1850 / 185 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Antrag angenommen wird, daß der kirchliche Charakter auf den Religions⸗Unterricht beschränkt werde, und beantragte solches durch einen Zusatz. Es wurden indeß alle Anträge abgelehnt. Ueber⸗ haupt war die Ablehnung der Anträge, welche meistens von Win dt⸗ horst gestellt wurden und eine groößere Beschränkung der Einwir⸗ kung des Staats auf die Schule bezwecken sollten, als nach dem Entwurfe beabsichtigt wurde, heute das regelmäßige Resultat der Abstimmung. Angenommen wurde ein Antrag fürs Begleitschrei⸗ ben bei §. 8 von Freudentheil, der dahin ging, der Regierung zu erkennen zu geben, wie Stände eine größere SSbeh g Gemeinden bei der Wahl der Schullehrer für erforderlle erachten müßten und die Regierung um eine desgfaasige er lage ersuchten. Eben so ging ein Antrag von durch, daß sowohl fuͤr die evangelische als, die, eernn schr estell⸗ fession ein besonderer Referent im geistlichen vWö für werde. Nach dem Entwurfe sollte überhaupt nur ein 8 Nand 6 das gesammte Schulwesen angestellt werden, lund I dabei, ob derselbe Protestant . CN bihheg SyS 8 1 besonderen Follsch 2 S der katholischen Fiunwohner⸗ scaft des Landes, wie es hieße Dle ausführlichste iskassion ent⸗ stand über den zu §. 10 gestellten Antrag, daß die C rundzüge nicht eher ins Leben treten sollten, bis die Kirche darüber gehört sei und ihr Einverständniß mit denselben ausgesprochen habe. Windthorst sprach hauptsächlich für den Antrag, Stüve gegen denselben: „Es scheint sich auch hier die Ansicht geltend machen zu wollen, daß die Kirche ein ausschließliches Recht auf die Leitung und Regelung der Volksschule habe. Das kann der Staat nie anerkennen. Der Staat muß sein Recht auf die Volksschule frei und ungeschmälert sich erhalten, nur dann ist er im Stande, auf die Schule eine Ein⸗ wirkung auszuüben, und diese muß er haben. Er kann überhaupt eine Einwirkung der Kirche nur insoweit gestatten, als es zur Wahrnehmuug der Rechte der Kirche erforderlich ist. Der Staat darf die Kirche nicht ausschließen, aber er muß auch für sich eine Stellung in Anspruch nehmen, die ihn als voöllig gleichberechtigt hinstellt. Dieses Verhältniß, nach welchem Staat und Kirche Hand in Hand gehen, ist das natürliche und auch das recht⸗ liche. Man hat erst seit ein paar Jahren den Satz aufgestellt, daß die Schule eine reine Anstalt der Kirche sei. Früher hat man nichts davon gewußt, und es muß mich namentlich Wunder nehmen, daß die evangelische Geistlichkeit unseres Landes ich zu der Aufstellung dieses Satzes hinzuneigen scheint. Ich s mich gegen diese Theorie auf Dr. Luther selbst berufen kön⸗ nen, auf sein Sendschreiben an die Bürgermeister und Räthe in den Städten der deutschen Lande. Darin findet sich nichts von diesem vermeintlichen ausschließlichen Rechte der Kirche auf die Schule. Eben so ist bis auf die neueste Zeit auch das katholische Schulwesen durch die bürgerliche Gesetzgebung geregelt, namentlich durch die Gesetzgebung unseres Landes. Der Antrag ist mit dem Rechte des Staats völlig unvereinbar, und deshalb werde ich ent⸗ schieden gegen denselben stimmen.“ Schläger ist es nicht klar ge⸗ worden, was der Antragsteller unter „Kirche“ in seinem Antrage versteht. „Glaubt derselbe, daß die protestantische Geistlichkeit allein die protestantische Kirche bilde, so möchte es ihm wohl schwer fallen, diesen Satz des protestantischen Kirchenrechts nachzuweisen. Es würde also jedenfalls eine Synode stattfinden müssen; es ist aber schon gestern von einem Geistlichen der prdtestantischen Kirche hervorgehoben, daß die in Aussicht gestellte Synode als Ausdruck der protestan⸗ tischen Kirche nicht werde gelten können.“ Windthorst muß bei der Ansicht bleiben, daß der Antrag den Verhältnissen entsprechend sei. Die Deduction des Herrn Ministers, daß die Kirche kein aus⸗ schließliches Recht auf die Leitung der Schule habe, ist mir eben so neu, als behauptetermaßen ihm die entgegengesetzte Theorie. In der Geschichte ist der Satz begründet, daß die Schulen von der Kirche gestiftet sind, der Staat hat dazu nicht den Anfang gemacht. enn es auf Autoritäten ankömmt, so berufe ich mich auf einen bewährten Kirchenrechtslehrer. Richter lehrt in seinem Kirchenrecht, daß die unmittelbare Aufsicht über den Volksunterricht den Geistli⸗ chen zustehe, und es ist noch nirgends so schroff versucht, die Lei⸗ tung der Schule dem Staate zu vindiziren, wie es hier gesche— hen soll. Der Staat hat allerdings Gesetze über das Schul⸗ wesen erlassen, diese betreffen aber nur die äußere Ausstatlung der Schule; die innere Leitung hat er sich noch nicht durch die Gesetzgebung beigelegt.“ Stüve: „Der Standpunkt, auf welchen man sich zuerst stellen muß, ist der, daß die Schul⸗Angele⸗ genheiten von Staat und Kirche gemeinschaftlich zu betreiben sind. Diesen Mittelweg hat man in der Praxis eingehalten, und ich be haupte, erst in der neuesten Zeit ist man dahin gekommen, dem Staate alles Recht auf die Schule abzusagen. Zu jeder Zeit hat 1. der Staat der Erziehung angenommen, und das ist seine Pflicht, die er erfüllen muß. Auch in Osnabrück, auf dessen Ver⸗ hältnisse der geehrte Herr sich berufen, hat die Kirche ihr Recht auf die Schule durch ein Diplom Karl's des Großen, also vom Staate, empfangen. Im funfzehnten Jahrhundert lag das 1ö.. 1 nc die Bildung des Volkes sehr Volksschule 1 Feit⸗ ig man angefangen, die 29 he 86 8 zu begrün en, die früher nur Privat Ansta 3 ie ist seit der Zeit weit mehr durch die Gemeinden ge⸗ dt als unmittelbar durch die Kirche. Man frage nur nach, woher vC Rebenschulen und die Bauerschaftsschulen entstanden sind. din vi egsn der Kirche hat allerdings stattgefunden, die Grün⸗ Iea eng hie enttelbar von ihm ausgegangen. „Es hat bei der an Widene 8 zZulen durch die Gemeinden häufig sogar nicht 1 ersoruch von Seiten der Kirche gefehlt. Dieselbe Erschei⸗ 2 in neuerer Zeit hervor. Statt der Gemeinden hat sich at der Fortbildung der Schulen angenommen, und es ist nun von der Kirche neuer Widerspruch erfolgt, und diesem zu Tage gekommenen Widerspruch verdankt die Theorie ihre Entstehung, daß nur die Kirche, nicht auch der Staat 2 Recht die Leitung der 8 Sehnke Fäbe⸗ Windthorst: „Das Recht des Staats bezieht sich Schce i gerlich Verhältnisse; die Verwaltung und Leitung der sitze will de her im Besitz der Kirche gewesen, aus diesem Be⸗ nee fana ie Kirche entsetzen.“ Stüve: „„Der Vordersatz ist weltlichen 1eSe ein guter Theil der Leitung befindet sich in er habe im . Der geehrte Herr hat gestern selbst gesagt, örde gesessen, welcher Theil an der Leitung „Windthorst: „Die Behörde hat es nur 1 Fenhetten zu thun.“ Stüve: „Und auch wohl Antrag mit großer Maferim. Bei der Abstimmung wurde der trag von Windihwese itüt verworfen. Eben so wurde ein An⸗ Entwurfs über die katholi gelehnt, daß die Bestimmungen des sondern zuvor die geistlichen 9 einstweilen nicht angewendet, aufgefordert würden. Der Re ehörden zu ihrem Einverständnisse dagegen, daß es die Absich 8 gierungs⸗Kommissar Bruel erklärte

