1850 / 284 p. 3 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

die Anlegung der Trauer bei der Bürgergarde und der Armee vor Das Offizier⸗Corps der ersten Legion der hiesigen Bürgergarde hatte bereits gestern Abend beschlossen, daß die Legion, im Falle das traurige Ereigniß eintrete, die Trauer anlegen solle.

. Alle Mitglieder des diplomatischen Corps, so wie die Konsular⸗ Agenten, haben, ohne die offizielle Anzeige vom Tode der Königin bzuwarten, sofort die Trauer angelegt.

Ueber die letzten Augenblicke der Königin wird der Indé⸗ pendance aus Ostende vom 11. Oktober Abends Folgendes ge⸗ schrieben: „Unsere traurigsten Befürchtungen sind eingetroffen. Die Königin ist nicht mehr. Ihre Majestät ist heute früh gestorben. Da man gestern Abend glaubte, sich der Hoffnung hingeben zu önnen, daß das traurige Ereigniß nicht so nahe sei, so⸗ hatten 8 Prinzen gegen 11 Uhr das Palais verlassen, um einige Augenbli e sich der Ruhe zu überlassen. Um vier Uhr verschlimmerte der Zu⸗ stand der hohen Kranken sich so sehr, daß alle Mitglieder der Kö⸗ niglichen Familie herbeigerufen wurden, unter ihnen der Herzog von Nemours, welcher sich von dem Hotel ;— ne nach dem Schlosse führen ließ. Um fünf Uhr erschienen die ö die Ehrendamen und die der Königlichen Familie befreundeten Perso⸗ en, welche in Ostende anwesend waren. Uim sechs Uhr sprach der Dechant von St. Gudula die Sterbe⸗ Gebete, denn man sah den Augenblick der Trennung von der Erde schnell herannahen. Die Augenblicke der edlen Fürstin waren erschütternd und noch ergreifender durch die herrschende Stille. Königin behielt bis zum letzten Augenblicke ihr volles Bewußtsein und hatte gar keinen eigentlichen Todeskampf. Sie ver⸗ schied in den Armen des Königs, dessen Hand sie in der ihrigen hielt, ihre Mutter befand sich ihr zur Seite, ihre Kinder, ihre Brü⸗ der, ihre Schwestern knieten weinend neben dem Bette. Seit meh reren Tagen schon war es leider nicht mehr möglich, noch eine ernst⸗ liche Hoffnung zu hegen, und dennoch, als man sah, als man hörte, daß Alles verloren sei, da bemächtigte sich Aller ein Schmerz, den man vergeblich zu schildern suchen würde. Nachdem die Königin verschieden war, blieben die Prinzessinnen im Palais, während die Prinzen in das Hotel zurückkehrten, um sich von dort in die Kirche zu begeben, wo der Abbé Guelle, Almosenier der Königin Amalie, um 9 ¾l Uhr die Messe las. Als der Herzog von Nemours aus der

1708

Kirche zurückgekehrt war, mußte er sich ins Bett legen. Die be⸗ trübende Kunde war kaum in der Stadt bekannt geworden, als sofort alle Läden und alle Fenster ohne Ausnahme geschlossen wur⸗ den, als ein schwaches Zeichen des allgemeinen Schmerzes. Um 10 ½ Uhr wurden alle Beamten des Königlichen Hauses mit Einschluß der Diener und der Tagearbeiter in das Sterbezimmer geführt, um die Leiche der Königin zu sehen. In diesem Augenblicke ist man be⸗

schäftigt, das Trauergerüst zu errichten.“

Die Königin Louise Marie Therese Charlotte Isabelle, Prin⸗ zessin von Orleans, war am 3. April 1812 in Palermo geboren und hat mithin ein Alter von 38 Jahren 6 Monalen und 8 Tagen erreicht. Am 9. August 1832 vermählte sie sich zu Compiêègne mit dem Könige Leopold I. Kinder dieser Ehe sind: 1) Prinz Louis Philipp Leopold Victor Ernst, geboren in Brüssel am 24. Juli 1833, gestorben am 16. Mai 1834. 2) Der Kronprinz Leopold, Herzog von Brabant, geboren in Brüssel am 9. April 1835. 3, Prinz Philipp, Graf von Flandern, geboren in Laeken am 24. März 1837. 4) Prinzessin Marie Charlotte, geboren in Laͤeken am 7. Juni 1840.

Die sterblichen Ueberreste der Königin werden, dem Vernehmen nach, in der St. Gudula⸗Kirche neben dem im Jahre 1834 in dem Alter von einem Jahre verstorbenen Herzoge von Brabant beigesetzt werden. Die Königin Marie Amalia und einige Mitglieder der der verewigten Königin werden den König nach Laeken be⸗ gleiten.

Auch hier in Brüssel wurden bei dem Eintreffen der Trauer⸗ botschaft zuerst in den Hauptstraßen, und allmälig in allen Straßen die Läden geschlossen, so daß um vier Uhr in der ganzen Stadt kaum noch ein Laden geöffnet war. Alle Fahrzeuge auf dem Kanal zogen die Flagge auf halbem Mast. Die Theater sind geschlossen.

Königliche Schauspiele.

Dienstag, 15. Okt. Im Opernhause. 112te Abonnements⸗ Vorstellung. Zur Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Kö⸗ nigs: Prolog, gedichtet und gesprochen von Herrn Stawinsky. Hierauf, zum erstenmale: Die Zigeunerin, romantische Oper in 3 Akten, Musik von M. W. Balfé. Ballet von P. Taglioni.

Im Schauspielhause. 164ste Abonnements⸗Vorstellung. Zur Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Königs: Prolog, ge⸗ dichtet von Herrn Stawinsky, gesprochen von Herrn Grua. Hierauf: Torquato Tasso, Schauspiel in 5 Abth., von Göthe.

