führte und in Z
leben dabei nicht
tags fertig geworden und arbeiteten auf der anderen Seite.
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von nicht zwei Minuten einen Theil der noch im Bau begriffenen siebenzehnten Gerüst⸗Etage an jenem zerstörte. Der Vorsehung ist es nicht genug zu danken, daß ein Menschen⸗ 1 verloren gegangen. Glücklicherweise waren die Maurer mit ihrer Arbeit an der gefährdeten Seite Mit⸗ ags Noch fünf in der Nähe befindliche Maurer kamen ganz unbeschädigt da⸗ von, eben so die dort beschäftigt gewesenen Zimmerleute, von denen sich einer eben auf dem oberen Rahmenstücke befand, als der Orkan sein Wüthen begann. Der Abtheilungs⸗Ingenieur und ein Zim⸗ mermeister befanden sich ebenfalls an Ort und Stelle. Ersterer kam noch glücklich über die Laufbrücke, dagegen war Letzterer schon fort⸗ gerissen, als der Ingenieur dahin kam, und er mußte 6—7 Ellen hoch herabspringen, da ihn der Sturm schon erfaßt hatte und er sich nicht mehr zu halten vermochte. Besinnungslos wurde ein Handarbeiter aufgehoben, welcher nebst zwei anderen von dem herabstürzenden Holze auf der Böschung erfaßt worden war. Er ist wieder zur Besin⸗ nung gekommen, und nach der vorläufigen Aussage des Arztes scheint keine gefährliche Verletzung vorhanden zu sein. Außerdem haben sich einige Arbeiter auf der Flucht leicht verletzt. Die auf der entgegen⸗ gesetzten Seite beschäftigten Arbeiter haben nicht eher etwas bemerkt, bis sie von ihren fliehenden Kameraden zur Flucht aufgefordert wurden. Ein wesentlicher Nachtheil ist allerdings der Aufenthalt von mehreren Wochen, welche dazu gehören, um die zerstörte Gerüst⸗ Etage wieder aufzustellen. Wäre sie bereits vollendet gewesen, so würde sie dem Orkan eben so kräftig widerstanden haben, als es die übrigen fertigen Etagen thaten.
Württemberg. Stuttgart, 30. Aug. Nachdem der seitherige Kaiserlich österreichische Geschäftsträger, Freiherr von Han⸗ del, zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister
am hiesigen Hofe ernannt worden ist, hat derselbe die Ehre gehabt,
1 Beglaubigungsschreiben Sr. Königlichen Majestät zu über⸗ reichen.
Baden. Karlsruhe, 28. Aug. (O. P. A. Z.) Se. Majestät der König von Württemberg wird in einigen Tagen Ba⸗ den verlassen und nach Stuttgart zurückkehren. Dagegen wird der Kronprinz von Württemberg in ersterem erwartet.“
Viele Mitglieder des Friedens⸗Kongresses in Frankfurt verweil⸗ ten gestern in Baden.
Der Erbprinz Karl Egon und der Prinz Maximilian von Fürstenberg sind, von Baden kommend, am 23sten d. M. in Do⸗ naueschingen eingetroffen.
Der evangelische Verein für äußere Mission in Baden wird am 4. September hier sein Jahresfest begehen.
Karlsruhe, 29. Aug. (Karlsr. Ztg.) Das heutige Ge⸗ burtsfest Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs wurde hier in entsprechender Weise gefeiert. Am frühen Morgen verkündet en Ge⸗ schützessalven den Anbruch des festlichen Tages, zu dessen würdigster Feier zunächst am Vormittag in allen Kirchen der Stadt großer Gottesdienst stattfand. Leider hatte die Ungunst des Wetters grö⸗ ßere öffentliche Feierlichkeiten verhindert, und so mußte die ange⸗ setzte Parade unterbleiben. Zum Mittag kamen die Offiziere der hiesigen Garnison zu einem gemeinschaftlichen Mahle zusammen; 1“ wurde in den geschmackvoll verzierten Kasernen ge⸗ speist. 1
Um 3 Uhr war bei Sr. Großherzogl. Hoheit dem Markgrafen Wilhelm großes Familien⸗Diner, welchem die gesammte Großher⸗ zogliche Familie, so wie Se. Königliche Hoheit der Prinz von Preußen, beiwohnten. Ein anderes großes Diner gab am Nachmit⸗ tage Se. Excellenz der Staats⸗Minister Klüber den Ministern, dem diplomatischen Corps und der mit Ueberreichung der Glück⸗ wunsch⸗Adresse beauftragt gewesenen Deputation der zweiten Kammer.
Aus unserer nächsten Umgebung sind uns von Durlach und aus dem Lager bei Forchheim Mittheilungen über die Feier des heutigen Tages zugekommen. Die Lagerzelte waren, wie wir hö⸗ ren, alle mit Fahnen und Laubgewinden geziert und gewährten so einen höchst interessanten Anblick. Früh war militairischer Gottes⸗ dienst und Mittags wurde die Mannschaft gespeist.
Freiburg, 28. Aug. (N. Fr. Z.) Se. Königl. Hoheit der Großherzog, stets bereit, Gnade zu gewähren, wo dieses ohne Beu⸗ gung des Ansehens der Gesetze und der Gerechtigkeit geschehen kann, hat aus Anlaß seines morgen eintretenden Geburtsfestes zahl⸗ reiche Begnadigungen für alle Landestheile angeordnet.
