1850 / 307 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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scher Sprache dem Nuntius antwortete und ihn der treuen, un⸗ erschütterlichen Anhänglichkeit seiner Person wie der ganzen Diö⸗ zese Breslau, welche Deutsche und Polen in Liebesbanden verei⸗ nige, an den römischen Stuhl versicherte. Zugleich ersuchte der Redner den päpstlichen Abgesandten, diese seine und der ganzen Dibzese Gesinnung als freundlicher Dolmetscher Sr. Heiligkeit dem Papste mitzutheilen. In ähnlichen, doch kürzer gefaßten Worten sprach sich Se. Eminenz der Kardinal⸗Fürstbischof gegen den päpst⸗ lichen Ablegaten aus und wendete sich dann an die versammelten Domherren, an die fürstbischöflichen Kommissarien, die Professoren der Theologie, wie an die gesammten Kleriker, dieselben in eben so eindringlicher, als herzlicher Weise ersuchend, daß sie zur Ver⸗ herrlichnung dieser ihm vom heiligen Vater gewordenen Ehre ihn selbst durch treue Seelensorge, Gebet und die Wissenschaft unter stützen möchten. 8 Nachdem er darauf dem päpstlichen Nuntius angezeigt, daß er auch das Volk in der Muttersprache anreden müsse und wolle, der Herr Nuntius aber in wahrhaft weltbürgerlicher Gesinnung seine Freude darüber geäußert, begab sich Se. Eminenz vom Hochaltar an die Pforten des Presbyteriums. Von hier aus er⸗ klärte der Redner zunächst die hohe Auszeichnung, die der eigenen Person wie der ganzen Diözese durch seine Erhebung zum Kardinal zu Theil geworden, da in der ganzen, großen fast 1000 jährigen Reihe der Bischöfe und Fürstbischöfe von Breslau gegenwärtig zum drittenmal der hiesigen Diözese diese Auszeichnung von Seiten des römischen Stuhls verliehen worden sei. Darauf erinnerte er die Katholiken an die schweren, kampfreichen Zeiten, in welchen sie sich bewährt hätten als treue Diener des Staates wie der Kirche, und ermahnte zu fernerer unverbrüchlicher Treue gegen Se. Majestät den König und Se. Heiligkeit den Papst. Er fordere sie auf und bitte sie, ihn auf ihren Schultern, wie sie ihn erheben, also zu tragen, und dankte nicht blos den Ka⸗ tholiken, sondern auch den Bewohnern Breslau's aller Stände und aller Konfessionen dafür, daß sie, durch die ausgezeichnet freund⸗

liche Aufnahme seines hohen Gastes Deutschlands Ehre und Ruhm

auch jenseits der Alpen verbreiten. Nachdem er noch darauf hin⸗ gewiesen, daß der Tag seiner Erhebung der kirchliche Erinnerungs⸗ tag sei an den von jedem Katholiken hochgefeierten heiligen Caro lus Borromäus, Erzbischof und Kardinal von Mailand, welchen nicht der Purpur geziert, welcher den Purpur verherrlicht habe, er⸗ theilte er den Segen, begab sich zum Altar zurück und erschien hier⸗ auf im Kardinalskleide. Der Nuntius intonirte das „Te Deum““, mit welchem die Feier endete.

Oesterreich. Wien, 4. Nov. Der Lloyd bemerkt in seinem heutigen Blatte: „Wir haben kürzlich der Etappenstraßen Erwähnung gethan; die Etappenstraßen Oesterreichs gehen von Bregenz nach Ulm über Freiburg nach Breisach, von Ulm über Heilbronn nach Mannheim, über Donaueschingen nach Rastatt und über Würzburg nach Frankfurt; die Bayerns durch den Odenwald nach Heidelberg, Mannheim und Rheinbayern.“

Im Lloyd wird berichtet: „Gestern feierte die erste in Wien im Breitenfeld unter dem Namen: „Säuglings⸗Bewahr⸗Anstalt“ gegründete Krippe den Jahrestag ihrer ECröffnung. Dieselbe war die einzige Anstalt dieser Art in Deutschland, was sie jedoch erfreulicherweise nicht lange blieb, denn bald folgte ihr eine zweite, dritte und so fort, so daß in einem Zeitraume von weniger als einem Jahre schon sechs derlei Anstalten in Wien bestehen, gewiß ein glänzender Erfolg, welcher, mehr als es Worte vermöchten, die rege Theilnahme und thätige Unterstützung beweist, welche diesem segensreichen Institut in unserem Wien zu Theil wurde. Ohne hier in eine ausführliche Darstellung des wohlthätigen Wirkens sämmt⸗ licher Krippen eingehen zu wollen, können wir nicht unterlassen, auf die erfreuliche Leistung der obgenannten Krippe in dem ersten Jahre ihres Bestehens (vom 4. November 1849 bis 3. November 1850) hinzudeuten. Die Zahl der in dieser Anstalt (Andreasgasse Nr. 59) nachgewiesenen Kindestage beträgt 2850; 2850 Tage, an welchen die Kleinen (Kinder unter zwei Jahren) in der gefährlichsten Lebensperiode sich einer entsprechenden Ueber wachung, gesunden Nahrung, sorgsamen Pflege erfreuten. Abgesehen

von der hierdurch den Kindern erwiesenen Wohlthat wurde die gleiche Zahl von 2850 Arbeitstagen für die Mütter derselben ge⸗ wonnen. Diese, so zu sagen, indirekte Unterstützung kann nicht ge⸗ nug gewürdigt werden, denn mit der hierdurch dem Dürftigen gege⸗ benen Gelegenheit, mit Beruhigung seinem täglichen Erwerbe außer seiner Wohnung nachzugehen, wird der Sinn und die Gewohnheit zur Arbeit erhalten; die Mutter, welche Morgens ihr Kind über⸗ bringt, Mittags demselben seine Nahrung reicht, es Abends abholt, hat täglich das Beispiel einer ordentlichen, reinlichen Haushaltung vor Augen, die von edlen Frauen aus wahrer christlicher Liebe ge⸗ leitet und beaufsichtigt wird; ein Beispiel, welches gewiß gute Früchte trägt und nicht ohne moralischen Einfluß auf die Aeltern der verpflegten Kleinen bleibt. Es würde zu weit füh⸗ ren, noch der materiellen Vortheile zu erwähnen, welche der Gemeinde erwachsen, wenn die Kinder der ärmeren Klassen ge⸗ sund, deren Aeltern arbeitsfähig erhalten werden. Der nachgewie⸗ sene günstige Erfolg einer solchen Anstalt in dem ersten Jahre ihres Bestehens dürfte genügen, um derselben und ihren Schwestern die fortwährende Theilnahme zu sichern.“