„In Potsdam. Zur Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Königs: Prolog, gedichtet von Herrn Stawinsky, gesprochen von Herrn Liedtke. Hierauf: Dorf und Stadt, Schauspiel in 2 Abth. und 5 Akten, mit freier Benutzung der Auerbachschen Erzählung: Frau Professorin“, von Charl. Birch⸗Pfeiffer. Anfang

hr.

Billets zu dieser Vorstellung sind in der Kastellans⸗Wohnung

im Schauspielhause zu Potsdam erst von Dienstag, den 15ten d. M., von früh 8 Uhr an, zu folgenden Preisen zu haben:

Erster Balkon und erster Rang Logen 25 Sgr., Parquet und Parquet⸗Logen 20 Sgr., zweiter Rang Logen 10 Sgr., Parterre 10 Sgr., Amphitheater 5 Sgr.

Mittwoch, 16. Okt. Im Schauspielhause. 165ͤte Abonnements⸗ Vorstellung: Die Karlsschüler, Schauspiel in 5 Abth., von H. Laube.

Eingetretener Hindernisse wegen kann das Schauspiel: rich IV., nicht gegeben werden.

Hein⸗

Königsstädtisches Theater.

Dienstag, 15. Okt. Zur Feier des Allerhöchsten Geburtsfestes Sr. Majestät des Königs (bei beleuchtetem Hause): Der funfzehwre Oktober. Vaterländisches Festspiel von Friedrich Adami. Am Schluß des Festspiels, Hymne: An den König, von Goltdammer, komponirt vom Musikdirektor Reichardt, ausgeführt vom Chorper⸗ sonale. Hierauf, zum erstenmale: Ein Fürst. Charakterbild mit Gesang in 3 Akten, von Fr. Kaiser.

Mittwoch, 16. Okt. Vorstellung des Professors der indischen und chinesischen Magie, Herrn Herrmann aus Hannover, in 2 Abthei⸗ lungen. Zwischen der ersten und zweiten Abtheilung: Ein Herr und eine Dame. Lustspiel in 1 Akt, von C. Blum.

rIiner Börse vom 14. Oktober.

IWechsel-Course.

Geld 141¾

Brief.

Kurz 2 Mt. 2 Mt. 149

3 Me. 3 22 ½ 6 22 ½ 2 Mt. 80

2 Mt. 835 83 ½1

2 Mt. 1012

2 Mt. 99 ¼

8 Tage 2 Mt. 100 Pl. [2 mt.

Amsterdam 250 Pl. do. 250 Pl.

Ilamburg . 300 Mk. do. 300 Mk.

1 L t, 300 Fr. 150 PFl. 150 Fl. 100 Thlr.

100 Thlr.

London

Wien in 20 Nr. Augsburg Breslau

99

Leipzig in Courant im 1] 1 Thlr. 99 4

99¹ -,99712 Frankfurt a. M. südd. W. 36 20

Petersburg

100 SRLl. 3 Wochen V 107

Inländische Fonds, Efandhriese, Kommaunal- Papiere und Geld- Course.

Zf. Brief. Geld. Gem. Zf. Brief. Geld. Gem. Ppreufs. Freiw. Anl 5 106 ½

106 ¼ Grh. Pos. Pfdbr. 3 ½ 90 ¼ 89 do St Anl. v. 50 4 ½ 99 99 Ostpr. Pfandbr. 3 St.-Schuald-Sch. 3 85 ½ 84 Pomm. Psandbr. 3 ½ 95 0d.-Deichb.-Obl. 4 ½ Kur- u. Nm. do. 3 ½ 95 ½1 Seeh. Präm.-Sch. 110 ¼ 109 ½⅔ Schlesische do. 3 ½ K. u. Nm. Schuldv. 3 ½ do. Lt. B. gar. do. 3 ½ Berl. Stadt-Obl. 5 104 ¼ Pr. Bk. Anth.-Sch. 95 ½ Westpr. Pfandhbr. 3 ½ 90 ½ 10 Grofsh. Posen do. 4 101

Friedrichsd'or. And. Goldm. à 5th.

Disconto.

Ausländische Fonds.

Poln. neue Pfdbr. do. Part. 500 Fl. 92 ½ do. do. 300 PI. 92 Hamb. Feuer-K. do. Staats-Pr. Anl. Lübeck. Staats-A. IIoll. 2 % Int. Kurh. Pr. O. 40th. 31 ¼

Russ. Hamb. Cert. do. Hope 1. Aul. do. Stiegl. 4 6

do. do. 5. A. do. v. Rthsch. Lst. 5 do. Engl. Anleibe do. Poln. Schatz0. do. do Cert. L. A.

109

79 ½

Die mit 3 ⅜½ pCt. bez. Actien sind v. Staat gar.

Berl

Magd.-Halberstadt ..

Halle -Thüringer.....

93 % do. do. L. B. 200 Fl. N. Bad. do. 35 Fl. 18

Poln a. Pfdbr. a. C.

EI

2 . 2

Eischnbahn- Actien.

g.

18429.

Sltamm-Acltien. V Kapital.

Der Reinertrag, wird nach erfolgter Bekanntm. ag es in der dazu bestimmten Rubrit ausgefüllt.

Börsen-Zins- Rechnung Rein-Ertra

Kapilal.

Prioritäts-Actien.

Tages Cburs.

Zinssuss.

Sämmtliche Prioritäts-Actien werden durch jsüührliche Verloosung à 1 pCt. amortisirt.

Anh. Litt. A. B. do. Hamburg do. Stettin-Starg..

do. Potsd.-Magd. ..

6,000,000 8,000,000 4,824,000 4,000,000 1,700,000 2,300,000 9,000,000 13,000,000 4,500,000 1,051,200

942, 95 b⸗. 89 * EEb 106 bz. u. B. 63 134

α

do. Leipziger

——-Aö

62 ½ Cöln -Minden 965 do. AaSI Bonn-Cöln Düsseld.-Elberfeld.. 1,400,000 Steele -Vohwinkel .. 1,300,000 Niederschl. Märkisch. 10,000,000 do. Zweigbahn 1,500,000 Oberschl. Lit. 5 2,253,100 do. ThH I88 2,400,000 Cosel -Oderberg.... 1,200,000 Breslau-Freiburg. .. 1,700,000 Krakau-Oberschl.... 1,800,000 Berg. Märlk«. . . . .. .. 4,000,000 Stargard-Posen 5,000,000 Brieg NeisSs 1,100,000 Magdeb.-Wittenb. 4,500,000

22 8*

S

ꝓ.SH 8

8 9Sr

xSe;CSPScacgcgamanreöeeeeö

euillungs- ogen.