Hessen. Kassel, 29. Aug. (D. Z.) Die Adresse ist mit einigen Aenderungen, beziehentlich Milderungen in der Form, ohne Diskussion einstimmig angenommen. Wir geben in Folgendem den Wortlaut sammt den Abweichungen von dem bereits erwähnten Entwurf (s. St. A. Nr. 240):
„Königliche Hoheit! Durch den mit der Eröffnung des Land⸗ tags beauftragten Kommissar haben Ew. Königliche Hoheit (der Entwurf hatte hier noch die Worte: „unter Versicherung der lan⸗ desherrlichen Huld und Gnade“) die zuversichtliche Hoffnung aus⸗ sprechen lassen, daß unsere Thätigkeit eine segenbringende sein werde. Auch wir hegen die Hoffnung und wünschen nichts sehnlicher, als der Staats ⸗Regierung die Unterstützung gewähren zu können, welche die Möglichkeit eines gemeinschaftlichen gedeihlichen Wir⸗ kens auf der Bahn der Verfassung und der regelmäßigen Ord⸗ nung bedingt. Wir können und dürfen aber nicht verhehlen, daß das unmöglich ist, so lange Ew. Königliche Hoheit von Männern berathen sind, welche des allgemeinen Vertrauens entbehren. Es ist unsere heiligste Pflicht, Ew. Königlichen Hoheit im Namen des Volkes, das wir vertreten, offen zu erkliren, daß dasselbe in der Berufung des gegenwärtigen Ministeriums eine Erfüllung der Zu⸗ sage vom 11. März 1848 nicht erblickt, einer Zusage, durch welche das Volk die längst ersehnte Beendigung der seit 1832 zwischen Regierung und Stände⸗Versammlung vorgekommenen Verwickelun⸗
en herbeigeführt glaubte. Wir wiederholen daher das von der origen Stände⸗Versammlung gegen das jetzige Ministerium aus⸗ gesprochene Mißtrauens⸗Votum und billigen, was der bleibende Aus⸗ chuß Ew. Königlichen Hoheit darüber vorgestellt hat. (Statt dieses Passus von den Worten: „Wir können und dürfen aber nicht ver 99 an, sagte der Entwurf: Leider können und dürfen wir Ew. N verheblen. daß ein gemeinschaftliches gedeihli⸗ dermalige Ministere ich ist, so lange nicht Ew. Königl. Hoheit das E“ süerxkum entlassen. Die seit 1832 bis 1848 zwischen
G Ständeversammlung vorgekommenen Verwickelun
haben auf das Unzweideuti ste be e1. d „ 1. u gen nes gemeinschaftlichen edeiglich 88 Wir 6 aß die Moglichkeit ei⸗ Verfassung und der b lichen Wirkens auf der Bahn der nes volksthümlichen Rf ßigen Ordnung durch das Dasein ei⸗ Als Ew. Königl.
Kiristeriums bedingt i Hoheit durch die Verkündigung vom 11. 3 i. 1848 die Zusage er⸗
theilten, sich mit Männern zu 1 Vertr
Volkes genössen, da glaubte EEW. Eristenz die Moͤglichkeit eines gemeinschaftlichen gebeihlcchen Wir⸗ kens abhängt. Es ist unsere heiligste Pflicht, Ew. Königlichen Ho⸗ heit im Namen des Volkes, das wir vertreten, offen zu erklären,
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daß dasselbe in der Berufung des gegenwärtigen Ministeriums eine Erfüllung der Zusage vom 11. März 1848 nicht erblickt und nicht erblicken kann; daß wir das von der vorigen Stände⸗Versammlung gegen das jetzige Ministerium wiederholt ausgesprochene Mißtrauen im vollen Maße theilen und auch das von dem bleibenden Aus⸗ schuß dem Ministerium gegenüber eingehaltene Verfahren billigen.) Wäre über das Urtheil des Landes nach den Aussprüchen der vorigen aufgelösten Stände⸗Versammlung irgend ein Zweifel geblieben, so wird und muß derselbe im Hinblick auf die dermalige Stände⸗Versamm⸗ lung, in welcher sich nicht eine Stimme für das jetzige Ministerium erhebt, geschwunden sein. Das Volk sieht in der Beibehaltung (der Entwurf sagte: „in der Berufung und Beibehaltung“) des dermaligen Ministeriums die Rückkehr zu einer Regierungsweise, die weit hinter seinem Wünschen und Wollen liegt, und es wird in dieser Ansicht noch dadurch bestärkt, daß das Ministerium eine Wiederherstellung des Bundestags anstrebt. (Der Ent⸗ wurf lautete: „und es wird in dieser Ansicht nur noch bestärkt werden, wenn es wahr ist, was die öffentlichen Blätter melden, daß das Ministerium Ew. Königlichen Hoheit eine Wiederherstellung des Bundestags anstrebt, statt den nach dem Beschluß der Bundesver⸗ sammlung vom 30. März 1848 betretenen Weg weiter zu verfol⸗ gen.“) Wir protestiren feierlich gegen die Herstellung des vom deutschen Volke verworfenen und rechtsgüllig aufgehobenen Bun⸗ destages, so wie gegen alle darauf gerichteten Bestrebungen. Wir beklagen die große Verwickelung der Finanzlage des Landes, aber wenn wir mit Vermeidung jeder Selbsttäuschung nach dem Grunde derselben forschen, so sinden wir diesen eben in dem Bestehen des dermaligen Ministeriums Ew. Königlichen Hoheit und dessen Hand⸗ lungsweise gegen die vorige Ständeversammlung. Den Gesetz⸗ entwurf über die einstweilige Forterhebung der Steuern bis zum 30. September d. J. werden wir einer gewissenhaften Prüfung unterwerfen und je nach dem Ergebniß derselben unsere Zustim⸗ mung ertheilen oder versagen. Die Schwierigkeiten und Gefahren, welche die gegenwärtige Lage des Staates nach Außen und nach Innen darbietet, sind auch uns nicht entgangen. Wir hegen in⸗ dessen die feste Ueberzeugung, daß sie zum großen Theile erst durch das gegenwärtige Ministerium geschaffen sind und halten sie nur dann für überwindlich, wenn sich Ew. Königl. Hoheit mit Männern umgeben, die das Vertrauen des Volkes genießen. Möge der All⸗ mächtige Ew. Königl. Hoheit die Stimme des Volkes nicht über⸗ hören lassen. Ehrerbietungsvoll verharrt Ew. Königl. Hoheit treu⸗
gehorsamste Ständeversammlung.“
Hessen und bei Nhein. Darmstadt, 99 Aug. (D. Ztg.) Gestern Vormittag waren Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen, von Frankfurt kommend, bei Sr. Königlichen Hoheit unserem Großherzog zu Besuche und verfügten sich mit dem Halbzwölfuhr⸗Convoi weiter nach Baden, um Se. Königl. Hoheit den Großherzog von Baden an seinem heutigen Geburtstage zu begrüßen.
Darmstadt, 30. Aug. (Darmst. Ztg.) Se. Königl. Hoheit der Großherzog ist gestern Vormittag um 11 Uhr nach Aschaffenburg abgereist, von wo Höchstderselbe am Sonnabend zu⸗ rückerwartet wird.
