1850 / 234 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

hafen in Bregenz ein. Sie begab sich vom Schiffe in den Gasthof, wo für Ihre Majestät und Begleitung ein Diner bereitet war. Der kommandirende Feldzeugmeister von Legeditsch nebst allen an⸗ wesenden Generalen wurden zur Königlichen Tafel gezogen. Die Königin erhob sich während derselben zweimal und brachte den Toast auf Oesterreichs Kaiser und dann einen auf die Kaiserliche Armee aus. Feldzeugmeister Legeditsch erwiederte die Toaste auf die Kö⸗ nigin und ihren Gemahl. Während der Tafel spielten drei Musik⸗ chöre, und als die Königin das Schiff wieder bestieg, wurden ihr alle Königlichen Ehren erwiesen.

Bayern. München, 21. Aug. (A. Z.) Se. Königliche Hoheit Prinz Karl von Bayern ist gestern Abend von Tegernsee hier eingetroffen und hat diesen Morgen auf dem Marsfelde das hier garnisonirende erste Kürassier⸗Regiment inspizirt; auch Königliche Hoheit Prinz Luitpold wird demnächst zur Inspection der Artillerie von Lindau b en.

Heute ienen als 10te un e 1— tags⸗ sceit essaha 9 des Gesetzblattes mit der Unkerschtift „Aachen, 25. Juli 1850“ deren erstere das Gesetz, die Gerichts⸗ Verfassung betreffend, in den bekannten sechs Abtheilungen und 76 Artikeln, das zweite, das Gesetz der Bestrafung der Jagdfrevel be⸗

treffend, enthält.

Sachsen. enthält Folgendes:

Beilage zum Landtags⸗

Dresden, 23. Aug. Das Dresd. Journal „In⸗ und ausländische Blätter haben sich be⸗ reits verschiedentlich gemüht, über die sächsischen Finanzzustände fal⸗ sche Nachrichten zu verbreiten. So gegenwärtig wieder die: es be⸗ absichtige die sächsische Regierung, nachdem die früheren Kammern entlassen worden seien, weil sie auf eine Anleihe von 16 Millionen nicht hätten eingehen mögen, nunmehr sogar eine solche von 20 Millionen aufzunehmen. Es liegt hier eine geflissentliche Verwech⸗ selung des außerordentlichen Budgets mit der Anleihe zum Grunde, so wie man im Betreff der letzteren selbst wieder unerwähnt läßt, daß es sich nur theilweise um eine wirklich neue Anleihe, theilweise hingegen lediglich um Verwandlung der schon vorhandenen, bis jetzt schwebenden Schuld der Handdarlehne in eine fundirte handelt. Das außerordent⸗ liche Budget konnte während der Dauer der früheren Kammerver⸗ handlungen noch gar nicht zum Abschlusse gebracht werden, weil der Bedarf, namentlich für die Eisenbahnen (man denke nur an die neu hinzugekommene Reichenberger Bahn), noch gar nicht zu über⸗ sehen war. Die Höhe desselben an sich würde damals genau die⸗ selbe gewesen sein, welche sie jetzt ist. Wenn dieses Budget gegen⸗ wärtig mit 20,038,550 Rthlr. abgeschlossen worden ist: so folgt dar⸗ aus wieder nicht, daß dies die Summe sei, welche durch eine Anleihe beschafft werden müsse. Unter den Ansätzen für die Chemnitzer und die Schlesische Eisenbahn sind allein 4,135,456 Rthlr. 20 Ngr. 9 Pf. enthal⸗ ten, welche dem Staate an Actien und Vorschüssen bereits zugehören und im Budget nur figuriren, weil sie sich aus beweglichem Staatseigenthum in unbewegliches verwandeln würden, ingleichen 6 Millionen Rthlr., welcher bereits durch die nach dieser Höhe mit zu übernehmende Actien⸗ und Gesellschaftsschuld als gedeckt sich darstellen und für welche daher eine besondere Anleihemaßregel ohnehin nicht weiter

Rerforderlich wird. Und wenn endlich die Summe der Anleihe „bereits“ den früheren Kammern gegenüber auf 16 Millionen angegeben worden ist, so war wieder nicht die Absicht, diese ganze Summe neu⸗ aufzuneh⸗ men, vielmehr war unter diesem Betrage nicht nur die bereits vor⸗ handene Handdarlehnsschuld von 6,400,000 Rihlr. mit begriffen, zu deren Sicherstellung eine gleiche Summe in Staatsschulden⸗ Kassenscheinen bei dem Staatsschulden⸗Ausschuß blos deponirt und so jene allmälig mit zur Tilgung gelangen sollte, sondern es war auch gleichzeitig die Absicht, 2 ½˖ Millionen andere Staatspapiere zu vernichten, und es würde daher von dem übrigen Betrage der neu erscheinenden Anleihe auch diese Summe wieder abzuziehen

gewesen sein, um die wirkliche Vermehrung der Staatsschuld zu finden.“

Leipzig, 23. August. (D. A. Z.) Der leipziger Zweigver⸗ ein zum evangelischen Verein der Gustav⸗Adolf⸗Stiftung hielt ge⸗ stern Abend im Saale der Stadtverordneten seine Lokal⸗Versamm⸗ lung. Der Vorsitzende, Pastor Blaß, eröffnete die Sitzung mit ei⸗ ner kurzen Ansprache, worauf der Kassirer, Kaufmann Rus, eine Uebersicht über die finanzielle Lage des Vereins gab. Es hat sich in diesem Jahre ein erfreulicher Zuwachs von Beiträgen ergeben, dessen Größe sich am besten durch eine Vergleichung mit der Summe der Beiträge des vorigen Jahres ermessen läßt. Während nämlich in der Stadt im Jahre 1849 nur 1107 Rthlr. einkamen, zeigt sich jetzt die Summe von 1811 Rthlrn.; auf dem Lande ist die Einnahme von 83 auf 98 Rihlr. gestiegen. Der leipziger Hauptverein erhielt von 21 Zweigvereinen gegen 900 Rthlr. zuge⸗ schickt, und gegen 600 Rthlr. sind überdies schon angemeldet, so daß ihm im Ganzen 2600 Rthlr. zur Disposition stehen. Die Herren Archidiakonus Dr. Fischer und Prediger Dr. Zille berichteten hier⸗ auf von den Gemeinden, die um Unterstützung bei dem Verein nachge⸗ sucht haben; es sind dies die Gemeinden Saarn in Rhein⸗Preußen, Leibach und Wels in Oesterreich. Die Gründe, die eine Unterstübung dieser hülfsbedürftigen Glaubens⸗Genossenschaften als höchst dringlich er⸗ scheinen ließen, waren so überzeugend, daß ohne Verhandlung jeder der beiden letzteren 200 Rthlr., der Gemeinde Saarn 100 Rthlr. bewilligt wurden. Diese 500 Rthlr. sind ungefähr ein Drittel der Jahres⸗Einnahme, das andere Drittel wird wie gewöhnlich an den Centralvorstand, das dritte Drittel der Jahresversammlung, die in den nächsten Tagen in Schneeberg zusammenkommen wird, zur Ver⸗ fügung gestellt. Schließlich wurden zu Abgeordneten des leipziger Zweigvereins zu der ebengenannten Jahresversammlung des leipzi⸗ ger Hauptvercins die Herren Dr. Fischer und Dr. Zille in Leipzig und Diakonus Rothe in Schönefeld erwählt.