1178 das Wort. Er will die Sache aus einem Gesichtspunkte beleuchten, der seiner Meinung nach bisher noch nicht genug gewürdigt sei; er will sich indeß kurz fassen, da er nicht hoffen darf, mit seiner vollständig abweichenden Ansicht Anklang P ewinnen. Den gestern versuchten Beweis für die Dringlichkeit 8 Westbahn will er nicht entkräften, da die Frage selbst ihm eine wesentliche nicht zu sein scheint. Auf die große Anzahl von Petitionen für die Westbahn legt er so wenig Gewicht, wie auf die Wahrheit

nimmt zuerst Bothme

eines in 12,000 Abdrücken vervielfältigten Zeitungs⸗Artikels; gedruckte und in der Provinz umhergesandte Petitionen können für die Stimmung der Bevölkerung nichts beweisen. Die Westbahn wünscht er vor⸗ läufig ganz beseitigt, und auch in Betreff der Südbahn kann er nur wünschen, daß ein definitiver Beschluß jetzt noch nicht gesaßt werde. Was für die Dringlichkeit und Nothwendigkeit des Baues ange ührt ist, ist für ihn nicht überzeugend gewesen. Um so mehr glaubt er aber auf die bedrängte Finanzlage unseres Landes hin⸗ weisen zu müssen. Die Schulden, welche sich auf 25 Millionen be⸗ laufen, werden durch den projektirten Eisenbahnbau um 20 Mil lionen vermehrt werden, zu welchen noch 2 Millionen für Zinsen während des Baues hinzukommen. Die Last werde für das Land eine drückende werden und auf den bis jetzt erfreulichen Kredit, den Hannover genossen, ungünstig einwirken. Er könne nicht hoͤffen, daß seine Bedenken groß ins Gewicht fallen werden, aber er habe sie um so weniger zurückhalten mögen, als er überzeugt sei, nach vollendetem Baue werden neue und immer neuere Eisenbahnprojekte auftauchen. Kammerrath von Münchhausen: Daß die Finanzlage Hanno⸗ vers eine bedrängte sei, könne er in keiner Weise zugeben, sie sei vielmehr so günstig, als sie nur irgendwo gefunden werden können. Allerdings sei der Ban der Süd⸗ und Westbahn, die Herbeischaf⸗ fung der Mittel das großartigste finanzielle Unternehmen, was Han⸗ nover bis jetzt in Angriff genommen habe, aber es sei ein Unter⸗ nehmen, dessen Betrieb die Zinsen des Kapitals und die allmälige Abtragung desselben selbst aufbringe. Der Kredit könne durch den Bau nicht untergraben werden, eher dadurch, wenn Hannover sich durch Beseitigung desselben das Armuths⸗Zeugniß ausstelle, daß es ein großartiges Werk nicht zu unternehmen vermöge. Der Bau aber sei ein nothwendiger und dringender, wenigstens der der Südbahn. Der Redner beweist dies aus den bekannten, von der Regierung geltend gemachten Gründen, indem er besonders die Unräthlichkeit und Unthunlichkeit einer Absperrung Hannovers von dem Verkehr mit dem Auslande darthut, eine Ab⸗ sverrung, die durch den Nichtbau der Südbahn einzutreten Gefahr drohe. Seiner Meinung nach sei mit dem Bau derselben schon viel zu lange gezögert. Der Bau der Westbahn, wenn auch nicht so dringlich, sei gleich nothwendig. Senator Meier befürwortet angelegentlich den sofortigen Bau der Südbahn. Decken, wenn auch die Grunde für beide Bauten anerkennend, hat doch mancherlei finanzielle Bedenken, welche er zuvor beseitigt zu sehen wünscht. Er trägt deshalb darauf an, die Vorlagen zur erneuten Begutachtung an den Finanz⸗Ausschuß zurückzuverweisen, dem er eine Reihe von Fragen zur Pruüfung vorlegt, namentlich die Fragen über Zweckmä⸗ ßigkeit oder Nichtzweckmäßigkeit zu schaffenden Papiergeldes, über die Zollverhältnisse Hannovers und den Einfluß der Eisenbahnen auf dieselben und dergleichen. Mehrere Mitglieder des Finanz⸗Aus⸗ schusses versichern, die Fragen seien bereits sorgfältig erwogen, und namentlich habe man sich einstimmig gegen das Papiergeld erklärt und überhaupt alle Finanzpunkte genügend erledigt. Bothmer: Als Mitglied des Ausschusses müsse er das Letztere in Abrede stel⸗ len; die Frage, wie das neue Eisenbahn⸗Unternehmen auf die Steuerkräfte des Landes einwirken werde, sei von ihm in Anregung gebracht, aber vom Ausschuß von der Hand gewiesen und unerle⸗ digt geblieben. K.⸗R. von Münchhausen: Das Faktum gebe er zu, aber die Berechnung ungewisser Eventualitäten könne unmög⸗ lich zum Gegenstand einer Ausschuß⸗Prüfung gemacht werden. K.⸗R. Münchhausen und Hausmann wünschen, daß über den Vorantrag Decken's sofort abgestimmt werde. Derselbe wird darauf zur Beschluß⸗ nahme verstellt und, wie schon berichtet wurde, gegen wenige Stim⸗ men abgelehnt. Nach der Ablehnung nimmt Rittm. Münchhausen die allgemeine Besprechung wieder auf. Man scheine zu fürchten, daß ohne den baldigen Bau der Südbahn der Verkehr von Ham⸗ burg und Bremen nach dem Süden von Hannover abgeleitet werde. Auch der in Angriff genommene Bau werde ihn dieser Furcht nicht überheben, so lange er nicht durch bündige Verträge mit den be⸗ treffenden auswärtigen Staaten den Verkehr für Hannover gesichert sehe. Da er aber die erhobenen finanziellen Bedenken theilen müsse, so werde er so lange dem Bau selbst das Wort nicht reden können. Man habe ferner gemeint, Hannover werde sich mit Un⸗ terlassung desselben ein Armuthszeugniß ausstellen. Er fürchte, das habe es schon längst gethan. Er erinnere nur an eine frühere Anleihe von 700,000 Rthlr., die mit einem Anleiheverlust (an Provision) von 60,000 Rthlr. verbunden gewesen sei. Ob das nicht ein Armuthszeugniß sei, wenn ein Staat eine verhältnißmäßig so unbedeutende Anleihe mit einer so außerordentlich hohen Provi⸗ sion erkaufen müsse. Nieper entwickelt darauf ausführlich die Gründe und Ansichten der Regierung, giebt Belege für die Nützlich⸗ keit und Unerläßlichkeit der beiden Bauten und macht die Gründe geltend, welche fur die Präzedenz der Südbahn sprechen. Die Bewilligung an die Bedingung zu knüpfen, daß durch Vorlage von Kontrakten mit den betreffenden Staaten (Braunschweig, Hessen, Preußen) eine Gewähr für den Erfolg gegeben werde, müsse er mißrathen, und werde ein Antrag dahin gestellt, so müsse er denselben auf das ent⸗ schiedenste bekämpfen. Die Mittheilung obschwebender Verhandlun⸗ gen könne, so vertraulich sie auch gemacht werde, auf den Abschluß nur nachtheilig einwirken. Nachdem Gosling wiederholt die Dringlichkeit der Westbahn zu erweisen gesucht hat, wird die allge⸗ meine Besprechung geschlossen und zur Berathung der Vorlage selbst übergegangen. Der zu §. 1 der Regierungsvorlage gestellte Antrag des Ausschusses bezweckt Genehmigung des Baus der Südbahn aus Landesmitteln und deren Betriebes für Rechnung des Landes nach dem Plan der Regierung, die Feststellung der speziellen Rich⸗ tung der Regierung überlassend. Eine Verhandlung erhebt sich über diesen Antrag nicht, wohl aber motiviren viele Mitglieder ihre Voten. Schultheiß Beckmann stimmt gegen den Bau der Bahn, deren Rentabilität von der Regierung selbst in Zweifel ge zogen wird, die dem Lande vielleicht einen Zuschuß von 400,000 Rthlr. jährlich kosten werde. Bei der finanziellen Noth unseres Laäͤndes und wegen der Bedenken, welche der geehrte Herr aus dem Schatzkollegium geltend gemacht habe, erkläre er sich gegen ein Unternehmen, das überdies den nördlichen Landestheilen (Bre⸗ men, Hadeln) keinen Vortheil bringe. Hammerstein hält eine Be⸗ hauptung, wie die letztere, für unhaltbar, und kann die finanzielle Lage unsers Landes so bedenklich nicht finden. Das Unternehmen sei nothwendig und unerläßlich, und obwohl noch ungewiß, so spreche doch die Wahrscheinlichkeit für dessen Rentabilität. Er stimme des⸗

