1850 / 266 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Die Telegraphen⸗Büreaus sind täglich, mit Einschluß der

Sonn⸗ und Festtage, 1 a) vom 1. April bis Ende September jeden Jahres von 7 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends, und b) vom 1. Oktober bis Ende März jeden Jahres Morgens bis 9 Uhr Abends ür den Dienstbetrieb offen zu halten. 8 n Pepescen welche außerhalb jener Stunden abgesendet beshen sollen, müssen vor 9 Uhr Abends, unter Erlegung des FSc e Betrages für die nächtliche Beförderung auf der berrsengen . 8 8 angemeldet werden, in welchem Falle die betheiligte ““ übrigen Stationen von dem zu erwartenden späteren Eingange ver esche soglei be In jede deren Falle Depesche sogleich Nachricht zu geben hat. In jedem ande en o werden Vorausbestellungen nicht berücksichtigt. Um Unregelmäßig⸗ keiten vorzubeugen, welche aus den Abweichungen der mittleren ten an den verschiedenen Stationsorten entstehen können, werden die Uhren aller Telegraphen⸗Stationen einer und derselben Regie⸗ rung nach der mittleren Zeit der Hauptstadt des betreffenden Staats erichte zer 8 bei westlich gelegenen Stationen für die nach dem Osten zu befördernden Depeschen die Aufgabe der letzteren vor Schluß der Dienststunden eintreten muß, wird durch die betreffen⸗ den Telegraphen⸗Büreaus bekannt gemacht werden. Beschaffenheit der telegraphischen Depeschen. Jede zu befördernde Depesche muß im Texte ohne Wort⸗Abkürzungen, deutlich und in verständlicher Sprache geschrie⸗ den und mit dem Namen des Absenders, so wie mit vollständiger Bezeichnung des Adressaten, versehen sein. Zum Niederschreiben der aufzugebenden Depeschen darf seitens der Absender nur ein un⸗ verwischbares Schreibmaterial verwandt werden. Auch dürfen in den Depeschen Rasuren nicht vorkommen. Die Staats Depeschen können nach der Wahl der Absender in deutscher oder in einer sol⸗ chen fremden Sprache abgefaßt werden, deren Buchstaben⸗Zeichen sich durch die vorhandenen Telegraphen⸗Apparate wiedergeben lassen. 3 Auch ist bei den Staats⸗Depeschen die Anwendung von Chiffern, jedoch nur von solchen zulässig, welche in Buchstaben oder Ziffern bestehen. Bei allen anderen Depeschen ist für jetzt der Gebrauch der deutschen Sprache ohne Anwendung von Chiffernschrift Bedingung. Sollte sich später als Bedürfniß herausstellen, ent⸗ weder im Allgemeinen oder nur für einzelne Linien auch andere Sprachen bei telegraphischen Depeschen zuzulassen, so werden die betheiligten Regierungen sich darüber verständigen. Die Staats Depeschen müssen jederzeit mit dem Siegel des Absenders oder der absendenden Behörde versehen sein.

Die Beförderung der Börsen⸗Course in bloßen Zahlen, ohne Bezeichnung der Effekten, ist gestattet, jedoch dürfen:

a) bei jeder Effekten⸗Sorte nur 4 Zahlen gebraucht, und muß

b) die der Telegraphen⸗Station von den Absendern im voraus mitzutheilende Reihenfolge, in welcher jedesmal die Course der Effekten aufzuführen sind, genau eingehalten werden, da⸗ mit die Kontrolle nach den Courszetteln erfolgen kann.

Bei den Lieferungs⸗Preisen für Getraide⸗Gattungen und Fa⸗

brikate dürfen mehr als 4 Zahlen hinter einander folgen. Diese Zahlen müssen aber in gewisser Uebereinstimmung unter einander stehen, so daß sie als die wirkliche Bezeichnung der Preise erkannt werden können.

Depeschen, welche den vorgedachten Anforderungen nicht ent⸗

prechen, oder Aendérungen Ausstreichungen oder Korrekturen

enthalten, durch welche eine Verkürzung der Depesche bezweckt wird, werden den Absendern zur Vervollständigung resp. Umschreibung zurückgegeben. Sind in einzelnen Faͤllen dem Absender Zusätze oder Abkürzungen in der Depesche wünschenswerth, so ist von ihm selbst die Umschreibung der Depesche zu bewirken, und die Reinschrift dann, ohne jede weitere Ausstreichung oder Korreklur, der Station zur Beförderung zu übergeben.

Um dem Publikum eine Erleichterung zu gewähren, sind in den Stations ⸗Lokalen Schreibmaterialien bereit zu halten, damit dieje⸗ nigen Depeschen mit Dinte von dem Aufgeber umgeschrieben wer den können, bei welchen solches nöthig wird. Bei denjenigen De⸗ peschen, welche nur zum Theil durch den Telegraphen befördert und von der letzten Telegraphen⸗Station bis zu ihrem Bestim⸗ mungsorte mittelst Estaffette, per expressen Boten, oder durch die Post weiter gesandt werden sollen, ist die Art einer solchen Beför⸗ derung auf der Depesche vom Absender ausdrücklich anzugeben.