Beaden. Rastatt, 21. Aug. (Karlsr. Ztg.) Gestern MNorgen ist Se. Königl. Hoheit der Prinz Adalbert von Preußen hier eingetroffen und im Gasthof zum Goldenen Kreuz abgestiegen. Nachdem derselbe die hier liegenden preußischen Artillerie⸗ Abthei lungen inspizirt hatte, begab er sich nach Niederbühl und Kuppen⸗ og; und nahm daselbst jene Stellen, wo im vorigen Jahre das Gefecht stattgefunden, so wie die zu Ehren der gefallenen Preußen Se Denksteine an den beiden Orten in Augenschein. Nach dem Mittagsmahl, welches der Prinz bei dem Gouverneur einnahm, etzte er gegen Abend die Reise nach Freiburg fort.

Freiburg, 21. Aug. (Karlsr. Ztg.) üni ne urg, 21. Aug. .Ztg.) Se. Königl. Ho⸗ 1See Adalbert von Preußen ist gestern Abend mit dem Deutschen e hier eingetroffen und hat sein Absteigequartier im gee vehe nese envmmen. Hier wurde derselbe mit einem solen⸗ und hielt hente früh Königlich preußischen Garnison bewillkommt früh Inspection über die hier liegende Artillerie⸗

mannschaft ab, nach de 1 ren Beendigung sich Se. Köni⸗ nach kurzer Rast auf die Reise nach beeeshecnaa 8—

Frankfurt. Frankfurt g. M., 22. Aug. (O. P. A. Z.)

Nachdem in der heutigen ersten Sie nach kurzer Unterbrechung (s. das 7 e. Si Keles die Debatte wieder aufgenommen war, sprach Vischers aus Bras⸗

3 1.“

sel französisch über §. 2 des Ausschuß⸗Antrages. Der V Grundsatz seiner Rede ist: Hätten die Regierungen mehr die Hu⸗ manität als den Eigennutz im Auge, so würden sie nicht in die Lage kommen, zwischen Krieg und Schiedsgericht wählen zu müssen. Der Redner schließt mit dem deutsch gesprochenen Gedichte Schil⸗ ler's „die Hoffnung“.

Regierungsrath Becker aus Darmstadt liest lange Stellen aus einer von ihm verfaßten Schrift vor: über die Stellung Israels zum Auslande ꝛc., und spricht sodann über die Zusammensetzung des Schiedsgerichts. Es soll dieses zur Hälfte von den Regierungen, zur Hälfte von den Kammern gewählt werden. Der Redner glaubt nicht, daß ein solches Schiedsgericht bald zusammentreten werde, nichtsdestoweniger müsse man die Hoffnung hegen, daß es dennoch zu Stande komme, und zwar bevor noch ein Menschenalter vergehe.

G. Mäurer aus Frankfurt: So groß die Aufgabe ist, die Geheimnisse der Politik, die nur in Pulver und Blei bestehen, um⸗ zustoßen, eben so schwierig ist sie auch. Das Verhältniß von Volk zu Volk ist nicht das einzige, was die Störung des Friedens be⸗ dingt, es ist auch das Verhältniß der Einzelnen, die sich im Gan⸗ zen nicht im Vollgenuß ihrer Freiheiten fühlen, die sich unter ihren Leidensgenossen als Rekruten müssen anwerben lassen. Der Prä⸗ sident ersucht den Redner, bei der Frage (Schiedsgericht) zu blei⸗ ben. Letzterer schildert nun die sozialen Zustände und schließt mit dem Ausruf: „Ich bin der Ueberzeugung, daß wir dahin gelangen werden, wohin der Antrag zielt, wenn uns die heutige Sitzung auch nicht dahin bringt.“ .“

Emil von Girardin spricht von der praktischen Ausführung des vom Kongreß beabsichtigten Zweckes. Dem Volke gehört ein allgemeines Stimmrecht, den Nationen ein universelles. Wieder geht er sodann auf die bereits angeregte Idee der Einheit zurück; die Fragen müßten verallgemeint werden; Allgemeinheit, Einheit sei das einzige Mittel, die Mißstände des Krieges zu beseitigen.

Professor Cleveland aus Philadelphia verliest statt einer

Rede eine Zuschrift der Bürger Philadelphia’s, worin der Wunsch ausgesprochen ist, daß bald sich vor einer Völkerverbrüderung und Verbindung die Kriegsfahnen neigen mögen. Riichard Cobden, mit anhaltendem Beifallruf empfangen, sagt: Wir wollen uns nicht an Männer wenden, welche ein Schwert an der Seite tragen. Wir wollen uns auch nicht mehr an Diplomaten wenden. Dennoch giebt es Männer für das Schiedsgericht. Es giebt Parlaments-Alte, welche Streitigkeiten an Schiedsgerichte überweisen. Der Verkehr der Nationen ist der Verkehr der Einzelnen. Deshalb soll das Volk auch sein Wort mitreden. Nicht ständige, sondern zeitweise Schiedsgerichte wollen wir; wenn die Diplomaten die obschwebenden schwierigen Fragen nicht lösen können, dann sollen sie einem Schiedsgericht unterzogen werden. Die Männer für solche Schiedsgerichte sind in allen Ländern zu finden. Wir verabscheuen, eine Frage mit dem Schwert zu entscheiden, die leicht durch den Einfluß der gesunden Vernunft zu lösen ist. Wenn eine Regierung sich der Entscheidung des Schiedsgerichts durchaus nicht füͤgen will, muß sie beseitigt werden. Die Regierungen sagen, daß sie uns befreundet sind, so mögen sie es beweisen. Die Idee des Friedens hat schon große Fortschritte gemacht. Bei der letzten Versammlung saß ich neben Genecral Klapka, heute wohnt General Haynau der Sitzung bei. Ich habe, fährt der Redner fort, auf meiner Reise gesehen, wie Rhein und Main eine Zeit lang getrennt neben einander fließen, dann sich aber vermischen, um sich in ein und dasselbe Meer zu ergießen. So werden einst die Völker sich im allgemeinen Frieden einigen, um das Endziel der Menschheit zu erreichen. (Beifall.)

