Abgeordneten zur ersten Kammer (Art. 3 Nr. 2) werden 9 Wahl⸗ kreise gebildet, wie sie in den Anlagen A. und B. näher be⸗ stimmt sind.
Art. 6. Die Wahlkreise, Anlage X., werden behufs der Wahl der Wahlmänner in Wahlbezirke abgetheilt.
Art. 7. Stimmberechtigt (Urwähler) bei der Wahl der Wahlmänner ist am Orte seines festen Wohnsitzes jeder Staats⸗ bürger, welcher das 25ste Lebensjahr zurückgelegt hat und seit Anfang des Jahres, in welchem die Wahl vorgenomnren wird, Personalsteuer entrichtet. Für Militairpersonen gilt der Standort als Wohnsitz. Diejenigen aktiven Militairpersonen und diejenigen Invaliden, welche gesetzlich Personalsteuer nicht zu ent⸗ richten haben, sind unter den sonstigen Voraussetzungen dann stimm⸗ berechtigt, wenn sie ihrer Wohnung nach Personalsteuer zu entrich⸗ ten haben würden. Die nach Art. 10 des Gesetzes vom 15. Juni 1827 unter Nr. 1 bestehende Befreiung von der Personalsteuer schließt die Stimmberechtigung ebenfalls nicht aus. 2
Art. 8. Das Recht, zu wählen, wird nicht ausgeübt von denjenigen, welche: 1) nach Art. 16 der Verfassungs⸗Ur⸗ kunde, beziehungsweise Art. 2 und 3 des Gesetzes vom 28. September 1842 (die Abänderung der Art. 16 und 60 der Verfassungs⸗Urkunde betreffend) — mit den aus dem Gesetze vom 23. Februar 1849 (betreffend einige Abänderungen an dem in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen bestehenden
Strafprozeß für Civilpersonen) und aus dem Nachtrage zu dem Gesetze vom 28. Oktober 1848 (über die Einführung des öffentli⸗ chen und mündlichen Strafverfahrens mit Schwurgericht in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen) vom 23. Februar 1849 hervorgehenden Modificationen — in der Ausübung ihres Staats⸗ bürgerrechts gehindert sind, oder welche 2) zur Zeit der Wahl eine Armenunterstützung aus öffentlichen oder Gemeindemitteln beziehen oder im letzten der Wahl vorhergegangenen Jahre bezogen haben, oder welche 3) außer Stand sind, auf Erfordern nachzuweisen, daß sie mit der letzten Rate der von ihnen zu zahlenden direkten Staats⸗ steuer nicht im Rückstande üind..
Art. 9. Die Bildung der Wahlbezirke ist in der Art zu be⸗ wirken, daß, einen Wahlmann für je 200 Seelen beziehungsweise einen Ueberschuß von 100 Seelen gerechnet, in jedem Wahlbezirke wenigstens drei Wahlmänner zu wählen sind, derselbe also minde⸗ stens 500 Einwohner umfaßt, und so weit thunlich auch, daß eine nach Verhältniß der Bevölkerung im Bezirk zu wählende größere Zahl der Wahlmänner durch 3 theilbar ist. Gemeinden von weni⸗
er als 500 Seelen werden mit einer oder mehreren der benach⸗ Gemeinden zu einem Wahlbezirk vereinigt. Größere Ge⸗ meinden können in mehrere Wahlbezirke abgetheilt werden. 8 den Wahlkreisen Darmstadt und Mainz soll ein Wahlmann für je 400 Seelen beziehungsweise einen Ueberschuß von 200 Seelen ge⸗ wählt werden.
Art. 10. In den Wahlbezirken werden die Wähler behufs der Wahl der Wahlmänner in drei Abtheilungen gesondert. Die Bildung der Abtheilungen erfolgt nach Maßgabe der von den Wäh⸗ lern an Personal⸗, Gewerb⸗ und Grundsteuer zur Staatskasse zu entrichtenden Summe, und zwar in der Art, daß auf jede Abthei⸗ lung ein Drittheil der Gesammtsumme der Steuerbeiträge aller Wähler des Wahlbezirks fällt.
Art. 11. Die erste Abtheilung besteht aus denjenigen Wäh⸗ lern, auf welche die höchsten Steuerbeiträge bis zum Belauf eines
Drittheils der Gesammtsumme der Wähler des Bezirks fallen. Die zweite Abtheilung besteht aus denjenigen Wählern, auf welche die nächst niedrigeren Steuerbeiträge bis zur Gränze des zweiten Drit⸗ theils der Summe fallen. Die dritte Abtheilung endlich besteht aus den am niedrigsten besteuerten Wählern, welche zusammen das letzte Drittheil der Summe entrichten. Der Steuerbeitrag, welchen eine Handelsgesellschaft entrichtet, wird behufs der Bestimmung, in welche Abtheilung die einzelnen Gesellschafter gehoͤren, zu gleichen Beträ⸗ gen auf dieselben vertheilt.
Art. 12. Jeder Wähler darf nur in einer Abtheilung wäh⸗ len, auch dann, wenn er mehr als ein Drittheil der Gesammtsteuer zahlt. In die erste, beziehungsweise zweite Abtheilung gehört auch derjenige, dessen Steuerbeitrag nur theilweise in das erste oder zweite Drittheil fällt. Wenn bei der Bildung der ersten oder der zweiten Abtheilung in das für jede zu berechnende Drittheil der Gesammt⸗Steuersumme als die geringsten Beiträge solche, jedoch nur zum Theil, aufzurechnen wären, welche von mehreren Wäh⸗ lern in gleicher Größe zu entrichten sind, so treten diese gleich— besteuerten Wähler sämmtlich in die bezüglich höhere Abthei⸗ lung ein.
gAürt. 13. Wenn bei der Bildung der ersten Abtheilung schon durch die Steuer⸗Beiträge von weniger als fünf Wählern der dritte Theil der Gesammtsteuer aller Wähler des Bezirks er⸗ reicht oder überschritten wird, so sind jedenfalls die fünf höchstbe⸗ steuerten Wühler der ersten Abtheilung zuzuzählen. Die zweite und dritte Abtheilung ist dann in der Art zu bilden, daß die Ge⸗ sammtsteuersumme der Wähler, nach Abzug dessen, was die fünf Wähler der ersten Abtheilung davon zu zahlen haben, zur Hälfte auf die Wähler jeder dieser beiden Klassen fällt, wobei übrigens auch die Vorschrift des Art. 12 im letzten Absatze zur Anwendung kommt. Die Zahl der der ersten Abtheilung angehörenden Wähler soll aber n der angegebenen Weise auf zehn erhöht werden, wenn zwei oder nehr Wahlmänner von der Abtheilung zu wählen wären.
