Pflicht macht, für die beste Art der Aufbringung und Vertheilung der für den ermittelten Staatsbedarf erforderlichen Abgaben⸗Beträge nach vorgängiger Prüfung der von der Staats⸗Regierung geschehenen Vorschläge zu sorgen. Wie sollte dies möglich sein, wenn auf Grund der bloßen Vorlage eines neuen Budgets die Bewilligung zue einer Erhebung der Steuern erfolgen könnte? Wie sollte es mit §. 145 der Verfassungs⸗Ur⸗ kunde zu vereinigen sein, daß die auf Vorlage des neuen Budgets vorläu⸗ sig bewilligten Steuern nach dem Modus des abgelaufen e nj Budgets erhoben würden? — Allerdings konnte der Erhebungs⸗Modus sür das neu⸗ Budget in derselben Weise beliebt werden, als der für den abgednifen Etat; — allein mit Bestimmtheit läßt sich dies keinesweges vot her Prüfung und Feststellung des neuen Etats voraussehen. der Landtag sehr häufig Bewilligungen von Steuern Coö. also dem das alte Budget schon länger als sechs Monate 19 rfassüngs⸗ die Abgaben⸗Erhebung weiter bewilligt, als die im §. 147 1t er Ve 4 U Sa 8s che Jeist es der Regierung erlaubt, ohne Urkunde angegebene sechsmonatliche Frist es der? gierteng er ö daß zuvor uͤber den Voranschlag der neuen bereits 18 Finanzbe ecche berichtet und diskutirt wäre, häufig sogar, ohne daß zuvor eine an Cs EE“ 8 ; vnauen Budget möglich gewesen ware. Die liche Bekanntmachung mit dem neuen Budget meet r einzelgen. Po⸗ denntnißnahme, von der Zweckmä⸗ h“ sitionen des neuen Budgets ist einer weiter erstreckten Steuerbewi igung gewöhnlich also nicht vorangegangen; die Bewilligung kann sich daher auf die Kenntnißnahme des neuen⸗ Budgets nicht sünden. b b 1 b Es bleibt mithin nur übrig, anzunehmen, daß nach dem Zusammen⸗ 1 e der 8S 144 145 147 der Verfassungs⸗Urkunde die öfters vorgekom⸗ veng . SS. , Fang der Abgaben⸗Bewilligung auf Grund der Kenntniß⸗ mene Weitererstreckung der Abgaven.⸗-C. gung nahme des alten Budgets erfolgt sei, da nach den klaren Bestimmungen der Verfassungs⸗Urkunde keine Bewilligung von Steuern stajtfihden kann, oöohne daß ein geprüfter Etat vorliegt. Das abgelaufene Budget müßte aber jedes Mitglied des Landtags kennen, weil es als Gesetz verkündet war. — Diese Ansicht ist auch von dem am 2. September aufgelösten Landtage insofern befolgt, als er auf die Vorlage des Finanzgesetzes vom 5. April hin die Erhebung der direkten Steuern bewilligt hat, obgleich er die Ver⸗ wendung der Regierung verweigerte. Die Bewilligung der Erhebung hätten die Landstände nicht eintreten lassen können, wenn, wie behauptet wird, zur Bewilligung der Steuern (Erhebung und Verwendung derselben) nach altem Modus auch eine zweite Vorlage für die neue Finanz⸗Periode nöthig wäre. Der Beschluß der Stände leidet somit an einem un⸗ lͤsbaren Widerspruche. Wie man die Sache auch ansehen mag, es läßt sich aus der Verfassungs⸗Urkunde durchaus nicht begründen, daß die Staats⸗Regierung, um eine Bewilligung von Steuern nach dem Modus des abgelaufenen Budgets zu erhalten, zwei Vorlagen zu machen habe; eine Vorlage eines Budgets, nach welcher sie für eine kurze Zwischenzeit die Steuern zu erheben und zu verwenden gedenkt, und eine Vorlage für die Zeit, welche dieser Zwischenzeit nachfolgt. Vor dem Ablaufe dieser Zowi⸗ schenzeit hatte die Staats⸗Regierung die Vorlage eines neuen Budgets zu⸗ gesichert (s. Anlage 4); sie hatte also alles das gethan, was von ihr verfassungsmäßig gefordert werden konnte. — Die Unbilligkeit, welche in dem am 31. August gefaßten Beschlusse des Landtags lag, mag hier nicht weiter erörtert werden, da sich über diese Handlungs⸗ weise der Majorität des Landtags der Führer der demokratischen Parlei, Prof. Bayrhoffer, in der Stände⸗Versammlung genügend ausgesprochen hat. Es sind aber auch 3) die Verordnungen der Staats⸗Regierung vom 4. September, be⸗ treffend die Ausschreibung der Steuern ohne landständische Bewilligung, und vom 7. September c., betreffend die Erklärung des Kriegszustandes, welche beide als Ausfluß des außerordentlichen Rechts des Landesherrn, in Nothfällen, wo es sich um das Wohl und die Sicherheit des Staats han⸗ delt und der Zweck der Anordnung durch Verzögerung vereitelt würde, Ge⸗ setzee ohne landständische Mitwirkung zu erlassen auf Grund des §. 45 der kurhessischen Verfassungs⸗-Urkunde gegeben wurden, sowohl⸗ von den oberen Verwaltungs⸗Behörden, als von dem landständi⸗ schen Ausschusse als unverbindlich und verfassungswidrig erklärt wur⸗ den, ja, man hat es versucht und ist leider von den Gerichten darin unterstützt, auf gerichtlichem Wege gegen diese Verordnungen zu op⸗ poniren. — Dies zeigt eine vollständige Verwirgung der staatsrechtlichen Begriffe. — Die Staats⸗Regierung hatte zu der Erlassung dieser genann⸗ ten Verordnungen unfehlbar nach deutschem und europäischem Staatsrechte die Befugniß, da es in allen monarchischen Staaten feststeht, daß der Lan⸗ desherr in dringenden Fällen zur Sicherheit des Staates provisorische Ge⸗ setze ohne Zustimmung der Landstände erlassen kann, und zwar nicht allein practen legem, sondern auch contra legem. Fast alle deutschen Verfas⸗ sungs⸗Urkunden haben hierüber eine ausdrückliche Bestimmung. — cl. H. A. Zachariä, Deutsches Staats⸗ und Bundesrecht. Th. II. S. 121. 