Entwurfe deutlich Lernene er Regierung sei, was auch aus dem

1 1 ehe, v 3 munication mit den geistlichen e der Ausführung in Veiters Chnrn

hörden zu treten.

Hannover, 3. Juli. (Ztg. f. N

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halb für den Antrag. Eben so Angerstein, Hausmann, Vezin, welcher mit Kirchhoff bedauert, daß eine Gleichzei⸗ tigkeit des Baues der Westbahn nicht beliebt sei. Hannovers dehblscge Bedeutsamkeit beruhe hauptsächlich auf seiner Lage an dir deren beste Häfen in Ostfriesland sich befänden. Aber ie Verbindung desselben mit dem Binnenlande fehle; wo die Schiff⸗

barkeit der Ems aufhöre, da sei es mit den Verkehrswegen am Ende, die volle Bedeutung könne Ostfriesland, sein Handel, seine Schifffahrt erst dann gewinnen, wenn die Westbahn dem Verkehr neue Kanäle eröffnet. Wyneken für den Antrag. Ueber die Nothwendigkeit der Südbahn traue er sich ein kompetentes Urtheil nicht zu. Die Regierung erkläre deren Bau für unerläßlich, in solchen Gragen setze auch er in ihre gründliche Prüfung kein Miß⸗ trauen, ein Mißtrauen, dessen er sich allerdinge bei Fragen, in welchen es sich um die Rechte des Volkes handelt, oft nicht habe entschlagen können. Saxer für den Antrag. Er sei allerdings kein Freund der Eisenbahnen und werde es nie werden. (Heiterkeit.) Er wünsche, es existiren gar keine in der Welt. (Hei⸗ terkeit.) Aber da sie nun einmal da seien, so möge auch vohl die Ergänzung der angefangenen Bahnlinien unerläßlich sein. Decken und Wisch gegen den Antrag; Letzterer trägt auf namentliche Ab⸗ stimmung an, in welcher der Bau der Südbahn mit 41 gegen 11 Stimmen genehmigt wird. Gegen denselben stimmten: Schultheiß, Beckmann, Bothmer, Decken, Zum Felde, E. Mrier, H. Meier, Müller, Rittmeister von Münchhausen, Sieling, Winter, Wisch. Die Bewilligung von 11,104,728 Rthlr. für die erste Betriebs⸗Ein⸗ richtung ꝛc. und den Bau selbst wird ausgesprochen. Ein hierzu gestellter Antrag Dörrien's will, daß die Herbeischaffung des Betriebsmaterials aus der inländischen Industrie, so weit thun

