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Rechts und der Gesetze sich unzugänglich gezeigt hat, Widerlegung und bezweckte Remonstration gegen obigen Beschluß einzugehen.
Fulda, 14. Sept. (O. P. A. Ztg.) Die heute hier ein⸗ getroffenen Reservisten sind alsbald wieder entlassen worden. — Der hiesige Stadtrath hat gestern eine Adresse an den Kurfürsten mit Pelaff gegen die Verordnungen vom Aten und 7ten d. M. be⸗
hlossen.
Dem ersten Stadtkommandanten Schirmer ist Regierungs⸗Rath Wegener als Civil⸗Kommissär beigegeben. Regierungs⸗Assessor Oeyn⸗ dees ist in gleicher Eigenschaft nach Hanau gesandt. Die vom Bürgermeister Mackenrodt geforderte Ausführung einer Maßregel gegen die Presse wies derselbe entschieden zurück. Dasselbe that der Polizei⸗Kommissär Weissmüller.
Kassel, 17. Sept. Nachmittags 3 Uhr 30 Minuten. (D. R.) Die Minister⸗Anklage wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt ist vom Ober⸗Appellationsgericht zurückgewiesen worden.
Mehrere höhere auch Subalternbeamte sind ins Hanau'sche beordert, wo sich die Minister einzurichten suchen.
Hessen und bei Nhein. Darmstadt, 16. Sept. (D. Ztg.) Se. Großherzogliche Hoheit Prinz Karl und die Frau Prinzessin Karl Königl. Hoheit mit hoher Familie sind vorgestern Abends in erwünschtem Wohlsein wieder hier eingetroffen und von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzog und dem Prinzen Alexander Großherzogliche Hoheit im Bahnhof empfangen worden. — Heute Mittags 2 Uhr wird von Aschaffenburg hoher Besuch erwartet. Mit unserer Frau Großherzogin Königl. Hoheit kommen Ihre Ma⸗ jestäten König Ludwig von Bayern, die Königin Therese und König Otto von Griechenland, Se. Königl. Hoheit Prinz Adalbert von Bayern und Se. Hoheit der Herzog von Modena mit Ihrer Königl. Hoheit der Frau Herzogin von Modena, geborenen Prinzessin von Bayern, hier an. Um 4 Uhr ist Familien⸗Diner. Für den mor⸗ genden Tag dürfte ein Ausflug nach Auerbach beliebt werden.
Sachsen⸗Koburg⸗Gotha. Gotha, 14. Sept. (Ztg. f. N. D.) Die neueste Nummer der Gesetz⸗Sammlung publizirt als Gesetz die von den Abgeordneten gefaßten Beschlüsse über Ein⸗ führung einer Einkommen⸗ und Klassensteuer; jene soll bei einer Einnahme von 800 Rthlr. und darüber eintreten, diese bei gerin⸗ geren Einnahmen. Ein Einkommen von 800 bis einschließlich 1190 Rthlr. wird mit 3 Prozent versteuert, von da steigt die Abgabe progressiv auf 3 ½, ¼, †, ¾ bis 4 Rthlr., die von Einnahmen über 2790 Rthlr. abgegeben werden. Durchweg werden aber die ersten 1200 Rthlr. nur mit 3 Prozent, und erst der Mehrbetrag nach der obigen Steigerung versteuert.
Frankfurt. Frankfurta. M., 16. Sept. (Fr. J.) Gestern Abend traf wirklich der Kurfürst von Hessen sammt seinen Ministern in unserer Stadt ein. Hassenpflug kam erst während der verflosse⸗ nen Nacht hier an.
Frankfurt a. M., 16. Sept. Die heutige O. P. A. Ztg. enthält unter der Rubrik Amtlicher Theil nachstehendes Pro⸗ tokoll der ersten Sitzung der Bundes⸗Plenarversamm⸗
lung.
18 Geschehen Frankfurt a. M., den 2. September 1850.
In Gegenwart: Von Seiten Oester reichs: des Kaiserlich Königlichen Herrn Wirklichen Geheimen Rathes, Grafen von Thun⸗ Hohenstein; von Seiten Bayerns: des Königlichen Herrn Ge⸗ neral⸗Majors, Ritters von Fylander; von Seiten Sachsens: des Königlichen Herrn Geheimen Rathes Nostiz und Jäncken⸗ dorf; von Seiten Hannovers: des Königlichen Herrn Legations⸗ rathes Dr. Detmold; von Seiten Württembergs: des Kö⸗ niglichen Herrn Geheimen Legationsrathes von Reinhard; von Seiten des Großherzogthums Hessen: des Großher⸗ zoglichen Herrn Ober „Appellations⸗ und Cassationsgerichts⸗ Rathes, Freiherrn von Münch⸗ Bellinghausen: von Seiten Dänemarks wegen Holstein und Lauenburg: des Königlich dänischen Herrn Kammerherrn von Bülow; von Sei⸗ ten der Niederlande wegen Luxemburg und Limburg: des Königlich niederländischen Herrn Staatsraths von Scherff; von Seiten von Mecklenburg⸗Strelitz: des Großherzoglichen Herrn Geheimen Justizraths von Oertzen; von Seiten Liech⸗ tensteins: des Großherzoglich hessischen Herrn Geheimen Staats⸗ rathes Dr. von Linde; von Seiten Schaumburg⸗Lippe'’s: des fürstlichen Herrn Geheimen Kabinets⸗ Rathes Strauß; von Seiten Hessen⸗Homburgs: des landgräflichen Herrn Wirklichen Geheimen Rathes Freiherrn von Holzhausenz und meiner: des Kaiserlich österreichischen Ministerial⸗Konzepts⸗Adjunkten und inte⸗ rimistischen Protokollführers, Ritters von Roschmann⸗Hörburg.
§. 1. Wiedereröffnung der Bundes⸗Versammlung.
Der Kaiserlich österreichische Präsidial⸗Gesandte eröͤffnete die Sitzung mit folgendem Vortrage:
Präsidium begrüßt mit Freuden die hohe Versammlung an dem heutigen feierlichen Tage, an welchem die durch die Grundgesetze des als unauflöslich erklärten deutschen Bundes als dessen bestän⸗ diges versassungsmäßiges Organ seines Willens und Handelns be⸗ zeichnete Bundes⸗Versammlung ihre seit mehr denn zwei Jahren unterbrochen gewesene Thätigkeit wieder aufnehmen soll.