Länge der Depeschen. 8

§. 7. Um die mißbräuchliche Benutzung des Staats⸗Telegra⸗ phen zu verhüten, und solchen, so lange die Verbindung der Ap⸗ parate nur mittelst einer Drahtleitung unterhalten wird, möglichst vielen Korrespondenten zugänglich zu machen, darf eine telegraphi⸗ sche Depesche nicht mehr als 100 Worte enthalten. 8 Die Beförderung mehrerer Devpeschen eines und dess senders hinter einander ist, gleichwie die peschen, nur dann zulässig, wenn der

von 8 Uhr

§. 6.

gen Stationen der Linie in Anspruch genommen wird. Welche Depeschen von der Beförderung auszuschließen sind §. 8. Eine Kontrolle über die Zulässigkeit der von Staats ⸗Depeschen mit Rücksicht auf ihren Inhalt steht der Telegraphen⸗Büreaus nicht zu. Dagegen sind die Vorsteher die Stellvertreter derselben verpflichtet, solche Pri⸗ peschen der Annahme oder Weiterbeförderung auszuschließen, welche in ihr er Inhalte gegen die Gesetze verstoßen oder aus Rücksichten der höhe 58 Politik oder des öffentlichen gn- 1 Verbreitung nicht für geeignet zu erachten sindç. Enisteht darüber ein Zweifel, ob eine Nachricht zur rung durch den Staats⸗Telegraphen geeignet ist, Entscheidung der Telegraphen⸗Direction einzuholen, gegen ein Rekurs nicht stattfindet. 3 Internationale Depeschen. §. 9. Depeschen, welche aus dem einen der Sctaaten in den anderen, z. B.

gehen und nicht zu den im §. 8 gedachten von der Beförderun auszuschließenden gehören, werden von der möglichster Schnelligkeit und Zuverlässigkeit weiter gegeben.

Eine Gewähr für die richtige Ueberkunft jener Depeschen über⸗ haupt oder dafür, daß die Ueberkunft in gewisser Zeit erfolge, wird

jevoch so wenig bei den internationalen, wie bei denen im Berei

der preußischen Telegraphenlinien aufgegebenen und zu bestellenden

Depeschen geleistet.

Jeder der vier Vereins⸗Regi⸗ rußen, Oesterreich Zav b ereins⸗Regierungen von Preußen, hesterreich, Bayern und Sachsen verbleibt die Befugniß, nach Gutbefinden ein⸗ oder für gewisse Arten der Korrespondenz Sobald ein solcher Fall eintritt,

zelne Linien für alle zeitweise außer Betrieb werden die übrigen Ve esetzt werden. Telegraphirung na

zu setzen. reins⸗Regierungen davon sofort in Kenntn

v xch Stations⸗ und anderen Orten. §. 10. Die Telegraphen⸗Stationen sind besugt, telegraphische D

elben Ab⸗ Beförderung größerer De⸗ Apparat nicht von anderen Korrespondenten, sei es auf der Station selbst, oder auf den übri⸗

der Telegraphen⸗Stationen und Privat⸗Depeschen von hrem

und der Sittlichkeit zur Beförde⸗

so ist darüber die welche

vier Vereins- von Preußen nach Oestenreich, über⸗

Uebergangs⸗Station mit

können telegraphische Depeschen zur Beförderung über die Endpunkte V der Telegraphenlinie hinaus oder nach seitwärts derselben gelege⸗ nen Orten angenommen werden, in welchem Falle die Weiterbeför⸗ derung von der letzten Telegraphen⸗Station nach Bestimmung des Absenders (vgl. §. 6) entweder durch die Post in rekommandirten Briefen oder mittelst Estaffette, oder bei geringer Entfernung mit⸗ telst Boten erfolgt. G Inwieweit einzelne Telegraphen⸗Stationen zur Beförderung gewisser Arten von Korrespondenz nicht befugt sein sollen, werden sich die Vereins⸗Regierungen gegenseitig mittheilen. Verzögerung der Absendung.

V §. 11. Sollte die Beförderung einer Depesche aus irgend ei⸗

nem Grunde nicht sogleich bei ihrer Auflieferung stattfinden können, so ist der Aufgeber hiervon in Kenntniß zu setzen, und die D epesche nur dann anzunehmen, wenn der Erstere die Absendung dennoch ausdrücklich verlangt. Unterbrechung der Verbindung. 1 V §. 12. Wird die Telegraphen⸗-Verbindung nach erfolgter An⸗ nahme einer Depesche unterbrochen, so ist diejenige Station, von welcher ab die Weiterbeförderung auf telegraphischem Wege un⸗ thunlich ist, verpflichtet, die Depesche sosort in einem rekommandir⸗ ten Briefe an die nächste Station, welche zur Weiterbeförderung um Stande ist, event. an die End⸗Station oder direkt an den Avdres⸗ sasen als portofreie Dienstsache zur Post zu geben.

Nach erfolgter Wiederherstellung der telegraphischen Verbin⸗

dung ist die Depesche noch nachträglich durch den Telegraphen weiter zu befördern.

-.

§. 13. Für die Beförderung der telegraphischen Depeschen wird, so weit solche nicht unentgeltlich geschieht, eine vorläufig nach der Gesammtlänge der zu durchlaufenen Telegraphen⸗Linien der Vereins⸗Regierungen und nach der Zahl der Worte bemessene Gebühr erhoben, welcher nur in dem Falle, daß die Depesche von einer Telegraphen⸗Station durch die Post oder durch Boten nach einem anderen Orte weiter zu befördern ist, eine Transport⸗Vergütung hinzutritt. 8 V beträgt für eine Depesche auf eine Entfernung bis einschließlich 10 Meilen für 20 Worte 20 Sgr. oder 1 Fl. Conv. Münze oder 1 Fl. 12 Kr. Rheinisch. 88 Diese Gebühr steigt jedesmal um denselben Betrag für weitere

15

20

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—0

S

30 89 8 40 u. s. w. Meilen. vX“ Wenn die Depesche über 20 bis mit einschließlich 50 Worte enthält, so wird das Doppelte, und wenn solche über 50 bis ein schließlich 100 Worte enthält, das Dreifache erhoben— Der nach Maßgabe des Obigen aufgestellte Tarif für d legraphen⸗Gebühr ist Folgender: Für

eine Deypesche

betragen die Gebühren für Worte:

von 51 bis 100 einschließlich

von is 21 bis 50.

20 einschließlich einschließlich

Auf Meilen.

Rheinisch.

Fl. Rheinisch Fl. Rheinisch.

&

Bis einschließ⸗ lich 10 Mei len

Ueber 10 bis einschließlich 25 Meilen..