lich, beschafft werde. Hamm erstein, durchaus damit einver⸗ standen, daß die finanziellen Kräfte des Landes möglichst bei dem Bau berücksichtigt werden, was er im Namen der Regierung ver⸗ spricht, kann doch dem Antrag das Wort nicht reden, da er den inländischen Industriellen ein die freie Bewegung der Regierung hemmendes Monopol in die Hand geben werde. Die erste Verpflichtung der Regierung sei, sich beim Bau der mög⸗ lichsten Sparsamkeit zu befleißigen und zu diesem Zweck dürfe ihr die ausländische Konkurrenz nicht ganz verschlossen wer⸗ den. Hausmann spricht min demselben Sinne und bekräftigt, daß die Eisenbahn Verwalkung thunlichst bisher die inländische Industrie berücksichtigt habe und auch künftig berücksichtigen werde. Für den Antrag kann er sich nicht erklären, er giebt dem Antragsteller eine allgemeinere Fassung desselben anheim. Eben so Honstedt und Stegemann, die mit der Tendenz des Antrages vollkommen einverstanden, doch die auswärtige Konkurrenz nicht aus⸗ geschlossen wünschen. Die erste Pflicht der Regierung sei Sparsam

keit; möge sie aber auch nicht vergessen, daß ihre zweite ist, die in⸗ ländische Industrie zu unterstützen. Hausmann schlägt für den Antrag eine veränderte Fassung vor, in welcher der A.

der Stände von 1848 wiederholt wird, die Eisenbahnver⸗

waltung möge, so weit es irgend möglich ist, ihre Be⸗ dürfnisse von inländischen Gewerbetreibenden begiehen. Wy⸗ neken ist um so mehr für diesen Antrag, da dessen Annahme das Vertrauen im Lande zu dem neuen Eisenbahn⸗Unternehmen

vermehren werde, es werde einen guten Eindruck machen, wenn man das Versprechen habe, ein großer Theil der geforderten und bewilligten 20 Millionen werde im Lande bleiben und zur Hebung der inländischen Industrie beitragen. Der Antrag wird fast ein⸗ stimmig angenommen. Die beiden folgenden Anträge des Aus⸗ schusses bezwecken, Ersparungen an der einen Position der Regierung zur Verfügung für Mehrausgaben bezüglich einer anderen zu be⸗

lassen. Der Regierungs⸗Kommissar findet nichts gegen die Anträge zu erinnern, die einstimmig angenommen werden. Desgleichen der folgende Antrag (Ablehnung der Anlage eines Bahnhofs zu Sar⸗ stedt). Der Antrag, die Erbauung eines Güterschuppens in Ban

teln abzulehnen, wird ebenfalls angenommen und darauf die Sitzung geschlossen.

Württemberg. Stuttgart, 5. Juli. Der Schwäb. Merk. meldet die (bereits mitgetheilte) Veränderung des Ministe riums folgendermaßen:

„Se. Königliche Majestät haben sich bewogen gefunden, den Chef des Justiz⸗Departements, Staatsrath von Hänlein, den Mi nister des Innern, von Schlayer, den Chef des Departements des Kirchen⸗ und Schulwesens und provisorisch des Departements der auswärtigen Angelegenheiten, Staatsrath von Wächter⸗Spitt⸗ ler, den Chef des Kriegs⸗Departements, von Baur, so wie den Finanz⸗Minister von Herdegen, unter dem 2. Juli, ihrem Ansuchen gemäß, von der Verwaltung der betreffen⸗ den Departements zu entheben. Sodann haben Se. Königl. Maje stät durch höchste Entschließung vom gleichen Tage zu Verwaltung der erledigten Ministerial⸗Departements folgende Personen gnaͤdigst berufen: den Kommandanten der Infanterie⸗Division und Gouver neur von Stuttgart, General⸗Lieutenant von Miller für das Departement des Kriegswesens, den Staatsrath und Direktor des katholischen Kirchenraths von Linden für das Departement des Innern, den Direktor der Eisenbahn⸗Kommission von Knapp, unter Beförderung desselben zum Staatsrathe, für das Departe ment der Finanzen, und den Ober⸗Tribunals⸗Rath von Plessen, unter Beförderung desselben zum Staatsrath, für das Departement vv

Dasselbe Blattfügt dieser Mittheilung hinzu: „Das neue Mi nisterium ist nun ernannt und besteht aus den Männern, die seit einigen Tagen genannt wurden; nur Herr von Reinhard ist nicht unter ihnen, sondern bereits wieder nach Frankfurt abgereist. Man sagt, er sei in der Frage über die Wahlart der neuen Kammer anderer Ansicht als seine Kollegen gewesen. Die beiden Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten und des Kultus werden von den anderen Ministern vor der Hand provisorisch verwaltet werden. Staatsrath von Knapp hat, wie wir hören, den Rücktritt auf seine bisherige Stelle sich vorbehalten, und derselben wird Herr Ober⸗ Finanzrath von Bilfinger als Dirigent vorstehen. Gestern Abend brachten sämmtliche Militair⸗-Musiken dem neuen Kriegs⸗Minister, General von Miller, eine Nachtmusik.“

Sachsen⸗Koburg⸗Gotha. Gotha, 2. Juli. (r. J.) Nachdem in der gestrigen Sitzung der Landtag noch die Summe von 4800 Fl., als den auf den koburgischen Landestheil fallenden Zuschuß zur Unterhaltung des Theaters, ferner 218 Fl. Kosten⸗ Antheil an den Diäten des thüringischen Bevollmächtigten im Ver waltungs⸗Rathe, von Seebeck, bewilligt und den Antrag auf Zu⸗ stimmung zu der ferneren Emittirung von 50,000 Rthlr. Kassen⸗ scheinen einstimmig angenommen hatte, wurde er durch ein Herzog⸗ liches Reskript vertagt, indem noch dem Verlangen der Regierung, daß der ständische Ausschuß durch den Finanz⸗Ausschuß verstärkt werden möge, gewillfahrt wurde.

Lübeck. Lübeck, 4. Juli. (H. Z.) Gestern wurden dem Bürger⸗Ausschuß drei sehnlichst erwartete, für die Reform unseres gesammten Staats⸗Organismus ungemein wichtige Senats⸗Anträge vorgelegt. Der erste bezieht sich auf die Umgestaltung des Ge⸗ richtswesens im Sinne der bei uns Gesetzeskraft habenden Grund⸗ rechte des deutschen Volkes. Die Trennung der Justiz von der Verwaltung ist streng durchgeführt, indem in Stelle der bisher von Senats⸗Mitgliedern besetzten Gerichte erster und zweiter Instauz

selbstständige kollegialische Gerichte treten sollen. Das Land⸗ und Stadtgericht, aus einem Direktor und drei rechtsgelehrten Ri

Ztg.)