Bei der nun folgenden Abstimmung wird §. 2 des Kongreß⸗

Antrags einstimmig angenommen und die Sitzung um 3 Uhr Nachmittags geschlossen. Zu dem von Sr. Koöͤnigl. Hoheit dem Kurfürsten von Hessen gestern im Schlosse Philippsruhe gegebenen großen Diner waren außer dem Feldzeugmeister Freiherrn von Haynau auch die Herren Bundes⸗Kommissarien, mehrere Mi glieder des diplomatischen Corps⸗ und höhere Militairpersonen der verschiedenen hier und in der Um gegend stehenden Truppen eingeladen.

Frankfurt a. M., 23. Aug. (O. P. A. Z. Zweite Sitzung des Friedens Kongresses. Die Emporbühnen der Paulskirche sind heute noch writ zahlreicher als gestern besetzt. Herr Georg Stacey, Secretair der diesjährigen Versammlung, vertheilt eine von ihm verfaßte Schrift, betitelt: „Die Unvereinbar⸗ keit des Krieges und aller Gefechte mit den Lehren des Evange⸗ liums.“ Die Sitzung beginnt nach 10 Uhr Vormittags.

Herr Garnier verliest verschiedene Eingaben an den Kongreß, worunter eine Zuschrift von Degnerry, Prediger an der Magdale⸗ nenkirche in Paris, einer der vorzüglichsten Redner der vorjährigen Versammlung. Herr Vischers liest ebenfalls eine Anzahl Zuschrif⸗ ten vor, welche an die Versammlung aus Belgien eingesandt wor⸗ den. Professor Laurent, von Gent, überreichte dem Koͤngreß durch Herrn Vischers das von ihm verfaßte Werk: „Ilistoire du droit des gens eb des rélations internationales“, 3 Bände in 8., ferner eine Anzahl Exemplare der vom Kongreß gekrönten Preis⸗ schrift. Sämmtliche Zuschriften enthalten die vollkommene Aner⸗ kennung der Bestrebungen des Vereins.

Zur Tagesordnung liegt der dritte Punkt der zu fassenden Beschlüsse vor; ehe es jedoch zur Erörterung desselben kommt, wird noch durch Herrn Richard angezeigt, daß Herr Baron von Re⸗ den dem Kongreß eine Anzahl Exemplare seiner neuesten statisti⸗ schen Schrift über den Krieg zur Verfügung gestellt habe. Herr Hindley, Mitglied des britischen Parlaments, bekundet in seiner Rede aus statistischen Notizen, daß der Krieg stets zum Ruin der Völker beigetragen habe, deshalb die erste Ursache desselben, die stehenden Heere, abzuschaffen seien.

Rabbiner Stein von hier wird mit allgemeiner Beifallsbe⸗ zeugung empfangen. „Ich danke Gott“, sagt er, „daß er mich hat den Augenblick erleben lassen, vor dieser großen und würdigen Ver⸗ sammlung zu reden, mich, den Lehrer der alten Gotteslehre. Wenn unsere blutig verfolgten Väter heute aus ihren Gräbern stiegen und dase Wort „Scholam“ (Friede) hörten, so würden sie uns die Hand reichen zu diesem Bunde, den hier Männer aus allen Na⸗ sionen schließen. Nachdem die Arche des Gedankens auf dem glänzenden Ararat unserer Zeit angekommen ist, wollen wir die Taube des Friedens fliegen lassen. Weit entfernt, der Tapfer⸗ keit zu nahe treten zu wollen und den Gefühlen, welche die Waffen ergreifen heißen für das Recht, muß ich doch abweh— ren, der Leidenschaft freien Lauf zu lassen. Hat auch Deutsch⸗ land jetzt keine Stimme für den Zweck, den wir hier anstreben, so glauben Sie nicht, daß Ihnen bei uns die Sympathicen fehlen. Deutschland, dessen Fluren so oft von den blutigen Hufen des Schlachtrosses niedergestampft wurden, Deutschland jauchzt Ih⸗ nen zu. Ein Volk, das sich gegen sich bewaffnet, kommt mir vor wie ein Mann, der sich vor den Spiegel stellt und nach dem eige⸗ nen Bilde schlägt; er trifft nicht sich, er trifft sein Bild, und das

Glück ist der Spiegel der Völker. Das stehende Heer ist gefährlich für den iacnis nach außen und innen. Nicht nur Regierungen,

leitende

sondern auch die er retungen sind aufzufordern, den bewaffneten Frieden zu beseitigen. Sie rufen: „Frieden um jeden Preis“, und die Völker rufen: Abschaffung der stehenden Heere um jeden Preis! Das Eisen diene, das Mark aus dem Boden zu schaffen, und ist bei uns für Alle nicht Raum, so hat Amerika, das so vielen verfolgten Deutschen Zuflucht und Freiheit gab, Raum für die, welche arbei⸗ ten. Schmiedet nicht mehr das Eisen zu Mord⸗Instrumenten, um die Völker zu trennen, schmiedet es um zu Eisenbahnschienen, um die Völker zu einigen. Nie sehe ich das brausende Dampfroß ohne Freude, ich sehe die Wolkensäule bei Tag und die Feuersäule bei Nacht. Von uns werde einst gesagt, wie von dem großen Ameri⸗ kaner: „Er nahm dem Himmel den Blitz und den Tyrannen das Zepter.“ (Beifall.)

oseph Garnier von Paris beweist, daß nicht ein Volk sich auf Kosten des anderen mit Hülfe des Krieges bereichern dürfe; vielmehr müssen die Gesetze so eingerichtet werden, daß der Reichthum der einen Nation zugleich der Reichthum einer anderen werde. Die Schranken, welche die Völker trennen, müssen fallen. Eine zweite Ursache des Krieges sei die Erziehung, nicht mehr dürfe die Kraft angehalten werden, für die Zerstörung zu arbeiten. Was sehen wir, fährt der Redner fort, wenn ein Regiment Soldaten mit Musik aufzieht; die Jugend zieht voran und begeistert sich für das Soldatenwesen, deshalb muß in der Schule schon das Nachtheilige des Soldatenwesens gelehrt werden, um hier ein Gegengewicht zu setzen. Die Schrift befiehlt uns Eintracht, und so wollen wir uns zum Frieden die Hände reichen. 8 .

