Michtamtlicher Theil 2 Deutschland.
I. 5 8 Preußen, Potsdam, 14. Jan. Se. Majestät der König haben gestern eine große Treibjagd gehalten. Die Jagd begann bei Bornim und endete im Wildpark. Das Jagd⸗Diner fand im bayrischen Häuschen im Wildparke statt.
Heute Morgen haben Se. Majestat Sich nach Berlin begeben, um dort und bei Steglitz Truppen zu sehen, werden aber um Mit⸗ tag zurückerwartet.
Berlin, 13. Jan. (D. R.) Zur “ von dem Ge⸗ schäftsumfange des Königlichen Stadtgerichts zu Berlin mögen die nachfolgenden, authentischen Quellen entnommenen Notizen über das am 30. November abgeschlossene Geschäftsjahr 1849 bis 1850 die⸗ nen: Es waren zu bearbeiten: 1) Prozesse mit Ausschluß der Bagatell⸗ und Injurien⸗Sachen 14,379, 2) Bagatell⸗ und Inju⸗ rien⸗Prozesse 16,228, 3) Konkurs⸗, Liquidations⸗, Prioritäts⸗ und Subhastations⸗Prozesse 1019, im Ganzen folglich an Prozessen 31,626. Außer diesen wurden durch bloßes Mandat (in Gemäß⸗ heit der Bestimmungen des Gesetzes vom 21. Juli 1846) entschie⸗ den 16,485 Prozesse. An Nachlaß⸗Regulirungen schwebten — außer den zum Ressort der Vormundschafts⸗Abtheilung gehörenden — 915. In Ehesachen wurden erlassen 232 Mandate. Die Zahl der Hypotheken⸗ folien betrug 10,049, die der Handlungen der freiwilligen Gerichtsbar⸗ keit 3633, die der kurrenten Vormundschaft und Kuratelen 22 831. An Untersuchungen schwebten: 1) wegen schwerer, d. h. vor das Schwurge⸗ richt gehörender Verbrechen 285, 2) wegen anderer Verbrechen 2113, 3) wegen Vergehen 1716, 4) wegen Polizei⸗Contraventionen 4736, 5) fiskalische 2, im Ganzen 8852. Die Zahl der zu verwaltenden Depositalmassen betrug 12,215! die der abgehaltenen Termine 152,359! Die Anzahl sämmtlicher Vortragsnummern (bei allen Abtheilungen des Gerichts zusammen) betrug Eine Million Zwölf Tausend und Dreiunddreißig. Darunter befanden sich allein 108,965 erlassene Executions⸗Mandate. Von den zur Instruction gestellten 31,626 Prozessen wurden beendigt 25,127; unerledigt blieben 6499. Von den 8852 Untersuchungen wurden beendigt 6237; unbeendigt blieben 2515. Von den 23,831 Vormundschaften und Kuratelen wurden beendigt 2368; schwebend blieben 21,463. Von den oben⸗ genannten 915 Nachlaß⸗Regulirungen wurden beendigt 516, schwe⸗ bend blieben 399. (D. R.)
Königsberg, 9. Jan. In den Gränzgegenden unserer Provinz nach Rußland zu kursiren gegenwärtig auffallend viele polnische und russische Silbermünzen, weshalb die Regierung sich veranlaßt gesehen hat, auf die Bekanntmachung vom 27. No⸗ vember 1821, betreffend die Vergleichung des Werthes fremder Geld⸗ sorten gegen preußisches Geld, hinzuweisen. In öffentlichen Kassen werden solche fremde Münzen nicht als Zahlung angenommen und im Privatverkehr kann Jedermann sie zurückweisen.
Elberfeld, 11. Jan. (D.R.) Die Vereinbarung der westfälischen und rheinischen Synodal⸗Beschlüsse in Betreff der revidirten Kir⸗ chen⸗Ordnung ist vollzogen. Die beiden Provinzial⸗Synoden hat⸗ ten jede eine Kommission ernannt, die am 7ten d. M. hier zusam⸗ mentraten und nach viertägigen Debatten das gedachte Werk in erfreulicher Eintracht zum Abschluß brachten. Die nunmehr festge⸗ stellte Kirchen⸗Ordnung wird unverzüglich gedruckt und mit dem Berichte der vereinigten Kommission der evangelischen Kirche bei⸗ der Provinzen mitgetheilt werden. Eine Deputation beider Pro⸗ vinzial⸗Synoden wird diese evangelische Kirchen⸗Ordnung für West⸗ falen und die Rhein⸗Provinz Sr. Majestät dem Könige zur Aller⸗ höchsten Sanction vorlegen.
Oesterreich. Wien, 12. Jan. Se. Majestät der Kaiser hat angeordnet, daß die Errichtung eines kroatisch⸗slavonischen leich⸗ ten Kavallerie⸗Regiments mit Benutzung der vorhandenen Reste des aufgelösten Banderial⸗Husaren⸗Regiments, und zwar vorläufig mit Aufstellung von drei Divisionen, in Graz vor sich gehen soll. Die Mannschaft wird aus Croatien, Slavonien und der Woywodina mit dem temescher Banat kompletirt und wird als Ulanen⸗-Regiment, jedoch mit lichtblauen Czapkas, gekleidet und ausgerüstet. Zum Inhaber dieses fünften Ulanen⸗Regiments ist Feldmarschall⸗Lieute⸗ nant von Wallmoden, zum Kommandanten Oberst Anton Freiherr von Jelacic ernannt worden.
Die Rückkehr des Minister⸗Präsidenten Fürsten von Schwar⸗ zenberg ist, wie der Lloyd meldet, wieder bis zur nächsten (dieser) Woche verschoben worden.
Die zur Beurtheilung der für die wiener Hofbühne eingesen⸗ deten Preis⸗Lustspiele ernannte Kommission wird, nach dem Lloyd, am 15ten d. M. zur ersten gemeinschaftlichen Besprechung zusam⸗ mentreten. Um die Preise werben 105 Lustspiele.
Im Einvernehmen mit dem Finanz⸗Ministerium hat das Kriegs⸗ Ministerium angeordnet, daß sowohl bei den Feldoperations⸗Kassen der im Auslande stehenden österreichischen Truppen⸗Corps als auch bei den Truppen⸗Corps im Inlande, welche monatlich entweder ganz oder theilweise mit Silbermünze dotirt werden, die in baarer Münze geschehenen Empfänge und Ausgaben in genauer Evidenz gehalten und über dieselben besondere Rechnungen geführt werden.