Schleswig⸗Holstein. Rendsburg, 29. Aug. (B. H.) An der Südseite der Stadt Eckernförde sind alle Erdwälle abgetragen, und ist dort jetzt, wo nicht Schanzwerke errichtet sind, ein freies Feld. Die Vorpostenkette der Dänen geht von der kiel⸗eckernförder Chaussee aus über Windebye, Osterbye u. s. w.; bei der windebyer Mühle haben sie ein Lager aufgeschlagen. Mit ihren Requisitionen gehen die Dänen aber über diese Graͤnze hinaus, und Alles, was die Be⸗ wohner der Umgegend in Folge jener gezwungen ihnen zuführen müssen, wird durch die Vorposten entgegengenommen und von die⸗ sen zur Stadt gefahren.
Die Westseite Schleswigs, nach Friedrichsstadt hin, ist mittelst der Treene von den Dänen ganz unter Wasser gesetzt, so wie die dortigen Uebergangspunkte stark von ihnen verschanzt sind.
Altona, 31. Aug. Bekanntmachung:
„Es wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die schleswig- holsteinische Artillerie in ihren Etats an Offtzieren, Un⸗ teroffizieren und Soldaten vollständig ergänzt ist, eines Zuwachses an Freiwilligen aus anderen deutschen Staaten nicht bedarf und daher Anmeldungen zum Eintritt in die Artillerie keine Berücksich⸗ tigung mehr finden können.
Rendsburg, den 30. August 1850.
Das Departement des Krieges. Krohn. Jensen.“
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 30. Aug. (M. Ztg.) Se. Königl. Hoheit der Großherzog ist gestern von Berlin zuruͤckgekehrt, um sich wieder nach Doberan zu begeben.
Rostock, 29. Aug. (N. C.) Leider will uns die Epidemie, von der wir seit einigen Wochen heimgesucht sind, noch immer nicht wieder verlassen. Kommen an einigen Tagen weniger Erkrankungs⸗
fälle vor, so geben wir uns der Hoffnung hin, die Krankheit sei im
Der Alt. Merkur enthält folgende
Abnehmen; doch haben uns bis jetzt allemal die darauf folgenden Tage vom Gegentheil überzeugt. Natürlich ist die Zahl der von der Cholera Heimgesuchten in den Straßen, wo sie zuerst mit gro⸗ ßer Heftigkeit auftrat, namentlich im Fischer⸗ und Gerberbruch und einigen Gegenden der Strandstraße, nicht mehr so groß, da dort die Bewohner schon sehr gelichtet sind; dagegen hat sie sich jetzt mehr über die ganze Stadt verbreitet, und auch in gewiß nicht un⸗ gesund gelegenen Straßen ihre Opfer gefordert. Die Stimmung ist im Ganzen noch sehr niedergeschlagen; wohin man hört, wird von der Cholera gesprochen, und treten alle übrigen Tages⸗Ereig⸗ nisse für den Augenblick gegen sie völlig in den Hintergrund.
Nassau. Wiesbaden, 29. Aug. (D. Ztg.) Gestern traf im Hotel Düringer der Herzog von Rohan ein. Seit die Franzosen zum Abzuge rüsten, treffen die Engländer zahlreicher ein.
Die englischen und nordamerikanischen Mitglieder des Frie⸗ denskongresses befinden sich seit vorgestern hier. Am 3lsten d. M. wird der Graf von Chambord abreisen.
Der pensionirte Oberst⸗Lieutenant von Breidbach⸗Bürresheim ist nach Schleswig⸗Holstein abgegangen, um dort in aktiven Mili⸗ tairdienst zu treten.
Wiesbaden, 25. Aug. (Mainz. J.) Gestern Abend sind sehr viele französische Geistliche hier eingetroffen, welche von ihren Gemeinden als Abgesandte zur Begrüßung des Grafen Chambord hierher geschickt worden sind. Unter den Angekommenen ist auch ein Abbé Graf von St. Alban, welcher heute um 12 Uhr eine Messe mit einer kurzen Anrede in französischer Sprache hielt. Mit derselben war eine Kollekte zum Besten der Hospitalbrüder vom Orden der heiligen Dreifaltigkeit zu Paris verbunden.
Braunschweig. Braunschweig, 30. Zt 8 ig. hweig, 30. Aug. (D. R. Ztg.) Bis zum 28. August einschließlich sind angemeldet 971 88
Todesfälle, dazu bis 29. August gemeldet 7, zusammen in 81 Ta⸗ gen seit dem 8. Juni 978, macht durchschnittlich für den Tag 12 2, ungefähr 12 und 28, ungefähr 2 8 pCt. 8
Zwar ist die heutige Zahl, nach dem gestrigen erfreulichen Re⸗ sultate, betrübend genug, aber man darf auch nicht erwarten, daß nach einer so langen Dauer die Seuche auf einmal verschwinden sollte. Wir werden diese Schwankungen in der Zahl der Todes⸗ fälle gewiß noch einige Zeit wahrnehmen.
Hessen⸗Homburg. Homburg v. d. H., 27. Aug. (O. P. A. Z.) Von Sr. Durchlaucht unserem souverainen Land⸗ grafen Ferdinand zu Hessen⸗Homburg ist heute in einer Privat⸗ Audienz der Kaiserl. Kammerherr und bevollmächtigte Minister zu Frankfurt, Freihr. von Menshengen, empfangen worden, welcher Höchstdemselben im speziellen Auftrage Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph von Oesterreich ein allerhöchstes Schreiben nebst dem Großkreuze des Königl. ungarischen Stephansordens zu überreichen die Ehre hatte.
Ausland.
Frankreich. Paris, 29. Aug. Der Präsident der Republik ist gestern Abend 8 Uhr von seiner Reise zurückgekehrt. Am Bahn⸗ hofe war die Gesellschaft „der zehnte Dezember“ aufgestellt. Die Straßen Faubourg St. Dénis und St. Martin waren ganz mit Truppen besetzt und alle Circulation abgesperrt. Die Boulevards waren mit Menschen überfüllt. Der Ruf: „Es lebe Napoleon!“ wurde von dem Rufe: „Es lebe die Republik!“ übertönt. Die Reise nach Cherbourg wird der Präsident erst am 5. September an⸗ treten.
