1851 / 65 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

11u““ 1 mer: Es sei wohl gethan, wenn die Stände sich einer Forderung enthalten, die nicht in Erfüllung gehen wird und kann. Der Mi⸗ nister des Innern habe schon früher erklärt, daß die Regierung nicht in der Lage sei, andere als vertrauliche Mittheilungen an eine Kommission zu machen und erkläre heute dasselbe. Aktenstücke, die nicht schon veröffentlicht, seien auch erhebliche nicht zu machen, und die Stände seien es sich schuldig, der Behauptung des Ministers Glauben zu schenken. Freudentheil glaubt, die Niedersetzung einer Kommission, welche nichts berichten dürfe, enthalte das Aner⸗ kenntniß, die Angelegenheiten in Deutschland gehen zu lassen, wie es Gott gefällt. Der geehrte Herr Vorredner scheint zu meinen, man würde die Kommission mit solcher Weisheit überschutten, daß sie gläubig aussprechen müsse: Wir können nicht anders, wir müssen vertrauen. Vielleicht kann die Regierung nicht mehr thun, als sie gethan hat, aber man muß die Berechtigung der Stände anerken⸗ nen, Rechenschaft über ihr Verhalten zu verlangen. Wein hagen: Das Schicksal des Antrages wird wenig für Deutschland entscheiden, die deutsche Frage wird auf einem anderen Felde entschieden. In Ablehnung des Antrages aber würde das Bekenntniß liegen: Wir sind zufrieden mit dem, was die Regierung ge⸗ than hat. Wir wollen nichts, als Mittheilungen über abgeschlossene Thatsachen, über die hessische und schleswig⸗holsteinsche Angelegenheit. Von Dresden wird dieses Haus kaum eine andere Mittheilung wün⸗ schen, als daß die Vertreter dort bald wieder nach Hause kommen mögen. Oppermann erinnert daran, daß man noch gar Nichts über anz abgeschlossene Thatsachen, wie die Auflösung der Bundescentral⸗

ommission, die Reaktivirung des Bundestages ꝛc. wisse. Aus Zei⸗ tungen das zusammensuchen sei schwer. Klee: Er könne sich nur dann für den Antrag erklären, wenn die vorher niederzusetzende Kommission sagen könne: Hier habt Ihr Etwas, was nicht ver⸗ traulich gemacht zu werden braucht. Vorher sei die Annahme des Antrages bedenklich. Ellissen: Wenn keine gewichtige Mitthei⸗ lungen zu machen sind, dann hätte der Antrag der Regierung auf Beistimmung der Stände ganz unterbleiben können. Ohne Mitthei⸗ lungen zu haben, kann man einem solchen Antrage kaum Folge lei⸗ sten. Bueren: Ich bin auch der Meinung, daß, wie Friedrich der Große von der Freimaurerei sagt sie enthalte ein großes Nichts, so auch wohl in den Aktenstücken nicht viel stehen wird. Aber es könnte ihnen doch vielleicht so große Kraft innewohnen, wie den Getränken, die man erst aus drei Blasen genießen kann. Deshalb für Mittheilung. Schlüter hält den Antrag für so natürlich, daß er nicht weiß, wie man ihm sich widersetzen kann. Die Re⸗ gierung hat eine Frage gestellt, und wir wollen das Material ha⸗ ben, die Frage beantworten zu können. Durch die Kommission würde die Regierung nicht das Urtheil des Hauses, sondern viel⸗ leicht nur das Urtheil einer Partei gewinnen. Lindemann: Aktenstücke von Wichtigkeit können nicht gegeben werden, denn solche werden in einer Zeit wie die unsrige sogleich bekannt gemacht. Er beruft sich auf den Gebrauch, daß oft auch in anderen Verhand⸗ lungen Ausschüsse zu vertraulichen Mittheilungen bestellt werden. Lang II.: Er tadle jede Vorlage, durch deren Mangelhaftigkeit man die Stände zwinge, sie vorerst zur Erläuterung an einen Aus⸗ schuß zu bringen. Er wisse, daß die Regierung Aktenstücke mit⸗ zutheilen habe, warum sie es nicht thue, durchschaue er nicht, aber er fürchte, es seien solche Gründe, durch welche die Regierung sich niemals leiten lassen sollte. Pfaff: Er wolle kein Mißtrauen und kein Vertrauensvotum aussprechen. Das eine und das andere müßte auf Ueberzeugung beruhen, und die kann man nur gewinnen durch genügende Aufklärung. Deshalb für den Antrag. Bueren trägt auf namentliche Abstimmung an. Minister Meier: Aus der Motivirung des Antrages sehe er in demselben ein Mißtrauens⸗ votum gegen das Ministerium, deshalb müsse er wünschen, daß man gegen denselben sich entscheide. Uebrigens müsse er bemer⸗ ken, daß in dem Schreiben der Regierung gar kein Antrag enthal⸗ ten sei, sondern nur die Voraussetzung, die Stände werden ihr Verhalten billigen. Lang II. fragt, ob der eben gemachte Vorwurf ernstlich gemeint sei. Er bitte, in seinem Antrage nichts zu finden, als was darin steht; er habe kein Mißtrauen aussprechen wollen. Wenn er Opposition machen wolle, thue er es offen und klar. Nachdem sich noch mehrere Redner ähnlich wie Lang gegen die Deu⸗ tung eines Mißtrauensvotums und Lindemann dagegen verwahrt hat, als ob er sich bei seinem Hinweis auf Zeitungen, auf Zeitungs⸗ gerüchte und Vermuthungen bezogen habe, wird die Debatte ge⸗ schlossen. Der Antrag Lang's II. wird mit 39 gegen 34 Stimmen abgelehnt.

