1850 / 198 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

aeg.

gen erflossen sein werden, jenen vormals ständischen Besitzern obrigkeitlicher Güter in den gedachten Kronländern, welche dermalen im rechtlichen Bezuge des Bergbau⸗Zehents von auf ihren vormals obrigkeitlichen Gründen be⸗ triebenen, fremden oder eigenen Bergwerken stehen, hierfür eine jährliche Entschädigung aus dem Staatsschatze verabfolgt werde, in so lange sie sich im Besitze dieses vormals ständischen Gutes befinden.

3) Daß diese jährliche Entschädigung durch eine gemischte Landes⸗ Kommission auf Grundlage des erhobenen durchschnittlichen Zehentertrages aus den letzten 10 Jahren ermittelt und in halbjährigen Raten an die Berechtigten hinausbezahlt werden soll. Hierbei kam die Frage in Anre⸗ gung, ob auch denjenigen ständischen Besitzern, welche bisher für eigene Rechnung auf ihren obrigkeitlichen Gründen Bergbau betrieben, hiervon also den Bergzehent nur sich selbst zu entrichten hatten, diesen jedoch in Zukunft an die Staats⸗Verwaltung reichen müssen, ebenfalls eine Entfchädigung ge⸗ bühre, oder ob solche Bergbaue nicht eiwa als bis nun zehentfreie Be⸗ triebszweige auzusehen seien, welche nun durch Gleichstellung aller Staats⸗ bürger unter das Gesetz, ohne alle Schadloshaltung der Besteuerung zu unterliegen haben? Diese Frage mußte jedoch für den Anspruch auf Ent⸗ schädigung beantwortet werden. Die Bergwerks⸗Vergleiche von 1534 und 1575 haben keinem Bergbaue eine Zehentfreiheit zugestanden, sondern den Genuß des halben oder ganzen Zehents von den auf den obrigkeitlichen Gründen betriebenen Bergbauen auf die ständischen Grund herren übertragen.

Waren die zehentberechtigten Obrigkeiten selbst Bergwerksbesitzer, so hatten sie sich den Zehent auch selbst zu entrichten, standen aber immer im landesverfassungsmäßigen „Genusse“ des Zehents. Der Umstand, daß der Berechtigte mit dem Verpflichteten in einer Person vereinigt war, hebt die rechtliche Eigenschaft des Bergzehents nicht auf, und ist der Staats⸗ Verwaltung gegenüber ein Zufall, aus welchem weder diese einen Nutzen, noch der Berechtigte einen Nachtheil ziehen soll. Daher erachtete die Kom⸗ mission, daß den Obrigkeiten, welche selbst Bergbau betreiben und bis nun an keinem Dritten einen Bergzehent entrichteten, wohl aber jetzt denselben an die Staats⸗Verwaltung geben müssen, hierfür ebenfalls Entschädigung gebühre. Es erübriget mir noch zu erwähnen, daß die oftberührten Bergwerks⸗Ver⸗ gleiche den Grundherren auch den zehnten Theil des Nutzens der auf ihren Gründen aufkommenden Salzbergwerke und Salzquellen, dann den Freibau sogenannter Holz⸗ und Grundkuxe bei den auf ihren Gründen erhobenen Bergbauen zusprechen, wogegen sie den Gewerken das nöthige Holz und den erforderlichen Grund und Boden zu ihrem Betriebe ohne Entgelt an⸗ weisen mußten. Die erstere Berechtigung hat keinen praktischen Werth, da in Böhmen, Mähren und Schlesien Salzbergwerke nicht bestehen, und daher weder ein Gegenstand der Entschädigung, noch irgend ein Anhaltspunkt für das Maß derselben vorhanden ist. Die letztere Verpflichtung kam, mit Aus⸗ nahme weniger Fälle, seit langer Zeit schon völlig außer Gebrauch, und es bestehen dermalen nur sehr wenige derlei obrigkeitliche Holz⸗ und Grund⸗ kuxe. Im Geiste der neueren Gesetze ist eine solche Servitut zu Gunsten des Bergbaues nicht gelegen, die Bergbaubesitzer müssen das für ihren Werksbetrieb nöthige Holz im freien Konkurrenzwege erkaufen, für die er⸗ forderlichen Grundflächen den vollen Werth an die Eigenthümer ersetzen. Es kann daher keinem Anstande unterliegen, diese Bestimmungen der alten Bergwerksvergleiche für neue Bergbau⸗Verleihungen aufzuheben. Eben so unbedenklich kann die Aufhebung der alten, bis jetzt noch bestehen⸗ den Holzkure, gegen Auflassung der Verbindlichkeit zur unentgelt⸗ lichen Holzabgabe, erfolgen, weil diese weder unbedingt nothwendig, noch zeitgemäß ist, erstere aber immer eine lästige Eigenthums⸗Beschränkung ver⸗ anlassen. Was aber die noch bestehenden Grundkuxe betrifft, wofür Grund⸗ Abtretungen wirklich stattfanden, so müssen diese zwar gesetzlich anerkannt werden, man kann es jedoch den Betheiligten überlassen, sich über den Fortbestand oder die Auflassung dieser Kuxe gegenseitig zu verständigen. Die bei den Bergbauen noch vergewährten Wohlthätigkeits⸗ (Kirchen⸗, Spital⸗, Armen⸗) Kuxe, so wie die sonstigen Bestimmungen der erwähn⸗ ten Bergwerks⸗Vergleiche, gehören nicht zu der vorliegenden Beurtheilungs Aufgabe und sollen bei der Vorlage des neuen Berggesetzes zur Verhand⸗ lung kommen, daher dieselben von dem gegenwärtig vorgeschlagenen Ge⸗ setze unberührt bleiben. Nach dieser ehrerbietigen Darstellung der Verhalt⸗ nisse, erlaube ich mir über eingeholte Beistimmung des Ministerrathes, Ew. Majestät im Anschlusse: den Entwurf des allerhöchsten Patentes, über die Aufhebung des obrigkeitlichen Bergzehents in Böhmen, Mähren und Schle⸗ sien, in tiefster Ehrfurcht zu überreichen und um die allerhöchste Genehm⸗ haltung desselben zu bitten, indem ich es mir zur Pflicht machen werde, die Zehent⸗Ablösungs⸗Kommissionen nach ihrer Aufstellung mit den erforderli⸗ chen umfassenden Instructionen zu versehen. Wien, 20. Juni. Thinn⸗

Hierüber erfolgte nachstehende Kaiserliche Entschließung: „In⸗ dem Ich die vorgetragene Darstellung der Bergbau⸗Verhältnisse in Böhmen, Maͤhren und Schlesien zur Wissenschaft nehme, geuehmige Ich die Anträge über die Aufhebung des obrigkeitlichen Bergbau⸗ Zehentbezuges in den gedachten Kronländern, gegen die hier vor⸗ geschlagene Entschädigung der Berechtigten, schließe das mit Mei⸗ ner Unterschrift versehene Patent hierüber an und beauftrage Mei⸗ nen Minister für Landeskultur und Bergwesen zum Vollzuge des⸗ selben. Schönbrunn, 11. Juli. Franz Joseph.“

