gebung der Schwäche und als ein offenhares Aergerniß er⸗ scheinen müßte. So geneigt Wir sind und bleiben werden, Unsere Gnade, wie wir sie bei den politischen Vergehungen der letztverflossenen Jahre bereits in großem Umfange geübt haben, auch ferner da eintreten zu lassen, wo Wir diese keinem Unwürdigen zu erweisen uns überzeugen, so sehr halten Wir es aus den ange führten Gründen für geboten, eure Bitte um eine allgemeine Am⸗ nestie für die in den letztvergangenen zwei Jahren verübten politi⸗ schen Verbrechen und Vergehen, wie hiermit geschieht, zutrzugei⸗ sen. Wir verbleiben euch mit Unserer Königlichen Huld stets 1 beigethan. Stuttgart, im Königlichen Gesammt⸗Ministerium, den 14. Juli 1850. 8 Auf Sr. Königl. Majestät besonderen Befehl: b Miller. Linden. Knapp. P. b“ Der Ausschuß der Landes⸗Versammlung hat an 68 w 1 Ministerium die nachstehende Erklärung erlassen v Al! einen Zeitung vom 10ten d. M. abgedruckte Friedens⸗ . 1“ 8 und Daäͤnemark, welcher sämmtlichen Vertrag zwischen Prtzeszen Genehmigung Namens des deutschen deutschen “ z zerden soll, enthält Bestimmungen, Staaten⸗Vereins vorgelegt werden ichfalls bekannt vorde welche — zusammengestellt mit dem gleichfalls bekannt gewordenen
Protokoll der londoner Konferenz üüber diese Frage — die Rechte Deutschlands, seine Ehre und seine Interessen in hohem Grade ge⸗ fährden. Wenn auch in demselben die in dem Briefe des Königs von Preußen an den Prinzen von Augustenburg anerkannten Rechte der Herzogthümer Schleswig und Holstein auf ihre Selbststän⸗ digkeit, ihre Untrennbarkeit und die Erbfolge des Mannsstammes in der Regierung derselben nicht ausdrücklich verneint sind, wie sie auch nicht weggeleugnet werden können, so liegt doch darin, daß nach dem Inhalt des Art. 1 und 2 des dem Friedensvertrag bei⸗ gefügten Protokolls das Herzogthum Schleswig in die Lage ver⸗ setzt wird, gegen Gewaltmaßregeln des Königs von Dänemark für siich allein und ohne Hülfe von Holstein und anderen verbrüderten deutschen Staaten den Krieg wieder aufzunehmen, und daß Hol⸗ stein nach der ausdrücklichen Bestimmung des Art. 2 gehindert wer⸗ den würde, an einem solchen Kriege Theil zu nehmen, während ein preußisches Beobachtungs⸗Corps an der holsteinischen Gränze sich aufstellt, nicht nur eine offenbare Zerreißung der recht⸗ lich unzertrennlichen Herzogthümer, sondern auch eine Preisgebung deutscher Landestheile an den Feind. Der Ausschuß der Landes⸗ versammlung fühlt sich Angesichts solcher Vorgänge im deutschen Vaterlande und in Beherzigung der schweren Opfer, welche Würt⸗ temberg im Jahre 1848 für die Rechte Schleswig-Holsteins und für die daselbst zu wahrenden Interessen Deutschlands gebracht hat, verpflichtet, gegen die Königliche Staatsregierung die zuversichtliche Erwartung auszusprechen, daß sie diesem Friedensveortrag ihre Zu⸗ stimmung nicht ertheilen und die Sache Schleswig⸗Holsteins fort⸗ während als allgemeine deutsche Sache bei den übrigen Regierungen geltend machen werde. Der Unterzeichnete beehrt sich, erhaltenem Auftrage gemäß, diese Erklärung des Ausschusses der Landesver⸗ sammlung der königlichen Staatsregierung mitzutheilen. Sich ꝛc. Stuttgart, den 11. Juli 1850. Der Präsident: Schoder.“
Schleswig⸗Holstein. Schleswig, 18. Juli. (Alt. Merk.) Der zweite Armee⸗Bericht des Generals von Willisen lautet:
„Die Bewegung der Armee am 15ten ist ganz so ausgeführt worden, wie sie in meinem ersten Berichte angedeutet war. Die starken Abschnitte von Idstädt und Wedelspang sind von den Vor⸗ ruppen besetzt, und die ganze Armee hat sich heute am 16ten da⸗ hinter konzentrirt. Bei Missunde ist eine Brücke geschlagen und so
der Armee eine doppelte Operationslinie gesichert. Dürften nur militairische Rücksichten über das entscheiden, was zunächst zu thun ist, so wäre nichts vortheilhafter, als die Bewegung schnell bis Bau fortzusetzen und so dem Feinde seinen wahr cheinlichen strategischen Aufmarsch zu stören. Es scheint aber angemessen, diesen großen militairischen Vortheil zu ppfern, und die Aufrichtigkeit der Gesinnung, welche eine friedliche ösung stets gewollt und noch will, auf das Unwiderleglichste dar zuthun. Was bisher nun Militairisches geschehen, darf wohl auf keine Weise als eine Aggression angesehen werden. Es ist nur ein kleiner Theil des Landes besetzt worden, worauf man volle Ansprüche hat, und meint es der Gegner ehrlich mit seinen Versöhnungs⸗Vor⸗ schlägen, so ist nichts geschehen, was ihm den Vorwand geben dürfte, avon zurückzutreten. Die eingetretene große Hitze erschwert die Bewegungen der Truppen in hohem Grade, doch wird dieselbe mit Festigkeit ertragen und die Truppen befinden sich im besten Zu⸗ tande.
Hauptquartier Schleswig, den 16. Juli 1850.
Der kommandirende General (ges.) Lon Willisen.
(B. H.) Am 16ten Morgens rückten die Dänen im Herzog⸗ hum Schleswig an verschiedenen Punkten ein. Zwei Kolonnen marschirten von Sonderburg aus und übernachteten in Rinkenis und Quars. Das in Jütland stationirte dänische Corps marschirte zur selbigen Zeit in Schleswig ein, und sieben Bataillone wurden von Apenrade ans Land gesetzt. Von den Letzteren marschirten zwei Bataillone auf der apenrader⸗flensburger Chaussee sogleich weiter nach Flensburg, welches sie am folgenden Tage besetzten. Ihre Vorposten stehen in den umliegenden Dörfern. Heute Morgen fand ein kleines Vorpostengefecht statt bei Bilschau, ohne andere Resul⸗ tate, als den Tod eines dänischen Dragonerpferdes herbeizuführen. Die Dänen haben sich auch auf Holnis verschanzt, wohin sie von Brunsnis übergesetzt waren. Patrouillen von dort aus sind wei⸗ ter als Glücksburg gesehen worden.