In Rheims erwiederte der Präsident auf den Toast des dorti— gen Maires Folgendes: „Meine Herren! Der Empfang, den ich in Rheims bei meiner Rückkehr von der Reise fand, bestätigt das, was ich so eben selbst in ganz Frankreich gesehen und woran ich früher nicht gezweifelt hatte. Unser Land will nichts als die Ordnung, die Religion und eine verständige Freiheit. Allenthalben konnte ich mich überzeugen, daß die Zahl der Agitatoren unendlich klein und die Zahl der guten Bürger unendlich groß sei. Gott gebe, daß sie sich nicht veruneinigen mögen! Deswegen wollte ich, indem ich mich heute in unserer alten Stadt Rheims, wohin die Könige, welche ebenfalls die Interessen der Nation vertraten, gekommen waren, um sich sal⸗ ben zu lassen, daß wir daselbst nicht mehr einen Menschen, sondern eine Idee krönen könnten, die Idee der Eintracht und Versöhnung, deren Sieg die Ruhe in unser Vaterland, das bereits durch seine Reichthümer, seine Tugenden und seine Geschichte so groß ist, brin⸗ gen würde. Wünsche für das öffentliche Wohl aussprechen, heißt Wünsche für die Stadt Rheims aussprechen, deren besondere Stel⸗ lung von einer so großen Wichtigkeit ist. Erlauben Sie mir einen Toast auf die Stadt Rheims auszubringen!“
Dem Journal de Rouen zufolge, würde der Präsident sich in Cherbourg nur drei Tage aufhalten und zur See zurückkehren, wobei er auf der Insel Wight mit der Königin von England zu⸗ sammentreffen dürfte.
Der General⸗Rath des Departements Saone und Loire hat einstimmig Herrn von Lamartine zum Präsidenten gewählt. Der Schluß seiner mit Beifall aufgenommenen Antrittsrede lautet: „Der Präsident der Republik hat in Lyon einen bemerkenswerthen Ausspruch gethan, dem alle Parteien unconstitutionelle Deutungen unterschoben, welche, wir sind dessen gewiß, von seiner Pflicht und seinem Streben, Ausdauer und Verleugnung, gleich entfernt sind. Die Antwort der General⸗Räthe sei derselbe Ruf im Namen des Landes mit der Aenderung nur eines einzigen Wortes: Achtung vor dem Präsidenten der Republik, Unterstützung seiner Regierung und Ausdauer in der Verfassung, die nur durch die Verfassung selbst verbessert werden soll.“
Heute hat die Regierung die Nachricht erhalten, daß der un⸗ terseeische Telegraph, welcher England mit Frankreich verbindet, vollendet sei. Der Draht ist an der französischen Küste befestigt und bereits sollen einige Worte zwischen beiden Küsten ausgewechselt worden sein.
Der Generalrath des Aube⸗Departements hat, wie im Jahre 1849, mit 20 Stimmen gegen 5 den Wunsch, die Verfassung so schnell wie möglich zu reviriren, geäußert.
Zuverlässigen Nachrichten zufolge, hat die Differenz zwischen Rom und Turin eine friedliche Lösung gefunden. Daß bei Fran⸗ zoni kompromittirende Papiere gefunden worden seien, hat sich nicht bestätigt.
Bei Gelegenheit einer Bemerkung des Sidele über das Be⸗ gräbniß Ludwig Philipp's äußert die Opinion publique: „Ein Tag wird kommen, wir sind überzeugt davon, wo die Thore Frank⸗ reichs für das junge Haupt des Hauses Bourbon sich öffnen wer⸗ den. Es wird dann ein schönes Schauspiel sein, wenn die große Familie der Bourbons aus der Verbannung ihre Trauerschätze heim⸗ bringt und auf den Ruf des Grafen von Chambord die Särge Karl's X. und Ludwig Philipp's in Frankreich eintreffen. Der eine, um den Weg nach St. Denis zu nehmen, wo ihn seit langer Zeit sein Sohn, der Herzog von Berry, dessen Laufbahn das Messer Louvel’s unterbrach, erwartet, der andere nach der Todtenstadt von Dreux, wo seiner der junge Herzog von Orleans harrt, den ein eben so grausamer als unvorgesehener Zufall augenblicklich vom Leben zum Tode brachte.“
Heute Morgen um 8 Uhr hat sich General Changarnier nach dem Elysee begeben, wo er eine lange Konferenz mit dem Präsiden ten der Republik gehabt. Um 9 Uhr fanden sich die Minister ein, um unter dem Vorsitze Louis Bonaparte's eine Sitzung zu halten. In derselben hat man, dem Vernehmen nach, sehr viel über den Aufenthalt des Grafen von Chambord in Wiesbaden und über die Ankunft des Herrn von Salvandy daselbst gesprochen. Es scheint, daß man die Verhandlungen der sich dort aufhaltenden Legitimisten überwachen läßt. Einige geheime Polizei⸗Agenten, die hier in Pa⸗ ris Zutritt in den aristokratischen Kreisen haben, sollen sich in Wies⸗ baden aufhalten, und die französische Regierung soll von Allem, was dort vorgeht, genau unterrichtet sein.
Das Evenement bringt das Gerücht, es sei Baroche auf seinem Posten sehr bedroht. In einer Diskussion über die Verlän⸗ gerung der Präsidentschaftsdauer soll ihm ein Adjutant Louis Na⸗ poleon's seine Präsidentschaft in einem revolutionairen Klub 1848 sehr bitter vorgeworfen haben. 8
Das Journal d es Débats theilt folgende Aeußerung Ludwig Philipp's aus seinen letzten Momenten mit: „Sagen Sie Allen, daß die Eintracht, welche ich unter allen Prinzen meiner Familie zu erhalten mich bemüht habe, und die mich hoffentlich überleben wird, das Symbol des unauflöslichen Einvernehmens ist, das zwi⸗ schen allen rechtlichen Menschen, welches auch ihre Fahne sei, der Partei der sozialen Auflösung, gegenüber herrschen muß. Denn leider“, setzte er hinzu, „hat die Desorganisation ihre Partei.“
Großbritanien und Irland. London, 28. Aug. Ihre Majestät die Königin ist gestern Abend kurz vor sechs Uhr in Castle Howard angekommen. Nach den verschiedenen mit Blu⸗
8 G
Volk aus der Umgegend in dichten Schaaren herbeigeströmt.
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men, Laubgewinden und Fahnen festlich geschmückten Stationen, wo der Zug unterweges anhielt, war trotz des schlechten Wetters er
Empfang, welcher Ihrer Majestät zu Theil wurde, war überall ein sehr herzlicher. Die am ersten Reisetage berührten Orte sind Wol⸗ verton, Rugby, Leicester, Derby und York. Auf der Castle Howard zunächst gelegenen Station wurde die Königin von dem Grafen von Carlisle empfangen; acht dort bereit stehende Wagen brachte die Gesellschaft nach dem Schlosse.
Der Prinz von Leiningen ist gestern in London angekommen.