Dieses Patent lautet:

„Wir Franz Joseph der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Oester⸗

reich u. s. w. haben in Erwägung, daß die Verhältnisse, unter welchen den drei oberen Ständen des Königreiches Böhmen Herren, Rittern und den ihnen gleichgestellten Corporationen, dann der alten und neuen Stadt Prag, durch die Bergwerks⸗Vergleiche vom Jahre 1534 und 1575 die Aus⸗ übung der Berglehens⸗Herrlichkeit, der Bezug des halben Zehents von Gold und Silber und des ganzen Zehents von anderen Metallen und Minera⸗ lien, aus den auf ihren obrigkeitlichen Gründen befindlichen Bergbauen zugestanden, mit der General⸗Begnadigung vom 28. September 1502 auf die Stände der Markgrafschaft Mähren und mit der Bergwerks⸗Ordnung vom 5. Februar 1577 aufdie Stände des Fürstenthums Ober⸗ und Nieder⸗Schle⸗ sien ausgedehntwurde, durch das Patent vom 7. September 1848 und den §. 77 der Reichs⸗Verfassung vom 4. März 1849 wesentlich geändert worden sind, daß die Bergwesens⸗Angelegenheiten in Unseren Kronländern Böhmen, Mähren und Schlesien daher nach Maßgabe der neuen Reichs⸗Institutionen und der noch geltenden allgemeinen Berggesetze geordnet werden müssen, mit Beziehung auf Unser Patent vom 7. März 1850, über Antrag Unseres Ministers für Landeskultur und Bergwesen und nach Anhörung Unseres Ministerrathes beschlossen, und verordnen, wie folget: §. 1. Der durch die Bergwerks⸗Vergleiche von 1534 und 1575, die General⸗Begnadigung vom 28. September 1562 und die Bergwerks⸗Ord⸗ nung vom 5. Februar 1577, dann durch mehrere spätere Erläuterungen und gesetzliche Bestimmungen, den Grundherren aus dem geistlichen, Herren⸗ und Ritterstande, der alten und neuen Stadt Prag, dann einigen anderen Corporationen und Gutsbesitzern überlassene Genuß des Bergbauzehents in den Kronländern Böhmen, Mähren und Schlesien wird aufgehoben. Das Bergzehentrecht wird daselbst künftig ohne aller Ausnahme von dem Staate selbst ausgeübt b Ir von allen Bergwerken in den vorgedachten Kronländern, veheean von jenen, welche ein Eigenthum der vormals ständischen sind 88 eiten, Grundherren oder ihnen gleich gestellten Corporationen 1880 114“ Metall⸗ und Mineralienzehent wird vom 1. August 1 nge ngia, durch die K. K. Bergbehörden (Berghauptmannschaften 19 ⸗Kommissariate) eingehoben werden und ist an dieselben, unter

1 8 der Bergwerks⸗Frohne, nach den bereits bestehenden oder darüber 2 Bestimmungen abzuführen. zehents geganden die Entschädigung der bis nun im Genusse des Bergbau⸗

Personen wird, imsofern diegen Grund⸗Obrigkeiten, Corporationen oder denverleihung L ieser Bezug nicht auf einer blos zeitlichen Gna⸗

eruhte, ein besond 3 Berathung gebrachtes. Geson verfassungsmäßigen Wege zur

§. 4. Bis di 1 Grundherren in den ese geseßliche Entscheidung erfolgt, wird denjenigen sich in der Eigenschaft Indern Böhmen, Mähren und Schlesien, welche Kronländer und als Eigenthi Mitgliedes der vormaligen Stänve dieser genwärtig im Besitze des Jeerech. Eis vormals obrigkeitlichen Gutes ge⸗ schädigung für den Zehententgang 8 de beenen, eine fährliche Ent⸗ welche dem durchschnittlichen jaͤhrlichen Rein atsschatze verabfolgt werden,

verflossenen zehn Jahre stattgefundenen ve cgd g8ed lahsltes deen her⸗

I

1256

§. 5. Zur Ermittelung dieser Entschädigung wird Unser Minister für Landeskultur und Bergwesen in den erwähnten Kronländern Kommissionen, unter Beiziehung des Fiskal⸗Amtes, der Berghauptmannschaften und eines Ausschusses der betheiligten Grundherren bestellen und mit umständlichen Instructionen versehen, bei welchen Jeder der nach §. 4 zu entschädi⸗ genden .““ seinen Anspruch anzumelden und gehörig aus⸗

beisen haben wird.

Sg 6. Die Berechnung des Reinertrages muß, sofern der Zehent im Gelde eingehoben wurde, auf die rechtsgültig bestandenen Reluitionspreise oder Pauschalbeträge (Abfindungen) und hinsichtlich des Goldes und Sil⸗ bers auf die gesetzlichen Einlösungspreise, sofern aber der Naturalzehent bezogen worden ist, auf die jedesmaligen Verschleißpreise bei dem Bergbaue, oder, wo kein Verkauf stattfand, auf einen billigen Werthanschlag, nach Abzug der allgemeinen und besonderen Einhebungs⸗, Reinigungs⸗, Aufbe⸗ reitungs⸗ oder Zugutbringungskosten, gegründet sein.

§. 7. Die bestellten Zehent⸗Entschädigungs⸗Kommissionen haben die Zehent⸗Ertrags⸗Ausweise nach Vorschrift des §. 6 zu prüfen, die zu diesem Ende nöthigen Erhebungen zu pflegen und die hierauf begründeten An⸗ träge Unserem Minister für Landeskultur und Bergwesen vorzulegen, welcher die Jahres⸗Entschädigung hiernach zu bemessen hat.

§. 8. Denjenigen Zehentberechtigten, welche sich mit der nach §. 7 ermittelten und bemessenen Jahres⸗Entschädigung nicht zufriedenstellen, steht es frei, die Ansmittelung des Reinertrages von ihrem Bergbau⸗Zehentbezuge nach Maßgabe der §§. 4 und 6, durch gerichtlich zu bestellende Kunstver⸗ ständige, bei dem zur Ausübung der Berggerichtsbarkeit berufenen Landes⸗ gerichte anzusuchen.

§. 9. Allen Urkunden und Verhandlungs⸗Akten in Angelegenheiten der Bergbauzehent⸗Entschädigung, insofern sie die Geschäftsbehandlung bei dang aufgestellten Kommissionen betreffen, kömmt die Stempel⸗ und Post⸗ freiheit zu.

§. 10. Die ausgemittelten Entschädigungsbeträge werden in halbjäh⸗ rigen, nach Ablauf jeden Semesters fälligen Raten aus derjenigen Staats⸗ kasse bezahlt werden, in welche der Bergbauzehent (die Bergwerksfrohne) nach gegenwärtiger Bestimmung einzufließen hat.