Aachen- Mastricht .. Aachen-Düsseldorf..

MHusländ. Actien.

Friedr. Wilh.-Nordh. 8,000,000

do. Prior...

Kassen-Vereins- Bank-Actien 108 a bz.

94 ¼ b. 100 ½ bz. 2 99 ½⅞ 6. 92 B. 101 G. 101 B. 104 ½ G.

1,411,800 5,000,000 1,000,000

sIIeeereeee do. Hamburg do. do 1II 86 do. Potsd.-Magd... 2,367,200 do. do. bb-eeeilhl, do. do. Litt. D. 1,000,000 do. Stettiner .. .. 800,000 Magdeb.-Leipziger . 1,788,000 Halle-Thüringer. 4,000,000 Ooöln Minden 3 674,500 1 3,500,000 Rhein. v. Staat gar. 1,217,000 do. 1. Priorität.. 2,487,250 do. Stamm Prior. 1,250,000 Düsseldorf-Elberfeld. 1,000,000 Niederschl. Märkisch. 4,175,000 do. 3,500,000 III. Serie. 2,300,000 Zweigbahn 252,000 Magdeb.-Wittenb.. . 2,000,000 Oberschlesische 370,300 Krakau-Oberschl. .. 360,000 Cosel-Oderberg 250,000 Steele-Vohwinkel 325,000 do. do. 11 Ser. 375,000 Breslau-Freiburg ... 400,000 Berg.-Märk 11, 100,000

8

22

98 ⅔˖ b2 B. 100 ¾ bz. 103 B. 102 G.

8

89 B.

78 ½ bz. 90 ¾˖ B. 103 ½ B. 102 ¼ B.

SCSISESAESUn;Enn

99 B.

CSnnnen

Ausl. Stamm-Act.

Börsen- 5 1 Reinertr.

1

SJ FIee P Cöthen-Bernb. Thlr. Mecklenburger Thlr.

2,050,000 650,000 4,300,000

Preussische Bank-Antheile 96 bz. u. 6

Das Geschäft war heute beträchtlich lebhafter, als in den letzten

Tagen,

und erfuhren die Course der meisten Eisenbahn-Actien, namentlich aber Friedrich -Wilhelms-Nordbahn, eine Steigerung.

Auswärtige Börsen. Wien, 12. Okt. Met. 5proz. 95 ¼. 4proz. 74 ¼. 4 ½proz. NZ. 2 ½¶proz. 49 ¾. Anl. 34: 185 ½. 39: 117 ¼. Nordbahn 109, 109¼. Gloggnitz 116 ½. Mail. 76 ½ 76 ½⅛. Pesth 88 ½. B. A.

1158 1156.

1 Wechsel Amsterdam 166 ½. Augsburg 120 ½. Frankfurt 119 ½. Hamburg 177 ⅛. London 11. 57. Paris 142. K. Gold 125 ½¾. Silber 119 ⅛.

„Frankfurt a. M., 12. Okt. Die Börse war heute willig. „Für Fonds und Actien zeigte sich Begehr, insbesondere hielten sich alle Oester. Gattungen in Nachfrage, und worin meh⸗ rere Umsätze stattfanden. Man bewilligte dafür bessere Preise als gestern. Nach der Börse fest.

Br. Destr. 5proz. Met. 77: Br., 77 ½ Gld. Bank⸗Aectien 1155

* 1150 Gld. Bad. Partial⸗Loose a 50 Fl. vom Jahre 1840: oth Br., 52 ¼ Gld., do. a 35 Fl. vom Jahre 1845: 31 Br., 30 ½ 8 Heess. Part.⸗Loose a 40 Rthlr. preuß. 30 Br., 30 ¾ Gld. Pe. Part.⸗Loose a 36 Fr. bei Gehr. Bethm. 32 Br., 32 ½ Gld. Prsstett Partial⸗Loose 3 50 Fl. 70 Br., 75 ⁄½ Gld., do. a Gld W. Gld. Spanien Zproz. inländ. 33 ³, Br., 33 ½ li e Fl.Loose 135 ¾ Br., 135 ½ Gld., do. 4proz. Ob⸗

8a en 500 Fl. 81 Br., 806 G. Fr. Wilh. Nordb. 40 Br.,

erbach 78 Br., 77 ½ Gld. Köln⸗Minden 97 Br.,

Hamburg 12. Ok 58 . Okt. Präm.⸗Hbligationen 895 Br. C. R. 105 Vr Dän. 74⅛ Br., 73 ½ Gld. Ardoins 102 B 8 31 ½ Gld. Amer. 6proz. V. St. 1061 Br 8.

3 ⁄proz. 89 ½ Br., 89 ¼ Gld. St. Stiegl. 88 Br. Zproz. 32 Br., Hamburg⸗Berl. 89 ½

Magdeburg⸗Wittenberge 53 ½ Br., 53 Gld. Altona⸗Kiel 88 Br. Köln⸗Minden 96 ¾ Br. Friedrich⸗ Silhelms⸗Nordbahn 37 ½ Br. Mecklenburg 32 Br.

Bei fast unveränderten Preisen sehr wenig Geschäft.

London, 11. Okt.

Br. u. Gld. Bergedorf 92 Br.

b Zproz. Cons. p. C. u. a. Z. 97. 96 ½. 3 ½proz. 98 ¼. Pass. 3 . Diff. 11 ½. Int. 57 ¼, z6. 4proz. Certif. ex div. 88 ⅛. Russ. 4zproz. 97 ½¾. Bras. 90 ⅛. Mex. 31 ½, . Der englische Fondsmarkt behauptete heute eine steigende Ten⸗ Fremde Fonds still.