Die Gründe, welche den Kaiserlichen Präsidialhof bewogen haben, sämmtliche Bundesgenossen auf den 1sten d. M. nach Frankfurt zu einer Bundes⸗Versammlung in ihrem vollen Umfange einzube⸗ rufen, sind zu allgemein bekannt, als daß sie wiederholt zu werden brauchten, auch hat derselbe dadurch nur der einstimmig G prochenen Ueberzeugung der auf den 10. Mai d. J. einberufen gewesenen außerordentlichen Plenar⸗Versammlung Rechenschaft ge⸗ ragen. 1 8 gegprasivium fühlt sich verpflichtet, den bereits hier zepersfenen
Bundesgenossen, Namens seiner hohen Regierung, die volle Aner⸗ kennung für ihre bundesgetreue Mitwirkung auszudrücken und giebt sich der sicheren Hoffnung hin, daß auch die übrigen Bundesgenossen
der an sie ergangenen Aufforderung in nächster Zukunft entsprechen werden, in gerechter Würdigung der ernsten Gefahren, welchen der
Blund selbst durch die Fortdauer der gegenwärtigen Spaltung aus⸗
gesetzt wird, und der großen Verantwortung, die sie hierdurch über⸗ nehmen würden.
Wenn Präsidium in Folge der auf den 1sten d. M. lautenden Einberufung der hohen Versammlung dieselbe erst mit dem heutigen Tage eröffnet, so geschah es in schuldiger Ehrfurcht vor dem bisher immer von der hohen Versammlung beobachteten Gebrauch, den
Tag des Herrn heilig zu halten, und dasselbe schmeichelt sich hier⸗ durch der Absicht der hohen Vollmachtgeber, so wie dem Wunsche der hohen Versammlung selbst, entsprochen zu haben. vn g. zund dringende Geschäfte werden den ganzen Eifer
— ⸗ Thärigkeit der hohen Versammlung in Anspruch neh⸗
men, denn nebst der Regelung und Leitung der fortlaufenden An⸗ gelegenheiten des Bundes ist dieselbe, nach der feierlich und einstim⸗ mig ausgesprochenen Absicht der hohen Vollmachtgeber, berufen, die Revi ion der Grundgesetze des Bundes selbst in Angriff zu nehmen.
si vbböiöiö]——
— auf eine Große Schwierigkeiten werden
Bundessitzes,
1570 5
wird es der hohen “ nicht gegönnt sein, auf ebenem Wege zu wandeln, allein fester Wille, redliches Streben, Vertrauen in das gute Recht und unerschütterliche Beharrlichkeit werden auch diese besiegen machen, und zum Lohne gewiß bald den sehnlichst erwarteten Au⸗ genblick herbeiführen, wo die sicherlich von allen Regierungen angestrebte und beabsichtigte Lösung der leider noch obschwebenden Streitfragen mit vereinten Kräften und in Verfolgung derselben Bahn zum wahren bleibenden Wohle des gemeinschaftlichen Vaterlandes und seiner Völker, zu erhöhter Macht und Ehre Deäutschlands erreicht sein wird.
Sollte dem flüchtigen Beschauer es auch erscheinen, als hätte die durch Berufung des Kaiserlichen Präsidialhofes am 10. Mai d. J. zusammengetretene außerordentliche Plenar⸗Versammlung in ihrer beinahe viermonatlichen Thätigkeit den gehegten Hoffnungen durch die erlangten Resultate nicht entsprochen, so wird eine gründlichere Prüfung gewiß, ohne Ueberschätzung, zu einer günstigeren Beurtheilung führen. Die bohe Versammlung hatte nur ein Ziel vor Augen, das wahre Wohl des gemeinschaftlichen Vaterlandes, die Versöhnung und Aus⸗ gleichung der leider noch bestehenden divergirenden Ansichten — nicht die Erweiterung und Befestigung der obschwebenden Spal⸗ tung. Diesem erhabenen Ziele opferte sie alle leicht zu erringenden aber vorübergehenden Siege und verfolgte ihren Weg ruhig und beharrlich, aber umsichtig und in versöhnlichstem Geiste. Niemand wird aber leugnen können, daß die redlichen, männlichen Bestre⸗ bungen in dieser Beziehung nicht ganz fruchtlos geblieben sind. Die allgewaltige Macht des Rechts und der Wahrheit hat sich vielseitig mehr und mehr Bahn gebrochen, und wenn das sehnlich erstrebte Ziel auch noch nicht erreicht ist, so ist doch begründete Hoffnung, daß dasselbe in nicht mehr allzuweite unabsehbare Ferne gerückt sei.
Präsidium ist der sicheren Ueberzeugung, daß die hohe Ver⸗ sammlung auf der betretenen Bahn festen Schrittes und unbeirrten Muthes verharren werde, gestützt auf ihr gutes Recht und gestärkt in ihrem mühsamen Wirken durch die Reinheit ihrer Absicht.
Was auch immer die Resultate sein mögen, die hohen Voll⸗ machtgeber werden sich wenigstens das befriedigende Zeugniß geben können, das Ihrige gethan zu haben und mit Beruhigung die Beurtheilung ihrer Handlungsweise für das Wohl des gemeinsamen Vaterlandes und der ihnen anvertrauten Völker der Mit⸗ und Nachwelt überlassen können. ““ §. 2. Legitimation der Herren Bevollmächtigten und Substitution.
Präsidium überreichte die in seine Hände niedergelegten Vollmachten der bis jetzt eingetroffenen Gesandten, und bemerkte, daß es gegen die Annahme dieser Vollmachten kein Bedenken ge⸗ funden habe. Dieselben wurden sonach vorgelesen und als richtig erkannt, und es erfolgte der einhellige
Beschluß: 1
Diese Vollmachten sind in das Bundes⸗Archiv zu deponiren, und jedem der Herren Bevollmächtigten ist eine vidimirte Abschrift seiner Vollmacht zuzustellen. 8
Präsidium eröffnete hierauf, daß der zeitlich abwesende Kurfürstlich hessische Herr Bevollmächtigte den Herrn Königlich sächsischen Gesandten substituirt habe.
§. 3. Führung der Kuriatstimmen.