Sachsen. Dresden, 5. Nov. Ein Extrablatt des Dres d. Journ. enthält folgende Verordnung des Kriegs⸗Ministeriums:

„Die politischen Verhältnisse haben sich plötzlich verändert. Demnach wird es möglich, den Aufkauf einer größeren Anzahl von Pferden vor der Hand einzustellen. Die Märkte, welche zum 6ten, 7ten, 8ten, 9ten, 10ten und 11ten dieses Monats angeoronet wa⸗ ren, werden nicht abgehalten. Der früher zur Kompletirung der Reiterei angeordnete Remonte⸗Einkauf in Dresden und Borna dauert fort. Zur Beruhigung der Betheiligten wird ferner be⸗ kannt gemacht, daß es möglich sein wird, die Mehrzahl der Kriegs⸗ Reservisten gleich nach ihrem Eintreffen wieder in ihre Heimat zu entlassen.

Dresden, den 4. November 1850.

n E4“ 1 Rabenhorst.“ Dasselbe Blatt meldet ferner: „Wie wir vernehmen, ist in einem noch gestern Abend hier abgehaltenen Minister⸗Rathe auf diese Nachricht hin beschlossen worden, die Mobilmachung der säch⸗ sischen Armee nur in einem Umfange auszuführen, ver auch bei den jetzt veränderten Umständen durch die immer noch keinesweges

vollständig gesicherte Lage Deutschlands unabweislich geboten ist.“ Dresden, 4. Nov. Die heutige Sitzung der ersten Kammer, für welche die Berathung des Preßgesetz⸗Entwurfs angesetzt war, vende nach 10 Uhr in Anwesenheit der Staats⸗Minister Dr. 8ner9 v Friesen und Rabenhorst eröffnet. Auf der Regi⸗ 22b8 . gegen das neue Preßgesetz gerichteete Ein⸗ S Sn vig, ie eine von der dasigen Buchdrucker⸗Innung, n i der Deputation des Buchhandels daselbst ausgehend.

Der Vorstand der ersten D Eri 1G SBn. 3 2 eputation, Prinz Johann Königliche Hoheit, ergriff hierbei das Wort und bemerkte, daß die Deputa⸗ tion zwar die Petition der Buchdrucker⸗ Innung bereits berathen,

dagegen die andere, die erst kürzlich eingegangen, noch nicht in Erwäaägung habe ziehen können, weshalb sie der Kammer vorschlage, ihren auf der Tagesordnung befindlichen Bericht über den Preßge⸗ setz⸗Entwurf heute nur in seinem allgemeinen Theile zu berathen, die spezielle Berathung aber bis dahin auszusetzen, wo die Depu⸗ tation über die Eingabe des Gremiums der leipziger Buchhändler nachträglich Bericht erstattet haben werde. In Bezug auf den all⸗ gemeinen Theil glaube er kaum, daß die Deputation durch die auf gänzliche Ablehnung gerichteten leipziger Eingaben sich zu einer Aenderung in ihrem Gutachten veranlaßt sehen werde, dagegen werde sie in Bezug auf die einzelnen Punkte gewiß das Möglichste thun, um allenfallsige gerechte Wünsche der Petenten zu berücksich⸗ tigen. Auf die Frage des Präsidenten erklärte sich die Kammer mit diesem Vorschlage der Deputation einverstanden.

Hierauf erhob sich der Staats⸗Minister Dr. Zschinsky zu folgender Mittheilung: „Die Staatsregierung hat sich in die Nothwendigkeit versetzt gesehen, die sächsische Armee mobil zu machen; ich bin beauftragt, Ihnen dies anzuzeigen und bemerke dabei, daß seitens der Staatsregierung der Kammer alsbald umständlichere Mittheilungen über diese Angelegenheit zugehen werden“ (vergl. Dresden vom 5. Nov.) Der Präsident von Schönfels be⸗ merkte, daß es der Kammer gewiß nur angenehm sein könne, über viese von der Staatsregierung ergriffene Maßregel, die allerdings dem Uneingeweihten höchst überraschend sein müßte, baldigst Auf⸗ schluß zu erhalten, und sie daher diese Mittheilung gern entgegen nehmen werde.

Als nunmehr von Seiten des Prästdiums die Abstimmung über den in der letzten Sitzung bei Berathung des Militair⸗Budgets wegen Stimmengleichheit unentschieden gebliebenen Antrag der Finanzdeputation *) wiederholt werden sollte, stellte Herr von Schönberg⸗Bibran den Antrag, diese Abstimmung bis dahin zu verschieben, wo die Kammer die von dem Herrn Vorsitzenden des Königl. Gesammtministeriums angekündigte Mittheilung über die Gründe der Mobilmachung der Armee vernommen haben werde. Nachdem von Seiten Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Johann, so wie von den Herren von Posern, von Friesen und von Erdmannsdorf, darauf hingewiesen worden war, daß der zur Abstimmung vorliegende Antrag mit jener in Aussicht stehenden Mittheilung gar keinen Zusammen⸗ hang habe, auch auf das Materielle desselben nicht mehr zurückzu⸗ kommen sei, in der Verabschiedung des Militair⸗Budgets aber mög⸗ lichste Beschleunigung wünschenswerth erscheine, entschied sich die Kammer für sofortige Abstimmung, wobei der gedachte Deputations⸗ Antrag heute gegen 14 Stimmen abgelehnt wurde.

