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beiden Seiten rüstig gearbeitet wird, wurden von oben herab meh rere Schachte in denselben eröffnet, in welchen Bergleute Tag und Nacht beschäftigt sind, aus der Mitte heraus den Durchbruch zu beschleunigen. Dampfmaschinen, welche in den Schachthäusern an⸗ gebracht sind, fördern die ausgegrabenen Stoffe zu Tage, pumpen das Wasser aus, auf das man beim Graben stößt, und setzen die Luftpumpen in Thätigkeit, um den Arbeitern frische Luft zuzuführen und die schädlichen Dünste zu entfernen. Leider hat der böse Gast, die Cholera, welche unter den Arbeitern beinahe Anfangs der Atlitzgraben ausgebrochen ist, den frohen Muth der dortigen Arbeiter⸗Partie etwas getrübt, doch zeigt sich glücklicherweise schon eine Abnahme der Krankheit, und die Veg Unternehmer sorgen mit Humanität für die von der Krankheit Be⸗ fallenen, so wie auch die Staats⸗Verwaltung durch Absendung einer Kommission auf die Beseitigung der veranlassenden Ursachen, welche vorzugsweise in einer zu kärglichen Nahrung, die sich einzelne Arbei⸗ ter nur vergönnen, so wie theilweise in Unregelmäͤßigkeit bei Speise und Trank zu suchen sein dürften, hingewirkt hat. Wer sich mit eigenen Augen von der Großartigkeit des Unternehmens, das keinen Rivalen in Europa haben dürfte, überzeugt hat, wird gewiß den Wunsch hegen, daß kein unerwartetes Hinderniß der baldigen Voll⸗ endung des Werkes entgegentrete, durch das der österreichische Staat um eine jener Kunstbauten reicher wird, die eines europäischen Rufes genießen.“
Baden. Karlsruhe, 18. Aug. Ueber die Feier des Jah⸗ restages der Rückkehr Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs nach Karlsruhe berichtet die Karlsr. Ztg. Folgendes: „Der heutige Tag wurde von der hiesigen Stadt als ein Festtag feierlich begangen. Kaum hatten um 6 Uhr des Morgens die Kanonen der Buͤrgerwehr⸗Artillerie seinen Anbruch verkündet, als sich die Stra⸗ ßen und Häuser zu schmücken begannen mit Fahnen in den badi⸗ schen Landesfarben, mit Blumen, Kränzen und Laubgewinden, viele auch mit den Bildnissen und den Namenszügen unseres hoch⸗ verehrten Herrscherpaares, einzelne mit passenden, auf die Be⸗ deutung des Tages Bezug habenden Inschriften. Nach 8 Uhr versammelte sich die gesammte hiesige Bürgerwehr auf dem Marktplatz; sie zog von hier aus in militairischer Ordnung in die Stadtkirche, um dem feierlichen Dankgottesdienste, der in dieser be⸗ sonderen Beziehung wie hier, so auch in allen übrigen Kirchen der Stadt abgehalten wurde, beizuwohnen. Mittags war auf dem Schloßplatz Parade. Wie stets bei Feierlichkeiten, eine überaus glän⸗ zende, indem die gesammte Generalität und alle hier befindlichen Offiziere, sämmtlich in großer Uniform, dabei erschienen, gewährte sie durch die Menge und Verschiedenheit der Uniformen und des Helm⸗ schmucks einen ungemein interessanten Anblick. Um den denkwürdi⸗ gen Tag auch im engeren Kreise zu feiern, versammelten sich so⸗ dann zur Mahlzeit einzelne Gesellschaften, die in Reden und Toasten auf Se. Königliche Hoheit den Großherzog Leopold und seine erlauchte Gemahlin ihren Gefühlen Ausdruck verliehen.“
Karlsruhe, 19. Aug. (Karlsr. Ztg.) Se. Königliche
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in Erfahrung bringen konnten, sind bei Gensungen, wo die Bahn eine starke Kurve beschreibt, die Schienenbalken etwas gewichen und dadurch die Lokomotive mit den ersten Wagen (zwei Packwagen und einem Wagen vierter Klasse) aus dem Geleise gerathen und den etwa sechs Fuß hohen Abhang des Erdwalls heruntergestürzt. Die Lokomotivführer wurden kopfüber geschleudert und sind unverletzt geblieben. Dagegen wurden der Packmeister und der Postconducteur im ersten Wagen und mehrere Personen in dem Wagen vierter Klasse (in welchem sich hauptsächlich Butterführer befanden) unter der Last der übereinanderstürzenden Wagen erdrückt, viele Andere verletzt. Beim Abgange dieser Nachrichten war man beschäftigt, die Trümmer des dritten Wagens zu entfernen, und konnte die Zahl der darunterliegenden Todten und Verwundeten noch nicht übersehen. Die Zahl der ersteren wurde auf fünf, von Anderen auf sieben angegeben. Jedenfalls hat bei diesem Unglück, so sehr es zu beklagen ist, eine besonders glückliche Fügung obgewaltet, ohne welche es einen entsetzlichen Ausgang genommen haben würde. In den vordersten Wagen wurde das Unheil nämlich (man sagt von dem verunglückten Packmeister) so zeitig bemerkt und auf der Sielle so energisch gebremst, daß es noch gelang, mit Ausnahme der vorer⸗ wähnten drei nächsten Wagen, die ganze sehr beträchtliche Wagen⸗ reihe, welche gegen 800 Passagiere enthalten haben soll, dergestalt zum Stillstand zu bringen, daß nur einige Waggons auf die Schie⸗ nenschwellen geriethen, ohne jedoch vom Walle zu stürzen. Nimmt man hinzu, daß der Wall auf der einen Seite steil in den Edder⸗ strom hinabgeht, so wird man erkennen, in welcher unabsehbaren Gefahr sämmtliche Passagiere während des verhängnißvollen Au⸗ genblicks schwebten. Auch sollen in allen Wagen durch die heftige
und herwarf, Verletzungen vorgekommen sein.“
Schleswig⸗Holstein. Kiel, 17. Aug. (Alt. M.) Das Marine⸗Kommando hat nachstehenden Bericht über das (bereits er⸗ wähnte) Seegefecht vor dem kieler Hafen an das General⸗Kom⸗ mando der schleswig⸗holsteinschen Armee gerichtet: „Einem hohen General⸗Kommando erlaubt sich das unterzeichnete Kommando einen vorläusigen Bericht über ein vor dem kieler Hafen vorgefallenes kleines Seegefecht einzusenden. Der Bericht ist, weil die Abschriften der verschiedenen Schiffsjournale noch nicht haben gesammelt werden können, auf den mündlichen Rapporten verschiedener Offiziere, so wie auf eigener Observation eines Theils des Gefechtes ba⸗ sirt. Am 16ten d. M. Nachmittags (Wind West, wobei es
den Anschein hatte, für die Nacht eine Windstille werden zu wol⸗
len) ging das mit einem großen 18⸗Pfünder armirte Schlepp⸗ dampfboot „der Löwe“ mit den Kanonenböten Nr. 7 und 10 im Schlepptau von Holtenau aus, um eine Rekognoszirung zu machen. Um 5 Uhr 45 Minuten kamen diese Fahrzeuge in Schußbereich des dänischen Dampfschiffes „Geiser“, welches in der Naͤhe des dänischen Linienschiffes „Skjold“, Meile N.⸗O. von Bülck unter Dampf langsam herumsegelte. Die Schiffe eröffneten gegenseitig ein heftiges Feuer. Das Linienschiff, noch nicht unter Schußbe⸗ reich, ging unter Segel. Zwei schleswig⸗holsteinsche Kanonenböte,
Hoheit der Prinz Adalbert von Preußen hat heute Morgen die hier stationirte Abtheilung der Königlich preußischen Artillerie nebst Munitions⸗Kolonne inspizirt. Gestern war der Prinz zum Be⸗ suche Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs in Baden.