144. ff. Klüber, Oeffentliches Recht des deutschen Bundes. §. 295. Mohl, Würtiembergisches Staatsrecht. Th. I. S. 187. Der §. 95 der kurhessischen Verfassungs⸗Urkunde sagt hierüber Folgendes: Ohne landständische Beistim mung tann kein Gesetz gegeben, aufgehoben, abgeändert oder authentisch erläu⸗ tert werden. Im Eingange eines jeden Gesetzes ist der landständischen Zu⸗ stimmung ausdrücklich zu erwähnen. Verordnungen, welche die Handha⸗ bung oder Vollziehung bestehender Gesetze bezwecken, werden von der Staats⸗ regierung allein erlassen. Auch kann, wenn die Landstände nicht versammelt sind, zu solchen ausnahmsweise erforderlichen Maßregeln, welche bei außer⸗ ordentlichen Begebenheiten, wofür die vorhandenen Gesetze unzulänglich sind, von der Staatsregierung unter Zuziehung des landständischen Ausschus⸗ ses auf den Antrag der betreffenden Ministertal⸗Vorstände für wesentlich und unaufschieblich zur Sicherheit des Staates oder zur Erhaltung der ernstlich bedrohten öffentltchen Ordnung erklärt werden sollten, ungesäumt geschritten werden. Hieranf aber wird nach dem Antrage jenes Ausschusses sobald als mög⸗ lich die Einberufung der Landstände stattfinden, umderen Beistimmung zu den in gedachten Fällen erlassenen Anordnungen zu erwirken. Die in dem citirten §. 95 festgestellte Nothwendigkeit, dergleichen Ver ordnungen später den Landständen zur Beistimmung vorzulegen, beweist, daß sie bis dahin die Kraft eigentlicher Gesetze haben sollen. Diese Be⸗
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stimmung ist daher den allgemeinen Grundsätzen des deutschen Staatsrechts durchaus konform. Denn Verordnungen im gewöhnlichen Sinne bedürfen niemals landständischer Zustimmung. — Ob später die Einwilligung der Landstände erfolgt oder nicht, ändert für die Zwischenzeit durchaus nichts an der Gültigkeit und damit natürlich auch Vollziehbarkeit der so erlassenen provisorischen Gesetze. — Dieses außerordentliche Recht des Landesherrn wird auch von dem landständischen Ausschusse und den kurhessischen Ge⸗ richten anerkannt, jedoch mit wichtigen Einschränkungen: — sie verlangen die Zustimmung des landständischen Ausschusses zu solchen vom Lan⸗ desherrn auf Grund des §. 95 erlassenen Gesetzen und erklären die Steuer⸗ Erhebungen ohne landständische Bewilligung auch mit Zustimmung des landständischen Ausschusses für verfassungswidrig, weil nach §. 146 der Vetssscüngs⸗cunde in dem Steuerausschreiben die erfolgte landständische Bewilligung ausdrücklich angeführt sein müsse. Der bleibende standstän⸗ dische Ausschuß, so wie die Gerichts⸗ und Verwaltungs⸗Behörden, haben bei der Prüfung der Verordnungen vom 4. und 7. September sich auf einen falschen Standpunkt gesetzt. Die Befugniß der Gerichte und Behörden, oder eines Staatsbürgers überhaupt, nach der Versassungsmäßigkeit eines erlassenen Gesetzes oder einer Verordnung zu fragen, kann sich allein auf die formelle Seite, nicht aber auf die materielle Seite derselben beziehen. Sind alle Er⸗ sordernisse vorhanden, welche zu formeller Verfassungsmäßigkeit eines Ge⸗ setzes oder einer Verordnung gehören, so ist für jede Behörde, wie für je⸗ den Unterthan die Pflicht der Befolgung derselben gegeben. Diese Erfor⸗ dernisse, die verfassungsmäßige Form der Gesetze, bestehen a) bei dem im gewöhnlichen Gange ver Staatsverwaltung erlassenen Gesetze in der in der Einigungsformel bemerkten landständischen Zustimmung, in den Contrasigna⸗ tur eines verantwortlichen Ministers und in der gehörig erfolgten Publica⸗ tion; bei einer Verordnung genügt zu ihrer formellen Verfassungsmäßigkeit die im §. 108 der Verfassungs⸗Urkunde vorgeschriebene Contrasignatur eines verantwortlichen Ministers; b) bei den durch außerordent liche Begeben⸗ heiten auf Grund des §. 95 veranlaßten Gesetzen bestehen die Ersordernisse der verfassungsmäßigen Form derselben in der Bezugnahme auf den §. 95 der Verfassungs⸗Urkunde, in der Contrasignatur eines verantwortlichen Mini⸗ sters und in der gehörig erfolgten Publication. Es ist durchaus nicht vor⸗ geschrieben, daß die Zuziehung des bleibenden ständischen Ausschus⸗ ses in dem Gesetze selbst erwähnt sein müsse. Ob dieselbe er⸗ wähnt ist oder nicht, ist mithin für die verfassungsmäßige Form dieser Gesetze ganz gleichgültig. Zur verfassungsmäßigen Form gehören also in diesem Falle weiter keine Erfordernisse, als die fuür die Gesetze im Allgemeinen vorgeschriebenen, mit Ausnahme der in jenen zu erwähnen⸗ den landständischen Einwilligung. Die Gerichte und Behörden haben aber auch bei Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der unter dem 4. und 7. September erlassenen Gesebe und Verordnungen die materielle Verfaͤs⸗ sungsmäßigkeit derselben geprüft und sie nach dieser Seite hin für verfas⸗ sungswidrig erklärt. Sie haben hier ihre Stellung als richterliche und ver⸗ waltende Behörden durchaus verkannt; sie haben sich damit nicht unter, sondern über die Gesetze gestellt. Die Prüfung der materiellen Verfas⸗ sungsmäßigkeit der Gesetze und Verordnungen faͤllt allein in das Bereich der gesetzgebenden Gewalt; nur diese hat zu prüfen, ob die Voraus⸗ setzungen der auf §. 