Es wurde nun zu dem eigentlichen Gegenstande der Tagesord⸗ nung übergegangen und durch den Referenten, Herrn von Bie— dermann, der allgemeine Theil des Deputations⸗Berichts über den Entwurf des neuen Preßgesetzes vorgetragen. Als durch den Präsidenten die Debatte hierüber für eröffnet erklärt worden war, trug jedoch Herr Superintendent Dr. Gr oßmann in Hinsicht auf die Wichtigkeit des Gegenstandes darauf an, daß auch über diesen Theil des Berichts die Berathung so lange ausgesetzt werde, bis die Deputation über die von leipziger Sachverständigen eingereichte Eingabe nachträglich Bericht erstattet haben werde, wobei er zu⸗ gleich den Wunsch ausspricht, daß dieser Nachbericht gedruckt wer⸗ den möge. Professor Dr. Tuch spricht sich in gleichem Sinne aus. Se. Königl. Hoheit Prinz Johann ist zwar der Ansicht, daß die Be⸗ rathung des allgemeinen Theils, da über die Frage der Nothwen⸗ digkeit eines neuen Preßgesetzes wohl kein Zweifel obwalte, heute stattfinden könne, will jeroch gern der Kammer die Entscheidung überlassen und erklärt schließlich, daß er selbst für den Großmann⸗ schen Antrag stimmen werde. Auch von den übrigen Mitgliedern der Deputation wird der Aussetzung der Berathung kein Bedenken entgegengestellt; nur bemerkt Herr von Welck, daß diejenigen, welche für diese Aussetzung stimmten, sich nicht allzu sanguinischen Hoffnungen hingeben möchten, da die Deputation durch die leipziger Petition sich schwerlich zu großen Abänderungen in ihrem Gutach⸗ ten veranlaßt sehen dürfte. Der Referent, Herr von Bieder⸗ mann, ist ebenfalls für den Großmannschen Antrag, meint jedoch, daß den Declamationen gegen das neue Preßgesetz nicht allzuviel Werth beizulegen sei; frühere Vorgänge in Bezug auf die Presse bestätigten dies. So habe, um nur eines anzuführen, der leip⸗ ziger Literaten⸗Verein früher um Aufhebung der Censur petitionirt, und damals gesagt, daß die Censur den Ruin des Buchhandels herbeiführe; jetzt sage derselbe Verein: zur Zeit der Censur habe der Buchhandel florirt, aber durch das neue Preßgesetz werde er zu Grunde gerichtet. Herr von Posern spricht sich gegen die Ver schiebung der Berathung aus. In Bezun auf die Petition der leipziger Buchhändler äußert derselbe, daß auch er die Wichtigkeit des Buchhandels nicht verkenne, daß ihm aber einige der petirenden Herren „wirklich zu den Malkontenten“ zu gehören schienen, denen nichts recht gemacht werden könne. Herr von Erdmannsdorf trägt darauf an: die Debatte darüber, ob debattirt werden solle, zu schließen, und Herr Präsident von Schönfels bringt sodann selbst den Antrag ein, die Berathung des Gegenstandes zu verschieben, welcher Antrag auch fast mit Einstimmigkeit Annahme sindet. Die nächste Sitzung findet morgen Vormittag 11 Uhr statt.

Dresden, 3. Nov. (Dresd. J.) Die Finanzdeputation der zweiten Kammer hat jetzt auch über die Zittau⸗Reichenberger Eisen⸗ bahn ihren Bericht vorgelegt. Die Deputation hat sich über diesen Gegenstand nicht allenthalben zu vereinigen vermocht, und es liegt deshalb neben dem Gutachten der Majorität (Meisel, Huth, v. d. Beeck und Whitfield) ein Gutachten der Minorität (v. d. Planitz, Sachße und Rittner) jetzt vor.

Bekanntlich hat die Staatsregierung den Bau einer Eisenbahn von Zittau nach Reichenberg auf Staatskosten beantragt. Sie er⸗ kennt die Herstellung einer solchen als besonders wichtig für die Verkehrsverhältnisse und den Transitohandel unseres Vaterlandes, und befürchtet, daß es den Bestrebungen der Stände der preußischen Oberlausitz und vorzüglich der Stadt Görlitz gelingen möchte, eine Eisenbahnverbindung von letzterer direkt nach Reichenberg mit Um⸗ gehung von Löbau und Zittau herzustellen. Die Regierung ist der Ansicht, daß durch Ausführung einer solchen die sächsischen Interes⸗= sen wesentlich benachtheiligt würden, und sieht den Stand dieser Angelegenheit als einen solchen an, welcher eine definitive Erledi⸗ gung fordert. Sie beantragt daher die definitive Genehmigung der Stände zur Ausführung dieser Bahn und einen desfallsigen Kredit von zwei Millionen Thalern.

Die Minorität der Deputation (Referent von der Planitz) hält jedoch die Ausführung dieser Eisenbahn, wenigstens unter den vorliegenden Umständen, in der nächsten Gegenwart nicht für noth⸗ wendig, überhaupt von der Staatswohlfahrt erst dann geboten, wenn ernstlich zur Herstellung einer Pardubitz⸗Reichenberger Bahn geschritten werden sollte. Kann daher auch sie nur dankbar die

*) Derselbe ging dahin, daß das Kriegs⸗Ministerium Maßregeln treffe, den Friedens⸗Etat der Armee in allen seinen Theilen festzuhalten und na⸗ meutlich, so bald dies nur irgend die politischen Verhältnisse gestatten, die nach dem Friedens⸗Etat überzähligen Artillerie⸗ und Kommissariats⸗Pferde verkaufe und die dadurch entbehrlich werdenden Mannschaften entlasse.

ziehen. die Bau⸗ und Vetriebsmaterialien, welche erfordert werden, so viel wie möglich im Inlande, wenn sie solid und dauerhaft zu haben sind, aus sächsischen Werkstätten ankaufe, um während des Baues den Gewerbtreibenden Vortheile zu verschaffen. aussetzungen erklärt sich die Majorität einverstanden⸗

Fürsorge der hohen Staats⸗Regierung anerkennen, mit welcher si⸗ die Erhaltung kommerzieller Verkehrs⸗Verbindungen des Landes überwacht, findet sie auch die Prüfung der Ausführbarkeit und Ver⸗ anschlagung einer Zittau⸗Reichenberger Linie eben so nütz⸗ lich als angemessen, da die Herstellung der Bahn in spä⸗ terer Zeit und unter den im Bericht bezeichneten Ver⸗ hältnissen erforderlich werden kann, so vermag sie doch nicht, die von der hohen Staatsregierung beantragte Ermächtigung in der Weise, wie solche beansprucht worden, zu befürworten. Sie begründet diese Ueberzeugung auf die im Berichte niedergelegten Ansichten, a) daß sie überhaupt die Nothwendigkeit und Nützlichkeit der Bahn unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht anerkennt, b) daß der Stände⸗Versammlung zur Zeit weder Kostenanschläge noch Baupläne in entsprechender Weise vorgelegt werden können, c) daß die dermalige Lage der Finanzen des Landes dringend mahnt, die Ausführung von Eisenbahnen besonders im Aus⸗ lande auf Staatskosten nur in Folge unabweisbarer Forderun⸗ gen geschehen zu lassen.