2 Uhr. Engl. Fonds blieben fest, doch die Geschäfte nicht be⸗ deutend. Fremde Fonds still, Geschäft beschränkt und Preise un⸗ bewegt.

denz.

Amsterdam, 11. Okt. Für Int. zeigten sich heute zu er⸗ höhten Preisen mehrere Käufer; alle übrigen holl. Fonds fast un⸗ verändert. Von fremden Effekten waren span. bei ziemlich belebtem Geschäft in Ard., und Zproz. fast unverändert. Russ. 5proz. etwas angenehmer, 4proz. mehr angeboten. Oesterr. höher, die übrigen vwenig verändert. Holl. Int. 56 ⅛, „%, J. 3proz. neue 67 ¼, . 3 ½ůproz. Synd. 98 ½. Span. Ard. 11 %, ½, gr. Piecen 11 ½⅜, *„%, 3proz. dito 38 ¾. Coupons 8 ½, ½. Russ. alte 104 ½, 4proz. 87 ⅛. Oest. Met. 2 ½⁄proz. 40 ¼, ½. Mex. 29 ⅛.

Wechsel⸗Course. London k. S. 11. 90 Br. 2 Mt. 11.85 Br. Hamburg 35 %. 2 Mt. 6 1.

Mularkt⸗Berichte. Berliner Getraidebericht vom 14. Oktober. Am heutigen Markt waren die Preise wie folgt: Weizen nach Qualität 52 57 Rthltrt. Noggen loco 34 —37 Rthlr.

Föabes 9 d34 Rthlr. Br., 34 bez. u. G. 8 Nov. /Dez. 34 ¼ Rthlr. Br., 34 G. pr. Frühj. 1851 38 a 38 ¼ Rthlr. bez., Gerste, große loco 25 —28 Rthlr. 8 kleine 23— 25 Rthlr. Hafer loco nach Qualität 18 ½4 21 Rthl. 48pfd. pr. Okt. 18 Rthlr. Br., 18 G. 50 pfd. 19 Rthlr. Br., 18 ½ G. 48 pfd. pr. Frühjahr 19 ½ Rthlr. Br., 19 G. 50 pfd. 20½ Rthlr. Br., 20 G. Erbsen, Koch⸗ 45—50 Rthlr., Futter⸗ 38—-42 Rthlr. Rüböl loco 12 Rthlr. Br., 12 ½ bez. u. G. vr q . Okt. /Nov. 12 ½¼ Rthlr. Br., 12 ⁄2 bez., 12 G Nov./ Dez. . Dez. /Jan. . 8 Jan./Febr. 12 Rthlr. Br., 11 ¾ G. Febr. /März 3 4 März/April 11 2 Rthlr. Br., 11 ½ bez., 11½ G. April/ Mai 11 ½ Rthlr. Br., 11 ⅛⅜ bez., 11 ¾ G. Leinöl loco 13 Rthlr. Br., 12 ¾ G. pr. Okt. / Nov. fehlt. pr. Frühjahr 12 Rthlr. Br., 11½8 G. Mohnöl 13 ¼ a 13 ½ Rthlr. Palmöl 11 ½ Rthlr. Südsee⸗Thran 13 Rthlr. bez. u. Br. Spiritus loco ohne Faß 16 ¾ a 10½ Rthlr. verk. mit Faß pr. Okt. Okt./Nov. 16 a

Nov. /Dez. ) pr. Flabesis5. 18 a 17 ¾ Rthlr. verk., 18 Br., 17 yG

„Rthlr. verk., 16 ½ Br., 5 G.

Berlin, Druck und Verlag der Deckerschen Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei.

Beilage

Beilage zum

A1AAA666A“

Preußischen Staats-Anzeige

8

IrvI

Agsta Cean ut Filbülg n.

FerAEn,

un, ist Has at 1 iun nn rem serg

Sa,ngea. Dienstag d. 15. Okt.

1u“

AAxedAE8 d, eenn ne

b

&εεd tan

Inhalt. Deutschland.

Württemberg. Stuttgart. Vortrag des Ministers des Innern, von Linden, bei Einbringung des Entwurfs einer revidirten Verfassung in der vierten Sitzung der Landes⸗Versammlung.

Ausland.

Preßburg. Die Vorlesungen auf der Rechts⸗Akademie. Wissenschaft und Kunst. Königsstädtisches Theater. (Italienische Opern Vorstellung.

Musikalisch

Oesterreich. Norma.)

Eisenbahn⸗Verkehr

Deutschland.

Württemberg. Stuttgart, 10. Okt. (Schw. M.) Der Vortrag des Ministers des Innern, von Linden, bei Einbrin⸗ gung des Entwurfs einer revidirten Verfassung in der 4. Sitzung der Landes⸗Versammlung lautet wie folgt:

