1 “ 1.“ I S 11 8 Arbeit ist seit dem 5ten d. M. zu einer General⸗Versammlung hier wieder anwesend. Fürst Felix zu Hohenlohe⸗Oehringen wurde in der gestrigen Sitzung einstimmig zum Präsidenten wieder erwählt; dasselbe geschah mit dem Vicepräsidenten Kommerzienrath Degenkolb und Regierungsrath Dr. Steinbeis, so wie mit den übrigen Büreau⸗ mitgliedern. Zu den wichtigsten, auf der Tagesordnung stehenden Angelegenheiten, welche zur Verhandlung kamen, gehört die deutsch⸗ österreichische Zoll⸗ und Handelseinigung, für deren Verwirklichung der Verein nach Kräften und Umständen thätig ist.
Ausland.
Paris, 6. Sept. Der Präsident ist in Caen Bei dem ihm zu Ehren veranstal⸗ auf ihn ausgebrachten Toast mit
teten Bankett erwiederte er den auf 8 folgender Rede: „Meine Herren! Der wohlwollende, freundliche, ang, der mir im Osten
beinahe möchte ich sagen, enthusiastische Empfan mir ir
wie im Westen Frankreichs zu Theil wird, rührt mich tief. Aber ich bin deshalb nicht übermüthig und stelle den geringsten Antheil⸗ auf meine Rechnung. Was man in mir mit Jubel begrüßt, ist der Repräsentant der Ordnung und einer besseren Zukunft! Wenn ich, umgeben von Maͤnnern, die Ihre Achtung und Ihr Vertrauen verdienen, durch die Bevölkerung meinen Weg nehme, so bin ich glücklich, daß man sagt: „„Die schlechten Zeiten sind vorbei, wir erwarten noch bessere.““ Derjenige wäre sehr schuldig, wel⸗ cher bei dem allgemeinen Wiederaufblühen des Wohlstandes dieses Streben hindern wollte, indem er an dem heute Bestehenden, so unvollkommen es sein mag, Aenderungen machen wollte. Aber eben so schuldig wäre das Oberhaupt der Regierung, dem das Volk, falls wieder böse Tage kommen, eine neue Last aufbürden wollte, wenn er sich dieser hohen Sendung nicht unterzöge. Wir wollen aber nicht der Zukunft vorgreifen. Trachten wir gegenwär⸗ tig die Angelegenheiten des Landes in Ordnung zu bringen. Er⸗ fullen wir Alle unsere Pflicht. Gott wird das Uebrige thun! Ich bringe einen Toast aus auf die Stadt Caen.“
Die Revisionsfrage beschäftigt Alles um so lebhafter, als in vielen Departements der Wunsch danach laut geworden ist. In⸗ teressant ist es, wie die demokratische Partei sich dieser Frage gegen⸗ üͤber benimmt. Das Peuple von 1850, das am weitesten gehende Organ, warnt die Demokraten vor jedem Gedanken an eine Revi⸗ sion. Es würde dafür stimmen, sagt dieses Blatt, wenn das all⸗ gemeine Stimmrecht noch bestände. Unter den jetzigen Verhältnissen würde jedoch die Revision der demokratischen Idee tödtlich sein. Die gestern von Girardin angegebene Lösung, daß die jetzige National⸗Versammlung drei Monate vor dem constitutionellen Erlöschen ihres Mandates sich auflöse und die Revision durch eine neue Versammlung, mithin die Prolongation der Macht Louis Na⸗ poleon's oder die Wahl eines anderen Präsidenten möglich mache, wird von demokratischen Blättern, namentlich dem National, bit⸗ ter getadelt. Man erwartet mit ziemlicher Bestimmtheit, daß Gi⸗ rardin bald für die Kandidatur des Prinzen Joinville auftreten werde. Das Evénement wirft heute bereits die Frage auf, ob denn die demokratische Partei einen Kandidaten habe, welcher Hoff⸗ nung besitze, zum Präsidenten der Republik gewählt zu werden.
Das Pouvoir sagt in seinem heutigen Leitartikel, daß man bei der Revision und ihren nächsten Folgen nicht stehen bleiben, son⸗ dern weiter greifen werde und zwar sehr bald, schon in zwei Mo⸗ naten: „Wie? Die Revision der Constitution ist keine bedeutende Thatsache? Es scheint uns doch die formelle Verwerfung des Wer⸗ kes der Constituante zu sein, und das ist schon Etwas. Binnen Kur⸗ zem sollt Ihr sehen, welche Bedeutung die Landbevölkerung damit verknüpfen wird. Die Reviston der Constitution bedeutet nichts, sobald man sie durch gesetzliche Mittel will? Aber durch den Wunsch allein ist die Constitution bereits ein verurtheiltes, verleugnetes, todtes Ding; von diesem Augenblicke an ist das Werk der Gesetzgeber von 1848, das Werk des Februar, in die Rumpelkammer geworfen. Und das ist — Nichts? Was braucht Ihr denn noch mehr? Ueberdies vergeßt B
Frankreich. enthusiastisch empfangen worden.
Ihr einen Beweggrund, der in allen Wünschen der General⸗Räthe ausgesprochen ist, und der unter den bestehenden Verhältnissen einiges Gewicht hat. Die⸗ ser Grund stützt sich auf die Nothwendigkeit der Wiederherstellung der Stabilität, der Beschützung des Landes gegen periodische Aufregungen, und das ist Euch nicht deutlich genug? Und Ihr be⸗ greift nicht, was das heißen soll: Stabilität herstellen, Aufregungen verhüten? Wartet doch ein wenig, man wird es Euch lehren. Weil es zwei Monate braucht, bis Euer Hirn eine Idee fassen kann, so wollen wir den Gegenstand in sechzig Tagen wieder aufnehmen.“
Im Ganzen haben bis heute bereits 49 Generalräthe für Re⸗ vision der Verfassung gestimmt. Seit gestern sind dazu gekommen: Aude, Charente, Charente Inferieure, Maine und Loire, Marne, Mayenne, Nord, Seine Inferieure, Coôte d'Or, Indre und Loire, Corréze.