Art. 14. Jede Abtheilung wählt ein Drittheil der zu ihlenden Wahlmänner. Ist die Zahl der in den Wahl⸗ bezirken zu wählenden Wahlmänner nicht durch 3 theilbar, so „wenn nur ein Wahlmann übrig bleibt, dieser von der zweiten
Abtheilung zu wählen. Bleiben zwei Wahlmänner übrig, so wählt die erste Abtheilung den einen und die dritte Abtheilung den anderen.
Art. 15. Wählbar zum Wahlmann ist jeder dem Wahlbezirk angehörige Urwähler, und zwar für jede Abtheilung und ohne Rück⸗ sicht darauf, zu welcher Abtheilung er selbst gehört.
Art. 16. Zur Besorgung der Vorbereitungen und zur Lei⸗ tung der Wahl wird in jeder Gemeinde eine Wahlkommission ge⸗ bildet, bestehend aus dem Bürgermeister oder dem Beigeordneten
und aus zwei durch das Loos bestimmten Mitgliedern des Ge⸗ meinderaths. Finden sich nicht zwei Mitglieder des Gemeinderaths in einer Gemeinde, oder sollten die vorhandenen Mitglieder des
Gemeinderaths überhaupt ihre Mitwirkung ablehnen, so zieht der
Bürgermeister oder der Beigeordnete für jedes fehlende oder seine Mitwirkung ablehnende Gemeinderaths⸗Mitglied einen der älteren angesehenen, Ortsbürger zu. sich 17. Für jede Gemeinde, möge sie einen Wahlbezirk für sein erime mit anderen Gemeinden zu einem solchen vereinigt 8 Weäciüse 88 in der Gemeinde stimmberechtigten Einwoh⸗ on Personal⸗ Geeese gcb⸗ des Betrags, welchen jeder derselben aufzustellen. 2 und Grundsteuer zusammen zu zahlen hat, Art. 18. Die Liste ist nach vorheriger Bekanntmachung zu Jebermanns Einsicht drei Tage lang ecgegen damit 82 1 Inhalt der Liste Einwendungen, die nur in dieser Frist zulässig sind, vorgebracht, insbesondere auch gehörige Nachweisungen über die
Steuern beigebracht werden mögen, welche von einem Stimmberech⸗ tigten außer der Gemarkung seines Wohnorts zu entrichten sind und deren Aufrechnung, wie zulässig, verlangt wird.
Art. 19. Nach Ablauf der dreitägigen Frist ist von der Wahl⸗ kommission der Gemeinde über die vorgebrachten Einwendungen bin⸗ nen zwei Tagen zu entscheiden und die Liste festzustellen. Nur die⸗ jenigen sind zur Theilnahme an der Wahl berechtigt, welche in die festgestellte Liste aufgenommen sind.
Art. 20. Aus diesen Wählerlisten ist, wenn der Wahlbezirk nur aus einer Gemeinde besteht, von der Wahlkommission dieser Gemeinde eine Abtheilungsliste anzufertigen, welche sämmtliche Wäh⸗ ler, nach den Abtheilungen gesondert, enthält. Besteht aber der Wahlbezirk aus mehreren Gemeinden, so wird von der Wahlkom⸗ mission des Hauptwahlorts, den die Regierungs⸗Behörde bestimmt, eine Abtheilungsliste für den Bezirk aufgestellt, welche die gesamm⸗ ten darin vorhandenen Wähler der ersten und zweiten Abtheilung, hiernach gesondert, enthält, und sodann eine Abtheilungsliste für jede Gemeinde, welche alle Wähler in der Gemeinde nach den drei Abtheilungen gesondert enthält. Die Wahlkommission des Haupt⸗ wahlorts zieht hierbei sämmtliche Bürgermeister der zum Wahlbe zirk gehörigen Gemeinden zu.
Art. 21. Die Listen, welche die sämmtlichen Wähler einer Ge⸗ meinde enthalten, werden in dieser Gemeinde, die Listen, welche nur die Wähler des Bezirks in der ersten und zweiten Abtheilung enthalten, werden in dem Hauptwahlort drei Tage lang zur Einsicht aufgelegt, damit etwaige nur in dieser Frist zulässige Einwendungen gegen die Aufstellung der Abtheilungen vorgebracht werden mögen, und zwar in zusammengesetzten Bezirken bei der Wahlkommission des Hauptwahlortes. weiteren zwei Tagen nach dieser Frist wird von der Wahl⸗Kommission über die bei ihr vorgebrachten Ein⸗ wendungen entschieden, wobei die Wahl⸗Kommission des Haupt⸗ Wahlortes gleichfalls die Bürgermeister sämmtlicher übrigen Ge⸗ meinden im Wahlbezirke zuzieht. 8
Art. 22. Die Wahl der Wahlmänner erfolgt, nachdem der Tag und das Lokal derselben mindestens dreimal 24 Stunden zuvor in jeder Gemeinde bekannt gemacht worden ist, jedesmal in den Vormittagsstunden von 8 bis 1 Uhr, in den Nachmittagsstunden von 2 bis 5 Uhr, und zwar, wenn der Wahlbezirk nur aus einer Ge⸗ meinde besteht, in dieser Gemeinde für alle drei Abtheilungen, wenn aber mehrere Gemeinden den Wahlbezirk bilden, bezüglich der Wäh⸗ ler der dritten Abtheilung, welche immer zuerst abstimmt, in der Gemeinde ihres Wohnorts, bezüglich der zweiten Abtheilung aber und sodann der ersten, welche zuletzt wählt, an dem Haupt⸗ Wahlort.
Art. 23. Die Wahl wird in jeder Gemeinde von der Wahl⸗ Kommission geleitet, welche dazu aus jeder Abtheilung in der Ge⸗ meinde einen in keinem Amte stehenden Wähler nach ihrer Bestim⸗ mung einzuladen hat, damit diese Eingeladenen als Urkundsperso⸗ nen der Verhandlung beiwohnen mögen. Die Wahl⸗Kommission im Haupt⸗Wahlort zieht überdies bei den Wahlen, zu welchen Wähler aus anderen Gemeinden zu erscheinen haben, auch sämmt⸗ liche Bürgermeister, beziehungsweise Beigeordnete, im Wahlbezirke zu. In größeren Städten kann die Abstimmung für die zuerst wählende dritte Abtheilung distriktsweise,oder nach einer anderen angemessenen Ein⸗ theilung geschehen; es werden dann in entsprechender Anzahl be⸗ sondere Wahlbüreaus, aus einem Mitgliede des Gemeinderaths und
zwei anderen Bürgern bestehend, niedergesetzt. Diese Wahlbüreaus werden von der Wahlkommission ernannt.