Mannheim, 18. Aug. (Karlsr. Ztg.) Freitag den 16ten d. M. tam General von Willisen, der Bruder des bekann⸗ ten schleswig⸗holsteinischen Generals gleichen Namens, hier an, und hielt gestern von Morgens 7 Uhr bis 10 Uhr eine umfassende Inspection über das Königlich preußische sechste Ula nen⸗Regiment. Die zwei Schwadronen desselben, welche in Mannheims Umgegend kantonnirt sind, waren zu diesem
Behufe ertra hierher beordert auf den großen Exerzierplatz und
manövrirten zuerst einzeln, jede Schwadron für sich, und hierauf im Ganzen, im Verein mit den zwei Schwadronen unserer Garni⸗ son. Das Manöver dauerte volle 3 Stunden, aber trotzdem war weder an den Leuten noch den Pferden ein Anzeichen von Erschö⸗
pfung oder Ermüdung zu verspüren. Im Laufe der Inspection
nahm General von Willisen die Gelegenheit wahr, um einige ba⸗
dische Subaltern⸗Offiziere, welche sich unter den Zuschauern befan⸗
den, auf das leutseligste zu begrüßen und einige freundliche Worte
an dieselben zu richten. Um zehn Uhr trennten sich die Schwadro⸗
nen, zwei kehrten in ihre Garnisonen zu Käferthal, Sandhofen ꝛc.
zurück, die anderen zwei ritten in Begleitung des Generals von
Willisen in unsere Stadt.
Unsere badischen Truppen lassen es an Nichts fehlen, um den begangenen Fehltritt zu verwischen und dem neuen Ziele all⸗ mälig immer näher zu kommen. Wer das badische zweite Infan⸗ terie⸗Bataillon, das jüngst reorganisirte, seine Exerzier⸗Uebungen vornehmen sah, der wird gewiß über die Fortschritte und die Fer⸗ tigkeit der Leute auf das Freudigste überrascht worden sein; noch mehr aber als über diese blos äußerlichen Erscheinungen wird er bei Betrachtung des Geistes, der jetzt die Truppen beseelt, freudiger Hoffnungen für die Zukunft froh geworden sein. Heiterer und fri⸗ scher Soldatenmuth auf den Gesichtern der jungen Mannschaft trotz aller Strapazen durch praktischen und theoretischen Unterricht. Die Leute fühlen das Beschwerliche in der Ausbildung zu einem tüchtigen Krieger darum weniger, weil sie ihre verschirdenen Exercitien aus innerem Antriebe, aus der Lust, sich die Zufrieden⸗ heit ihres allgemein beliebten Bataillons⸗Kommandanten, des Ma⸗ jors Weber, zu erhalten, vornehmen, und deshalb machte dieses Bataillon auch so bedeutende Fortschritte. Es verläßt morgen früh um 7 Uhr die Mauern unserer Stadt, um in dem Lager zu Forch⸗ heim, welches von dem 6ten und S8ten Bataillon verlassen wurde, die begonnenen militairischen Uebungen fortzusetzen und sich weiter auszubilden. Der Zweck ihrer Abreise mildert das Herbe der Tren⸗ nung; die abmarschirende Mannschaft lebte mit der hiesigen preußi⸗ schen Garnison in dem besten Einvernehmen. Das Bataillon geht zu Fuß nach dem Orte seiner Bestimmung; es wird die Reise da⸗ hin zu Uebungsmärschen benutzen. Das 6te Bataillon wird in einigen Tagen hier zurückerwartet.
8 Geiste der Humanität, der das belebende Prinzip unse⸗ 4 Fgen Heersflege bildet, wird von Seiten unserer obersten gsbehörde auf alle Weise Vorschub geleistet. So wurde dieser
Tage durch einen Kriegsministerial⸗Erlaß der frü⸗ ögli
ö ⸗ er früher möglichen
12 bei Aburtheilung von Disziplinarvergehen eine Schranke
deec die vßn Erdhsse Disziplinarvergehen in Zukunft nicht, mehr
eigene zu 2 rg des jeweiligen Bataillons, sondern durch einen 8 nennenden Disziplinarrath abzuurtheilen sind.
Hessen. K 1 und Marburg 1egg;g.2 8 Hess. Ztg. Folgendes
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Aug. Ueber ein zwischen Gießen Eisenbahn⸗ Unglück vasic die N bhn erwarteten Nachrichien, „Unsere mit dem marburger Bahnzug
i Folge eines Eisenbahn⸗Unfalls aus⸗ 8 . süch viele Verletzungen und selbst be bes sch, das weseen . In dichem Augenblicke 2 g. 5 b 85 öee 2 das traurige Ereigniß 562 ee und seinen Ursachen näher zu konstatiren. Soviel wir einswecna.