General⸗ Major

von denen einer Untersuchungs⸗Richter ist, bestehend, bildet die erste Instanz und entscheidet entweder in seiner Gesammtheit (Di⸗ rektor und zwei Richter) oder bei geringfügigen Sachen unter 100 Mark durch Kammern, mit einem Richter und Aktuar besetzt. Die zweite Instanz in Streitsachen bildet in letzterem Falle das ge⸗ sammte Nieder⸗Gericht, in ersterem Falle ein mit drei rechtsge⸗ lehrten Richtern und zwei Syndici, welche zugleich als berathende Mitglieder dem Senate angehören, besetztes Ober⸗Gericht. Endlich ist als dritte Instanz vorläufig das Ober⸗Appellations⸗Gericht un⸗ verändert beibehalten. Das Verfahren ist mündlich und öffentlich. In Handelssachen treten den Gerichten zwei Kaufleute, in Ge⸗ werbesachen zwei Gewerbekundige, in landwirthschaftlichen Sachen zwei Landleute bei, welche auf den Vorschlag der Kaufmann⸗ schaft, der Gewerbegenossen und resp. der Landleute auf je drei Jahre vom Senate erwählt werden. In nicht bürgerlichen Rechtssachen, wenn eine Geldstrafe von 100 Mark oder Ge⸗ fängniß bis fünf Wochen in Frage steht, entscheidet eine Kammer des Nieder⸗Gerichts, wenn eine Geldstrafe bis 300 Mark oder Ge⸗ fängniß bis sechs Monate in Frage steht, das gesammte Nieder⸗ Gericht, bei Strafen bis zwei Jahr Gefängniß das Ober⸗Gericht in erster Instanz. Schwerere Verbrechen, alle durch den Staats⸗ Anwalt zu verfolgende Preßvergehen, wie alle politischen Verbrechen, sind an ein Schwurgericht verwiesen. In allen Strafsachen gilt übrigens das Anklage⸗Verfahren. Neben den ordentlichen Gerichten sind Friedensrichter behufs Vergleichs⸗Verhandlungen in der Stadt wie auf dem Lande bestellt.

Der zweite Antrag betrifft die Umgestaltung des Senats. Der⸗ selbe soll fortan auf 14 Mitglieder beschränkt werden, wovon acht Gelehrte und darunter sechs Rechtsgelehrte, ferner mindestens fünf Kaufleute. Der Senat besetzt aus seinen Mitgliedern ausschließ⸗ lich das Stadtamt, das Landamt, das Polizeiamt, ferner mit bür⸗ gerlichen Deputirten zusammen die verschiedenen Verwaltungs⸗ Behörden, welche durch angemessene Verschmelzung sehr ver⸗ einfacht werden sollen. Der Senat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden auf zwei Jahre, der so lange den Titel „Bürgermeister“ führt. Der abtretende Bürgermei⸗ ster ist nicht sofort wieder wählbar. Die Senats⸗ Mitglieder werden auf Lebenszeit durch Rath und Bürgerschaft un⸗ ter gleicher Betheiligung beider Staatskörper gewählt; bei ein⸗

trelender geistiger oder körperlicher Schwäche können sie pensionirt,

bei gröblicher Ueberschreitung ihrer Befugnisse zum Austritte genö⸗ thigt werden. Als Honorar für die gelehrten Mitglieder des Se⸗ nats 5400 Mark, für die nichtgelehrten 2000 Mark, für den Bür⸗ germeister 6400 Mark vorgeschlagen, wobei die Gelehrten keinerlei Nebengeschäft treiben dürfen, auch für alle Senats Mitglieder die bisherige Steuerfreiheit aufgehoben ist.

Endlich soll nach dem dritten Senats⸗Antrage aus den kirch⸗ lichen Gemeinden durch freie Wahl eine Berathungs⸗Synode beru⸗ fen werden, um eine evangelisch⸗lutherische Kirchengemeinde⸗Ord⸗ nung zu entwerfen und demnächst Rath und Bürgerschaft zur Be⸗ stätigung vorzulegen. Auch dieser Antrag ist insofern von hoher Wichtigkeit, als es bisher an einer Selbstständigkeit der kirchlichen .“ an einer frei gewählten Gemeinde⸗Vertretung durchaus ehlt.

Die Bürgerschaft hat diese umfänglichen Vorlagen zwar zu⸗ nächst einer Kommission zur Begutachtung überwiesen; doch dürften bei dem allgemeinen Wunsche, jene Reformen bald ins Leben treten u schen, schon in der Oktober⸗Bürgerschafts⸗Versammlung ent⸗ cheidende Beschlüsse zu erwarten sein.

Frankfurt. Frankfurt a. M., 5. Juli. (Frankf. J.) Der Königl. württembergische Bevollmächtigte, Herr von Reinhard, st gestern von Stuttgart wieder hier eingetroffen.

Musland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. (Köln. Sitzung vom 4. Juli. Heute schritt man unter Vorsitz eon Faucher's zum Skrutinium über die Wahl des Präsidenten er Versammlung. Um 3 Uhr wird das Skrutinium geschlossen, nd die Skrutatoren werden durch das Loos bestimmt; die Huissiers tragen die Urnen in einen benachbarten Saal, in welchem die Zäh⸗ lung der Stimmen vorgenommen werden soll. Hierauf schreitet man zur Wahl der Vicc⸗Präsidenten und der Secretaire. Um 4 Uhr ver⸗ kündigt der Präsident das Resultat des Skrutiniums über die Präsi⸗ dentenwahl auf folgende Art: Zahl der Stimmenden 538. Absolute Majorität 270. Dupin 325, Michel (de Bourges) 102, Lamoricière 63, Bedeau 35, verlorene Stimmen 16. Herr Dupin wird daher als Präsident proklamirt. Sodann wird die zweite Lesung über die Kreditforderung von fünf Millionen Franecs für die algerischen Ackerbau⸗Kolonieen vorgenommen. Der erste Artikel enthält die Vertheilung der Summen auf das Budget und die Verwendung derselben. Art. 2: Klassifizirung der Kolonisten. Art. 3: Vom Tage der Einschiffung angefangen sorgt der Staat für die Koloni⸗ sten. Art. 4: Koloniecen stehen unter Militair⸗Kommando. Hierauf verkündigt der Präsident das Resultat der Vice⸗ Präsidentenwahl. Zahl der Stimmenden 530. Absolute Ma⸗ jorität 257. Bedeau 339, Daru 320, Leon Faucher 278, Benoist d'Azy 313, Emil Arago 124, Grevy 117, Mathieu (Droôme) 22, Jules de Lasteyrie 132, Lamoricière 38; die Herren Bedeau, Daru, Leon Faucher und Benoist d'Azy werden daher als Vice⸗ Präsidenten proklamirt. Außerdem wurden Arnaud (Arriège), Teupin, Lacaze Berard, Chapot, Heeckeren zu Secretairen gewählt. Ein Amendement von Rancé und Genossen, des Inhalts, daß die Kolonisten unter Civil⸗Verwaltung, statt unter Militair⸗Herrschaf gestellt werden sollen, erregt eine Debatte zwischen E. Burnault

und dem Kriegs⸗Minister und wird verworfen.