Art. 24. Jeder Wähler zieht in dem Wahlzimmer einen der auf der inneren Seite mit fortlaufenden Nummern versehenen Stimmzettel, trägt daselbst auf dieser Seite die Bezeichnung der⸗ jenigen, welche er zu wählen beabsichtigt, ein und legt den Zettel in den verschlossenen Stimmkasten. Wer des Schreibens unkundig ist oder seinen Stimmzettel nicht selbst schreiben will, kann sich dazu eines Mitgliedes der Wahlkommission bedienen. Ueber die ganze Verhand⸗ lung ist ein Protokoll aufzunehmen, welches die Namen der Ab⸗ stimmenden, jede Abstimmung mit Angabe der Nummern des be⸗ treffenden Stimmzettels, so wie auch das Ergebniß der Zusammen⸗ stellung der Stimmen, enthalten muß. Es wird von der Wahl⸗ Kommission unterschrieben; es werden ihm die Stimmzettel und die sonstigen das Wahlgesetz betreffenden Aktenstücke beigefügt. Andere als die bei der Wahl ausgetheilten Stimmzettel, so wie solche, welche nicht von dem Wähler oder für denselben von einem Mitgliede der Wahl⸗Kommission geschrieben sind, oder welche aus dem Wahl⸗ zimmer verbracht worden, hat die Wahl⸗Kommission nicht zuzulassen; Stimmzettel, welche den Gewählten nicht hinreichend erkennbar be⸗ zeichnen, bleiben bei der Zusammenstellung unberücksichtigt. Eines jeden solchen Umstandes muß jedoch im Protokoll Erwähnung ge⸗ schehen. Gewählt sind diejenigen, welche die meisten Stimmen er⸗ halten haben; bei Stimmengleichheit entscheidet das Loos. Eine Ablehnung der Wahl zum Wahlmann findet nicht statt.
Art. 25., Wenn der Wahlbezirk aus mehreren Gemeinden be⸗ steht, so ist die Verhandlung über die Abstimmung in der dritten Abtheilung der Wähler sogleich an die Wahl⸗Kommission des Haupt⸗ Wahlorts abzusenden, von welcher am zweiten auf diese Abstimmung folgenden Tag die Wahl in der zweiten und dann in der ersten Abtheilung vorgenommen wird. Umfaßt aber der Wahlbezirk nur eine Gemeinde, so erfolgt die Wahl in der zweiten und ersten Ab⸗ theilung an dem Tage, welcher der Wahl in der dritten unmittelbar folgt; es sei denn, daß die große Anzahl der Wähler in derselben und der Zeitaufwand, welchen die Zusammenstellung der Stimmen in der zweiten und ersten Abtheilung erfordert. Die Abstimmung findee für die zweite Abtheilung am Vormittage, für die erste Ab⸗ theilung am Nachmittage in den im Art. 22 angegebenen Stun⸗ den statt.
Art. 25. Das Ergebniß der Abstimmung in der dritten Ab⸗ theilung wird den Wählern der zweiten Abtheilung, das Ergebniß der Abstimmung in diesen beiden Abtheilungen wird den Wählern der ersten Klasse vor dem Beginn ihrer Abstimmung jedesmal in der Weise bekannt gemacht, daß die Namen der schon gewählten Wahlmänner im Lokal der noch vorzunehmenden Abstimmung ange⸗ schlagen werden. 8
Art. 27. Wer bereits zum Wahlmann gewählt ist, kann von der nachher zur Abstimmung kommenden Abtheilung nicht nochmals gewählt werden.
Art. 28. Die Wahlkommission, welche das Wahlgeschäft für den Wahlbezirk zu Ende bringt (Art. 25), hat die Gewählten von der auf sie gefallenen Wahl schriftlich in Kenntniß zu setzen und die sämmtlichen Verhandlungen an den nach Vorschrift des Art. 29 bestellten Wahlkommissär einzusenden.
Art. 29. Für jeden der in den Anlagen A. und B. bezeich⸗ neten Wahlkreise wird zur Leitung der Wahl der Abgeordneten von der Regierung ein Wahl⸗Kommissär ernannt.
Art. 30. Der zur Leitung der Wahl des Abgeordneten zur zweiten Kammer ernannte Wahl⸗Kommissär stellt nach den ihm aus den einzelnen Wahlbezirken zugekommenen Verhandlungen ein voll⸗
ständiges Verzeichniß der Wahlmänner des Kreises zusammen und beruft dieselben sämmtlich durch besondere schriftliche Einladungen zur Wahl des Abgeordneten.
Art. 31. Wählbar zum Abgeordneten in die zweite Kammer ist jeder Staatsbürger, welcher am Tage der Eröffnung der Kammer oder, wenn die Wahl später erfolgt, am Tage der Wahl das 30. Lebensjahr zurückgelegt hat und welcher nicht 1) nach den im Art. 8 Nr. 1 angegebenen gesetzlichen Bestimmungen in der Aus⸗ übung des Staatsbürgerrechtes gehindert ist; 2) wegen Diebstahls, Betrugs, Unterschlagung, Fälschung oder Meineids oder 3) wegen eines sonstigen im Straf⸗ oder Militairstrafgesetzbuch genannten Verbrechens oder Vergehens zu Dienstentsetzung oder Corrections⸗ haus auf ein Jahr oder länger — rechtskräftig verurtheilt wor⸗ den ist.
Art. 32. Der Wahlkommissar hat die Verhandlungen über die Urwahlen nach den Vorschriften dieser Verordnung zu prüfen und, wenn er einzelne Wahlakte für ungültig erachten sollte, seine Bedenken der Versammlung der Wahlmänner vorzutragen. Es wird darüber sogleich endgültig von einem Ausschusse entschieden. Dieser Ausschuß besteht aus den nach dem folgenden Artikel zu bestellen⸗ den drei Urkundenspersonen und vier von den Letzteren zu beru⸗ fenden Wahlmännern. Nach Ausschließung derjenigen Wahl⸗ männer, deren Wahl für ungültig erkaunt ist, schreitet die Ver⸗ sammlung sofort zu dem eigentlichen Wahlgeschäft.
Art. 33. Bei diesem Geschäft zieht der Wahl⸗Kommissär, außer einem Protokollführer, als Urkundspersonen die drei Wahl⸗ männer zu, welche von den anwesenden Wahlmännern als die älte⸗ sten bezeichnet werden.