geblieben,
Nr. 3. und Nr. 9., welche früher von Holtenau abgegangen, waren hin⸗ ter Bülck stationirt, um wo möglich im nöthigen Falle dem Dampfboote ꝛc. assistiren zu können, und konnten, ohne Gefahr vom Linienschiffe oder Dampfschiffe abgeschnitten zu werden, das seichte Wasser an der Küste nicht verlassen und demnach nur geringen Theil am Gefechte nehmen. Das Kanonenboot Nr. 12., welches auf Strandwache bei Friedrichsort lag, lichtete Anker und ruderte unter der holsteinschen Küste dem Feinde entgegen und war hauptsächlich mit dem Linien⸗ schiffe „Skjold“, welches mit leichtem Winde dem Hauptkampfplatze näher zu kommen suchte und zugleich mit den Bugkanonen auf die⸗ ses Kanonenboot schoß, beschäftigt. Das Dampfboot „Bonin“, wel⸗ ches zu dieser Zeit für die Schanze Möllenort Baumaterial trans⸗ portirte, ließ dasselbe, als das Schießen daselbst gehört wurde, bei Bellevue los und eilte dem Kampfplatze zu, wo es um 7 Uhr 15 Minuten ankam. Das feindliche Dampfschiff hielt sich zwi⸗ schen unseren Fahrzeugen und dem feindlichen Linienschiffe, wes⸗ halb unsere Fahrzeuge nicht vorrücken konnten, ohne unter die Breitseite des Letzteren zu kommen. Die Mannschaft des „Löwen“, so wie die der beiden im Schlepptau sich befindenden Ka⸗ nonenböte, war sehr ermattet, und war deren Munition bis auf we⸗ niges verschossen; es fielen die Schüsse von diesen, so wie vom dä⸗ nischen Dampfboot, welches sich zugleich auf das Linienschiff zurück⸗ zog, nur einzeln. Um 8 Uhr 15 Minuten ward vom ältesten Of⸗ fizier das Signal, daß die Flotte sich langsam zurückziehen solle, ge⸗ geben, und endete hier das Gefecht, nachdem es im Gauzen 2 Stunden gedauert hatte. Unser Verlust ist 2 Todte und 3 Verwan. dete, von denen einer schwer. Das Dampfboot „Löwe“ so wie die Kanonenböte Nr. 7 und Nr. 10, sind etwas zerschossen doch werden dieselben am 19ten d. M. völlig ausgebessert und kampffähig sein. Vom Verlust des Feindes kann nichts Bestimmtes gesagt werden. Unsere Mannschaft sell sich während des Kampfes im Ganzen musterhaft ruhig benommen haben. Der Unterzeichnete war, als ihm in Kiel die Meldung gemacht daß vor dem Hafen geschossen ward, mit einem Kanonenbvot, welches daselbst Ausrüstungs⸗Gegenstände einnahm, dem Kampfplatze zugerudert doch war der Kampf, ehe das Kanonenboot am Orte seiner Be⸗
stimmung ankam, beendet.
Kiel, den 17. August 1850. v Das Marine⸗Kommando. Kier, Marine⸗Oberlieutenant.“
Altona, 20. Aug., Abends. (Alt. Merk.) Die s. big— holsteinische Armee hat den Verlust einer Gis he en sch sarhe⸗ zu beklagen. Der Oberst⸗Lieutenant Lesser, bisher der Festung Rendsburg, ist gestern plötzlich mit Tode abgegangen und heute Morgen beerdigt worden. Eine halbe Batterie 18 8* Compagnieen Infanterie gaben die Ehrensalve.
Rendsburg, 19. Aug. Gestern hat ein kleines 2 zwischen hier und Schleswig stattgefunden; unser 1 neah ge rückte aus seiner Vorpostenstellung gen Norden aus und 8 * dänischen Vorposten aus Kropp, worauf es nach vollzogener Re⸗ kognoszirung wieder in seine Stellung zurückging. v
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Musland.
Oesterreich. Cattaro, 11. Aug. (Lloyd.) Die tür⸗ kische Flotte ist vor Durazzo erschienen. “
Frankreich. Paris, 19. Aug. Auf dem Bankette in Lyon welches die Stadt dem Präsidenten zu Ehren gab, brachte der Maire einen Toast auf denselben aus, in welchem er die Ansicht aussprach, daß die Revolution auch auf Lyon einen verderblichen Einfluß ge⸗ habt habe, der jedoch, Dank sei es der Politik Louis Bonaparte's, jetzt dem besseren Sinne der Bevölkerung gewichen. Hierauf er⸗ wiederte der Präsident: „Möge die Stadt Lyon, Herr Maire, deren würdiger Dolmetscher Sie sind, den aufrichtigen Ausdruck meiner
plötzliche Erschütterung, welche die darin befindlichen Personen hin⸗
mir bereitet hat. Aber, glauben Sie es wohl, ich bin nicht in diese Gegend, in welcher der Kaiser, mein Oheim, so tiefe Spuren zurück⸗ ließ, gekommen, um blos Ovationen zu empfangen und Revuen abzu⸗ halten: der Zweck meiner Reise ist, durch meine Gegenwart die Guten zu ermuthigen, die verirrten Geister zurechtzuführen, selbst über die Gefühle und Bedürfnisse des Landes zu urtheilen. Das Werk, welches ich zu vollziehen habe, erfordert Ihre Mitwirkung, und damit diese Ihre Hülfe mir zu Theil werde, muß ich Ihnen mit Freimuth sagen, was ich bin und was ich will. Ich bin nicht der Vertreter einer Partei, sondern der Repräsentant von zwei großen, volksthümlichen Manifestationen, welche 1801, so wie 1848 die großen Grundsätze der französischen Revolution durch die Ordnung retten wollten. (Beifall.) Stolz auf meinen Ursprung und meine Fahne, werde ich ihr treu⸗ bleiben, ich werde ganz dem Lande angehören, was es auch immer von mir fordern mag, Verleugnung oder Ausdauer. (Langer Beifall.) Gerüchte von einem Staatsstreich sind vielleicht, meine Herren, auch zu Ihnen gedrungen, aber Sie werden Ihnen keinen Glau⸗ ben beigemessen haben, und ich danke Ihnen dafür. Die Ueberraschungen und Usurpationen können der Traum der Parteien sein, die ohne Haltpunkt in der Nation bestehen, aber der Erwählte von sechs Millionen Stimmen vollzieht den Willen des Volkes und verräth ihn nicht. (Dreifache Salve von Beifall.) Der Patriotismus, ich wiederhole es, kann in der Entsagung, so wie in der Ausdauer be⸗ stehen. Vor einer allgemeinen Gefahr muß jeder persönliche Ehr⸗ geiz verschwinden: in diesem Falle wird die Vaterlandsliebe erkannt, wie man die Mütterlichkeit in einem berühmten Urtheilsspruch er⸗ kannt hat. Sie erinnern sich jener zwei Frauen, die dasselbe Kind für sich verlangten. An welchem Zeichen hat man das Innere der wahren Mutter erkannt? An dem Verzicht auf die