Berichten aus Rio Janeiro zufolge, hatten sich Differenzen zwischen den brasilianischen Behörden und den englischen Kreuzern entsponnen, welche die dortige Küste überwachten, um die Einfuhr von Sklaven zu hindern. Es drangen nämlich Böte eines engli⸗ schen Kriegs⸗Dampfschiffes „Cormorant“” mit Gewalt in den Hafen von Fortaleza ein, um den Schooner „Rival“ gewaltsam zu unter⸗ suchen, und dies geschah unter den Kanonen⸗ des brastilianischen Kastells, welches nicht wagte, sie mit Gewalt zu vertreiben.
Am Bord des französischen Geschwaders vor Montevideo wü⸗ thet das gelbe Fieber, welches dorthin von einem französischen Schiffe von Rio Janeiro aus verschleppt worden sein soll.s
Schweden und Norwegen. Stockholm, 25. Aug. Die Stockholmer Zeitungen vom 22sten und 2ö8sten enthalten ausführliche Mittheilungen über die Fortschritte der Cholera in Malmoé. Bis zum 191en d. waren 103 Erkrankungs⸗ und dar⸗ unter 44 Todesfälle daselbst vorgekommen. Auch von anderen Punkten Schwedens werden schon einzelne Cholerafälle gemeldet. Nach Malmö war Dr. Grääs im Auftrage der Regierung zur Or⸗ ganisation des dortigen Sanitätswesens abgereist. (Kachrichten über Kopenhagen zufolge war am 2lsten die Zahl der Kranken etwa 450, die der Todten 108).
Dänemark. Kopenhagen, 29. Aug. (Börs. H.) Un⸗ term 25. August ist das Gesetz über die Aufhebung aller Zoll⸗Un⸗ terschiede zwischen Dänemark und Schleswig erschienen, das mit dem 1. September in Kraft treten soll.
Unterm 2östen ist das provisorische Wehrpflichtgesetz für Schles⸗ 8 “ das dänische Wehrpflichtgesetz ist zum Grunde gelegt.
Unterm 26sten ist eine Bekanntmachung vom Finanz⸗Ministe⸗ rium ergangen, wodurch Lolland und Falster nebst den zu diesem Stift gehörigen kleineren Inseln bis weiter für von der Cholera angesteckt erklärt werden. Der Verkehr des Stifts mit den übrigen Theilen des Reichs findet daher nur über die Zollstätten statt, wo Quarantaine⸗Anstalten eingerichtet sind, und zwar nur mit Decks Fahrzeugen. Mit offenen Böten findet die Communication nur über Wordingborg statt, wo eine Kontumaz⸗Anstalt eingerichtet wird. Die Posten können unter quarantainemäßiger Ablieferung ungehindert passiren.
Spanien. Madrid, 24. Aug. Der neapolitanische Ge⸗ sandte ist vom Escurial, wo er sich seit der Heirath des Grafen
von Montemolin aufhielt, wieder nach Madrid gekommen.
Griechenland. Athen, 8. Aug. (Courr. d'Athenes.) Unmittelbar nach der Votirung des Regentschafts⸗Gesetzes im Par⸗ lamente verfügten sich Deputationen des Senats und der Deputirten⸗ Kammer zu Ihren Majestäten dem Könige und der Königin, um denselben die Glückwünsche der gesetzgebenden Versammlung darzu⸗ bringen. Die Antwort des Königs auf die Anrede der von der zweiten Kammer entsendeten Deputation lautete: „Meine Herren! Ich danke den Repräsentanten der Nation für den Eifer, mit dem Sie das auf die Regentschaft bezügliche Gesetz votirt haben, das auf Meinen Befehl der Kammer vorgelegt worden ist. So wie Ihre Wünsche Mich auf Meiner Reise begleiten, werden Meine Gedanken während dieser Zeit immer Meinem theuren Griechenland zugewendet sein.“ Die Antwort der Königin lautete: „Meine Herren! Ich danke dem Könige und vden Repräsentanten der Nation für den glänzenden Vertrauensbeweis, den sie Mir ge⸗ geben. Ich werde dieses Vertrauen zu rechtfertigen suchen, indem Ich die Mir auferlegten heiligen Pflichten, die Ich in vollem Ver⸗ trauen auf den Beistand des Allerhöchsten und die Mitwirkung der Nation auf Mich nehme, gewissenhaft erfüllen werde. Meine Liebe für Griechenland ist Ihnen bekannt.“ In gleichem Sinne lauteten die Antwortsreden Ihrer Majestäten auf die Ansprache der Se⸗ nats⸗Deputation.
In Folge der Reformen der h. derselben neu, und zwar unter Formalitäten, die von den bisher bestandenen wesentlich abweichen, ernannt worden. An die Stelle der früher üblich gewesenen Eidesleistung ist eine einfache Zusiche⸗ rung getreten, welche der Bischof von Athen in nachstehender Weise in Gegenwart des Königs ablegte: „Ich verspreche auf mein prie⸗ sterliches Gewissen, dem Vaterlande und dem Könige Treue zu be⸗ wahren, der Constitution zu gehorchen, indem ich deren Verfügun⸗ gen und die Gesetze des Reiches gewissenhaft und unabänderlich beobachten werde, und meine Verpflichtungen in der Verwaltung der Kirche erfüllen werde.“ Ein Protokoll dieses Versprechens wurde von den Bischöfen unterzeichnet und vom Kultus⸗Minister kon⸗ trasignirt, nachdem zuvor noch die üblichen Gebete abgehalten wor⸗ den waren. Der Metropolit der Cynurie richtete hierauf im Na⸗ men der h. Syvnode nachstehende Worte an den König: „Sire! Indem wir Ihnen unseren innigen Dank für alles das darbringen, was durch die Königliche Vermittelung für die h. Kirche Ihres Reiches, das Gott beschützen möge, ausdrücken, rufen wir die gött⸗ liche Güte an, daß sie Ihnen und der Königin ein langes, gesun⸗ des Leben und Ihrem Reiche dauernde Wohlfahrt verleihe u. - Der König antwortete: „Ich danke Ihnen für die Mir dargebrach⸗ ten Wünsche. Mit Vergnügen sehe Ich die h. Synode vor Mir, deren Einberufung Ich, dem Wunsche des ökumenischen Patriarchen gemäß, der die Unabhängigkeit der griechischen Kirche anerkannt hat, schleunigst veranlaßt habe. Ich betrachte die Herstellung der kanonischen Beziehungen zwischen der hellenischen Kirche und den anderen Kirche desselben Glaubensbekenntnisses als eines der denk würdigsten Ereignisse Meiner Regierung.“
Zur Entschädigung der Schiffseigenthümer und Kaufleute, de⸗ ren Schiffe und Waaren von der englischen Flotte mit Beschlag belegt worden waren, ist dem Finanz⸗ Ministerium ein Kredit von 150,000 Drachmen bewilligt worden.