Die Theater⸗Directionen beabsichten, Sr. Majestät dem Kaiser ein Gesuch um bedingte Gestattung der Verwendung von Militair
u Statisten⸗Verrichtungen zu überreichen. Im Hofburgtheater fungirten vorgestern schon Civil⸗Personen als Statisten an der Stelle des Militairs. Die größte Schwierigkeit liegt darin, gegen die geringe Bezahlung, die geboten werden kann (es sind 5 Fl. C. M. monatlich für jeden Statisten beantragt), verläßliche und vertraute Individuen zu erlangen, Eigenschaften, die bei Soldaten vorausgesetzt werden konnten.
Unter den Gesetzen, die ehestens erscheinen werden, befindet sich auch das Privilegiums⸗Patent für Ungarn; bei dem Entwurfe desselben wurde das Prinzip des für die übrigen Kronländer be⸗ stehenden diesfälligen Patentes festgehalten.
Dem Lloyd zufolge, beabsichtigt das Ministerium in der Be⸗ wirthschaftung der ausgedehnten Staats⸗Domainen in Ungarn ein neues System einzuführen; vorläufig wurde das System der Ge⸗ neral⸗Pachtung beantragt.
Niach Angabe des Lloyd haben sich viele galizische Israeliten vereinigt, in Dalmatien und Ungarn Kolonieen zu gründen; ein Ausschuß derselben soll auch bereits die Regierung um ihre Ver⸗ mittelung angegangen haben, die aber, wie dies Blatt meint, je⸗ denfalls auf den bevorstehenden Erlaß des Kolonisirungs⸗Gesetzes für Ungarn verweisen dürfte.
Dem Gesammtausweis über den Staatshaushalt in sämmt⸗ lichen Kronländern Oesterreichs während des ersten Semesters des Verwaltungsjahres 1850, d. i. vom 1. November 1849 bis Ende April 1850, entnimmt das Const. Blatt a. B. folgende Daten: „Die Einnahmen betrugen an direkter Steuer 27,759,938 Fl. (darunter erscheint die Grundsteuer mit 23,356,885 Fl., die
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Häusersteuer mit 2,764,989 und die Einkommensteuer mit 188,797 Fl.), an indirekten Abgaben 46,405,309 Fl. (die Ver⸗ zehrungssteuer trug 11,711,645, das Salzgefälle 10,151,736, das Tabacks⸗Monopol 7,827,665 und das Lotto 1,321,461 Fl.). Die Einnahmen vom Staats⸗Eigenthume, dann vom Berg⸗ und Münzwesen beliefen sich nach Abzug einiger Abgänge bei den Staats⸗Fabriken u. f. w. auf 2,921,028 Fl., die Ueber⸗ chüsse des Tilgungsfonds betrugen 4,967,737 Fl., die sardinische riegsentschädigung ergab 8,488,735 Fl. Im Ganzen stellt sich die Summe der ordenklichen Einnahmen mit 83,349,373, die der gußerordentlichen mit 9,359,858, die Totalsumme der Einnahmen also mit 92,709,231 Fl. heraus. Die Ausgaben enthalten folgende Posten: Staatsschuld 25,586,948 Fl., Hofstaat 3,490,873 Fl., Mi⸗ nisterrath 61,248 Fl., Ministerium des Aeußern 743,121 Fl., Mi⸗ nisterium des Innern 8,810,207 (darunter Reichstagsauslagen 5370 Fl., politische Verwaltungskosten 4,385,444 Fl., öffentliche Sicherheit mit Einschluß der Gendarmerieauslagen 1,547,148 Fl.), Ministerium des Krieges 62,102,194 Fl., Ministerium der Finanzen 8,108,171 Fl. (darunter Auslagen für die Finanzwache 2,828,064 Fl.), Ministerium der Justiz 4,621,462 Fl., Ministerium des Kultus und Unterrichts 1,563,004 Fl., Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten 12,907,765 Fl., Ministerium für Landeskul⸗ tur und Bergwesen 94,855 Fl., Kontrollbehörden 1,166,175 Fl., was eine Gesammtsumme der Ausgaben von 129,316,083 Fl. ergiebt. Es stellt sich hiermit — die sämmtlichen Ausgaben und Einnahmen mit einander verglichen — in der oben erwähnten sechsmonatlichen Periode ein Defizit von 36,606,852 Fl. heraus.“
Bayern. München, 10. Jan. (Nürnb. Korresp.) Die Räumung Kurhessens durch die bayerischen Truppen bestätigt sich; die desfallsige Ordre ist noch gestern Abends an den Kommandiren⸗ den, Fürsten von Thurn und Taxis, ergangen, welche in Vollzug zu setzen ist, wenn die kurhessische Regierung ein längeres Verbleiben unserer Truppen nicht ausdrücklich verlangen sollte.,
In Uebereinstimmung mit anderen Handelsplätzen ist man auch in Nürnberg übereingekommen, sämmtliche Goldmünzen nur nach dem Frankfurter Tages⸗Cours anzunehmen.
Sachsen. Dresden, 12. Jan. (Dr. J.) Der Königl. preußische Ministerpräsident Freiherr von Manteuffel hat heute Morgen Dresden wieder verlassen und sich nach Berlin zurückbege⸗ ben. Fürst von Schwarzenberg speist heute noch bei Sr. Majestät dem Koöͤnige und gedenkt seine Abreise nach Wien morgen anzutreten.
Die von einigen Blättern gebrachte Mittheilung, daß in den nächsten Tagen österreichische Truppen durch Sachsen gehen würden, um zu dem für Schleswig⸗Holstein bestimmten Executions⸗Corps zu stoßen, können wir dahin vervollständigen, daß der Durchmarsch einiger österreichischen Bataillone durch Sachsen nur in dem zur
Zeit noch nicht mit Bestimmtheit abzusehenden Falle zu erwarten steht, daß sich eine Verstärkung des gedachten Executions⸗Corps nothwendig machen sollte. Die in diesem Falle Sachsen passirenden österreichischen Truppen würden den Vernehmen nach von Zittau aus ohne allen Aufenthalt per Eisenbahn durch unser Land gehen.