Rechte, wel⸗ chen die Gefahr, die dem geliebten Haupte drohte, ihr entriß. Mögen die Parteien, welche Frankreich lieben, diese erhabene Lehre nicht vergessen! Ich selbst, wenn es Noth thun sollte, werde mich ihrer erinnern (Zeichen der Aufmerksamkeit), aber an⸗ dererseits, wenn sträfliche Ansprüche sich wieder beleben und die Ruhe Frankreichs bedrohen sollten, werde ich sie zu ihrer Ohnmacht zurückzuführen wissen, indem ich noch einmal die Souverainetät des Volkes anrufen werde. (Beifall.) Denn ich erkenne Niemanden mehr das Recht zu, sich seinen Vertreter zu nennen, als mir selbst. (Lebhafter Beifall.) Diese Gefühle, Sie müssen sie begreifen, denn Alles, was edel, großmüthig und aufrichtig ist, findet stets seinen Nachhall unter Lyonesern. Ihre Geschichte bietet hiervon unsterb⸗ liche Beispiele. Betrachten Sie daher meine Worte als den Beweis meines Vertrauens und meiner Achtung. Erlauben Sie mir einen Toast auf die Stadt Lyon auszubringen.“ (Zweimaliger Beifallssturm.) In Bezug auf den Empfang, den Louis Bonaparte in Lyon gefunden, lau⸗ ten die Berichte eben so widersprechend, wie über seinen Aufenthalt in anderen Städten. Die Korrespondenten des Evenement und der Presse haben den Präsidenten von dem Aussteigen aus dem Schiffe bis zum Stadthause begleitet und nichts gehört als: Es lebe di Republik! Die Invaliden aus der Kaiserzeit, 30,000 herbeige⸗ strömte Bauern, die Munizipalität, das Volk, die Soldaten, Alles ließ, jenen Angaben zufolge, die Republik leben. Nur die Straßen⸗ jugend und die Offiziere hätten gerufen: Es lebe Napoleon! Ein paar Trunkenbolde, die sich an das Fenster eines Gasthauses ge⸗ stellt, hätten auch ein Hoch auf den Kaiser gebracht. Der Kor⸗ respondent des National hat nichts bemerkt als Neugierde und
dankbarkeit für den zuneigungsvollen Empfang annehmen, den sie
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gleichfalls nur den Ruf: Es lebe die Republik! gehört. Nur Kin⸗ der waren, ihm zufolge, bonapartistisch genug gesinnt, um: Es lebe der Präsident! zu rufen. Wenn ein vereinzelter Ruf den Präsi⸗ denten habe leben lassen, sei ein schreckliches Geschrei entstanden: Es lebe die Republik! Bei der Brücke auf dem Quai de Flandres habe eine einzige Stimme: Es lebe der Präsident! gerufen und auf dem Quai St. Antoine sei eine solche unglücklich vereinzelte Stimme, die sich für den Kaiser begeisterte, ausgelacht worden. Auf der Brücke von Tilsit hat dieser Korrespondent doch drei Stimmen zu⸗ sammengezählt, welche den Präsidenten leben ließen, worauf aber sogleich ein wohlbesetzter Chorus ein Hoch auf die Republik habe folgen lassen. Der Berichterstatter des Ordre erwähnt keiner ein⸗ zigen Sympathie⸗Aeußerung. Auf das bestimmteste widerspricht der Korrespondent des Sidele der Abfassung der Depeschen, welche von der Begeisterung Lyons gesprochen. Er schreibt, daß die repu⸗ blikanische Partei von Lyon nicht ohne Angst der Ankunft des Präsidenten entgegengesehen, indem der Präfekt alles Mögliche aufgewendet habe, um einen bonapartistischen Empfang zu bewirken, daß jedoch den ganzen Tag nur: Es lebe die Republik! gerufen worden sei. Die legiti⸗ mistischen Journale wissen weder von Begeisterung für die Republik, noch von einer Demonstration zu Gunsten Louis Bonaparte's. Der offizielle Reisebericht im Moniteur erwähnt keines Volksrufes. Die Journale des Elysee berichten auf ganz entgegengesetzte Art. Der Korrespondent des Constitutionnel schätzt die Zahl der Fremden, die aus der Umgegend und von anderen Städten nach Lyon ge⸗ kommen, um Louis Bonaparte zu begrüßen, auf 100,000. Die Vorstädte seien ganz verödet, Alles wimmele auf dem Wege, den der Präsident nimmt. Auf der Reise nach Lyon sei an der Rhone kein einziges Dorf, kein Flecken und kein Weiler, dessen Einwohner nicht den Erwählten des 10. Dezember jubelnd begrüßt hätten. Bei der Ankunft in Lvon seien alle Anhöhen, alle Fenster und Dächer von Zuschauern besetzt gewesen. Einigemale habe sich der Ruf: Es lebe die Republik! vernehmen lassen, aber der einstimmige Gedante dieser Bevölkerung spreche sich in dem Ruf: Es lebe Na⸗ poleon! aus. Auf dem Zug über die Quais nach dem Rathhause habe man auch einigemale den Ruf: Es lebe die Republik! gehört, aber der vorherrschende Ruf sei auch hier gewesen: Es lebe Napo⸗ leon! Der Constitutionnel erblickt in diesem Empfange eine Erneuerung des zehnten Dezember. „Wir finden“, sagt dies Blatt, „gar nichts Besonderes in der Rede des Präsidenten in Lyon, denn eine solche Entsagung verliert, einer so ungeheuren Popularität gegenüber, den Werth, und es liegt wenig Verdienst darin, nicht durch ungesetzliche Mittel zu begehren, was man beinahe gewiß ist, durch das freie und freiwillige Votum des Volkes zu erlangen.“ Ganz ähnliche Berichte haben das Pays, welches nur: Es lebe der Kaiser! gehört hat, das Pouvoir und der Moniteur du Soir. Folgendes ist, dem offiziellen Reiseberichte im Moniteur zufolge, der Text der beiden Reden, welche Louis Bonaparte außer der Bankett⸗Rede noch in Lyon gehalten. Er wohnte bekanntlich der Installation der Hülfskassen für die arbeitende Bevölkerung von Lyon bei. Der Praͤsident der Gesellschaft, Herr von Colmon, drückte in seiner Begrüßungsrede den Dank für die Sympathieen aus, die Louis Bonaparte für das Schicksal der Arbeiter empfinde. Hierauf erwiederte der Präsident der Republik Folgendes: „Die Anstalt, zu deren Inauguration Sie mich eingeladen haben, ist eine von denen, welche den wohlthätigsten Einfluß auf die Lage der arbeitenden Klassen haben müssen. Ich kann nicht glau⸗ ben, daß es Menschen gebe, die so verkehrt wären, das Boͤse mit der Kenntniß desselben zu predigen; aber wenn die Geister durch Umwälzungen aufgeregt sind, dann prägt man dem Volke Ideen ein, welche ihm verderblich sind und das Elend erzeugen. Die Unwissen⸗ heit ist die Ursache der Utopien; die Systeme, die dem Anscheine nach am verführerischsten sind, zeigen sich am häufigsten unanwend⸗ bar. Die Gewalt der Vernunft ist ungenügend, um falsche Lehren