Der Geistliche Bullard aus dem Missouristaat sagte: „Ich bin ein Amerikaner; als ich nach England kam, wurde ich dort wie von Brüdern empfangen, und sind wir nicht auch Brüder? Sind wir nicht die herangewachsenen Kinder Englands? Ist zwischen zwei Brüdervölkern ein Krieg noch möglich? Wir haben ein Land, das größer ist als ganz Europa; wo sind unsere stehenden Heere? Wenn wir einen Krieg haben, so kämpfen unsere Bürger und keh⸗ ren wieder heim, um das große Land zu bebauen. Und soll Eu⸗ ropa nicht dasselbe können? Blickt auf unsere Eisenbahnen, un⸗ sere zahllosen Dampfschiffe, das Alles konnte nur werden, wie es ist, weil unsere Völker nicht durch zahlreiche Heere ihrer besten Kräfte beraubt werden. Werden nicht die immer häu figeren Auswanderer, die tagtäglich bei uns eintreffen, ihren zurück⸗ gelassenen Freunden schreiben, wie wir leben, ohne Soldaten, ohne Krieg, und kann dies ohne Wirkung bleiben? Wollten nur die Ir⸗ länder zu uns kommen, sie sollten nicht blos dreimal oder einmal die Woche Fleisch haben, täglich haben wir es, weil kein stehendes Heer unser Land aussaugt.“ Emil von Girardin. (Beifall.) „Fünf und dreißig tausend Millionen kostete der Krieg in den letz⸗ ten fünfzig Jahren. Geben Sie sich im Geiste Rechenschaft von dem, was mit dieser Summe im Frieden zu schaffen gewesen wäre. Das Problem der Arbeit, der öffentlichen Moral, die Probleme, welche de menschliche Gesellschaft bewegen, wären im Frieden da⸗ mit gelöst worden. Nichts ist geschehen von alle dem, man verwen⸗ dete dies Geld, um Schießpulver zu verfertigen und Kugeln zu gießen. Un⸗ sere Heermassen, mit denen wir die Welt erobern wollen, seien Arbeit urd Freiheit. Die Gewährleistung unserer Freiheit liegt in der Ent— waffnung. Die Stimme des Volks verhallte, als es auf Abschaf⸗ fung der Armee drang, wir hatten eine Rhein⸗Armee, wo ist ihr Ruhm, wo ist unser Ruhm; wozu wurde die Armee gebraucht? Un⸗ sere Kassen leerten sich, die Bank erhöhte den Zinssuß, das Volk verarmte. Wie viele Pfund Brod können für eine Kanonenkugel angeschafft werden. Wir hatten einen Krieg an unserer Gränze, wir hatten aber auch die Kosten und die Schande davon.“ Ferner bemüht sich der Redner, die Nachtheile der stehenden Heere auf die allgemeine Bildung zu beweisen, und schließt mit den Worten: „Der Friede wird die Freiheit, die Freiheit wird den Frieden erzeugen.“ (Beifall.)

Herr Dawson von Birmingham: „Wir hassen die Heere nicht allein, weil sie das traurige Handwerk der Schlachten ausüben, sondern auch, weil sie nicht arbeiten. Ich bewundere die Soldaten, aber wenn ich sie sehe, so denke ich, welche Riesenwerke würde er rrichtet werden, wenn die Arbeit in gleich regelrechter Weise wie beim Militair, ja selbst mit der halben Geschicklichkeit desselben be rieben würde. Wären unsere Heere mit Spaten bewaffnet, um den feindseligen Boden zu überwinden, so könnten Wunder für Ordnung und Bildung geschehen. Das Unglück Europa's besteht in der Diplomatie, in dem alten faulen System der Geheimnißkrä⸗ merei, die kein Geheimniß ist, wie die Freimaurerei. Was Napo⸗ leon sagte, muß einst wahr werden. Die großen Männer sollen Aufseher der Industrie und die Völker alle eine Familie werden. (Beifall.) Die Sitzung wird auf kurze Zeit ausgesetzt.

Das in der ersten Sitzung des Friedens⸗Kongresses Schreiben Victor Hugo's lautet, nach dem Frankfurter nal, folgendermaßen:

„Meine Herren! Ich rechnete es mir zu gleicher Zeit als eine Pflicht und als ein Fest an, in diesem wie im vergangenen Jahre in Ihrer Mitte in jenem Friedens⸗Kongreß zu sitzen, der meinem Geiste als der heilige Abendmahlstisch ver Völker erscheint. Meine durch die Anstrengungen der Rede geschwächte Gesundheit beraubt mich dieses Glückes. Zwischen den Mühen der eben beendigten, und den möglichen Kämpfen der herannahenden Session in Frankreich legen die Aerzte mir Ruhe auf. Ich gehorche ihnen, aber ungern. Uebrigens sage ich dies nicht für mich allein, sondern für Sie Alle, als Männer von Ueberzeugung und Beharrlichkeit, als religiös ge⸗ sinnte Männer. Unsere Körperkräfte können schwinden; was aber in uns niemals erlöschen wird, ist unsere Hingebung für die Mensch heit, unser Feuereifer für die allgemeine Versöhnung, unser inniger Glaube an jenen göttlichen Gesetzgeber, der im Augenblicke des Verscheidens aus seinen beiden an das Kreuz genagelten Händen die beiden Gesetze der Zukunft fallen ließ: die Freiheit, welche das Geseh der Menschen, und den Frieden, welcher das Gesetz der Nationen ist. Der Friedens⸗Kongreß, dem die Blicke der Natio nen mit Spannung folgen und dem die edlen Gemüther Beifall zollen, besitzt bereits die ganze Lebensfähigkeit und Stärke einer Institution. Er ist in der That eine Institution. Er ist der Keim jenes großen Völker⸗Konvents, der einst vielleicht bald das Schicksal der Welt friedlich ordnen, den Haß beseitigen und alle Nationalitäten heiligen wird, indem er sie an eine höhere Einheit fesselt. Inmitten unserer traurigen Versammlungen, die unter Stür⸗ men selbstsüchtiger Leidenschaften und tobender Interessen berath⸗ schlagen, leuchtet der Friedens⸗Kongreß gleich der Versamm⸗ lung der Zukunft hervor. Setzen Sie, meine Herren! Ihren Unterricht fort, der ganz so friedlich wie eine Pre⸗ digt ist; alle die Reden, die in Ihrer Mitte gehalten werden, sind ein Kommentar des Evangeliums. Ja, Sie schaffen die Zukunft, zweifeln Sie nicht daran. Glücklich die Menschen, die da werden sagen können: Ich habe das letzte Schaffot und den letzten Krieg⸗ gesehen! Diese werden auch die letzte Revolution gesehen haben. Aus dem Innersten meines Herzens spreche ich Ihnen hiermit aufs neue meine Zustimmung aus. Nehmen Sie sie hin, wie ich sie Ihnen sende. Wir alle, wie wir da sind, welche Sprache wir auch sprechen, welchem Volke wir auch angehören mögen, Deutsche, Fran⸗ zosen, Engländer, Italiener, Belgier, Europäer, Amerikaner, wir

verlesene Jour⸗

sind vieselben Menschen,

wir haben dieselbe Seele, wir haben ein gemeinsames Geschick und eine gemeinsame Zukunft: Landsleute auf Erden und Brüder im Himmel. Empfangen Sie also meine brüderlichen Grüße. Paris, 16. August 1850. Vik⸗ tor Hugo.“