„Flensburg, 15. Juli. (Alt. Merk.) Von Düttebüll oder Falshoeft aus sah man vorgestern 6 russische Linienschiffe (oder je⸗ denfalls Fregatten), 1 Schraubendampfschiff, 1 Dampfschiff mit Rä⸗ dern und in der Nähe 2 dänische Kriegsschiffe, 1 Korvette und 1 Kutter. Gestern wollte das russische Schraubendampfschiff in den flensburger Hafen einlaufen, gerieth aber (wie bereits erwähnt), wenn gleich mit einem doch nicht Flensburger — Lootsen ver⸗ 889, Sandacker schon vorbei, in der Nähe von Mörwieck, auf den deeeezaedent ist es wieder davon abgekommen. Dieses Schrau⸗ Sene Mlchish führe an jeder Seite 13 Kanonen, wovon 3 messin⸗ diefes keine Landungstruppen sah man am Bord eingelaufenen E— gestern in den flensburger Hafen rusgischrn regaschehe nf eberdampfschiffes. Das Erscheinen der in Flensburg, dech pe 8 8s anfangs zu einer starken Aufregung daß die Schiffe nur Lbe⸗ sich diese großentheils, als kund wurde, “ *nur Lebensmittel einnehmen wollten.
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Oesterreich. K sland. “ . um 1 Uhr Mittags de0ch an 39, dul Be .. Scles.. Gesern mit so ü hiedenen S er 8 8 eute is ) ans orgen gegen 9 Uhr
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Man zählt 17 Leichen. Es sind Der größte Theil der Häuser in Feuer wüthete vor⸗
wurde man Herr . Feuers. 7 Straßen niedergebrannt.
Krakau 899 Schendelbedachung. Das zugsweise in den Stadttheilen, die nach dem Bahnhofe zu gelegen sind, während der größtentheils von Juden bewohnte und auf einer Insel der Weichsel gelegene Kazimierz ganz davon verschont blieb. Die bemerkenswerthesten Gebäude, welche bis gestern Abend niedergebrannt waren, sind das Dominikaner⸗ und Franzis⸗ kaner⸗Kloster, die St. Barbara⸗ und St. Josephs⸗Kirche, der bi⸗ schͤfliche Palast und die polytechnische Schule. Der Bahnhof blieb unversehrt. Es wird erzählt, das Feuer sei an fünf in ganz ver⸗ schiedenen Stadttheilen liegenden Punkten zu gleicher Zeit ausge⸗ brochen. Somit dürfte Brandstiftung zu vermuthen sein.
Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. vom 18. Juli. Den Vorsitz führt Dupin. 1 12 ½ Uhr eröffnet. Die Tribünen füllen sich nur langsam und mäßig. Die Repräsentanten finden sich unter ziemlich lärmenden Gesprächen nach und nach ein. Mehrere erlustigen sich über den heutigen Charivari, der eine Karikatur auf Larochejacquelin ent⸗ hält. Dieser befindet sich selbst unter den Lachenden. Anstatt der Barre erblickt man blos einen einfachen Tisch mit grünem Teppich überdeckt, darauf Schreibzeug, Federn und Papier. Hinter demsel⸗ ben befinden sich zwei Stühle. Der Präsident erinnert daran, daß auf Baze's Antrag beschlossen worden, es solle der Geschäfts⸗ führer des Journals Le Pouvoir vor die Schranken des Hauses geladen werden. Derselbe sei bereit, zu erscheinen, habe jedoch um die Erlaubniß, sich von einem Vertheidiger vertreten lassen zu dürfen, ersucht. Der Präsident verliest eine Zuschrift der Repräsentanten Madier de Montjau, Raudin, Miot, Beaune u. s. w., welche Verweisung der Anklage vor die Jury verlangen. Der Präsident bemerkt, Mitglieder, welche Zweifel in ihr Recht setzten, seien ermächtigt, sich der Abstimmung zu enthalten. Auf seine Weisung werden vom Chef der Huissiers der Geschäftsführer des Pouvoir, Lamartinidre, und dessen Vertheidiger, Advokat Chaix d'Est⸗Ange, eingeführt. Der Präsident stellt nach den gewöhnlichen Personalien an den Angeklagten die Frage: „Sind Sie der Verfasser des Artikels?“ Lamartiniere: „Ich bin nicht der Verfasser, doch übernehme ich die Verantwortlichkeit dafür als Geschäftsführer.“ Der Praͤsident zum Vertheidiger: „Sie haben das Wort. Bedecken Sie sich; d. h. nach Gebrauch und Herkommen, Sie haben vollkommene Freiheit der Rede.“ Chaix d''Est⸗ Ange: „Ich soll einen Angeklagten vertheidigen und sehe keinen Ankläger vor mir. Meine Rede wird daher die Lebhaftig⸗ keit vermissen lassen, welche die Entgegnung erzeugt und die leber⸗ zeugung bedingt. Ich werde mich also auf einfache Darstellung des Vorganges, des Rechtes und Gesetzes beschränken. Darauf ge⸗ stützt und im Vertrauen auf die Nachsicht, welche Sie mir schenken wollen, hoffe ich den Beweis zu liefern, daß das Pouvoir weder ein Vergehen, noch ein Verbrechen begangen habe, daß Schimpf und Beleidigung ihm nie in den Sinn gekommen seien.“ Der Verthei⸗ diger bestreitet zuerst den noch rechtskräftigen Bestand des Gesetzes vom 25. März 1822, auf welches die Vorladung sich stütze. Die Versammlung könne daher nicht mehr Richter in eigener Sache sein. Die Jury sei in Frankreich der einzige gültige Preßgerichtshof. Doch wolle er sich bei der Kompetenzfrage nicht aufhalten. Er habe nur an Eines erinnern wollen, daß die Versammlung, welche ohne Gesetz in eigener Sache entscheide, nicht nur gerecht, sondern gütig und nachsichtig sich beweisen müsse. So lange par⸗ jamentarische Regierung in Frankreich bestehe, habe die Presse das Recht der Beurtheilung gehabt. „Unter der Monarchie, wo man freilich nicht „Freiheit und Gleichheit“ auf die Monumente schrieb, sondern sie in der That übte, ließ man dieser Beurtheilung die größte Freiheit.“ Der Vertheidiger liest mehrere schneidende Be⸗ urtheilungen damaliger Kammer⸗Sitzungen. „Und die Februar⸗ Revolution hätte diese Freiheit beschnitten? Soll in der Republik nicht mehr erlaubt sein, was unter der Monarchie gestattet war?