Mecklenburg⸗Strelitz. Der Großherzoglich mecklenburg⸗ strelitzsche Bevollmaͤchtigte nahm Veranlassung, Folgendes zu Pro⸗ tokoll zu erklären: Da nach Art. IV der deutschen Bundesakte vom 8. Juni 1815 Mecklenburg⸗Schwerin und Mecklenburg⸗Strelitz nut zusammen eine Gesammtstimme im engeren Rathe der Bundes⸗Ver⸗ sammlung führen, wegen deren Ausübung ein Vertrag zwischen bei⸗ den Mecklenburg besteht, so sei in der ihm ertheilten Vollmacht eine Verständigung mit dem Großherzoglich mecklenburg⸗ schwerinschen Gouvernement über die Ausübung der Gesammtstimme ausdrücklich vorbehalten worden. Ueber das Resultat einer solchen Verständi⸗ gung sei derselbe jedoch zur Zeit nicht in der Lage, eine bestimmte Anzeige machen zu können, und da die Absicht Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs, seines allergnädigsten Herrn, in keiner Weise dahin gerichtet sei, den bestehenden Bundesgesetzen und Ver⸗ trägen irgendwie entgegenzuhandeln, so qETECEVEVr ausdrücklichen Verwahrung dahin angewiesen, daß Mecklenburg⸗ Strelitz durch die Aeußerungen, zu welchen dessen Bevollmächtigter bei vorkommenden Abstimmungen im engeren Rathe der Bundes⸗ Versammlung veranlaßt sein werde, sich die Ausübung der den bei⸗ den Mecklenburg nur gemeinschaftlich zustehenden 14. Stimme an⸗ zumaßen, nicht beabsichtige.
Präsidium spricht seine Ansicht dahin aus:
Die inneren Angelegenheiten der Kurien seien zwar dem Ueber⸗ einkommen der einzelnen Mitglieder derselben überlassen, so die Stimmführung; indessen könne nicht anerkannt werden, daß die Abwesenheit einzelner Mitglieder einer Kurie die übrigen hier ver⸗ tretenen Mitglieder derselben Kurie ihrer Verpflichtung entbinde, sich an den Berathungen und Abstimmungen der hohen Versamm⸗
betheiligen. in, eLoßherzoglich mecklenburg ⸗ strelitzsche Bevollmächtigte glaubte hierauf nur erwiedern zu kön⸗ hbeöon sich selbst verstehend betrachte, daß mit der durch seine obige Erklärung bethätigten Achtung vor den Bundesgesetzen und Verträgen eine Verletzung derjenigen Verbindlichkeiten, welche jedem deutschen Bundesstaate der Gesammt⸗ heit des deutschen Bundes gegenüber obliegen, nicht gemeint sei. Uebrigens werde er nach Bewandniß der vorliegenden Umstände, um diesen Gegenstand auf möglichst beschleunigtem ordnungs⸗ mäßigen Wege zur definitiven Erledigung zu führen, nicht erman⸗ geln, ungesäumt darüber an seine Regierung weiteren Vortrag zu erstatten.
Liechtenstein zeigte an, daß in Folge getroffener Verabre⸗ dung, Liechtenstein bis auf weitere Anzeige die gemeinschaftliche Stimme führen werde, mit dem Zufügen, daß aus den vom Prã⸗ sidium hervorgehobenen Gründen die für die sechzehnte Kurie bevollmächtigten Gesandten, sich für so berechtigt als verpflichtet ansähen, für die Kurie die Stimme zu führen. b
5. 4. Leitung der Bundesangelegenheiten. 8
Präsidium 111“ Tö für kon⸗
irt und die Verhandlungen für eröffnet. siitnirt uns ferlich österreichische Präsivial⸗Gesandte bemerkte hier⸗ auf: Eine der wichtigsten Aufgaben, welche der Bundesversammlung nach ihrer nunmehr erfolgten Wiedereröffnung obtsegen, ist unstrei⸗ tig die ihr verfassungsmäßig zustehende oberste Leitung der gemein⸗ schaftlichen Angelegenheiten des Bundes.
Der Kaiserliche Hof erkennt vollkommen an, daß es in den Befugnissen der Bundesversammlung liege, alsogleich die Ausübung der ihr gesetzlich zustehenden Wirksamkeit zu L demzu⸗ folge die bisher in Gemäßheit der Uebereinkunft vom 30. Septem⸗ ber v. J. mit der Leitung der gemeinsamen Bundes⸗Angelegenhei⸗ ten betraute Bundes⸗Central⸗Kommission, deren rechtlicher Bestand seit dem 1. Mai l. J. vertragsmäßig erloschen ist, zur Uebergabe der Geschäfte einzuladen und gleichfalls den Wiederbeginn ihrer bundesgesetzlichen Thätigkeit an die auswärtigen Mächte, an den Senak der Stadt Frankfurt a. M. als Territorialherrn des an die Behörden der Bundesfestungen und an das
b
noch zu überwinden sein, und noch
Ober⸗Kommando der Bundesflotte im Namen des cher Form zu notifiziren.
Se. Majestät der Kaiser haben auch bereits durch Allerhöchste Entschließung vom 26sten v. M. den Kaiserlich österreichischen Mit⸗ gliedern der provisorischen Bundes⸗Central⸗Kommission eröffnen zu lassen geruht, daß sie mit dem Tage, wo denselben die offtzielle Anzeige von der Wiedereröffnung der deulschen Bundes⸗Versamm lung durch den Kaiserlichen Präsidial⸗Gesandten zugekommen sein wird, die Bundes⸗Central⸗Kommission als aufgelöst und somit die von ihnen bekleideten Functionen als beendet anzusehen haben wer⸗ den. Präsidium stellt es jedoch der Erwägung der ho⸗ hen Bundes⸗Versammlung anheim, ob nicht diese offi⸗ ziellen Anzeigen vor der Hand noch zurückzuhalten wären.
Eine der Angelegenheiten, welche die Interessen sämmtlicher Bundesgenossen am nächsten berührt, ist die Verwaltung des vor⸗ handenen Bundeseigenthums.
Der Kaiserliche Hof, auf dem Boden des Bundesrechts stehend, erkennt auch in dieser Beziehung als das einzige befugte Organ der Gesammtheit die durch die Grundgesetze berufene Bundes⸗Ver⸗ sammlung an und hat alle Ursache, den von ihm eingenommenen Standpunkt auch für den praktisch richtigen anzusehen, da gerade das Vorhandensein des Bundeseigenthums zu seiner im Interesse der Gesammtheit zu leitenden Verwaltung ein gesetzliches, von dem Bestande des Bundes untrennbares Organ bedingt. Der Kaiser⸗ liche Präsidialhof mußte daher um so lebhafter beklagen, daß die Königlich preußische und die übrigen hier noch nicht vertretenen Regierungen sich bisher noch nicht bewogen gefunden haben, ihre hierauf bezüglichen Rechte in den durch die organischen Gesetze des Bundes festgestellten Formen auszuüben.
