungen ergänzen und berichtigen sollen. Das Anziehende dieser Mittheilungen besteht in ihrer Unmittel⸗ barkeit und individuellen Wahrheit; während sonst gewöhnlich in Memoiren die natürliche Lebendigkeit der mündlichen Rede verloren geht, so ist es hier, als ob wir den Salon der Henriette Herz beträten und der geistvollen Conversation zuhörten, die dort zu Hause war. Die Personen, von denen die Rede ist, werden in unsere nächste Nähe gerückt, und wir nehmen Theil an ihrem ganzen Thun und Treiben. Es ist nicht genug zu bedauern, daß Henriette Herz den größten Theil ihres Briefwechsels, so wie ihre Tage⸗ bücher, eigenhändig vernichtete, indem man aus den hier mitgetheilten Pro⸗ ben auf den Werth eines solchen Verlustes schließen kann. Zum Glück ist der Briefwechsel mit Schleiermacher damals verschont geblirben, und mit einer um so größeren Ungeduld sehen wir der versprochenen Veröffentlichung desselben entgegen, als die innigen Beziehungen zwischen dem Schreiber und Henriette Herz eine Fülle der interessantesten Belehrungen über die Persönlichkeit und das Wirken des berühmten Kanzelredners und Philoso⸗ phen in diesen Briefen uns erwarten lassen. Seine Freundin erzählt in dieser Beziehung: „Ueberhaupt legt seine Korrespondenz mit mir von den Jahren 1798 bis 1804, einer Zeit großer innerer und äußerer Thätigkeit Schleiermacher's, ja vielleicht seiner eigentlichen Entwickelungs⸗Periode, das lebendigste Zeugniß für Geist und Gemüch des trefflichen Mannes ab. Wir waren in Berlin gewohnt, uns täglich zu sehen, und waren wir von einander getrennt, so mußte briefliche Mittheilung den mündlichen Verkehr thunlichst ersetzen. Nun war er in dieser Zeit oft länger von Berlin abwesend, unter Anderem zwei ganze Jahre als Hosprediger in Stolpe, und andererseits brachte ich, so lange er in Berlin war, den Sommer größ⸗ tentheils auf dem Lande zu; daher Anlaß zu vielen Briefen. Und der Drang, sich Freunden mitzutheilen, ja, sich ihnen ganz, bis in alle kleinsten Falten des Sinnes und Herzens hinein hinzugeben, war mächtig in ihm. Eben so nöthig jedoch waren ihm Lebens⸗ und Liebeszeichen seiner Freunde, die er, und ich rechne mich selbst dazu, wenn er einmal von ihrer Freund⸗ schaft überzeugt war, über Verdienst hochstellte. Eine Stelle eines Briefes von ihm an mich wie fast immer trotz der tiefen Empfindung nicht ohne die ihm eigene Beimischung von Humor charakterisirt den Mann in den erwähnten Beziehungen ganz. „„Ach, Liebe““ heißt es darin „„thun Sie Gutes an mir und schreiben Sie mir fleißig. Dies muß mein Leben erhalten, welches schlechterdings in der Einsamkeit nicht gedeihen kann. Wahrlich, ich bin das allerabhängigste und unselbstständigste Wesen auf der Erde, ich zweifle sogar, ob ich ein Individuum bin. Ich strecke alle meine Wurzeln und Blätter aus nach Liebe, ich muß sie unmit⸗ telbar berühren, und wenn ich sie nicht in vollen Zügen in mich schlürfen kann, bin ich gleich trocken und welk. Das ist meine innerste Natur, es giebt kein Mittel dagegen, und ich möchte auch keines.““

Bevor wir nun auf den Inhalt der einzelnen Mittheilungen näher ein⸗ gehen, führen wir erst Einiges aus dem Leben jener Frau an, deren Haus ehe⸗ mals den Mittelpunkt in dem geselligen Verkehr Berlins bildete und die für unsere Zustände eine ähnliche Bedeutung hat, wie Madame Recamier für Paris. „Henriette Herz gehörte einst zu den schönsten Frauen ihrer Zeit; sie war reich an Gemüth, treu und aufopfernd in der Freundschaft, gleichwie die Französin mit jenem wohlthuenden Geiste begabt, der darauf verzichtet, zu blenden, in manchen Zweigen des Wissens bedeutender als sie, wie sie in genauester persönlicher Beziehung zu fast allen hervorragenden Geistern ihrer Stadt, so wie mit ven auswärtigen, wenn diese irgend ihre

.