Die Minorität der Deputation hat sich daher zu folgenden An⸗ trägen vereinigt:

Die zweite Kammer wolle im Verein mit der ersten Kammer

1) den Aufwand für die Vorarbeiten zu Herstellung einer Zittau

Reichenberger Bahn nachträglich bewilligen,

2) die hohe Staatsregierung ermächtigen, eine n

Zittau nach Reichenberg auf Staatskosten zu erbauen, für den

Fall, daß eine Eisenbahn⸗Verbindung von Pardubitz nach Rei⸗

chenberg wirklich hergestellt werde, 8 3) die Bewilligung der für Ausführung der Bahn Position 14

des außerordentlichen Ausgabe⸗Budgets postulirten 2 Millio⸗ nen Thaler zur Zeit ablehnen, da deren Verwendung nicht erforderlich ist.

Die Majorität (Referent v. d. Beeck) erklärt dagegen, sie habe ihre Zustimmung zu diesem Gutachten der Minorität verwei⸗ gern müssen, weil sie sich weder mit mehreren der angeführten Mo⸗ tiven, noch mit dem Hauptantrage einverstehen könne. Sie hält sich daher für verpflichtet, ihre abweichenden Ansichten in einem be⸗ sonderen Gutachten der Kammer vorzulegen und einen etwas wei⸗ ter gehenden und mehr der Regierungsvorlage sich nähernden An⸗ trag zu stellen. Sie geht von dem Grundsatze aus, daß das Kö⸗ nigreich Sachsen Alles aufbieten muß, um zu verhindern, daß es nicht durch fremde Eisenbahnen eine Konkurrenz erhält, die seinem Handel und seiner Industrie schwere und nicht wieder zu heilende Wunden schlagen könne, und daß dieser Staat auch einigen Auf⸗ wand nicht scheuen darf, wenn es sich darum handelt, eine solche Konkurrenz zu verhindern oder unschädlich zu machen. Dieser Grundsatz aber sei nicht nur der ihrige, sondern auch der unserer Landtage seit dem Jahre 1840, wo in der ständischen Schrift vom 21. Juni die Staatsregierung aufgefordert wurde: „insbesondere geeignete Maßregeln zu ergreifen, daß das Königreich Sachsen durch eine das nördliche Deutschland verbindende Eisenbahn nicht umgangen werde.“ In allen Verhandlungen der Landtage herrsche dieselbe Besorgniß vor Konkurrenzbahnen, und immer wiederhole sich der Wunsch der Stände: die Staatsregierung möge Alles auf⸗ bieten, um solche zu verhindern.

Die Anlage einer Eisenbahn von Zittau nach Reichenberg solle nun aber ins Leben treten, um diesen Wünschen und Anträgen der früheren Stände⸗Versammlungen Genüge zu leisten. Die Staats⸗ Regierung habe daher ihre Pflicht erfüllt, wenn sie, besorgt für die Erhaltung und Vergrößerung des Verkehrs mit dem Auslande, der Stände⸗Versammlung vorschlägt: die fragliche Bahn nöthigen falls aus Staatsmitteln zu erbauen, und zwar um so mehr, da sich bereits ein kräftiger Mitbewerber in der Krone Preußen nicht blos in der Stadt Görlitz gemeldet habe. Die Majorität führt sodann an, daß die Deputation dieses auch in ihrer Gesammtheit ebensowohl anerkannt habe, als daß unser Verkehr mit dem Aus⸗ lande durch das fragliche Unternehmen Sicherheit erhält, und sucht dann in ihrem Berichte die Behauptungen ihrer dissentirenden Kol⸗ legen: a) dag durch die Schienenverbindung mit Reichenberg unserem Handel und unserer Industrie keine neuen Zuflüsse verschafft werden, sondern daß sie nur zur Erhaltung des fruheren Verkehrs dienlich wäre, b) daß nur die Gegend von Zittau durch die Anlage der Bahn begünstigt würde, c) daß die Nützlichkeit des Baues nur dann anzuerkennen sei, wenn eine Eisenbahn von Pardubitz nach Reichenberg gebaut werden sollte, ) daß sich die Gefahr einer Kon⸗ kurrenzbahn von Reichenberg nach Görlitz nicht allein als unwahr⸗ scheinlich, sondern fast als unmöglich darstelle, weil nur die Stadt Görlitz darauf dringe und der Bau fast unausfuhrbar sei, eben so gründlich als ausführlich zu widerlegen. Sie spricht hierbei schließ⸗ lich die Ueberzeugung aus, daß in dem vorliegenden Falle nicht mehr von der Nutzlichkeit die Rede, sondern die absolute Noth⸗ wendigkeit vorhanden sei, wenn wir nicht unserem Handel und unseren Manufakturen einen ansehnlichen Abzugsweg entzichen wollen, sofort den Bau in Angriff zu nehmen.

Wenn die Majorität nun in diesem Sinne ihren Antrag stelle, so spreche sie dabei die zuversichtliche Erwartung aus, daß die hohe Staatsregierung bei Abschluß des Vertrags mit dem Hofe zu Wien dahin wirken werde, daß der Kaiserstaat entweder durch Bethei⸗ ligung mit einem baaren Kapital, oder durch Gewährung einer Zinsengarantie bis zu wenigstens 2 Prozent des Anlagekapitals oder durch andere Zugeständnisse, z. B. der Steuerfreiheit, des Post⸗ debits, bei den Expropriationen ꝛc., namhafte Erleichterungen ge⸗ währe. Sie setze ferner voraus, daß das Staats⸗Ministerium mit dem Grundherrn der Herrschaften Reichenberg und Grafenstein, dem Herrn Grafen von Clam⸗Gallas, der sich stets als freundlicher Nachbar bewährt habe, mit den Städten Zittau und Reichenberg in Unter⸗ handlung trete, um bei billiger Abtretung von Grund und Boden und bei Lieferungen von Materialien dem Unternehmen Vortheile zu gewähren, da sie doch hauptsächlich Gewinn von der Anlage Sie bezweifelt endlich nicht, daß die Sta atsregierung alle

Unter diesen Vor

1) mit dem ersten Antrage im Minoritätsbericht bis nuf das Wort nachträglich, denn weil die Vorarbeiten noch nicht vollen⸗ det sind, so bedarf die Regierung auch noch eines Kredits für die Zukunft. 1

Statt des zweiten Antrags schlägt sie dagegen vor:

2) die hohe Staats⸗Regierung zu ermächtigen, sofort den Bau einer Eisenbahn von Zittau nach Reichenberg für Rechnung des Staatsfiskus zu übernehmen, wenn dadurch der Bau ei⸗ ner Eisenbahnverbindung von Preußen, es sei von Görlitz oder einer anderen Stadt dieses Königreichs, für längere Jahre verhindert werden kann, oder wenn eine Schienenverbindung von Pardubitz hergestellt werden sollte.