Hochzuverehrende Herren! Die wichtigste Aufgabe, deren end liche Lösung der König und das Vaterland von Ihnen zu erwarten berechtigt sind, bildet die Vereinbarung über die Revision unserer vor 31 Jahren durch feierlichen Vertrag zu Stande gekommenen Verfassung. Für diesen Hauptzweck wurde in einer außerordentli⸗ chen Versammlung von Landesvertretern ein besonderes Organ ge⸗ schaffen, dessen sonstige Thätigkeit sich nur auf die nothwendigen und unaufschieblichen Staatsgeschäfte, welche in den Wirkungskreis der Stände⸗Versammlung fallen, erstrecken soll. Um diese hochan⸗ sehnliche Versammlung in keiner Weise an dem alsbaldigen Einge⸗ hen auf diesen wichtigsten Theil ihres Berufes zu hindern, bin ich von Seiner Majestät dem Könige beauftragt, soögleich bei dem Beginn Ihrer Sitzung den Entwurf eines revidir⸗ ten Verfassungs⸗Vertrages einzubringen, und ich habe die Ehre, Ihnen diesen Entwurf hiermit zu übergeben. Aller⸗ dings wurden von sehr bedeutenden Autoritäten, und zwar von Männern, welche bei vollständiger Kenntniß unserer staatsrechtlichen Verhältnisse, eine ganz unparteiische Stellung einnehmen, gewichtige Zweifel darüber geäußert, ob ein völliges Infragestellen eines Grund⸗ gesetzes, welches entschieden vielfache Vorzüge besitzt, und nach man⸗ chen Seiten eine weitere Entwickelungsfähigkeit in sich schließt, über⸗ haupt zweckmäßig ist, ob nicht vielmehr ein solches Verfahren hin⸗ sichtlich desjenigen Gesetzes, welches die Grundlage des Staates bilden und dem Bürger heilig sein soll, die Begriffe von Recht und Pflicht erschüttern und der neuen Schöpfung zum voraus den Glau⸗ ben an ihre Dauer entziehen muß; ob ferner gerade jetzt, in einer Zeit aufgeregter politischer Leidenschaft, in wel⸗ cher die Extreme mindestens äußerlich noch unversöhnt sich gegenüberstehen, und vor der Rücksicht auf einmal ausgesprochene Partei⸗Ansichten manchmal Gründe der Staatsweisheit zurücktreten müssen, der geeignete Zeitpunkt für einen dauerhaften Neubau zu erkennen ist: ob endlich nicht wenigstens die Ordnung der allgemei⸗ nen Verhältnisse Deutschlands vorhergehen sollte. Jeder Unbefan⸗ gene wird das Gewicht dieser Bedenken zugesteh en müssen. Wenn die Re⸗ gierung dessenungeachtet auf eine umfassende Revision der Verfassung ein⸗ zugehen bereit ist, so geschieht es theils in der Ueberzeugung, daß in man⸗ chen sehr wichtigen Beziehungen einellmgestaltung nothwendig geworden, in anderen wenigstens wünschenswerth ist, theils aber und vor Al⸗ lem, um im Hinblick auf die hierüber vielfach ausgesprochenen An⸗ sichten und Wünsche durch eine umfassende Arbeit die Vereinbarung selbst zu erleichtern und die Aufrichtigkeit des Bestrebens der Re⸗ gierung zu bekunden. Dieses Bestreben wird bethätigt durch den vorgelegten Verfassungs⸗Entwurf, welcher eine sorgfältige Re⸗ vision des bestehenden Grund⸗Gesetzes nach allen seinen Theilen enthält und dem Lande und dem Einzelnen alle Rechte und Frei⸗ heiten verbürgt, welche mit dem Wohle des Ganzen vereinbar sind. Der Umstand, daß von entgegengesetzten Seiten der Entwurf gleichmäßig angefochten wird, spricht gerade dafür, daß er den rich⸗ tigen Mittelweg eingeschlagen hat, und nicht nur in dem engeren Vaterlande hat sich vielfache Zustimmung kundgegeben, sondern auch von der gebildeten öffentlichen Meinung Deutschlands wurde das Bemühen der Regierung gewürdigt, durch freisinniges Entgegen⸗ kommen auf gesetzlichem Wege die gegenwärtige Verwirrung zu lö⸗ sen. Der Standpunkt, welchen die Regierung bei den Verhandlun⸗ gen über diesen Entwurf einzunehmen hat, ist nach der Entstehung der dermaligen Verfassung, wie nach dem Gesetze vom 1. Juli v. J., der vertragsmäßige. Die Regierung kann sich daher auch nicht nöthigen lassen, auf Abänderungen der Verfassung, welche nach ih⸗ rer Ueberzeugung Rechtsverletzungen enthalten oder dem Staats⸗ wohle schädlich wären, einzugehen. Sie wird und darf sich na⸗ mentlich durch Mittel, welche außer allem Zusammenhang mit der Verfassungs⸗Berathung stehen, nie bestimmen lassen, wohlerwogene Grundsätze zu verlassen. Soll die vertrags⸗ mäßige Neugestaltung der Verfassung eine Bedeutung haben und die Bürgschaft der Dauer in sich tragen, so muß der Entschluß auf beiden Seiten frei sein und darf nicht von der einen Seite erzwun⸗ gen werden wollen. Zu Erreichung dieses Ziels ist ein Entgegen⸗ kommen von beiden Seiten, die Anerkennung des redlichen Strebens und ein reiner, durch keine Nebenrücksichten getrübter Wille nöthig. Die Regierung hat in dem Entwurf, welchen sie Ihnen vorlegt, 88 S Versöhnlichkeit bewiesen und ist auf dem Wege, welcher allein zum Ziele führen kann, vorangegangen. Ver⸗ gleicht man den Entwurf mit den Grundgesetzen anderer Staaten, welche sich entweder durch die Erfahrung bewährt haben oder, wenn auch in neuester Zeit entstanden, das Gepräge staatsmännischer Weisheit an sich tragen, so wird man anerkennen müssen, daß er in Beziehung auf Freisinnigkeit und Eingehen auf die Forderungen der Zeit die Vergleichung auszuhalten ganz geeignet ist. Wer freilich den Maßstab jener ephemeren Produkte politischer Leidenschaft anlegt, welche in manchen kleineren deutschen Staaten in der jüngstverflossenen Zeit aufgetaucht und entweder bereits wieder verschwunden oder im Verschwinden begriffen sind, wird sich durch den Entwurf nicht befriedigt finden. Dieser will die Grundzüge der Verfassung einer constitutionellen Monarchie, anschließend an die bestehenden geschicht⸗ lichen Rechte und Verhältnisse feststellen, und keine republikanische Verfassung mit einem erblichen Präsidenten einführen. An dem Grundsatz der constitutionellen Monarchie und den daraus hervor⸗ gehenden Konsequenzen wird auch die Regierung unbedingt festhal⸗ ten. Nachdem sie, in der Absicht, freiwillig das anzubieten, was sie zugeben kann, in der Feststellung der individuellen Rechte der Einzelnen und Corporationen und des Wirkungskreises der Landes⸗ Vertretung bis an die Gränze gegangen ist, deren Ueberschreitung