Der Kaiserl. österreichische Feldzeugmeister Baron von Haynau ist heute früh mit dem ersten Zage der Taunus⸗Eisenbahn nach Mainz gereist. Er begiebt sich über Brüssel nach England. Am Bahnhof nahmen die Kaiserl. österreichischen Stabs⸗ Offiziere nochmals Abschied von ihm. Feldmarschall⸗Licutenant Baron von Schirnding begleitete Herrn von Haynau bis Mainz. Baron von Schirnding hat vor einigen Tagen von Sr. Majestät dem König von Bapern das Großkreuz des Michaels⸗Ordens erhalten, und empfing aus diesem Anlaß vorgestern die Glückwünsche sämmtlicher Offizier⸗Corps der hiesigen Garnison.

——

Ausland.

HOesterreich. Venedig, 18. Aug. (Lloyd.) Dreizehntausend

Fremde befinden sich gegenwärtig in Venedig. Alle Gasthöfe sind überfüllt,

Eisenbahn, Gondeln, Platzbediente haben vollauf zu thun und ge⸗ winnen in einer Woche mehr, als sie während des Freiheitstraumes in Monaten erwerben konnten. Die Bäder, die in. vorigen Jahre kaum besucht waren, haben nicht Räume genug für die Bade⸗ lustigen, und dennoch schmollt der Venetianer über die unerwartete Aerndte, die ihm der Friede gebracht. Gestern, am Vorabend des Geburtsfestes unseres Kaisers, bereitete der General der Kavallerie, Gorzkowsky, eine interessante Abend⸗Unterhaltung. Zwei an einandergekoppelte Barken trugen die Musikbande des Regiments Erzherzog Ernst über den großen Kanal. Der Fackel⸗ schein, der diese magische Wasserstraße beleuchtete, verlieh dem Zuge der Gondeln ein bezauberndes Licht, das mit einer Sommer⸗Mond⸗ beleuchtung wetteiferte. Die kriegerische Musik schmetterte durch die historischen Räume der Dogenstadt, bis die Banda vor dem Mar⸗- kusplatze stillstand und gleichsam wie durch ein lebhaftes Echo von einer zweiten Militairmusik am Lande abgelöst wurde. Der poetische Gedanke war auf das reizendste durchgeführt, und eine entzückend schöne windstille Nacht erhöhte den Zauber des Genusses noch bedeutend. So groß die Menschenmasse war, welche die Piazzetta entlang bald an den Molo wogte, um die schwim⸗ mende Banda zu hören, bald der am Lande spielenden nacheilte, so erlaubte es das eben moderne Schmollen der Venetianer nicht, wie sonst in zahllosen Gondeln auf der Lagune zu treiben, wo der helle Mond- und Fackelschein doch einige der Unterhaltungslustigen und Versöhnten hätte erkennen lassen; nur wenige Gondeln, und diese mit Militair, Beamten und Fremden gefüllt, folgten jener des Gouverneurs, während halb Venedig sich auf dem Platze befand und, wie vom Gesange der Sirenen bezaubert, dem Genusse nicht widerstehen konnte. Heute früh donnerten alle Geschütze der um⸗ liegenden Forts dem grauenden Feiertage der Geburt unseres rit⸗ terlichen Monarchen entgegen. Das Hafen⸗Wachtschiff glänzte in Flaggengalla und löste seine Batterieen zugleich mit den übrigen Kriegsschiffen beim Tedeum und beim Toaste an der Tafel des Gou⸗ verneurs, der alle ersten Civil⸗ und Militair⸗Autoritäten um sich versammelt hatte. Dem scheidenden Tage gab ebenfalls der Kano⸗ nendonner aller Geschütze das ritterliche, kriegerische Geleite.

Matland, 17. Aug. (Const. Bl. a. B.) Die gestrige Mailänder Zeitung berichtet über das Unglück, welches in der Nacht vom 14ten auf den 15ten durch den Ausbruch des Flusses Mella in der Nähe von Brescia, wo unweit der Brücke bei Grotte der Damm einstürzte, erfolgte. Augenzeugen erzählen, daß die Ver⸗ heerungen, welche das wilde Element anrichtete, schrecklich seien, und bereits hört man von einer Menge Menschen,“ die verunglück⸗ ten. Gerade jetzt vernimmt man, daß eine Privat⸗Diligence durch das Einstürzen eines an der Straße gelegenen Hauses mit allen varin befindlichen Passagieren erdrückt worden sei.

Die Mailänder scheinen die Stadt am Geburtstage des Kai⸗ sers möglichst öde lassen zu wollen. Es sollen schon viele der hie⸗ sigen Familien aufs Land gezogen sein und in dem Büreau, in dem die Heimatsscheine, mit welchen man in der ganzen Lombardei her umreisen kann, ausgefertigt werden, war nie so viel Zudrang von Personen, als in diesen Tagen. Feldmarschall Graf Radetzky befin⸗ det sich hier in der Villa Reale und wird morgen der Kirchenfeier⸗ lichkeit und Militair⸗Parade beiwohnen. Letztere wird sehr großar tig werden, indem hierzu eigens das ganze 7te Armeecorps vom Lager berufen worden ist. Erzherzog Karl Ferdinand befindet sich vermalen hier.