So tief aber die Kaiserlich österreichische Regierung diese An⸗ sicht der genannten Bundesgenossen bedauert, so war sie doch so
Bundes in übli⸗
wenig wie irgend eine andere Bundes⸗Regierung jemals gesonnen, das Miteigenthum und Mitverfügungsrecht aller übrigen Genossen an den Bundes⸗Objekten zu bestreiten oder deren bundesgemäßen Besitz auf irgend eine Weise beeinträchtigen zu wollen, sie hat es vielmehr für ihre Pflicht gehalten, gerade bei der wachsenden Ver⸗ wirrung, die in dem deutschen Vaterlande eintrat, der Bewahrung des gemeinsamen Eigenthums, so viel an ihr lag, um so gewissen⸗ haftere Sorgfalt zu widmen, und sie glaubt oft und noch neuerlich bewiesen zu haben, daß sie zur Erreichung dieses Zweckes selbst be⸗ deutende, den Umfang ihrer bundesmäßigen Verpflichtungen über⸗ schreitende Opfer nicht scheue.
Aus diesen Rücksichten hat der Kaiserliche Hof geglaubt, in Erwägung ziehen zu sollen, ob es nicht eine heilige Pflicht eines jeden Bundesgliedes sei, alle Mittel zu versuchen, um ohne Auf⸗ geben der eigenen, festbegründeten Rechts⸗Ansichten — einen Kon⸗ flikt zwischen den Bundesgenossen, dessen Folgen man gar nicht zu übersehen im Stande wäre und der auf jeden Fall ein trauriges Bild der Zerrissenheit des gemeinschaftlichen Vaterlandes dem In⸗ und Auslande liefern würde, in blos materiellen Fragen zu vermei⸗ den. In dieser Beziehung hat die Verwaltung des Bundes⸗Eigen⸗ thums schon bei Zeiten die Aufmerksamkeit sämmtlicher Regierungen in Anspruch genommen und zu Verhandlungen zwischen den Höfen von Wien und Berlin geführt, deren Inhalt sich der Kaiserliche Präsidial⸗Gesandte beehrt, durch Vorlage der darauf bezüglichen Korrespondenz zur Kenntniß der hohen Versammlung zu bringen.
Dieselbe wird hieraus entnehmen, in welcher Weise die König⸗ lich preußische Regierung durch ihren Erlaß vom 5ten v. M. diesen Gegenstand in Anregung gebracht hat, in welcher Weise das Kai⸗ serliche Kabinet aus den oben angeführten Gründen und von dem Wunsche beseelt, auch noch bei dieser Gelegenheit einen neuen un⸗ widerleglichen Beweis seiner bis zu den äußersten Gränzen der Möglichkeit gehenden versöhnlichen Gesinnungen zu geben, unter dem 12ten dess. M. hierauf geantwortet hat, und welche Rück⸗ äußerung hierauf unter dem 20-sten dess. M. von Berlin nach Wien ergangen ist.
Indem die Kacserliche Regierung dem berliner Kabinette die Bedingungen eröffnete, unter welchen sie sich bereitwillig zeigen könnte, auf einen Vorschlag einzugehen, welcher zum Zwecke ha⸗ ben soll, das Recht Preußens und der übrigen bisher hier noch nicht vertretenen Regierungen an der Mitverwaltung des Bundeseigenthums sicher zu stellen, war sie weit entfernt, den Beschlüssen vorgreifen zu wollen, welche die wiedereröffnete Bundes Versammlung über einen Gegenstand zu fassen für gut finden wird,
der nach den bestehenden Bundes⸗Gesetzen wesentlich in den Bereich
ihrer Kompetenz fällt.
Obwohl die Kaiserliche Regierung nicht verkennt, daß der in Frage stehende Vorschlag von der früheren Praxis abweicht, welche von der Bundes Versammlung in dieser Hinsicht beobachtet wurde, und obwohl sie sich eben so wenig die Schwierigkeiten verhehlt, welche dieser Ausweg in seiner praktischen Durchführung darbieten dürfte, so hält sie doch den beabsichtigten Zweck für wichtig genug, um diese Ange⸗ legenheit der aufmerksamen Prüfung der hohen Versammlung an empfehlen zu sollen, und zweifelt nicht, dieselben Gesinnungen, welche sie hierbei geleitet, auch bei ihren Bundesgenossen voraussetzen zu können. Der Kaiserliche Präsidial⸗Gesandte ist demnach von seiner Allerhöchsten Regierung beauftragt, dem der Königlich preußischen Regierung gemachten Anerbieten gemäß, bei der hohen Bundesver⸗ sammlung den Antrag zu stellen:
Die Verwaltung des Bundes⸗Eigenthums als einen von der noch
schwebenden Hauptfrage über die politische Gestaltung des Bun⸗
des völlig gesonderten Gegenstand zu betrachten und zu diesem
Zwecke eine interimistische Behörde zu vereinbaren, wodurch die materielle Verwaltung des Bundes⸗Eigenthums in Gemeinschaft mit den in der Bundesversammlung nicht vertretenen Regierun⸗ gen möglich gemacht würde⸗.
Dieser Antrag würde vorerst von einem durch die hohe Bun⸗ des-Versammlung zu wählenden Ausschuß zu prüfen sein, der in kürzester Frist sein Gutachten zu erstatten hätte.