Der Constitutionnel bespricht heute ebenfalls die Frage der Revision der Verfassung. Er geht von dem Grundsatze aus, daß alle Generalräthe, welche die Revision nicht wünschen, dennoch für dieselbe seien, wenn sie über diesen Punkt schweigen. Darauf be⸗ spricht er die „Lösung“ Girardin's und setzt derselben eine andere entgegen. Die Revissons⸗Constituante soll gleichzeitig mit der jetzt bestehenden Versammlung sitzen und diese sich blos während drei Monaten vertagen. Er findet es jedoch absurd, die Revision von dem Wunsche der jetzigen Legislativen abhängig zu machen.
1 Man liest im Evenement: „Die permanente Kommission hat sich heute in ihrem gewöhnlichen Sitzungs⸗Lokale versammelt, um über die Gesellschaft des 10. Dezember zu berathen, welche, dem Gerüchte zufolge, eine Ovation für den Präͤsidenten bei dessen Rück⸗ kehr von Cherbourg vorbereitet. Man versichert, daß General Changarnier derselben entschiedenen Widerstand zu leisten ge⸗ sonnen sei.“
In der ersten Hälfte dieses Monats versammeln sich zum erstenmale die neuen akademischen Räthe.
Das Blatt l'Ordre enthält Folgendes: „Wir können nach 68 E1“ gemachten Berechnung versichern, daß ist 8e b Seine⸗Departement auf 112,000 reduzirt In dieser Zahl 112e Fric, 32,000 auf die Bannmeile kommen. Friffen biten Zahl 0 sind die Wähler der Armee nicht mitbe⸗
Anzahl der bes 8 han 8- 48,0 0 Mann annehmen kann. Die Waͤhler belief bten 8 ahlen am 28. April eingeschriebenen ief sich mit Einschluß des Militairs auf 324,000. Das
neue W W geßricheaegese hat also im Seine⸗Departement 200,000 Wähler
6 7 rr azays n und X 1 8 I Majestt die Königin hat sel h Balmoral nach Abergeldie Castle begeben, um ihrer Mutter, der
Herzogin von Kent, einen 2 st 1 Königin nach Balmoral dur “
Lord Lyttleton hat an den Schreiben gerichtet in Bezug
London, 6. Sept. ogleich nach ihrer Ankunft in
Herausgeber des Guardian ein
auf den gegenwärtigen Zustand der
Kirche. Er wünscht eine Art von Synode oder Kirchen⸗Kongreß an⸗ zuregen, indem, wie er sagt, gewisse theologische Kunstausdrücke von Jedem anders verstanden würden und dadurch die gefährlichsten Streitigkeiten entständen. Tausende ständen sich feindlich gegenüber während sie im Grunde derselben Meinung wären. Eine Beilegung dieser das Heil der Kirche gefährdenden Wortstreitigkeiten sei nur auf einer Synode erreichbar.
Prinz Eduard von Sachsen⸗Weimar, welcher bei dem Corps der Horse guards steht, ist nach Deutschland gereist.
Der hannoversche Gesandte, Graf von Kielmannsegge, hat in Begleitung seiner Brüder Karl und Georg England verlassen. Der Graf war seit langer Zeit krank, und man zweifelt, daß er seinen hiesigen Posten wieder einnehmen wird. Er war der Nachfolger des Baron Münchhausen auf dem hiesigen Gesandtschaftsposten und in den Cirkeln der fashionablen Welt gern gesehen.
Die Mutter des Barons Lionel Rothschild ist gestern in ihrem 68sten Jahre gestorben. „Gestern Morgen wurde James Hill, der für 15,000 Pfd. St. österreichische Banknoten gefälscht haben soll, zum dritten oder vier⸗ ten Male in Birmingham verhört. Als Dolmetscher der Zeugen fungirte der deutsche Kaufmann Heinrich Minte. Herr Rudolf von Felsenthal, Polizei⸗Kommissar aus Wien, legte zwei echte österrei⸗ chische Bauknoten zur Vergleichung mit den gefälschten vor. Auf diesen fehlt der Kaiserliche Adler; doch erklärte Herr von Felsen⸗ thal, es sei der Fall schon vorgekommen, daß auch Noten ohne den Kaiserlichen Adler von unachtsamen Leuten in Oesterreich angenom⸗ men wurden; die Absicht des Betrugs und der Fälschung sei daher klar. Der Richter weigerte sich sofort, den Augeklagten auf Bürg⸗ schaft zu entlassen, und ließ ihn ins Gefängniß bis zum endlichen Verhör vor den Assisen von Warwick zurückführen. Die Zeugen wurden verpflichtet, die Klage nicht fallen zu lassen. 1
Zweihundert sehr achtbare und vermögende Pächter haben sich in Limerick auf dem Schiffe „Lady Peel“ eingeschifft, um nach Amerika auszuwandern. 8
Die Gesellschaft des zoologischen Gartens hielt gestern ihre Monatsversammlung. Der Bericht lautete, daß im Monat August d. J. 54,564 Personen den Garten besuchten, also 27,892 Perso⸗ nen mehr als im August 1849; das Hippopotamus hatte seit 14 Wochen an 226,988 Besucher in den zoologischen Garten geführt. Der Eintrittspreis beträgt einen Schilling (10 Silbergroschen), nur am Montage, wo die Arbeiter größtentheils feiern, ist der Preis auf die Hälfte herabgesetzt.
Das Post⸗Dampfschiff „Pacific“ ist am 4. September, nach einer Fahrt von 10 Tagen und 8 Stunden, in der Mersey ange⸗ kommen. Briefe aus Richmond vom 22. August bestätigen die bereits von der „Cambria“ mitgebrachte Nachricht von einem Skla⸗ ven⸗Aufstande in Alabama. 400 Neger hatten sich zusammengerot⸗ tet, die Weißen feuerten auf sie, tödteten einen Sklaven und ver⸗ wundeten 20 andere; die Schwarzen ergriffen die Flucht. Der ganze Aufstand soll durch einen Abolitionisten angezettelt worden und die Niedermetzelungen aller Weißen beabsichtigt gewesen sein. Ein Preis von 6000 Doll. ist auf seinen Kopf gesetzt. — Die ge⸗ setgebende Versammlung von Pennsylvanien hat eine Verord⸗ nung erlassen, wonach, vom 21. August d. J. angefangen, die in anderen Staaten ausgegebenen Banknoten jeder Art innerhalb von Pennsylvanien verboten werden. Im Uebertretungsfalle verfallen Empfänger sowohl wie Verbreiter in sehr strenge Strafen.