Frankreich. Paris, 22. Aug. Das Journal des Débats enthält folgende Korrespondenz aus Besangon vom 19. August: „Die Reise Louis Napolcon's durch Bourg, Lons le Saul⸗ nier und Dole ist von keiner wichtigen Begebenheit bezeichnet. Bei⸗ der Revue zu Bourg wurden ihm 14 während der Belagerung Roms verwundete Soldaten vorgestellt, deren jedem er hundert Franken schenkte. Der Erzbischof von Saint Cloude erhielt in Lons le Saulnier das Ehrenlegions⸗Kreuz. In Besongon besuchte der Präsieent zwei Bälle, einen im Theater, den anderen in der Halle. Er begab sich zuerst auf den letzteren. Auf dem Wege da⸗ hin war eine große Volksmenge versammelt. Eine organisirte Bande von 100 bis 150 Individuen folgte seiner Eskorte auf dem Fuße und rief unaufhörlich in wenig ehrerbietiger Weise: Es lebe die Repu⸗ blik! Die Volksmenge rief: Es lebe die Republik! und auch: Es lebe der Präsident! Der erste Ruf war der zahlreichste. So langte Lonis Napoleon im Hotel der Halle an, wo sich eine ärger liche Scene zutrug. Der Saal war so voll gepfropft, daß man sich kaum darin bewegen konnte. Die Ankunft des Präsidenten und seines Geleites vermehrte die Verwirrung, zu der noch inconstitu⸗ tionelle und beleidigende Ausrufungen einer gewissen Anzahl Per⸗ sonen beitrugen. Offenbar war dies eine angelegte, seit langer Zeit berechnete Sache. Die große Majorität verwarf entschieden ein solches Auftreten, die Ruhestörer aber, von den Umständen gedeckt, ließen sich dadurch nicht irre machen. Einen Augenblick befand sich das Geleit des Präsidenten ernstlich gedrängt und mit den Ellbogen gestoßen. Da machte General Castellane eine rasche Bewegung, welche dazu diente, einige Ordnung herzustellen. Der Präsident konnte zu seinem Wagen gelangen und begab sich sogleich nach dem Balle im Theater. Hier war der Empfang ganz anders. Es wurde nur: Es lebe Napoleon! Es lebe der Präsident! gerufen. Ein Individuum, welches die demokratische und soziale Republik leben ließ, wurde verhaftet. Das traurige Ereigniß bildet den Gegenstand des Tagesgesprächs. Alle rechtlichen Leute bedauern es und beklagen, daß die Behörde nicht entsprechende Maßregeln ge troffen, um solchen Unordnungen vorzubeugen. Uebrigens versichert man, daß der Präsident früher gewarnt worden und man in ihn drang, nur den Ball im Theater zu besuchen. Heute hat die Polizei mehrere Verhaftungen bewirkt. Das vom Präfekten gegebene Frühstück vereinigte die Honoratioren des Departements. Es war sehr kurz, weil der Präsident um 1 Uhr abreisen und früher noch eine Revne

denselben Gott,

1451

abhalten wollte. Er begab sich zu Pferde um 11 Uhr zur Revue. Zu Pferde begleiteten ihn die Generale d'Hautpoul, Castellane, Vesco, Rebillot, Oberst Vaudrey, Béville und Edgar Ney, nebst dem Stabe des 13ten Artillerie⸗Regiments, General Baraguay d'Hilliers, Minister Bineau und Dumas folgten zu Wagen. Auf dem Ritte durch die Stadt nach dem Polygon empfing den Präsi⸗ denten der Ruf: Es lebe die Republik! Es lebe der Präsident! Der erste war überwiegend. Die Bevölkerung war wenig enthu siastisch, aber ehrfurchtsvorll. Das herrschende Gefühl schien Neugierde zu sein. Im Polygon hielt der Präsident Revue über drei Batallone Nationalgarde von Besancçon, das Bataillon der Bannmeile, die Artillerie⸗Legion und das Pompiers⸗Bataillon. Die Linientruppen bestanden aus dem Aten Bataillon vincenner Jäger, einer Escadron des 2ten Lanciers⸗, dem 13ten Artillerie⸗Regimente, 2 Bataillonen vom Lten leichten Regimente und der Gendarmerie. Beim Defiliren zeichnete sich die Nationalgarde⸗Artillerie durch die besondere Wärme aus, mit welcher sie: Es lebe die Republik! rief. Die Zuschauer riefen ebenfalls: Es lebe die Republik! und: Es lebe der Präsident! Ueberhaupt war seit der Ankunft Louis Napoleon's der Ruf: „Es lebe die Republik! mit Ausnahme des Balles im Theater, vorherrschend.“ Eine andere halboffizielle Korrespondenz in einem Abendblatte berichtet über den Vorfall in der Halle von Besangon: „Der Präsident begab sich auf ausdrückliche Einladung der Behörden nach dem Balle der Halle. In dem Augenblicke, wo er das Hotel der Präfektur zu verlassen im Begriff stand, verlangte ihn ein Polizei⸗Kommissär von Besangon zu sprechen und sagte: „„Meine Pflicht und meine Ehre nöthigen mich, Sie zu bitten, den Ball nicht zu besuchen, denn es ist ein Komplott gegen Ihre Person im Werke.““ Louis Napoleon antwortete ruhig: „„Ich verlasse mich auf die Sympathie der Bewohner und gehe Hin Kaum aber war Louis Napoleon in der Mitte des Saales ange⸗ langt, als das angekündigte Komplott sich enthüllte. Der Präsident wurde sofort von einer geschlossenen Masse umringt, die ihn von allen Seiten drängte. Ein Dutzend Individuen zeichneten sich durch ihre Heftigkeit aus. Erst nach hartnäckigem Kampfe konnte Louis Na poleon von den ihn umringenden Fremden befreit werden. Die zur Auf⸗ rechthaltung der Ordnung anwesenden Gendarmen waren genöthigt, alle Kraft aufzuwenden, um die Masse zu durchbrechen. General Castellane sah sich sogar gezwungen, den Degen zu ziehen.’“ Das Journal des Débats meint, es könnten nur demagogische Fremde, zumeist Schweizer⸗Uhrmacher, die Rädelsführer gewesen sein, und man habe deren bereits neun verhaftet. Auch die legiti⸗ mistische Union schiebt das Attentat auf die fremden Demagogen, weil Schweizer⸗Arbeiter sich unter den Anführern befänden, und nennt es durch den übertriebenen offiziellen Empfang hervorgerufen. Die Republique erklärt, von ihrem Standpunkte aus, der Vor⸗ fall habe gar keine ernste Bedeutung; man spreche blos von einer kleinen Anzahl Arbeiter, „welche Herrn Bonaparte interpellirte und ihm seine Versprechungen und sein Glaubensbe⸗ kenntniß vom 10. Dezember ins Gedächtniß gerufen hätten; weder Heftigkeiten, noch Thätlichkeiten seien vorgefallen.’“ Der offizielle Moniteur wirft den Behörden von Besançon große Sorglosig