Die auf die Demission des Herrn Londos bezügliche Ordon⸗ nanz ist, wie folgt, abgefaßt: „Otto zc. Wir nehmen die Demis⸗ sion des Herrn A. Londos, Ministers des Königlichen Hauses, der auswärtigen Angelegenheiten und interimistisch des Finanz⸗Depar⸗ ements, an,
Synode ist das Personal
indem Wir demselben Unsere Zufriedenheit mit dem Eifer, den er in der Leitung der genannten Departements bezeugt, mit den Diensten, die er geleistet, und mit der Ausdauer, die er in einem schwierigen Umstande gezeigt, ausdrücken. Der Präsident Unseres Minister⸗Conseils wird die Ordonnanz kontrasigniren und
zur Ausführung bringen. Athen, den 4. August 1850. Otto. A. G. Kriesis.“ In gleicher Weise ist die Ordonnanz abgefaßt, in welcher die Demission des Kultus- und Unterrichts⸗Ministers, des Herrn Chrysogoles, angenommen wird.
Im westlichen Griechenland treiben noch immer Räuberbanden ö44“
Die Bekenntnisse des Johann Stauf.
Am 3. Juni d. J. war Johann Stauf an die Straf⸗ und Besserungs⸗Anstalt Marienschloß zu lebenslänglicher Haft abgege⸗ ben worden. Bei seiner Ankunft daselbst zeigte er eine gewisse de⸗ vote Unterwürfigkeit. Bald darauf bat er, daß ein gewisser Hein⸗ rich Schäfer, welcher am 6. Juni nach Marienschloß gebracht werde und der schon in Darmstadt sein Zimmergenosse gewesen sei, mit ihm die Haft theilen dürfe; der ankommende Schäfer stellte das gleiche Ersuchen, man entsprach diesem und wurden dem Stauf auch religiöse und Unterhaltungsbücher gegeben. Bis dahin hatte Stauf immer von seiner Unschuld gesprochen, und zwar mit einem gewissen offenen und dünkelhaften Benehmen, welches jene wahrscheinlich be⸗ zeugen sollte, und in dieser Weise verfaßte er schon am 1. Juli ein Promemoria, das er als Gnadengesuch an S. K. Hoheit den Großher⸗ zog abzusenden bat, welches nur Betheurungen seiner Unschuld und offenbar ein neues Gespinnst von Unwahrheiten enthielt. Die höchste Entscheidung ließ sich voraussehen, und als diese abschlägig erfolgte, nahm Stauf die Verkündigung des Bescheids mit großer Fassung auf. Am 8. August erfolgte durch Schäfer Anzeige, daß Stauf sich nunmehr entschlossen habe, in einem neuen Gnadengesuche das offene Bekenntniß seiner Schuld abzulegen. Stauf war an diesem Tage, so wie am 11ten desselben Monats während des Gottesdienstes sehr nachdenklich, viel blässer als sonst, die Stirne gerunzelt, in seinem Aeußern die sichtbaren Spuren inneren Kampfes. Am 14ten über⸗ reichte Schäfer Namens des Stauf das neue Gnadengesuch des Letzteren — Bekenntnisse allgemeiner Art enthaltend und um Erlaß der Strafe unter der Bedingung der Auswanderung nach Amerika bittend — so wie ein Schreiben an den Grafen Görlitz, und fügte bei, Stauf wünsche sehr, den Direktor der Strafanstalt zu sprechen. Als Stauf vor diesem erschien, erklärte er sich bereit, ausführlichere Geständnisse abzulegen, so wie alle Umstände, so weit sein Gedächt⸗ niß reiche, mitzutheilen; und diesmal zeigte sich Stauf so zerknirscht und in Thränen zerflossen, daß man seiner Reue Glauben schenken konnte, aber um seines überaus bewegten Zustandes ihm Fassung gönnen und die Deposition auf die nächsten Tage anberaumen mußte. Als er zu diesem Zwecke am 16ten vor dem Direktor Calmberger wie⸗ der erschien, war sein innerer Zustand von dem vorangedeuteten merklich verschieden, er zeigte sich ruhig, und neben seiner üblichen Devotion hatte eine Art von Keckheit Platz genommen; er erwähnte seiner That, die er nunmehr zugab, nicht mit reuiger Selbsterkennung und Buße, sondern mit leichtfertiger Gleichgültigkeit und meinte, da⸗ für schon hinlänglich gebüßt zu haben. Die Gräfin, die er jetzt seine Wohlthäterin nannte, habe ihm längst verziehen, denn in sei⸗ nen Träumen erscheine sie ihm in freundlichen Gestalten, der Graf aber und die Menschen würden ihm verzeihen, wenn sie hörten, daß er die Gräfin nicht absichtlich gemordet habe. Während das Pro⸗ tokoll niedergeschriebben wurde, führte er Reden und Fra⸗ gen über andere gar nicht dahin gehörige Dinge. — In⸗ dem er die Vorereignisse des verhängnißvollen Tages als bekannt voraussetzte und darüber hinwegging, gelangte Stauf zu der fünf⸗ ten Nachmittagsstunde, um welche er der Gräfin seinen Abgang ins Großherzogliche Palais melden wollte, deshalb hinaufging und hier die Thüre sowohl zu ihrem Vor⸗ als Wohnzimmer offen fand und eintrat. Im Wohnzimmer war die Gräfin nicht; er warf einen Blick in das Kabinet, dessen Thüre offen stand, auch hier sah er Niemand, wohl aber die Thüre zu dem braunen Eckzimmer an⸗ gelehnt und vermuthete dort die Gräfin. Im Wohnzimmer war die obere Hälfte der den Seeretair schließenden Klappe herabgelas⸗ sen, folglich waren die sonst verschlossenen Schubladen, worin er die Werthsachen der Gräfin wußte, leicht aufzuziehen. Gelegenheit macht Diebe; ihn lockten die Kostbarkeiten, und er konnte dem Ge⸗ danken, sich hier zu bereichern, nicht widerstehen. Er eröffnete die Schublade und nahm nun, wie er angiebt, ein goldenes Bracelet, ein an⸗ deres aus Goldfäden, zwei weitere von Bronce, ein Paar goldene Ohr⸗ ringe, eine goldene Broche und eine dreifache Schnur weißer Wachsperlen, und steckte diese Sachen, deren einen Theil sein Va⸗ ter später geschmolzen habe und die sich fast alle in Etuits be⸗ fanden, in seine Taschen. In diesem Augenblick erschien die Grä⸗ sin auf der Schwelle des Kabinets und eilte auf ihn zu; was sie ihm zugerufen, wisse er nicht mehr, aber der Schreck vor den Folgen und die Besorgniß, durch einen Lärm der Gräfin nach außen ergriffen zu werden, habe ihn nur mit dem Gedanken, wie sich retten, erfüllt, und in diesem habe er die Gräfin mit Kraft am Halse gefaßt und ihre beide Daumen in die Gurgel ge⸗ drückt. Sie suchte sich loszumachen, verwundete ihn, jedoch nur un⸗ bedeutend, an dem Ringfinger, er mußte