Schleswig⸗Holstein. Flensburg, 28. Febr. Die Flensburger Ztg. schreibt: Heute Morgen 8 Uhr begab sich der außerordentliche Regierungs⸗Kommissar, Herr Geheime Rath von Tillisch, an Bord des Dampfschiffes „Eider“, um die früher er⸗ wähnte Reise über Korsör nach der Hauptstadt anzutreten. Unterm 18ten d. ist die Bekanntmachung, betreffend die Errichtung einer Gendarmerie im Herzogthum Schleswig, erlassen. Das Corps in 3 Abtheilungen mit 3 Commandeuren (Rittmeister 2ter Klasse), 9 Offizieren (Premier⸗ und Seconde⸗Lieutenants), 2 Quartiermei⸗ stern, 20 Wachtmeistern und Sergeanten und 200 berittenen und 50 unberittenen Gendarmen hat die Aufgabe, „die Behörden in der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit, sowie in der Handhabung der bestehenden Gesetze und Verordnun⸗ gen, namentlich auch der Zollgesetze, zu unterstützen.“

Altona, 1. März. (A. M.) Die hiesige Einquartierungs⸗ Kommission macht bekannt, daß in den nächsten Tagen der Abmarsch einiger Compagnieen der hierselbst kantonnirenden K. K. östecreichi⸗ schen Truppen erfolgen werde, wodurch etwas Erleichterung in der Einquartierung eintrete und im Laufe der nächsten Woche einige Um⸗ legungen vorgenommen werden könnten.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 1. März. Unsere Blätter enthalten heute eine vom 25. Februar d. J. datirte Ver⸗ ordnung wegen Aufhebung des Gesetzes zum Schutze der persönli⸗ chen Freiheit vom 23. Mai 1849. Sie lautet:

Friedrich Franz u. s. w. Das Gesetz zum Schutze der per⸗ sönlichen Freiheit vom 23. Mai 1849 beruht auf der Voraussetzung einer veränderten Ordnung der Rechtspflege und der Polizei. Da aber diese Veränderung bis jetzt nicht hat ausgeführt werden kön⸗ nen, so ist dasselbe mit den bestehenden Einrichtungen unvereinbar. Außerdem haben viele Einzelheiten seines Inhalts in der Erfah⸗ rung nur ungünstige Resultate ergeben. Wir verordnen daher, nach hausvertragsmäßiger Communication mit Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog von Mecklenburg⸗Strelitz und nach statt⸗ gehabter Verhandlung mit Unseren getreuen Ständen:

1) Das Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 23. Mai 1849 und die Erläuterung desselben vom 1. Dezember 1849 werden hierdurch wieder aufgehoben; -

2) Die auf die Gegenstände jenes Gesetzes bezüglichen früheren Bestimmungen treten wieder in Wirksamkeit.

Gegeben durch Unser Gesammt⸗Ministerium, Schwerin, am V

26. Februar 1851. Friedrich Franz. Graf von Bülow. von Schröter. von Brrdc. V 16

nig daran, ob die

Ferner folgende Bekanntmachung. Vom 1. März d. J. einschließ⸗ lich an werden die Bestimmungen des deutsch⸗österreichischen Post⸗ vereinsvertrages auch auf alle Sendungen im Wechselverkehr zwi⸗ schen Mecklenburg⸗Schwerin und Holstein Anwendung sinden. Schwerin, am 27. Februar 1851. Großherzoglich mecklenburgische Generalpostdirection. F. von Pritzbuer.