“ Er wolle jedoch in seinen Vergleichen nicht so weit zurückgehen. Am gleichen Tage mit dem Artikel des Pouvoir sei in einem an⸗ deren Journale ein weit heftigerer Artikel erschienen. Er werde Proben vorlesen. Man möge dann urtheilen. Der Vertheidiger liest den Schluß eines Artikels im National vom 15ten dieses Mo⸗ nats, wo von der Fünfundzwanzig⸗Franken⸗Frage, den Anwe⸗ senheits⸗ und Abwesenheits⸗Pfennigen die Rede ist. Er thut dar, daß in diesem Artikel ein beißender Spott, eine Leidenschaft, eine Sucht, lächerlich zu machen liege, von der im fraglichen Artikel des Pouvoir keine Spur zu finden sei. Die Versammlung möge da⸗ her nicht mit zweierlei Maß messen, Einen verurtheilen, den Ande⸗ ren entschlüpfen lassen. Zu den Entschuldigungsgründen des Arti⸗ kels gelangend, beweist der Vertheidiger die Wahrheit mehrerer darin gemachten Angaben. Der Artikel bezeichne die Schwankun⸗ gen der Beschlüsse, die Unruhe des Landes, die Dauerlosigkeit der Regierung. Alle diese Uebelstände lägen ja in den bestehenden Staats⸗Einrichtungen. Das Land fühle dieselben, darum sei es unruhig. Es wolle mehr Dauer, mehr Bestimmtheit, weniger Be⸗ sorgniß um die Zukunft. Das Pouvoir hat einfach dem Ge⸗ danken des Landes Worte gegeben. Es hat sich vielleicht leb⸗ hast, amnher Tagespresse Gebrauch ist, ausge⸗ drückt. Es sagte, daß die Versammlung weit aufge⸗ regter sei, als das Land, daß aber der Brand sich fort⸗ pflanzen könne.“ Diese Aufregung bestehe aber thatsächlich. Man möge doch den Moniteur nachsehen.
Man betrachte den Lärm und die Unterbrechungen! Man lese die Verweise des Prä⸗ sidenten!
Man überschaue diese Gewaltthätigkeit, diese Brutalitä⸗ ten und möge dann sagen, ob der Journalist gelogen habe. „Die Thatsache ist also richtig, die Form lebhaft, aber aufrichtig und ehrlich. Warum denn nun diese übertriebene Empfänglichkeit? Weil der Moment schlecht gewählt und das Journal schlecht gestellt war.“ Die Versammlung habe eben das Preßgesetz votirt und wolle wohl die Regel durch ein Beispiel erklären. Er könne nicht glauben, daß man die Anklage noch aufrecht erhalten wolle. Man werde überlegen, ehe man einen Mann verurtheile, welcher den Muth gehabt habe, gemildert zu sagen, was die Versammlung selbst denke. Er könne diesen Muth nicht tadeln, sondern ehre ihn vom Grunde seines Herzens. Unter tiefem Stillschweigen setzt Chaix d'Est⸗Ange sich nieder. Der Präsident fordert Angeklagten und Vertheidiger auf, sich zurück⸗ zuziehen, und stellt folgende Fragen: „Erstens. Ist der Ange⸗ klagte schuldig des Vergehens der Beleidigung der Versammlung? Zweitens. Ist er schuldig des Vergehens eines Angriffs auf Rechte und Ansehen der Versammlung?“ Ueber beide Fra⸗ gen wird einzeln mit schwarzen und weißen Kugeln auf der Tri⸗ büne abgestimmt. Die erste Frage wird mit 273 Stimmen gegen 154 Stimmen bejaht. Viele Mitglieder haben sich der Abstimmung enthalten. Auf Laussat's Antrag befragt der Präsident die Ver⸗ sammlung, ob die zweite Frage beseitigt werden solle. Die Ver⸗ sammlung beseitigt dieselbe. Es handelt sich also nur um das Strafausmaß. Der Angeklagte wird wieder eingeführt und ihm das Urtheil vorgelesen. Der Vertheidiger spricht für mildernde Umstände. Begen Crouseilher und J. Favre's Antrag be⸗ schließt die Versammlung, in geheimer Sitzung das Strafausmaß
Sitzung Die Sitzung wird um
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festzustellen. Die Gefängnißstrafe wird beseitigt. Um 5 ½ Uhr wird die Sitzung wieder eröffnet, und der Präsident verliest das Resul⸗ tat über das Maximum der Geldbuße. Stimmende 394; dafür 278, dagegen 119. Präsident: „Das Pouvoir — nein, Herr Lamartinière, ist also zu 5000 Fr. Geldbuße verurtheilt. Die Sitzung wird aufgehoben.
Paris, 18. Juli. Ueber den Prozeß des Pouvoir äußert sich der Constitutionnel: „Allerdings hat das Pouvoir ein scharfes Urtheil über die National⸗Versammlung gefällt. Aber seine Sprache ist ernst und leidenschaftslos. Er wirft der Versammlung vor, daß sie zu oft einen revolutionairen Anblick biete und dadurch im Lande eine unglückselige Aufregung hervorrufe und unterhalte.
Ohne Zweifel sind diese Vorwürfe in kräftigen Ausdrücken abgefaßt,
die jedoch noch weit von der furchtbaren Strenge entfernt sind, mit welcher Präsident Dupin jüngst die Urheber des skandalösesten Tu⸗
mults, der jemals eine berathende Versammlung getrübt, brandmar⸗
ken zu müssen glaubte. Wahrscheinlich unter dem Eindrucke einer so großen Regellosigkeit wurde der Artikel des Pouvoir geschrie⸗ ben. Und dieses Journal ist ein Abendjournal, also ein Journal, das nur in rascher Improvisation geschrieben werden kann.“ Bei Gelegenheit des Prozesses des Pouvoir wird an vorherge⸗ gangene ähnliche Fälle erinnert. Art. 11 des Gesetzes vom 19. Mat 1819 überträgt der Kammer das Recht, über Beleidigung durch die Presse selbst zu richten. Unter Ravez's Vorsitze kam dies Gesetz gegen den Geschäftsführer des Commerece in Anwendung. Barthe vertheidigte denselben; er wurde zum Minimum, ein Monat Ge⸗ fängniß und 500 Fr. Geldbuße, verurtheilt. Nach der Juli⸗Revo⸗ lution forderte die Deputirten⸗Kammer das Journal La Tribune vor die Schranken. Zwei seiner Redacteure, Godefroy Cavaignac und Armand Marrast, vertheidigten dasselbe. Der Geschäftsführer wurde zur höchsten Strafe verurtheilt. Zwei Jahre später theilte der von Raspail vertheidigte KReformateur dasselbe Schicksal. Der Nation al wurde vor den Pairshof citirt, weil er die Verur
theilung Ney's einen Meuchelmord genannt hatte. Die Sache hätte gefährlicher für das Blatt werden können, wenn nicht plötzlich ein anwesender Pair, der General Exelmans, ausgerufen hätte: „Ja! Ich denke, wie Herr Carrel! Es war ein Meuchelmord!“ Es wurde jedoch dieses und noch ein zweites Mal verurtheilt. Auch das Sibele wurde einmal zu einem Monat Gefängniß und 10,000 Fr. Geldbuße verurtheilt.