Art. 34. Die Wahlmaͤnner geben ihre Stimmen durch Stimmzettel ab. Es ist bei dieser Abstimmung nach den in den drei ersten Absätzen des Art. 24 enthaltenen Vorschriften zu verfahren. Gewählt ist derjenige, welcher wenigstens eine Stimme mehr erhalten hat, als die Hälfte der Wahlmänner, die abgestimmt haben, beträgt. Ergiebt sich bei der ersten Abstim⸗ muͤng diese absolute Majorität nicht, so ist nach der zweiten Ab⸗ stimmung derjenige als gewählt anzusehen, welcher die meisten Stimmen erhalten hat. Bei Stimmengleichheit in der zweiten Ab⸗ stimmung entscheidet das Loos.
Art. 35. Wählbar zum Abgeordneten in die erste Kammer (Art. 3 Nr. 1 und 2) sind diejenigen, welche die Wählbarkeit in die zweite Kammer nach Art. 31 besitzen und dabei an jährlicher di⸗ rekter Steuer 150 Fl. nach den Steuerlisten entrichten oder an jährlichem reinen Einkommen 2000 Fl. beziehen.
Art. 36. Zur Leitung der Wahl der Abgeordneten zur ersten Kammer, welche von den höchstbesteuerten Grundbesitzern des Groß⸗ herzogthums (Art. 3 Nr. 1) zu wählen sind, wird ein Regierungs⸗ Kommissär ernannt, auf dessen Veranlassung die Stimmberechtigung ermittelt wird und eine Bekanntmachung der Stimmberechtigten er⸗ folgt. Die Stimmen werden, nachdem 14 Tage zuvor die Aussor⸗ derung dazu an jeden Stimmberechtigten unter Bestimmung von Tag und Stunde ergangen ist, bei dem Regierungs⸗Kommissär ab⸗ gegeben, und zwar durch Stimmzettel, welche in Person zu über⸗ reichen oder einzusenden sind. Der Regierungs Kommissär hat zwei Stimmberechtigte einzuladen, damit sie als Urkundspersonen der Annahme und Zählung der Stimmen beiwohnen mögen. Ge⸗ wählt sind diejenigen, welche die meisten Stimmen erhalten haben. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Loos.
Art. 37. Zur Wahl der Abgeordneten in die erste Kammer aus den Wahlkreisen (Anlage B Art. 3 Nr. 2) treten in jedem dieser Kreise die von der ersten Abtheilung der Urwähler in den Wahlbezirken gewählten Wahlmänner zusammen.
Art. 38. Der zur Leitung der Wahl der Abgeordneten zur ersten Kammer aus den Wahlkreisen (Anlage B.) ernannte Wahl⸗ kommissär (Art. 29) empfängt von den Wahlkommissären, welche die Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer in den betrefsen⸗ den Kreisen zu leiten haben, das Verzeichniß der in der ersten Ab theilung gewählten Wahlmänner, sobald nach Art. 32 die Gültig⸗ keit der Wahlakte außer Zweifel gestellt ist. Hierauf beruft der Wahlkommissär die ihm bezeichneten Wahlmänner sämmtlich durch besondere schriftliche Einladung zur Wahl des Abgeordneten, bei welcher die Vorschriften der Art. 33 und 34 zur Anwendung kommen.
Art. 39. Nach Beendigung einer jeden Wahl von Abgeord⸗ neten zur zweiten wie zur ersten Kammer macht der Wahlkommissär den Gewählten die Wahl bekannt und sendet dem Ministerium des Innern die Akten ein.
Art. 40. Jeder Abgeordnete kann zu jeder Zeit, ohne Angabe von Gründen, die Wahl ablehnen oder seine Stelle niederlegen. Dieses geschieht durch eine Anzeige bei dem Ministerium des In⸗ nern oder, wenn die Kammern versammelt sind, durch eine Anzeige bei dem Präsidenten der Kammer, deren Mitglied der Austretende ist. Der Präsident der Kammer hat dem Ministerium des Innern von der Austrittsanzeige alsbald Nachricht zu geben. So lange ein Abgeordneter nicht erklärt hat, die Wahl ablehnen zu wollen, wird vorausgesetzt, er habe dieselbe angenommen.
Art. 41. Sobald ein Abgeordneter von mehreren Wahlkreisen oder in die erste und in die zweite Kammer gewählt worden ist, hat das Ministerium des Innern denselben zur Erklärung aufzu⸗ fordern, welche Wahl er annehmen wolle. Ist diese Erklärung nicht innerhalb acht Tagen nach Empfang der Aufforderung erfolgt, so entscheidet das Ministerium durch das Loos.
Art. 42. Die Wahlen der Wahlmänner bleiben in Kraft bis zum Schlusse der außerordentlichen Stände⸗Versammlung. Wäh⸗ rend dieser Zeit findet eine neue Wahl von Abgeordneten dann statt: 1) wenn ein Abgeordneter stirbt; 2) wenn ein Abgeordneter die Wahl ablehnt oder seine Stelle niederlegt; 3) wenn ein Ab geordneter nach Art. 31 und 35 unfähig wird; 4) wenn ein Ab⸗ geordneter ein öffentliches Amt oder einem bereits im Besitze eines solchen Amtes befindlichen Abgeordneten eine höhere Stelle übertra⸗ gen wird. Der hiernach Austretende ist jedoch wieder wählbar.
Art. 43. Oeffentliche Beamte bedürfen zum Eintritt in eine der beiden Kammern keines Urlaubs.
Art. 44. Zu einem gültigen Beschluß der ersten Kammer ge⸗ 1t in allen Fällen die Abstimmung von wenigstens dreizehn Mit gliedern.
Art. 45. Die nachfolgenden Bestimmungen: 1) die Art. 51 bis 61 der Verfassungs⸗Urkunde, jedoch mit Ausnahme der in dem ersten Absatze des Art. 61 enthaltenen Bestimmung, nach welcher kein Mitglied der einen oder der anderen Kammer sein Stimmrecht durch einen Stellvertreter ausüben lassen oder für seine Stimme Instructionen annehmen darf; 2) §. 16 des Edikts vom 17. Fe⸗ bruar 1820, die standesherrlichen Rechtsverhältnisse betreffend; 3) die Verordnung vom 22. März 1820 über die Vornahme der Wah len mit Ausnahme des Art. 16, der auch auf die Wahlen zur er⸗ sten Kammer Anwendung findet; 4) die Verordnung vom 29. März 1820, die Bildung der Wahlbezirke betreffend; 5) die Verordnung vom 31. März 1820 über die Wählbarkeit der Kapitalisten; 6) die Art. 4— 9 des Gesetzes vom 28. September 1842, die Ab⸗ änderung der Art. 16 und 60 der Verfassungs⸗Urkunde betreffend, bleiben außer Wirksamkeit.