Die Nachrichten aus Galveston (Texas) reichen bis zum 18. August. Die gesetzgebende Versammlung von Texas kam am 12ten zusammen. Die Botschaft des Gouverneurs spricht in star⸗ ken Ausdrücken gegen die unverantwortliche Einmischung der Cen⸗ tral⸗Bundesgewalt in die Munizipal⸗Angelegenheiten des souverai⸗ nen Staats Texas. Um jeden Preis und bis auf das äußerste müsse Texas sein Recht behaupten. Vollmacht zu militairischen Rüstungen, zur Besetzung von Santa Fé durch zwei berittene Re⸗ gimenter und andere Maßregeln wird von der Versammlung ver⸗ langt. Am 17ten kam nach Galveston die Nachricht von der An⸗ nahme der Sklavenbill und die Botschaft des Präsidenten auf Gouverneur Bell's Brief, die Unzufriedenheit war allgemein. Doch ist nicht zu übersehen, daß man damals in Galveston von der Ent⸗ schädigung von 10 Millionen Dollars nichts wußte, die der Senat den Texanern für den streitigen Theil von Neu⸗Mexiko votirt hat. Aus Mexiko gehen die Nachrichten bis zum 27. Juli. In Ve⸗ racruz war die Cholera verschwunden, dagegen nahm sie in Puebla furchtbar zu. Einstimmig sind die mexikanischen Zeitungen gegen den Tehuantepec⸗Vertrag, weil er den Vereinigten Staaten zu große Macht über die Südgränze einräume. — Aus Haiti wird gemeldet, daß der Vertrag mit der Republik Dominica von der britischen Regierung ratifizirt worden ist. Lord Palmerston hat in einer Note die ihm angetragene Vermittelung zwischen dem haitischen Kaiserreich und der hailischen Republik angenommen. Der britische Konsul, der mit den Unterhandlungen beauftragt war, hat ein Bankett gegeben und dazu alle Bchörden sammt dem Erzbischof eingeladen. Darauf wurde im Palast des Gouverneurs ein großer Ball gegeben. Da sich die Vertreter von Frankreich, England und Nordamerika an diesen Anordnungen betheiligten und feierlich gegen jeden neuen Angriff der Kaiserlichen auf die Republik protestirten,
so scheinen keine Ruhestörungen mehr zu befürchten zu sein.
Schweiz. Bern, 29. Aug. (Eidg. Ztg.) Gottes Hand ruht in diesem Sommer schwer auf einzelnen Theilen der Schweiz, denn das Unglück, welches Gewitterstürme, Hagelschlag und Orkane in verschiedenen Kantonen anrichten, ist wahrhaft schrecklich und er⸗ schütternd. Eine bedeutende Strecke des fruchtbaren Ober⸗Aargau's im Kanton Bern ist förmlich in eine Wüste verwandelt. Das Wet⸗ ter wüthete so, daß an vielen Orten kein Blatt, kein Grashalm mehr zu sehen ist. Das Getraide ist ganz in den Boden geschla⸗ gen; in den Gärten sieht man blos noch etwa einen Daumen lange nackte Krautstiele. Die Hoffnung sehr vieler Familien auf eine reiche Aerndte ist dahin. Aber nicht nur die Früchte sind ver⸗ nichtet, sondern auch die Gebäude hart beschädigt. Die Ziegel auf den Dächern sind zu zwei Drittheilen zerschlagen, die Schindeldächer abgedeckt oder durchschlagen, die Fenster zertrümmert; die Mauern sehen aus, als hätten sie ein Bombardement ausgehalten. Man hat Schlossen gefunden, die „ bis 1 Pfd. wogen, und wieder solche, die 6 bis 7 Zoll im Durchmesser hatten. Menschen, die auf dem Felde waren, kamen mit zerschlagenen und blutenden Gesichtern heim; Kinder fielen zu Boden und wurden für todt heimgetragen; Pferde, welche unterwegs waren, blieben wie festgebannt stehen, und konnten nicht weiter gebracht werden. Luzern ist noch viel härter heimgesucht worden. Die Beschreibungen von dem über Luzern und der Umgegend am 28sten d. hereingebrochenen Ge⸗ witter sind wirklich schauerlich. Die Schlossen fielen in nie gesehener Masse und zertrümmerten alle Fenster an der Wetter⸗ seite; aber mehr als diese schadete der Orkan. Die herrliche Linden⸗Allee auf dem oberen Grund besteht nicht mehr; auf dem Gütsch liegen 6000 Tannen hingestreckt; Häuser wurden abgedeckt; ein Thurm auf der Franziskaner⸗Kirche stürzte ein. Der Schaden in der einzigen Gemeinde Meggen wird vom Gemeinde⸗Rath auf 140,000 Fr. angegeben, da fast kein Obstbaum stehen blieb, alle
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Gärten und Getraidefelder verheert wurden. Auch in Einsiedeln fiel am gleichen Abend starker Hagel, der in Gärten und Fen⸗ stern, namentlich am Kloster, großen Schaden anrichtete. Gleiches wird aus dem unteren Theil des Kantons Glarus und der Waadt gemeldet.
Der Regierungs⸗Rath hat eine Verordnung erlassen, wonach
vom 1. September an keinem deutschen Flüchtling der Aufenthalt
im Kanton Bern gestattet sein soll, ohne besondere Erlaubniß der Eidgenossenschaft. Die Anwerbungen von Schweizern für neapoli⸗ tanische Militairdienste dauern in der ganzen Schweiz fort. Wie streng die schweizerische Regierung gegen die Flüchtlinge verfährt, ersieht man aus den vielen vorkommenden Ausweisungen wegen ungeordneten Betragens. Gestern sind wieder drei Flüchtlinge aus der Schweiz ausgewiesen worden.