zu zerstören; durch die Anwendung praktischer Verbesserungen be⸗ kämpft man sie am wirksamsten. Die Gesellschaften für gegenseitige Unterstützung, wie ich sie auffasse, haben den kostbaren Vor⸗ theil, die verschiedenen Klassen der Gesellschaft zu vereini⸗ gen, die Wirkungen des Elends großentheils zu erstören, indem sie den Reichen freiwillig mit dem Ueberfluß seines Vermögens zu einer Institution mitwirken lassen, zu welcher der Arbeiter seine Ersparnisse bringt, zu einer Anstalt, in welcher der thätige Arbeitsmann stets Rath und Unterstützung findet. Man giebt auf diese Art den verschiedenen Gemeinschaften ein Ziel des Wetteifers, man versöhnt die Klassen mit einander, und man ver⸗ sittlicht die Einzelpersonen. Es ist daher meine feste Absicht, alle meine Anstrengungen dahin zu verwenden, in ganz Frankreich solche Kassen zur wechselseitigen Unterstützung hervorzurufen. Denn nach meiner Ansicht würden solche Institutionen, wenn sie einmal allent⸗ halben eingerichtet wären, das beste Mittel sein, nicht etwa um un⸗ lösbare Probleme zu lösen, sondern um wahren Leiden Abhülfe zu bringen und auf gleiche Weise sowohl die Redlichkeit in der Arbeit, als das Mitleid im Ueberfluß anzueifern. Ich schätze mich glücklich, mit derjenigen von Lyon den Anfang machen zu können, weil hier die menschenfreundlichen Ideen einen so großen Anklang finden. Ich wünsche Ihrer Gesellschaft das Gedeihen, dessen sie würdig ist, und ich danke ihren Gründern für das Verdienst, das sie sich um ihre Mitbürger erworben haben.“ Bei dem Bankett, welches der Han⸗ delsstand von Lyon dem Präsidenten gab, hielt er als Erwiederung eines Toastes des Präsidenten der Handelskammer folgende Rede: „Ich danke dem Handelsstande und der Industrie für die Beglück⸗ wünschungen, welche sie an mich gerichtet haben, und gebe den Wün⸗ schen, die sie ausgedrückt, meine vollste Theilnahme. Die Ordnung und das Vertrauen wieder herstellen, den Frieden erhalten, so schnell als möglich unsere großen Eisenbahn⸗Linien vollenden, unsere Ge⸗ werbe beschützen und den Austausch unserer Produkte durch ein pro⸗ gressiv liberales Handelssystem entwickeln, das war und das wird der stete Zweck meiner Bemühungen sein. Wenn noch keine entschei⸗ denderen Resultate eingetreten sind, so liegt die Schuld, wie Sie wissen, nicht an meiner Regierung. Aber hoffen wir es, meine Herren, je schneller unser Land in die regelmäßigen Bahnen zu⸗ rücktritt, desto schneller wird sein Wohlstand wieder wachsen. Denn es ist gut, es zu wiederholen: Die materiellen Interessen gedeihen nur durch die gute Leitung der moralischen Interessen. Dies ist die Seele, welche den Körper leitet. Diejenige Regierung würde sich daher auf eine sonderbare Art täuschen, welche ihre Politik auf Habsucht, Eigennutz und Furcht stützen wollte. Nein, nur indem man die verschiedenen Zweige des öffentlichen Reichthums liberal beschützt, indem man nach dem Auslande hin unsere Alliirten stark vertheidigt, indem man die Fahne Frankreichs hoch empor⸗ hält, wird man dem Ackerbau⸗, Handels⸗ und Gewerbestande den meisten Segen bereiten, denn dieses System hat die Ehre zur Grundlage, und die Ehre ist der beste Führer.“ Die Union bemerkt, man möge dem freundlichen Empfang, den der Präsident in Lyon gefunden, nicht einen Charakter beilegen, den er nicht besessen habe. Es sei nicht der Neffe des Kaisers, sondern die erste Magistratsperson der Republik gewesen, die man gefeiert habe. „Uebrigens“, fährt sie fort, „hat diese Reise offenbar einen glücklichen Einfluß auf das Gemüth und den Geist Louis Bona⸗ parte's gehabt. Je mehr er sich von Paris entfernte, desto klarer wurde es ihm durch die Willens⸗Aeußerungen der Bevölkerung, daß er nun eine bestimmte, entschiedene und scharf ausgesprochene Stel⸗ lung einnehmen müsse. Nach der Rede, welche er auf dem Bankett in Lyon hielt, wissen wir endlich, was der Präsident will, was er hofft und wünscht.’ Das Pouvoir weist mit Genugthuung dar⸗ auf hin, daß in allen Reden, welche an den Präsidenten der Repu⸗ blik gerichtet worden, der National⸗Versammlung nicht erwähnt worden. Am Schluß der Rede auf dem Bankett des Handelsstandes in Lyon fügte Louis Bonaparte mit bewegter Stimme noch Folgendes hinzu: „Am Tage vor meinem Abschied lassen Sie mich noch die Worte des Kaisers doch nein, ich halte inne, es wäre meinerseits zu viel Stolz, Ihnen zu sagen: Lyoneser, ich liebe Euch! Aber erlauben Sie mir, Ihnen vom Grunde meines Herzens zuzurufen: Lyone⸗ ser, liebt mich!“ Als der Präsident von Lyon abreiste, wurde er von dem Maire, dem Präfekten und General Castellane begleitet. Der Maire hielt noch eine Abschiedsrede, und der Präsident drückte ihm die Hand und versprach, die Stadt bald wieder zu besuchen. Gestern empfing die Regierung folgende Depesche: „Lons le Saulnier, 1 August, Abends. Von Lyon diesen Morgen abgereist, langte der Präsident diesen Abend um 10 Uhr in Lons le Saulnier an. Al⸗ lenthalben strömte die Bevölkerung herbei und gab ihm glänzende Beweise der lebhaftesten Sympathie.