Ueber 25 bis einschließlich 45 Meilen... Ueber 45 bis einschließlich

70 Meilen...

Ueber 70 bis eenschließlich 1 —. 100 Meilen.. 1 G 20110 101. 961ʃ18 Beförderung

1 2 G 1 Die hiernach für die einzelnen Stationen der preußischen Tele⸗

graphen⸗Linien aufzustellenden Gebühren⸗Tarife sind durch die Te⸗ legraphen⸗Stationen zu beziehen. Spezielle Taxbestimmungen. 8 §. 14. Bei Ermittelung der Gebühren nach der Wortzahl sind folgende Grundsätze zu beobachten: a) Zusammengesetzte Worte, welche mit Bindestrichen verbunden zu werden pflegen, sind in der Regel als ein Wort zu rech⸗ nen; als Maximal⸗Gränze eines Wortes werden jedoch 7 Sylben angenommen, so daß der Ueberschuß von 7 zu 7 Sylben wiederum als ein Wort gerechnet wird. Interpunctions⸗Zeichen im Texte werden nicht mit gerechnet, dagegen können alle durch den Telegraphen nicht wieder zu ig gebende Zeichen, welche daher durch Worte dargestellt werden müssen, nur als Worte berechnet werden. 1 Einzelne Buchstaben oder Zahlen, letztere bis zu 5 Ziffern, werden ebenfalls als ein Wort gerechnet. Bei Zahlen von mehr Zifferstellen sind je 5 Ziffern und eben so der etwaige Wort anzunehmen, wobei Striche, Kom⸗ darstellbare Zeichen als Ziffern mitzuzäh⸗

ch Ueberschuß als ein mata und andere len sind.

Bei chifferirten Depeschen sind je 5 Zeichen, so wie der etwaige Ueberschuß, als ein Wort anzusehen.

1 mitgerechnet, dagegen sind *) die etwaigen Notizen,

ufügt, nicht mitzuzählen.

Adresse und Unterschrift werden bei Auszählung der Worte

in welcher Weise die Depesche von der tzten Telegraphen⸗Station weiter befördert werden soll, fer⸗ 8 er sämmtliche Zeichen und v. die Füegesyüehe ö e5 8 rwalt elbst der esche zum Zwecke des Dienstes hin⸗ veschen zur Beförderung nachjeder anbenen Leefe de ceceecce 2 erwaltung selbst der Depesche zum Zwecke de enstes hin

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Gebühren für Nacht⸗Depeschen.

g. 416. Für Nacht⸗Depeschen (§. 5) sind sämmtliche Telegra phen⸗Gebühren zu dem doppelten Betrage zu entrichten.

Der gleich bei der ersten Anmeldung der Depesche von dem Aufgeber auf Abschlag der Beförderungs⸗Gebühr einzuzahlende Minimal⸗Betrag d. i. der Betrag für 20 Worte nach dem Ta⸗ rife für Nacht⸗Depeschen, welcher von der Telegraphen⸗Station im Einnahme⸗Journal in der Kolonne „deponirtes Porto“ zu bu chen ist, verfällt der Unterstützungs⸗Kasse der Telegraphen⸗Verwal⸗ tung, wenn die angemeldete Depesche bei Nacht zu der angegebenen Zeit nicht abgeht. Die Stationen der betreffenden Linie müssen vann davon in Kenntniß gesetzt werden, daß sie die angemeldete Depesche nicht zu erwarten haben.

Für Depeschen, welche vor 9 Uhr Abends aufgegeben werden, aber erst nach Schluß der Dienststunden befördert werden können, ist nur der einfache Tarifsatz zu erheben.

Bei Depeschen, welche in der Nacht abtelegraphirt werden, eingetretener Hindernisse wegen aber, erst am Tage ihre Bestim⸗ mung erreichen, findet eine Restitution der durch die Telegraphi⸗ rung bei Nacht entstehenden Mehrkosten an den De chen⸗Absender nicht statt.

Zurückgabe von Depeschen. §. 16. Die Zurückgabe einer Depesche sebe graphirung derselben darf nur erfolgen, wenn 81 8 han Person, welche die Depesche zurückfordert, Aeorhr uc 8 Absender derselben, ve 1 hen zur Rückforderung Depesche beauftragt, vollständig legitimirtt. 8 Falle sind 5 Sgr. Einschreibegebühr von heeb bereits erlegten und zurückzuerstattenden Gebührenbetrage zu⸗ behalten und von der Station vorläufig als Extraordinarium zu vereinnahmen. C1“ Collationirt . §. 17. Jedem Absender einer Depesche steht das Recht zu, dieselbe collationiren, d. h. solche von der Adreß⸗Stateon sich zu⸗ kücktelegraphiren zu lassen. 2 Fr 8 einer Depesche ist die Hälfte der Tele⸗ graphengebühr für den Hinweg zu entrichten. . Absetzung und Vervielfältigung der Depeschen.

§. 18. Jede zur Beförderung bestimmte Depesche kann auf Verlangen des Absenders an mehrere Adressaten gerichtet und in Folge dessen sowohl auf Zwischenstationen abgesetzt, als auch bei diesen oder bei der letzten Station vervielfältigt werden.

Depeschen, welche an Zwischenorten abgesetzt werden sollen, sind in der Art zu taxiren, daß die Gesammkgebühr sich aus den einzelnen Beträgen der für die Beförderung vom Abgangsorte bis zum nächsten Absetzungspunkte und so fort von einem zum anderen Absetzungspunkte resp. bis zum Bestimmungsorte ergebenden Ge⸗ bühren zusammensetzt. .

Bei Depeschen, welche von einer Station zu vervielfältigen sind, ist für die Ausfertigung des zweiten und jedes folgenden Exemplars eine Gebühr von 7 Sgr. = 20 Xr. Conv. = 24 Xr. Rhein. zu erlegen. 8

Vergütung für den Weiter⸗Transport.