keit vor, begreift nicht, wie man den Präsidenten einer solchen Ge⸗ fahr aussetzen und solche Projekte ignoriren konnte. Der Moni⸗ teur du Soir fordert Absetzung des Präfekten, des Maire und des Gemeinderathes von Besancon. Der Constitutionnel bemerkt blos: „Das Gedränge machte dem Präsidenten nur mit Mühe den Eintritt möglich. Bei seinem Erscheinen rief eine betrunkene Gruppe: Es lebe die Republik! An anderen Orten des Saales rief man: Es lebe Napoleon! und nahm ehrfurchtsvoll die Hüte ab. In der Milte des Saales stieß man Injurien und Drohungen gegen ihn aus.“ Die lyoner Blätter melden folgenden Vorfall: „Der Präsident der Republik hatte sich bei seinem dortigen Aufenthalte mit dem Kriegs Minister auf einem Dampfschiffe nach der Ile Barbe begeben. Mitten im Strome näherte sich ein Schwimmender dem Schiffe und schrie: Es lebe die demokratische und soziale Republik! Der Kriegs⸗ Minister rief ihm verweisend zu, er möchte sich vor den Rädern in Acht nehmen. Der Präsident bemerkte jedoch lachend: Sehen Sie nicht, daß das ein Sansculotte ist, und daß er daher nichts Anderes rufen kann.“ Die Großherzogin Stephanie von Baden wird den Präsidenten in Straßburg besuchen. In Colmar wohnte der Präsident dem Balle nicht bei, den die Stadt ihm zu Ehren gab. Er ließ sich durch Ermüdung entschuldigen. Die letzten hier eingegangenen telegra⸗ phischen Depeschen über die Reise des Präsidenten lauten: „1) Der Präfekt des Nieder⸗Rheins an den Minister des Innern. Straß

burg, 21. August, 4 ½ Uhr. Der Präsident der Republik ist in Straßburg eingetroffen. Auf dem Wege, wie von der Bevölkerung Straßburgs, wurde er gut empfangen.“ „2) Der General⸗Lieute⸗ nant, Kommandant der Aten Militair- Division, an den Kriegs⸗

Minister. Straßburg, 21. Aug., 4 Uhr Abends. Der Präsident der Re

publik ist um Uhr angekommen. Die Behörden befanden sich zu seinem Empfange am Bahnhofe. Eine ungeheure Volksmenge erwartete ihn auf seinem Wege.

3) „Der Präfekt des Ober⸗Rheins

Colmar, 21. August, 4 Uhr Abends. Der Präsident der Republik hat so eben mein Departement verlassen und uüberall den freudigsten Eindruck gemacht. Die ungeheure Majorität der Bevölkerung hat das Staats⸗Oberhaupt mit eben so viel Ehrfurcht als Ergebenheit empfangen. Mit seltener Energie äußerte sich das Gefühl des Volkes, welches die Wiederkehr der Ordnung segnet. Diese unzweideutigen Aeußerungen haben über die Bemühun

gen der Feinde der Gesellschaft gesiegt, welche vergebens gegen die allgemeine Begeisterung zu protestiren versuchten.“ Die halboffiziellen Abendblätter enthalten auch folgende Nach⸗ richt: „Man versicherte heute im Elysee, der Präsident der Republik habe dem Minister des Innern Befehl gegeben, den Belagerungs⸗ zustand in den durchreisten Departements aufzuheben.“ Der Maire von Montbard ist abgesetzt, wozu sein Verhalten bei der Reise des Präsidenten den Grund gegeben.

Das Leichenbegängniß Balzac's fand gestern Mittag statt. Das Bahrtuch hielten Baroche, Victor Hugo, Alexander Dumas und Francis Wey. Ein langer Zug von Leidtragenden folgte. Schriftsteller, Schauspieler, Tonkünstler und Buchdrucker bildeten denselben, denn Balzac war auch Buchdrucker gewesen. Man be⸗ merkte Engländer, Russen, Deutsche, Italiener, Amerikaner, Aegyptier und Asiaten in dem Zuge. Nach der Trauer⸗ feierlichkeit in St. Philippe du Roule bewegte sich der Zug zum Kirchhofe des Pére Lachaise, wo er um 3 Uhr anlangte. Auf der ganzen Linie der Boulevards entblößten die Vorübergehenden das Haupt vor dem Sarge. Am Grabe hielt Victor Hugo die Leichen⸗ rede. Er entwickelte darin die geistige Größe und Bedentung des Verstorbenen. „Sein Leben“, sagte er, „war kurz, aber reicher an Werken, als an Tagen.“ Balzac ist nicht weit von Casimir Dela vigne bestattet.

Aufsehen macht ein Pistolen⸗Duell zwischen dem Repräsentanten Chavoix und dem ehemaligen Mitglied der Constituante, Dupont, das mit dem Tode des Letzteren endigte. Chavoix ist verhaftet.

Heute kommt der Insertionskosten⸗Prozeß des Haupt⸗Redacteurs

Er wurde mit großer Aufmerksamkeit empfangen.”

an den Minister des Innern:

V

der Republique gegen den Polizei⸗Präfekten Carlier zur Ver⸗ handlung. 8

Die französische Regierung soll einen außerordentlichen Ge⸗ sandten nach Kopenhagen und zugleich mehrere Schiffe der cherbour⸗ ger Flotte in die Ostsee schicken wollen.

Großbritanien und Irland. London, 22. Aug. Die Königliche Nacht ist in Begleitung mehrerer Dampfschiffe heute früh von der Insel Wight nach Ostende abgesegelt, wo die Köni⸗ gin gegen 11 Uhr einzutreffen gedachte. .