Basel, 4. Sept. (Eidg. Ztg.) Die vor einigen Tagen an die Regierungen von Baselstadt und Baselland gelangte An⸗ frage des eidgenössischen Militairdepartements, ob Geneigtheit zu einer Verschmelzung der beiderseitigen Kontingente vorhanden sei, ist von der hiesigen Regierung dahin beantwortet worden: es bestehe krinerlei Abneigung gegen eine solche Verschmelzung; es könne aber eine einläßliche Berathung nicht eher stattfinden, als bis die Zahl und Art der beiderseitigen Kontingente festgestellt oder doch vor⸗ geschlagen sei, es könnte serner eine Verschmelzung von nur einzel⸗ nen Corps, z. B. der Artillerie, stattfinden, wenn eine vollständige Verschmelzung nicht gelingen sollte; es wird endlich bei diesem An⸗ laß auf unsere starke wandeinde schweizerische Bevölkerung aufmerk⸗ sam gemacht, welche eine Berücksichtigung hinsichtlich der Zahl un⸗ serer zu stellenden Mannschaft sehr billig und nothwendig erscheinen läßt. So viel man vernimmt, ist von Baselland zwar ablehnend geantwortet worden, jedoch vielleicht eben so sehr im Blick auf die dort bevorstehende Verfassungs⸗Aenderung, als aus anderen Gründen.
Solothurn, 3. Sept. (Eidg. Ztg.) Der Regierungs⸗ Rath ladet diejenigen Stände des Bisthums Basel, welche sich ge⸗ neigt erklärt haben, für Errichtung einer ihrtologischen Anstalt in Solothurn mitzuwirken, auf den künftigen 1. Oktober zu einer Konferenz nach Solothurn ein. Als diesortige Abgeordnete sind bezeichnet die Herren Regierungs⸗Rath Fröhlicher und Kantons⸗ Raths⸗Präsident Burki.
Chur, 2. Sept. (A. Z.) In Felsberg ist in der Nacht auf heute um halb zwei Uhr ein bedeutender Felssturz erfolgt. Schon zu Anfang des Sommers bemerkte man ein vermehrtes Weichen des sogenannten „Haasen“, das in der Mitte des Monats Juni bis auf 19 Linien in einer Woche stieg. Hierauf trat wieder bei⸗ nahe Stillstand ein, bis in den letzten drei Wochen plötzlich die Gefahr des Sturzes sich vergrößerte. In der letztvergangenen Woche erweiterte sich der Riß um ungefähr drei Fuß, und fortwäh⸗ rend lösten sich kleinere Massen und fielen in die Tiefe, so daß man den Sturz dieser Felsmassen mit Gewißheit erwartete. Wer oben war, vernahm öfters einen unterirdischen Donner, der unheim⸗ lich und gefahrdrohend rollte und grollte. Am 31. August Vor⸗ mittags fetzte die „Katze“, die schon längst sprungfertig war, in das Thal, mit lautem Tigergebrüll, und eine dichte Staubwolke umhüllte die Felsen. Die Katze war aber nur ein kleiner Theil der beiden drohenden Felsköpfe „Haas“ und „Hund.“ Von diesem Augen⸗ blicke an war man jeden Augenblick auf deren Sturz gefaßt, und es verging keine Viertelstunde, daß nicht einzelne Vorläufer herun⸗ terfielen und Staubwolken aufwarsen. In der Nacht vom 1. auf den 2. September erfolgten immer größere Lösungen, bis dann um halb 2 Uhr ein donnerähnliches Krachen den Sturz verkün⸗ digte. Fast die ganze Bevölkerung des Dorfes befand sich außer⸗ halb desselben, theils in Neufelsberg, theils oberhalb des Dor⸗ fes in Hütten, theils unter freiem Himmel, die Katastrophe ab⸗ wartend. Plötzlich sieht man in der ziemlich hellen Nacht aus einer dichten Staubwolke eine Menge Felsblöcke hervorschießen und in großen Sätzen den Berg herunter hinter das Dorf fallen. Der Boden erbebt, und ein dumpfes Krachen läßt glauben, das ganze Dorf liege in Trümmern. Aber nein, wie man hineilt, da erblickt man einen großen Wall von Felsblöcken hinter dem Dorfe auf⸗ gethürmt, etwa 20 von der Größe eines kleinen Hauses, und un⸗ zählige kleinere. Der größere Theil der zersplitterten Kalkfelsmasse war aber oben zunächst unter dem drohenden Felsen und weiter herab am Berg⸗Abhange liegen geblieben. Von dem Walde, der auf diesen Felsen gestanden, findet man keine Spur, die Tannen scheinen zermalmt unter den Steinen zu liegen. Mehrere größere Felsblöcke sind ganz, andere zerspalten. Einer stieß an einen seit alten Zeiten hinter dem Dorfe liegenden Felsen und erschütterte denselben so, daß vorn von ihm ein Stück ab⸗ und verstückelt in den Boden hineinfiel, wie wenn es hineingepflastert wäre. Noch die ganze Nacht und den ganzen folgenden Tag hindurch rieselte es stets vom Berge herunter, und mitunter erfolgte noch ein bedeutendes Getöse von nachfallendem Gestein. Der größte Felsblock ist unter dem Lcon⸗ hardskopf liegen geblieben. Ein großer Stein, der früher herunter⸗ gerollt war, ist von einem größeren auf ihn gefallenen zermalmt. Einer von der Größe eines Stalles ist seitab in einen Kartoffelacker ge⸗ sprungen und hat dort eine 10 bis 12 Fuß liefe Rinne aufgeris⸗ sen, hat dann noch einen Satz genommen und ist dann liegen ge⸗ blieben. Das Dorf selbst hat gar keinen Schaden genommen. Ein einziger kleiner Stein setzte über die erste Häuserreihe weg, ohne zu schaden. Im Dorf waren, wie gesagt, nur sehr wenig Leute; in einem Hause eine alte, kranke Frau mit zwei Töchtern, die bei ihr wachten. Die schwache schwerhörige Frau glaubte, als ihr Haus so sehr erschüttert wurde, es sei Jemand unter ihrem Bette, der dasselbe bewege. Ein Mann, der gerade durch die Gasse ging, konnte sich mit Mühe aufrecht erhalten, so bebte die Erde unter seinen Füßen. Der Donner beim Sturz weckte viele Leute in Ems und Chur aus dem Schlafe. Merkwürdig ist, daß der Sturz gerade zur nämlichen halben Stunde, in der nämlichen Nacht des ersten Sonntags im Monat September geschah, wie der frühere bedeutende Sturz im Jahre 1843. Diese heruntergestürzten Fels⸗ massen machen aber nur einen kleinen Theil des drohenden Berges aus; der „Ludwigskopf“ und die sogenannte „Hauptmasse“ stehen und drohen noch. Dort, wo die Eisenstange zwischen der Haupt⸗ masse und dem festen Gebirge angebracht ist, ist das Gestein, das
diese Spalte ausfullt, in letzter Zeit merklich in die Tiefe gesunken,
doch hat sich aber sonst an der Eisenstange, an der man das Weichen 4 tenich 2 Veränderung bemerklich gemacht. Möglich, daß diese Massen noch längere Zeit stehen bleiben. Indeß kann die Sache sich auch bald zum Schlimmen wenden.