Behufs der militairischen Ausbildung der diesjährigen Re⸗ kruten ist bei der Infanterie folgende Dislocation eingetreten:
Von den 4 Rekruten⸗Divisionen der 1sten Brigade sind 2 in Zittau, 1 in Ostritz und 1 in Bernstadt stationirt. Von der 2ten Brigade liegt 1 Rekruten⸗Division in Schneeberg und die übrigen 3 zur Zeit in Chemnitz, doch wird von den letzteren vom 1. Fe⸗ bruar ab 1 Division nach Oederan, 1 nach Frankenberg und 1 nach Mittweida verlegt werden. In Kamenz, Neustadt, Stolpen und Wurzen liegt je 1 Division Rekruten der 3ten Brigade, während von der 4ten (Leib⸗) Brigade 2 Divisionen in Löbau und Weissen⸗ berg und 2 Divisionen in Bautzen sich besfinden. Von den Rekru⸗ ten der leichten Brigade (Schützen) sind die des 3ten Bataillons nach Oschatz, die des 1sten, 2ten und 4ten Bataillons nach Leipzig gewiesen. Das Artillerie-Corps und die Reiterei bilden ihre Re⸗ kruten in den Standquartieren und Kantonnements der betreffenden Truppenkörper aus.
Die heutige Leipz. Ztg. (Nr. 12) enthält in einer Extra⸗ Beilage das Gesetz über die Eröffnung einer 4 prozentigen Staats⸗ Anleihe bis zur Höhe von 15 Millionen Thalern in neuen, auf den Inhaber lautenden Staatsschulden ⸗Kassenscheinen, die zu 500 Rthlr. und zu 200 Rthlr. ausgefertigt werden. Vorausgeschickt ist dem Gesetze eine Bekanntmachung des Königlichen Finanz⸗Ministe⸗ riums, worin dieses zur öffentlichen Kenntni bringt, daß, sobald die wegen dieser Staats⸗Anleihe zu treffenden Vorbereitungen beendigk sind, alsdann die erforderliche Bekanntmachung über die Bedingungen und Bestimmungen, unter welchen zur Eröffnung je ner Anleihe zu verschreiten, unverweilt und zwar wahrscheinlich noch vor Ablauf jetzigen Monats erlassen werden kann und soll, jedoch inm ittelst denjenigen, die sich dabei zu betheiligen wünschen, freige⸗ stellt wird, die anzulegenden Kapitalien einstweilen in bisheriger Weise als Handdarlehne einzuzahlen, indem den Handdarlehns⸗ Gläubigern in Beziehung auf die zu emittirenden 4 ½èrozentigen Staatsschulden⸗Kassenscheine bis zu einer noch zu bestimmenden Frist die nämlichen Vortheile gesichert bleiben, welche den Abnehmern aus freier Hand sich darbieten werden.
Hannover. Harburg, 10. Jan. (D. R. Ztg.) Das heranrückende Executions⸗Heer der Oesterreicher beginnt auch hier schon ein regeres militairisches Leben zu wecken. Unsere Besatzung wird bedeutend verstärkt. Ja, ein Bataillon des in Stade und Lüneburg stäationirten 4ten und 5ten hannoverschen Infanterie⸗Re⸗ giments und die hier liegende Schwadron der Königin⸗Husaren sind bestimmt, die Elb⸗Uebergänge zu besetzen und zu bewachen. Das Vataillon des 5ten Regiments wird Harburg mit 2 Com⸗ pagnieen, die Elb⸗Uebergänge bei Hoopte und Artlenburg aber mit je einer Compagnie besetzen. Artlenburg ist als Uebergangspunkt der Executions⸗Armee ausersehen.
Württemberg. Stuttgart, 10. Jan. Der Beobach⸗ ter theilt unter dem Datum des S8ten mit, daß nachdem Stock⸗ mayer am 7ten ein neuer Termin zur Herausgabe der noch in sei⸗ nen Händen befindlichen Schlüssel zu Behältern der Staatsschul⸗ denzahlungskasse, in welchem Werthe von Millionen theils in Pa⸗ pier, theils in Gold sich befinden, bis zum 9ten bei einer Vermei⸗ dung von 15 Fl. Geldstrafe anberaumt worden, und der Ausschuß der Lan⸗ rdesversammlung in einer noch am 7ten Abends abgehaltenen Sitzung eine Eingabe an den Kriminalsenat des Königl. Gerichtshofs für den Neckarkreis beschlossen, in welcher das Verfahren der Königl. Stadtdirection angezeigt und um Abhülfe gebeten wurde, — schon am Abend des S8ten den Mitgliedern des Ausschusses ein Erlaß des Kriminalsenats an das Kriminalamt eröffnet worden ist, worin der⸗ selbe die Inkompetenz der Polizeibehörde ausspricht und der Stadt⸗ direction jedes weitere Verfahren untersagt. In seiner neuesten Nummer nun theilt der Beobachter den betreffenden Erlaß mit.
Es lautet derselbe: „Eßlingen, 8. Januar 1851. Der Kriminalsenat des Königl.