Die Demission des Kriegsministers d'Hautpoul wurde schon so oft angekündigt, ohne daß der Moniteur sie bisher enthalten hätte, daß man jede Wiederholung dieser Nachricht als falsch an⸗ zunehmen geneigt ist. Gestern gewann dieses Gerücht während der Sitzung der National-Versammlung eine solche Bestimmtheit, daß man noch während der Sitzung die Anzeige der Demis⸗ sion erwartete. Dies geschah nicht, doch macht die Patrie heute eine Anspielung, die auf die Begründung des Geruüchtes gedeutet werden kann. Die Union behauptet, daß General Rulhières zum Nachfolger d'Hautpoul's bestimmt sei, und daß dieser seinen Rück⸗ tritt in der National⸗Versammlung motiviren werde.
Die Patrie will wissen, es würden gleich nach der Vertagung 50 Montagnards nach London gehen, um mit Ledru⸗Rollin und Mazzini zu berathen. Nach ihrer Rückkehr solle ein Kongreß oder vielmehr ein Konziliabulum von Ex⸗Constituanten, rothen Journa⸗ listen, Klubchefs, abgesetzten Offizieren, Elementarlehrern und Ma⸗ gistratspersonen zusammenberufen werden. Die Mitglieder des ge⸗ heimen Kongresses sollten das Verhalten der Departements für den Fall eines imperialistischen oder dynastischen Staatsstreiches bestim⸗ men. Girardin solle von diesen Konferenzen ausgeschlossen werden. Der Ort der Zusammenkunft solle keinesfalls Paris sein.
Das Bien public de l'Oise erklärt heute, warum die Herren Mornay und St Beuve den Präsidenten nicht nach Com⸗ piegne begleitet haben. Namentlich war Mornay's Abwesenheit aufgefallen, weil dieser im genannten Departement die größte Stimmen⸗Mehrheit bei den Wahlen erhalten hatte. Beide Reprä⸗ sentanten waren nicht eingeladen worden, am Ausfluge Theil zu nehmen. Es wird bemerkt, daß sie große Gegner der Dotations⸗ Erhöhung des Präsidenten der Republik gewesen.
Großbritanien und Irland. Parlament. Ober⸗ haus. Der neue Lord⸗Kanzler nahm zum erstenmale seinen Sitz als Mitglied des Hauses und als Sprecher ein und leistete den herkömmlichen Eid. Der von Lord Brougham abgestattete Be⸗ richt des Ausschusses über die Bill in Betreff der Grafschaftsge⸗ richte wurde sodann entgegengenommen und der Beschluß gefaßt, denselben am Donnerstag in Betracht zu ziehen. Lord Granville stellte hierauf den Antrag, „daß das Haus sich zur Berathung der Fabrikarbeits⸗Bill als Comité konstituire“, und setzte die Gründe aus einander, durch welche die Regierung veranlaßt worden sei, die Bill als ein Kompromiß zwischen den streitenden Interessen der Fabrikbesitzer und Arbeiter vorzuschlagen. Der Graf von Har⸗ rowby stellte den Antrag auf Einschiebung eines Amendements in der ersten Klausel, durch welches für Kinder dieselbe Arbeitszeit, wie für Weiber und Unerwachsene, festgesetzt werde. Der Antrag wurde von Graf Granville und Lord Stanley bekämpft und bei der Abstimmung mit 58 gegen 25 Stimmen verworfen. Der Herzog von Richmond trat hierauf mit einem Verbesserungs⸗Antrage, ähnlich dem von Lord J. Manners im Unterhause vorgebrachten, eine weitere Reduction der Arbeitszeit um zwei Stunden wöchent⸗ lich bezweckend, auf. Auch dieser Antrag wurde mit 52 gegen 39. Stimmen verworfen und die Klauseln der Bill angenommen.
Unterhaus. Sitzung vom 15. Juli. In der Morgensitzung bis 3 Uhr beschäftigt sich das Haus mit den Details der Handels⸗ Marine⸗Bill und vertagte sich dann bis 5 Uhr. Nachdem das Haus sich wieder versammelt hatte, richtete Stanford an Lord Palmerston die Frage, ob Ihrer Majestät Regierung von den briti⸗ schen Gesandten an den verschiedenen deutschen Höfen Aktenstücke oder Depeschen hinsichtlich der beabsichtigten Reconstruction des Zoll⸗Vereins erhalten habe; ferner, ob sich aus diesen Depeschen darauf schließen lasse, inwieweit eine solche Umgestaltung des Zoll⸗Vereins die gegenwärtig zwischen Großbritanien und den verschiedenen deut⸗ schen Staaten bestehenden Hand elsbeziehungen berühren werde, und ob der Vorlegung der betreffenden Papiere (wenn es solche gebe) etwas im Wege stehe. Lord Palmerston erwiederte, er habe sehr viele Mittheilungen von Seiten englischer Botschafter in verschie⸗ denen Staaten Deutschlands über den betreffenden Gegenstand er⸗ halten. Er habe kaum nöthig, zu erwähnen, daß es sich nicht um eine Reconstruction, sondern um einer Revision des Ta⸗ rifs handle. Gegenwärtig stehe die Sache so, daß es un⸗ möglich sei, dem Hause durch Vorlegung von Dokumenten eine klare Vorstellung zu geben, da die Diskussion der Frage erst im Anfang begriffen sei. Die englischen Handels⸗Interessen könn⸗ ten seiner Ansicht nach durch die beabsichtigte Umänderung nur in⸗ sofern beeinträchtigt werden, als von einer wesentlichen Erhöhung des Eingangs⸗Zolles auf englische Waaren die Rede sei. Er könne jedoch nicht sagen, inwieweit eine solche Erhöhung wirklich eintreten werde, da für einige Waaren der Zoll herabgesetzt, für andere er⸗
höht werden solle. Natürlich würden sich die englischen diplomati⸗
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schen Agenten bestreben, den betreffenden deutschen Regierungen von einer Erhöhung der Zölle abzurathen. Cochrane interpellirt den Minister, ob die Regierung gegen die fortdauernde Besetzung Roms durch französische Truppen remonstrirt habe, und erklärt, er stelle diese Frage in Folge des starken Protestes, welchen der edle Lord gegen die Besetzung gewisser Theile Nord⸗Italiens durch Oesterreich eingelegt habe. Lord Palmerston erwiedert, die Regierung Ihrer Majestät habe nicht remonstrirt. Die zweite Lesung der Bill über die Anwalts⸗Certifikate geht trotz des Widerspruchs des Kanzlers der Schatzkammer, der sich gegen die unbegründete Aufhebung einer 100,000 Pfd. St. einbringenden Steuer erklärt, mit 139 gegen 122 Stimmen durch.