§. 19. Die Vergütung für den Transport der von einer Te⸗

legraphen⸗Station nach einem außerhalb der Telegraphen⸗Linie lie⸗ genden Orte weiter zu sendenden Depeschen ist vom Absender zu⸗ gleich mit den Telegraphen⸗Gebühren zu zahlen. *ꝓWenn die Höhe des Betrages für den Weiter⸗Transport nicht im voraus angegeben werden kann, so ist von dem Aufgeber eine zur Deckung des muthmaßlichen Betrages ausreichende Summe zu deponiren, von welcher der Ueberrest binnen 3 Tagen zurückgefor⸗ dert werden kann. 8

Die Telegraphen⸗Station, bei welcher die Depesche den Tele⸗

graphen verläßt, hat der Abgangs⸗ Station die Höhe des Betra⸗ ges möglichst schnell auf telegraphischem Wege mitzutheilen. Ist die Ausloge jener Kosten in anderer Währung geschehen, als solche vom Absender der Depesche nach der üblichen Landes⸗ münze zu zahlen sind, so ist die Reduction nach dem Verhältnisse von 20 Fl. Conv. M. = 24 ½ Fl. Rhein. = 14 Rthlr. Preuß. zu bewirken.

Das erwähnte Depositum soll bei jeder Depesche mindestens be⸗

tragen

a) für Beförderung mittelst ordinairer Post oder expresser Boten

1 ¼ Fl. Conv. M. oder 1 ½ Fl. Rhein. oder ½ Rthlr. Pr.

b) für Estaffetten⸗Beförderung eben so viel für je eine Meile.

Vorauszahlungen.

§. 20. Sämmtliche Gebühren sind zwar in der Regel bei Auf⸗ gabe der Depesche im voraus zu zahlen. Es bleibt jedoch dem Er⸗ messen der einzelnen Vereins Regierungen überlassen, inwieweit bei gewissen Arten von Depeschen ein Kreditiren der Gebühren nach⸗ gegeben werden darf.

Im Bereich der preußischen Telegraphen⸗Linien können aus⸗ ländische Korrespondenten, welche den Telegraphen wöchentlich we nigstens einmal, und inländische Korrespondenten, welche denselben wöchentlich wenigstens zweimal benutzen, bei der betreffenden Te⸗ legraphen⸗Station eine Summe von höchstens 200 Rthlr. zur Be⸗ richtigung der Beförderungs⸗Gebühren für ihre Depeschen, als Vor⸗ schuß einzahlen.

Die Stationen haben mit den betreffenden Korrespondenten über die Vorschüsse monatlich abzurechnen und ein in Kredit und Debet abgetheiltes Konto zu führen. Von selbst versteht sich, daß sich die Beamten der Station über die Person und den Wohnort der Depeschen-Aufgeber in genauer Kenntniß erhalten müssen. Ueber die Gebühren, welche von den Depeschen⸗Aufgebern eingezahlt werden, ist denselben Quittung zu ertheilen.

Bestellung der Depeschen.

§. 21. Jede Depesche wird nach ihrer Ankunft auf der letzten Tele⸗ graphen⸗Station oder auf solchen Zwischen⸗Stationen, wo dieselbe abgesetzt worden ist, sogleich unter dem Amtssiegel der Telegraphen⸗ Station an den oder an die Adressaten abgesandt, und zwar, inso⸗ fern der Adressat am Stationsorte selbst wohnt, durch einen ver⸗ pflichteten Boten der Telegraphen⸗Verwaltung, im anderen Falle aber nach Maßgabe der vom Absender getroffenen Bestimmung, v. j. durch die Post, durch Estaffette oder expressen Boten.

Die richtige Behändigung mit Angabe der Zeit, zu welcher diese stattgefunden, hat der Empfänger in einem ihm vorzulegenden Quittungsbuche, resp. durch besonders geschriebene Quittung zu be⸗ scheinigen.

Rückerstattung der Gebühren.

§. 22. Wird eine zur Absendung angenommene Privat⸗De⸗ pesche von einer weiterhin belegenen Station derselben Regierung auf Grund des §. 8 zurückgewiesen, so steht dem Absender ein An⸗ spruch auf Rückerstattung der gesammten erlegten Gebühren zu. Erfolgt die Zurückweisung hingegen bei einer Station einer ande⸗ ren Vereins Regierung, so hat der Absender nur den Betrag für diejenige Strecke zurückzuerhalten, auf welcher die Beförderung noch nicht stattgefunden hat. 1

Im Uebrigen findet eine Rückerstattung der Gebühren für te⸗

am Bestimmungsorte in einer Weise verstümmelt ankommen, daß sie

legraphische D. er Regel nur dann statt, wenn solche egraphische Depeschen in der Rege ste s solgende außerordentliche A

v““ 8

ihren Zweck nicht erfüllen können, eine rechtzeitige Berichtigung aber nicht zu ermöglichen gewesen ist. In diesem Falle ist diejenige Ver⸗ waltung zur Zahlung des zurückzuerstattenden Betrages verpflichtet, deren Beamten die Verstümmelung verschuldeten oder auf deren Linien die letztere stattgefunden hat. Bewahrung des Telegraphen⸗Geheimnisses. 1

§. 214. Sämmtliche Telegraphen⸗Beamte sind zur strengsten Geheimhaltung der telegraphischen Depeschen verpflichtet und darauf vereidet.

Fremden Personen ist der Zutritt zu den Apparaten⸗Zimmern der Telegraphen⸗Stationen während des Telegraphirens versagt.

Gebühren⸗Freiheit.

§. 25. Im internationalen Verkehre werden in der Regel nur die Depeschen des Telegraphendienstes gegenseitig frei⸗ befördert.

Alle übrigen Staats⸗Depeschen dagegen unterliegen der tarif⸗ mäßigen Gebühren⸗Berechnung von der Aufgabe- bis zur Adreß⸗ Station, unbeschadet der etwaigen anderweiten Verfügung einzelner Vereins⸗Regierungen, so weit es deren Gebühren⸗Antheil⸗ betrifft.

Berlin, den 26. September 1850.

Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. von der Heydt

Se. Königl. Hoheit der Prinz Albrecht ist von Treuen⸗

brietzen, und

Se. Königl. Hoheit der Prinz Adalbert von Garz hier

eingetroffen.

Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. Der Regierungs⸗ und Wasser⸗Baurath Kawerau zu Gum⸗

binnen ist in gleicher Eigenschaft nach Breslau versetzt worden.

Angekommen: Se. Cxcellenz der General der Kavallerie und Ober⸗Befehlshaber der Truppen in den Marken, von Wran⸗ gel, und Se. Durchlaucht der General Lieutenant und Commandeur der bten Division, Fürst Wilhelm von Radziwill, von Treuen brietzen.

Abgereist: Der Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungsrath und Direktor im Ministerium des Innern, von Puttkammer, nach Vorpommern.

Richtamtlicher Theil. Dentschland.

Preußen. Potsdam, 26. Sept. Se. Majestät der König haben, wie dies bereits im amtlichen Theile angezeigt ist, Sanssouci den 24sten d. M., Abends um Uhr, verlassen, um sich nach Treuenbrietzen zu den Manövern der 6ten Division zu begeben. Alle Ortschaften auf dem Wege waren illuminirt und Sr. Majestät überall ein freu⸗ diger Empfang bereitet. Um 8 Uhr trafen Se. Majestät in Treuen brietzen ein. Vor dem Gasthofe zum Posthorn, in welchem Se. Majestät Allerhöchstihr Absteigequartier nahmen, war eine Compagnie des 19ten Infanterie⸗Regiments als Ehrenwache aufgestellt. Gegen⸗ über von dem Gasthofe standen die städtische Schützengilde, der Ve⸗ teranen⸗Verein und die Turnschule. Se. Majestät der König gin⸗ gen, nachdem Sie ausgestiegen, die Front der Ehrenwache, der Schützengilde u. s. w. herunter und entließen hierauf dieselben. Am Gasthofe wurden Se. Majestät von der Generalität, den Comman⸗ deuren, dem Kreis⸗Landrathe, dem Kreisrichter, der Geistlichkeit, den städtischen Behörden und vielen Gutsbesitzern der Umgegend em⸗ pfangen. Zum Thee und Souper waren die Generalität und die Commandeure, der Kaiserl. russische General⸗Major Graf von Bencken⸗ dorf, der General⸗Major a. D. von Blumenthal und der Kreis⸗Land⸗ rath befohlen. Während des Thees traf noch der Prinz Albrecht Königl. Hoheitein. Um 10 Uhr war Zapfenstreich, und gestatteten Se. Majestät dem treuenbrietzener Gesangvereine einige Gesangstücke vorzutragen, wofür Se. Majestät Sich persönlich bedankten.

Am 25sten Uhr stiegen Se. Majestät der König zu Pferde, nachdem noch Prinz Karl und Prinz Friedrich Karl Königliche Ho⸗ heiten eingetroffen waren, und begaben Sich nach Nichel, wo die Truppen der 6ten Division (2 Bataillone des 14ten Infanterie⸗ Regiments, das 19te Infanterie Regiment, 6te Kürassier⸗Regi⸗ ment, genannt Kaiser von Rußland, und 6 Geschütze des 3ten Ar⸗ tillerie⸗Regiments) aufgestellt waren. Se. Majestät ließen die Trup⸗ pen vorbeimarschiren und hierauf begann ein Manöver der Divi⸗ sion gegen einen markirten Feind. Der Feind ward von der Stamm⸗ Compagnie des treuenbrietzener Landwehr⸗Bataillons und 25 Kü⸗ rassieren markirt. Gegen 12 ½ Uhr war das Manöver beendet, und die Truppen wurden von Sr. Majestät entlassen, worauf sie sofort abmarschirten. Se. Majestät waren mit den Truppen zufrieden und bewilligten denselben das übliche Revue⸗Geschenk.

Um 1 Uhr war Diner, zu welchem die Generalität, die Stabs Offiziere, die anwesenden Fremden von Auszeichnung, der Kreis⸗ Landrath, der Kreisrichter, mehrere Gutsbesitzer, die ersten Geist⸗ lichen, befohlen waren.

Um 3 ¾ Uhr verließen Se. Majestät Treuenbrietzen, und trafen um 5 ½ Uhr in Sanssouci wieder ein.

Hessen Rhein. Darmstadt, 23. r. J.) In der heutigen Sitzung der zweiten motivirt der Abg. Wittmann seinen Antrag auf Vor⸗ lage eines Gesetzentwurfs zum Schutze der verfassungsmä ßigen Rechte gegen verfassungswidrige Willkür und wird von dem An tragsteller mit Wärme begründet. Er verlangt 1) Entscheidung der Gerichte, ob ein Gesetz oder eine Verordnung verfassungsmäßig sei

und bei Sept.

Kammer

und will 2) die Unterlassung dieser Entscheidung oder die Entschei⸗

dung auf verfassungswidrige Normen mit der schwersten Strafe, mit der Strafe des Mordes, geahndet wissen, weil sie die Gerechtigkeit morde. Mit einem Seitenblick auf Kurhessen empfiehlt er diesen „Schild“ für die „Verfassung schleuniger Prüfung. Eben so begründet Matty von Freilaubersheim einen Antrag auf Zurücknahme der du Thil'schen Disziplinar-⸗Ordnung die Gefängnisse betreffend, weil diese die den Gesetzen der Humanität und unseres Landes entgegenstehende Prügelstrafe sanctionire. Beide Anträge wurden in die Abtheilungen verwiesen. Eine Interpellation des Abgeord⸗ neten Bogen erwähnt schauderhafte Metzeleien, die in Oberlauden⸗ bach unter meist Unbewaffneten und gegen Wehrlose angerichtet worden seien, so wie weiter der Thatsache, daß allgemeinem drin genden Vermuthen nach der tragische Tod des Großherzoglichen Kreisraths Prinz nicht durch ein Komplott, sondern durch die ver⸗ einzelte jähe That eines Ausländers herbeigeführt worden sei. Nach einer Rüge über die lange Dauer der Untersuchung fragt der Abg. Bogen das Justiz⸗Ministerium: was den Schluß der Untersuchung verhindere und ob dasselbe als oberaufsehende Behörde die Ver handlung der Sache vor die nächsten Assisen oder vor eine diesen sise bringen werde. Eine Interpellation