95 in außerordentlichem Wege erlassenen Gesetze resp. Berordnungen wirklich vorhanden waren, ob sie auf dem vorgeschriebenen Wege zu Stande gekommen sind, also durch Zuziehung des Ausschusses zc. Nur die Landstände sind überhaupt befugt, nach den Erfordernissen materieller Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und Verordnungen zu fragen und finden, sie dieselbe nicht, entweder ihre Zustimmung zu den provisorisch erlassenen Gesetzen zu verweigern oder aber auch die verant⸗ wortlichen Minister wegen Verfassungsverletzung anzuklagen. Bis zu dieser Erklärung der Landstände besteht rechtlich die materielle Verfassungsmäßig⸗ keit aller derjenigen von einem Minister jontrasignirten (§. 108) Vollzugs⸗ verordnungen von bereits bestehenden Gesetzen, wie aller der Gesetze, welche auf Grund des §. 95 der Verfassungs⸗Urkunde provisorisch erlassen wurden. Auch die Stellung des Ober⸗Appellationsgerichts als Staatsgerichtshof kann demselben nicht die Befugniß geben, über die materielle Verfassungsmäßig⸗ keit der in verfassungsmäßiger Form erlassenen Gesetze und Verordnungen auf Grund einer Civilklage zu urtheisen. Diese Befugniß kritt erst dann ein, wenn das Ober⸗ Appellationsgericht als Staats⸗ gerichtshof wirklich fungirt, also erst in Folge einer landstän⸗ dischen Anklage; erst dann wird es demselben in gewissen Gränzen zustehen, die materielle Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes oder einer Ver ordnung in das Bereich seiner Prüfung zu ziehen. Bis dahin hat das Ober⸗Appellationsgericht die Pflicht, wie jede andere Behörde, die in ver⸗ fassungsmäßiger Form erlassenen Gesetze und Verordnungen für die eintre⸗ tenden Fälle anzuwenden. Diesem steht §. 123 *) der Verfassungs⸗Urkunde durchaus nicht entgegen, da derselbe die Gerichte ausdrücklich auf die Ent scheidung nach verfassungs mäsßigen Gesetzen verweist und ihre Un⸗ abhängigkeit innerhalb der Gränzen ihres richterlichen Be⸗ rufs feststellt. Versassungsmäßige Gesetze sind für die Gerichte, aber die in verfassungsmäßiger Form erlassenen Gesetze und die Gränzen
*) §. 113. Die Gerichte für die bürgerliche und Strafrechtspflege sind innerhalb der Gränzen ihres richterlichen Berufes in allen Instanzen unab⸗ hängig. Dieselben entscheiden, ohne irgend eine fremde Einwirkung, nach den bestehenden Rechten und den verfassungsmäßigen Gesetzen. Sie sollen in ihrem Verfahren, namentlich auch in der Vollziehung ihrer Verfügungen und Urtheile jevoch ohne Eintrag für die Verfügungen der höheren Ge⸗ richtsbehörden, und unbeschadet des landesherrlichen Begnadigungsrechtes (s. §. 120) — geschützt, und soll ihnen hierzu von allen Civil- und Mi⸗ litairbehörden der gebuͤhrende Beistand geleistet werden.
Das Edikt vom 20. November 1743 bleibt hinsichtlich der Bestim⸗ mungen über die Selbststä— ndigkeit der Rechtspflege auch fernerhin in Kraft, und zwar mit deren ausdrücklicher Ausdehnung auf die Straf⸗
rechtspflege.
des richterlichen Beruss schließen nicht
hter ie Befugnisse der gesetzgebenden walt in sich, also nicht die Prüfung der materiellen Verfassungsmäßigkeit der in verfassungsmäßiger Form erlassenen Gesetze und Verordnungen. Verfassungsmäßige Gesetze sind auch die auf Grund des §. 95 außer⸗ ordentlich erlassenen Gesetze; und es muß hiernach die von Pfeifser, praktische Ausführungen Th. V. 552, 53, 54, 55 ausgestellte Ansicht auch für diese in außerordentlichem Wege erlassenen Gesetze Platz greifen: „Der Richter muß auch solche Gesetze und Rechte anwenden, von deren inneren Unrechtmäßigkeit er überzeugt ist; dagegen ge⸗ hört das Urtheil über das Dasein, die äußere Rechtmäßig⸗ keit und die Wirkung des Gesetzes allerdings zur richter⸗ lichen Beurtheilung;“ wobei sich derselbe ausdrücklich auf ein Er⸗ kenntniß des Ober⸗Appellationsgerichts beruft: „wonach es der rich⸗ terlichen Cognition nicht unterliege, ob der Inhalt eines nenen, in ge⸗ höriger Form erlassenen Gesetzes den Vorschriften der Verfassungs⸗ Urkunde gemäß sei, oder nicht.“ cl. Pfeisfer, praktische Ausführung Th. V. S. 449, Rechtsfall Nr. 95 (1838). Ganz richtig nimmt auch Zachariä l. c. S. 228 an, daß die in Folge des außerordentlichen Ge⸗ setzgebungs⸗Rechts des Landesherrn erlassenen Gesetze und Verfügungen auch die Gerichte auf ihre Gegenstände zur Anwendung bringen müssen, ohne darüber Nachfrage halten zu können, ob zur Ausübung die⸗ ses außerordentlichen Rechts hinreichende Gründe vorgele⸗ gen haben oder nicht. Dies ist Sache der Stände, bezie⸗ hungsweise des Staats Gerichtshofes. cl. Mohl, Württem⸗ bergisches Staatsrecht I. 546 1. Ausgabe. Hier treten daher die allgemei⸗ nen Bestimmungen des deutschen Staatsrechts, welche auch im §. 108 der Kurhessischen Verfassungs⸗Urkunde ihren Ausdruck finden, in Kraft: „die von einem verantwortlichen Minister kontrasignirten Anordnungen und Ver⸗ fügungen besitzen allgemeine Glaubwürdigkeit und Vollziehbarkeit, sür die Verfassungs⸗ und Gesetzmäßigkeit ihres Inhalts ist der betreffende Minister persönlich verantwortlich.