§. 11. Der den Ständen von Böhmen, Mähren und Schlesien in den im §. 1 berufenen Bergwerks⸗Vergleichen weiter zugesagte Anspruch auf den zehnten Theil des Reinertrages von den auf ihren obrigkeitlichen Gründen aufkommenden Salzbergwerken und Salzaquellen ist ohne alle Entschädigung aufgehoben, da dergleichen Salzwerke in jenen Kronländern nicht bestehen.

§. 12. Die in Folge derselben Vergleiche auf einigen Bergwerken in Böhmen, Mähren und Schlesien lastende Verbindlichkeit zum Freibaue so⸗ genannter Holzkuxe für ihre vormaligen Grundobrigkeiten ist, ohne An⸗ spruch der letzteren auf eine Entschädigung, aufgehoben, wogegen auch die Pflicht derselben zur unentgeltlichen Abgabe des Grubenholzes hinwegfallt.

§. 13. Der Freibau von Grundkuren hat da, wo er bis nun auf Grundlage der älteren gesetzlichen Bestimmungen besteht, fortzudauern, und es bleibt die Aufhebung derselben dem freien Uebereinkommen der Berech⸗ tigten und Verpflichteten überlassen. .

Bei neuen Bergwerks⸗Verleihungen findet die Aufnahme einer solchen Verpflichtung unter die Verleihungs⸗Bedingungen nicht mehr statt. §. 14. Die Verpflichtung zum Freibau von Kirchen⸗, Schul⸗ und Spital⸗ oder ähnlichen Wohlthätigkeits⸗Kuxen, so wie jene Bestimmungen der im §. 1 berufenen Bergwerksvergleiche, welche sich auf andere, als die landständi⸗ schen und grundobrigkeitlichen Verhältnisse beziehen, bleiben insoweit sie

durch spätere Gesetze nicht abgeäͤndert wurden einstweilen in Kraft.

Unser Minister fur Landeskultur und Bergwesen ist mit dem Vollzuge dieser Vorschriften beauftragt.

Gegeben in Unserer Kaiserlichen Haupt⸗ und Residenzstadt Wien am elften Juli im Eintausend Achthundertundfunfzigsten, Unserer Reiche im zweiten Jahre. Franz Joseph. F. Schwarzenberg, Krauß, Bach, Bruck, Thinnfeld, Gyulai, Schmerling, Thun, Kulmer.“

Freiherr von Haynau hat gestern Pesth verlassen: Dem Neuigkeitsbüreau zufolge, soll der General der Kavallerie Graf Schlick zum definitiven Nachfolger des Feldzeugmeisters im Kommando des dritten Armeecorps ernannt worden sein.

Der Banus von Croatien, Freiherr von Jellacic, welcher näch⸗ sten Dienstag seine Vermählung mit der Comtesse Sophie von Stok⸗ kau feiert, wird stündlich auf der Durchreise nach Napagedl in Wien erwartet. Nach vollzogener Vermählung wird der Banus unver⸗ züglich nach Agram zurückkehren.

Das an Rußland als Entschädigung für den Unterhalt der russischen Truppen in Ungarn zu liefernde Salz, im Werthe von 700,000 Rubel, wird aus den Steinsalz⸗Bergwerken zu Wieliczka und Bochnia entnommen werden. Ersteres giebt eine jährliche Aus⸗ beute von 700,000 Ctr. Salz, die letzteren Werke liefern jäͤhrlech bei 250,000 Ctr. Salz.

Mit Schluß des abgewichenen halben Jahres bestand die öster⸗ reichische Flotte aus 220 Schiffen mit 600 Kanonen.

Längs dem Lago maggiore werden Schanzwerke errichtet und kleine Forts erbaut, welche den See in eine Art Festung verwan⸗ deln, die sich in der letzten Linie auf Schiffen halten kann.

Aus Görz wird geschrieben: „Am 10ten d. 3 ¾ Uhr Morgens hatten wir ein ziemlich starkes Erdbeben, das 5—6 Sekunden dauerte und mit dumpfem, donnerartigem Rollen verbunden war. Die zwei, drei Stöße ausgenommen oscillatorische Erschüt⸗ terung war so heftig, daß die Geschirre von den Tischen fielen und die Hausglocken läuteten. Das Franziskaner⸗Kloster Lastanjavica und einige andere Häuser erhielten Sprünge, in nahegelegenen Dörfern sind ganze Theile einzelner Häuser eingestürzt. Die Erd⸗ stöße wurden, jedoch in minderem Grade, auch in Laibach ver⸗ spürt.“

Die Cholera⸗Erkrankungen werden seit einigen Tagen wieder seltener. Der letzte Bericht der in Wirksamkeit getretenen Sani⸗ tätskommission reicht nur bis zum 6ten d. M.

Der Wasserstand der Donau war gestern 7 Schuh 5 Zoll ober Null, ohne daß dieser Höhe wegen eine Ueberschwemmung besorgt wird. Die Fahrt der Dampsschiffe ist dadurch wesentlich begünstigt, und das linzer Dampfbvot trifft hier täglich um eine Stunde frü⸗ her als gewöhnlich ein.

Sachsen. Dresden, 18. Juli. (Dresd. Journ.) Se. Majestät der König hat den Rittmeister von Schönfels auf Reuth. zum Präsidenten der ersten Kammer, ingleichen von den von beiden Kammern dazu vorgeschlagenen Mitgliedern den Bürgermeister Gott⸗ schald aus Plauen zum Vice⸗Präsidenten der ersten Kammer, so wie den Appellations⸗Rath Dr. Haase aus Leipzig zum Präsidenten und den Ober⸗Appellationsrath von Criegern aus Dresden zum Vice⸗Präsidenten der zweiten Kammer zu ernennen geruht.

Zu der hierselbst behufs einer Vereinbarung in Betreff des Telegraphenwesens zusammengetretenen Konferenz sind folgende Ab⸗ geordnete versammelt: Für Oesterreich der Kaiserl. Sections⸗Rath Steinheil und der Kaiserl. Post⸗Kommissar Richter; für Preußen der Königliche Regierungs⸗ und Baurath Nottebohm und der Kö⸗ nigliche Post⸗Inspector Wiebe; für Bayern der Ministerial⸗Rath Freiherr von Brück und der Vorstand des Telegraphen⸗Amtes, Re⸗ gierungs⸗Rath Dyck; für Sachsen der Direktor im Finanz Ministe⸗ rium, Geheimer Rath von Ehrenstein und der Telegraphen⸗Direktor Freiherr von Weber. Die gedachte Konferenz hat sich heute kon⸗ süarn und den Geheimen Rath von Ehrenstein zu ihrem Vorstande erwählt.