für einen Augenblick sogar mit einer Hand loslassen, aber bei diesem Widerstand strengte er sich an, nur um so fester zu halten. Der Kampf fand in der Nähe des Secretairs statt. Nach 5 bis 7 Minuten sah er die Augen der Unglücklichen fest geschlossen, ihr Antlitz dunkelroth und fühlte ihre Glieder erschlaffen: er sah, daß sie todt war, ihn überfiel Angst, er ließ den Körper fallen, wobei der Kopf an die scharfe Kante der linken Ecke des Secretairs schlug und eine kleine Blutwunde er⸗ hielt. Nun eilte er hinaus, verschloß beide Thüren und lief aus dem Hause. Nachträglich darum befragt, gab Stauf an, daß die Ronleaux schon herabgelassen waren, als er in das Zimmer trat; im Kabinet sei das Rouleau auch in der Regel herabgelassen ge⸗ wesen. Einen Schuh (der Gräfin, welcher im Kabinet gefunden worden) habe er während und nach seiner That nicht bemerkt oder vielleicht nicht darauf geachtet. Die gestohlenen Gegenstände habe er, vor dem Fortgehen, in seinem Bette verborgen. Auf dem Wege nach dem Palais trat er in das Freische Wirthshaus und stürzte dort drei Schoppen Wein hinab. Das Palais betrat er um 5 ½ Uhr in der Angst, er komme vielleicht zu spät; allein die Tafel dauerte dies⸗ mal länger, und der Graf kam erst um 6 ½ Uhr, wo er nach Hause gefahren wurde. Als der Graf sich hier umgekleidet und nach oben ging, um seiner Frau vom Dessert zu bringen, war Stauf dadurch nicht besonders beunruhigt, weil er wußte, daß Niemand, auch der Graf selbst nicht, bei der Gräfin durch Klopfen sich Einlaß verschaf⸗ fen durfte. Wirklich kam der Graf auch bald herab, bemerkend, seine Frau müsse ausgegangen sein, gab seinen Zimmerschlüssel an Stauf ab und verließ das Haus um 7 ¼ Uhr. Jetzt beeilte sich Stauf, seinen inzwischen ausgesonnenen Plan auszuführen, nämlich alle Spuren des Verbrechens durch Feuer zu vertilgen und sich selbst ums Leben zu bringen, wenn er dabei überrascht würde. Wegen des kühlen Tages hatte der Graf etwas Feuer im Ofen
ehabt; von diesen noch glimmenden Kohlen holte er, nahm Zünd⸗ päne und Zündhölzer dazu und eilte hinauf, wo die Gräfin noch
wie früher auf der rechten Seite lag. Nur der Weingenu habe ihm den Muth gegeben, die Leiche anzusehen und anzugrei fen. Er stellte nun zuerst einen Stuhl vor die noch ge öffnete Klappe des Secretairs, ergriff dann die Gräfin, deren Glie⸗ der noch ganz gelenk waren, richtete sie auf den vor die Klappe ge⸗ rückten Stuhl, legte ihre Arme auf die Klappe, so wie man thut um den Kopf darein zu senken, legte diesen darauf, so daß sie mit dem Kopf vorwärts gebeugt saß und mit der Brust, Armen, Hal und Kopf auf der Mitte der Secretairs⸗Klappe auflag, gleichsam als ob sie schliefe. Er schüttete vor den Kopf die Kohlen, Kien⸗ spähne und Papier und zündete sie an; dann legte er auf der Divan im Kabinet einen flammenden Kienspahn, verließ die Zim mer, verschloß sie, nahm beide Schlüssel mit sich und warf si in den Abtritt. Den Grund zu letzterem Verfahren
nicht, da er später die Schlüssel leicht in den
Gräsin hätte niederlegen und so einen günstigen Umstand
sich haben können. — Stauf begab sich nun auf sein Zimmer, zündete hier ein Feuer im Ofen an und legte in dieses die Etuis, in welchen sich die gestohlenen Schmucksachen befunden hatten. Das Feuer wollte aber nicht recht brennen und verbrei tete großen Dampf. Er fand, daß die Klappe des Ofenrohrs ge⸗ schlossen war, öffnete diese und nun flog der zurückgehaltene Rauch mit einmal hinaus, welchen wohl Hauptmann von Stockhausen ge⸗ sehen haben mag. Mehrere in der Ofenkachel liegende Schächtel⸗ chen mit Zündhölzern habe er vergessen, und diese habe man dann verkohlt vorgefunden. Das von Kekules gesehene Feuer könne nur das auf dem Divan angezündete gewesen sein. Durch die in den Zimmern der Gräfin angezündeten Feuer wollte Stauf nur die Spuren seines Verbrechens vernichten, nicht bedenkend, wie weit sich diese Feuer ausdehnen könnten, und er widersprach allen etwa auf Anderweitiges bezüglichen Muthmaßungen und Annahmen. Als Frau Schiller im Hause erschien, will Stauf weder eine Mord⸗ absicht gefaßt, noch viel weniger die Gräfin schon ermordet gehabt haben. Seine Unhöflichkeit gegen die Schiller sei nur ein Wieder⸗ schein des hastigen und kurzen Tones gewesen, in welchem sie nach ihrem Manne gefragt. Der Glockenzug im Zimmer der Gräfin, sagte Stauf, sei während des Kampfes nicht berührt worden un müsse wohl durch die Glut im Zimmer verkohlt und dann durch seine eigene Schwere herabgerissen sein. Stauf nahm ferner alle gegen den Grafen ausgesprochenen Verdächtigungen als unwahr und erdichtet zurück und bat diesen im Protokoll wegen der ihm angethanen harten Verunglimpfungen von Herzen um Verzeihung. Dem angeblich gegen den Grafen unternommenen Vergiftungsversuch aber widersprach er als erfunden und völlig ungegründet. Als die Gründe seines bisherigen Leugnens führte Stauf an: Schaam vor den Menschen, namentlich vor seiner Geliebten, um in deren Augen nicht als Mörder zu erscheinen; dann hoffte er immer auf ein „Nichtschuldig“ der Richter, da über die That ein großes Dun⸗ kel schwebte; endlich habe er in einem ihm von dem Untersuchungs⸗ richter mitgetheilten Andachtsbuche gelesen, daß Gott selbst jenen Sündern verzeihe, die, wenn auch ihre Schuld den Men⸗ schen nicht bekennen, doch vor ihm Reue darüber empfän⸗ den und Buße thäten. Stauf schloß seine Deposition wei⸗ nend mit der Versicherung, daß er schon Millionen Thränen vergossen und Gott gebeten, ihn von diesem Leben der Qual und Reue zu befreien; er gäbe gern tausendmal sein Leben hin, wenn er die That ungeschehen machen könnte; er sei kein böser, nur ein leicht aufgeregter Mensch und heftig. Schließlich bat er um die Gnade, sein übriges Leben in einem fernen Welttheile hinbrin zu dürfen. (Darmst. Ztg.)