Paris, 3. Juli Das neue Preßgesetz steht heute noch nicht auf der Tagesordnung der National⸗Versammlung. Wie verlautet soll dasselbe morgen diskutirt werden. Einstweilen findet es in der Presse eine ziemlich allgemeine Opposition.

Lord Normanby ist nach Florenz abgereist, um sich von seinen diplomatischen Mühen zu erholen.

Der Präsident der Republik wurde vorgestern auf seinem Spa⸗ zierritte im boulogner Wäldchen von einem ehemaligen Soldaten der afrikanischen Armee, der im Jahre 1839 durch drei Flinten⸗ schüsse verwundet worden war und jetzt das Gewerbe eines Webers ausübt, angesprochen. Derselbe erzählte ihm, daß er expreß aus Nantes gekommen war, um von der Großmuth des Neffen des Kaisers eine Unterstützung zu erbitten. Der Praͤsident gab ihm sofort einige Worte mit, auf die dem Bittsteller im Elysee 300 Franken ausgezahlt wurden.

Es wird versichert, daß dem Grafen von Montemolin die Hand der Prinzessin Carlota, Schwester des Königs von Neapel, die sich im Alter von 30 Jahren befindet, zugesagt worden. Die Heirath, gegen die der spanische Hof durch seinen Gesandten, den Herzog von Rioms, protestirt hat, stößt auf eine Schwierigkeit wegen der Verwandtschaft der Prinzessin mit dem Grafen von Montemolin. Da sie

die Tochter des Königs Franz von Neapel und der Infantin Maria

Isabella von Spanien ist, so ist sie mit dem Grafen von Monte⸗ molin Geschwisterkind. Man zweifelt, daß der Papst den Dispens bewilligen werde. Der König von Neapel hat übrigens auf die Protestation des spanischen Gesandten geantwortet, daß Spanien in dieser Heirath nur eine Familiensache ohne alle politische Be⸗ deutung zu sehen habe.

Paris, 4. Juli. Der Präsident der Republik besuchte gestern nach abgehaltenem Minister⸗Rathe wieder mehrere Forts in der Umgegend von Paris. Er beabsichtigt, am 13. Juli nach Com⸗ piegne zu reisen.

Am 15. Juli beginnt die Debatte über das Budget von 1851; da man erst vor kurzem das Budget für 1850 votirt hat, so kann dasselbe keine wichtigen Fragen anregen und wird daher spätestens in den ersten Tagen des Monats August beendigt sein. Es ist daher der Beginn der parlamentarischen Ferien bald zu erwarten. Man hat bereits heute in den Abtheilungen der National⸗Versamm⸗ lung angefangen, die Liste der 25 Mitglieder der permanenten Kommission für die Vertagungszeit zu diskutiren; es scheint, daß bei der Wahl dieser Kommission der Partei⸗Standpunkt zu der Frage der Verlängerung der präsidentiellen Gewalt festgehalten werden soll, und die Namen der Mitglieder werden daher jedenfalls für die Stimmung der gesetzgebenden Versammlung in Beziehung auf diesen Punkt bezeichnend sein. Verschiedene parla⸗ mentarische Klubs werden diese Frage nächste Woche verhandeln. Wie versichert wird, ist die Regierung sehr für eine dreimopatliche Vertagung der National⸗Versammlung, um Zeit zu haben, eine Reihe von wichtigen Gesetz⸗Entwürfen ausarbeiten zu können. Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, daß die National⸗Versammlung län⸗ ger als etwa sechs Wochen ihre Arbeiten einstellen wird.

Die Regierung will das Gesetz über die Maires nicht fallen lassen. Ein bonapartistischer Repräsentant, Herr Darisse, wird ge⸗ genwärtig von ihr vorgeschoben, um das Projekt auf die Tagesord⸗ nung zu bringen. Herr Darisse sammelte heute unter den Mit⸗ gliedern der Repräsentanten⸗Vereinigung der Rue Richelieu Unter⸗ schriften für seinen Antrag, daß die National⸗Versammlung noch vor ihrer Vertagung das Maire ⸗Gesetz zur Verhandlung bringe. Er hat jedoch höchstens 60 Unterschriften gefunden und bedarf ge— gen 300 für den Erfolg der Sache.

Das Resultat der vom Staatsrath vorgenommenen Wahl von drei Mitgliedern zum obersten Unterrichts⸗Conseil hat die katholi⸗ sche Partei in Bestürzung versetzt, besonders da die Wahlen der Akademie und des Cassationshofes wahrscheinlich in demselben Sinne ausfallen werden. Es gewinnt ganz das Aussehen, als ob die vier Bischöfe, die in dem obersten Unterrichtsrathe sitzen, blos gegen eine Majorität von Rationalisten oder Skeptikern zu protestiren haben werden. Es werten daher die dringendsten Schritte bei der Re⸗ gierung gethan, damit dieselbe bei der ihr zustehenden Ernennung der permanenten Section des obersten Unterrichts Conseils und dreier Mitglieder des unabhängigen Unterrichts den Rationalisten ein Gegengewicht entgegensetze.

Zwei Provinzial⸗Konzilien, das eine in der Kathedrale von Lyon, das andere in der Kathedrale von Albi, unter dem Vorsitz ihrer respektiven Erzbischöfe sind gegenwärtig versammelt.

Herr G. Grenier, zweiter Secretair bei der französischen Ge⸗ sandtschaft in Bern, wird als erster Secretair der französischen Ge⸗ sandtschaft nach Frankfurt a. M. gehen.

Mehrere hiesige politische Personen von Bedeutung haben sich nach London begeben, um dem Begräbnisse Sir Robert Peel's bei⸗ zuwohnen; Guizot befindet sich unter denselben.