des Abg. Hoffmann von Darmstadt fragt mit Bezug auf Art. 9

und 10 des Strafgesetzbuchs, ob die den Correctionshaus⸗Sträflingen gesetzlich gestatteten Erleichterungen als Gnade oder als Recht ge⸗ währt wurden. Eine weitere Interpellation des Abgeordn. Schmitt bringt die Aufstellung der Grundbücher ꝛc., so wie die früher in öffentlichen Blättern erwähnte Anschuldigung gegen den Großher⸗ zoglichen Ober⸗Finanzrath Hügel wegen Staatsbetrugs zur Sprache, ob deshalb eine gerichtliche Untersuchung angeordnet worden oder ob das Gerücht begründet sei, daß Herr Hügel nur eine Diszipli⸗ narstrafe erhalten habe ꝛc. Der Präsident verliest hierauf ein Schreiben des Abgeordneten Müller -Melchiors, worin dieser mit Bezug auf die nächsten Mittwoch stattfindende De⸗ batte über die Steuerfrage der Kammer mehrere Aktenstücke über⸗ reicht, welche eine Kritik der von, Dalwigkschen Verwaltung auch aus dem Gesichtspunkte der Moralität gestatten würde. Der Abg. Müller⸗Melchiors erzählt dann, daß er auf seinem Büreau (dem gemeinschaftlichen mit Zitz) einen Burschen, Heinrich Müller aus Mainz, als Schreiber beschäftigt habe, der ihm kurz vor seiner Ab⸗ reise von glaubhafter Seite als Spion des Herrn Ministers von Dalwigk bezeichnet worden sei. So wenig er dies den beiden Per

sönlichkeiten nach ꝛc. für möglich gehalten, so habe er doch densel

ben durch seinen Stellvertreter Dr. Pellitz überwachen lassen. In seiner Abwesenheit am Landtag habe Herr Pellitz den Müller bei der Reinschrift eines an Herrn von Dalwigk gerichteten Schreibens überrascht, und dieser habe in seiner Angst Konzept, Reinschrift, eine Erklärung des Sachverhalts und einen von Dalwigkschen Ori⸗ ginalbrief ausgeliefert. Die Wichtigkeit des Moments, in welchem ein feierliches Urtheil über das gegenwärtige Regierungs⸗System gefällt werden sollte, habe ihn bewogen, trotz persönlichen Wi derwillens, diese Aktenstücke zur Kenntniß der Kammer zu bringen, wobei er es dem Urtheile jedes Einzelnen überlassen müsse, die Lücken der einzelnen Aktenstücke zu ergänzen. Es werden nunmehr folgende Aktenstücke verlesen: 1) ein Schreiben des Herrn von Dalwigk d. d. Darmstadt, am 24. August l. J., worin dieser dem Anwalts⸗Clerk Herrn Müller zu Mainz den Empfang der Zuschrift vom 11ten l. J. anzeigt. Es heißt dann weiter, der Herr Minister werde den Adressaten bei seiner nächsten Anwesenheit in Mainz rufen lassen, um über die Möglichkeit einer Anstellung für ihn mit ihm Rücksprache zu nehmen, sofern es derselbe nicht vorziehen sollte, ihn hier in der Kürze in Darmstadt aufzusuchen. Hochachtungsvoll ꝛc.; 2) das Konzept eines Schreibens des Müller an Herrn von Dalwigk vom 10. September l. J., worin dieser die Redner der letzten Sitzung des demokratischen Vereins (Herrn Wittmann, Müller⸗Melchiors, seinen Brodherrn ꝛc.) denunzirt, das Verhältniß des Herrn Müller⸗Melchiors zur Redaction der Mainzer Zeitung anzeigt, wie zugleich dieser den Redacteur zu hartnäckigem Widerstand gegen die Behörden anreize, diese verhöhne ꝛc. Am Schlusse noch eine Bitte um eine Anstellung mit dem Versprechen, daß er ein würdiger Staatsdiener und ein tüchtiger Spion sein werde; 3) ein Schreiben des ꝛc. Müller mit den Geständnissen, daß er in Darmstadt bei Herrn von Dalwigk gewesen und von diesem nach Wittmann, Pellitz ꝛc. gefragt worden sei. Auf seine Bitte sei ihm eine Stelle zugesichert worden, nur solle er einstweilen als Clerk fortarbeiten, sich als Unterthan würdig zeigen und dem Herrn Minister zuweilen Auskunft geben; 4) eine weitere Quittung von Müller bescheinigt, daß ihn Herr Müller⸗Melchiors nach Auszahlung seines Gehalts aus seinem Dienste entlassen habe. Der Antrag von Cretzschmar auf Druck dieser Aktenstücke und Mittheilung der Abdrücke ans Ministerium findet mehrfache Unterstützung. Der heute frisch eingetretene Abg. Eigenbrodt (Min.⸗Rath) provozirt auf Tagesordnung. Dem entgegen beantragt Buchner die Dring⸗ lichkeit. Der Abg. Metz spricht gegen jede augenblickliche Beschluß⸗ fassung, bittet Herrn Buchner, seinen Antrag, Herrn Eigenbrodt, seine Bedenken fallen zu lassen und nicht den Druck zu beschließen, in⸗ dem er die Kammer zugleich gegen jede etwa unterstellte voreilige Meinungsäußerung verwahrt. Aehnlich Herr Wittmann, der Nie

mand ungehört verdammt wissen will. Nach einer kurzen Diskus⸗

sion zwischen den Abg. G. Matty (Pfarrer) und dem Präsiden⸗ ten über die Geschäftsordnung wird der Cretzschmarsche Antrag beinahe einstimmig angenommen.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 23. Sept. Heute Abend ist durch die Schwer. Ztg. noch nachstehende Anzeige ver⸗ öffentlicht: 1