Die Times bemerkt über die jetzigen französischen Zustände: „Würde durch irgend einen plötzlichen Unfall Louis Napoleon von der Stellung entfernt, die er jetzt in der Welt einnimmt, obzwar er nicht Souverain, sondern blos das Haupt der sogenannten Re⸗ publik ist, so können wir unmöglich das Resultat davon vorausse⸗ hen, noch darauf hin Berechnungen anstellen, nur daß dann Frank⸗ reich die bedauernswerthe Unstetigkeit von Institutionen anerkennen würde, welche für die prekären Brdingungen des Menschenlebens keine Vorsorge treffen. Die republikanische Verfassung von Nordamerika, wo die Regierung ein Geschäfts⸗Gegenstand ist, hat für solche Ereig⸗ nisse gesorgt, allein in Frankreich, wo die Regierung ein Gegen⸗ stand des Gefühls, der Ostentation und gewissermaßen der Protec⸗ tionssucht ist, kann für solche Zufälle nichts zum voraus bestellt werden. Einer der wesentlichsten praktischen Vorzüge, welche civili⸗ sirte Nationen und besonders freie Staaten aus dem Institut des Kö⸗ nigthums schöpfen, ist der, daß es das höchste Ziel im Lande und das, auf welchem der Friede der Gesellschaft beruht, außerhalb des Bereiches gewöhnlichen Ehrgeizes stellt und für die Nation ein Haupt schafft, ohne daß die Würde des Unterthanen daburch die geringste Demuthigung empfände. In der Hauptsache hat Louis Napo⸗ leon in seinem Namen und seiner Abstammung etwas von den Vorzügen einer königlichen Person an sich, und obgleich dies in Wirklichkeit nur fiktiv ist, so ist schon der Zweck erreicht, wenn das französische Volk dies anerkennt. Mag man auch gleichgültig ge⸗ worden sein für bloße Titular-Auszeichnungen und äußeren Prunk, das Wesen dieser Frage bleibt dasselbe, denn es beruht auf den Grundlagen der Gesellschaft oder, was noch mehr ist, in der Tiefe der menschlichen Natur. Das, was jetzt vor unseren Augen in Frankreich vor sich geht, ist nichts An⸗ deres als die Wiederholung des Wunsches nach Dauerhaftigkeit, Ordnung und Autorität, was die Schutzwehr aller Interessen und die Basis aller Gesetze ist. Louis Napoleon ist in diesem Mo⸗ mente der angemessenste, wir möchten sagen, der Repräsentant dieser Prinzipien. Er thut, was er kann, nicht nur um das Vertrauen und die Erkenntlichkeit des Volkes sich zu ge⸗ winnen, sondern um es zu verdienen. Er allein in Frankreich thut gerade das, was ihm selbst und der Nation frommt, und wir schlie⸗ ßen daraus, daß er steigende Aussichten hat, eine Gewalt zu be⸗ halten und selbst zu vergrößern, welche die Anderen ihm zu ver⸗ leihen kaum weniger sich beeifern, als er, sie anzunehmen.“

Nach Berichten aus Madrid wäre die spanische Regierung

geneigt, dem Freihandelsprinzip noch größere Konzessionen zu ma⸗ chen und die Zölle noch zu ermäßigen. Jenny Lind ist gestern mit dem Dampfschiffe „Atlantic“ nach Nord-Amerika abgereist. Ihr Abschied war ein wahrer Triumph, die ganze fashionable Welt von Liverpool war in Bewegung, um der berühmten Sängerin noch einen Gruß zu bieten. Die beiden letzten Konzerte, die sie zu Liverpool gab, haben 3000 Pfd. St. eingebracht, wovon sie nur 1000 für sich nahm, das Uebrige einem neuen städtischen Spital zuwendend.

Die Aerndteberichte aus Irland lauten besser, als man in jüngster Zeit zu hoffen berechtigt war. Obgleich die Kartoffel⸗ krankheit sich wieder an vielen Orten gezeigt, sind so viel Kartoffeln gepflanzt worden und ist der Ertrag ein so reicher, daß es dem irländischen Volke den nächsten Winter nicht an seinem Hauptnah⸗ rungsmittel fehlen wird.

Nußland und Polen. Warschau, 17. Aug. (Llopd.) Unsere Stadt schwebte gestern in großer Gefahr. Mittags um 1 Uhr brach in dem hölzernen Gebäude neben der Fabrik des Herrn Evens Feuer aus, und obgleich schleunige Hülfe herbeikaimn, konnte man nicht so bald des Feuers Meister werden, welches rasch um sich griff und, von einem heftigen Winde angefacht, seine Richtung gegen die benachbarten Gassen zu nehmen begann. Die Kozlagasse fiel bald dem verzehrenden Elemente anheim, und um halb 3 Uhr Nachmittags stand die eine Hälfte dieser Gasse in hellen Flammen, welche sich um 3 Uhr, von einem heftigen Winde genährt, über die Franziskaner⸗Gasse verbreiteten. Trotzdem überall unter Leitung des Fürsten Statthalters die thätigste Hülfe geleistet wurde, nahm das Feuer immer mehr über⸗ hand, und schon wälzten sich Rauch⸗ und Feuersäulen in die Bo⸗ nifratresgasse, wo die Bewohner in Schrecken und Angst nicht mehr an die Rettung der Gebäude, sondern an die Wegschaffung ihrer beweglichen Habe dachten, die sie auch mit Hülfe des Militairs fortbringen konnten. Letzteres eilte in Kolonnen zur Rettung her⸗ bei, besetzte die gefährlichsten Punkte und wehrte dem Feuer die Fortschritte. Um fünf Uhr endlich wurde man des großen Brandes Meister, da die Rettungs⸗Anstalten in jeder Beziehung musterhaft waren und die Hülfeleistungen mit der größten Thätigkeit fortgesetzt wurden. Um sechs Uhr war jede Gefahr vorüber, und nur noch rauchende Ruinen geben von der schrecklichen Feuersbrunst traurige Kunde

Aus dem Haag, 21. Aug. Der Mini⸗ die Sitzung der Generalstaaten geschlos⸗ sen. In seiner Rede sagte er: „Ihre Arbeiten in dieser Sitzungs⸗ Periode sind eben so merkwürdig wegen ihrer Wichtigkeit als Man⸗ nigfaltigkeit. Außer dem Budget haben sie eine große Zahl Gesetz⸗ Entwürfe für die Verbesserung unseres ökonomischen Systems und der verschiedenen Zweige der Verwaltung berathen und angenommen. Die Gesetze für die Reorganisation des Postwesens und die Regu⸗ lirung des niederländischen Postwesens haben mit Recht das allge meine Interesse erweckt. Die Regierung hat die Ueberzeugung, daß sie, von einer industriellen Thätigkeit und Unternehmungsgeiste unter⸗ stützt, reich an glücklichen Folgen für unsere kommerzielle Verbin dungen im Innern und mit dem Auslande sein werden. Unser öffentliches Recht hat eine bemerkenswerthe Entwickelung erhalten durch das Gesetz, welches die Ausübung des Art. 7 des Grund⸗ gesetzes feststellt, das sich auf das Untersuchungsrecht der zweiten Kammer, auf das Wahlrecht und die Berechtigung der Provinzial Kammern bezieht. Wir überlassen dem guten Geiste und dem Pa⸗ triotismus des Volkes mit Vertrauen den Einfluß, den diese In⸗ stitutionen auf unser Volk ausüben müssen Die Kammern

Niederlande. ster des Innern hat heute

der Generalstaaten sind aufgelöst, nicht in Folge eines Mangels von Eintracht und Vertrauen, sondern um die Nation unverzüglich

in den vollkommensten Genuß des Wahlrechts zu setzen, welches das Gesetz ihr verleiht. - 1 neten, die zu wählen sie berufen werden wird, in voller Freiheit ar

Die Nation wird künftig durch ihre Abgeord⸗

der Vollendung der Aufgabe mitwirken, die das Grundgesetz bereits

—7

in vier früheren Sitzungen festgesetzt hatte.