In Dijon hat man Haussuchungen bei mehreren wegen ihrer sozialistischen Meinungen bekannten Personen vorgenommen. Zwei Personen sind verhaftet worden.

Großbritanien und Irland. Parlament. Ober⸗ haus. Sitzung vom 2. Juli. Graf von Harrowby beantragte die Ernennung einer Spezial⸗Kommission zur Prüfung des Sy⸗ stems, nach welchem gegenwärtig die für Erziehungszwecke bewillig⸗ ten jährlichen Gelder verwaltet werden. Er glaube, sagte er, daß das Land im Allgemeinen die Ueberzeugung gewonnen habe, jeder Ver⸗ such, die Erziehung vollständig von der Religion zu trennen, sei eine Unmöglichkeit. Ihm genüge es, hier auf den Umstand hinzu⸗ weisen, daß man das von der Regierung gutgeheißene Erziehungs⸗ System vielfach als unverträglich mit einer religiösen Erziehung be⸗ trachte. Außerdem seien einige Punkte von untergeordneter Bedeutung zu berücksichtigen. Die jetzige Erziehungsweise rege den Ehrgeiz zu sehr an und mache die niederen Klassen untauglich für ihre Lebensstel lung. Der Marquis von Lansdowne erklärt, ohne sich als Auto kraten iu der Verwaltung des Regierungs⸗Systems hinstellen zu wollen, sei er doch in Folge langer Beobachtung überzeugt, daß das ganze gegenwärtige System zerfallen werde, wenn es nicht un

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ter einheitlicher Leitung stehe. Was die Schul⸗Inspektoren betreffe, so sei bis jetzt kaum eine Klage darüber laut geworden. Uebrigens habe er nichts gegen die von Lord Harrowby verlangte Untersuchung einzu wenden, wenn dieser sie bis zur nächsten Session verschieben wolle. Die Regierung habe keinesweges die Absicht, sich einer Prüfung ih⸗ res Systems zu entziehen, doch müsse sie wünschen, daß dieselbe gründlich und vollständig sei. Da sie dies aber in der gegenwärti⸗ gen Session nicht sein könne, so dringe er auf Verwersung des An⸗ trags. Die Debatte wurde noch einige Zeit fortgesetzt. Auch Lord Stanley nahm Antheil an derselben und sprach für den Antrag. Derselbe wurde jedoch mit 31 gegen 26 Stimmen verworfen.

Unterhaus. Sitzung vom 2. Juli. Die dritte Lesung der Bill über die irländischen Pachtverhältnisse wurde mit 53 gegen 17 Stimmen genehmigt.

London, 4. Juli. Vorgestern machte Se. Königliche Hoheit der Prinz von Preußen wieder einen Spazierritt in Gesellschaft des Prinzen Albrecht und besuchte Abends die italienische Oper. Gestern war großes Lever bei Ihrer Majestät der Königin im St. James⸗Palast. Am vorgestrigen Nachmittage wurde ein Kabinets⸗ Rath gehalten, der über drittehalb Stunden dauerte.

Sir Robert Peel ist nicht mehr unter der Zahl der Lebenden. Schon in der Nacht vom Dienstag, den 2ten, neun Minuten nach eilf Uhr, hauchte er seinen letzten Seufzer aus. Fast alle Mitglie⸗ der seiner Familie, seine Aerzte, Sir J. Graham und General Hardinge waren gegenwärtig, als der große Staatsmann verschied. Bis kurz vor seinem Ende war er bei voller Besinnung. Sein Zustand, der von Anfang an wenig Hoffnung übrig ließ, verschlim⸗ merte sich von Stunde zu Stunde, und vorgestern Abend hatte man bereits alle Hoffnung aufgegeben. Gegen 8 Uhr Abends war der Bischof von Gibraltar auf Verlangen des Sterbenden herbei gerufen worden, um ihm die Tröstungen der Religion zu spen⸗ den. Fast eine Stunde blieb der Bischof mit dem Sterbenden allein. Nach dessen Entfernung wurde der Kranke schwächer und schwächer, und gegen zehn Uhr war alle Hoffnung geschwunden. Die Kunde von seinem Tode wurde alsbald nach dem Buckingham⸗ Palaste berichtet, und mit dem elektrischen Telegraphen wurde sie seinen fernen Verwandten unverweilt zugesandt. Nur Eine Stimme

. über den so unerwarteten Hintritt 2 n Pt vor, und der Parteigeist verstummt vor