Italien. Neapel, 31. Aug. (Llop d.) Sieben Generale, zahlreiche Offiziere und vier Polizei⸗Kommissäre sind entlassen wor⸗ den. Der Präsident des Gerichtshofes, Herr Navarro, ist am hel⸗ len Tage von drei Individuen überfallen und arg mißhandelt wor⸗ den. In Folge dieses Attentates haben zahlreiche Verhaftungen
stattgefunden.
Spanien.
Madrid, 1. Sept. (Fr. Bl.) Die Pro⸗ gressisten sind in allen Wahlstationen
eschlagen. Von 1857 Stim⸗
men erhielten die Moderados 1563, die 96
richten.
Uebermaß gehörte, nende, nur noch geringen Antheil zu erwecken geeignet ist, so bot der Abend
“ vX“
mäßigte Opposition er⸗ Stimmen. Auch in Va⸗
8
hielt blos 237 und die Demokraten nur ladolid haben die Moderados gesiegt.
Moldau und Walachei. Bukarest, 10. Aug. (O. P. A. Z.) Der Divan hat seine Arbeiten prorogirt. Die diplomatische Welt und alle hohen Beamten haben sich auf das Land begeben, um der furchtbar drückenden Hitze, welche hier herrscht, zu entfliehen.
Zwei Feste sind hier glänzend gefeiert worden, nämlich das christliche Nationalfest des heiligen St. Panteilemon und das mu⸗ hamedanische Beiramsfest. Bei dem ersten betheiligte sich der regie⸗ rende Fürst, alle diplomatischen Notabilitäten und die vorzüglichsten Bojaren. Das Kloster des gefeierten Heiligen liegt eine Stunde weit weg von der Stadt. Der ehemalige Fürst Bibesco hatte die Feier, woran die hiesige Bevölkerung aus alter Gewohnheit mit großer Liebe hängt, untersagt; desto lebhafter gestaltete sich jetzt der Zulauf. Das Beiramsfest ward mit einer Salve von 101 Kano⸗ nenschüssen eröffnet und von der türkischen Besatzung glänzend ge⸗ feiert. Der Pforten⸗Kommissär Achmed Wefik und Halim Pascha empfingen die Besuche und die Glückwünsche aller in⸗ und auslän⸗ dischen Autoritäten. Abends waren sogar das fürstliche Palais, die von türkischen Truppen eingenommenen Kasernen und die Wohn⸗ gebäude der Pforten⸗Beamten glänzend beleuchtet.
Vom 13. September angefangen, werden sowohl die Einfuhr⸗ als die Ausfuhrzölle von 3 auf 5 pCt. ohne Ausnahme erhöht. Der Ausfuhrzoll kann nach Befund der Umstände sogar bis auf 12 pCt. erhöht werden. Man hofft in Folge dieser Maßregel den
Ertrag der walachischen Finanzen um 40,000 Dukaten jährlich
zu erhöhen, ohne deshalb dem Handel eine unerträgliche Last auf⸗
zuerlegen.
Bukarest, 23. Aug. Die Kronst. Ztg. theilt die neue Or⸗ ganisation der hiesigen Landmiliz mit, nachdem dieselbe die Bestäti⸗ gung der beiden Höfe von St. Petersburg und Konstantinopel er⸗ halten hat. Die regulären Truppen der waälachischen Miliz werden vom 1. Oktober d. J. bestehen aus Infanterie und Kavallerie
8000 Mann, Munizipalgarden “ öCWTWWWIT Gränzer (die Hälfte Kavallerie, welche den Namen
Dorobanzen führen werden) ((CZ
Zusammen 18,000 Mann.
Der Oberst der Gränzer wird einen monatlichen Gehalt von 1600 Piaster erhalten, etwa 250 Fl. C. M.; 800 Piaster der Ma⸗ jor, 120 Fl. C. M.; 400 Piaster der Capitain, 60 Fl. C. M.; 200 Piaster die anderen Offiziere, 30 Fl. C. M. Der Gränzer bekömmt jährlich 60 Piaster Sold, Montirung und Waffen von der Regierung, er ist befreit von allen Steuern und anderen Lasten,
jedoch muß er den Zehnt an den Grundherrn verabfolgen; eine
Woche muß er den Dienst versehen, die zweite Woche gehört für seine Wirthschaft und so abwechselnd das ganze Jahr hindurch. Dieses Gränzer⸗Corps wird aus den verabschiedeten Sol⸗ daten errichtet. Die Uniform der Offiziere ist grün mit weißen Aufschlägen und Epauletts von Silber. Um die obige Anzahl Truppen zu erhalten, sind nachfolgende Steuern bewilligt worden: 1) Die 500,000 steuerpflichtigen Unterthanen müssen außer
den bisherigen 30 Piastern noch jeder 3 Piaster jährlich entrichten.
2) Die Grundherren haben für jeden Unterthanen 3 Piaster zu ent⸗ 3) Von jenen Gütern, wo gar keine Unterthanen seßhaft sind, hat der Grundeigenthümer 5 Prozent zu bezahlen. 4) Alle Patentars (Gewerbsleute) müssen von der Klasse, in welcher sie stehen, das Doppelte entrichten, so haben viele z. B. bis jetzt 60 bis 600 Piaster jährlich bezahlt, nun müssen sie doppelt so viel zahlen. 5) Endlich nach dem eingegangenen Ferman ist der Ein⸗
fuhrzoll von 3 auf 5 Prozent erhöht worden.
Wissenschaft und Kunss. Königsstädtisches Theater.
Italienische Opern⸗Vorstellung. La Sonnambula. (Den 7. September.)