London, 18. Juli. Die Königin hat dem neuen Lord⸗Kanz⸗ ler, Sir Thomas Wilde, die Pairswürde unter dem Titel eines Baron Truro von Bowes in der Grafschaft Middlesex verliehen. Gestern hatte der Herzog von Wellington eine Audienz bei Ihrer Majestät. Heute Nachmittag ist der Hof wieder nach der Insel Wight gereist.
Im Oberhause wurde vorgestern die Pachterbill auf den An⸗ trag Lord Beaument's, welcher die zweite Verlesung bis über sechs Monate hinauszuschieben vorschlug, verworfen. Der Bericht über die irländische Wahl⸗Bill wurde sodann entgegengenommen. Die Bill über die irländischen Munizipal⸗Corporationen wurde zum dritten Mal verlesen und ging durch. Das Unter⸗ haus setzte in seiner Morgensitzung die Berathung über die Handels⸗Marine⸗Bill fort, war aber um 3 Uhr, wo der Präsident die Ausschuß⸗Sitzung aufhob, noch nicht mit allen Klauseln fertig. Auf den Antrag Scott's, gegen welchen der Handels⸗Minister La⸗ bouchere von Seiten der Regierung keine Einwendung erhob, ver⸗ tagte sich das Haus bis auf 12 Uhr des folgenden Tages zum Zei⸗ chen der Achtung für den verstorbenen Herzog von Cambridge.
J. O'Connell hat die Repeal⸗Versammlung wegen Mangel an Theilnahme auf unbestimmte Zeit vertagt.
Belgien. Brüssel, 19. Juli. Der Moniteur veröf⸗ fentlicht zwei Königliche Beschlüsse, durch welche die vom General⸗ Lieutenant Baron Chazal eingereichte Demission als Kriegs⸗Minister angenommen und das Portefeuille des Krieges interimistisch dem Minister des Innern übertragen wird. Zugleich enthält der Mo⸗ niteur in seinem nichtamtlichen Theile eine Erklärung, worin der Vorgang in Betreff der schon erwähnten Flugschrift des Major Alvin über die Bürgergarde, welcher zur Meinungs⸗Verschiedenheit zwischen Chazal und seinen Kollegen, als Folge davon aber zum Rück⸗ tritte des Ersteren Veranlassung gab, ausführlich mitgetheilt wird. Ma⸗ jor Alvin hat vor einigen Tagen einer Ehrenjury die Beurtheilung seiner Schrift anheimgegeben, welche entscheiden solle, daß er mehrere für die Bürgergarde beleidigende Stellen unterdrückt, wozu Major Alvin sich bereit erklärte. In Folge dessen haben die höheren Offiziere der Bürgergarde von Lüttich sich damit zufrieden erklärt und die Erwartung ausgesprochen, daß die Bürgergarde zu Lüttich es dabei bewenden lassen und sich dahin entscheiden werde, daß ihrer Ehre genug gethan worden. Die ministeriellen Blätter sprechen diesem Ereignisse jeden politischen Charakter ab und schreiben die Differen⸗ zen darüber blos persönlichen Mißverständnissen und Empfindlichkei⸗ ten zu.
Italien. Turin, 13. Juli. (Lloyd.) Die Königin wird auf ihrer Vergnügungsreise nach Courmayeur in allen Orten, durch welche sie kömmt, glänzend empfangen.
Graf Spaur befindet sich, wie die Gazetta popolare mel⸗ det, gegenwärtig in Genua.
Einem Königl. Dekrete vom 6. Juli zufolge, werden sämmt⸗ liche Differenzial⸗Zölle in Sardinien jeder Art, unter welcher Be⸗ nennung sie zum Nutzen der Regierung, der Munizipien, Corpo⸗ rationen oder Einzelner erhoben wurden, zu Gunsten jener Na⸗ tionen aufgehoben, welche der sardinischen Flagge eine gleiche Be⸗ günstigung gewähren.
Florenz, 13. Juli. (Lloyd.) Die Regierung hat die Mei⸗ nungen der toscanischen Munizipalitäten über die Feststellung einer Einkommensteuer eingeholt, die sämmtlich negativ ausfielen.
Bologna, 8. Juli. (Ll.) Das Kriegsgericht hat ein Indi⸗ viduum, welches mit einem Feuergewehr die öffentliche Macht be⸗ drohte, zu sechsjähriger Zwangsarbeit und vier andere Personen wegen Waffenverheimlichung zu sechsmonatlicher Haft verurtheilt.
Rom, 11. Juli. (Ll.) Monsig. Mertel ist ins Kabinet ohne Portefeuille getreten.
Zwanzig Schweizer⸗Offiziere, welche den in den römischen Diensten gestandenen, jetzt aufgelösten Schweizer⸗Regimentern an⸗ gehört hatten, sind von Bologna nach Rom berufen worden, um den neuen Garde⸗Regimentern einverleibt zu werden.
Aus Civitavecchia wird gemeldet, daß die päpstliche Regierung die Auslieferung des vom französischen Kommandanten freigespro⸗ chenen Cernuscht verlangt habe, daher dessen Einschiffung unter⸗ bleiben werde.