Stadt besuchten, in brieflicher mit vielen der bedeutendsten Männer und Frauen Deutschlands, de /Mittelpunkt eines geselligen Kreises, zu welchem die sammtbekleideten, goldbefranzten Stufen des L“ 8. W1 8 118 die ärmliche Hütte des gesitteten Dürftigen und alle Abst 1 ANas⸗ b ies d Dafttben, und stufungen zwischen

n, 1 utingent stellten.’“ Sie war die älteste Tochter des Arztes de Lemos, eines Juden von portugiesischer Abkunft, und wurd 5 8 tember 1764 in Berlin geboren. Auf ihre Erziehung ve haltziß a. ßig wenig Sorgfalt gewandt, vielmehr verdankte Henriette Her 54 f „* Frau seltene Ausbildung theils dem Reichthum ihres eigenen Geistes F

8 4 2 8 8

dem belehrenden Umgange mit Markus Herz, einem vielbeschäftigten 8 tischen Arzte und geachteten Schriftsteller in Berlin, mit dem se sich den 1. Dezember 1779 vermählte. An seiner Hand wurde sie in die deutsch Literatur, so wie in die der Franzosen, Italiener und Engländer eingefüͤhrt. Sowohl um zu allen bedeutenden Werken einen unmittelbaren Zugang sich zu verschaffen, als auch um sich im Verkehr mit Ausländern bequem be⸗ wegen zu köngen, lernte sie die wichtigsten älteren und neueren Sprachen, wie hebräisch, griechisch, lateinisch, französisch, englisch, italienisch, spanisch und schwedisch. Eine Art von linguistischer Neugier trieb sie sogar dazu, sich eine Zeitlang mit dem Sanskrit, dem Türkischen und Malavischen zu beschäftigen. Markus Herz stand schon als geachteter Arzt und scharfsinni⸗ ger Philosoph mit den bedeutendsten Männern Berlins in Berührung, und es konnte nicht fehlen, daß sein Haus, welches außerdem die Gegenwart der sungen anziehenden Frau belebte, bald zum Sammelplatz aller Notabilitä⸗ ten der Hauptstadt wurde. So finden wir damals in ihrem näheren Um⸗ gange Ramler, Engel, Moritz, die beiden Spalding, Teller, Zöllner, Dohm, Reichardt, Schadow, Nicolai und zu dem Ende der 80er Jahre die Brüder Humboldt, Christian Bernstorff, Gentz und Graf Alexander Dohna. Die folgende Zeit fuhrte ihr unter mehreren ausgezeichneten Männern von Brink⸗ mann, Feßler, Friedrich Schlegel, endlich Schleiermacher zu, mit welchem sie von allen ihren Freunden wohl auf das dauerndste und innigste verbun⸗ den blieb. Zur Charakteristik der durchaus edeln Persönlichkeit Schleier⸗ machen's, so wie seines schönen Verhältnisses zu Henriette Herz, mag hier noch Einiges aus den Mittheilungen der Letzteren Platz finden. „Erst nach Schleiermacher's Rückkehr aus Landsberg, im Jahre 1796“, schreibt sie, „wurde unsere Verbindung enger. Er war damals Prediger an der Charité und wohnte auch in dem Charité⸗Gebäude, dessen Umgegend noch wüst, unangebaut, ja ungepflastert war. Dennoch kam er fast jeden Abend zu uns, die wir damals in der neuen Friedrichsstraße, nahe der Königestraße, wohnten. An Winterabenden war sein Weg zu uns, namentlich jedoch der Rückweg, gar nicht ohne Beschwerlichkeit. Aber er wurde noch weiter und beschwerlicher, ja an Winterabenden sogar bedenklich, als Schleiermacher während eines Umbaues in der Charité eine Wohnung auf der jetzigen Oranienburger Chaussee bezogen hatte, damals eine Abends unbeleuchtete Landstraße, an welcher