Art. 46. Das Ministerium des Innern wird wegen Voll⸗
*
ziehung sämmtlicher Vorschriften die näheren Anordnungen treffen,
insbesondere die Wahlbezirke bilden.
AUrkundlich ꝛc.
Darmstadt, am 7. Oktober 1850. Ludwig.,
von Dalwigk.
(EFolgen die Anlagen.)
Schleswig⸗Holstein. Rendsburg, 8. Okt. (H. C.) Es möchte nicht uninteressant sein, die Erschwernisse, die sich unse⸗ rem letzten Angriffe entgegenstellten, etwas näher ins Auge zu fassen. Schon die Bewegung der Schleswig⸗Holsteiner auf den mit Wassergräben umzogenen Außendeichen, da außer diesen kein ande⸗ rer Weg zu betreten war, hatte seine Schwierigkeiten, den jene be⸗ herrschenden Schanzen und dem Blockhause des Feindes gegenüber. Vor diesen hatten die Dänen schräge Pallisaden angebracht, hinter welchen nach der Stadtseite hin ein Wald von in der Erde befestig⸗ ten Bajonetten den Uebergang über die Pallisaden bedeutend er⸗ schwerte. Nach Beseitigung dieser Hindernisse von Wassergräben, Pallisaden und Bajonetten befand man sich erst unmittelbar vor den Schanzen und dem Blockhause. Nach Stürmung derselben gelangte man endlich an die erste Häuserreihe der Stadt, aus denen der Feind nicht nur ein starkes Gewehr⸗ feuer unterhielt, sondern von denen er auch noch brennende Bal⸗ ken auf unsere vordringenden Soldaten herabstürzte. In die Straßen, die alle in gerader Richtung zum Marktplatz führen, war es vollends unmöglich, hineinzudringen; hier hatten die Dänen überall Barrikaden errichtet und auf dem Marktplatze selbst stand ein mit Kanonen bespicktes und 2000 Mann umfassen⸗ des Blockhaus, von wo sämmtliche Straßen bestrichen werden konn⸗ ten. Auf der anderen Seite des Blockhauses, nach Norden und Westen hin, war der Feind aufs neue durch den Burggraben ge⸗ deckt, hinter welchem abermals Erdwälle seiner Position Schutz und Deckung gewährten. Wäre er selbst aus diesen Stellungen vertrie⸗ ben worden, boten ihm noch am jenseitigen Ausgang der Stadt nach Husum hin bedeutende Schanzen nebst Blockhaus einen aber⸗ maligen festen Haltpunkt. Da wir nun nicht wegen der Ortsloka⸗ lität von allen Seiten zugleich den Sturm bewerkstelligen konnten, wird gewiß Niemand, der alle jene sich entgegenstemmenden Hinder⸗ nisse erwägt, unsere Truppen beschuldigen können, daß sie zu bald vor jenen Schwierigkeiten, deren Ueberwältigung unendliche Men⸗ schenopfer gekostet haben würde, zurückscheuchten. Wir thaten nach Maßgabe unserer dortigen Stärke das Moöͤgliche; das Unmögliche war nicht zu erzwingen. Wir müssen und werden suchen, dem dor⸗ tigen Feinde dennoch beizukommen, und können demnach der mehr⸗ fach verbreiteten Angabe, als wollten wir unsere Stellung bei Frie⸗ drichsstadt aufgeben, aufs entschiedenste widersprechen.
Rendsburg, 8. Okt. (N. f. P.) Nachfolgend eine Ver⸗ lustliste über die bei Friedrichsstadt gefallenen oder verwundeten Offiziere. Die Verlustliste der Mannschaften ist noch unvollstän⸗ dig. 6. Bataillon: 1) Hauptmann Ehrhardt, todt; 2) Ober⸗ Lieutenant von Loga, todt; 3) Ober⸗Lieutenant Trensenreuter, todt; 4) Lieut. Kirchhoff, todt; 5) Lieut. Rehder, todt; 6) Fähn⸗ rich Göhring, todt; 7) Hauptmann Basson, schwer verwundet (Zer⸗ schmetterung des Oberschenkels); 8) Hauptmann Lettgau, Schuß durch den Hals; 9) Hauptmann Below, leicht verwundet im Bein; 10) Lieut. Hansen I., leicht verwundet (im Lazareth zu Heide); 11) Lieut. Hansen II., schwer verwundet, Schuß durch den rech⸗ ten Vorderarm und das Becken; 12) Lieut. Ußlar⸗Gleichen, ver⸗ wundet und bis jetzt vermißt; 13) Lieut. Sommer, leicht verwun⸗ det (im Lazareth zu Heide); 14) Lieut. von Luckner, Kontusion am Kopf; 15) Lieut. von Busseck, verwundet; 16) Assistenzarzt Rit⸗ ter, schwer verwundet (im Lazareth zu Heide). 11. Bataillon: 17) Hauptm. von Wedderkopp, todt; 18) Hauptm. Hasenkamp, schwer verwundet und vermißt, wahrscheinlich todt; 19) Lieut. Adelmann, todt; 20) Lieut. Sempach, todt; 21) Hauptm. Stranz, leicht verwund., Schuß durch die Lippen; 22) Lieut. Breäde, verw.; 23) Lieut. Cromrei, verw.; 24) Lieutenant Arnaul, verwundet; 25) Lieut. Möller, verwundet. 15. Bataillon: 26) Lieut. Borsch, todt; 27) Lieut. Hendtlaß, todt; 28) Hptm. Herzberg, verwundet; 29) Lieut. von Bieberstein, leicht verwundet; 30) Lieut. von Voigt, leicht verwundet. 1. Jägercorps: 31) Hptm. Bärens, Schuß durch die Hand; 32) Hptm. Hennings, betäubt; 33) Lieut. Hans von der Heide, leicht verwundet; 34) Lieut. Breeckling, leicht verwundet; 35) Lieut. Setzer, leicht verwundet. 5. Jägercorps: 36) Oberlieut. Harter, verwundet. 3. Bataillon: 37) Lieut. Schmidt, vermißt. Ingenieurcorps: 38) Lieut. Pieper, Schuß durch den Arm. Kavallerie: 39) Sekonde⸗Lieut. Lenz vom 2. Dragoner⸗Regiment, todt. Verlust an Mannschaften: Vom 11. Bataillon circa 190, vom 6. Bataillon circa 170. Der Hauptmann Lüttgen, bisher p. t. Commandeur des 1. Jägercorps, ist in Anerkennung seiner Umsicht während des Gefechts bei Süderstapel, zum Major und Comman⸗ deur des 1. Jägercorps ernannt.