Dresden, 19. Juli. (Leipz. Z.) In beiden Kammern hat heute die Vereidigung der Mitglieder und die Wahl der Secretaire stattgefunden. Die Kammern sind demnach konstituirt. Die Er⸗ öffnung des Landtags findet nächsten Montag statt.

Baden. Mannheim, 16. Juli. (Karlsr. Ztg.) Das dritte badische Infanterie⸗Bataillon ist heute früh um halb neun Uhr mit einem Extradampfschiffe nach seinem ersten Bestimmungs⸗ orte Koblenz abgefahren. Zwischen 5 und 6 Uhr war bereits eine Quartiermacher⸗Compagnie mit dem gewöhnlichen Dienstschiffe vor⸗ ausgegangen. Eine zahllose Menschenmenge begleitete die Abzie⸗ henden, welche auf kürzestem Wege unsere Stadt passirten, bis an den Einschiffungsplatz, wo der Commandeur des badischen 3ten Infanterie⸗Bataillons, Oberst⸗Lieutenant Fritsch, vor dem Scheiden ein „Hurrah“ auf Se. Königl. Hoheit den Großherzog ausbrachte, welches von der Mannschaft mit Enthusigsmus erwiedert wurde. Auch der preußische Stadtkommandant von Cettritz brachte den Scheidenden ein Lebewohl; außer ihm gaben denselben sämmtliche hier liegende badische Stabsoffiziere, eine große Zahl Subaltern— Offiziere, der Stadt⸗Direktor Stephani und eine große Masse von Freunden und Verwandten das Geleite.

„Mannheim, 17. Juli. (Karlsr. Ztg.) Heute Morgen zwischen 5 und 6 Uhr war die halbe Stadt schon auf den Beinen, und raschen Laufs gings dem Schloßplatze zu, woselbst sich das ba⸗ dische Zte Reiter Regiment, zum Abmarsch fertig, aufgestellt hatte. Kurze Zeit vor 6 Uhr fand sich der Kriegs⸗Minister von Roggen bach auf dem Platze der Aufstellung ein, und nachdem derselbe, nach einer militairisch kräftigen Rede an die Truppen, Sr. Königl. Hoheit dem Großherzog ein dreimaliges Lebehoch ausgebracht, wel⸗ ches von der Mannschaft mit frendiger Herzlichkeit erwiedert wurbe, setzten sich die Züge in Bewegung. Außer dem Kriegs Minister gaben der preußische Stadt⸗Kommandant Major von Cettritz, der Garnisons⸗Kommandant Oberst⸗Lieutenant von Porbeck, und sämmtliche hier liegenden übrigen preußischen und badischen Stabs- Offiziere dem ausmarschirenden Regimente das Geleite; und Hun— derte von Menschen hatten sich außerdem auf, der Breiten Straße, welche die Mannschaft passirte, in dichten Reihen aufgestellt. 1

Das badische 5te Infanterie Bataillon kam gestern Morgen auf der Eisenbahn hier an, und marschirte vom Eisenbahnhofe aus so⸗ gleich in die von dem Zten Bataillon verlassenen Einquartierungs⸗ Ortschaften. Dort verbleibt die Mannschaft wenigstens noch heute, indem bis jetzt bei der Expedition der kölner Dampfschifffahrt noch kein Schiff bestellt wurde.

Die Mannschaft des 2ten Bataillons ist seit einigen Tagen eingekleidet, und versäumt nichts, um der erhaltenen Ordre, wonach die Leute in 24 Tagen vollkommen eingeschult sein sollen, auf das pünktlichste nachzukommen. Die hier liegende Pionier⸗Compagnie erwirbt sich durch ihre Manövrirfertigkeit die ungetheilte Anerken⸗ nung von Sachverständigen. Es halten sich gegenwärtig einige nassauische Offiziere vom Geniecorps hier auf, um den Uebungen der badischen Pioniere tagtäglich beiwohnen zu können.

Schleswig⸗Holstein. Kiel, 17. Juli. (Alt. Merk.) Das schleswig⸗holsteinische Departement des Innern, der Finanzen und des Krieges hat an sämmtliche Behörden an den Küsten und Häfen der Herzogthümer Schleswig⸗Holstein folgendes Rundschrei⸗ ben erlassen:

„Amtlicher Anzeige zufolge, sind am gestrigen Tage mehrere schleswig-holsteinische Schiffe von den vor dem kieler Hafen statio⸗ nirten dänischen Kriegsschiffen angehalten und aufgebracht. In dieser Veranlassung werden zufolge Beschlusses der Statthalter⸗ schaft sämmtliche Behörden in den Herzogthümern beauftragt, die in den Häfen und an den Küsten der Herzogthümer sich befinden den dänischen Schiffe und deren als dänisches Eigenthum sich aus⸗ weisende Ladungen sofort anzuhalten und an sicheren Orten unter Beschlag zu legen. Jede derartige Anhaltung ist unverzüglich hier her zu berichten.

Kiel, 17. Juli 1850.

Schleswig⸗holsteinische Departements des Innern, der Finanzen und des Krieges. Boysen. Francke. Krohn.“

Alt 18. Juli. (Alt. Merk.) Am 17. Juli Morgens 5 ½ Uhr hat die dänische Marine, unterstützt von 150 bis 200 Mann Landungstruppen, die schleswigsche Insel Fehmarn (von zwei Seiten) besetzt. Zwei Dampfböte mit 8 Kanonenböten sind dabei aktiv ge⸗ wesen. Herr von Leesen hat sich mittelst eines Bootes gerettet. Ein dänischer Marine Offizier hat die diesseitige Fähre von Fehmarn sunde mit zwei Dampfschiffen genommen, indeß versprochen, in er⸗ forderlichen Fällen die Verbindung mit dem Festlande eintreten lassen zu wollen.

Der bayerische Hauptmann Aldosser ist mit dem Nachmittags⸗ zuge der Eisenbahn nach Kiel abgegangen.

Schleswig, 17. Jult. (Alt. Merk.) Flensburg ist jetzt von der dänischen Armee besetzt, die in langsamen Tagemärschen von Jütland und Alsen vorgerückt ist.