„Da gegen mich und viele der hier anwesenden Mitglieder der zum 24sten d. M. von mir eingeladenen Abgeordneten⸗Kammer polizeiliche Gewaltmaßregeln ausgeführt worden sind, welche den gesetzlichen Zusammentritt der Kammer unmöglich machen, so kün⸗ dige ich die auf morgen anberaumte Sitzung hierdurch ab. Schwe⸗ rin, den 23. Sept. 1850. Moritz Wiggers, Präsident der zum 24sten d. M. eingeladenen Abgeordneten⸗Versammlung.“

Durch dieselbe Zeitung erfahren wir, daß M. Wiggers folgen des Schreiben erhalten hat: „Da zur Kenntniß des unterzeichne ten Ministeriuunis gekommen ist, daß der Advokat Moritz Wiggers die Mitglieder der ehemaligen Abgeordnetenkammer mittelst eines vom 15ten d. M. datirten Schreibens eingeladen hat, sich am 24sten d. M. zu einer Sitzung in Schwerin zu versammeln, so sieht dasselbe sich veranlaßt, den Advokaten Moritz Wiggers auf die Verord⸗ nung vom 14ten d. M., durch welche das Staatsgrundgesetz vom 10. Oktober 1849 und die auf Grund desselben bestandene Lan⸗ desvertretung aufgehoben sind, hiermit aufmerksam zu machen und demselben zugleich zu eröffnen, daß das unterzeichnete Ministerium jeden Versuch einer solchen Versammlung, sich als Landesvertre⸗ tung zu geriren, sofort inhibiren lassen wird. Schwerin, den 18. September 1850. Großherzogl. mecklenburgisches Gesammt Ministe rium. Gr. von Bülow. von Schr Fter. von Brock.“ Dies Schreiben ist dem Präsidenten der Kammer unfrankirt nach Rostock gesandt.

„Außerdem werden noch folgende zwei Schreiben an denselben mitgetheilt: 1) Schwerin, den 19. September 1850. Ew. Wohl⸗ geboren haben als Präsident der früheren Abgeordneten⸗Kammer in Anleitung des §. 99 des Staats⸗Grundgesetzes vom 10. Oktober 1849 eine Sitzung der früheren Abgeordneten⸗Kammer auf den 24sten d. M., Mittags 12 Uhr, anberaumt und mich dazu einge laden. Ich darf nicht verhehlen, daß nach meiner Ueberzeugung der §. 99 lediglich den Fall der Auflösung der Abgeordneten⸗Kam mer und der ausgebliebenen resp. nicht vollendeten Neuwahlen bei fortdauernder formaler Gültigkeit des Staats⸗Grundgesetzes vor aussetzt, auf den gegenwärtigen Fall aber keine Anwendung leidet, daher die bevorstehende Versammlung nur als intendirte Zusammen⸗ kunft einzelner Staatsangehöriger in Betracht kommen kann, wobei die Eigenschaft des Einzelnen, früher Abgeordneter gewesen zu sein, gleichgültig ist. Ich sehe daher mich außer Stande, der gedachten Versammlung beizuwohnen. ꝛc. Fr. Meyer. 2) P. M. Die Unterzeichneten beehren sich, dem Herrn Advokaten M. Wiggers auf dessen betreffende Einladungen ergebenst zu erwiedern, daß sie sich durch die bekannten Ministerial⸗Verfügungen behindert halten, an der auf morgen angesetzten Kammer⸗Sitzung und folgeweise auch der Sitzung des Büreau's Theil zu nehmen. Schwerin, den 23. Sep⸗

tember 1850. ꝛc. Ebert. Schultetus.

8 8 1“ 4 1“ d.-, veea haben wir noch Folgendes mitzutheilen: Wie schon ge⸗ meldet, beschied die Polizei gestern (Sonntag) Abend diebereits angekom⸗ Abgeordneten zu sich, um dieselben über den Zweck ihres Hierseins amtlich zu vernehmen. Drei erst in Folge einer Realci⸗ tation erschienene Mitglieder der Linken (J. Wiggers Tüurk u Napp) verweigerten die geforderte Auskunft und wurden, als si das schriftliche Versprechen, heute früh Schwerin zu verlassen nicht abgeben wollten, bedeuntet, daß sie bei Vermeidung des Schubes binnen 2 Stunden (es war bereits nach 10 Uhr Nachts) die Stadt zu räumen hätten. Wie man hört, haben sie die Nacht in dem nahegelegenen Ostorf zugebracht. Heute Vormittag ist dort eine Vorversammlung der Linken gehalten worden, in welcher auch der Präsident M. Wiggers (dessen Anwesenheit in Schwerin der Polizei gestern verborgen blieb) zugegen war. 3 Der schweriner Bürger⸗Ausschuß hat dem dortigen Magistrate wegen seines Verhaltens in der Verfassungs⸗Angelegenheit ein Miß⸗ trauens⸗Votum ertheilt und zugleich gegen den Spruch der Kom⸗ promiß⸗Instanz Vewahrung eingelegt.