“ — Hiernach sind §§. 60 und 61 der Verfassungs⸗ Urkunde zu verstehen, da nach denselben die Beamten nur für eigene Ver⸗ letzung der Staats⸗Verfassung und für Ausführung solcher Gesetze und Verordnungen verantwortlich werden, die nicht in verfassungsmäßiger Form (§. 108 der Verfassungs⸗Urkunde) ergangen Auch H. A. Zachariä I. c. II. 43 nimmt an: „daß die kurhessische Verfassungs Uitunde dadurch, daß sie namentlich von demjenigen spricht, welcher eine nicht in verfassungsmäßiger Form erlassene, die Landesverfassung verletzende Verfüͤgung einer höchsten Staatsbehörde vollzogen habe, — indirekt eine Be⸗ freiung bei der Vollziehung formell gültiger Verfügungen auszusprechen be⸗ absichtigte; wenigstens dann, wenn die Verfügung ihrer Verfassungsmäßig⸗ keit nach zweifelhaft, aber keine offenbare Verletzung der Verfassung war oder den Befehl zur Begebung eines gemeinen oder besonderen Dienstver⸗ brechens enthielt.“ Es mußte also in dem vorliegenden Falle jede Bedenk⸗ lichkeit, welche aus §. 61 der Verfassungs⸗Urkunde gewonnen werden konnte, für die Staatsdiener schwinden und der Grundsatz des deutschen Staats⸗ rechts in voller Kraft eintreten: „in gehöriger Form erlassene Befehle vorgesetzter Behörden befreien von der Verantwortung und über⸗ tragen dieselbe an den Befehlenden.“ ö11II1I“ sungs⸗Urkunde, obwohl er das Prinzip der unbedingten Verant⸗ wortlichkeit der Staatsdiener auszusprechen scheint, kann schon nach allge⸗ mein angenommenen und in der Natur der Staats⸗Verwaltung liegenden Normen nur den Sinn haben, welchen die darmstädtische Versassungs⸗ Urkunde im §. 109 ausspricht, nämlich: „die Staatsdiener, insofern sie nicht in Folge von Befehlen ihrer vorgesetzten Behörden handeln, sind jeder innerhalb seines Wirkungskreises (selbstständigen) ver⸗ antwortlich füͤr die genaue Befolgung der Verfassung.“ — Der Grundsatz der unbedingten Verantwortlichkeit jedes Staatsdieners für die in gültiger Form erlassenen Verordnungen würde, auf die Spitze gestellt, jede Ver waltung, nicht allein die monarchische, sondern selbst die republikanische Staats⸗Verwaltung, unmöglich machen; und wäre nicht allein dem Geiste des Deutschen, sondern selbst des allgemeinen constitutionellen Staats⸗ Rechts entschieden zuwider. — Was sollte aus der Disziplin des Hee⸗ res werden, wenn dieser Grundsatz der Verantwortlichkeit aller Staatsdiener auch für die materielle Verfassungsmäßigkeit jedes Gesetzes und jeder Verordnung vurch eine Verfassung festgestellt wäre? besonders dann, wenn, wie in Kurhessen, der Offizier als Staatsdiener auf die Verfassung vereidet ist? — Kaum dürfte es anzunehmen sein, daß die kurhessische Verfassung durch Festsetzung eines solchen Prinzips in vollen Strenge des Wortlauts die alleinige Ausnahme von sonst gültigen Grund⸗
sätzen in Deutschland mache. (Schluß folgt.)
Markt⸗Berichte.
Königsberg, 4. Okt. Zufuhr war mittelmäßig. Weizen 50 bis 70 Sgr. pr. Schfl., Roggen 32 bis 37 Sgr., große Gerste 26 bis 30 Sgr., kleine Gerste 24 bis 28 Sgr., Hafer 18 bis 22 Sgr., graue Erbsen 42 bis 52 Sgr., weiße Erbsen 37 bis 47 Sgr., Kartoffeln 10 Sgr., der Ctr. Heu 16 bis 20 Sgr., das Schock Stroh 120 bis 140 Sgr.
Posen, 4. Okt. (Der Schessel zu 1 Rthlr. 21 Sgr. 1 Pf. bis 2 Rthlr.
Roggen 1 Rthlr. 5 Sgr. 7 Pf. bis 1 Rthlr. 10 Sgr.
Gerste 1 Rthlr. 1 Sgr. 1 Pf. bis 1 Rthlr. 5 Sgr. 7 Pf
Hafer 20 Sgr. bis 22 Sgr. 3 Pf.
Buchweizen 1 Rthlr. 1 Sgr. 1 Pf. bis 1 Rthlr. 5 Sgr. 7 Pf.
Erbsen 2 Rthlr. 11 Sgr. 1 Pf.
Kartoffeln 12 Sgr. bis 14 Sgr.
Heu, der Ctr. zu 110 Pfd., 20 Sgr. bis 25 Sgr.
Stroh, das Schock zu 1200 Pfd., 5 Rthlr. bis 6 Rthlr.
Butter, ein Faß zu 8 Pfd., 1 Rthlr. 15 Sgr. bis 1 Rthlr. 20 Sgr.
16 Metzen.) Weizen
arabnETeneeHaen
Bekanntmachungen. Nothwendiger Verkauf.
Die beiden im Dorfe Przysiersk unter der Hypothe⸗ ken⸗Nummer 1 und 1 ½ belegenen Freischulzerei⸗Güter, ner welche bisher zusammen benutzt worden, und von denen das erstere auf 3129 Thlr. 4 Sgr., das letztere auf 2265 Thlr. 49 Sgr. abgeschätzt ist, sollen in termino den 2. Mai 1851, Vormittags 11 Uhr,
im Ganzen oder einzeln an ordentlicher Gerichtsstelle subhastirt werden. Taxe und Hypothekenschein sind im
III. Büreau einzusehen.
Der dem Aufenthalte nach unbekannte Gläubiger, Kreis⸗Secretair Johann Jacob Piehl, wird hierzu öffentlich vorgeladen. Schwetz, den 27. August 1850.
Königl. Kreisgericht. I. Abtheilung. (L. S.) Schulze.
gesucht.
1991 E diktal⸗Ladung. en dem Königlichen Appellationsgerichte zu Dresden 301 1. 1) der Schneidermei — Ahehurg, sher
2) der Handarbeiter C 1 fer ) Resdengarg Carl Gottlob Holfert zu 8) der Hostellerei⸗Gehülfe C Zb116““ nand Deubner an Feledrich Ferdi unter dem Seh eng und zwar; zu 1. Virt, daß seine Chef ; hb Thefrau⸗ b. stiane Friederike Vitt e . hri 6 8 18. Februar 1644 1 sich entfernt und seildem ni⸗ habe hören lassen, i nichts wieder von sich Holfert, daß seine Ehefr Christiane Holfert, 10 8. S 2 vüt, 9 aus dem Gerichtsgefäng⸗
Johann Ernst Vitt zu zu 2.