Flensburg, 14. Juli. (H. C.) Herr von Tillisch hat sol gende an ihn gelangte Königliche Ordre zur öffentlichen Kunde ge bracht: „Frederik der Siebente ꝛc. Unsere besondere Gunst zuvor! Wir geben Dir hierdurch zu erkennen, daß es Unser aller⸗ gnädigster Wille und Befehl ist, daß Du, Unser lieber getreuer Kammerherr Frederik Ferdinand von Tillisch, Unser Kabinets⸗Se⸗ cretair, Großkreuz vom Danebrog und Danebrogsmann, interi mistisch bis zu Unserer anderweitigen Verfügung in Unserem Namen als außerordentlicher Regierungs⸗Kommissär die Civil⸗Verwaltung Unseres Herzogthums Schleswig zu übernehmen hast, und wollen Wir Dich daher allergnädigst autorisirt haben, unter Vorbehalt der Verantwortlichkeit gegen Uns, die Veranstaltungen zu treffen, welche Du zur Ausführung des Dir solchergestalt ertheilten Auftrags für erforderlich erachten möchtest. Vorstehendes ist Unser Wille. Wir befehlen Dich in Gottes Obhut! Gegeben auf Unserem Schlosse Frederiksborg, den 11. Juli 1850. Unter Unserem Königlichen Handzeichen und vorgedruckten Insiegel. Frederik R. Moltke.“

In Gemäßheit der vorstehenden allerhöchsten Ordre übernehme ich hiermit die Civil⸗Verwaltung des Herzogthums Schleswig. Alle Beamten, Behörden und Obrigkeiten sind demnach von heute an rücksichtlich aller Amtshandlungen mir verantwortlich, und so wie sie verpflichtet sind, allen von mir an sie ergehenden Befehlen ge⸗ bührend nachzukommen, so haben auch sämmtliche Bewohner Hes Herzogthums den von mir für erforderlich erachteten Anord⸗ nungen unweigerlich Gehorsam zu leisten. In Betreff der Besor⸗ gung der Regierungsgeschäfte verweise ich auf meine desfallsige Bekanntmachung vom heutigen Datum. Flensburg, den 13. Juli 1850. Tillisch.“

„Bekanntmachung, betreffend die Besorgung der Regierungs⸗ Geschäfte unter dem außerordentlichen Regierungs⸗Kommissär für das Herzogthum Schleswig, Kammerherrn und Kabinets⸗Secre⸗ lair von Tillisch. Nachdem ich mittelst der Bekanntmachung vom heutigen Tage die Function eines außerordentlichen Regierungs⸗ Kommissärs für das Herzogthum Schleswig angetreten habe, bringe ich in Betreff der Besorgung der Regierungs⸗Geschäfte Nachstehen⸗ des zur öffentlichen Kunde. §. 1. Alle Eingaben und Berichte, welche bisher an die Landes⸗Verwaltung für das Herzogthum Schleswig und die Departer I erselben einzusenden waren

sind künftig an mich unmittelbar als außerordentlichen Regierungs⸗ Kommissär zu richten und werden entweder von mir unmittelbar oder durch einen besonders von mir dazu beauftragten Beamten erledigt. §. 2. Behufs der Erledigung der Geschäfte werden die bisherigen De⸗ partements mit dem einem jeden derselben beigelegten Geschäfts⸗ kreise bis weiter, jedoch unter der Benennung: 1stes, 2tes und 3tes Departement des außerordentlichen Regierungs⸗Kommissärs für das Herzogthum Schleswig in Flensburg, fortbestehen. §. 3. Insoweit einem Departement bis weiter kein Chef von mir vorgesetzt ist, wird die Leitung der Geschäfte desselben von mir unmittelbar besorgt werden. Für das 1ste Departement habe ich den bisherigen Kom⸗ mittirten desselben, Landvoigt von Stemann, beauftragt, als Chef zu fungiren, und haben demnach die von ihm als solchem unter⸗ zeichneten Ausfertigungen volle Gültigkeit. Wonach sich Jeder zu achten. Flensburg, den 13. Juli 1850. Tillisch.“

Süderstapel, 15. Juli. (Alt. Merk.) Gestern Morgen ist die 10te Compagnie des 12ten preußischen Infanterie⸗Regiments, welche seit dem 12. Februar hier gelegen, abgezogen. Nachdem die Compagnie des Morgens auf dem Markte aufgestellt war, ward durch den Compagnie⸗Chef, Lieutenant von Mißescheck, den Ein⸗ wohnern für die gute Aufnahme und die freundliche Begegnung ge⸗ dankt und ein Hoch ausgebracht. Der Landvoigt Volquarts nahm hierauf das Wort und erklärte, wie nach den ihm aus allen Ort⸗ schaften der Landschaft, wo preußisches Militair gelegen, zugegan⸗ genen Mittheilungen die Einwohner mit dem Verhalten und Be⸗ tragen des preußischen Militairs zufrieden seien, weshalb er Na⸗ mens der Einwohner denn dem Füsilierbataillon und den Muske⸗ tieren, die hier in der Landschaft gelegen, den Dank abstattete.

Am 15ten ist die Eskadron Husaren, welche bisher in Husum gelegen, hier über die Eider gegangen und morgen wird ein Ba⸗ taillon des 7ten preußischen Regiments hier übergehen.

Schaumburg⸗Lippe. Bückeburg, 16. Juli. (Hannov. Ztg.) Am heutigen Tage wurde Ihre Durchlaucht die Frau Erb⸗ prinzessin zu Schaumburg⸗Lippe, geborene Prinzessin von Waldeck und Pyrmont, von einer gesunden Prinzessin glücklich entbunden.