“ Gestern, den 18ten, Vormit⸗ tags um 8 Uhr, hörte der Präsident, nach heutigen Berichten, in Lons le Saulnier die Messe an, hierauf hielt er eine Revue über die Truppen. Nach dem Frühstücke reiste er wieder ab. Während des Tages wurde er in Dole, Hauptort des Bezirks, einer kleinen Handelsstadt, erwartet. Um 4 Uhr wollte er Dole wieder verlas⸗ seu, um sich nach Besangon zu begeben, wo er um 9 Uhr Abends an⸗ langen sollte. Da die Depeschen für Paris zuerst nach Lyon zurückgeschickt werden müssen, so ist hierdurch eine Verzögerung der Nachrichten erklärbar. Die Journale haben die Antwort, welche der Präsident Herrn Noisot gab, der die Begnadigung Guinard's gefordert hatte, nicht genau wiedergegeben. Sie lautet am Schluß folgendermaßen: „Sie for⸗ dern die Begnadigung eines vom hohen Gerichtshofe Verurtheilten. Es ist blos Angelegenheit der National⸗Versammlung, ihn zu am⸗ nestiren. Wenn die politischen Leidenschaften sich gelegt haben wer⸗ n, dann kann eines Tages die Milde glänzen. Aber die Zeit und die Besonnenheit der Völker allein kann sie aufblühen lassen.“ Es soll auch in einem Abendblatt eine Berichtigung des Vorganges bei Montbar, welchen der National zuerst gemeldet hatte, erscheinen. Derselben zufolge stieg in dem Augenblicke, als die Pferde ge⸗ wechselt wurden, Herr Bouricot, Lieutenant der National⸗ garde, da er sich nicht anders dem Präsidenten nähern konnte, auf den Sitz des Kutschers und drückte dem Präsidenten die Hand, in⸗ dem er ihm seine Verehrung ausdrückte. Während dies geschah, sprang Herr Chavane, Bruder des Maire von Montbar, auf das Rad des Wagens und schrie mit einer Stentor⸗Stimme: Es lebe die Republik! Die Reise des Präsidenten kostet täglich 24,000 Fr., die theils aus der Privatkasse Louis Bonaparte's, theils aus den geheimen Fonds des Ministeriums bestritten werden. Der Muni⸗ zipalitätsrath von Chalons hatte für den Empfang des Prä⸗ sidenten nur 25 Fres. votirt. Der Präsident wird am 28. August wieder in Paris eintreffen, sein Aufenthalt in der Hauptstadt jedoch nur von kurzer Dauer sein, denn er wird bereits am 2. oder 3. September in Cherbourg er⸗ wartet. Einer Korrespondenz aus Cherbourg zufolge, trifft der Stadtrath von Cherbourg bereits für diesen Tag die nöthigen Em⸗ pfangs⸗Vorbereitungen. Man versichert, daß die Flotte, welche ge⸗ genwärtig in Cherbourg stationirt ist, nachdem der Präsident sie be⸗ sichtigt haben wird, sich nach Brest begeben werde, woselbst sodann die Marine⸗Untersuchungs⸗Kommission ihre Arbeit fortsetzen will. Der Marine⸗Inspectionsdienst für 1850 ist folgendermaßen festgesetzt worden: Der Vice⸗Admiral Baudin ist mit der allgemei⸗ nen Inspection des zweiten Marine⸗Bezirks, dessen Hauptort Brest
ist, beauftragt. Der Vice⸗Admiral de Lahousse ist mit derselben Mission für Lorient beauftragt. Die allgemeine Inspection des Ma⸗ terials und der Artillerie⸗Truppen der Marine bleibt dem Contre⸗ Admiral Lagunon anvertraut. Endlich ist der Vice⸗Admiral Casy nach Toulon abgereist, um daselbst die Fanclion des General⸗In⸗ spektors des ersten Marine⸗Bezirks zu übernehmen. b
Die Gesellschaft der Geschichte Frankreichs hat so eben ein wichtiges Werk erscheinen lassen: „Prozeß der Johanna d'Arc, zum erstenmale veröffentlicht mit neuen Bemerkungen von Dr. Guicherat’“; 6 Bände in 8.
Die Nationalgarde von Paris schickt täglich ein Detaschement nach dem Gebäude der National⸗Versammlung zur Bewachung der permanenten Kommission. “
Cernuschi ist zu Bourges internirt worden. . 8
Bisher haben blos sieben Konkurrenten die als Bedingung der Konkurrenz um die Direction des Odeon⸗ Theaters vorgeschrie⸗ bene Erlegung von 30,000 Fr. in die Kasse des Ministeriums des Innern vollzogen. 1 8
Herr Libri, welcher bisher noch Professor an dem Collége de France gewesen, hat, in Folge einer Aufforderung der Administra⸗ tion desselben, seine Demission gegeben.
Großbritanien und Irland. London, 19. Aug.
Heute werden Ihre Majestät die Königin und Prinz Albrecht die
beabsichtigte Vergnügungsfahrt von der Insel Wight nach Ostende machen.
Der Premierminister Lord John Russell ist mit seiner Gemah⸗ lin nach Carlisle gereist. 8 1
Der Gesandte von Nepal steht im Begriff, in seine Heimat zurückzukehren, und hat bereits seine Abschieds⸗Audienz bei der Kö⸗ nigin gehabt. .“
Die Aerndteberichte aus Irland lauten minder ungünstig in Betreff der Kartoffelkrankheit; die Krankheit zeigt sich indeß an verschiedenen Punkten des Landes. Die starken Regengüsse der jüngsten Woche haben in dieser Beziehung viel Schaden an⸗ gerichtet.
Die Times beruft sich auf die Zahlen und Thatsachen, um zu beweisen, daß alle Prophezeiungen der Schutzpartei zunichte ge⸗ worden seien. „Wir sehen“, sagt dies Blatt, „daß ungeachtet der Tarif⸗Veränderung die Hülfsquellen der Regierung und des Staats⸗ Kredits so dauerhaft wie je sind, daß der Pauperismus selbst in den Agrikultur-Bezirken abgenommen, und daß die innere Lage des Landes ein ungewohntes Beispiel von Ruhe und Zufriedenheit bietet.“”
Es geht das Gerücht, daß die Corporation von London Lord Brougham die Stellung eines Recorder anbieten wolle. Seit der Zeit des Alderman Shaftesbury hatte die City nicht die Ehre, ei⸗ nen Pair von England unter ihren Beamten zu zählen.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 16. Aug. Vorigen Dienstag wurde der beim hiesigen Hofe eingetroffene außer⸗ ordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister der Vereinigten Staaten, Herr Brown, Sr. Majestät dem Kaiser in Peterhof vor⸗ gestellt und überreichte sein Kreditiv; nächstdem wurde Herr Wright, Secretair bei der amerikanischen Gesandtschaft, gleichfalls Sr. Ma⸗ jestät vorgestellt. Darauf folgte die Vorstellung dieser Herren bei Ihrer Majestät der Kaiserin und bei Ihren Kaiserlichen Hoheiten dem Großfürsten Thronfolger und der Großfürstin Maria.
Belgien. Brüssel, 20. Aug. Prinz Joinville und Prin⸗ zessin Clementine von Orleans befinden sich bei der Königlichen Familie in Laeken zum Besuch. “ .