2 zu 3.
nisse zu Pesterwitz entlassen und nach Ruppen- dorf gewiesen, dort aber nicht eingetroffen und überhaupt seitdem keine Nachricht von ihr zu erlangen gewesen sei, Deubner, daß der dermalige Aufenthalt sei Ehefrau, Deubner, geborenen reits am 4. Juli 1844 sich von Dresden ent⸗ fernt und seit Ende des Monats Juli 1844 keine Nachricht weiter von sich gegeben habe, unbekannt sei, auf öffentliche Vorladung ihrer Ehefrauen angetragen. Hiernächst hat 4) Christiane Dorothee Reichel, geb. Kempe, zu Zschopau, nachdem ihr Ehemann, der Weißger⸗ ber Heinrich Benjamin Reichel daher, in dem auf den 16. Juli vorigen Jahres angesetzt gewesenen ersten Ediktal⸗Termine außenge⸗ blieben, um Fortstellung des Ediktal⸗Prozesses nach⸗
Es werden hierauf Johanne Christiane Friederike Vitt, geborene Krancher, Johanne Christtane Holfert, geborene Schütz, Johanne Christiane Deubuer, geborene Schöne,
zu 4. Heinrich Beujamin Relchel andurch geladen,
den 9. Dezember 1850, des Vormittags 10 Uhr, in dem Königlichen Appella⸗ tionsgerichte allhier persönlich zu erscheinen, 9 von Radeburg 2. und 3. die genannten Ehefrauen Vitt's, Holfert's und Deubner's: mit ihren Ehe⸗
männern die Güte zu pflegen, dafern jedoch eine Aussöhnung nicht zu Stande kommen sollte, auf die wider sie wegen böslicher Ver⸗ lassung erhobenen Klagen, welche in der Kanz⸗
Johannen Christianen
Schöne, welche be⸗ zu 4.
indem außerdem auf der k er serner ergehen wird, was Recht ist.
[133 »b]
Diese Coupons werden bis Ende 1860 ausgesertigt, — Zahl sein Kassen⸗Direktors J. C. sirers der Actienkasse, von Deecret,
versehen werden.
Augsburg und München,
Krieger,
lei des hiesigen Königlichen Appellationsgerichts zu ihrer Einsicht bereit liegen und ihnen oder den von ihnen zu bestellenden Bevollmächtig⸗ ten auf diesfallsiges Ansuchen auf Verlangen abschriftlich mit sollen, sich einzulassen und zu antworten, Reichel: rechtmäßige Behinderungen, halb er im vorigen Termine anzuzeigen und beizubringen, 1 dem klagenden Ehegatten Ansuchen
Dresden, den 3. September 1850. Königlich Sächsisches Appellationsgerich Dr. Schneider.
Kuiidma ch i g. Da im Januar 1851 der letzte Zinsen „Coupon der Oesterreichischen Bankactien fällig wird, so hat die Di⸗ rection der priv. Oesterr. Nationalbank beschlossen, zur Hinausgabe neuer Couponsbogen zu schreiten.
auf einem halben Bogen somit zwanzig an der jeder derselben enthält die Namen des von Weittenhiller und des Kas⸗ und jeder derselben wird mit einer Stampiglie, das Siegel der Oesterr. Na⸗ tionalbank enthaltend, und mit einer geschriebenen Zahl
Zur Erleichterung der Herren Actionaire im Aus⸗ lande wird die Beilegung neuer Couponsbogen auch in Frankfurt a. M., Leipzig, Mannheim, Amsterdam durch die gefällige Vermittelung der geehrten Handlungshäuser Joh. Lor. Schäzler, M. A. von Rothschild & Söhne, Frege & Co., H. L. Hohenemser & Söhne und des K. K. Oesterr. General-Konsuls in Amsterdam, Herrn Philipp J. im Namen der priv. Oesterr. Nationalbank gütigst und unentgeltlich besorgt werden.
Die in Leipzig und dessen Umgegend befindlichen Be⸗ sitzer von Actien der priv. Oesterr. Nationalbank belie⸗ ben sich daher an die Herren Frege L Co. daselbst zu wenden und sämmtliche in ihrem Besitze befindlichen Oesterr. Bankactien, welche schon dermal mit Conpons versehen waren, jedoch ohne den letzten Coupon für das zweite Semester 1850 bei denselben zu produziren, um sie mit dem nöthigen Vermerkungs⸗Stempel versehen zu können.
Diese Vermerkung wird das geehrte Handlungshaus durch volle 14 Tage, von der ersten Bekanntmachung an gerechnet, zu besorgen die Gefälligkeit haben, jeder produzirten Aetie auf der Vorderseite links, ober dem Rahmen den Vermerkungs⸗Stempel mit schwarzer Farbe beidrucken und die Actien selbst sogleich wieder zurück⸗ stellen.
Nach Ablauf dieser vierzehntägigen Vermerkungsfrist werden die entsprechenden Couponsbogen von der Bank⸗ Direction verlangt und mit möglichster Beschleunigung an das genannte Handlungshaus in Leipzig gesendet werden.
Nachdem das erwähnte Handlungshaus den Empfang der von Wien erhaltenen neuen Couponsbogen öffent⸗ lich bekannt gemacht haben wird, belieben die Herren Actionaire die für Leipzig vorgemerkten Actien neuerlich bei dem geehrten Handlungshause zu überreichen, wel⸗ ches jeder Aetie auf der Vorderseite links oben (gerade neben der Actiennummer) einen neuen achteckigen Stem⸗ pel mit den Worten; „Mit Coupons Nr.... bis Ende 1860“ in rother Farbe aufdrücken, die entsprechende Nummer ausfüllen, den neuen Couponbogen beilegen und die belegten Actien gegen förmliche Empfangs⸗ Bestätigung wieder zurückstellen wird.
Wien, am 30. September 1850.
Pipitz, Bank⸗Gouverneur. Sina, Bank⸗Gouverneur⸗Stellvertreter. ISSTTTTc
vorgelegt und getheilt werden
wes⸗ nicht erschienen,
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1 Deutschland.
breußen. Swinemünde. Russisches Kriegs⸗Dampfschiff. — Stral⸗ sund. Cholera. — Köln. Dombau. Sachsen. Dresden. Hoftrauer. — Vermischtes. Bürttemberg. Stuttgart. Landes⸗Versammlung. Karlsruhe. Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen. n. Kassel. Die Zustände im Kurfürstenthum. Schluß der Denkschrift der kurfürstlich hessischen Staats⸗Regierung. Frankfurt. Frankfurt a. M. Gesetzgebende Versammlung. — Ver⸗ mischtes. Brenm Br. en. Schifffahrt auf der Eider
Ausland.
aris. Trauerfeierlichkeit für die Königin H.