Gerichtshofes für den Neckarkreis an das Kriminalamt Stutt⸗ gart. Die Mitglieder des 1ö am 6. November v. J. aufge⸗ 8 8 8 1
heutigen Moniteur war es den
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löͤsten Landesversammlung gewählten Ausschusses haben in einer Eingabe vom 3— 5ten l. M. zur Anzeige gebracht, daß die Königl. Stadtdirection Stuttgart dem in diesen Ausschuß gewählten Dr. Stockmayer von Rosenfeld unter Androhung einer Strafe wegen Ungehorsams aufgegeben habe, diejenigen Gegenstände, welche sich auf die dem landständischen Ausschusse zustehende Aufsicht über die Staatsschuldenzahlungskasse beziehen und sich noch im Besitze des ꝛc. Stockmayer befinden, herauszugeben und in einer weiteren, so eben ein⸗ gelaufenen Eingabe ist von den Mitgliedern des gedachten Aus⸗ schusses die Abschrift eines Protokolls der Königl. Stadtdirection Stuttgart vorgelegt worden, nach welchem diese Behörde dem Dr. Stockmayer zu Ablieferung der betreffenden Gegenstände einen mit dem 9ten l. Mts., Mittags 12 Uhr, ablaufenden Termin von zwei⸗ mal 24 Stunden unter Androhung einer Ordnungsstrafe von 15 Fl. anberaumt hat. Würde nun aber Dr. Stockmayer diesem von der Polizeistelle ihm ertheilten Befehl nicht nachkommen, so könnte dies nur als eine Folge der früher von den Bezüchtigten gemeinschaftlich getroffenen Verabredung und als Fortsetzung des bisher von ihnen eingehaltenen Benehmens aufgefaßt werden, und es müßte mithin, wenn und soweit über⸗ haupt ein strafrechtliches Einschreiten wegen dieses Auftre⸗ tens der Mitglieder des Ausschusses geboten ist, das Ein⸗ schreiten der Polizeistelle wegen der Weigerung des Dr. Stockmayer für unzulässig erachtet und das Königl. Kriminalamt als die allein zuständige Behörde angesehen werden, wie denn auch das Kriminal⸗ amt, nachdem es in Folge des diesseitigen Erlasses vom 19. Dezbr. v. J. den Beschluß gefaßt hat, gegen die Mitlglieder des mehrer⸗ wähnten Ausschusses wegen Verabredung zum Ungehorsam Unter⸗ suchung einzuleiten, die vorliegende weitere Kundgebung eines Mit⸗ gliedes nur als einen zum gerichtlichen Verfahren geeigneten Ge⸗ genstand betrachten wird. Man läßt daher dem Kriminalamt die erwähnten zwei Eingaben zu dem Ende zugehen, um die Kö⸗ nigl. Stadtdirection Stuttgart, welche schon am 29. November v. J. die in gegenwärtiger Sache bei derselben erwachsenen Akten ohne Widerspruch dem Kriminalamte mitgetheilt und eben damit die gerichtliche Zuständigkeit anerkannt hat, ohne Ver⸗ zug aufzufordern, dem Kriminalamte die im obigen Betreff neuer⸗ dings bei derselben entstandenen Akten zu überlassen. Sollte etwa die Königliche Stadtdirection auf dieses — wie nicht anders zu erwarten ist — von dem Kriminalamte an dieselbe zu richtende An⸗ suchen ihre Zuständigkeit zu fernerem Verfahren behaupten, so will man hiermit in Gemäßheit des Art. 15 der Strafprozeß⸗Ord⸗ nung den solchenfalls obwaltenden Streit dahin endgültig entschie⸗ den haben, daß nur das Kriminalamt auch wegen des befragten zur Anzeige gebrachten weiteren Vorgangs in Thätigkeit zu treten befugt sei, wovon denn der Königlichen Stadtdirection unverzüg⸗ lich Mittheilung zu machen wäre, und es hätte vas Kriminal⸗ amt auch diese weitere Voruntersuchung seiner Zeit dem Staats⸗ anwalt einzusenden. Zugleich wird dem Kriminalamt aufgegeben: 1) unmittelbar nach dem Einlauf dieses Erlasses, von welchem man auch der K. Kreisregierung in Ludwigsburg eine Abschrift zur Kenntnißnahme mitgetheilt hat, die Bittsteller oder, wenn dies nicht hinsichtlich Aller heute noch thunlich wäre, wenigstens den Rechts⸗ konsulenten Ad. Schoder von der gegenwärtigen Verfügung in Kenntniß zu setzen; 2) mit dem heute Abend 8 Uhr oder spätestens mit dem morgen Vormittag 8 Uhr von Stuttgart abgehenden Zuge der Eisenbahn eine Anzeige von dem Geschehenen zu erstatten. Hiernach ꝛc. Bezzenberger.“
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 12. Jan. Das Verordnungsblatt für die Großherzogl. mecklenburg⸗ schwerinsche Postverwaltung bringt die nachstehende Verord⸗ nung der General⸗Post⸗Dirertion, betreffend die Werthbestimmung der Goldmünzen, zur Veröffentlichung: Mit Ausnahme der Frie⸗ drichsd'ors preußischen Gepräges, für welche ver Cours von 5 Rthlr. 32 Sch. Cour. bis auf Weiteres bei Bestand bleibt, haben die Postanstalten die einfache Pistole (Louisd'or zc.) von jetzt ab nur zu 5 Rthlr. 20 Sch. Cour. in Zahlung anzunehmen.
Frankfurt. Frankfurt a. M., 11. Jan. (Fr. I.) Der Referent der Verfassungs⸗Kommission in unserer gesetzgebenden Ver⸗ sammlung hat seine nunmehr vollendete Arbeit in der Form von 44 Novellen zu den 52 Paragraphen der alten Constitutions⸗Ergän⸗ zungs⸗Akte vom Jahre 1816 zusammengetragen und den Mitglie⸗ dern zur Einsicht mitgetheilt. Im Auftrag hohen Senats wird mit Bezug auf den zwischen den Zollvereinsstaaten und dem Königreich Sardinien am 23. Juni 1845 abgeschlossenen Handels⸗ und Schiff⸗ fahrts⸗Vertrag zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß, nachdem von Seiten der Königlich sardinischen Regierung sämmtliche Differenzial⸗ zölle zu Gunsten derjenigen Nationen, die der sardinischen Flagge eine gleiche Behandlung gewähren, aufgehoben worden sind, auch die nach Artikel 5 des oben erwähnten Handels⸗ und Schiff⸗ fahrts⸗Vertrags früher erhobenen Differenzialzölle zu Gunsten der Zollvereinsstaaten außer Kraft treten, hierdurch aber der in dem Artikel 5 ausgesprochene eventuelle Vorbehalt wegfällt und die desfallsigen Bestimmungen als erloschen zu betrachten sind. — Da die polizeilichen Verordnungen, den Aufenthalt der Fremden in unserer Stadt und deren Gebiet betreffend, in letzterer Zeit vielseitig außer Beachtung geblieben, die Aufsicht über die sich hier aufhaltenden Fremden dadurch aber sehr erschwert und die rechtzeitige Ermittelung gefährlicher Subjekte häufig vereitelt wird, so sieht sich daher das Polizeiamt genöthigt, die betreffenden Ver⸗ ordnungen wiederholt im Amtsblatte bekannt zu machen und wird fortan gegen die Kontravenienten mit den angedrohten Strafen unnachsichtlich vorschreiten.
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Ausland.
Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 10. Januar. Lange vor Eröffnung dieser Sitzung (deren Re⸗ sultat im Wesentlichen gestern bereits mitgetheilt worden) waren die Tribünen von Neugierigen überfüllt, da man Verhandlungen über die im heutigen Moniteur enthaltenen Dekrete erwartete. Die Bänke des Sitzungssaales selbst aber waren um 2 Uhr noch ganz verlassen. Die Volksvertreter sind im Konferenzsaale versammelt und unterhalten sich über jene Dekrete. Mehrere Mitglieder der Majorität kehren eben von einer Zusammenkunft bei Herrn von Broglie zurück. Um 2 ½ Uhr strömen die Volksvertreter zahlreich in den Saal. Auch Changarnier nimmt seinen gewöhnlichen Platz ein, wo er die Begrüßungen vieler Kollegen empfängt, Das neue Kabinet füllt die beiden Ministerbänke aus. Dupin, dessen Ausse⸗ hen etwas Feierliches verräth, nimmt den Prästdentenstuhl ein. Der Tagesordnung gemäß soll das neue Handelsgesetz für Algerien diskutirt werden, und es wird auch ein Versuch dazu gemacht. Allein vergeblich. Die Versammlung ist zu sehr erregt, um einer solchen Verhandlung Aufmerksamkeit schenken zu können. Alsbald besteigt auch Herr von Remusat die Tribüne und greift die brennende Tagesfrage sofort in folgenden Ausdrücken an: „Nach den ernsten Akten im parlamentarischen Gebräuchen
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gemäß zu erwarten, daß die neuen Minister hier eine Erklärung abgeben würden, warum sie auf diesen Bänken sitzen, warum sie nach einem Rücktritte, den ich mir nicht erkläre, ein neues Mini⸗ sterium bilden, das ich mir nicht besser erklären kann. In Erman⸗ gelung dieser Erklärung muß die Versammlung, die Frankreich ge⸗ vettet und Anderen die Ehre gelassen hat, ihr zu folgen, das Wort ergreifen. Ich trage daher darauf an, daß die Versammlung sich in ihre Abtheilungen zurückziehe, um einen Ausschuß zu ernennen, der die Maßregeln vorfchlagen soll, die von den Umständen geboten sein können, und daß sie endlich ein großmüthiges Schweigen breche, das nur zu lange gedauert hat.“ (Allgemeines Bravo auf der Rechten.) Baroche, Minister des Innern, entgegnet: „Ja! es ist wahr, daß die National⸗Versammlung Frankreich gerettet hat; allein es darf nicht vergessen werden, daß sie es durch die Eintracht zwischen den heiden Staats⸗Gewalten gethan hat. Ich frage Sie und würde nöthigenfalls das ganze Land fragen... (Stürmische Unterbrechung. Eine Stimme rechts: Das ist die Berufung ans Land!) Der Minister lehnt jeden Gedanken an eine verfassungs⸗ widrige Berufung ans Land von sich ab und fährt fort: „Was unsere Politik betrifft, so berufe ich mich auf die Erinnerungen al⸗ ler derer, mit denen wir lange Hand in Hand gegangen sind und hoffentlich noch lange gehen werden. (Nein! Nein! auf verschiede⸗ nen Bänken der Majorität.) Sie kennen unsere Handlungen noch nicht und richten uns schon; die Personen sind es also, die Sie anfeinden? Unsere Politik im voraus auseinanderzusetzen, wäre anmaßend und überdies überflüssig gewesen; denn wir wollen nichts Anderes, als die Politik der Botschaft vom 12. November befolgen, die auch hier einen so ausgezeichneten Beifall gefunden hat. Un⸗ sere Richtschnur wird eine tiefe Achtung für die verfassungsmäßigen Gewalten und besonders für die Verfassung selbst, diesen Rettungs⸗ anker für uns Alle, sein; wir wollen die Prärogativen der Natio⸗ nal⸗Versammlung so gut wie die der Exekutiv⸗Gewalt, wie sie von der Verfassung bestimmt sind, aufrecht erhalten. Vermeiden wir, meine Herren, die politischen Diskussionen, die nur hier und aus⸗ wärts aufregen, und widmen wir uns ganz den geschäftlichen Ange⸗ legenheiten des Landes. In dem besprochenen Akte liegt weiter nichts, als der Akt selbst, die Ausübung eines constitutionellen Rechtes, kein geheimer Gedanke, der sich dahinter verbirgt. Es giebt für uns keine andere Partei, als die Partei Frankreichs, die Partei, die das Wohl des Landes will, und ihr gehören wir Alle an.“ Berryer verlangt das Wort und besteigt in sichtlicher Aufregung die Tribüne. Ich hatte nicht die Absicht“, sagt er unter Anderem, „heute das Wort zu ergreifen. Allein die Antwort des Ministers, die, unbe⸗ stimmt und in sich selbst widersprechend, nichts erklärt, zwingt mich dazu. Es handelt sich um eine bestimmte, heute eingetretene That⸗ sache. Warum hat sich das mit der Majorität bis dahin ganz einige Kabinet plötzlich in zwei Hälften getheilt? Warum ist der General Changarnier plötzlich, nachdem er vorigen Freitag feierlich die ver⸗ fassungsmäßigen Rechte der National⸗Versammlung anerkannt hat, abgesetzt worden? Dies ist die Frage, worauf das Ministerium antworten muß, nachdem das Land in einer achttägigen Krise ge⸗ lassen worden ist.“ Baroche antwortet nochmals, ohne jedoch mehr als das erste Mal auf den eigentlichen Gegenstand der ihm gestellten
Fragen einzugehen, und weist auf den emporkommenden Wohlstand des Landes hin, um die Versammlung von der obschwebenden, gefährlichen Verhandlung abzulenken. Dies gelingt ihm jedoch nicht. Du
faure sagt: „Ein Ministerium in der Verlegenheit ruft immer die materiellen Interessen des Landes zur Hülfe.“ Sodann geht er die verschiedenen Anschuldigungen gegen die Regierung wegen ihrer angeblichen systematischen Feindseligkeit gegen die gesetzgebende Versammlung durch. Besonders tadelt er die Duldung der bona⸗ partistischen Presse mit ihren heftigen und beharrlichen Angriffen gegen die National⸗Versammlung. „Zweihundert Journale“, sagt er, „welche die gesetzgebende Gewalt herabsetzen und verleumden, werden unter Duldung der Regierung täglich über das Land ver⸗ breitet. Die Angriffe der gesammten englischen Presse gegen die National Versammlung sind Jedermann aufgefallen.“ Zuletzt erklärt er dem neuen Ministerium, vaß sein erster Akt nichts weiter sei als eine Fortsetzung der systematischen Herabwürdigung der National⸗ Versammlung, die schon lange daure. Der Justiz⸗Minister Rouher erklärt die Absetzung Changarnier’s aus dem Grunde, daß die Ruhe in Paris wiederhergestellt und mithin die außerordentliche Vereinigung des Kommando's der Nationalgarde und der Linientruppen nicht mehr nöthig sei. Das Kabinet habe nur ein versassungsmäßiges Recht ausgeübt und sei dabei keinesweges von einer der National⸗Versammlung feindseligen Absicht geleitet worden. Er betheuert nochmals, daß das neue Ministerium der Politik der Botschaft vom 12. November tren bleiben wolle. General Bedeau hält die Motivirung der Absetzung Changarnier’s durch die Ruhe des Landes nicht für ernst⸗
haft und verweigert daher dem Ministerium zum voraus ein Ver⸗
trauens⸗Votum. Er wiederholt schließlich mit Energie, daß er von den Antworten der Minister durchaus nicht befriedigt sei. Remu⸗ sat theilt diese Ansicht und glaubt deshalb nicht, daß die Diskussion mit dem Uebergang zur einfachen Tagesordnung beendet werden könne. „Ich rufe demnach“, sagt er, „der National⸗Versammlung meinen Antrag zurück. Ich habe die gewünschten Aufklärungen nicht er⸗ halten. Eine Kommission wird sie erhalten oder wird sie suchen. (Sensation.) Die Kommission wird dann zu sehen haben, ob sie uns eine Botschaft an die Exekutiv⸗Gewalt oder eine Proclamation an das französische Volk und die Ergreifung von Vorsichtsmaßregeln zur Sicherung des der Nationalversammlung schuldigen Respekts vorschlagen wird.“ Baroche macht in wenigen Worten die Ver⸗ sammlung auf die möglichen ernsten Folgen eines solchen beispiel⸗ losen Verfahrens, in dem er einen Angriff auf die constitutionelle Vertheilung der Gewalten sieht, aufmerksam, kann aber nicht ver⸗ hindern, daß nach einer durch die Aufregung der Versammlung nöthig gewordenen kurzen Pause die Dringlichkeit des Remusat⸗ schen Antrages mit ziemlich bedeutender Majorität votirt wird, worauf die Versammlung in namentlicher Abstimmung mit 330 gegen 273 Stimmen entscheidet, daß sie sich sofort zur Ernennung einer Kom⸗ mission in ihre Abtheilungen begeben wolle. Dies geschieht um 5 ½ Uhr, und die öffentliche Sitzung ist damit aufgehoben.