dem Schmerze über den herben Verlust des Landes. In der Nacht vom Montag auf den Dienstag, während welcher sich bei dem ““ ungünstige Symptome eingestellt hatten, schickte man 5. 8 scount ardinge, dem langjährigen vertraufen Freunde Peecl's. Dieser erschien auch sogleich, blieb die ganze Nacht hin⸗ durch bei seinem Freunde und verließ ihn nur auf eine kurze Zeit, als am Morgen ein günstiges Bülletin ausgegeben wurde Der Prinz⸗Gemahl fand sich um 1 Uhr ein, um in seinem und der Königin Namen Erkundigungen über den Zustand Sir Robert's einzuziehen. Auch der Leibarzt Ludwig Philipp's stattete im Auftrage des Grafen und der Gräfin von Neuilly einen Besuch ab, um sich nach dem Befinden des Kranken zu erkundigen. Im Laufe des Nachmittags nahm das Volksgedränge in Whitehall⸗gardens so zu, daß die Polizei⸗Mannschaft verstärkt werden mußte, um die Ord⸗ nung zu erhalten. Einem am Eingange von Whitehall⸗ gardens aufgestellten Konstabler ward eine Abschrift des Bülletins eingehän⸗ digt, um ihn in Stand zu setzen, die Fragen des Volkshaufens zu beantworten und so den übermäßigen Zudrang zu der Wohnung des Sterbenden zu verhindern. Um halb 7 Uhr wurde folgendes Bülletin ausgegeben: „Sir Robert ist sehr erschöpft und überhaupt nicht so wobl, wie er in der ersten Hälfte des Tages war. 2. Juli 1850, halb 7 Uhr.“ Kurz darauf wurde die Weisung gegeben, Niemanden außer dem Bischofe von Gibraltar den Zutritt innerhalb der Thore zu gestatten. Während dieser Zeit verschlimmerte sich der Zustand Sir Robert's zusehends, und fast alle Mitglieder seiner Familie erschienen, um Abschied von ihm zu nehmen. Wie es heißt, be⸗ fand sich Lady Peel durch das Uebermaß des Grames und in Folge langen Wachens in einer solchen Gemüthsstimmung, daß man es nicht für rathsam hielt, sie von dem bevorstehenden Ende ihres Gemahls in Kenntniß zu setzen. Viscount Hardinge war kurz vor⸗ her in Whitehall⸗gardens angekommen und stand mit Lord Villiers, Dawson und den uübrigen Mitgliedern der Familie an dem Sterbebette seines Freundes. Auch Sir James Graham hatte noch eine Zu⸗ sammenkunft mit seinem politischen Freunde. Einige Minuten nach 10 Uhr verschwand auch die letzte Hoffnung durch Ausgabe des folgenden Bülletins: „Der Zustand Sir Robert Peel's hat sich seit 7 Uhr rasch verschlimmert.“ Der Sterbende nahm von allen an⸗ wesenden Mitgliedern seiner Familie zärtlichen Abschied. Kurz nach 11 Uhr schird er vom Leben. Sir R. Peel war am 5. Februar 1788 in der Nähe von Chamber Hall bei Bury geboren, hat mit⸗ hin ein Alter von 62 Jahren erreicht. Seine politische Laufbahn begann im Jahre 1809, wo er als Mitglied für Cashel ins Par lament gewählt wurde. Er war der älteste Sohn Robert Peel's, der als Assocté des Hauses YNates und Peel ein sehr bedeutendes Vermögen in der Baumwollen⸗Fabrication erworben hatte und später zum Baronet erhoben wurde. Sir Robert Peel der Sohn trat fruh in den Staatsdienst und übernahm schon 1822, nachdem er als Unterstaats⸗Secretair im Ministerium des Innern und dann als Staats⸗Secretair für Irland fungirt hatte, das Ministerium des Innern an die Stelle des Lord Sidmouth, das er mit kurzer Unterbrechung (während der Dauer des Ministeriums Canning) bis zum Jahre 1830 beibehielt. Nach Verdrängung des Whig⸗-⸗Mini⸗ steriums im Jahre 1834 fungirte er als erster Lord des Schatzam⸗ tes und Kanzler der Schatzkammer vom Dezember 1834 bis zum April 1835 und trat im September 1841 von neuem als erster Lord des Schatzamtes an die Spitze der Regierung. Sein Mini⸗ sterium löste sich im Juli 1846 auf, und seitdem beschränkte er sich ganz auf seine parlamentarische Thätigkeit. Er vertrat im Unterhause von 1818 bis 1828 die Universität Orford, wurde dann wegen sei⸗ nes Verhaltens in der Frage wegen der Emancipation der Katho⸗ liken durch Sir R. H. Inglis verdrängt, repräsentirte darauf West⸗ bury bis zum Jahre 1830 und endlich Tamworth, als dessen Ver⸗ treter er gestorben ist. Die Times erinnert an die Seltsamkeit SG Geschins, was Englands große Männer so früh und unerwartet Vie. Werksamfeit E.“ „Chatham fiel kämpfend“, sagt dies Blatt, „jein noch größerer Sohn sank auf vie Kunde der Schlacht von Austerlitz nieder. Perceval wurde an der Schwelle des Hauses hingemordet, seine Hand voller Dokumente mit 1 Rede auf den Lippen. Castlereagh's Ende war noch furcht⸗ barer. Auch Romilly's, der so gut ein Staatsmann als ein Gesetzkundiger war. Lord Liverpool stürzte nieder 8b der Mitte seiner Pflichten. Canning sank plötzlich hin, wäh rend er in dem Stolze seiner Kraft schwebte. Huskisson starb einen furchtbaren Tod in der Mitte seiner früͤheren Kollegen. Lord Bentink strebte und lebte nach dem Ruhme eines Staatsman⸗ nes und searb in voller Gesundheit, ohne einen Augenblick der War⸗ nung. Nur noch der Held von hundert Schlachten uüberlebt dies Alles. Sir Robert Peel sinkt hin durch einen plötzlichen Unfall, bevor seine Kraft abzunehmen angefangen oder sein Geist schwächer zu werden. Wie viel blieb eimem solchen Manne noch zu thun übrig. Wir drücken keinen flüchtigen Gedanken, kein affektirtes Gefühl aus, wenn wir zu prophezeien wagen, daß alle Parteien ihrerseits eines Tages den dahingeschiedeneu Staatsmann vermissen werden. Gebe der Himmel, daß wir nicht bald noch ge wichtigere Gründe haben mögen, um unseren großen Verlust zu bedauern. Ein Pfeiler des Staates ist eingestürzt und die Lücke ist nie auszufüllen.“ Das Unterhaus hat⸗ seinen Antheil an diesem Trauerfall, welcher ein Trauerfall für ganz England ist, dadurch bezeugt, daß es sich gestern und heute gleich nach Eröffnung der Sitzung, einmal auf den Antrag Hume’'s, das anderemal auf den Antrag des Ministers des Innern, Sir George Grey, vertagte. Gladstone, in dessen Stimme der tiefe Schmerz über den Verlust seines hingeschiedenen Freundes zitterte, wandte auf ihn bei dieser Gelegenheit die Worte eines englischen Dichters an: .

Zertrümmert ist der Säule Pracht

Erstickt der Leuchte heller Glanz;

Der Tuba Schall er schweigt nun ganz,

Kein Hüter auf der Zinne wacht!

Beide Antragsteller, Herr Hume und Sir G. Grey, begrün⸗ deten ihre Motion auf das gewiß allgemein getheilte Verlangen, durch diese Vertagung der Parlamentsgeschäfte die Achtung auszu⸗ drücken, die man dem Andenken des großen Mannes zolle, obgleich kein Präcedenz⸗Beispiel in der englischen Geschichte für eine solche Auszeichnung vorhanden sei. Herr Gladstone unterstützte den An⸗ trag aufs lebhafteste, mit dem Bemerken, daß Lord Russell es ge⸗ wiß bedaure, durch seine Abwesenheit verhindert zu sein, dem großen Todten den Tribut der Ehrfurcht zu zollen. Auch Napier und Sir Robert Inglis schlossen sich dieser Anerkennung für den Verstorbenen an. Herr Sommerville beklagte es in der gestrigen Sitzung, daß nicht ein bedeutenderes Mitglied des Kabinets als er es sei, der dem Andenken des Verstorbenen seine Huldigung darbringen könne, und sprach im Namen Lord J. Russell's dessen Bedauern aus, daß derselbe nicht persönlich im Hause anwesend sein könne, um seine Sympathie mit dem großen Verluste, der sie alle betroffen, an den Tag zu legen. Dies that dann heute im Unterhause der Minister des Innern, Sir G. Grey. Einstimmig beschloß beide Male das Haus die Vertagung.