nur wenige Häuser in weiten Entfernungen von ein⸗ ander lagen. Er hatte sich jedoch bereits in dem Maße an meinen Mann und mich attachirt und wußte seinerseits uns ihm so aufrichtig befreundet, daß er dadurch nicht von seinen allabendlichen Besuchen abgehalten wurde. In unserer Besorgniß um ihn verehrten wir ihm eine kleine Laterne, solcher Art cingerichtet, daß er sie in ein Knopfloch seines Rockes einhaken konnte, und so angethan ging dann der kleine Mann an jedem Winterabende von uns, wenn er nicht schon so ankam. Von einer Berühmtheit oder auch nur von dnem Rufe Schleiermacher’'s war damals noch nicht die Rede. Erst in jener Zeit fing seine literarische Thätigkeit insofern an, als er Predigten aus dem Englischen übersetzte; aber diese Art derselben war nicht geeignet, ihm zu einem Namen zu verhelfen. Doch ich darf sagen, daß sowohl mein Mann als ich sehr früh seine Bedeutung erkannten. Als Friedrich Schle⸗ gel nach Berlin kam, beeilte ich mich, ihn mit Schleiermacher bekannt zu machen, überzeugt, daß ein näheres Verhältniß Beiden förderlich sein würde. Auch Schlegel wurde bald inne, welch einen Schatz an Geist der kleine Körper seines neuen Freundes barg, denn die Beziehung war in kurzem eine vertraute geworden. Schlegel und ich nannten ihn daher bald nicht anders als unser Bijou. Wir mwaren es auch, welche ihn zuerst aufmun⸗ terten, selbstständig als Schriftsteller aufzutreten, indem wir ihn veranlaßten, einen Beitrag zu dem von den Brüdern Schlegel herausgegebenen „Aithe⸗ näum“ zu liefern. Dies war die erste Original⸗Arbeit, welche von ihm in Druck erschien. Schon im Sommer 1798 wurde dann zwischen ihm und Friedrich Schlegel die erste Verabredung hinsichts der Uebersetzung des Pla⸗ ton getroffen, zu welcher der Vorschlag von Schlegel ausging. Aber sie war, größtentheils durch Schlegel's Schuld, noch sehr wenig vorgerückt, als dieser im Jahre 1802 Berlin verließ und auch Schleiermacher als Hof⸗ Prediger nach Stolpe ging. Von da an zog sich Schlegel ganz zurück, so daß Schleiermacher sich entschließen mußte, die Arbeit allein zu über⸗ nehmen.“ Wie innig sein Verhältniß zur Freundin war, geht daraus hervor, daß

er in jedem seiner Briefe Rechenschaft uüber seine schriftstellerische Thätigkeit gab und seine Manustripte, bevor sie gedruckt wurden, erst ihr zur Begut⸗ EE Man hat lange Zeit geglaubt, daß Schleiermacher's Be⸗ eeean vF ens nicht blos rein freundschaftlicher Natur gewesen berichtt tewerden, als Iunte aber nicht unbefangener und überzeugender G g 8 „als es in folgenden Worten geschieht: „Es fehlte auch nicht an Leuten, welche, die Innigkeit unseres Verhaͤltisses kennend, ei deres Gefühl als das der Freundschaft in uns voraussetzten ö ein Jirthum. Man konnte sich mit Niemanden unumwundener über das gegenseitige Verhältniß aussprechen, als mit Schleiecrmacher, ja es war recht eigentlich sein Bestreben, sich und den Anderen über dasselbe ins Klare zu setzen, damit nicht irgend eine Täuschung in dieser Beziehung ein Verhält⸗ niß trübe, welches, so wie es eben in Wirklichkeit bestand, ein schönes und das allein angemessene war. So haben wir uns denn auch öfter darüber