Sitzung vom 11. Januar. Den Vorsitz führt Dupin. Kaum ist die Sitzung eröffnet, so gehen Odilon Barrot, Daru und Leon Faucher zu Dupin, der kurz darauf seinen Platz an Faucher überläßt. Alle Minister sind anwesend. Die Berathung des Kommerzial⸗Gesetzes für Algier ist an der Tagesordnung. Randot will sie wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes und des neuen Ministeriums verschoben wissen. Die Minister des Krieges unddes Innern erklären das Kabinet bereit zur Debatte. Dupin hesteigtwieder den Präsidentenstuhl. Broglie betritt die Tribüne und erklärt als Prä⸗ sident der gestern nach Remusat's Antrag gewählten Kommission den Wunsch derselben, von den Protokollen der permanenten Kommis⸗ sion Kenntniß zu nehmen. Er verlangt die Ermächtigung der Ver⸗ sammlung dazu im Namen der Kommission. Minister Baroche erklärt im Namen der Regierung, dieselbe widersetze sich nicht nur derselben nicht, sondern verlange vollständige Veröffentlichung der Protokolle. Es habe gestern ein Redner von der damaligen Groß⸗
muth der permanenten Kommission gesprochen. Er sehe sich daher
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genöthigt, mals Geheimhaltung der zwar auf die Mitwirkung der lege, aber durchaus Niemandes; Großmuth bedürfe. Antony Thouret bemerkt, die Versammlung bedürfe der Zustim⸗ mung des Ministers gar nicht, sie könne selbstständig über die Pro⸗ tokolle verfügen. Präsident Dupin: „Die Kommission verlangt Mittheilung der Protokolle der permanenten Kommission, die Regie⸗ rung giebt ihre Zustimmung.“ (Lärm.) Baroche fordert, wenn man der Regierung dies verweigern wolle, als Repräsentant in seinem und in seiner Kollegen⸗Repräsentanten Namen die Mitthei⸗ lung. Baze apostrophirt den Minister. Baroche antwortet ihm lebhaft. Der Lärm verhindert das Hören. Baze stürzt nach der Tribüne. Er habe keinesweges sich der Mittheilung widersetzt, son⸗ dern nur bemerkt, dieser scheinbare Triumph des Ministeriums werde keine Folge haben. Die Versammlung beschließt fast ein⸗ stimmig die Mittheilung. Das Kommerzialgesetz für Algier wird mit 363 gegen 112 Stimmen angenommen. Leon Faucher ersetzt neuerdings den Präsidenten Dupin auf dem Präsidentenstuhl. Ta⸗ gesordnung: Alton's Antrag auf 1 einer Kommission zur Prüfung der Uebereinstimmung der Gesetzgebung mit der Ver⸗ fassung.
Protokolle verlangt habe, daß sie Versammlung großen Werth
Die Versammlung verwirft die Erwägung dieses Antrags, und die Sitzung wird aufgehoben.
Paris, 11. Jan. Nach den die Modification des Ministeriums enthaltenden Dekreten veröffentlicht der Moniteur die Absetzung Changarnier's in folgenden Ausdrücken: „Im Namen des französi⸗ schen Volkes. Der Präsident der Republik verordnet auf den Be⸗ richt der Minister des Innern und des Krieges: Art. 1. Die De⸗ krete vom 20. Dezember 1848 und 11. Juni 1849, die unter dem⸗ selben Oberkommando 1) die Nationalgarden der Seine, 2) die im ersten Militair⸗Bezirk stehenden Truppen aller Waffengattungen ver⸗ einigen und den General Changarnier zu diesem Oberkommando er⸗ nennen, sind aufgehoben. Art. 2. Der Divisions⸗General Perrot ist zum Oberbefehlshaber der Nationalgarden des Seine⸗Departe⸗ ments ernannt. Ait. 3. Der Divisions⸗General und Volksvertreter Baragnay d'Hilliers ist zum Oberbefehlshaber der Truppen aller Waffengattungen des ersten Militair⸗Bezirks ernannt. Art. 4. Der General Carrelet, Kommandant des ersten Militair⸗Bezirks, wird die durch die bestehende Gesetzgebung ihm übertragenen Functionen be⸗ halten. Art. 5. Die Minister des Innern und des Krieges, Jeder, so weit es ihn betrifft, sind mit der Vollstreckung gegenwärtigen De⸗ krets beauftragt. Gegeben im Ministerrathe im Elysee National, am 9. Januar 1851. Louis Napoleon Bonaparte. Der Minister des Innern: J. Baroche. Der Kriegsminister: General Regnaud de Saint Jean d'Angely.“
In seinem halbamtlichen Theile bringt sodann der Moniteur folgenden Tagesbefehl des Generals Baraguay d'Hilliers an die Armee von Paris, mit dem er von seinem Kommando Besitz nimmt: „Soldaten! Durch das Vertranen des Präsidenten der Republik zum Kommando der Armee von Paris berufen, muß ich euch auf⸗ richtig mittheilen, wie ich meine Sendung verstehe. In der unter meine Befehle gestellten Armee die feste und strenge Disziplin auf⸗ recht erhalten, die mein ehrenwerther Vorgänger in ihr eingeführt hak; jeder Rangstufe den Einfluß und die Autorität bewahren, die ihr nach den Dienst⸗Vorschriften zukommen; bei jeder Gelegenheit die Rechte der durch die Verfassung errichteten Gewalten achten und ihnen Achtung verschaffen; die Antorität in der Vollstreckung der Gesetze kräftig unterstützen, dies sind unsere gemeinsamen Pflichten. Wir werden dieselben erfüllen, dessen bin ich gewiß. Eure Ver⸗ gangenheit und die meinige sind sichere Bürgschaften dafür. Paris, 9. Januar 1851. Baraguay d'Hilliers.“
Der heutige Moniteur enthält in seinem nichtamtlichen Theile die Nachricht, daß der Präsident der Republik die Entlassung des Polizeipräfekten Carlier nicht angenommen habe.