Dies sind die Gründe, welche den Kaiserlichen Hof bewogen haben, der hohen Versammlung anheimzustellen, ob es nicht passend
erscheinen dürfte, die oben aufgezählten Notificationen vor der Hand
zurück zu halten. Die Kaiserliche Regierung hat die wiederholt und noch neuerlich von der Königlich preußischen Regierung vor⸗ geschlagene Verlängerung der Dauer der Bundes⸗Kommission be⸗ harrlich abgelehnt; ihre Ansichten hierüber können demnach wohl nicht in Zweifel gezogen werden, allein sie glaubt, daß ein Zurückhalten der an die Kaiserlichen Bundes ⸗Kommis⸗ säre zur Vorlage an die Bundes ⸗ Kommission zu erlas⸗ senden Notificationen um so weniger bedenklich erscheinen dürfte,
als es sich nur um eine kurze Frist handelt, welche zur Vorbereitung
und Fassung eines Beschlusses über die Eröffnungen des Präsidial⸗ 1und Fessönce sig sein wird. Die Kaiserliche Regierung kann daher nur die Hoffnung
unterwerfen mögen, und schmeichelt sich, daß die Berücksichtigung
der obwaltenden Verhältnisse zur Erkenntniß der Zweckmäßigkeit
ihrer oben berührten Ansicht führen werde. Präsidium erlaubt sich demzufolge, seine eben entwickelten An⸗
träge in folgende Punkte zusammenzufassen:
aussprechen, daß ihre hohen Verbündeten den von ihr gemachten Vorschlag einer ernsten, unbefangenen Prüfung
Die hohe Bundes⸗Versammlung möge beschließen:
1) Den vom Präsidialhofe gemachten Vorschlag der Einsetzung einer interimistischen Behörde für die materielle Verwaltung des Bundes⸗Eigenthums unter Mittheilung der vorgelegten Aktenstücke einem besonderen Ausschusse zur Prüfung zu übergeben, welcher, in Anbetracht der Dringlichkeit des Ge⸗ genstandes, in kürzester Frist sein Gutachten zu erstatten hätte; sofort zur Wahl der dieses Ausschusses zu schreiten; die im Namen des Bundes auszustellenden Notificationen über die Wiedereröffnung der Bundes⸗Versammlung an die Bundes⸗Central⸗Kommission, an die auswärtigen Mächte, an die Stadt Frankfurt, an die Behörden der Bundes⸗Festungen und an das Ober⸗Kommando der Bundes⸗Flotte dermalen noch zurückzuhalten, Präsidium aber zu ermächtigen, dieselben im geeigneten Zeitpunkte zu erlassen und es zugleich dem Prä⸗ sidialhof zu überlassen, die noch nicht hier vertretenen Bundes⸗ Regierungen von der stattgehabten Wiedereröffnung der Bun⸗ des⸗Versammlung zu verständigen.
Es wurde hierauf zur Abstimmung über den ersten und zweiten Antrag des Präsidiums geschritten und einhellig beschlossen: einen Ausschuß von fünf Mitgliedern zur gutacht⸗ lichen Aeußerung über diesen Gegenstand zu wählen. Diese Wahl
fiel auf die Herren Gesandten von Oesterreich, Hannover, Württemberg, Großherzogthum Hessen und Mecklen⸗ burg⸗Strelitz. Ueber den dritten Antrag des Präsi⸗ diums in Betreff der zu erlassenden Notificationen erfolgte der Beschluß: Einstimmig nach dem Antrage. §. 5. Ratification des Friedensvertrages mit Dänemark. Dänemark, wegen Holstein und Lauenburg. Der Ge⸗ sandte ist in den Stand gesetzt, hoher Bundesversammlung den von Sr. Majestät dem König von Dänemark einer⸗ und Sr. Majestät dem König von Preußen im eigenen und im Namen des deutschen Bundes andererseits am 2. Juli d. J. zu Berlin abgeschlossenen Friedensvertrag in beglaubigter Abschrift (Anlage a.) und mit fol⸗ genden Bemerkungen und Anträgen zu überreichen.
Wie hoher Versammlung des Näheren bekannt sein dürfte, ist dieser Vertrag das Ergebniß von Verhandlungen, welche unter Kö⸗ niglich großbritanischer Vermittelung eröffnet worden, nachdem die provisorische Bundes⸗Centralkommission die Königlich preußische Re⸗ gierung durch eine förmliche Vollmacht ermächtigt hatte, dieselben
im Namen des deutschen Bundes, vorbehaltlich der von sämmtlichen deutschen Regierungen einzuholenden Genehmigung, zu Ende zu führen. Zufolge des ersten Artikels sollen Friede, Freundschaft und gutes Einverständniß zwischen Dänemark und dem Bunde
wiederhergestellt sein; im zweiten werden alle zwischen bei⸗ den Theilen abgeschlossenen Verträge wieder in Kraft gesetzt; im dritten den hohen Kontrahenten alle Rechte vorbehalten, welche selbigen vor dem Kriege zustanden, während der vierte über die von Sr. Majestät dem Könige von Dänemark, Herzog von Holstein, in Uebereinstimmung mit dem Bundesrecht, behufs Wie⸗ derherstellung der Ausübung Seiner legitimen Autorität in Holstein anzurufende Intervention des Bundes, und der fünfte über Fest⸗
Mitglieder
stellung der Gränze zwischen den nicht zum Bunde und den zu demselben gehörigen Staaten Sr. Majestät des Königs von Däne⸗
mark das Nähere festsetzt. Im sechsten Artikel endlich wird be⸗
stimmt, daß die Ratificationen dieses Vertrags binnen drei Wochen
vder, wenn thunlich, früher in Berlin ausgewechselt werden sollten.
Der hohen Versammlung sind ebenfalls die Gründe nicht
unbekannt, welche sich einer ganz umfassenden Einhaltung
der in diesem letzten Artikel bestimmten Frist entgegengestellt haben.
Während dem Vertrage an und für sich die Billigung der hohen deutschen Regierungen zu Theil wurde, knüpften sich für viele der⸗ selben an Vollziehung der Ratification Erwägungen, durch welche eine gewiß allerseits unwillkommene Verzögerung herbeigeführt wor⸗ den ist. Se. Majestät der König von Dänemark, Herzog von Holstein und Lauenburg, glauben bei dieser Lage der Dinge einen erneuerten und unzweideutigen Beweis davon zu geben, welchen ho⸗ hen Werth Allerhöchstdieselben auf vollständige Wiederherstellung wie des Friedens zwischen Dänemark und Deutschland, so Ihrer, durch Verträge gegründeten und geheiligten Beziehungen zum Bunde setzen, indem Se. Majestät die nunmehr vorhandene Gelegenheit, die obwaltenden Bedenklichkeiten auf bundesrechtlichem Wege ihrer Erledigung zuzuführen, sofort ergreifen. Der Gesandte giebt sich ie Ehre, darauf anzutragen:
8 „Hohe Versaantint wolle beschließen, die Ratifizirung des Ein⸗ gangs erwähnten, am 2. Juli d. I. u Herlin abgeschlossenen Friedens im Namen des diutschen Bundes zu vollziehen und hinsichtlich der Auswechselung das Geeignete zu veranlassen.“
Der Gesandte kann zugleich nicht umhin, die ernste Aufmerk samkeit hoher Bundes⸗Versammlung auf die gegenwärtige Lage der
Dinge im Herzogthum Holstein hinzulenken. Während seitens der Königlich dänischen Regierung in den 9 Wochen, die seit Unterzeich⸗ ning des Friedens verstrichen sind, ohne daß die stipulirte Auswechse⸗ lung der Ratification stattgefunden hätte, alle Bestimmungen des Ver⸗ trages gewissenhaft innegehalten worden, hat eine in Holstein zu⸗ sammengebrachte Armee, ohne den Namens des Bundes geschlossenen Frieden irgend zu respektiren, den Krieg gegen ihren Landesherrn mit erneutem Eifer aufgenommen und einen Einfall in die nicht zum Bunde gehörigen Staaten Sr. Majestät des Königs von Dä⸗ nemark versucht. Die verhängnißvollen Folgen dieses, trotz der ver⸗ söhnlichsten Proclamationen fortgesetzten Widerstandes sind nur zu bekannt: die Gefahr aber, welche diese rechts⸗ und vertragswidri⸗ gen Zustände Deutschlands und Dänemark, ja Europa bringen, die tiefen Wunden, welche jeder Tag ihrer ferneren Dauer der Wohl⸗ fahrt Holsteins schlägt, die Unmöglichkeit, vor Sicherung der Waffen⸗ ruhe den auf Gewäͤhrung aller Bürgschaften des Friedens und des Vertrauens gerichteten landesväterlichen Wünschen Sr. Majestät des Königs in Holstein Boden zu gewinnen: Alles dies redet einer mög⸗ lichsten Beschleunigung der im vierten Artikel des Friedens vorbe⸗ haltenen Intervention des Bundes in dringlichster Weise das Wort.