mit dem Bestaud einer kräftigen und geordneten Regierung in einem Staate von dem Umfang und den Kräften Württembergs unvereinbar schien, wird sie sich in wichtigeren Beziehungen zu wei⸗ ter greifenden Abänderungen des bestehenden Verfassungsrechts nicht herbeilassen. Dagegen wird sie gern bereit sein, auf Verbesse⸗ rungen im Einzelnen und auf solche Abänderungen, bei welchen die Grundlagen der constitutionellen Monarchie unangetastet bleiben und die Möglichkeit einer geordneten Regierung nicht aufgehoben wird, einzugehen. An Ihnen, hochzuverehrende Herren, liegt es, das Entgegenkommen der Regierung zu erwiedern und dem sehn⸗ lichen Wunsche des Landes nach endlicher Lösung der gegenwärti⸗ gen Verwirrung unserer staatsrechtlichen Zustände Befriedigung zu verschaffen. Wenn von zwei Parteien, welche durch die dringend⸗ sten sittlichen und politischen Gründe zum Eingehen eines neuen oder zur Abänderung eines bestehenden Vertrages veranlaßt sind, der eine Kontrahent keine Mühe scheut, durch Eingehen auf die Wünsche des anderen Theils und durch Nachgiebigkeit das Zustandekommen einer Uebereinkunft möglich zu machen, während der andere Kontra⸗ hent die mit gutem Willen dargebotene Hand beharrlich zurückweist, so liegt die Schuld des Mißlingens mit allen Folgen auf derjeni⸗ gen Seite, welche eine Verständigung unmöglich machte. Die Re⸗ gierung darf sich daher der Hoffnung hingeben, daß auch diese hochansehnliche Versammlung in patriotischem Geiste den Ernst un⸗ serer Lage und die hohe Verantwortlichkeit beherzigen wird, welche auf Allen ruht, die an der Erneuerung des Verfassungswerkes mit⸗ zuwirken berufen sind. Es ist nicht meine Absicht, den In⸗ halt des vorgelegten Entwurfs in seinen einzelnen Theilen zu erläutern und durchzugehen, wozu sich bei den ferneren Verhand⸗ lungen die passende Gelegenheit darbieten wird. Ich erlaube mir aber einige allgemeine Gesichtspunkte, von welchen sich die Regie⸗ rung bei der Bearbeitung des Entwurfs leiten ließ, darzulegen. Die Aufgabe einer Verfassung besteht darin, die rechtlichen Ver⸗ hältnisse der einzelnen Staatsbürger zu dem Staate als Ganzes, des Staatsoberhaupts und der einzelnen Organe, welche an der Ausübung der Staatsgewalt theilzunehmen haben, in ihren Grund⸗ zügen zu bestimmen. Sie soll das unwandelbare Gesetz des gan⸗ zen staatlichen und gesellschaftlichen Daseins bilden. Eine Ver⸗ fassung hat aber nicht den Zweck, unmittelbar als ein Verwaltungs⸗ Kodex zu dienen, eben so wenig hat sie die Bestimmung, die in ihr niedergelegten Prinzipien im Einzelnen auszuführen, auch gehören nur solche Grundsätze in eine Verfassung, welche den Charakter der Dauer an sich tragen und nicht von äußeren wandelbaren Verhältnissen oder von dem Fortschritt in geistigen und materiellen Dingen abhängig sind. Alle Verfassungen, welche sich durch ihre Dauer bewährt ha⸗ ben, oder welche nach dem Beispiel solcher Grundgesetze in neuerer Zeit zu Stande gekommen sind und wirkliche Dauer versprechen, sind nach diesem Grundsatz entworfen, wie schon die Beschränkung ihres Umfanges zu beweisen pflegt. Es schien aus diesem Grunde insbesondere nicht angemessen, ausführliche Vorschriften über das Wahlverfahren, den Staatsgerichtshof und das Verfahren vor dem⸗ selben aufzunehmen, zumal da jedenfalls, wenn auch noch so viel Detail über diese Gegenstände in die Verfassung gelegt wird, eine weitere Entwickelung durch die Gesetzgebung nicht entbehrt werden kann. Wenn in manchen Beziehungen mehr in Einzelheiten einge⸗ gangen ist, als an sich nothwendig gewesen würe, so leitete die Ruͤck⸗ sicht auf den Zusammenhang mit anderen in der bisherigen Ver⸗ fassung enthaltenen Sätzen oder auf die Fassung der Grundrechte, sofern sich zweckmäßig an sie anzuschließen war. In materieller Be⸗ ziehung mußte die gegenwärtige Verfassung den Ausgangspunkt bilden, da es sich nicht um eine völlige Neugestaltung, sondern um eine Revision derselben handelt. Im Wesentlichen schien die An⸗ ordnung der Verfassung wohl beibehalten werden zu können. Bei einem größeren Theil der einzelnen Paragraphen ließ sich gegen den Inhalt nichts erinnern, und es wurde in diesem Falle vorgezogen, so weit nicht die Abschneidung von Zweifeln oder Zweideutigkeiten ein anderes Verfahren bedingte, die bisherige Fassung beizubehalten. Für die Abänderung der Verfassung war theils nach dem Gesetze vom 1. Juli v. J. der Inhalt der Grundrechte des deutschen Vol⸗ kes maßgebend, theils das Bestreben, das Verhältniß und den Wir⸗ kungskreis der zur Theilnahme an der Ausübung der Staatsgewalt berufenen Organe im Geiste des constitutionellen Systems bestimmt festzustellen. Unter einer den Grundrechten entsprechenden Revision der Verfassung konnte die Regierung nicht verstehen, daß ohne alle nähere Prüfung und Anpassung an die gegebenen Verhältnisse der Text der Grundrechte buchstäblich in die Verfassung eingerückt werde, besonders da sie ihren Charakter als ein für ganz Deutsch land berechnetes Gesetz nicht erlangt haben. Vielmehr ist die Frage, wie weit sie in das Grundgesetz aufzunehmen sind, eben bei der Revision der Verfassung zu lösen. Wenn aber denselben die Beach⸗ tung zu Theil wird, welche der vorzulegende Entwurf denselben einräumt, so kann gewiß mit allem Rechte behauptet werden, daß die Revision in Gemäßheit der Grundrechte vorgenommen wurde. Die Regierung konnte daher auch keinen Anstand finden, einzelne, manchmal kleinliche Bestimmungen, welche sich seltsam in einem Grundgesetz ausnehmen würden, oder Sätze, welche lediglich Wie⸗ derholungen enthalten, oder Abschnitte, welche, wie z. B. die Vor⸗ schriften über die Entlastung des Grund und Bodens, ihre voll⸗ ständige gesetzliche Durchführung erhalten haben, wegzulassen. Ein⸗ zelne Vorschriften schienen nicht in die Verfassung, sondern in das Gebiet der Gesetzgebung zu gehören: andere waren entweder zu unbestimmt gefaßt oder enthielten eine zu weit gehende Beschrän⸗ kung der Gesetzgebung und wurden deshalb in veränderter Fassung aufgenommen. Endlich war hin und wieder eine Anpassung an be⸗ sondere Landesverhältnisse und die Rücksichtnahme auf die Stim mung und Gefühle der großen Mehrzahl des Volks nöthig.