Frankfurt. Frankfurt a. M., 23. Sept. (Fr. J.) Die Be rathungen über die kurhessischen Angelegenheiten haben, wie man ver⸗ nimmt, vergangenen Sonnabend im Schoße der Bundes⸗Versammlung ihren Anfang genommen. Jene erste, in dieser Angelegenheit gehaltene Sitzung soll über sechs Stunden gedauert haben. Die Verhandlungen wur⸗ den auf Grund eines Ausschußberichts geführt, welchen der liech tensteinsche Bevollmächtigte, von Linde, Namens des Ausschusses erstattete. Die gefaßten Beschlüsse dürften sich, nach glaubwürdi⸗ gen Versicherungen, ungefähr in Folgendem zusammenfassen las⸗ sen: Die Bundes⸗Versammlung, in Erwägung, daß sowohl nach dem Geiste der Bundes⸗Akte, a8. dem Beschlusse von 1832 in kei⸗ nem dem deutschen Bunde angehörenden Staate Steuerverweige⸗ rungen erlaubt sind und eine solche Steuerverweigerung in Kur⸗ hessen vorliegt, auf welche Artikel 25 und 26 der Schluß Akte in Anwendung zu bringen ist, beschließt: „Es ist die kurhessi sche Regierung aufzufordern, die geeigneten Mittel anzuwen den, um die ernstlich bedrohte landesherrliche Autorität wiede herzustellen und die Bundes Versammlung von allen Mittelr in Kenntniß zu setzen, welche sie in Anwendung zu bringen beab sichtigt. Die Bundes⸗Versammlung behält sich ihrerseits vor, die geeigneten Mittel in Anwendung zu bringen.“ Was sich die Deut⸗ sche Zeitung über dieselbe Sitzung unter „Frankfurt, 23. Sep⸗ rember“ von Aufträgen zur Intervention in Kurhessen schreiben läßt welche die Bevollmächtigten der beauftragten Staaten Hannover und Württemberg, mit Dank angenommen hätten; ferner die Be hauptung desselben Blattes, daß alle Schritte, welche Herr Hassen pflug gethan, aus gemeinsamen Berathungen mit den übrigen Be vollmächtigten hervorgegangen seien, erweisen sich bei näherer Un⸗ tersuchung als leere Erfindungen. Wohl aber dürfte man aus obi⸗ gem Beschlusse der Bundes⸗Versammlung zu folgern berechtigt sein, daß die Bundes⸗Versammlung von nun an eine gewisse Kontrolle über die Art und Weise des Vorgehens der kurhessischen Regierung auszuüben gedenke, eine Absicht, welche bei der großen Verantwort⸗ lichkeit, die ihr aus jedem in der schwierigen Angelegenheit zu thuen⸗ den Schritte erwächst, wohl ihre Erklärung fände.

Ausland.

Frankreich. Paris, 21. Sept. (Köln. Ztg.) Der Eindruck, den das päpstliche Edikt über die Organisation eines Staats⸗Ministeriums und eines Staatsraths (s. das vorgestrige Blatt des St. Anz.) hier gemacht hat, ist im Allgemeinen der der getäuschten Erwartung. Die ministerielle und konservative Presse äußert sich bis jetzt nur vorsichtig oder gar nicht darüber. Der Constitutionnel rügt, daß nirgends ausdrücklich den Weltlichen der Zugang zu den höchsten Staatsämtern gestattet ist, währen sie indessen von mehreren und gerade von den obersten ausgeschlos⸗ sen sind, hofft aber von der Einsicht und Guüͤte des Papstes, daß diesem Uebelstande in der Praxis abgeholfen werde. Das Pou⸗ voir, welches den Papst in seinem Konflikt mit der sfardinischen Regierung unterstützt, schweigt bis jetzt ganz. Das Journal des Débats sucht die geringen päpstlichen Konzessionen gegen den po⸗ litischen Liberalismus mit den schwierigen Umständen und der po⸗ litischen Unreifheit der Römer zu entschuloigen. Allgemein fällt das gänzliche Nichtvorhandensein eines Unterrichts⸗Ministe- riums auf.

Großbritanien und Irland. London, 23. Sept Der russische Gesandte, Baron von Brunnow, befindet sich seit eini gen Tagen wieder hier. Er scheint demnach die Benutzung seines Urlaubs aufgegeben zu haben. Die erste Veranlassung zur Einstel⸗ lung seiner Reise nach St. Petersburg hat bekanntlich der Tod seiner Stieftochter dargeboten, den er erfuhr, als er sich gerade in Stettin einschiffen wollte.

Bei Seaford, einem kleinen Hafenort in der Grafschaft Susser, wurde dieser Tage eine großartige Felsensprengung vorgenommen, um aus den losgerissenen und ins Meer geschleuderten Felsmassen einen Damm gegen die dort sehr starke und die Küste tief unter minirende Brandung zu bilden. Es wurden mehrere tiefe Schachte in das Gestein gehauen und diese an ihren Enden mit 25,500 Pfund Pulver angefüllt. Die Explosion, deren Dröhnung man meilenweit verspüren konnte, ohne daß sie indeß in der Nähe eine starke De⸗ tonation verursachte, hatte den gewünschten Erfolg. Es wurde eine Felsmasse von mehr denn Mill. Tons Gewicht losgesprengt, die sich längs des Strandes in einer Breite von 300 und Höhe von 40 100 Fuß aufthürmte. Etwa 50 Fuß über dem Punkte des höchsten Wasserstandes hatte man einen Stollen in den Felsen ge⸗ arbeitet, von 70 Fuß Länge und 5— 6 Fuß im Durchmesser, der in 3 Galerieen auslief, die wiederum in einer 7 Kubikfuß tiefen Höhle endigten, in deren jeder 12,000 Pfund Pulver war. Die Galerieen waren mit einer Mischung von Sand und Kalk zuge pfropft, weshalb der Staub derselben nach der Explosion noch ge⸗ raume Zeit die Luft verfinsterte. 3

Italien. Rom, 12. Sept. (Franz. Bl.) Ungeachtet die Mauer⸗Anschläge mit Antonelli's neuesten organischen Erlasse von Sbirren bewacht werden, sind sie dennoch vom Volke herabge⸗ rissen oder mit Koth beworfen worden. Das Papiergeld ist um 3 % gefallen.

Turin, 19. Sept. (Franz. Bl.) Die Nachrichten aus Sardinien sind widersprechend. Während einige Blätter behaup⸗ ten, der ECrzbischof von Cagliari sei verhaftet, klagt die Volks⸗

Zeitung von Cagliari, daß die Regierung den dortigen Erzbischof,

das Universitäts⸗Kollegium zu Sassari und einen Vikar zu Rosa bei offener Empörung gegen das Gesetz ungestraft lasse. Die mi⸗ nisteriellen Journale beobachten das tiefste Stillschweigen sowohl über die Vorgänge auf Sardinien, als über Pinelli's Sendung nach Rom. .

Turin, 20. Sept. (Lloyd.) eine Korrespondenz aus Rom vom 13ten,

Das Blatt Armonia bringt woraus hervorgeht, daß