Dem dritten Antrage will sie ihre Zustimmung deshalb nicht

ganz versagen, weil sie nicht glaubt, daß vor Zusammentretung der nächsten Stände⸗Versammlung die Verträge mit dem Kaiserlichen Hofe schon so weit gediehen sind, um den Bau der Zittau⸗Reichen⸗

Eisenbahn von

berger Eisenbahn schon im nächsten Jahre mit voller Kraft begin⸗ nen zu können, so daß nur die Verwendung mäßiger Summen für die laufende Finanz⸗Periode nöthig werden dürfte. Sie bringt den⸗ selben aber in folgender Fassung:

2) die Bewilligung der für die Eisenbahn Position 14 des außerordentlichen Ausgabe⸗Budgets beanspruchten 2 Mil⸗ lionen zwar vorläufig abzulehnen, da zur Zeit die ganze Verwendung nicht erforderlich sein wird, jedoch die hohe Staats⸗Regierung zu ermächtigen, wenn der Bau der Ei⸗ senbahn schon im Jahre 1851 beginnen sollte, die dazu nö⸗ thigen Summen aus Staatsmitteln zu verwenden.

Die Berathung uüͤber diesen Gegenstand wird nächsten Dien⸗ stag Nachmittags in geheimer Sitzung stattfinden.

Hessen. Kassel, 4. Nov. (N. H. Z.) Heute Morgen hielt der bleibende Stände⸗Ausschuß Sitzung, um über die Schritte, welche hinsichtlich der neuesten Vorgänge zu thun seien, zu berathen. Es wird, dem Vernehmen nach, eine protestirende Erklärung in Betreff der landesherrlichen Verkündigung vom 28. Ottober, so wie der Proclamation des sogenannten Bundes⸗Civilkommissars, Grafen von Rechberg, vom 1. November d. J. und des an demselben Tage stattgehabten Truppenmarsches, erlassen. Die erwähnten Proclama⸗ tionen sind übrigens hier nicht offiziell bekannt gemacht worden.

Die preußischen Truppen haben die Wache bei dem Haus⸗ und Staatsschatze mit übernommen, was, sicherem Vernehmen nach, nur darauf beruht, daß der Kommandant Generalmajor von Starck bei seinem Abgange in einem Schreiben an den Commandeur des Trup⸗ pen⸗Corps denselben für die Erhaltung des öffentlichen Eigenthums verantwortlich erklärt habe.

Hanau, 2. Nov. (Han. Ztg.) Von den gestern Nachmit⸗ tags um 1 Uhr hier eingerückten 8000 Mann Bayern und Oester⸗ reichern sind 3500 Bayern hier einquartiert worden, nachdem die übrigen auf der Straße nach Langenselbold abmarschirt waren. Un⸗ ter Letzteren befindet sich auch das 14te österreichische Jäger⸗Batail⸗ lon. Von 20 Geschützen sind nur vier Sechspfünder hier geblie⸗ ben. Ein Bataillon Bayern (vom 6ten Regiment) ist jedoch heute

Morgen von hier aufgebrochen und ebenfalls nach Langenselbold

marschirt. Außer dem Generalstab und der Leibwache des Fürsten von Thurn und Taxis befinden sich nur hier: 1 Bataillon vom 14ten Infanterie⸗Regiment, 1 Bataillon vom 1sten Infanterie⸗Regiment, 1 Compagnie des 3ten Jäger⸗Bataillons und 2 Schwadronen Che⸗ vauxlegers nebst der erwähnten halben Batterie. Hanau's Bewoh⸗ ner beobachten, trotz der ungeheuren Last, die ihnen durch die Ein⸗ quartierung auferlegt ist, eine würdige Haltung. Die kurhessischen Truppen haben uns bis auf wenige, welche heute noch den Bahn⸗ hof in Wilhelmsbad besetzt halten, verlassen; das 3te Regiment ist gestern Vormittag um 11 Uhr von hier nach Bockenheim abgezo⸗ gen, während die in Großauheim einquartierten Jäger großentheils beurlaubt wurden. Der Kriegszustand ist heute Morgen durch kur⸗ hessische Gendarmen, unter Trommelschlag und Begleitung von bayerischen Soldaten verkündet und die Ablieferung der Waffen binnen 24 Stunden befohlen worden.

Kassel, 4. Nov., Abends 7 Uhr. (H. R.) Der Finanzminister befiehlt der Hauptstaatskasse, allen Beamten die Gehalte auszuzahlen. Die Bayern sind bis zur Gränze des Bezirks Fulda vorgedrungen.

Frankfurt a. M., 4. Nov., Nachmittags 3 Uhr. (D. R.) Der Kurfürst von Hessen protestirt gegen den Einmarsch preußischer Truppen in sein Land. Aus Baden sind 1000 Mann Preußen hier durch nach Höchst marschirt.

Schleswig⸗Holstein. Kiel, 3. Nov. Hier ist nachstehende Bekanntmachung erschienen:

„Nachdem die ordentliche schleswig holsteinische Landes⸗Ver⸗ sammlung beschlossen hat, daß annoch eine Summe von 1,250,000 Mark Crt. in Kassenscheinen zu 25 Mark oder 40 Schillinge Ert. emittirt werden soll, und den Kassenschein ⸗Ausschuß zur Vornahme des deshalb Erforderlichen autorisirt hat, so wie es genehmigt, daß die betreffenden Paragraphen der Verordnung vom 61 Juli 1848 auch auf diese Kassenscheine Anwendung zu leiden haben (siehe Be⸗ kanntmachung des Finanz⸗Departements vom 11. Oktober 1850), bringt der unterzeichnete Ausschuß es in Gemäßheit §. 3 der ge⸗ dachten Verordnung hierdurch zur öffentlichen Kunde, daß von der obigen Summe von 1,250,000 Mark Crt., nunmehr eine Summe von 609,225 Mark schleswig⸗ olsteinisch Courant in Kassenscheinen, welche auf 1 Rthlr. nach dan 14 Thalerfuß oder 40 Schillinge schleswig-holsteinisch Courant lauten und mit der Laufnummer Fol. 19 Nr. 1 bis Nr. 98,300, Fol. G. Nr. 1 bis Nr. 98,400, Fol. II. Nr. 1 bis Nr. 46,990, Summa 243,690 Stück versehen sind, emit⸗ lirt worden. Die äußere Form und Gestalt dieser Einthalerkassen⸗ scheine ist den früher in Gemäßheit Verordnung vom 31. Juli 1848 emittirten Einthalerkassenscheinen in allen Stücken gleich, weshalb auf die Beschreibung derselben laut Bekanntmachung vom 22. Sep⸗ tember 1818 hier Bezug genommen wird.