Die letztere Rücksicht mußte insbesondere bei den Bestimmun⸗ gen über das Verhältniß der Kirche und Schule wohl beachtet wer⸗ den, und die Regierung benutzte gern die ihr in dieser Beziehung über einzelne Artikel des Entwurfs gemachten Erinnerungen. Bei aller Gewissens⸗ und Religions⸗Freiheit der einzelnen Staatsbürger kann in einem Lande, wo die Bevölkerung der weit überwiegenden Mehrzahl nach der christlichen Religion zugethan ist, wo die ganze Bildung aufs engste mit der Entwickelung des Christenthums zu sammenhängt, wo alle Lebensverhältnisse und gesellschaftlichen Ein⸗ richtungen von dem Einflusse der christlichen Kirchen durchdrungen sind, das Vorherrschen des christlichen Glaubens, der christlichen Sitte, der christlichen Weltanschauung, auch in politischen und bürgerlichen Angelegenheiten durch kein Gesetz beseitigt werden. Warum sollte nun die Verfassung dasjenige, was sich in allen Staats⸗Einrichtungen fühlbar macht, nicht anerkennen, warum nicht aussprechen, daß sie für ein christliches Land bestimmt ist? Mag auch manchen sich hochdünkenden Geistern der positive Christenglaube zum Anstoß geworden sein, so ist doch noch immer die große Mehr⸗ heit des Volks dem Glauben der Väter zugethan, und einer Ver⸗

fassung steht es wohl an, an den unwandelbaren Grundlagen jedes

Staatsvereins festzuhalten. Wenn ferner auch der Grundsatz, daß die Kirchen ihre eigenen Angelegenheiten selbstständig verwalten, aufge⸗ stellt wird, so ist es doch ganzunthunlich, daß jene großen christlichen Kir⸗ chen, welche mit geringen Ausnahmen die ganze Bevölkerung umfassen, wie Privatgesellschaften behandelt werden, und in das Verhältniß voll⸗ ständiger Trennung vom Staate treten. Es ist nicht möglich, die im Laufe der Jahrhunderte aufs engste verflochtenen Beziehungen der weltlichen und geistlichen Gewalt kurzweg abzubrechen, und ebensowenig läge eine solche Isolirung in dem beiderseitigen In⸗ teresse. Der Staat hat die segensreiche Wirksamkeit der Kirchen besonders in einer Zeit, in welcher Sittenverderbniß und Ruch⸗ losigkeit frech hervortritt, hoch zu schätzen, ihre Diener zu unter⸗ stützen, und anzuerkennen, daß wahre Religiosität die sicherste Grund⸗ lage der Sittlichkeit und auch der bürgerlichen Tugenden ist. Die Kirchen stehen in äußerlicher Beziehung zum Staat, und es kann ihnen dessen Wohlfahrt nicht gleichgültig sein; sie können den Schutz des Staats für ihre Rechte und ihre Wirksamkeit in Anspruch neh⸗ men, sie können verlangen, daß ihre Verfassung und Einrich⸗ tungen beachtet und nicht lediglich wie ein Gesellschaftsvertrag be⸗ handelt werden. Sobald die einzelnen Verhältnisse ins Auge gefaßt werden, zeigt es sich, wie vielfach diese gegenseitigen Bezie⸗ hungen und Berührungen sind, und wie schwierig eine vollständige Lösung derselben ist. Endlich liegt es ganz in dem wohlverstande⸗ nen Interesse des Staats, daß bei dem Unterricht in den Schulen den Kirchen der gebührende Einfluß eingeräumt wird, damit von ihnen in den Herzen der Jugend wahre Religiosität gepflanzt und durch den sonstigen Unterricht nicht wieder unterdrückt werde. Die⸗ ser Antheil an dem Jugendunterricht ist zugleich eine gerechte Forde⸗ rung der Kirche. Die Regierung hat, indem sie diese Verhältnisse berücksichtigte, sich allerdings theilweise von dem Worte und viel⸗ leicht noch mehr von dem indifferenten Geiste der Grundrechte ent⸗ fernt; sie ist aber der Ueberzeugung, daß sie dabei nicht nur im Interesse des wahren Staatswohls, sondern auch im Sinne der gro⸗ ßen Mehrzahl des Volkes handelte, welches mit ihr in der christli⸗ chen Religion die beste Stütze der Familie und aller gesellschaftli⸗ chen Einrichtungen findet. In dem Verhältniß der zur Theilnahme an der Ausübung der Staatsgewalt berufenen Organe ist auf der einen Seite die vollständige und ausschließliche Ver⸗ antwortlichkeit des Ministeriums für alle Handlungen der Regierung auf das bestimmteste ausgesprochen, und was irgend diese Verant⸗ wortlichkeit schwächen könnte, beseitigt, auf der anderen Seite aber der Landes⸗Vertretung außer manchen besonderen Befugnissen die wesentliche Mitwirkung bei der Gesetzgebung, bei der Ordnung des Staatshaushalts und der damit zusammenhängenden Aufbringung der Mittel zur Deckung des Staatsaufwands, bei der Bestimmung der kriegsdienstpflichtigen Mannschaft, nicht minder die Prüfung der Vollziehung des Staatswirthschaftsplans, die Kontrolirung der Ver⸗ waltung des Staatsschuldenwesens eingeräumt. Allerdings ist ihr aber keine souveraine Gewalt zugedacht, welche ihr auch bisher nicht zukam, und mit dem Wesen einer constitutionellen Monarchie im Widerspruch stände, und eben so wenig konnte ihr eine Theilnahme an der Ausübung der vollziehenden Gewalt zugestanden werden. Vielmehr erforderte eben so die natürliche Stellung der Regierung zu der Landes⸗Vertretung, wie die Rücksicht auf eine gute Verwal⸗ tung, daß die bisher bestandene allgemein anerkannte Anomalie, wonach das Staatsschuldenwesen von den Ständen verwaltet wurde, aufhöre, und dieser Theil der allgemeinen Finanzverwaltung an die Regierung,