Neapel, 6. Juli. (Ll.) Zwanzig schweizer Offiziere, worun⸗ ter der durch die Vertheidigung des palermitanischen Kastells im Jahre 1848 bekannt gewordene General Groß, haben sich gewei⸗ gert, den neuen Militair⸗Eid abzulegen, der nun dem absoluten Monarchen geschworen werden soll und in welchem der Constitution nicht gedacht wird. Auch neapolitanische Ober⸗Offiziere sollen der⸗ lei Bedenken geäußert haben. Die festen Plätze des Landes wer⸗ den armirt, beurlaubte Soldaten sollen einberufen und nach Ca⸗ serta, dem gegenwärtigen Sommer⸗Aufenthalt, Truppen und Ka⸗ nonen entsendet werden.
In Girgenti sind zahlreiche Cholerafälle vorgekommen.
Nachdem vor acht oder zehn Tagen der Hof von Caserta auf einige Tage in Gaeta war, um Anstalten für die später dort zu brauchenden Seebäder treffen zu lassen, ist derselbe nun zur Feier des Tages der Madonna delle Grazie wieder hier erschienen.
Es ist auffallend, daß bei uns wegen der Cholera auf Malta noch keine Verschärfung des Sanitätssystems als Abwehrmittel an⸗ geordnet wurde, während man hier sonst in dieser Beziehung sehr ängstlich zu sein pflegt. 1
Gewisse Organe werden nicht müde, die Maßregel zu loben vermöge welcher den armen eben erst separirten sicilianischen Finan⸗ zen eine Schuldenlast von 20 Millionen Ducati aufgebürdet wird und zwar hauptsächlich, um die Wiedereroberungskosten und was durch die Ereignisse im Januar 1848 verloren ging, zu bezahlen. Zur Steuer der Wahrheit sei erwähnt, daß die aus alten diessei⸗ tigen Beamten zusammengesetzte Kommission, welche den Angelegen⸗ heiten der provisorischen sicilianischen Regierung nachzuforschen hatte, nur die unten namentlich erwähnten Minister derselben angeklagt und verurtheilt hat. Der damalige Finanz⸗Minister Michele Amari und Principe Granatelli nebst Luigi Scalia, welche in London Agenten der sicilianischen Regierung waren und den Ankauf der beiden herrlichen Kriegs⸗Fregatten „Inde⸗ pendenza“ und „Bomba“ besorgt hatten, wurden solidarisct
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dazu bestimmt gewesenen 126,677 Ducati, dann der Finanz⸗Mini⸗ ster der provisorischen Regierung, Filipo Cordova, Prince Grana⸗ telli, zu 150,000, Michele Amari (Corto 8) zu 167,554, Principe Butera zu 232,640 und der Marchese della Corda zu 157,920, zu⸗ sammen zu 834,791 Ducati verurtheilt. Andererseits ist es nicht minder wahr, daß die Helden der sicilianischen Revolution zu eige⸗ nem und fremdem Nutzen die Finanzen der Umwälzung erklecklich auszubeuten wußten. Ein Glück für das arme Sictlien und seine noch ärmeren Finanzen, daß es in dem jetzigen Statthalter und Ober⸗Befehlshaber einen eben so tüchtigen, als ihnen wohlgesinn⸗ ten Mann hh hat.
Nach langanhaltendem, für die jetzige Jahreszeit und unseren Himmelsstrich überaus unbeständigem, regnerischen Wetter haben wir seit circa 8 — 10 Tagen endlich bei heiterem Himmel eine Tem⸗ peratur von indeß noch nicht 20 — 24° R. Man fürchtete für das schon reife Getraide, aber die noch zur rechten Zeit eingetroffene trockene Witterung hat es mit wenigen Ausnahmen gerettet. Einige Baumfrüchte, namentlich Kirschen, Aprikosen, Citronen und Apfel⸗ sinen, haben jedoch mehr oder minder gelitten und sind daher die⸗ ses Jahr theurer als sonst.
Spanien. Madrid, 12. Juli. (K. Z.) Gestern Abends, im Augenblicke, als die Königin ihre gewöhnliche Promenade ma⸗ chen wollte, wurde sie von heftigen Geburtsschmerzen ergriffen, was die Aerzte als untrügliches Zeichen der nahe bevorstehenden Nieder⸗ kunft erklärten. Die Königin ging daher nicht aus und ließ die Königin Christine und ihre Schwester, die Herzogin von Montpen⸗ sier, sofort zu sich berufen. Vor 7 Uhr waren die Königin Mutter, der Herzog und die Herzogin von Montpensier, so wie der Gemahl der Königin, im Palaste. Um 8 Uhr waren die Minister, das diplomatische Corps, der Pa⸗ triarch, die Behörden von Madrid, der Präsident, die Vice⸗ Präsidenten und die Secretaire der Cortes, so wie diejenigen Personen, denen das Recht zusteht, der Niederkunft der Königin bei⸗ zuwohnen, im Königlichen Schlosse versammelt. Die Königin em⸗ pfand die Nacht hindurch Schmerzen, welche jedoch gegen Morgen abnahmen. Gegen 9 Uhr erhielten alle Personen, welche die Nacht im Palaste zugebracht haben, die Erlaubniß, sich eine Zeit lang zu entfernen. Die Königliche Familie hat seit gestern das Gemach der Königin nicht verlassen. In der Königlichen Kapelle wurden Messen gelesen, denen der päpstliche Nuntius heute Morgens beiwohnte. Gegen 3 Uhr nahmen die Schmerzen der Königin wieder ihren Anfang, jedoch nicht so heftig. Die Militair⸗Behörde hat einige Vorsichts⸗ maßregeln getroffen, um jedes tolle Unternehmen zu vereiteln. Der Zu⸗ drang derer, die sich um das Befinden der Königin erkundigen, ist sehr groß. Heute Nachmittags um 4¼ Uhr wurde die Königin (wie schon ge⸗ meldet) von einem Prinzen entbunden, welcher nur so lange lebte, als zur Taufe nöthig war. Der Gesundheits⸗Zustand der Königin ist befriedigend, obgleich sie tief betrübt ist. Die ganze Königliche Familie ist in Trauer, und die Bevölkerung theilt ihren Schmerz; überall hört man auf den Straßen Aeußerungen der Klage und des Bedauerns. Uebrigens herrscht hier die vollkommenste Ruhe.
Ma11“ findet sich so gut, als es in ihrer Lage möglich ist. Die Kö⸗ nigliche Familie soll tief betrübt sein. Der Minister⸗Präsident hat die verflossene Nacht im Palaste zugebracht. Das Ministerium ist in Permanenz. Der Leichnam des neugeborenen Kindes ist in der Königlichen Kapelle zur Schau gestellt, wo sich stets eine Masse Neugieriger einfindet. Der Körperbau des Kindes schien sübrigens sehr kräftig gewesen zu sein. Uebermorgen wird die Leiche nach dem Escurial gebracht und in der Königlichen Gruft beigesetzt. Aus Anlaß der Geburt des Prinzen hat die Königin drei zum Tode Verurtheilte begnadigt.