Heute ist der regelmäßige Postdienst zwischen Brüssel und Pa⸗ ris, der auf dem gewöhnlichen Wege durch die Ueberschwemmungen zwei Tage lang unterbrochen war, völlig wiederhergestellt.
Italien. Turin, 14. Aug. (Lloyd.) Die Verbesserungs⸗ Projekte in materieller Beziehung werden jetzt von der religiösen Frage in den Hintergrund verdrängt. Der König hat vor der Hand seine Reise nach Genua und Spezzia aufgegeben und ist in aller Eil von Courmavyeur hierher zurückgekehrt, um den Berathun⸗ gen des wieder hier vollständig befindlichen Ministeriums beizuwoh⸗ nen. Man verbirgt sich hier nicht die Konflikte, zu denen es kommen müßte, wenn die Regierung bei ihren bisher gefaßten Beschlüssen Rom gegenüberbeharren und mit der Confiscation geistlicher Güter fortfahren sollte; man weiß es recht gut, daß weder Frankreich noch andere katholi⸗ sche Staaten das feindliche Benehmen gegen den heiligen Stuhl ruhig mit ansehen werden, und hegt sogar die Besorgniß, die Worte Montalemberts, daß Frankreich eine zweite Expedition nach Turin unternehmen würde, könnten zur Wahrheit werden. Andererserts stützt man sich aber wieder auf Lord Palmerston, welcher neuerdings die sardinische Regierung versichert haben soll, daß er jeden Angriff auf Piemont, von welcher Seite er auch erfolge, als einen Casus belli ansehen und diesen nicht passiv vorübergehen lassen werde.
Sämmtliche piemontesische Städte überbieten sich an Trauer⸗ feierlichkeiten für den verstorbenen Handels⸗Minister. In Alessan⸗ dria, Chambery, Vercelli, Asti, Nizza werden ähnliche Functionen veranstaltet, wie in der Hauptstadt. Hier ist die Nationalgarde durch Tagesbefehl aufgefordert worden, sich an der Todtenfeier zu betheiligen. Der Gemeinde⸗Rath von Genua beschloß die Anschaf⸗ fung einer Bürgerkrone zu Ehren des durch die Vorfälle an sei⸗ nem Todtenbette berühmt gewordenen Mannes. Die ganze Angelegenheit gewinnt allgemach einen starken Beigeschmack von Gesuchtheit und wird, wie jede Uebertreibung, zuletzt auch den Schatten von Pietät einbüßen, dessen sie sich anfangs er⸗ freute. Vor dem Dominikaner⸗Kloster versammelte sich gestern Abends eine große Volksmenge, um ihrem Unmuthe gegen die Prie⸗ ster, der sich auf alle Orden auszudehnen scheint, Luft zu machen. Nach mehrstündigem Beisammenstehen verliefen sich die Massen, ohne irgend einen Exzeß versucht zu haben. Vielleicht haben die von Seiten der Regierung endlich getroffenen Vorsichts⸗Maßregeln zu besonnener Haltung Einzelner nicht wenig beigetragen. Nizza soll ein, jedoch unbedeutender, Konflikt zwischen einem Ver⸗ wandten des Handels⸗Ministers und einigen Priestern vorgefallen
ein. M — Aus Bonneville wird gemeldet, der Herzog von Genua habe eine Montblanc⸗Besteigung versucht, sei jedoch auf halbem Wege von einem furchtbaren Orkan überrascht und somit gezwungen wor⸗ den, umzukehren. Die Gesellschaft vermochte sich kaum vor der Macht des Sturmes unter einem Felsenvorsprunge zu schützen. Die Gemahlin des Herzogs kam mit einem großen Theil der Einwohner von Chamounix den Rückkehrenden angsterfüllt entgegen.
Turin, 17. Aug. Nach der Gazzetta del Popolo ist General Lamarmora nach Lyon abgereist, um den Präͤsidenten der französischen Republik über die wahre Sachlage aufzuklären. Gestern war im Beisein des Königs Minister⸗Conseil.
Erzbischof Franzoni wird scharf bewacht, nur in Gegenwart eines Carabiniers dürfen ein Theologe und sein Secretair mit ihm sprechen, sonst wird er gut behandelt.
Die offizielle Zeitung widerspricht der Nachricht, daß die Aus⸗
weisung Bianchi Giovini's in Folge von Remonstrationen fremder Regierungen erfolgt sei.
Genua, 16. Aug. Der Corriere mercantile will wissen, Giovini werde Turin nur auf einige Wochen verlassen und wäh⸗ rend dieser Zeit jeder Theilnahme an der Leitung der Opinione sich enthalten. 8
Florenz, 16. Aug. (Ll.) Man befürchtet Demonstrationen. Mehrere verdächtige Individuen wurden verhaftet. Starke öster⸗ reichische Patrouillen durchziehen die Stadt; sämmtliche Truppen sind konsignirt; auch in Livorno wurden Vorsichtsmaßregeln ge⸗ troffen. 9
Rom, 10. Aug. (Ll.) In der französischen Kirche des hei⸗ ligen Ludwig in Rom fanden am 8ten die von Sr. Heiligkeit für alle Zeiten festgesetzten Exrequien für die in der Vertheidigung des heiligen Vaters gefallenen französischen Soldaten statt; die Gene⸗ rale des Expeditions- Corps und das französische Gesandtschafts⸗ Personale wohnten der Ceremonie bei.
Im nächsten Konsistorium werden, dem Vernehmen nach, spa⸗ nische, französische, englische und deutsche Prälaten zu Kardinälen ernannt werden.
Nach der Armonia befinden sich die auf die Bildung der Staats⸗Consulta, des Staatsrathes, des Munizipal⸗Rathes Bezug nehmenden Dokumente, so wie das Eintheilungs⸗Statut der römi⸗ schen Provinzen und der Organisations⸗Entwurf des Minister⸗ Conseils, unter der Presse.
Spanien. Madrid, 14. Aug. (Fr. B.) Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten hat den Gesandten der französi⸗ schen Republik empfangen. Die Ratification der Auslieferungsver⸗ träge zwischen Frankreich und Spanien wird demnächst geschehen. Die Geuerale d'Hautpoul und Lahitte sollen das Großkreuz des Ordens Karl's III. empfangen und die Herren Pidal und Manuel de la Concha den Orden der Ehrenlegion.