Altona, 7. Okt. (H. N.) Am 5ten ist hier ein Verein zur Unter⸗ stützung hülfsbedürftiger Flüchtlinge aus Schleswig gegründet. Der Ausschuß besteht aus den Herren Dr. Burghoff, GSWl H. C. Gronemann, T. Lesser, C. P. Wiebeking und J. H.
Frankfurt. VTTTT Königl. Hoheiten der Prinz und die Prinzessin von Preußen sind gestern Abend von Karlsruhe hier eingetroffen und unverzüglich nach Mainz weiter gereist. Ihre Königl. Hoheiten begeben sich von dort heute nach Koblenz. Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen wird hingegen nach Musterung der preuß. Garnison heute Abend von Mainz wieder hier erwartet.
—.—
Ausland.
Frankreich. Paris, 8. Okt. Der gffent⸗ licht ein Dekret über Regelung des C““ Elementarschulen nach den Bestimmungen des neuen Unterrichts⸗ G selbe Bl
Dasselbe att enthält in seinem nich 8 gende Mittheilung der Regierung: setghen bbbe sich mit der Verwerthung von 2 Millionen Renten aus den Spar⸗ kassen. Der Zustand des Staatsschatzes und die Verbesserun Finanzlage gestatten der Regierung, von der durch das 1““ 18. Mai 1850 dem Finanz⸗Minister ertheilten Ermächtigung keinen Gebrauch zu machen.“ “
In der (bereits erwähnten) gestrigen Sitzung der permanen⸗ ten Kommission war nur der General d'Hautpoul erschienen. Von Mitgliedern der Kommission waren mit Einschluß des Büreau's 25 erschienen. Im Allgemeinen war die Stimmung der Kommission eine sehr gereizte. Mehrfach bemerkte man, daß die Armee gegenwärtig die ein⸗ zige Schutzwehr gegen den Sozialismus sei, daß eine Lockerung der Disziplin die Gesellschaft daher den größten Gefahren aussetze. Zu diesem Uebelstande führten aber die bei den Revüen künstlich hervor⸗
1695
gerufenen, verfassungs⸗ und reglementswidrigen Rufe. Namentlich sprach General Lamoricière sich mit aller Entschiedenheit gegen diese Umtriebe aus und verlangte im Namen der Kommission wenigstens ein strenges Festhalten am Militair⸗Reglement. General d'Hautpoul bestritt die Existenz aller von der Kommission angeführten Thatsachen. Odilon Barrot fragte den Kriegs⸗Minister, was denn eigentlich die Ursache der doch keinesweges abzuleugnen⸗ den Weinvertheilungen nebst Zubehör sei. Ob man nicht möglichst schnell den Weg zum Staatsstreiche zurücklegen wolle. Er forderte namentlich eine bestimmte Erklärung wegen des letzteren. General d'Hautpoul zog ruhig ein altes Reglement hervor, demzufolge die Vertheilung von Wein und Lebensmitteln an die Mannschaft nach anstrengenden Uebungen gestattet ist. Was aber den Staatsstreich betreffe, so sei es ihm ganz neu, daß man sich mit diesem Schreck⸗ gespenste noch befasse. Weder im Elysee, noch im Ministerium denke man an einen Staatsstreich. Wenn wirklich alberne Gerüchte in dieser Beziehung in Umlauf gesetzt würden, so seien es nur bös⸗ willige Verleumdungen. Odilon Barrot, mit diesen Erklärun⸗ gen nicht zufrieden, forderte nun im Interesse der Disziplin den General d'Hautpoul auf, er solle durch einen Armeebefehl den Ruf: „Es lebe der Kaiser!“ verbieten. General d'Hautpoul er⸗ wiederte darauf ziemlich entschieden, für die Disziplin der Truppen werde er zu sorgen wissen, dem Verlangen wegen des Armeebefehls aber durchaus keine Folge geben. Eine sehr heftige Diskussion über diesen Gegenstand führte zu keinem anderen Resultate, als daß man beschloß, am Tage nach den Kavallerie⸗Manövern, welche am 10ten d. M. bei Satory ausgeführt werden, wieder zusammenzutre⸗ ten und nach Maßgabe der Umstände einen Beschluß zu fassen. Die Mitglieder der Kommission gingen sehr aufgeregt aus einander.
Das Journal Le Peuple ist gestern wegen Aufreizung der Bürger gegen einander und zum Bürgerkriege zu drei Jahren Ge⸗ fängniß und 6000 Franken Geldstrafe sowohl für den Geranten Bissou, als für den Verfasser Fr. Favre in contumaciam verur⸗ theilt worden. Die Angeklagten waren nicht erschienen und wer⸗ den appelliren.
Das Pouvoir findet sich durch einen neulichen Artikel Pierre Leroux's veranlaßt, auf die Ereignisse des Februar 1848 zurückzu⸗ kommen. Es sagt unter Anderem: „Die Februar⸗Revolution be⸗ gann mit Plünderung und endigte mit Verschleuderung. Die An⸗ griffe auf das Eigenthum waren eben so zahlreich, wie früher, aber unendlich gewichtiger, denn sie wurden von der Regierung selbst verübt und ausgeführt.“
Die Regierung hat durch die in Brest angekommene Kriegs⸗ brigg „Alcibiade“ Nachrichten vom La Plata bis zum 8. August erhalten. Man versichert, Rosas habe sich den bedeutenderen Ab⸗ änderungen an dem früheren Vertrage gefügt und diese verwickelte Angelegenheit sei endlich einer Lösung nahe.
Großbritanien und Irland. London, 8. Okt. Ihre Majestät die Königin wird übermorgen das Hochland verlas⸗ sen und denselben Abend in Edinburg eintreffen. Die Straße nach Holyrood wird mit farbigen Lampen erleuchtet sein und ein kolossa⸗ les Freudenfener auf Arthurs Sead angezündet werden, welches die Umgegend der Hauptstadt auf Meilen in der Runde beleuchten soll. Eine eigene Suͤbscription ist zu diesem Zwecke eröffnet wor⸗ den. Am 5ten gab die Königin den Pächtern der Umgegend von Balmoral einen ländlichen Ball.