——

Ausland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 17. Juli. Den Vorsitz führt Dupin. Die dritte Berathung mehrerer unbedeutender Gesetz⸗Vorschläge wird ohne Debatte be⸗ schlossen. Es folgt die Berathung über den Antrag von Kerdrel, Mortemart und St. Beuse auf Vertagung der Versammlung. Pel⸗ letier hat das Wort dagegen. Er berührt zuerst die Lobsprüche, welche der Kommissions⸗Bericht der National⸗Versammlung wegen Vollendung von 228 Gesetzen mache, die dem Lande angeblich Zeug⸗ niß vom Eifer und der Thätigkeit geben sollten, mit welchem die Re⸗ präsentanten dessen Vertrauen entsprächen. Pelletierbestreitet die Rich⸗ tigkeit des angegebenen Resultates. Er begreife, daß Montalembert seiner Partei Glück wünsche. Aber die römische Expedition, das Aufgeben Ungarns, die Gesetze gegen das allgemeine Wahlrecht und die Preßfreiheit scheinen ihm nicht eben Handlungen, auf welche die Versammlung stolz sein dürfte. Sauteyra bezweifelt, ob der Au⸗ genblick zur Vertagung ein geeigneter sei, wenn fast das halbe Land sich in Belagerungszustand befinde. Der Berichterstatter stütze sich doch auf die allgemein herrschende Ruhe, wozu daher Ausnahmezustände? Zeitpunkt und Dauer namentlich seien nicht zu billigen. Drei Monate Vertagung seien ein Vertrauens⸗ Votum. Nun fehle aber bei einem beträchtlichen Theile der Versammlung dies Vertrauen. Art. 1: „Die Versamm⸗ lung vertagt sich vom 11. August bis zum 11. November 1850.“ Morellet schlägt 6 Wochen vor und will vorher den Belagerungs⸗ zustand aufgehoben wissen. Noch seien wichtige Arbeiten zu ver⸗ richten, und er stütze sich deshalb auf die von Montalembert am 23. Mai d. J. angeführten Gründe, wenn nicht etwa die compiégner Reise sie bei diesem Mitgliede beseitigt hätte. (Lärm.) Die Gefahr sei aber nicht nur im Innern, sondern auch im Auslande. Ob man nicht wisse, daß russische, schwedische, dänische, preußische, österrei⸗ chische Armeen sich in Bewegung setzten? Ob in Deutschland schon aller Zwiespalt beseitigt sei? Der Antrag wird verworfen. Eben so einer von Andree, erst nach Beendigung des Budgets und der wichtigsten Gesetze sich zu vertagen. Art. 1 wird angenommen. Art. 2: „Eine Kommission von 25 Mitglie⸗ dern wird zufolge Art. 32 der Constitution ernannt.“ Art. 81 „Die Vollmacht des Büreaus wird bis zum Zusammentritt ver⸗ längert.“ Angenommen. Die nun folgende Diskussion des Budgets der Einnahmen für 1851 wird vom Finanz⸗Minister eröffnet. Er habe bei Ueberreichung des Budgets die Hoffnung auf einen Einnahme⸗Ueberschuß von 10 Millionen ausgesprochen, er habe dieses Resultat ohne Steuer oder Anlehen für möglich erklärt, endlich dargethan, daß noch in diesem Jahre ein Theil der Schuld an die Bank abgetragen werden könne. Jetzt, drei Monate spätec, habe er keinen Grund, seine Ansicht zu ändern. Die Veränderun⸗ gen der Ziffern im Kommissions⸗Berichte berühre nur Komptabi⸗ lität, keinesweges die Resultate. Der Ausfall von 1850 dürfte unter der Erwartung bleiben. Die Einnahmen haben sich, theil⸗ weise bedeutend gebessert. Die Finanzlage habe nichts Veunruhi⸗ gendes. Diesen Fortschritt verdanke man der Politik der Regie⸗ rung. Wenn der innere und äußere Friede erhalten würden, dürf⸗ ten die französischen Finanzen bald auf den normalen Stand kom⸗ men. Zum Beweis für die Hebung des allgemeinen Wohlstandes beruft sich der Finanz⸗Minister auf die Ausweise der Sparkassen und die Börsenzettel seit dem 10. Dezember 1849; daß endlich die Lage der Arbeiterklasse sich verbessert habe, beweise die Vermehrung der indirekten Steuern. Choque theilt nicht die Ansicht des Mi⸗ nisters, daß der angeblichen Besserung die Regierungs⸗Politik zu Grunde liege. Es sei dies wohl eher die Regierungs form (Lärm.) Uebrigens seien die Hoffnungen des Ministers sehr übertrieben. Die Finanzen würden doch nur durch eine An⸗ leihe flott zu machen sein. Darüber dürfe man nicht erschrecken da selbst die Türkei Anleihen mache und die Fproz. Rente bald 1 pari stehe. Gute Finanz⸗Verwaltung, Anlehen, Tilgungsfond sind die Stützpunkte des Redners. Morin vertheidigt das richtige Ver⸗ hältniß der indirekten Steuern und will Ersparungen. Savatier Laroche findet es natürlich, daß die Fiuanzen unter der Republik besser stehen, als unter der Monarchie. Im Interesse des so nöthi⸗ gen Friedens müßten sich alle Parteien um die Constitution von 1848 schaaren. Ein Kaiserthum ohne Kaiser wäre eine Wirkung ohne Ursache, ein Schiff ohne Kompas. Lagrenee spricht gegen den Tilgungsfonds und tadelt mehrere in der Komptabilität, namentlich bei der Steuer⸗Erhebung eingeschlichene Unzulänglichkeiten. Minister Fouldentgegnet, daß die Verwaltung bereits seit langer Zeit an Aus⸗ führung der angezeigten Reform denke. Die Regierung könne z. B. na⸗ mentlich bei getrennter Erhebung der Staats⸗ von den Departe⸗ ments⸗ und Gemeinde⸗Steuern nur gewinnen. Nur seien noch einige praktische Schwierigkeiten zu überwinden. Berichterstatter Berryer entgegnet, es habe die Kommission aus der Oekonomie

1257

keine Vertrauensfrage machen wollen. Es sei Gläubiger, die reelle, an alte Verspre⸗ chen in schwierigen Zeiten geknüpfte Garantie des Tilgungs⸗ Fonds entsprechend zu berücksichtigen. Er erkennt aller⸗ dings an, daß die gegenwärtige Redaction des Budgets die Ziffer der Ausgaben unangenehm anschwelle. Doch, denke er, müsse nach den Regeln des Soll und Haben diese Komptabilität beibehalten werden. Der Schluß der allgemeinen Debatte wird ausgesprochen. Die ersten 5 Kapitel für konsolidirte Schuld und Tilgungsfonds mit 307,829,460 Fr. werden ohne Debatte angenommen. Kap. 0, 7, 8, 9 und 10, Witthum der Herzogin von Orleans, werden nach

kurzer Debatte ebenfalls bewilligt und die Sitzung aufgehoben.

Paris, 17. Juli. Der Präsident hat eine Kommission für Kolonial⸗Angelegenheiten niedergesetzt, welche sich zunächst mit Or⸗ ganisation des Kolonialgerichtswesens, mit einem Wahlgesetze für die Kolonicen und den außerordentlichen Vollmachten für den Gouverneur zu beschäftigen hat.

Girardin hat den Antrag gestellt, die Entschädigung der Re⸗ präsentanten auf die Hälfte (12 Fr. 50 C. für den Tag) herabzu⸗ setzen. 8 8

Den Ministerrath beschäftigte die Frage des Straßenverkaufs der Journale. Polizei⸗Präfekt Carlier wohnte der Konferenz bei.

Einige Repräsentanten wollen den Antrag stellen, eine Kom⸗ mission der National⸗Versammlung solle den Präsidenten bei seiner nächsten Reise in die Departements begleiten.

Der Antrag auf Revision des Wahlgesetzes wird erst nach der Vertagung eingebracht werden.

Fünf Generale, Mitglieder verschiedener Fractionen, sind als Kandidaten der permanenten Kommission während der Vertagung aufgetreten.

Lamoricière's gestrige Rede wird von allen Journalen als ein Ereigniß besprochen. Bekanntlich betraf sie Geruchte von Staats⸗ streichen.