jedoch unter genauester Kontrole durch die Landesvertretung, über⸗ gehe. Da in der Abänderung der bisherigen Bildung der Stände⸗ versammlung, welche in Folge der Aufhebung der Standesvorrechte unabweislich geschehen muß, die tiefgreifendste Umgestaltung unseres Grundgesetzes liegt, so mußte sich die Regierung besonders ver⸗ pflichtet finden, diesem Abschnitte des Verfassungsentwurfs die sorg⸗ fältigste Erwägung zuzuwenden. Je größer der Einfluß der repräsenta⸗ tiven Körper bei einem entwickelten constitutionellen Leben ist, desto mehr hängt das Wohl und das Wehe des Landes von der richti⸗ gen Art der Bildung dieser Versammlung ab. Bei den überwie⸗ genden Gründen, welche für das Zweikammer⸗System sprechen, koͤnnte die Regierung keine Veranlassung finden, in dieser Beziehung von dem Bestehenden abzugehen. Wenn nach Beseitigung von Standesvorrechten die Mitglieder beider Kammern aus Wahlen her⸗ vorgehen sollen, und die Vertretung von besonderen Berufs⸗Inter-⸗ essen mit dem Prinzip der allgemeinen Landesvertretung nicht vereinbar, überdies aber kaum auf eine gerechte Art aus führbar wäre, so kommt es vorzugsweise darauf an, die Wah⸗ len in die Hand von Männern zu legen, welche selbstständiges Urtheil besitzen, allgemeines Vertrauen genießen und bei dem Wohle des Ganzen selbst in höherem Maße betheiligt sind. Diesen An forderungen entsprechen allgemeine direkte Volkswahlen nicht, bei welchen Zufall, Aufregung des Augenblicks und die Herrschaft des Vorurtheils sehr oft den Ausschlag geben. Ueberdies wird dadurch der Grundsatz verletzt, daß dem größeren Maaße öffentlicher Pflich ten auch ein größeres Maaß politischer Berechtigung entsprechen muß. Diese Mängel werden unbeschadet einer großen Ausdehnung der Theilnahme an der Wahlberechtigung vermieden, wenn die Wahlen nicht direkt, sondern durch Wahlmänner vorgenommen werden, und bei der Wahl der Wahlmänner den bei Aufbringung der Staatslasten am meisten betheiligten Bürgern der gebührende Vorzug eingeräumt wird. Vei einer solchen Einrichtung haben die ver⸗ schiedenen politischen Richtungen vollständigen Spielraum, sich geltend zu machen, während zugleich die Wahlen mehr das Produkt eines be⸗ sonnenen Urtheils sind und der Zweck, tüchtige und intelligente Männer als Landesvertreter aufzustellen, sicherer erreicht wird. Einem solchen Wähler⸗Kollegium vertraut der Entwurf nicht blos die Wahlen für die zweite, sondern auch für die erste Kammer an. Für die letztere bedarf es aber, wenn der ihr zukommende erhal⸗ tende und ruhig erwägende Charakter ausgedrückt sein soll, einer Unterscheidung von der zweiten Kammer. Diese kann, wenn die Verschiedenheiten des Standes und Berufs nicht zu berücksichtigen sind, kaum in anderen Merkmalen, als in dem höheren Alter und einem gewissen Vermögensbesitz gefunden werden. Bei der Bestim⸗ mung des letzteren muß auf die Vermoöͤgensverhältnisse Rücksicht ge nommen werden, um nicht einerseits den Kreis allzueng zu ziehen, andererseits den angestrebten Zweck bloszustellen. Die Regierung glaubt bei Feststellung des im Entwurfe bezeichneten Maßstabs das richtige Verhältniß nach beiden Richtungen getroffen zu ha⸗ ben. Vergleicht man die vorgeschlagene Einrichtung mit der bisherigen, so muß der große Fortschritt einleuchten; sie hat aber auch die Vergleichung mit anderen bewährten Verfassungen neuerer Zeit in keiner Weise zu scheuen. Endlich hat die Regierung durch Aenderung der bisherigen Grundsätze über die den Mitgliedern der Volkvertretung zu leistende Entschädigung die Bürgschaften da für zu erhöhen gesucht, daß die Theilnahme an dem politischen Leben möglichst frei von Nebenrücksichten bleibe, und dadurch einer⸗ seit Beruf des Volksvertreters in der öffentlichen Meinung