Indem der Gesandte daher, im Hinblick auf diese nach Art. IV. des Friedens von seinem allerhöchsten Souverain als Herzog von
Holstein vorerst anzurufende Intervention, sich erlaubt, bei hoher
Bundes⸗Versammlung vorbehaltlich weiterer Mittheilungen darauf
anzutragen:
„Hochdieselbe wolle mit Rücksicht auf die drohende Sachlage und die dem Bunde im Frieden reservirte Intervention behufs Her⸗ stellung der legitimen Autorität in Holstein sofort ein Inhibito⸗ rium an die sogenannte Statthalterschaft in Rendsburg beschlie⸗
8 8 , g. 7 , ßen, etwa dahin lautend, daß selbige sich ferneren kriegerischen
Maßregeln, namentlich alles Ueberschreitens der holsteinschen
Gränze zu enthalten und den Status quo in Holstein nicht im
Widerspruch mit dem, Namens des Bundes abgeschlossenen Frie⸗
den zu alteriren habe.“
darf er bemerken, daß auf diesem Wege fernerem Blutvergießen
und nicht zu berechnenden Complicationen vorgebeugt, die Erfüllung
eines Friedens, der alle und jede Rechte wahrt, gesichert und na⸗ mentlich auch der Königl. dänischen Armee die Moͤglichkeit erhalten
1
bliebe, sich der bei erneuten Feindseligkeiten schon aus militairischen
Gründen nicht länger zu vermeidenden Ueberschreitung der holstei⸗ nischen Gränze zu enthalten: daß demnach Herstellung der Waffen⸗ ruhe, weil Vorbedingung jeder gedeihlichen Wirkung des Friedens, vor Allem den wahren Interessen des Herzogthums Holstein ent⸗ sprechen würde. 8
Se. Majestät der König von Dänemark, Herzog zu Holstein und Lauenburg, stets bereit, den berechtigten Wünschen Ihrer deutschen Unterthanen volle Rechnung zu tragen, werden gleichfalls jede Gelegen⸗ heit zur Bethätigung Ihrer eben so friedliebenden als bundestreuen Ge⸗ sinnung willkommen heißen. Wie aber Allerhöchstdieselben zur Erfüllung aller, Ihnen als Herzog von Holstein und Lauenburg vertragsmäßig obliegenden Bundespflichten jederzeit bereit sind, erblicken Sie in Wahrung der durch eben diese Verträge allen Genossen des Bundes zugesicherten Rechte die beste Gewähr für dauernde Erledigung tief beklagter Differenzen.
Indem dem Gesandten für jetzt nur übrig bleibt, an die au⸗ genblicklichen Verhältnisse zu erinnern, welche thunlichste Beschleu⸗ nigung der diese hochwichtige Angelegenheit betreffenden Erwägun⸗ gen zur gebieterischen Pflicht machen, so wie hervorzuheben, daß jetzt in Holstein, unter dem Druck von Kriegsnoth und unerschwing⸗ lichen Lasten, die gespannteste Hoffnung sich dahin wendet, von wo endliche Hülfe kommen kann und hoffentlich kommen wird, darf er sich zu jeder weiteren Erläuterung und Auskunft bereitwilligst er⸗ bieten und giebt sich vorläufig die Ehre, hoher Versammlung zwei unterm 2. Juli zwischen den Kronen Dänemark und Preußen ver⸗ einbarte, vorlängst ratifizirte Protokolle (Anl. b. c.), so wie die un⸗ term 14. Juli von seinem Allerdurchlauchtigsten Souverain erlassenen Manifeste (Anl. d. e.) nachrichtlich zu überreichen.
Präsidium hält sich verpflichtet, auf die hohe Wichtigkeit und Dringlichkeit des angeregten Gegenstandes aufmerksam zu ma⸗ chen. Es handelt sich hier um eine Angelegenheit, welche deutsche Interessen und Rechte auf das wesentlichste und nächste berührt; es handelt sich darum, bestehenden und noch immer maßgebenden Bundes⸗Beschlüssen Geltung zu verschaffen und sie zur Ausführung zu bringen, wichtige Rechte des Bundes zu wahren und einem seit hh als zwei Jahren immer wiederkehrenden Blutvergießen Einhalt zu thun.
Der eben vorgelegte Friedens⸗Traktat hat, wie die Erfahrung der letzten Wochen lehrt, dieses allgemein ersehnte Resultat nicht her⸗ beigeführt, im Gegentheil sind seit demselben die durch einen geraumen Zeitraum eingestellt gewesenen Feindseligkeiten wieder von neuem aus⸗ gebrochen und das an demselben Tage zwischen den Bevollmächtigten Sr. Majestät des Königs von Preußen und Sr. Majestät des Königs von Dänemark aufgenommene Protokoll, zu dessen Ratification nur acht Tage festgesetzt sind, während der Friedens⸗Traktat erst in drei Wochen ratifizirt werden sollte, und welches in seinem Art. 1 be⸗ stimmt, daß unmittelbar nach erfolgter Ratification desselben — also noch vor erfolgter Ratification des Friedens⸗Traktats — die Kö⸗ niglich preußischen Truppen die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg zu räumen hätten, hat hierdurch die einzige vorhan⸗ dene Bürgschaft für die Einhaltung der Waffenruhe entzogen.