Ein weniger günstiges Ergebniß, als die Eröffnungs⸗Vorstellung
der italienischen Oper, lieferte die Aufführung der „Nachtwandlerin“ am Sonnabend, die uns in Sgra. Bertrand als Amina eine Sängerin
von noch wenig ausgebildeten Fähigkeiten vorführte. Ihre Stimme ist nicht unangenehm, vorzüglich in der Mittellage, in den höheren Regionen aber wird sie leicht scharf und kreischend, besonders wenn die Sängerin, was nicht selten geschieht, di Töne übermäßig forcirt. Dabei ist ihre Schule und technische Ausbildung eine solche, die das Gepräge des Naturalismus noch in hohem Grade trägt, wenngleich ihre Kehl⸗ fertigkeit eine nicht unbedeutende genannt werden kann. Auch ihre Darstellung läßt noch wenig Geschick und Einsicht erkennen, so daß die ganze Leistung der Debütantin durch den Mangel an künstleri⸗
scher Reife und Selbstständigkeit den Auforderungen gebildeter Kunstfreunde
nicht zu entsprechen vermochte. Noch weniger vortheilhaft können wir über die Sängerin berichten, welche uns in der kleinen Partie der Lisa als neu⸗ engagirtes Mitglied entgegentrat, indem Sgra. Merli weder durch Er⸗ scheinung, noch durch Stimme, Vortrag und Spiel irgend ein Interesse einzuflößen im Stande war. Da nun auch die Oper selbst, als eine im in ihrer weichlich⸗sentimentalen Melodik leicht abspan⸗
ein wahrhaft fesselndes Moment eigentlich nur in dem Gesange des Sgr. Labocetta. Der treffliche Künstler, für Rollen wie die des Elwin gleich⸗ sam geschaffen, trug wieder mit einer Innigkeit und Wärme der Empfindung vor und entfaltete sein ausgezeichnetes Gesangstalent überhaupt in jeder Hinsicht in so anregender Weise, daß ihm die allgemeinste Anerkennung mit Recht gezollt wurde. Singt er mitunter fast mit zu großer Hingebung, läßt er den Ton zuweilen gleichsam bis zum Zerspringen schwellen, so geschieht dies doch eben nur in einzelnen Momenten, und der Hörer verzeiht gern ein Uebermaß, wo im Uebrigen so viel wahrhaft Schönes und Tiefempfun⸗ denes maß voll geboten wird. Die Rolle des Grafen angehend, so war diese durch Sgr. Bianchi de Mazzoletti ziemlich genügend vertreten, wiewohl Vortrag und Spiel des Sängers Feinheit und Freiheit noch in zu starkem Grade vermissen lassen, als daß dadurch höhere Kunstansprüche befriedigt werden könnten. Was indeß mit Lob erwähnt werden darf, ist die groͤßere Mäßigung, deren sich Sgr. Mazzoletti im Allgemeinen ge⸗ genwärtig schon befleißigt, während er früher seine kolossale Stimme fast fortwährend in ihrer ganzen natürlichen Kraft ertönen ließ. Daß Chor und Orchester nicht dazu betrugen, den durch die Vorstellung erzeugten Total⸗Eindruck der Nichtbefriedigung zu verwischen, mag schließlich be⸗ merkt sein.
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Die Eisenbahn über den Semmering. „Eiinem Artikel der Wiener Zeitung über die Eisenbahn über den Semmering entnehmen wir im Auszuge Folgendes:
Man verläßt Wien mit dem Morgenzug um 6 Uhr, welcher 9 Uhr in Gloggnitz eintrifft; hier kann man sofort die Bahn 1 8
betreten, welche durch das Schwarzathal bis Bayerbach, eine Vier⸗ telstunde von Reichenau, in ihrem Unterbau so gut wie vollendet ist. Allein da man auf diese Weise die Mühe des Steigens hätte, so thut man besser, die Bahn vom Semmering abwärts zu begehen, und aufwärts die Poststraße bis an die Gränzscheide der Provin⸗ zen Steyermark und Oesterreich, wo der Gasthof zum Erzherzog Johann steht, zu fahren. An Gelegenheit fehlt es nicht. Vor dem Gloggnitzer Bahnhof ist unter zahlreichen Fuhrwerken aller Art beliebige Auswahl zu treffen. In einer halben Stunde kommt man nach Schottwien, wo die eigentliche Steigung des Semmering beginnt. Der Ort zieht sich in einer langen Häuserreihe durch die Schlucht, welche in scharfen Wendungen tief in den mächtigen Ge⸗ birgsstock eingefurcht ist. Die Felsenwände stellen sich oft so schroff vor das Auge, daß man nicht eher, als bis man hart auf der Stelle steht, erkennt, durch welche Spalte links oder rechts die Straße den Ausweg findet. Beherrschend überragt von ihrem Felsenhorst herab die Bergveste der Clamm den Auf⸗ und Abgang des Gebirges.
Die Fahrstraße über den Semmering verdient in ihrer Art vollkommene Anerkennung. In sanfter Steigung schlangenförmig über einander gewunden, führt sie bis auf die Höhe, so daß sie von dem schwersten Fuhrwerk ohne alle Gefahr und mit geringer Anstrengung passirt werden kann. Oesterreich hat überhaupt von jeher im Straßenbau Außerordentliches geleistet. Man macht so viel Lärm von der Simplonstraße und der Via Mala des Splügen, die Straße über das Wormser Joch übertrifft sie weit an Kühnheit und doch dabei an Sicherheit der Anlage. Sie berührt zugleich den höchsten Punkt (7328 Fuß), welchen man bis jetzt in Europa mit Wagen erreicht hat. Sodann die Straßen über den Brenner, Paß Lueg und die Lend zwischen Salzburg und Gastein!
Aber freilich, dies Alles tritt zurück gegen den Gedanken, daß in drei bis vier Jahren die Lokomotive ununterbrochen von der Nordsee nach der Adria das europäische Weltgebirge übersteigen wird. Die häufigen Biegungen der Straße öffnen dem Auge bald da, bald dort den Durchblick in die Schluchten des Gebirges, auf seine steil niederfallenden Felswände, die mit ihren Kanten und Spitzen wie eine krenelirte Mauer sich scharf in den Horizont zeichnen. Der „Mittagsstein“, der „Gans“, der „Grünschacher“, der „Schneeberg“, die „Raxalpe“ und wie sonst unsere öster⸗ reichischen „Alpenmänner“ heißen, schließen bis zu einer Höhe von 6000 Fuß den nordöstlichen Himmel, während nach Osten und Nor⸗ den der Gesichtskreis sich schrankenlos in die Ebene und das Hü⸗ gelland des Erzherzogthums und der ungarischen Gränz⸗Komitate ausbreitet. Nach Süden ist der Blick durch lang hingezogene Berg⸗ ketten beengt, aus welchen hier und da ein Schneegipfel der oberen Steyermark in weiter Ferne hervorragt.