ausgesprochen, daß wir kein anderes Gefühl für einander hätten und haben

könnten, als Freundschaft, wenngleich die innigste, ja, so sonderbar es schei⸗

nen mag, wir setzten uns schriftlich die Gründe aus einander, welche verhin⸗

derten, daß unser Verhältniß ein anderes sein könne. Schleiermacher's gro⸗

ßes inneres Wohlwollen war Ursache, daß er, so vorzugsweise erfreulich ihm

auch eine geistig anregende Unterhaltung war, doch auch sehr gern mit Leu⸗

ten umging, die nicht auf gleicher geistiger Höhe mit ihm standen, ja über⸗

haupt geistig nicht bedeutend waren, denn schon Gemüthlichkeit allein konnte ihn aufs mächtigste anziehen. Deshalb waren auch seine geselligen Bezie⸗ hungen sehr ausgedehnt und haben ihn viele Zeit gekostet, ja sie tragen vielleicht allein die Schuld, daß er seine Vorlesungen nicht für den Druck bearbeitet hat.“

Wenn auf diese Weise das Verhältniß Schleiermacher’s zu Henriette Herz sich stets innerhalb der Gränzen der reinsten Freundschaft hielt, so konnte es nicht sehlen, daß der liebenswürdigen Frau Andere, die nicht die⸗ selbe sittliche Stärke und Charakterfestigkeit hatten, die glühendste Leiden⸗ schaft widmeten. Noch in ihrem 53ͤsten Jahre warb ein 20 Jahr jüngerer Mann um ihre Hand. Graf Alerander Dohna und Karl von Laroche ge⸗ hörten lange Zeit zu ihren enthusiastischen Verehrern. Auch Ludwig Börne, der unter der Leitung des Marcus Herz in Berlin Medizin stu⸗ dirte, verliebte sich in die Frau, die dem Alter nach seine Mutter sein konnte und versuchte, von der Hoffnungslosigkeit seiner Leidenschaft überzeugt, zwei⸗ mal, seinem Leben ein Ende zu machen. Er kam, erst 16 Jahr alt und damals noch Louis Baruch geheißen, in das Herzsche Haus; in seinem Fache, zu welchem er keine Neigung zu haben schien, that er wenig, ja üͤberhaupt sehr wenig. Es schien ihm gar nicht darum zu thun zu sein, sich eine wissenschaftliche Bildung anzueignen. Aber auch die Gelegenheit, sich durch den Umgang mit bedeutenden Menschen zu bilden, welche das Haus ihm im reichen Maße bot, benutzie er nicht, wie er gekonnt hätte. Ja, er mied vielmehr solche Leute und ihr freundliches Entgegenkommen, sogar ihre bloße Nähe war ihm oft drückend. Aber dennoch gab sich mit⸗ unter ein bedeuteudes Selbstbewußtsein bei ihm kund, welches, da es un⸗ begründet erscheinen mußte, für Dünkel galt und ihm manche Besucher des Hauses entfremdete. Was er that und unterließ, sollte nächstdem den An⸗ schein haben, als geschähe es aus Grundsatz, und vielleicht verhielt es sich auch so. Er geberdete sich daher auch nie, als wenn er irgend fleißig sei und seine Kenntnisse zu vermehren strebe, vielmehr gab er zu verstehen, daß er seine Trägheit und Gleichgültigkeit in dieser Beziehung nicht überwinden könne, es aber auch nicht wolle, daß jedoch diese Zeit seines Lebens deshalb doch keine verlorene sei. Warum nicht? darüber schwieg er. Dessenun⸗ geachtet erblickte Henriette Herz nicht in ihm „einen kleinen selbstzufriedenen Faullenzer, sondern einen jungen interessanten Menschen“, der durch einzelne scharssinnige Bemerkungen und durch eine fortgesetzte gespannte Beobachtung der Außenwelt schon damals die in ihm schlummernde Kraft verrieth. Als im Jahre 1803 Marcus Herz starb, bat er die Wittwe so dringend, ihm den weiteren Aufenthalt im Hause zu gestatten, daß sie, die von seiner Lei⸗