3Zproz. 32 ½.
Griechenland. Athen, 9. JZuli.
(Lloyd.) Der fran⸗
zösische Gesandte Thouvenel und der Vice⸗Admiral Trehouart sind
hier angekommen.
Der Patriarch von Konstantinopel hat endlich die Unabhängig⸗ keit der griechischen Kirche anerkannt.
Die griechischen Journale geben fast durchgehends dem neuen Preßgesetze ihren Beifall, indem sie dessen Nothwendigkeit vollkom⸗ men anerkennen.
Ein griechisches Journal will wissen, daß König Otto vom Sultan ein eigenhändiges Schreiben in Betreff der anglo⸗griechi⸗ schen Differenz und Herr Persiany eine wichtige Depesche, betref⸗ fend die inneren Verhältnisse Griechenlands, erhalten habe.
Der bekannte Major Morandi ist vom Kriegsrathe in Nau⸗ plia freigesprochen worden und bereits in Athen eingetroffen.
Lamartine hatte bereits Smyrna verlassen, um sich nach Kon⸗ stantinopel zu begeben. Das Journal de Constantinople mel⸗ det nun, daß er am 4. Juli wieder nach Smyrna zurückgekehrt ist.
Die türkische Staatszeitung enthält ein Dekret, welchem zu⸗ folge die griechische Gemeinde von nun die Personensteuer direkt an den Staatsschatz abtragen darf. Die Pforte beschäftigt sich eifrig mit der Ausführung verschiedener Pläne zur Erweiterung der Com⸗ municationsmittel und zur Verbesserung des Ackerbaues.
Vor Scio warf die aus vier Linienschiffen, einer Fregatte und einem Dampfschiffe bestehende Schiffsdivision, welche sich bisher an der Küste von Tschesme befand, Anker. Dieselbe scheint nach Tunis gegangen zu sein, da man, einem Schreiben aus Syra vom 5. Juli zufolge, in einiger Ferne mehrere Segelschiffe und ein Dampfschiff in westlicher Richtung steuern sah, deren Flagge man zwar nicht genau unterscheiden konnte, aber wohl die türkische sein dürfte.
Türkei. Konstantinopel, 5. Juli. (Ll.) Gestern hatte der bevollmächtigte russische Minister Titoff eine lange Konferenz in Bojudjikevi mit dem Pforten⸗Minister der auswärtigen Angele⸗ genheiten. 4
Heute ist Kemel-Efendi in Begleitung seines Dragomans Ko⸗ staki Adorides auf dem Dampfschiff „Kahira“ nach Marseille abge⸗ reist, um sich dann nach Paris zu begeben und von dort die Haupt⸗ Universitäten Europa's zu besuchen, um sodann in der Türkei das höhere Studienwesen neu zu organisiren.
Konstantinopel, 7. Juli. (Wanderer.) Fürst Michael Obrenovitsch, der keinen türkischen Reisepaß erhalten konnte, ist nun mit einem russischen in Bukarest angekommen. Die Polizei hat es unterlassen, den dortigen Kommissär der hohen Pforte davon in Kenntniß zu setzen, der somit auch den Fürsten kalt empfing und sich sowohl über den Fürsten Stirbey, wie über den Polizei⸗Direktor tadelnd aussprach, weil sie diesen Vorfall verheimlicht hatten. Fürst
ecfn, shen 1e Ulanen und eine Kavallerie⸗Batterie nach vn 89g Nge lassen. Er ist diesem Befehl nicht nachge⸗ * B Kaiser ungefähr Folgendes geantwortet haben: „Ich kann die Zahl meiner Truppen nicht vermindern, weil der so lang erwartete bulgarische Aufstand endlich losgebrochen ist und mit jedem Tage an Ausdehnung gewinnt. Wir hören, daß die bosnischen Insurgenten den Truppen Omer Pascha's eine Schlappe angehängt haben, und wir können jeden Augenblick eine Deputation der Bulgaren erwarten, welche den Schutz Ew. Majestät anruft“ u. s. w. Dieses Schreiben scheint jedoch auf falschen Berichten zu beruhen, welche auch hier in Umlauf waren, und denen der Gene⸗ ral voreilig Glauben schenkte. Herr Ponjade, der ohne Zweifel besser unterrichtet ist, hat durch denselben Courier an General Ca⸗ stelbajac nach St. Petersburg gemeldet, daß sich die Bosnier in vollständiger Deroute befinden, daß sie sich zerstreuten, daß sich Serbien der hohen Pforte zur Disposition gestellt, daß Alles vor⸗ über ist, und daß Omer Pascha gemeldet habe, es bleibe ihm nichts weiter zu thun übrig, als das Land zu organisiren. In der That hat auch Achmet Efendi vom Pascha von Widdin dieselben Be⸗ richte erhalten, und die Meldungen Omer Paschas stimmen vollkom⸗ men damit überein. Der Fürst von Serbien sandte an den Kom⸗ missär der Pforte die Erklärung, daß er sich mit allen Truppen und Hülfsquellen des Landes der Pforte zur Verfügung stelle, während Fürst Stirbey von demselben Kommissär die Ermächtigung verlangt, die aus Bulgarien geflüchteten Aufständischen beschützen und unter⸗ stützen zu dürfen. Er verlangt dies im Namen der Christlichkeit und Humanität. Achmet Efendi antwortete, daß er jeden Bulgaren verhaften lassen werde, der in den Donau⸗Fürstenthümern ohne ei⸗ nen gehörigen Reisepaß betreten wird. Diese lakonische Antwort soll den General Duhamel zu seinem eben nicht sehr gemäßigten Schrei⸗ ben veranlaßt haben, worin der General den türkischen Kommissär für alles Blut, das etwa durch solche Vorgänge fiießen könnte, verantwort⸗ lich macht. Das Schreiben des Generals ist unbeantwortet geblie⸗ ben. Der russische Genie⸗Capitain, Herr von Rennenkampf, ist von seiner Rundreise in Bulgarien zurückgekehrt. Man glaubt all⸗ gemein, daß die Russen nach Beilegung der bulgarischen Affaire die Fürstenthümer räumen, aber dann von den Türken dasselbe verlan⸗ gen werden. Sie werden sich dann eine Zeit lang an der äußer⸗ sten Gränze aufhalten, um dann bei vorkommender Gelegenheit das Land mit verstärkter Macht wieder zu besetzen, falls neuerdings Unruhen ausbrechen sollten, was bei der prekären Lage des Volkes eben nicht unwahrscheinlich ist. Andererseits glaubt man, daß die Türken das rechte Donau⸗Ufer nicht verlassen werden, um auch ihrerseits jeder Eventualität begegnen zu können.