Wir sind oben angelangt, wo eine Pyramide die Gränzscheide der beiden Provinzen bezeichnet, und nehmen unseren Rückgang auf der Bahnlinie selbst, die, mit Ausnahme des Tunnels und der Brücken, bereits in ihrer ganzen Länge gangbar ist. Nach Mürz⸗ zuschlag hinab, wo der Fall und die Entfernung, so wie die Hin⸗ dernisse des Terrains, bei weitem geringer sind, ist die Bahn so weit vollendet, daß Probefahrten noch zu Ende dieses Jahres unternommen werden dürften. Tief, viele hundert Fuß unter uns, da wir noch auf der Höhe des Semmering stehen, wühlt und drängt es durch die Felsgestelle. Die Bahn überschreitet in einem Tunnel die Wasserscheide des Gebirges. Dieser Tunnel, obgleich nur 800 Fuß lang, ist vielleicht der tiefste, welche auf Eisenbahnen gefunden wird. Es war von großer Bedeutung, dem Berg damit wenigstens einen Theil seiner Höhe abzugewinnen. Die Arbeiten, an die Herren Klein in Accord vergeben, sind in vollem Gange. Es mögen dabei allein sich gegen 3⸗ bis 4000 Hände bewegen. Das Riesenwerk ist auf drei Punkten angegriffen, an den bei⸗ den Enden und dann in der Mitte von oben herab vermittelst eines Schachts. Es war unvermeidlich, in solcher Tiefe auf starke Quellen zu stoßen. Mehrere Dampfmaschinen sind aufgestellt, um das Was⸗ ser auszuschöpfen. In den Tunnels giebt es keine Feierstunde. Tag und Nacht geht die Arbeit fort. Aber dafür fördert sie auch; zwei Drittheile sind vollkommen in ihren Wölbungen hergestellt, und mit Anfang nächsten Jahres wird dieses Werk fertig stehen. Die Schwierigkeiten sind groß und verlangen darum die stärksten Aus⸗ gaben (1,275,203 Fl.), aber sie sind in keiner Weise unüberwind⸗ lich, wie Uebelwollende oder Unverständige verbreitet haben.
Die Bahn wendet sich von dem großen Tunnel aus in einer der Straße ganz entgegengesetzten Richtung westlich den sogenann⸗ ten „Adlitzgräben“ zu — zwei tiefe Thal⸗Einschnitte, welche sich von Schottwien einige Stunden lang zwischen pittoresken Fels⸗ Abhängen durchziehen und den Gebirgsstock des Semmering von den Thälern der Schwarza und Prein trennen. Es war noöthig, so weiten Umschwung zu nehmen, um den Fall zu mäßigen, denn man wolle nie vergessen, daß die Höhe unseres Passes noch 3000. Fuß den Meeresspiegel überragt!
Kaum hat man den obersten Tunnel hinter sich, so geht es wieder in die Erde hinein, um sich den Weg nach dem oberen Ad⸗ litzgraben zu bahnen. Dieser letzte Tunnel, welcher in das Thal hinausführt, ist der längste auf der diesseitigen Strecke (1400 Klaf⸗ ter). Auch hier sinden wir einen Schacht, der in die Mitte hin⸗ eingetrieben wird. Interessant ist dieser Punkt vornehmlich als das Hauptquartier der Arbeiter⸗Armee *), welche in malerischen Grup⸗ pirungen über das Gebirge vertheilt ist. Wo vor drei Jahren noch so gut wie Urwald stand, und sich allenfalls nur der Fuß des Sen⸗ ners hin verirrte, da herrscht jetzt die bunteste Staffage eines wahren Lagerlebens. Die Bäume sind weit und breit ge⸗ fällt, der Boden umgewühlt und eine kleine Bretterstadt em⸗ porgewachsen. Hier residirt die oberste Leitung des ganzen Baues, die Hauptkasse befindet sich daselbst, und in den Ruhestunden ist es der gesellige Vereinigungspunkt auch für die entfernten Stationen. Ein ewiges Kommen und Gehen, alles froher Laune und guten Muths, innig erfüllt von der Bedeutung der großen Aufgabe, die ihnen geworden, voll Lust und Liebe für die Arbeit und stolz auf den täglichen Fortschritt und die Vollen⸗ dung, die vor ihren Augen emporwächst. Ich wurde reichlich ent⸗ schädigt für den Gewitterregen, der mich an dieser Stelle über⸗ raschte und mehrere Stunden in der comfortablen Wirthschaft zu⸗ rückhielt. Es war gerade Sonntag und fast alle Ingenieurs bei⸗ sammen.
Auf die Tunnels folgen zahlreiche Brücken und durch die Fel⸗ sen gebrochene Gallerieen. Der Adlitzgraben, in den oberen und unteren getheilt, biegt sich oft in scharfen Winkeln, von Schluch⸗ ten zerrissen, wodurch im Frühjahr die Wasser stürzen. Der Bahn bleibt hier nichts anderes übrig, als sich den Launen der Natur zu unterziehen. Die Schluchten überwindet sie durch mächtige Brücken mit doppelter Pfeilerstellung, im Uebrigen zieht sie sich in langsamem Fall hart längs der Felsenwände hin, wo sie sich jeden festen Fuß erkämpfen muß. Kalte Rinne, Weinzettelwand,
*) Man darf die sämmtlichen zwischen Gloggnitz und Murzzuschlag in den verschiedenen Vorrichtungen beschäftigten Eisenbahn⸗Arbeiter wohl auf 20,000 anschlagen.