Der Friedens⸗Traktat ist im Namen des Bundes abgeschlossen und bedingt die Ratification durch den Bund; er überträgt dem Bunde die Verpflichtung, die obwaltenden Streitfragen einer gründlichen und rechtlichen Lösung zuzuführen. Die hohe Versammlung würde demnach sicherlich eine schwere Verantwortung auf sich laden, wollte sie anstehen, diese Angelegen⸗ heit ungesäumt in ihre Hände zu nehmen und alle Kräfte aufzubie⸗ M einer schleunigen und befriedigenden Lösung entgegen⸗ zuführen.
Präsidium beantragt daher, die hohe Versammlung wolle beschließen:
diese Angelegenheit einem Ausschusse zur sofortigen Prüfung und Begutachtung zuzuweisen, und sogleich zur Wahl dieses Ausschusses zu schreiten. Bei der hierauf erfolgten Abstimmung wurde einhellig beschlossen; in Ge⸗ mäßheit des Präsidial⸗Antrages einen Ausschuß von fünf Mit⸗ gliedern zur Begutachtung dieser Angelegenheit zu wählen.
Es ward sonach zur Wahl dieser Mitglieder geschritten, und es wurden als solche bestimmt die Herren Gesandten von Oesterreich, Bayern, Sachsen, Hannover und Me ⸗ burg⸗Strelitz.
§. 6. Offenhaltung des Protokolls. 8
Präsidium stellt, nachdem sämmtliche vorliegende Geschäfte erledigt sind, den Antrag, den noch nicht vertretenen Regierungen das Protokoll zum Beitritte offen zu halten, und bemerkt, daß, nachdem nach der ausdrücklich erklärten Absicht sämmtlicher hohen Vollmachtgeber die Revision der Grundgesetze des Bundes eine der dringendsten und wichtigsten Aufgaben der hohen Versammlung sei, ein möglichst schleuniger Beitritt der übrigen Bundesgenossen um so mehr zu hoffen sei, als es nur dem allgemeinen Interesse ent⸗ sprechen könne, daß dieses große Werk unter allgemeiner Betheili⸗ gung in Angriff genommen werde, welche Berücksichtigung es auch als geeignet erscheinen lassen dürfte, nicht sofort zur Uebergabe die⸗ ses Gegenstandes an einen Ausschuß zu schreiten. Auf Antrag des Präsidiums wurde hierauf die Sitzung geschlossen.
Fr. Thun. Pylander. Nostitz und Jänckendorf, Kurhessen. Detmold. Reinhard. Münch. von Scherf. Oertzen. Dr. von Linde.
Von den diesem Protokolle zugefügten Beilagen sind die unter
A. Abschrift eines Erlasses des Freiherrn von Schleinitz an Grafen von Bernstorff, de dato Berlin, den 5. August 1850.
bereits in Nr. 228 des Preuß. Staats⸗Anzeigers unter Frankfurt a. M.;
B. Abschrift einer Weisung des Kaiserlichen Minister⸗Präsidenten, Fürsten von Schwarzenberg, an Freiherrn von Pro⸗ kesch in Berlin; d. d. Wien, am 12. August 1850;
und
C. Depesche des Freiherrn von Schleinitz an den Grafen
von Bernstorff vom 20. August in Nr. 233 des Preuß. Staats⸗ Anzeigers enthalten. Die übrigen werden wir morgen folgen lassen. eX“
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Uusland.
Frankreich. Paris, 15. Sept. Gestern war Minister⸗ rath im Elysée, welchem General Changarnier beiwohnte. Man beschäftigte sich mit Fragen, welche die öffentliche Sicherheit betref⸗ fen, und mit den Wünschen der vom Präsidenten bereisten Depar⸗ tements. Herr von Persigny erschien einen Augenblick im Sitzungs⸗ Saale, um mehrere Aufschlüsse über die preußischen Angelegenheiten zu geben und wichtige Aktenstücke in Bezug auf dieselben vorzule⸗ gen, über welche die Regierung binnen wenig Tagen einen Beschluß fassen wird.
Mehrere Journale brachte rzer Zeit die Nachricht, es
seien Verhandlungen zur Wiederaufnahme des Sa⸗ zehn Jatren
aufgegebenen Projektes eines belgisch⸗französischen Zollvereins ein⸗ geleitet worden. Der Constitutionnel erklärt heute diese Nach⸗ richt für grundlos und für ein Manöver der Freihändler.
Nächsten Dienstag findet bei Lord Normanby ein Diner statt, welchem der Präsident der Republik und mehrere Diplomaten bei⸗ wohnen werden. —
Das Sidele, welches gestern zuerst die Nachricht von einer Versöhnung beider Zweige der Bourbonen gebracht, versichert heute, daß dieselbe eine vollkommene sei. Dieses wichtige politische Fami⸗ lien-Ereigniß sei gestern im Faubourg St. Germain und in finan⸗ ziellen Kreisen gefeiert worden. „Wir nehmen“, sagt das Sieele, „diese Thatsache als eine vollendete an, wir wünschten sie nicht, wir fürchten sie nicht! Auch beurtheilen wir sie nicht, wir nehmen die Thatsache nur als eine vollendete hin.“
Schweden und Norwegen. Stockholm, 10. Sept. Auf der Universität Lund sind wegen der in der Nähe der Stadt (in Malmö) herrschenden Cholera auf Königlichem Befehl die Vor lesungen eingestellt. Berichte der Quarantaine⸗Kommissionen un Quarantaine⸗Befehlshaber, Cholera⸗Bülletins, neue Angesteckt⸗ Erklärungen von fremden Häfen, Absperrungen u. s. w. bi Hauptinhalt der inländischen Nachrichten der Blätter.