Vor der heutigen Sitzung hat der Architekt der National⸗Ver⸗ sammlung die Schranken aufgerichtet, vor denen morgen der Ge⸗ schäftsführer des Pouvoir und sein Advokat zu erscheinen haben. General⸗Prokurator Royer wird im Prozesse des Pouvoir als Staats⸗Anwalt fungiren. Trotz der gestrigen und vorgestrigen Ver⸗ sicherung des Ministers des Innern, daß dem Journale Le Pou⸗ voir der Straßenverkauf entzogen worden sei, wurde es den⸗ noch gestern Abend auf den Boulevards wie gewöhnlich ver⸗ kauft. Das Credit fragt daher, ob nicht ein höherer Befehl den ministeriellen paralysirt habe. Man erzählte heute, daß am Montag, als der inkriminirte Artikel des Pouvoir erschien, der Geschäftsführer dieses Blattes, Lamartiniére, in Com⸗ piegne an der Tafel des Präsidenten den Ministern Baroche und Rouher gegenüber das Frühstück eingenommen habe. Das Pouvoir erklärt heute, nach reiflicher Ueberlegung von einer Vertheidigung seines Aufsatzes gänzlich abgegangen zu sein und dieselbe seinem Advokaten überlassen zu haben. Der Moniteur du Soir bringt die Nachricht, es habe sich die frühere Gesellschaft des Pouvoir gerade an dem Tage, an wel⸗ chem der angeklagte Artikel erschien, aufgelöft und die neue den Tag zuvor den Kontrakt unterzeichnet. Nach dem bonapartistischen Pays wurde der Prozeß des Pouvoir gestern im Mi⸗ nister⸗Rathe mit solcher Heftigkeit besprochen, daß Louis Bonaparte dazwischentreten mußte, um einen Wortwechsel zwischen Rouher und d'Hautpoul nicht ausarten zu lassen.

des Budgets im Interesse der

Großbritanien und Irland, London, 17. Juli. Die Beerdigung des Herzogs von Cambridge hat gestern in Kew stattgefunden. Außer dem Sohne, dem Schwiegersohne und den beiden Töchtern des Verstorbenen wohnten dem Leichenbegängniß Prinz Albrecht, der Herzog von Wellington, Lord John Russell und der Graf von Minto bei. Von den Coldstream⸗Garden, dem Re⸗ gimente, dessen Oberst der Herzog gewesen war, waren etwa 1400 Militairs zugegen.

Der Gesandte am spanischen Hofe, Lord Howden, ist an seine Bestimmung abgegangen.

Im Mansion⸗House wurde vorgestern unter Vorsitz des Lord Mayor eine sehr zahlreich besuchte Versammlung gehalten, um über ein zu Ehren Sir R. Peel's zu gründendes Denkmal zu berathen und eine zu diesem Zwecke eröffnete Subscription zu fördern. Viele Parlaments⸗Mitglieder, darunter Hume, Drummond, Roth⸗ schild, Fitzroy, Mastermann, waren anwesend. Unter den bei dieser Gelegenheit gehaltenen Reden zeichneten sich namentlich die von Sir E. N. Burton und Drummond gehaltenen aus. Ersterer wies durch einen Vergleich zwischen Peel und Sir Robert Walpole darauf hin, um wie viel höher jetzt die politische Moralität in England stehe, als vor hundert Jahren, und zollte überhaupt der Uneigen⸗ nützigkeit und dem aller Eitelkeit fremden Charakter des Verstorbe⸗ nen die reichste Anerkennung. Mit Beziehung auf den letzteren Punkt machte er darauf aufmerksam, wie Peel die ihm zweimal an⸗ getragene Pairswürde, so wie den Hosenband⸗Orden, eine Auszeich⸗ nung, die vor ihm nur einmal einem Mitgliede des Unterhauses angeboten worden sei, ausgeschlagen habe. Drummond hob haupt⸗ sächlich hervor, wie oft Peel seine Privat⸗Freundschaften seiner po⸗ litischen Ueberzengung geopfert habe.

Auf der Nord⸗Kentbahn fand vorgestern Abend zwischen 9 bis 10 Uhr ein furchtbarer Unfall statt. Der Zug, welcher 20 Minu⸗ ten nach 9 Uhr Gravesend verlassen, war glücklich bis zum Black⸗ heath⸗Tunnel gekommen, er bestand aus 2 Lokomotiven und hatte gegen 600 Passagiere, als ein Wagenzug auf ihn einstieß, und zwar innerhalb des Tunnel. Mehrere Waggons wurden zertrümmert und viele Reisende gefährlich verletzt; die Zahl der Opfer ist noch nicht genau ermittelt. Ein Passagier erzählt aber, daß gegen 12 Per⸗ sonen leblos weggetragen worden.

Robert Peel der Jüngere hat die Kandidatur für Tamworth angenommen.

Dänemark. Kopenhagen, 16. Juli. (H. C.) Unter dem 14ten d., also gleichzeitig mit dem (gestern mitgetheilten) Ma⸗ nifeste, hat Se. Majestät der König folgende Proclamation (in dä⸗ nischer Sprache) an die Bewohner des Herzogthums Schleswig erlassen:

„Schleswiger! Die Zeit ist endlich gekommen, wo erwartet werden darf, daß die Segnungen des Friedens in Unsere Lande, wo sie früher so lange ihre ungestörte Heimat gehabt, zurückkehren werden. Die fremden Truppen, denen die Aufrechthaltung der Ord⸗ nung und Ruhe in der letzten Zeit hat überlassen werden müssen, sind abgezogen und Unsere Armee zieht ein, um das Land in Un⸗ seren, Eures Landesherrn, Besitz zu nehmen. Die Armee wird auf schleswigschem Boden mit Freuden von einer Bevöl⸗ kerung aufgenommen werden, die unter Entbehrungen, Ge⸗ fahren und Bedrängnissen ihre Unterthanentreue unerschüttert be⸗ wahrt hat. Ihr bringen Unsere Waffen einen willkommenen, lang ersehnten Schutz. Allein das Heer zieht auch zu denen, deren Ur⸗ theil sich hat verwirren lassen, deren Ohr bisher für Unsere lan⸗ desväterliche Stimme verschlossen war. Doch kommt es nicht zu