Kiel, im Ausschusse für die Emission von Kassenscheinen, den 3. November 1850. Ravit. Graf von Baudissin. Hirschfeldt. von Leesen.

Müller. Tiedemann.

(Alt. Merk.)

Braunschweig. Braunschweig, 1. Nov. (H. C.) In Folge der am 1. Juli d. J. in Wirksamkeit getretenen Strafprozeß⸗Ord⸗ nung ist am 15ten v. M. hier das erste Schwurgericht eröffnet, welches, wie leicht zu erachten, die allgemeinste Aufmerksamkeit auf sich zog. Es sind neun verschiedene, zum Theil sehr bedeutende Straffälle, z. B. ein Diebstahl von 10,000 Rthlr. in Gold, ein vurch Erschießen versuchter Vatermord, ein durch Erdrosselung ver⸗ suchter Raubanfall zur Untersuchung und Aburtheilung gekommen, in acht Fällen haben die Geschworenen ein Schuldig und nur in einem Falle ein Nichtschuldig ausgesprochen und dies mit Einstim⸗ migkeit, welche unser Gesetz, abweichend von allen Gesetzgebungen des Festlandes, zu jedem Wahrspruche erfordert. Die abgegebenen Aussvprüche haben den tiefsten, befriedigendsten Eindruck auf das Publikum gemacht, einen Angeklagten aber, der in der Vorunter⸗ suchung Alles geleugnet, bewogen, Alles sofort zu gestehen, als er sich den Geschworenen gegenüber sah. Heute sind die Sitzungen geschlossen, nachdem der Präsident, der Vorsteher der Geschworenen und der Ober⸗Staatsanwalt erst einige angemessene Worte gespro⸗

chen hatten.

Oesterreich. Matland, 31. Okt. (Ll.) Die Herbst⸗ manöver sind beendet. Auf der schönen Ebene, welche, eine halbe Tagereise vom Lago maggiore entfernt, zwischen Sestocalende und Somma sich ausdehnt, haben diesmal 30,000 Mann aller Waffen⸗ gattungen manövrirt.

Die Era Nuova ist von der Militair⸗Behörde unterdrückt

worden. 1

8*

Agram, 2. Nov. (Agr. Z.) Die zweiten Bataillone sämmt⸗ licher kroatisch⸗slavonischer Militair⸗Gränz⸗Regimenter und das 1ste Bataillon des otochaner Gränz⸗Regiments haben den Auftrag be⸗ kommen, nach Wien zu marschiren.

Zara, 30. Okt. (Lloyd.) Auch in Albanien zeigt sich einige Gährung. Der Pascha von Skutari hat den Häuptlingen der türkischen Bevölkerung Bedenkzeit gegeben, um über ihr Ver⸗ halten bezüglich der von der Pforte neuerlich angeordneten Refor⸗ men, z. B. im Rekrutirungswesen und dergleichen, Entschlüsse zu fassen. Sarajevo wird von der Höhe von Gorizza mit Batterieen und vier Bataillonen bewacht. Weitere Truppen⸗Abtheilungen marschiren gegen Mostar. Omer Pascha hat den verdächtigen Häuptling von Sarajevo, Musta Pascha Babich, mit sich fortnehmen assen.

Frankreich. Paris, 3. Nov. Der Präsident hat seine Soireen eröffnet und wird jeden Dienstag und Donnerstag Gesell⸗ schaft empfangen. Unter den am ersten Abend erschienenen Gene⸗ ralen befand sich auch Baraguay d'’Hilliers.

Das gestern verbreitete Gerücht, General Neumayer habe sich aus Familienrücksichten dennoch entschlossen, sein neues Kommando anzutreten, wird heute für unbegründet erklärt. General Neumayer nimmt nicht an und ist in diesem Beschlusse durch seine Familie be⸗ stärkt worden. Diese hat ihn angeblich durch seinen Schwager, welcher bei ihm Adjutantendienste verrichtet, dringend bitten lassen, in diesem ernsten Augenblicke nicht an die Interessen seiner Familie, die freudig jedes Opfer trage, zu denken, sondern seinem ersten Ge⸗ fühle zu folgen. General Neumayer hat kein eigenes Vermögen und erleidet durch seinen Entschluß eine bedeutende Einbuße. Ge⸗ neral Changarnier dagegen soll jetzt, wie ein Majoritäts⸗Organ, die Union, berichtet, sich Mühe geben, den General Neumayer zur Annahme zu bewegen. Auch das Journal des Débats bit⸗ tet den General, im Interesse der Gesellschaft an seine neue Be⸗ stimmung abzugehen, damit nicht die Verlängerung der Krisis der Demagogie zu Gute komme. Die bonapartistischen Blätter glauben ihrerseits noch, General Neumayer werde die Versetzung annehmen.

In der letzten Differenz zwischen Changarnier und dem Prä⸗ sidenten waren für den General: die Assemblée nationale, die Union, die Opinion publique, die Gazette de france, das Ordre, das Univers und das Journal des Débats, für den Präsidenten der Constitutionnel. Es geht das Ge⸗ rücht, eine große Anzahl Repräsentanten beschäftigten sich mit dem Gedanken, nach Wiederbeginn der Sitzungen den General Chan⸗ garnier an Dupin's Stelle zum Präsidenten der gesetzgebenden Ver⸗ sammlung zu wählen, als Protestation gegen die letzten Maßregeln des Elysee.

Der Polizei⸗Präfekt fordert, ebenfalls im Auftrage der Re⸗ gierung, das Journal L' Ordre auf, die folgende Berichtigung zu veröffentlichen: „Das Journal L'Ordre enthält in seiner Nummer vom 1. November Folgendes: „„Nur so konnte man der Versetzung des Generals Forest, welcher die spezielle Schutzbrigade der gesetzgebenden Versammlung kommandirt, zuvorkommen. Ja man bezeichnet sogar als seinen Nachfolger denselben Oberst d'Al⸗ phonse, dessen Regiment unverhofft nach den versailler Revuen nach Paris kam, während das vierte eben so unvermuthet verlegt wurde.““ Alle diese Behauptungen sind irrig. Das Publikum wird diese perfiden Angaben würdigen. Ferner ist das Pouvoir kein offi⸗ zielles Journal (wie es das Ordre nannte). Es ist durchaus nicht mit dem Ausdrucke der Regierungs⸗Ansichten beauftragt.“

Bei der eben beendigten Wahl des Gemeinde⸗Raths zu Per⸗ pignan haben sich die Demokraten der Abstimmung enthalten. Die ministeriellen Kandidaten fielen sänüntlich durch, und es siegte die ganze legitimistische Liste.