Wissenschaft und Kunst. Musikalisches. Matinée musicale. (Den 19. Juli.) Die Morgenstunden von 11 — 1 sahen am Freitag einen äußerst ge⸗
Stirbey rieth hierauf dem Fürsten Michael, Bukarest sogleich zu verlassen und sich zu seinem Vater aufs Land zu begeben, was er auch bereits gethan hat. Wie es scheint, hat Achmet Efendi bereits Gewißheit darüber erlangt, daß Fürst Milosch einen nicht ganz loyalen Briefwechsel mit Serbien unterhalte; der Fürst soll dies selbst gestanden und die Einstellung der Korrespondenz zugesagt haben. Ob er dies Versprechen auch halten wird, ist freilich eine
andere Frage. Vor einigen Tagen soll General Duhamel Befehl erhalten
wählten Kreis von hiesigen Künstlern und Musikfreunden in der Wohnung des Herrn Professor Wichmann versammelt, wo ihnen der seltene Genuß geboten wurde, Spohr's noch immer ausgezeichnetes Violinspiel zu be⸗ wundern. Der edle Meister führte den Hörern (unter denen sich unter Anderen auch Meyerbeer, Graf Westmorland, Graf Redern be⸗ fanden) zuerst ein neues Trio seiner Composition vor, ein Werk, das sich den übrigen Compositionen desselben würdig anschließt und namentlich in dem charakteristischen Finale’ einen ungemein fesselnden Satz zu Gehör brachte. Die Ausführung der Pianofortestimme hatte die Gattin des Komponisten übernommen, die sich bei dieser Gelegenheit als eine tüchtige Pianistin zeigte und das Werk unter Betheiligung des Komponisten selbst
daß die schönste Ensemblewirkung dadurch entstand. Noch reicheren Anlaß, das gediegene, meisterhafte Violinspiel Spohr’s zu würdigen, verschaffte das schöne Streich⸗Quartett desselben in Es- dur, durch dessen Vortrag der würdige Kunstveteran, im Verein mit den Herren Hub. Ries, Richter und Espenhahn, die kunstsinnige Versammlung zunächst erfreute. Der Inhalt der Composition und die in jeder Beziehung vollendete Ausführung derselben bewirkten hier einen Gesammteindruck, der gewiß Allen unvergeß⸗ lich sein wird. Schließlich gab Spohr einige Salon⸗Compositionen auf der Violine mit Pianoforte⸗Begleitung zum Besten. Indem wir dem hoch⸗ verehrten Meister für den Genuß dieser Matinee den wärmsten Dank aus⸗ sprechen, sind wir überzeugt, im Sinne eines Jeden zu handeln, dem das Glück, derselben beizuwohnen, zu Theil wurde. Unsere aufrichtigen Wünsche für das Wohlergehen des berühmten Tonmeisters begleiten ihn bei seinem Scheiden aus den Mauern Berlins!
V (Violine), so wie des Herrn Espenhahn (Violoncell), so trefflich vortrug,
Geistlich IN (Den 19. Juli.)
Wie alljährlich, so fand auch diesmal am Todestage der hochseligen Königin Louise in der Kirche zu Charlottenburg eine geistliche Musik⸗Aufführung zum Besten der Stiftung „Louisen⸗Andenken“ statt. Einigen Stücken aus Mendelssohn's „Paulus“ und Händel's „Messias“ folgte eine Messe von Beethoven. Es war dies die soge⸗ nannte kleinere, ein Werk, das übrigens, wie überhaupt die kirchlichen Schöpfungen Beethoven's, keinesweges jenen Stempel höchster Vollen⸗ dung trägt, der des Meisters Arbeiten auf anderen Gebieten aufgedrückt erscheint. Nichtsdestoweniger fördert der Inhalt eine Menge hervorragen⸗ der Schönheiten und genialer Geistesblitze ans Licht, und namentlich das „Adoramus“, das „Agnus dei“, vor Allem aber das letzte „Miserere“ bieten Musikstücke, eben so ausgezeichnet durch schwungvolle Erfindung, als durch echt kirchliche Auffassung. Jedenfalls war es daher von besonderem Interesse sur alle Musikfreunde, dies weniger bekannte Werk des größten Tonmeisters einmal öffentlich zu hören, und Herr Musik⸗Direktor Börner verdient Anerkennung und Dank in um so höherem Maße, als er für eine möglichst würdige Vorführung desselben nach Kräften Sorge getragen hatte. Nicht nur die Solisten, die Damen Glöggl und Caspari, so wie die Herren Otto und Cotolt, leisteten Schätzenswerthes, sondern auch Chor und Orchester, überwiegend aus den Kräften der Residenz zusammenge⸗ setzt, wirkten unter Leitung des Genannten mit so rühmlichem Fleiß und Eifer, daß die Aufführung der Messe als eine im Ganzen wohlgelungene bezeichnet werden darf.
Das Ehren⸗Doktor⸗Diplom, welches Meperbeer von der Universität Jena erhalten hat, ist demselben in prächtiger Ausstattung auf Pergament in Golddruck durch den Dekan der Universität, den berühmten Mathematiker Karl Snell, übersendet worden und führt die würdige Be⸗ zeichnung: musicae arti in Borussia p raefecto prim aAr 9; operibus eximiis et elegantissimis non modo in patria, sed etiam apud exteras gentes celeberrimo etc. etc. honoris causa.
Der am 28. Juli d. J. eintretende hundertjährige Todestag des in Leipzig verstorbenen Altmeisters der Tonkunst, Joh. Seb. Bach, wird auch von der hiesigen Sing⸗Akademie durch eine Aufführung würdig be⸗ gangen werden.
Königliche Schauspiele.
Montag, 22. Juli. Im Schauspielhause. 116te Abonnements⸗ Vorstellung. Zum erstenmale: Im Walde. Ländliches Charakter⸗ Gemälde in 4 Akten, mit freier Benutzung einer Erzählung der George Sand, von Charl. Birch⸗Pfeiffer. “
Dienstag, 23. Juli. Im Schauspielhause. 117te Abonnements⸗ Vorstellung: Rosenmüller und Finke, oder: Abgemacht! Ori⸗ ginal⸗ Lusfpiel in 5 Akten, vom Dr. C. Töpfer.
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