Christiania, 12. Sept. Der König hat gestern Morgen, geleitet von der reitenden Bürgergarde und dem Hurrahruf der versammelten Menge, die Hauptstadt verlassen. Vorher hat er noch einigen dänischen Marine⸗Offizieren den Olafsorden ertheilt. b
Daänemark. Kopenhagen, 16. Sept. (D. R.) Vom Kriegs⸗Ministerium ist gestern folgende offizielle Mittheilung er⸗ schienen: „Der Feind hat am 12ten d. M. Nachmittags unsere Vorposten an mehreren Stellen angegriffen. Die gegen Dorfstedt, Bennebeck, Kropp und Breckendorf vorrückenden feindlichen Abthei⸗ lungen gingen nach einem kurzen Engagement mit unseren Vor⸗ posten, welches zu keinem Resultate führte, wieder zurück. Pei Kochendorf dagegen wurde das ‚0te leichte Bataillon nach mehr⸗ stündigem Kampfe genöthigt, sich über Kosel zurückzuziehen, wo das Zte Jägerkorps das Gefecht bis Missunde aufnahm. Die Stellung bei Missunde, welche von dem 3ten Reservebataillon mit vier Kanonen unter Kapitain von Schau besetzt war und von der nördlichen Seite der Schlei durch 6 Kanonen von der Batterie Dinesen, von dem 3ten Jägercorps und dem 10ten leichten Bataillon unterstützt, wurde darauf von dem Feind mit 4 Bataillonen, 2 Eskadronen und 3 Batterieen angegriffen. Nach einem zweistündigen Kampfe wurde der Feind gezwungen, zurückzugehen. Durch 2 Bataillone verfolg wurde derselbe aus Kosel hinaus gegen Kochendorf getrieben, wo durch die Dunkelheit der Kampf abgebrochen wurde. 140 Gefan-⸗ gene fielen in unsere Hände. Wir bedauern den Verlust des Ca⸗ pitains von Schau von der Artillerie. Verwundet sind die Ca⸗ pitaine: A. von Kühle und G. F. von Möller und Lieutenant Westberg vom 3ten Reserve⸗Bataillon, Lieutenant von Mörk vom 10ten leichten Bataillon, die Lieutenants E. von Dalgers und Lund⸗ bye vom 3Zten Jägercorps. Der Verlust an verwundeten Unter⸗
offizieren und Gemeinen ist vorläufig auf 80 angegeben. Im Kriegs⸗ ministerium, den 15. September 1850. Auf Befehl: Glud, Adju⸗ tant beim Kriegsminister.“
Italien. Turin, 11. Sept. (Franz. Bl.) Der Papst und Kardinal Antonelli haben für den Erzbischof Franzoni ihre leb⸗ haftesten Sympathieen ausgesprochen und sind entschlossen, seine Sache zu der ihrigen zu machen. Die Sendung Pinelli's hat den päpstlichen Unwillen nicht beschwichtigt, sondern vermehrt. Der Papst sowohl, als die Kardinäle sind fest zu strengen Maßregeln entschlos⸗ sen. Azeglio ist nicht der Mann des Widerstandes und der König einem Zerwürfniß mit einem anderen Souverain entschieden ab⸗ geneigt.
Spanien. Madrid, 9. Sept. Ihre Königliche Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Montpensier haben am 7ten in der Kathedrale von Sevilla und heute in der von San Lucar ei⸗ nen Trauergottesdienst für Ludwig Philipp abhalten lassen. De Herzog und die Herzogin werden ein Jahr lang Trauer anlegen.
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Wissenschaft und Kunst Königsstädtisches Theater.
Italienische Opern-Vorstellung: Norma. (Den 16. September.)
Die italienischen Opern⸗Vorstellungen, denen ein das größere Publikum anziehender Magnet, in Sgra. Fiorentini, immer noch fehlt, haben sich bis jetzt nur geringen Zuspruchs zu erfreuen, obwohl die Leistungen des vorhandenen Personals in vielem Betracht Beachtungswerthes bieten. Auch die Vorstellung der „Norma“ (am Montag) sah nur ein kleines Publi kum versammelt, das indeß regen Antheil an den vorgeführten Leistungen nahm und sich sichtlich und hörbar davon befriedigt zeigte. Dennoch zählt die Vorstellung nicht zu den gelungeneren dieser Saison. Wenden wir uns zu⸗ nächst zur Repräsentantin der Titelrolle, so erschien Sgra. Viola zwa vermöge ihrer Gesangsfertigkeit durchaus geeignet dafür, und sie löste die Aufgabe auch musikalischerseits lobenswerth, insoweit sie nicht durch Stimm⸗- Indisposition, die sich besonders im ersten Akte bemerklich machte, daran behin⸗ dert wurde. In der Darstellung blieb indeß viel zu wünschen, wie denn die Sängerin überhaupt auf ihre dramatische Ausbildung zu wenig Gewicht gelegt zu haben scheint. Zwar gelang es ihr durch äußere Erscheinung und Hal tung die priesterliche Würde und den Ernst der Druidin glücklich auszu⸗ prägen, doch die Elemente des Schmerzes, der Wuth, Verzweiflung und Rachsucht, die dem. Charakter der Norma ebenfalls beiwohnen, wußte sie nicht zur Anschauung zu bringen, wenigstens nicht mit jenem Grade von Lebendigkeit, Wärme und Leidenschaftlichkeit, wodurch erst in dem Zuschauer das Gefühl der Wahrheit des Dargestellten erregt worden wäre. Belege für das Gesagte lieferten namentlich die Auf tritte mit Pollione, nachdem Norma seinen Verrath an ihrer Liebe erfahren hat. Wünschen wir diese auch nicht mit jener wilden, ungezähmten, unweiblichen Leidenschaftlichkeit ausgestattet, wodurch häufig Darstelle⸗ rinnen dieses Charakters hier wahrhaft grelle und unschöne Effekte hervor⸗ rufen, so darf doch aber statt des Uebermaßes auch nicht zu wenig geboten werden, und diejenige Darstellerin der Norma wird am meisten für sich haben, die, neben der ruhigen Würde der Priesterin, auch das auflodernde Feuer des an ihrer Liebe gekränkten Weibes, mit edler, geläuterter Künstlerglut vor Augen zu führen im Stande ist. Die rein musikalische Durchführung der Rolle angehend, so wurde Sgra. Viola, wie gesagt, im ersten Akte durch eine Indisposition der Stimme merklich behindert, so daß namentlich die erste Cavatine:
„Casta diva', so wie die sich anschließende große Arie, nicht durchweg zur gewohnten Gel⸗ tung gelangten. Die Stimme klang hier belegt und versagte in den höch⸗ sten Regionen öfters die sichere Ansprache, wobei das in dem letztgenannten Musikstücke oft vorkommende dreigestrichene c natürlicherweise am meisten beeinträchtigt wurde. Dagegen klang die Stimme im zweiten Akte bei weitem reiner und klarer, in Folge dessen die Sängerin nun erst ihre ausgebildete, kunstvolle Technik ins gehörige Licht zu setzen mit Sicher⸗ heit im Stande war. Die Rolle der Adalgisa befand sich in den Händen der Sgra. Bertrand, die indeß durch ihre heutige Leistung unser neulich abgegebenes Urtheil, demzufolge sie eine Sängerin von noch wenig ausge⸗ bildeten Fähigkeiten ist, vollkommen bestätigte. Doch glückten ihr einige