— Gemperlhöhe sind die schlimmen Stellen,
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8 weit schwieriger als alle Tunnels. Hier galt es auf einer schwindelnden Höhe inmitten eines losen Gesteins festen Unterbau zu gewinnen. Doch ist das Problem bereits gelöst, und die widerspenstige Natur hat sich dem Scharfsinn und der Ausdauer des menschlichen Geistes gebeugt. Strebepfeiler zu oberst und unterst der Bahn aufgeführt, sichern gegen jede Even⸗ tualität. Schon jetzt für den gewöhnlichen Fußgänger, der die Strecke beschreitet, ist der Effekt der Ansichten in den Abgrund des Grabens und aufwärts zu den unzugänglichen Felsengipfeln gewal⸗ tig — wie erst, wenn die Kraft des Dampfes den ganzen Wagenzug vorübertreiben wird? v
Die Gesellschaft der Gartenfreunde Berlins wird in den Ta⸗ gen vom 12. bis inkl. 18. September d. J. ihre Ausstellungen von Garten⸗Erzeugnissen und auf Gärtnerei Bezug habenden Ge⸗ genständen in der Königlichen Reitbahn, Breite Straße Nr. 36, veranstalten. Die Einsendungen müssen bis spätestens den 11. September, Nachmittags, erfolgen, nur abgeschnittene Blumen wer⸗ den auch am 12ten früh noch angenommen. Das Abholen der eingelieferten Gegenstände muß Donnerstag, den 19. Septem⸗ ber, Vormittags, beendet sein, da Nachmittag die Verloosung statt⸗ findet. Die verloosten Gegenstände müssen bis Freitag Abend 5 Uhr abgeholt sein, sonst verfallen sie zum Besten der Gesellschaft. Die Versteigerung der nicht abgeforderten Gewinne erfolgt Freitag, den 20. September, Abends 7 Uhr, im Versammlungs⸗Lokal der Gesellschaft, Breite Straße Nr. 15. Berlin, den 30. August 1850. Der Vorstand der Gesellschaft der Gartenfreunde Berlins. Heese, Vorsitzender. D. A. Dietrich, Secretair.
Markt⸗Berichte.
1 er Getraidebericht vom 9. September. Am heutigen Markt waren die Preise wie folgt: Weizen nach Qualität 56 — 60 Rthlr. Roggen loco 34— 37 Rthlr. pr. Sept./Okt. 33 ½ a „Rthlr. verk., 33 ½ Br., ½ G. Okt./Nov. 34 ½ Rihlr. Br., 34 ¾ verk., 34 G. pr. Frühjahr 1851 38 ½ Rthlr. verk., 38 ⅞ a ½ Br., 38 ¼ G. Gerste, große loco 27 — 30 Rthlr. „ kleine 23—25 Rthlr. fer loco nach Qualität 18 — 20 Rthhlrtr. 50pfd. pr. Sept. /Okt. 19 Rihlr. Br., 18 G. 48pfd. pr. Frühjahr 21 Rthlr. Br., 20 G „ 50pfd. 22 Rthlr. Br., 21 ½ G. Erbsen 40 — 45 Rthlr. 8 Rüböl loco 12 ⁄¾˖ a 12 ½ Rthlr. bez., 12½ Br., 12 ½ 8 pr. Sept. 12 ⁄% a Rthlr. bez., 12 3 Br., 2 Sept. /Okt. 12 ½ a %2 Rthlr. verk., 12 ½ Br., G. 9 5 1 Dez. /Jan. Jan. /Febr. Febr./März März / April 12 ½¼ Rthlr. Br., 12 ½ G.
12 ⁄½2 Rthlr. Br., 12 ½ G.
April /Mai 12 a 12 ¼2 Rthlr. bez., 12 ½ Br., 12 G Mohnöl 13 ½ a 13 ½¼ Rthlr. Spiritus loco ohne Faß 16 ½ Rthlr. bez. 1 Oft./Nov. 15 Rthlr. Br., 15 ½ G.
Leinöl loco 11 ¾⅞ Rthlr. bez. „ pr. Sept. / Okt. 11 % Rthlr. Br., 11 ½ G. Palmél 11 ½% Rthlr. Südsee⸗Thran 12 ½ a 12 Rthlr. 8 8“ 15½ Rthlr. Br., 15 ½ bez. u. G. pr. Frühjahr 1851 172 2
Bonn, 6. Sept. (2 ½ Scheffel.)
Weizen, neuer 5 Rthlr. 12 Sgr., auch 6 Rth 20 Sgr.
Roggen, neuer 4 Rthlr. 5 Sgr.
Gerste, hiesige 3 Rthlr.
Hafer 1 Rthlr. 25 Sgr., auch 2 Rthlr.
Reps 9 Rthlr.
In Getraide ist heute nicht viel
Amsterdam, 6. Sept. 130 pfd. roth. stettin.
umgegangen. Von Weizen blos verkauft: 270 Fl.
Von Roggen: 119pfd. gering. preuß. 157 Fl. in großen Par⸗ tieen.
Gerste etwas niedriger abgegeben; 104pfd. friesische Sommer⸗ gerste 115 Fl.
Hafer ohne Handel. 8
Kohlsamen sehr preishaltend; verkauft: seeländ. 50 ½, 53 ½ L. kronh. 56 L.; auf 9 Faß gleich und im Sept. 58 ⅞ L.; Okt. 58 ½%, 59 L.; Nov. 59 L.; April 60 L.
Leinsamen wie früher; 110pfd. archang. 285 Fl.
Rüböl gleich und auf Lieferung williger; auf 6 Wochen 36 ½, effekt. 35 a ½ Fl.; Okt., Nov. und Dez. 35 Fl.; Mai 35 ½ a † Fl.
Leinöl merklich höher; auf 6 Wochen 35 ½ Fl.; effekt. 34 ¾ Fl.
Hanföl auf 6 Wochen 37 ½ Fl., effekt. 36 ½ Fl.
Auf den 9. September sind zur öffentlichen Versteigerung an⸗ geschlagen: etwa 59 Last getrockneter Roggen, wiegend 109 a 111
Pfund.
Meteorologische Beobachtungen.
Abends ’ 10 Uhr.
Nach einmaliger
Morgens Nachmittags V Beobachtung.
6 Uhr. 2 Uhr.
1850.
8. Sept. Luftdrueck.. 339,64“Par. 339,51“ Par. 339,24“ Par. quellwärme 7,80 R. Luftwärme + 5,3 8 R. + 10,3° . + 5,1° . Flusswürme 11,99 n. Thaupunkt + 4,12° n + 5,72 üu. + 4,8 ° U. Bodenwärme Dunstsättigung . 83 pot. 51 pCt. 91 pCt. Wetter trübe. regnig. trübe. 1616 Nw. NW. Wolkenzug .. .. 1 — NW. 339,56“ Par. + 6,90 R..
Ausdünstung Ntederschlag 0,161 „Rh. Wüurmewechsel + 10,89
+ 4,99
Tagesmittel: + 4,99 R. 75 pct. NW.