Die Aufträge an den eben abgereisten französischen Gesandten am spanischen Hofe bestehen in Folgendem: 1) Gränzberichtigung; 2) Cuba⸗Angelegenheit; 3) spanische Staatsschuld. Er hatte des⸗ halb vorher mit den Ministern des Innern, des Krieges und des Auswärtigen häufige Konferenzen.

Aus Madrid vom 31. Oktober ist folgende telegraphische De⸗ pesche hier eingegangen: „Heute hat die Eröffnung der Cortes stattgefunden. Die Stadt ist ruhig.“

Man ist allgemein gespannt auf das Resultat der heutigen Ersatzwahl im Nord⸗Departement.

Die permanente Kommission hält heute abermals eine außer⸗ ordentliche Sitzung.

Der Quästor der National⸗Versammlung, Baze, hat an den Haupt⸗Redacteur des bonapartistischen Pouvoir folgendes Schrei⸗ ben gerichtet, das er auch den anderen Journalen mittheilt. „Herr Redacteur! Ich lese in Ihrem Blatte folgenden Artikel: LIIq Abgeordneten des Departements Lot und Garonne haben sich, kurz vor ihrer Abreise aus der Heimat zur Wiederaufnahme der legis⸗ lativen Sitzungen, in einer besonderen Konferenz versammelt und unter dem Eindrucke der allgemein entschieden kundgegebenen Stim⸗ mung ihres Departements den Beschluß gefaßt, sich für Verlänge rung der Amtsdauer des Präsidenten der Republik auszusprechen.““ An diesem Artikel ist auch nicht Ein Wort wahr. Wollen Sie ge⸗ fälligst mein Schreiben in nächster Nummer einrücken. Baze, Re⸗ präsentant.“ Das Pouvoir hat den Brief nicht aufgenommen.

In der Assemblée nationale liest man unter der Ueber⸗ schrift: „Es lebe der Kaiser“ Folgendes: „Im Jahre 1850, am 2. November, läßt der Präsident der Republik mittelst Huissiers und auf Ansuchen des im Namen der Regierung handelnden Polizeiprä fekten dem Geschäftsführer der Assemblée nationale, Herrn Pommier, bedeuten, er habe an der Stelle des leitenden Artikels und unter Anerbieten sofortiger Bezahlung der Insertions⸗Kosten folgende berichtigende Note oder vielmehr Glaubensbekenntniß ein⸗ zuschalten: „„Das Journal L'Assemblée nationale wieder⸗ holt seit mehreren Tagen und namentlich in seiner Nummer vom 1. November, der Präsident habe bei den Revüen zu dem Ruf: Es lebe der Kaiser! nicht nur ermächtigt, sondern ihn hervorgeru⸗ fen. Diese Behauptung ist gänzlich falsch und würde durch das Beharren des Journals dabei zur berechneten Verleumdung werden.““ Trotzdem wiederholt die Assemblée nationale ihre Behauptung.

Die Voix au Proscrit, eine Fortsetzung des Proscrit, erscheint jetzt zu Saint Amand im Nord⸗Departement in Wochen⸗ Lieferungen. Die erste Nummer enthält einen von Ledru Rollin, Mazzini, Darasz und Arnold Ruge im Namen des europäischen demokra⸗ tischen Central⸗Comité's unterzeichneten Aufruf „an die Völker“, worin Verschmelzung aller demokratischen Fractionen und Hrgamicrung. von oben oder unten verlangt wird. Ein zweiter Artikel, von Ledru Rollin, empfiehlt den Republikanern gänzliche Enthaltung von den Wahlen bis 1852, wo die Frage des allgemeinen Wahlrechts un⸗ berührt zur Entscheidung kommen müssse. 1

Großbritanien und Irland. London, 2. Nov. Auch aus Glocester, Leeds und Liverpool wird von protestantischen Demonstrationen gegen die päpstlichen Anordnungen gemeldet.

In der irländischen Grafschaft Kerry hat die Kartoffelfäule einen panischen Schrecken verbreitet und treibt alles Volk nach den Hafenstädten im Süden.

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Die Leute verkaufen ihr letztes Hemde,

8 ö“ 8 2 ““ 6 um nur nach Amerika zu fahren, wo sie ohne einen Pfennig in der Tasche ans Land gesetzt werden. Vorigen Montag zog ein Haufe Bauern auf dem Weg nach der Neuen Welt durch Athlone. Sie sangen und jauchzten auf dem Marsch, was um so mehr verwun⸗ derte, als man wußte, daß sie erst einige Tage vorher in dem be⸗ nachbarten Dorfe Clonoron, wegen Zinsschulden, von Haus und Hof getrieben worden waren. selben Morgen, wo sie vor die Thur gesetzt wurden, ein Brief aus Amerika ankam. Der Brief enthielt eine ansehnliche Geldsumme, welche ihre Freunde drüben für sie gesammelt hatten.

Vergangenen Dienstag hielt die Pächter⸗Ligue wieder zwei Meectings, eines in Ennis, das andere in Donegal. Die Anzahl der anwesenden Pächter soll nicht bedeutend gewesen sein, und die Hauptsprecher waren, wie gewöhnlich, katholische Geistliche. 8

Dänemark. Kopenhagen, 2. Nov. (Börs. H.) Der Volksthing hat in seiner Sitzung vom 31. Oktober mit 50 gegen 35 Stimmen verweigert, über den Antrag des Prediger Schöler auf Eingabe einer Adresse an den König zur Einberufung der be⸗

sonderen Repräsentation Schleswigs in Berathung einzugehen. Die Minister und die ganze ministerielle Partei stimmten für die Ab⸗ weisung, obgleich der Redner auf die feierlichen Gelobungen des Königs in den verschiedenen Proclamationen an die Schleswiger und auf die eine besondere Repräsentation Schleswigs betreffenden Worte des Wahlgesetzes hinwies. Auch sei ein eigener Landtag Schleswigs ausdrücklich stipulirt in den Friedens⸗Prälimina⸗ rien und in der letzten Königlichen Proclamation vom 14. Juli 1850. Es sei die Einberufung eines besonderen schleswigschen Landtages die nothwendige Bedingung für die Ordnung der einzelnen Staats⸗ theile der Monarchie. Der Redner bewies noch, daß, obgleich nicht eigentlich dem dänischen Reichstage zukommend, die Sache doch in unmittelbarster Verbindung mit der gesetzgebenden Macht des Reichs⸗ tages stehe, und widerlegte im voraus die zu erwartenden Einwen dungen, daß der gegenwärtige Augenblick nicht passe. Der Volks⸗ thing hat sodann die zweite Lesung von Christensen's Vorschlag zu einem Kommunalgesetze für Dänemark mit 48 gegen 36 Stimmen verworfen. Diese Abstimmung war, wie die vorhergehende, mit namentlichem Aufruf geschehen.