Frankreich. † Vermischtes. Zroßbritauien und Irland. Belgien. Brüssel. Befinden der Königin. Dänemark. Kopenhagen. Vermischtes. Italien. Turin. Anleihe. Rom. Ankunft des Erzbischofs von
Cagliari.
London. Vermischtes.
Börsen⸗ und Handels⸗Nachrichten.
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Potsdam, den 8. Oktober. Ihre Majestäten der König und die nigin sind nach dem Jagdhause in der Schorfhaide gereist.
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Dem Landes⸗Oekonomie⸗Rath Koppe zu Wollup den Rothen Adler⸗Orden zweiter Klasse mit Eichenlaub; dem Kreisgerichts⸗Di⸗ rektor und Geheimen Justizrath Adolph von Brauchitsch zu Erfurt, dem Land⸗-Bau⸗Inspektor a. D. Stöpel in Torgau und dem Pfarrer Hirschberg zu Genthin den Rothen Adler⸗Orden vierter Klasse; so wie dem Schiffer August Schumann zu Ro⸗ thenburg, Regierungs⸗Bezirk Merseburg, die Rettungs⸗Medaille am Bande zu verleihen.
Se. Königl. Hoheit der Prinz Karl ist von hier zur Jagd nach der Schorfhaide abgereist. 1 Se. Hoheit der Herzog Gustav von Mecklenburg⸗ litz ist von Ludwigslust hier eingetroffen.
Ministerium der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten.
Der bisherige Privat⸗Docent, Licentiat Karl Stern, ist zum außerordentlichen Professor in der katholisch-theologischen Fakultät der Königlichen Universität zu Breslau;
Der praktische Arzt, Wundarzt und Geburtshelfer Dr. Kausch zu Deutsch⸗Eylau zum Kreis⸗Physikus im Kreise Krotoschin, Regie rungs⸗Bezirk Posen;
Der Kantor und Lehrer Richter in Brüssow zum Lehrer an dem evangelischen Schullehrer-Seminar in Potsdam; und
Der Thierarzt erster Klasse, Simon, zum Kreis ⸗Thierarzt im Kreise Ratibor ernannt worden.
Ministerinm für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. Der Landbau⸗Inspektor Dolscius zu Stendal ist in gleicher Eigenschaft nach Torgau versetzt worden.
Nachdem die Uebernahme der Verwaltung der Bergisch⸗Mär⸗ kischen Eisenbahn von Seiten des Staats, so wie die Einsetzung einer Verwaltungs⸗-Behörde unter der Benennung: „ Königliche Direction der Bergisch⸗Märkischen Eisenbahn“, durch Allerhöchste Erlasse vom 14. September dieses Jahres (Gesetzsammlung für 1850 Seite 408 u. folg.) genehmigt worden, bringe ich zur öffentlichen Kenntniß, daß die Verwaltung der gedachten Eisenbahn mit dem 15. Oktober dieses Jahres auf den Staat übergehen und die Kö— nigliche Direction mit diesem Tage in Function treten wird Die kommissarische Verwaltung der Königlichen Direction, welche vor⸗ läufig in Elberfeld ihren Sitz nehmen wird, ist dem technischen Mitgliede des Königlichen Eisenbahn⸗Kommissariats zu Köln, R gierungs⸗- und Bau⸗Rath Hübener, übertragen worden.
Verlin, den 8 Oktober 1850. Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche 1 von der He 1nn u.“
Abgereist: Se. Durchlaucht der Prinz
1 b Friedri Schleswig⸗Holstein⸗Noer, nach Hamburg. EbeE
Deutschland.
Preußen. Swinemünde, 5. Okt. (Nordd. Z.) So eben tr das Kaiserlich russische Kriegs⸗Dampfschiff „Grostastschy“ 6 1’“ ein, 8 Ihre Kaiserl. Hoheit die Großfürstin He⸗
von Rußland an Bord zu nel St. * gbur zu bringen. 1 zu nehmen und nach St. Petersburg
Stralsund, 5. Okt. (St. Ztg.) Bis zum 2. Oktober waren als an der Cholera hierselbst erkrankt gemeldet 443 Perso⸗ nen. Zugang bis zum 3ten Mittags 5, darunter ein früher vor⸗ gekommener Fall und 2 Todesfälle. Zusammen 448. Davon sind genesen 120, gestorben 258, und in Behandlung verblieben 70. Die Zahl der Gestorbenen hat sich überhaupt um 5, und der Ge⸗ nesenen um 6 vermehrt, der in Behandlung Verbliebenen aber um 6 vermindert.