Wissenschaft und Kunst.
Musikalisches.
Berlin. Im Verlage von Damköhler hierselbst erschienen unlängst 12 Lieder für vierstimmigen Männerchor von Albert Methfessel (op. 145). Der im Reiche des Männergesanges längst rühmlich bekannte frucht⸗ bare Verfasser liefert damit ein Werk, das sich den früheren, vielfach ver⸗ breiteten Arbeiten desselben in entsprechender Weise anreiht. ECinfach kom⸗ ponirt, sind diese Lieder nicht schwer ausführbar, dabei gefällig und ansprechend, so daß sie ihren Zweck, häuslichen und gefelligen Kreisen Unterhaltung zu gewähren, um so leichter erreichen werden. Dasselbe Werk erschien auch einstimmig bearbeitet, mit Begleitung des Pianoforte, und zwar sowohl für Sopran oder Tenor, als für Alt oder Bariton. Aus demselben Verlage liegt uns eine humoristische Ballade von Dr. C. Löwe, „der Papagei“ betitelt, ebenfalls in zwei Ausgaben, für vierstimmigen Männerchor und einstimmig mit Pianoforte⸗Begleitung arran⸗ girt, vor. Doch erscheint die Wirkung des Gedichts, wie der Musik, in der Bearbeitung für eine Stimme etwas abgeschwächt, wenngleich das Ganze immerhin auch in dieser Ausgabe einen günstigen Eindruck hervorzurufen nicht verfehlt. In der ursprünglichen Form tritt der Werth der Composition aber jedenfalls entschiedener entgegen, und Volksthüm⸗ lichkeit der Melodie, so wie die geschickte und wirksame Führung der Stimmen, lassen sie als eine Gabe erscheinen, die allen Männergesang⸗ Vereinen bestens zu empfehlen ist. Von Aug. Conradi gedenken wir aus dem Damköhlerschen Verlage eines Liederheftes und verschiedener Salonwerke für Pianoforte. Das Liederheft (op. 13) darf insofern An⸗ spruch auf Lob machen, als die darin enthaltenen vier Nummern sämmtlich in ihren Mrlodieen leichte Sangbarkeit mit Klarheit und Einfachheit ver⸗ binden. Eine Stufe der Erfindung, welche sie als eigenthümliche Früchte auf dem im Uebermaß bebanten Felde des Liedes charakterisirt, nehmen sie jedoch nicht ein. Die erwähnten Pianofortewerke des genannten Komponisten angehend, so bestehen sie in einem Rondeau brillant et sacile sur des Themes de l'opéra Martha (op. 18), in einer Fan- taisie brillante sur des motils de l'opéra le Prophète (op. 19), und in einem Divertissement sur P'air lavori: Die Fahnenwacht de Lind- paintner (op. 20). Das erstgenannte Rondo behandelt die Melodieen des bekannten Spinn⸗Quartetls aus Flotow's Oper in leichter, gewandter Aus⸗ führung, die Fantasie aus dem Propheten, die berühmte Kirchen⸗Scene, in freier, ungebundener Bearbeitung, und das Divertissement das beliebte Lindpaintnersche Lied „Fahnenwacht“” mit anerkennenswerthem Geschick. Alle drei Arbeiten, von denen sich das Rondo und das Divertissement auch durch leichte Spielbarkeit auszeichnen, dürfen daher den Liebhabern derar⸗ tiger Salon⸗Compositionen als in ihrer Art empfehlenswerthe Gaben über⸗ reicht werden. Zunächst machen wir auf das Erscheinen der gekrönten Preis⸗Composition „Eine Nacht auf dem Meere“ von Wilhelm Tschirch (bei Bote und Bock) aufmerksam. Die bezeichnete Ar⸗ beit ist bekanntlich von der hiesigen Akademie für Männergesang bereits öffentlich aufgeführt worden und hat sich bei dieser Gelegenheit auch dem Publikum gegenüber als eine höchst anerkennungswerthe bewährt. Mit vielem Geschick und Geschmack konzipirt, bekundet diese „Nacht auf dem Meere“ in der That ein entschiedenes Talent für dramatische Compo⸗ sition, indem sich die Musik überall dem Texte charaktergemäß anschließt und sowohl die Behandlung des vokalen Theils, als des Orchesters, fast durchgängig eine künstlerisch fesselnde ist. Gleich der einleitende Hym⸗ nus an die Nacht ist von schöner, poetischer Auffassung und ge⸗ diegener musikalischer Ausführung. Der Chor des Schiffsvolkes: „Blaset frisch, ihr muntern Winde!“ wirkt vortrefflich durch sein lebensvolles, charakteristisches Kolorit, nicht minder das Lied des Capitains durch bezeichnenden Ausdruck und schöne Sangbarkeit. Auch die Ausmalung des Sturmes ist dem Komponisten trefflich geglückt. Das Ganze, jetzt in Partitur mit Klavierauszug und Stimmen in an⸗ gemessener Ausstattung erschienen, muß als eine gelungene Arbeit im Reiche