Die Kommission für die große Ausstellung hielt gestern in ihren verschiedenen Sectionen mehrere Sitzungen. Sie hat in Be⸗ zug auf einzusendende Mineralien ein Cirkular veröffentlicht, worin der Wunsch ausgesprochen wird, daß die eingesandten Exemplare so groß seien, daß man daraus ihren Zweck erkennen und begreifen könne. Bei Bausteinen, Marmor, Alabaster und dergleichen wären Würfel von 6 Zoll wohl am angemessensten. In diesem Falle könnte man eine Seite vollkommen unbearbeitet lassen; die anderen Flächen könnten den Prozeß der Polirung bis zur Vollen⸗ dung darstellen. Auch bei Erzen und Cdelsteinen sollte so weit als möglich dieser Grundgedanke festgehalten werden. Ferner hält es die Kommission fuͤr wünschenswerth, daß dem auszustellenden Mi⸗ neral oder Erz statistische Daten hinzugefügt werden über Fund⸗ ort, Ausdehnung des Vorkommens, geologische Eigenthümlichkei⸗ ten u. s. WwW.
Seit vorgestern Abend wüthet in London ein Sturm, wie er seit Monaten nicht gewesen. Heute Morgen hat er bedeutend nach⸗ gelassen, doch hört man jetzt schon von Unglücksfällen aus verschie⸗ denen Seestädten, namentlich am irländischen Kanal. Während der gestrigen Morgennebel trieb der Wind das Wasser der Themse mit solcher Heftigkeit vor sich her, daß viele Schiffe auf den Grund fuhren. Es war der niedrigste Wasserstand, dessen sich die Themse⸗ fahrer seit langer Zeit erinnern können. Doch ist kein namhafter Schaden bis jetzt bekannt geworden.
Die englische Handelsflotte hat den Verlust drei ihrer besten Indienfahrer zu beklagen. Am traurigsten ist das Schicksal der „Ariadne“, welche mit der ganzen Mannschaft zu Grunde ging. Das Schiff war Ende Juli von Kalkutta nach England unterweges. Etwa drei Wochen später wurde das Wrack der „Ariadne“ an der indischen Küste entdeckt; keine lebenbe Seele war mehr unter den Trümmern zu finden, noch sonstwo eine Spur der Mannschaft zu entdecken. Nur den ersten Steuermann fand man 40 Meilen vom Unglücksorte entfernt auf der Küste, halbtodt vor Hunger und Er⸗ mattung. Er hatte 12 volle Tage von Beeren gelebt, und wußte über das Schicksal seiner Gefährten keine Auskunft zu geben. Es waren 30 — 40 Passagiere an Bord. Die Ladung betrug 30,000 Pfd. St.
Aus einer Uebersicht der englischen Kornmärkte von vergange⸗ ner Woche stellt sich heraus, daß auf allen sowohl von englischem wie von fremdem Weizen reichliche Vorräthe vorhanden waren. Dadurch fiel der Quarter durchschnittlich um 1—2 Shilling.
Die „Asta“ ist a Sonnabend um Mitternacht direkt von New⸗York, nach einer Fahrt von 10 Tagen 8 Stunden in Liver pool eingelaufen. Sie bringt Nachrichten aus New⸗York vom 25. September. Das Repräsentantenhaus nahm eine Bill an, zufolge welcher englische Schiffe in nordamerikanischen Häfen laden und ausladen können, wenn England dasselbe Privilegium amerikanischen Schiffen in englischen Häfen gewähren will. Eine Bill liegt vor dem Hause, welche Europäern, sobald sie ihre Absicht anzeigen, Bürger der Republik werden zu wollen, und wenn sie gute Sitten⸗ zeugnisse besitzen, die Erlaubniß ertheilt, in Kalifornien Gold zu graben. Unter den Farbigen in der Umgegend von Pittsburg hat die Annahme der Bill über die Auslieferung flüchtiger Sklaven große Aufregung verursacht. 17 ehemalige Negersklaven haben, bis an die Zähne bewaffnet, die Gegend verlassen und den Weg nach Kanada eingeschlagen. Kleine Haufen Neger folgen ihnen täglich.
In Kalifornien ist ein kleiner, aber blutiger Bürgerkrieg zwi⸗ schen den Patriziern der Stadt Sacramento und den sogenannten Squatters oder Ansiedlern, die an den Gruben⸗Arbeitern einen furchtbaren Anhang besitzen, ausgebrochen. Jene haben einen gro⸗ ßen Theil des Baugrundes der Stadt von Capitain Shutter ge⸗ kauft, scheinen aber ihre Ansprüche auf das ganze Gebiet der neuen
Anbauten und der Umgegend der Stadt unrechtmäßigerweise aus⸗
dehnen zu wollen, und begannen die Squatters aus ihren Woh⸗ nungen mit Hülfe der Behörden und Gerichtsdiener zu vertreiben. Die Squatters behaupten, Grund und Boden gehöre der Regie⸗ rung der Vereinigten Staaten, und in Folge des amerikanischen Gesetzes und Herkommens dem erstkommenden Ansiedler; sie leisteten offenen Widerstand und es kam zu einem Gefecht, in welchem der Mayvor und mehrere Bürger erschossen wurden. 700 Squatters bemächtigten sich darauf der Stadt. Beim Abgang der Post war der Kampf noch nicht entschieden. Die Behörden erklärten Sacra⸗ mento in Kriegszustand und suchten die Bürger⸗Miliz zu bewaffnen; die Squatters erwarteten Zuzug aus den Minen, die Stadt brannte an allen Ecken.
Niederlande. Aus dem Haag, 7. Okt. Die Cröff⸗ nung der Session der Generalstaaten für 1850 —51 hat heute mit den üblichen Feierlichkeiten stattgefunden. In der ziemlich langen Thronrede des Königs, welche sich fast ganz mit dem Inlande be⸗ schäftigt, heißt es unter Anderem: „Ich habe gewollt, daß bereits tese Versammlung der Generalstaaten ganz im Vollgenusse der Rechte sein soll, welche die unlängst festgestellten Institutionen dem niederländischen Volke zusichern. Es ist mir angenehm, mich von seinen neu gewählten Vertretern umgeben zu sehen. Unsere Bezie⸗ hungen zu allen Mächten bekunden stets ein gutes Einverständniß. Bei den Schwierigkeiten, welche in Deutschland entstanden sind, ver⸗ folgen wir in Bezug auf Limburg den Weg, welchen die Verträge und das Interesse von Niederland vorzeichnen.“
Belgien. Brüssel, 9. Okt. Aus dem Bülletin, welches der Monit. Belge in seinem heutigen Blatte mittheilt, ergiebt sich, daß am Morgen des gestrigen Tages eine leichte Besserung in dem Befinden der Königin eingetreten ist.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 2. Okt. In einer beim Ober⸗Statthalter gehaltenen Versammlung hat die bürgerliche Gesundheits⸗Behörde beschlossen, an den verschiedenen Zollstellen um die Hauptstadt Wachen aufzustellen, welche die Zu⸗ lassung von Reisenden aus choleraangesteckten Orten, wenn sie nicht 10 Tage an gesunden Orten zugebracht haben, hindern sollen.