Gestern Vormittag um 11 Uhr hielt das neue Ministerium seinen ersten Ministerrath unter dem Vorsitz Louis Bonaparte's im Elysee. Um dieselbe Stunde hatte Changarnier die Tuilerieen noch nicht verlassen. General Baraguay d'Hilliers gehört zu den soge⸗ nannten „Burggrafen“ und soll ein intimer Freund von Thiers sein. Der neue Kriegs⸗Minister wurde erst unter Cavaignac's Ver⸗ waltung zum General⸗Lieutenant ernannt. Die Ernennung des neuen Ministeriums hat fast gar keinen Einfluß auf die Haltung der Börse ausgeübt. General Soubul, so wie mehrere andere Di⸗ visions⸗Generale der Armee von Paris, hatten vorgestern Audienz im Elysee.
Dem Constitutionnel zufolge, ist der Contre⸗Admiral Ro⸗ main⸗Desfossés, bisher Marine⸗Minister, zum Kommandanten der Station der Levante ernannt worden; de la Roque, der das Kom⸗ mando übernehmen sollte, wird eine Befehlshaberstelle in dem mexi⸗ kanischen Meerbusen erhalten.
In einer vorgestrigen Versammlung der Führer der Majorität wurden folgende Vorschläge diskutirt: 1) Dupin solle seine De⸗ mission geben, um Changarnier Platz zu machen. Dupin meinte, dabel sei nur das Eine gewiß, daß er den Präsidentenstuhl verlasse. 2) Man solle 40,000 Mann requtriren und Changarnier das Kom⸗ mando dieser Parlaments⸗Truppen übertragen. 3) Man solle eine dem Ministerium feindliche, selbst den Präsidenten nicht schonende Tagesordnung annehmen. Thiers sprach namentlich für das Letztere.
Montalembert ist zum Mitgliede der Akademie ernannt worden. In der schriftstellerischen Welt ist er als Verfasser mehrerer Heili⸗ gen Legenden bekannt. Er erhielt 25 Stimmen; Alfred de Musset und Ponsard, seine Mitbewerber, je zwei.
Wie es heißt, haben die Quästoren der National⸗Versammlung plötzlich 12 Kanonen mit Munition von Vincennes kommen lassen. In mehreren Legionen der Nationalgarde soll man eine an Changarnier zu richtende Adresse vorgeschlagen, mit diesem Vorha⸗ ben jedoch wenig Anklang gefunden haben.
Nach dem Wochenberichte der Bank hat ihr Baarvorrath um 5 und die laufende Rechnung des Schatzes um 8 Millionen zuge⸗ nommen, der Diskonto dagegen um 1 ¼ und der Notenumlauf um 2 ½ Millionen sich vermindert.
Der Constitutionnel enthält einen äußerst heftigen Angriff auf sämmtliche Fractionen der Majorität, weil sie Changarnier nicht im Interesse des Parlaments, sondern des Grafen von Chambord oder des Grafen von Paris beibehalten wollten. Ein anderer Ar⸗ tikel dieses Blattes bespricht das constitutionelle Recht des Präsi⸗ denten, Changarnier abzusetzen, und bemerkt, Parlaments⸗Truppen würden keinen Feind finden, da der Präsident nicht die betrügeri⸗ schen Umtriebe der Majorität nachahmen werde. Die anderen bo⸗ napartistischen Blätter sprechen denselben Gedanken, jedoch in milde⸗ rer Form, aus. Die demokratischen Blätter billigen Changarnier’'s Absetzung. Dagegen fordern für ein Ministerium, das sich zu die⸗ ser Maßregel hergegeben habe, die orleanistische Assemblée na⸗ tionale und die legitimistische Opinion publique sehr heftig Niederlage auf Niederlage.
Ueber hundert Mitglieder der republikanischen Linken und des
Berges haben sich in der gestrigen Sitzung der Abstimmung über’
Remusat Antrag enthalten.
eto, v“ recht bestimmt festzustellen, daß die Regierung nie⸗
Großbritanien und Irland. 11. Lord J. Russell hat an seine Anhänger im Unterhause ch . Cirkular⸗Schreiben gesandt: „Downing⸗Street, 28. Dez. 31839 Meine Herren! Ich nehme mir die Freiheit, Sie zu benachrichti⸗ gen, daß, da das Zusammentreten des Parlaments auf Dienstag den 4. Februar festgesetzt ist, ohne Verzug Geschäfte von Wichtig⸗ keit vorgenommen werden sollen. Ich ersuche sie deshalb, sich an jenem Tage einzufinden. Ich habe die Ehre zu sein, mein Herr Ihr gehorsamer Diener. J. Russell.“ “
Das Haus des brasilianischen Gesandten in Buenos⸗Ayres wurde von einem wüthenden Pöbelhaufen angegriffen. Der Gesandte ließ sogleich die Thore öffnen, erschien selbst auf der Schwelle und redete den Pöbel an: Es moöge dieser nur sein Leben nehmen, seine Re⸗ gierung werde ihn furchtbar zu rächen wissen. Diese Geistesgegen⸗ wart machte auf die versammelte Menge einen solchen Eindruck, daß sie ohne weitere Gewaltthat auseinanderstob.