Köln, 5. Okt. Der hiesige Dombaumeister, Regierungs⸗Rath Zwirner, theilt in dem Domblatte für den 6. Oktober eine Ueber⸗ sicht der im Jahre 1850 an dem hiesigen Dome auszuführenden Bauten und der dazu nöthigen Fonds mit, dessen Haupt⸗Inhalt selbst für fernere Kreise, namentlich aber für Berlin, wo ein sehr thätiger Dombauverein bemüht ist, das große Werk möglichst zu fördern, nicht uninteressant sein möchte. „Der Dom⸗ bau“, heißt es darin, „ist seit der am 4. September 1842 durch des Königs Majestät bewirkten Grundsteinlegung nach den Allerhöchst genehmigten Plänen fortgeführt, das Ge⸗ bäude in den Seitenschiffen vollendet und in dem Mittel⸗ schiffe des Lang- und Querbaues bis über das Triforium auf⸗ gerichtet worden, einschließlich der beiden Kreuzgiebel oder Portale auf der Süd⸗ und Nordseite. Letztere haben gegenwärtig eine Höhe von etwa 103 Fuß erreicht und sollen in diesem Jahre noch bis auf 118 Fuß gebracht werden. Alsdann ist die Fortsetzung dieser Hauptconstruction für den Anschluß des Querschiffes bis zur Dachhöhe nothwendig, damit die durch die großen Spitzbogen⸗ fenster unterbrochenen Umfassungsmauern des Mittelschiffs Stand⸗ fähigkeit gewinnen. Aus gleichem Grunde muß auch der süd⸗ östliche Eckpfeiler des nördlichen Hauptthurmes bis auf jene Höhe gefördert werden, um hier das Mittelschiff des Langhauses abschließen zu können; die tiefer liegenden Hauptmassen dieses nördlichen Thurmes können nur nach und nach in die Höhe ge⸗ führt werden, damit der obengedachte Eckpfeiler die nöthige Stand⸗ fähigkeit erhalte. Diese hier genannten Gebäudetheile werden also Gegenstand der im Jahre 1850 fortzusetzenden Bauthätigkeit sein, und die Ausführung der Mittelschiffs⸗Umfassungswände wird sich nach obigen Anschlußpunkten richten müssen. Eine Unterbrechung der Bauthätigkeit darf nicht eintreten, wenn nicht der ganze Bau und namentlich die bereits aufgeführten, aber fast überall noch außer Zusammenhang stehenden Steinmassen gefährdet werden sollen Vielmehr wäre ein kräftigerer Betrieb der Arbeiten sehr wünschens⸗ werth, bis das kühne Mittelschiff die Dachhöhe erreicht hat. Wie weit jedoch der ganze Bau im nächsten Jahre fortschreiten wird hängt von der Höhe der dafür zu bewilligenden Fonds ab. 8 1 Des Königs Majestät haben seit dem Jahre 1842 jährlich 50,000 Rthlr. aus der Generalstaatskasse zu überweisen gernht. Die Dombauvereine haben bisher eine ziemlich gleiche Summe bei⸗ gebracht, mit Ausnahme des Jahres 1848, wo sie mit etwa 10,000. Rthlrn. unter den früheren Einnahmen blieben. Auch im Jahre 1849 hat es den Anschein, als wenn die Erträge noch geringer aus⸗ fallen würden; indeß herrscht die regste Thätigkeit im biesigen Cen⸗ tral-Dombauvereine, so daß mit der Rückkehr ruhigerer politischer Zustände auch wiederum reichlichere Beiträge zu erwarten stehen. In dieser Hoffnung wird demnach der Verwendungsplan für das Jahr 1850 ausgeführt, für Königliche Rechnung 50,000 Rthlr. und für Rechnung der Dombau⸗Vereine ebenfalls 50,000 Rthlr., und auf Grund dieses Planes beantragt der Verwaltungs⸗Aus⸗ schuß, daß, in Erwägung, daß allem Anschein nach die von dem Verein zur Ausführung der diesjährigen Bauten erwartete Summe bis zum Ablauf dieses Jahres nicht aufgebracht werde, die sämmt⸗ lich in diesem Jahre eingehenden Gelder dem Herrn Erzbischofe überwiesen werden sollen, welcher Antrag einstimmig zum Beschlusse erhoben worden.
Ablebens Sr. Majestät Ludwig Philipp's, vormaligen Königs der Franzosen, ist heute am Königlichen Hofe auf drei Wochen Trauer angelegt worden.
In Glauchau sind durch Verordnung der Kreis⸗Direction die dort bestehenden drei Bürger⸗Vereine aufgelöst worden.
Württemberg. Stuttgart, 4. Okt. (Schw. M.) Die heutige erste Sitzung der Landes⸗Versammlung fand unter dem Vorsitz des Alters⸗Präsidenten Schott statt. Derselbe ladet zuerst die Abgeordneten Oesterlen und Zech ein, vorläufig die Geschäfte der Schriftführer zu versehen. Dann wird der Abgeordnete des Bezirks Spaichingen, Staatsrath Freiherr von Linden, eingeführt und beeidigt. Er nimmt auf der rechten Seite des Hauses seinen Platz ein. Sofort wird zur Wahl des Präsidenten geschritten. Der Namens⸗Aufruf ergiebt 54 anwesende Mitglieder. Stim men erhalten: Schoder 37, Römer 14, Rödiger 1, Reyscher 1. Alters⸗Präsident: Ich verkündige den Abgeordneten von Be⸗ sigheim, Schoder, zum Präsidenten dieser Landes⸗Versamm lung, und ersuche ihn, seinen Sitz hier einzunehmen. Scho der hält vom Präsidentenstuhle aus folgende Rebe: „Meine Her⸗ ren! Mit aufrichtigem Dank für Ihr Vertrauen und Wohlwollen übernehme ich, Ihrer Aufforderung folgend, die Leitung der Ver⸗ handlungen dieser dritten verfassungberathenden Landes⸗Versamm⸗ lung. Lassen Sie mir, ich bitte Sie, Ihre Nachsicht in diesem Be rufe angedeihen. Unter schwierigen Verhältnissen, von düsteren Wolken umgeben, eröffnen die Vertreter des Volkes ihre Verhand⸗ lungen, nachdem das Volk in kurzer Zeit zum dritten Male seinen Willen kundgegeben hat. Wie verschieden auch die Ansichten über die beste Verfassungsform sein mögen, für die Regierung und die Landes⸗Versammlung giebt das Gesetz vom 1. Juli 1849 den be⸗ stimmten Anhaltspunkt, vor welchem sich die individuellen Meinun gen beugen müssen. Wenn Regierung und Landes⸗Versamm lung an diesen sicheren Kompaß sich halten, und wenn in den deut schen Verhältnissen endlich eine Bahn eingeschlagen wird, welche die Bedürfnisse des Volkes und seine wohlbegründeten Ansprüche zu be⸗
Sachsen. Dresden, 5. Okt. (D. J.) Wegen erfolgten
friedigen geeignet ist, dann können wir das gedeihliche Ziel errei⸗ chen, welchem das Volk mit Sehnsucht entgegensieht. Ja, meine Herren, Frieden will das Volk, Frieden wollen wir Alle, aber Frie⸗ den — nicht ohne Gerechtigkeit. Sofort wird die Wahl des Vice Präsidenten vorgenommen. Gewählt ist Rödinger mit 36 Stimmen. Rödinger: Meine Herren, ich danke Ihnen für den aber⸗ maligen Beweis Ihres mich sehr ehrenden Vertrauens; ich werde das⸗ selbe, wenn mir die Leitung der Verhandlungen zufallen sollte, mit stren⸗ ger Einhaltung der Geschäftsordnung zu verdienen bestrebt sein. Zu Schriftführern wurden gewählt: Ruoff von Balingen mit 49, Wieland 49, Vogel von Brackenheim 48, Trotter 47, Riecke 46, Winter 45, Zech 35 und Steffelin 23 Stimmen. Dem Wunsche des Letzteren, dieser Stelle enthoben zu werden, entspricht die Ver⸗ sammlung, und es tritt für ihn der nächste in der Stimmenzahl, Mäulen, mit 20 Stimmen ein. Auf den Antrag Fetzer's wird die Geschäftsordnung der ersten Landesversammlung wiederum an⸗ genommen. Der Präsident verliest ein Schreiben Dr. Ludwig Uhland's, worin dieser anzeigt, daß er nach reiflicher Er⸗ wägung die bisher von ihm bekleidete Stelle eines ständischen Mit⸗ gliedes des Staatsgerichtshofes niederlege, er habe namentlich die Ueberzeugung, daß es nicht angemessen sei, die politischen Kämpfe der Gegenwart in den Prozeßweg einzuleiten. Die Wahl eines anderen Mitgliedes für den Staatsgerichtchof wird auf morgen festgesetzt. Der Präsident schlägt sodann für die morgende Sitzung die Wahl verschiedener Kommissionen vor, worauf von einer Stimme die Wahl einer Adreß⸗Kommission in Anregung gebracht wird. Der Abg. Fürst Zeil äußert, der Wahl einer Adreß⸗Kommission müsse nothwendig die Beantwortung der Frage vorangehen, ob eine Adresse eingereicht werden soll. Er sei der Ansicht, daß eine Adresse gegeben werden soll, indem dadurch die Frage über das Sein oder Nichtsein dieser Versammlung desto schneller zur Entscheidung ge⸗ langen werde, indessen seien die Gründe, welche gegen eine Adresse sprechen, nicht zu verkennen. Er stellte den Antrag, daß erst am Montag die Adreßfrage berathen werde, denn viele Mitglieder seien erst gestern Abend oder heute angekommen, die einzelnen Frac tionen dieser Versammlung hätten sich daher noch nicht vereinigen können. Die Versammlung ist damit einverstanden.