Nach dem Bericht der Tabell⸗Kommission zählte Schweden Anfang 1846 3,316,536 Einwohner und hatte seit Anfang 1841 um beinahe 178,900 Menschen zugenommen. Schweden wird also gegenwärtig ungefähr 3 ½ Millionen Einwohner haben.
Dänemark. Kopenhagen, 7. Okt. (A. M.) Folgende amtliche Mittheilung ist heute Morgen 11 Uhr im Kriegs⸗Ministe⸗ rium ausgelegt, enthaltend den vom Kommandanten in Friedrich⸗ stadt, Oberst⸗Lieutenant Helgesen, an den Ober⸗Befehlshaber ein⸗ gesandten Bericht vom 5. Oktober Morgens: „Nachdem der Feind gestern den ganzen Tag unsere Werke und die Stadt mit unge⸗ wöhnlicher Heftigkeit beschossen, empfing ich halb 6 Uhr Nachmittags Meldung, daß er in starken Kolonnen vorrücke. Die äußerste Ver⸗ theidigungs⸗Linie sowohl, als die zurückliegenden Werke waren be⸗ setzt und die Besatzung bereit, ihn zu empfangen. Ungefähr drei Viertel auf Sechs eröffnete der Feind das Feuer und rückte in 4 Kolonnen (zu respektive 1 ¼, 1 ⅛ bis 2 Bataillonen) vor, auf dem Eider⸗Deich, gegen die Chaussee und den Treene⸗Deich. Beim Vorrücken wurde er unterstützt durch ein kräftiges Feuer aus sei⸗ nen in unserer Front angelegten Batterieen, aus den hinter dem holsteinischen Eiderdeich aufgeführten Geschützen und von den auf der Eider aufgestellten Kanonenböten. Der Feind machte wie⸗ derholte Versuche, unsere äußere Linie mit Sturm zu nehmen, allein wurde jedesmal mit Verlust zurückgeschlagen. Später beschränkte er sich darauf, ein lebhaftes Feuer gegen unsere Werke zu richten und zog sich ungefähr um 11 Uhr in seine vorherige Stellung zurück. Nach Aussage der Gefangenen hat der Feind eine Stärke von 7 Bataillonen im Feuer gehabt, die von General Willisen selbst ge⸗ führt wurden. Die Stärke, welche wir im Feuer gehabt haben, beträgt gegen 2 Bataillone. Der Sturm hat ungefähr eine Stunde gedauert. Bis jetzt sind als Gefangene eingebracht: ein Haupt⸗ mann, ein Lieutenant (verwundet und nach Husum gebracht) und 30 Unterofsiziere und Gemeine. Unseren Verlust an Todten und Verwundeten habe ich noch nicht in Erfahrung gebracht. Hel⸗ gesen.
Nach einem Schreiben aus Husum vom 2. Oktober waren dort über 100 Verwundete eingebracht. Friedrichsstadt habe furchtbar gelitten, manche von den Einwohnern seien vom Geschütze getroffen. Erst am 1. Oktober habe die vier Tage und Nächte unter freiem Himmel bis an die Knie im Schlamm stehende Garnison von Frie⸗ drichstadt Verstärkung erhalten.
Der Danske Sleswiger meldet aus Sonderburg, daß der König bei seinem dortigen Aufenthalte den Admiral der russischen Flotte zum Großkreuz des Danebrog ernannt. Die russische Flotte sei nach Kiel gegangen, zu welchem Zweck sei ein Geheimniß. (Die Flotte ist bekanntlich nicht nach Kiel gegangen und hat bereits War⸗ nemünde passirt.)
Siebenundzwanzig von verschiedenen Gegenden in Jütland, Fehmarn, Seeland und anderen Inseln Abgesandte haben dem Kö⸗ nige eine Glückwunsch⸗Adresse zum Geburtstage überbracht, in wel⸗ cher besonders für die Verfassung gedankt wird. Der König hat die Addresse huldreich entgegengenommen und beantwortet. G
Kopenhagen, 8. Okt. (D. R.) Sowohl in dem Landesthing als in dem Volksthing hat man dem Heere einen Dank votirt.
Aus dem Vortrage, welchen der Finanzminister bei der Vor⸗ lage des Finanzgesetzes im Volksthing hielt, geht hervor, daß er die Einnahme auf 13 ½⅞ Millionen, ohne Rücksicht auf die Einnahme in Schleswig — veranschlagt und die Ausgaben auf 15,881,000 Rbthlr., also eine Unterbalance von circa 2 ½ Millionen, welche ge⸗ deckt werden sollen theils durch den Ueberschuß der schleswigschen Einnahmen, theils durch eine Einkommensteuer, worüber das Nö⸗ thige diesem Reichstage vorgelegt werden wird. — Der Finanz⸗ minister verkündete eine Postreform und die Aufhebung der Zah⸗ lenlotterie mit dem Ausgange des Jahres 1851. — Die disponi⸗ blen Kassenbehälte der Finanzen betragen gegenwärtig noch 3,860,000 Reichsbankthaler, außer den fortlaufenden Kriegssteuer⸗Einzah⸗ lungen, dem Reservefonds und die für 2 Millionen ausgefertig⸗ ten, aber nicht ausgegebenen Kreditbeweise. b
Im Volksthing wurde die Interpellation Balthasar Christen⸗ sens gestattet. — Der Kriegsminister dankte im Namen des Heeres für den demselben seitens der Things ausgesprochenen Dank.
Italien. Florenz, 5. Okt. (Lloyd.) Der an des ent⸗ lassenen Peruzzi Stelle zum Bürgermeister (Gonfaloniere) von Flo⸗ renz ernannte Herr Leonetti hat seine Entlassung eingereicht. Der Bürgermeister von Ripoli ist gleichfalls seiner Stelle enthoben wor⸗ den, indem auch der Munizipalrath dieser Stadt eine Bitte um Reaktivirung der Verfassung an den Großherzog zu richten be⸗ schlossen hatte. Das Ministerium hat den von dem Herausgeber des suspendirten Statuto eingereichten Rekurs verworfen.
— —