Herr Roebuck, Parlaments⸗Mitglied für Sheffield, ist uner⸗ müdlich mit den Vorarbeiten für seine diesjährige parlamentarische Thätigkeit beschäftigt.
Der portugiestsche Gesandte am londoner Hofe, Viscon de Mon⸗ corvo, liegt schwer krank danieder.
Der Bruch szwischen Brasilien und Buenos⸗Ayres ist so weit gediehen, daß man mit der nächsten Post vielleicht schon Berichte über einen feindlichen Zusammenstoß zur See oder zu Lande er⸗ halten dürfte. Admiral John Pascoe Grenfell ist von der brasi⸗ lianischen Regierung für alle Fälle in seine Heimat zurückberufen worden und hat sich gestern in Southampton nach Brasilien ein⸗ geschifft. Was aber euglische Blätter berichteten, daß Diktator Rosas mit Bewilligung der neapolitanischen Regierung 5000 Frei willige in Sicilien angeworben habe, so scheint gerade das Ent⸗ gegengesetzte der Fall zu sein. Es ist wenigstens Grund da, zu vermuthen, daß die Sicilianer dem Kaiser von Brasilien und nicht dem Diktator Rosas zur Hülfe gesandt werden.
Kardinal Wiseman, so lautete das Gerücht, werde, wie ge⸗ stern, vor dem Magistrat erscheinen, um sich gegen seinen früheren Miethsherrn Tilder zu vertheidigen. Dieser hatte den Kardinal wegen einer Schuld von 33 Pfd. 6 Sch. 6 Pece. verklagt, mit wel⸗ cher der Kardinal ihm gegenüber im Rückstande sei. Er hatte dem Richter eine ganze Speeification von zerbrochenen Flaschen und an⸗ deren Utensilien vorgelegt, die der Kardinal zu bezahlen sich weigere. Eine zahlreiche Masse von Neugierigen drängte sich in den Gerichts⸗ saal. Aber die Hauptperson erschien nicht. Der Kardinal hatte sich bereit erklärt, die Sache durch einen Vergleich zu beendigen.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 31. Dez. Gestern wurde ein entscheidender Beschluß in unserer Eisenbahnsache gefaßt. Der Verein, der zur Aectienzeichnung aufgefordert hat, hatte sich nämlich an den Gemeinderath in Christiania mit der Bitte gewandt, daß die Gemeinde als solche einen Actienbetrag von 100,000 Sp. Thlr. zeichnen möchte. Dieser Vorschlag wurde gestern so gut wie einstimmig angenommen. Die Kosten des ganzen Un⸗ ternehmens sind zu 2,100,000 Sp. Thlr. veranschlagt, und es blei⸗ ben jetzt, nach dem ansehnlichen Beitrage des Gemeinderaths, nur noch 680,000 Sp. Thlr. zu decken übrig, welche aller Wahrschein lichkeit nach der Storthing übernehmen wird.
Im Bürgerstande kam am 2lsten der Repräsentationsvorschlag zur Behandlung und wurde mit 33 gegen 19 Stimmen angenom⸗ men; allein diese Abstimmung bleibt ohne Resultat, da er von den drei anderen Ständen verworfen ist.
Unter der großen Masse von Vorschlägen oder Anträgen, welche
von einzelnen Mitgliedern dem Reichstage eingereicht sind, betrifft ein nicht geringer Theil die Zollgesetzgebung, indem namentlich auf Aufhebung des Ausfuhrzolls und Herabsetzung des Eingangszolls auf verschiedene wichtige Artikel angetragen wird. Der Großhänd⸗ ler Schwan hat im Bürgerstand seinen versprochenen Vorschlag wegen Aufhebung des Sundzolls eingebracht. Die schwedische Akademie hat Gunnar Wennerberg, Ver⸗ fasser der „Gluntarne“ die Königliche Prämie, und dem Lieutenant Krämer die kleine Prämie für ein Gedicht „Nordens Natur“ er⸗ theilt. Sie hat ferner beschlossen, auf Anna Marie Leungren'’'s Grabe ein Denkmal zu errichten.
Der Verkauf des großen Eisenwerkes zu Gallivara in Lapp⸗ land, welches vom König, dessen Privateigenthum es ist, an eine Actiengesellschaft verkauft war, ist wieder rückgängig geworden.
Ostindien. Bombay, 17. Dez. (Wiener Ztg.) In Vorder⸗ und Hinter⸗Indien herrscht tiefe politische Ruhe. An der Kohatgränze ist ein kleines Gefecht zwischen den englischen Truppen und den Wuzeerees am 18. November vorgefallen. Major Taylo hat die Feinde zurückgeschlagen; englischerseits wurde nur ein Mann verwundet.
Der Generalgouverneur ist am 30. November von Anarkullee nach Mekar aufgebrochen.
Unter den englischen Truppen in Pendschab richten bösartige Fieber und Ruhren großartige Verheerungen an.
Sir Charles Napier wird am 3. Januar in Bombay zurüch erwartet.
Sir William Gomm ist am 6. Dezember in Kalkutta ange⸗ kommen.
Die Unterhandlungen bezüglich der Kalkutta⸗Eisenbahn sind ins Stocken gerathen. Die Direktoren der Manutbank haben den Secretair Angelo Mair suspendirt.
Dem Nizam ist ein peremtorischer Termin bis Ende Dezember 1850 zur Zahlung seiner Schuld an England gestellt worden.
Der Gouverneur Sir William Anderson ist in Ceylon ange⸗ kommen.
Auf Java herrscht Ruhe; doch kommen in den dortigen Ge wässern fortwährende Seeräubereien vor.
Siam erfreut sich vollkommener Ruhe, für die Zukunft ist aber besorgt. Der König läßt ein Fort in Packnam bauen.
Meteorologische Beobachtungen.
1851. 13. Jan.
Nach einmaliger Beobachtung.
Morgens Nachmittags 6 Uhr. ’ 2 Uhr.
Abends 10 Uhr. V
338,44"“„Par. 338,20 „POar. 1338,12“Par. Quellwärme 838 R. — 1,6 ° R. + 0,09 R 3,09 R. Flusswärme + 0,0* R. Thaupunkt — 4,3 9 R — 1,2° R. — 4,7⁰0 R. Bodenwärme 1 Dunstsättigung. 89 pCt. 90 pot. 85 pCt. Ausdünstung Wetter halbheiter. beiter. heiter. Nrederschlag 0. Ein-d-d N. N. N. Waärmewechsel — 0,0° Wolkenzug .... N. 1 3 4,8° Tagesmittel: 338,25“„Par. — 1,5 9 . 88 ros
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