Baden. Karlsruhe, 5. Okt. Se. Königliche Hoheit der Prinz von Preußen kam heute Morgen nach halb neun Uhr mit dem ersten Zuge von Baden hier an. Höchstderselbe begab sich so⸗ fort von dem Bahnhofe nach dem Exerzierplatz, woselbst die hier
und in der Umgegend garnisonirenden badischen Truppen (das iste Reiter⸗Regiment mit der von Rastatt aus zugezogenen Schwa⸗ dron unter dem Kommando Sr. Großherzoglichen Hoheit des Prin⸗ zen Friedrich, die Infanterie⸗Bataillone Nr. 2 (Major Weber) und Nr. 10 (Major Koch), und die reitende Batterie unter dem Befehl des Hauptmanns von Holtzing) in Parade⸗Unisorm zur Musterung aufgestellt waren. Parade kommandirte der Befehlshaber der Reiterei, Oberst von Roggenbach. Nachdem die Truppen vor Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen von Preußen defilirt hatten, wurden von ihnen verschiedene militatrische Evolu⸗ tionen ausgeführt. Die Haltung und das Aussehen der Truppen⸗ theile, ihre Manövrirfähigkeit und die Sicherheit und Präzision der ausgeführten Manöver fand die ungetheilteste Anerkennung der Sach⸗ verständigen. Wie sich eine jede Truppengattung besonders aus⸗ zeichnete, dürfte es schwer sein, einer vor der anderen den Vorzug zuzuerkennen. Im Gefolge Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen von Preußen befand sich ein zahlreicher und glänzender Generalstab von Königl. preußischen und Großherzogl. badischen Stabsoffizieren.
Hessen. Kassel, 5. Okt. Die Neue Hessische Ztg. enthält die Beschlüsse Kurfürstlichen General⸗Auditoriats auf die vom bleibenden landständischen Ausschusse gegen den General⸗Lieute⸗ nant von Haynau erhobenen Ankagen.
Auszug aus dem Inquisitions⸗Protokolle des General⸗Audito⸗ riats. Kassel, am 4. Oktober 1850. Betreffend die vom bleibenden landständischen Ausschusse gegen den General⸗Lieutenant von Haynau dahier erhobene Anklage wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt, Ver⸗ fassungs⸗Verletzung und Theilnahme am Hochverrath. Beschluß. Dem hiesigen Garnisonsgerichte wird diese Anklage des bleibenden Stände⸗Ausschusses vom 2ten d. M. hierneben zugefertigt und da⸗ bei Nachstehendes eröffnet: Die Anklage hat zum Gegenstande, daß der General⸗Lieutenant von Haynau unter Berufung auf die ihm durch Verordnungen vom Iten und W2 beigelegte Eigenschaft eines Oberbefehlshabers über den Commandeur der hiesigen Bürgergarde, Seidler, wegen verweigerter Anerkennung seiner Autorität vorbehaltlich weiterer Maßregeln die Suspension vom Dienste ausgesprochen hat. Insofern dem General Lieutenant von Haynau zu einer solchen, auf die Bestimmungen des Bürger⸗ gardengesetzes vom 23. Juni 1832 nicht zu gründenden Handlung die Berechtigung fehlt, würde solche mit Rücksicht auf die von dem⸗ selben eingenommene öffentliche Stellung und die hiernach für den Fall der Nichtbefolgung seiner Anordnungen in Aussicht stehenden Gewaltmaßregeln als eine Vergewaltigung zu betrachten sein. Eine Berechtigung des General⸗Lieutenants von Haynau zu der dem Bürgergarde⸗Commandeur Seidler gegenüber vorgenommenen Handlung liegt aber nicht vor. Denn, was zunächst die Verord⸗ nung vom 7ten d. M. betrifft, so ist die Erklärung des Kriegszu⸗ standes, wie die Motive der Verordnung selbst ergeben nicht in Folge einer Kriegserklärung gegen den Feind, son⸗ dern nur zur Aufrechthaltung der Sicherheit des Staates und der öffentlichen Ordnung, mithin als eine auf die innere Landes⸗ Verwaltung bezügliche Anordnung erfolgt, und konnte sonach insofern dadurch die gesetzlichen Bestimmungen über die Bürgergar⸗ den abgeändert werden sollen, in Ermangelung der landständischen Zustimmung und, da es sich nicht um Vollziehung oder Handhabung bestehender Gesetze handelt, nur auf die Vorschrift des §. 95 der Verfassungs⸗Urkunde Absatz 2 (von den Worten: Auch kann ꝛc. an) egründet werden. Zur Rechtsbeständigkeit einer in der letzteren
eise zu erlassenden Anordnung gehört aber nicht nur eine vor⸗
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