diesen, um Strafe und Rache zu bringen. Nicht blos mit Gerech⸗

tigkeit, sondern auch mit Milde ist Unser und Unserer Väter Scep⸗ ter über Euch und Eure Väter geführt worden, und so soll auch jetzt alle mögliche Nachsicht gegen die Irregeleiteten und Verführ⸗ hang die zu der Unterthanenpflicht zuruckkehren, bewiesen werden. Neben den durch unselige Zwietracht zerstörten und aufgelösten Verhältnissen in Eurem Lande ist es nicht möglich, sogleich eine Ministerial⸗Regierung desselben einzusetzen. Mittlerweile uübernimmt daher Unser Kabinets⸗Secretair, Kammerherr von Tillisch, Mitglied der bisherigen Verwaltungs⸗Kommission, in Unserem Namen, als außerordentlicher Regierungs⸗Kommissär, die Civil⸗Verwaltung des Herzogthums. Aber Unsere landesväterliche Sorgfalt wird von der ersten Stunde des Friedens an darauf gerichtet sein, baldmöglichst Euren inneren Verhältnissen eine feste und definitive Ordnung in Uebereinstimmung mit Unserer früher deshalb gemachten Zusage zu verleihen. Wie inzwischen dieses Ziel bestens und auf die ange⸗ messenste Weise zu Aller Frommen sich wird erreichen lassen, dar⸗ über wollen Wir Stimmen aus dem Volke selbst vernehmen. Es ist daher Unsere Absicht, eine Anzahl Männer aus Eurer Mitte zu⸗ sammenzuberufen, um zu erwägen, welche Ordnung der Verhält⸗ nisse dem Lande am Besten entsprechen dürfte, und Uns darüber ihre Gut⸗ achten und Vorschläge vorzulegen. Insofern die Schleswig zu ertheilende Stellung und Verfassung die größte Bedeutung für das künftige Wohl des Königreichs hat und Interessen von Wichtigkeit für das Herzogthum Holstein berührt, gedenken Wir ferner Männer aus Dänemark und Holstein zur Theilnahme an den besagten Verhand⸗ lungen zutreten zu lassen. Bis zur neuesten Zeit haben in den Landen des Königs von Dänemark nicht minder da, wo er den Herzogstitel führt, als da, wo er den Königstitel führt Herr⸗ scher und Volk stets aufrichtig zum Wohl des Landes zusammenge⸗ halten. Es ist Unsere vertrauensvolle Hoffnung, daß diese glückliche Zeit bald zurückkehren werde, und Wir fordern alle wohlgesinnten Schleswiger auf, sich Uns zu dem segensreichen Werke des Frie⸗ dens anzuschließen und sorgfältig Alles fernzuhalten, was noch ver⸗ suchen möchte, sich feindlich zwischen Fürst und Volk zu drängen. Schloß Frederiksborg, den 14. Juli 1850. Frederik R. A. W. Moltke.“

Die Seemacht, welche sich an der Ostküste Schleswigs befindet, wird ohne Zweifel bald eine Verstärkung erhalten, indem eine schwe⸗ disch⸗norwegische Eskadre sich dorthin begeben wird. Auch ist die Ankunft einer englischen Eskadre daselbst keinesweges unwahrschein⸗ lich. Endlich wird auch Oesterreich sein Kontingent zu diesem See⸗ Kongresse schicken, denn es wird auch eine Kaiserliche Korvette er⸗ wartet.

Italien. Turin, 12. Ill.ö1 Minister⸗ Präsident d'Azeglio wird die Hauptstadt für einige Zeit verlassen und sich nach Acqui begeben. Das Portefeuille des Auswärtigen geht interimistisch während seiner Abwesenheit in die Hände des Ministers der inneren Angelegenheit über.

Der König von Sardinien wird am 28sten seine nur auf einige Tage berechnete Reise nach dem Aosta⸗Thale antreten.

Außer dem Marquis d'Azeglio wird auch der sardinische Fi⸗ nanz⸗Minister eine Badereise unternehmen.

Das Giornale di Roma enthält in seinem amtlichen Theile die Erklärung, daß der heilige Vater niemals Lord Minto eingeladen habe, sich nach Italien zu begeben.

Der russische bevollmächtigte Minister beim heiligen Stuhle, Graf Buteneff, ist von Rom nach Neapel zurückgekehrt.

Turin, 13. Juli. (Fr. B.) Man erwartet für den 15ten d. M. das Dekret der Vertagung der Kammern.

Civitavecchia wird von den Franzosen fortwährend auch von der Landseite befestigt.

. Neapel, 6. Juli. (Lloyd.) Dieser Tage haben ernstliche Berathschlagungen über die Entschädigungsfrage zwischen den Ge⸗ G Frankreichs, Preußens und Englands und den Ministern nelthe sich 1becen Pa der Finanzen stattgefunden. Die Regierung, entweder ganz entziehen oder doch nur Bi igkeit übereinstimmendes Minimum zugestehen möchte, soll durch die Gesandten der bei 8 I u“ er beiden Kaiserstaaten um die Vermittelung ihrer Regierung nachgesucht haben. Dr T

dieser Ansprüche soll beinahe 12 Mill. Ducati erreichen bb lischen allein schon beinahe 11 Millionen ausmachen. Manche der 8 fenden Reclamationen reichen mehrere Jahre, ja bis beinahe zu einem Jahrzehnt zurück, und mehrere andere sind auf die lange Bank geschoben worden. Diese und manche andere Umstände machen die Frage zu einer immer unangenehmeren und dringlicheren. Absicht⸗ lich ist das Gerücht ausgestreut worden, die französische Flotte weile hauptsächlich deshalb in unserem Golf, um das etwa von Malta kommende englische Geschwader an der ernstlichen Unterstützung die⸗ ser Reclamationen, wenn nicht zu verhindern, doch in angemessenen Schranken zu halten; die pariser Befehle gehen jedoch darauf ei⸗ gentlich nicht hinaus. Auch befinden sich ja französische Ansprüche unter den Forderungen.

Königliche Schauspiele.

Sonntag, 21. Juii. Im Opernhause. 76ste Abonnements⸗ Vorstellung: Mirandolina, Lustspiel in 3 Abth., frei nach Goldo⸗ ni's Locandiera, von C. Blum. (Frau Peche: Mirandolina, als letzte Gastrolle.) Hierauf: Der Schutzgeist, Ballet in 2 Abth., von P. Taglioni.

Preise der Plätze: Parquet, Tribüne und zweiter Rang 1 Rthlr. Erster Rang, erster Balkon daselbst und Proscenium 1 Rthlr. 10 Sgr. Parterre, dritter Rang und Balkon daselbst 20 Sgr. Amphitheater 10 Sgr.

Montag, 22. Juli. Im Schauspielhause. 116te Abonnements⸗ Vorstellung. Zum erstenmale: Im Walde. Ländliches Charakter⸗ Gemälde in 4 Akten, mit freier Benutzung einer Erzählung der George Sand, von Charl. Birch⸗Pfeiffer.

Dienstag, 23. Juli. Im Schauspielhause. 117te Abonnements⸗ Vorstellung: Rosenmüller und Finke, oder: Abgemacht! Ori⸗ ginal⸗Lustspiel in 5 Akten, vom Dr. C. Töpfer. 8

MIIe. Rachel accompagnée d'artistes du in Begleitung von Künstlern des Théaàtre frangais et de 'Odéon Théädtre français und des Odéon⸗ de Paris donnera dans les pre- Theaters zu Paris, wird in den miers jours du mois d'Aodùt ersten Tagen des August ihre sa première représentation à erste Vorstellung in Berlin geben. Berlin. Das Nähere werden die An⸗

D'autres affches donneront schlagezettel besagen.

de plus amples détails. b 1““

Chez Mr. Asber et Co., un- Bei Herrn Asher, unter den ter den Linden No. 20, on Linden Nr. 20, sind diejenigen peut se procurer les pièces Stücke, in welchen Mlle. Rachel que doit jouer Mlle. Kachel spielen wird, zu haben, unter na⸗ avec le programme exact des mentlicher Bezeichnung der Künst⸗ rêles tels qu'ils sont distribués ler, welche die Rollen geben aux artistes qui 'accompagnent. werden.