Es scheint, daß die Junkta der Direction für Regulirung der Staatsschuld sehr viele Mühe hat, sich mit den Abgeordneten der Besitzer spanischer Papiere zu verständigen. Die Bedingungen, welche die Regierung stellt, sind folgende: Anerkennung der Inte⸗ grität des Kapitals und Verwandlung desselben während 4 Jah⸗ ren in Obligationen 3 pCt. mit Zinsen. Auch das Kapital der Coupons soll anerkannt und gleichfalls in Zproz. Obligationen mit „proz. Zinsen während 4 Jahren verwandelt werden. Nach den ersten vier Jahren soll der Betrag der Zinsen um oder ½ er⸗ höht werden, dergestalt, daß am Ende von 18 Jahren 4 ½ pCt. ge⸗ zahlt würden. Diese Bedingungen gefallen der den Mi⸗ nistern, noch den Delegirten.
Zproz. 33 %.
wissenschaft und Kunst. Königliches Opernhaus.
Adrienne Lecouvreur, comédie-drame en cinq actes, en lbbe, -a. M. M. Scribe et Legouvée. Mlle. Rachel: Adrienne.
Dieses Stück ist für Fräulein Rachel geschrieben und giebt ihr Gele⸗ genheit, ihre ganze Kunst zu entfalten; wir dürfen es daher nicht allzustreng beurtheilen. Ein leichter, gefälliger Dialog, der freilich in einzelnen Thei⸗ len noch etwas originaler und pikanter sein könnte. Eine spannende In⸗ trigue, der man aber das Künstliche ihres Gewebes nachsehen muß. Lie⸗ benswürdige Charaktere, welchen indeß eine Reihe gewöhnlicher und auf der Bühne bekannter zur Folie dienen. Im vierten Akt ein Konflikt, der den Titel: comédie -drame rechtfertigt, indem er Elemente beider Gat⸗ tungen auf ergreifende Weise verbindet. Die Seligkeit erkannter Liebe am Rande des Grabes. — Wenn man jedoch fragte: warum muß die edle und liebenswürdige Adrienne sterben? was hat ihr Tod für einen inneren, dramatischen Grund? — so würden wohl auch beide Verfasser miteinander keine genügende Antwort geben können. Dennoch hat die Ver⸗ giftung der guten Adrienne einen Grund, und zwar einen sehr gewichtigen: sie erfolgt, damit Fräul. Rachel in Darstellung des durch sie verursachten Wahnsinns und Sterbens die Gemüther der Zuschauer im Innersten er⸗ schüttern kann. Bei solchem Spiel vergessen wir Manches und auch den Umstand, daß die Nebenbuhlerin, die ihr das vergiftete Bouquet zugesandt hat, unbestraft bleibt, und daß gar nicht mehr von ihr die Rede ist. Wir sehen ein edles Geschöpf, das in rührendster Weise stirbt und die Gewiß⸗ heit, geliebt zu sein, mit in das Grab nimmt. Das ist uns genug.
Fräul. Rachel hat in der Rolle der Adrienne einen großen Triumph gefeiert. Sie wurde aufs rauschendste applaudirt und dreimal gerufen, und jedesmal, wie man sah, aus innerstem Antriebe des Publikums, das seiner Bewunderung genugthun mußte.
Was konnte man aber auch anders von ihr erwarten in einer Partie, welche darauf berechnet ist, alle ihre Natur⸗ und Kunstmittel in Thätigkeit zu setzen, und wo sie in der Gestalt einer großen Vorgängerin eigentlich sich selbst darzustellen hat! Wir sehen sie in dem Zauber des Genie's, in der Noblesse eines Gemüths, das sich an dem großen Corneille herangebil⸗ det, in der Leidenschaft der Heroine. Im Salon der Prinzessin von Bouil⸗ lon hat sie eine Stelle aus der Phedre zu rezitiren, welche sie, eben so wie Adrienne, „vorgestern so gut gespielt“! In der Scene, wo der Geist der Heldin sich verirrt, drücken Verse ihrer Rollen die Stimmung ihres Her⸗ zens aus. Es ist die Schauspielerin und der tragische Charakter, ihre Na⸗ tur und ihre Kunst, welche Fräulein Rachel darzustellen hat: und man könnte sich wundern, daß sie die Rolle vorzüglich spielt?
Im zweiten Akt, wo sie zuerst auftritt, konnte man allenfalls etwas vermissen: den gleichmäßigen Ton hingebender Liebe. Fräulein Rachel kann sehr warm und innig sein, wenn sie will; aber sie will es nur, wo es ihr der Mühe werth, wo es durch die Situation besonders gefordert erscheint, und in ruhiger Rede ist daher der Ausdruck zuweilen etwas kühler, als wir ihn von einer Liebenden erwarten. Doch eine solche Bemerkung macht vielleicht blos der Deutsche; und wäre sie auch richtig, so würden wir durch Fänsten lih de fentgkn Momente, worauf sie sich bezie⸗
kann, doch überreich entschädigt. I“
8 E des braven Regisseurs und die zärtliche Tändelei mit Maurice; die Freude, wie sie in dem Geliebten, den sie für einen armen Offizier hält, den Grafen von Sachsen erkennt; das Bewußtsein der Groß⸗ muth, womit sie der Prinzessin von Bouillon, die ihr Rache gedroht hat, ihren Schutz verheißt; der freudige Glaube und der schmerzvolle Zweifel an dem Geliebten; der edle Wille, den zu retten, von dem sie sich betrogen glaubt; die siegreichen Repliken in der Scene mit der Prinzessin und die Rache an ihr durch die Verse des Racine; das Leid der Entsagenden, das Entzücken, sich geliebt zu wissen; die Phantasieen des irren Geistes und das Sterben inmitten der Liebe und Freundschaft — alles das kann wohl nicht wahrer, nicht mit mehr Glut des Herzens und Ueberlegenheit des Geistes, nicht rührender und ergreifender gegeben werden, als wir es von Fräulein Rachel sahen. Der Glanzpunkt des Abends war die Scene im Salon der Prinzessin, im vierten Aft. Das Selbstgefühl der Künstlerin bei den Ge⸗ genreden, das Bewußtsein des Sieges im tiefen Schmerz einer verrathenen Liebe war hier von hinreißender Wirkung. 8 8
Das Drama von Scribe, wie weit es hinter den klassischen Dichtun⸗ gen zurückstehen mag, gewährt der Künstlerin doch insofern einen eigenthüm⸗ lichen Vortheil, als sie sich hier nicht aufgefordert sehen kann, die Monoto⸗ nie der Rede durch eine kontrastirende Recitation zu verdecken. Bei de Prosa des Secribe kann sie ganz natürlich bleiben und braucht die Worte des Dichters nicht durch moderne Kunstmittel pikanter zu machen. Die Ma⸗
nier, die wir früher an ihr rügten, trat in der Partie der Tragedienne nur hier und da leicht hervor, und nur ein paarmal hätten wir mit dem Re⸗
gisseur rufen mögen: pas si vite, mon Adrienne! e ann