Der Landsthing hat das Gesetz über die Aufhebung der Zah-⸗ lenlotterie einstimmig in dritter Lesung angenommen.

Italien. Turin, 28. Okt. (Lloyd.) Monsignor Fantini widerlegt in der Armonia das Gerücht, daß der Bischof von Fossano den erledigten Erzbischofsitz in Turin einnehmen werde. Weder der Bischof von Fossano, sagt er, noch irgend ein anderer Priester, dem das Heil der Kirche und des Papstes am Herzen liegt, wird sich zu solchen Maßnahmen schismatischer und häretischer Natur willig finden lassen.

Die Minister Lamarmora und Cavour sollen damit umgehen, die Militairmacht zu vermehren, dabei aber die Ausgaben für die⸗ selbe dadurch zu vermindern, daß ein jeder Piemontese zum Dienste in der Nationalgarde und jährlich im Herbste zu einmonatlichen Mi⸗ litairübungen gehalten werde. Auf diese Weise könnte das stehende Heer um die Hälfte verkleinert und dennoch eine Armee von 200,000 Mann stets zur Verfügung der Regierung gestellt werden.

In Genua hieß es, daß Herr Cavour von seinen Kollegen die Rückkehr Bianchi Giovini's erwirkt habe.

Der Großherzog von Toscana wurde bei seinem Ausfluge nach dem Val di Chiari in den Orten, die er berührte, mit Zeichen der Anhänglichkeit empfangen.

In Modena werden am 5. November die Universitäts⸗Kollegien eröͤffnet.

Die Tiber ist aus ihrem Bette getreten und hat einige Stra⸗ ßen in Rom überschwemmt.

Monsignor Franzoni spricht sich in einem Schreiben an den Papst sehr anerkennend über den herzlichen Empfang aus, welchen man ihm in Frankreich von allen Seiten angedeihen ließ. Der Independant von Aosta, welcher diese Nachricht bringt, bemerkt hierzu, daß die piemontesische Regierung die Weisung erlassen habe, die Korrespondenz des Monsignor Franzoni streng zu überwachen.

Das Giornale di Roma veröffentlicht den zum Behufe der Erhebung der Industrial⸗ und Handelssteuer entworfenen Tarif.

Das Statuto versichert, daß zwischen Frankreich und Tos⸗ cana ein Postvertrag abgeschlossen worden sei, zu welchem Behufe Herr Billing, angestellt im Ministerium der auswärtigen Angelegen⸗ heiten zu Paris, eigens in Florenz eintraf. Dieser Convention würden auch andere italienische Staaten beitreten, und das Sta⸗ tuto erwähnt unter Anderem auch des eventuellen Beitritts der österreichischen Monarchie.

In Parma wird für das Jahr 1850 eine neue Rekruten⸗ Aushebung von 1000 Mann angeordnet.

Turin, 30. Okt. (Lloyd.) Laut Korrespondenz des Com⸗ mune Italiano hätte der Papst den König, die Minister und die bei den Siccardischen Gesetzen betheiligten Parlaments⸗Mit⸗ glieder exrkommunizirt. Die neuesten turiner Blätter schweigen noch zu dem Ereigniß.

Herr Barrot ist, nachdem er dem Minister⸗Präsidenten d'Azeglio eine scharfe Note der französischen Regierung übergeben, nach Paris abgereist.

Dem Vernehmen nach, will der Unterrichts⸗Minister ab⸗ treten, und soll durch Herrn Groja oder den Marquis Alfieri er⸗ setzt werden.

Königliche Schauspiele. 9 Donnerstag, 7. Nov. Im Schauspielhause. 179ste Abonnements⸗ Vorstellung: Das Tagebuch, Lustspiel in 2 Abth., von Bauern⸗ feld. Hierauf:; Die Schachmaschine, Lustspiel in 4 Abth., frei nach dem Englischen, von Beck.

Freitag, 8. Nov. Im Opernhause. 123ste Abonnements⸗ Vorstellung: Die Zauberflöte, Oper in 2 Abtheil., Musik von Mozart. (Herr Bertram, gegenwärtig Mitglied des Stadttheaters zu Königsberg in Pr.: Papageno.)

Preise der Plätze: Parquet, Tribüne und zweiter Rang 1 Rthlr. Erster Rang, erster Balkon daselbst und Proscenium 1 Rthlr. 10 Sgr. Parterre, dritter Rang und Balkon daselbst 20 Sgr. Amphitheater 10 Sgr. 1

In Potsdam: Das Forsthaus, Original⸗Drama in 2 Abth. und 4 Akten, von Ch. Birch⸗Pfeiffer. Anfang halb 7 Uhr.

Billets zu dieser Vorstellung sind erst Freitag, den 8ten d. M., von früh 8 Uhr an, in der Kastellans⸗Wohnung im Schauspiel⸗ hause zu Potsdam zu folgenden Preisen zu haben:

Erster Balkon und erster Rang Logen 25 Sgr., Parquet und Parquet⸗Logen 20 Sgr., zweiter Rang Logen 10 Sgr., Parterre 10 Sgr., Amphitheater 5 Sgr. v1““

Königsstädtisches Theater.

Donnerstag, 7. Nov. Eulenspiegel, oder: Schabernack über Schabernack. Wiener Lokalposse mit Gesang in 4 Akten, von J. Nestroyv. Musik von A. Müller.

Freitag, 8. Nov. Junger Zunder, alter Plunder. Posse mit Gesang in 3 Akten, von D. Kalisch. Musik von A. Schäffer.

Ihr gutes Glück wollte, daß amm