Schwerin, 1. März. (H. C.) Der Geburtstag des Groß⸗ herzogs ist hier 5 in herkömmlicherweise, Morgens durch eine militairische Reveille und Kanonendonner und Abends im Schau⸗ spielhause durch einen Prolog bei glänzender Beleuchtung des Hau⸗ ses, gefelert worden. Zur Darstellung kam von Flotows neueste Oper: „Sophia Katharina.“ 1

Aus Veranlassung der bevorstehenden Entbindung Ihrer Kö⸗ nigl. Hoheit der Großherzogin sind heute 4 Geschütze nach Lud⸗ wigslust abgegangen.“

Sachsen⸗Koburg⸗Gotha. Gotha, 27. Febr. . Z.) Die Akten des Prozesses, welchen der Prinz Albrecht wegen der vom hiesigen Landtage ihm verweigerten Allodialrente beim Justizkolle⸗ gium anhängig gemacht hatte, sind neuerdings nach einem Kompro⸗ misse beider Parteien einem auswärtigen Spruchkollegium übersendet worden. Der Anspruch auf diese Allodialrente, im jährlichen Ra⸗ tenbetrage von 25,000 Fl., stützt sich auf einen vom verstorbenen Herzog mit dem Herzoge von Nassau, als dem damaligen Vormunde der beiden koburgischen Prinzen, abgeschlossenen Hausvertrag, nach welchem den letzteren eine Revenüe von 59,000 Fl. aus dem Allodial⸗Vermögen des letzten gothaischen Herzogs Friedrich IV. zugesichert worden war. Eine schon seit dem Anfang des Jahres 1848 nach dem Ableben der Herzogin Karoline, der letzten Herzogin von Gotha⸗Altenburg, begonnene Streitigkeit über deren Nachlaß ist jetzt zu Ende geführt worden. Da die Her⸗ zogin Karoline, eine Schwester des verstorbenen Kurfürsten von Hessen, kinderlos verstorben war, wurden von dem jetzt regierenden Kurfürsten Ansprüche an die Verlassenschaft derselben geltend ge⸗ macht. Durch richterlichen Spruch ist nun in diesen Tagen die Sache dahin ausgeglichen worden, daß die an Hessen fallende Erb⸗ masse auf 40,000 Rthlr. festgestellt und deren Auszahlung an die Erben angeordnet ist.

5 g. Hamburg, 2. März. (D. R.) Die Angewor⸗ benen für Brasilien werden nächstens eingeschifft werden. Zu ihrer Empfangnahme und Begleitung derselben nach Brasilien sind in voriger Woche zwei brasilianische Marine⸗Lieutenants hier einge⸗ troffen. Dem bisherigen hiesigen dänischen Oberpostmeister Gra fen von Holk ist das hiesige schleswig⸗holsteinische Oberpostamt un⸗ tergeordnet. Jedes Postamt wird besonders verwaltet und eine Vereinigung der Kassen dürfte vorläufig nicht stattfinden. Hingegen haben sämmtliche Angestellte beim schleswig⸗holsteinischen Postamte ihre Uniformen und sonstige schleswig⸗holsteinsche Abzeichen abzule⸗ gen. Das dänische Postamt wird in die Lokalitäten der schleswig⸗ holsteinschen Post übersiedeln, während letztere wiederum von den Räumlichkeiten des ersteren Besitz nehmen wird.

Hamburg

Uusland.

Oesterreich. Zara, 25. Febr. (Ll.) Die Arnauten haben einige in der Umgebung von Mostar befindliche Dörfer geplündert. Das Haus des Kavas⸗Pascha ist in eine Kaserne verwandelt worden. Der Kaimakan hat ein Untersuchungsgericht eingesetzt, welches mit großer Strenge zu Werke geht und zur Hälfte aus Muhamedanern, zur Hälfte aus Christen zusammengesetzt ist. Mehrere Insurgenten sind vom österreichischen Gebiete, wohin sie sich geflüchtet hatten. wieder zurückgekehrt. Einem Gerüchte zufolge, wäre Omer Pascha bereits in Mostar eingetroffen; sicher ist nur, daß er in den letzten Tagen des Februar von Sarajevo dorthin aufbrechen wollte. Der Mufti von Trawnik ist auf Befehl des Seraskiers verhaftet worden. Zweitausend Albaneser werden zur Verstärkung der türkischen Streit⸗ kräfte an der bosnischen Gränze aus Rumelien hier erwartet.

Zara, 27. Febr. (Ll.) Kavas Pascha ist mit zwei Söhnen und seche Dienern hier eingetroffen. Am 17. Februar war der Seraskier Omer Pascha in Mostar eingerückt. Stolaz, Buna und Blagai sind von Kaiserlich türkischen Truppen besetzt. Die Ver⸗ haftungen der mehr oder minder betheiligten bosnischen Häuptlinge währen fort.

Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 1. März. Den Vorsitz führt Benoist d'Azyv. Der Präsident schreitet zur Neuwahl der Abtheilungen durch das Loos. Die Tri⸗ bünen sind ziemlich, jedoch nicht wie sonst, gefüllt. Tagesordnung: Antrag Creton's auf Abschaffung der Gesetze, welche den Mitglie⸗ dern den früheren regierenden Familien das Betreten französischen Gebietes verbieten. Der Antrag lautet: „Das Gesetz vom 10. April 1832 und das Dekret vom 26. Mai 1848 sind abgeschafft.“ Die Kommission bekämpft in einem am 18. Mai 1850 durch Pou⸗ joulat niedergelegten Berichte die Berücksichtigung des Antrages. Cre⸗ ton, Antragsteller, beginnt mit der Erklärung, es solle sein Antrag nicht politische Leidenschaften aufregen, er richte sich an die edlen Gemüther aller Parteien. Er hat geglaubl, die constitutionelle und parlamentari⸗ sche Regierungsform sage seinem Lande am besten zu. Er glaubt aber jetzt, daß eine Republik, ohne Haß, ohne Vorurtheil, ohne Gewaltthätigkeit, ohne Furcht und ohne Tadel Frankreichs Heil sei. Diese Fragen ständen aber dem Antrage fern. Es handle sich ge— genwärtig nur um Anwendung des Gesetzes der ewigen Moral auf Personen, welche nichts verschuldet haben. Die Charte von 1814 habe die Confiscation abgeschafft, die Republik von 1848 müsse die Verbannung abschaffen. Die Proposition ist so sehr re⸗ publikanisch, daß sie der Republik die größte Ehre mache. Er er⸗ innere daran, daß noch alle Kommissionen das Prinzip anerkannt und nur die Zeitgemäßheit bestritten haben. Es liege we⸗ betreffenden Personen von der Aufhe⸗ bung Gebrauch machen würden oder nicht. Nur solle aus der Gesetzsammlung ein entehrendes Gesetz verschwinden. Dieses Ge⸗ fühl habe mindestens Herrn Berryer bei Diskussion des Gesetzes von 1832 beseelt. Berryer verlangt das Wort. Creton: „Niemand bestreitet, daß Proscriptionsgesetze schlecht sind. Schafft sie diese sonveraine Versammlung nicht ab, so billigt sie dieselben. Man wirft die Unzeitgemäßheit ein. Soll die Moral erst hinter den kleinen Interessen des Augenblicks kommen?“ Berryer erklärt, er habe mit aller Energie das Gesetz von 1832 bekämpft. Mit allen sei⸗ nen Freunden habe er das Verbannungs⸗Dekret von 1848 verworfen. Heute aber handle es sich nicht mehr um Gesetzgeben, sondern um Gesetzabschaffen. Ein solches Gesetz könne aber nur durch eine Aenderung des Prinzips, durch eine politische Re⸗ volution abgeschafft werden. Der Antrag sei nur ein Mittel, den

Frankreich.

von der Revolution Verbannten den letzten Rest von Ansehen und

persönlicher Würde zu schmälern. Die Gefahr des Antrages liege darin, daß er zu Gewaltschritten geneigte Leute zu solchen zwingen werde. Er will in den Voten der Versammlung nichts Aggressives

sehen. (Lärm rechts.) Er stimmt im Interesse der Ruhe des Lan⸗ des gegen den Antrag, und weil er nicht will, daß die Prinzen, welche nach dem Rechte der Erblichkeit Träger des Prinzips werden können, zu Werkzeugen einer Intrigue mißbraucht würden. (Man verlangt Schluß.) Desmousseaux de Givré bemüht sich, un⸗ ter ziemlichem Lärm, zu beweisen, daß die Debatte ernst und um⸗ fassend sein müsse, daß es sich nicht um eine stumme Abstimmung handle. (Man verlangt von neuem den Schluß.) Desmonsseaux beweist, von der ersten Republik angefangen, daß die Proscriptionsgesetze keine Regierung vom Sturze bewahrt haben. Er erstaunt, wie der Kor⸗ respondent des Grafen von Chambord, welcher in seinem letzten Schreiben alle guten Bürger zur Eintracht und Versöhnung auf⸗ fordert, für Proscription sprechen könne. Wenn der Graf von Chambord nicht zurückkehren wolle, sei dies ein Grund, Anderen zu verweigern, die Leiche ihres Vaters bei seinen Vorfahren zu be⸗ statten? Er würde als Minister des Präsidenten nur für Annahme des Antrages sprechen. Justiz⸗Minister Royer nennt das Prinzip des Antrages edel und gerecht, ja es liege dessen Gedanke in den Worten, welche der Präsident der Republik im Dezember gespro⸗ chen. Für die Regierung bestehe auch noch die Rücksicht auf Pflicht und Verantwortlichkeit. Der Antrag sei zweimal zur Sprache gekommen: 18490 habe die Kommission wegen der Lage des Landes, in dem Sicherheit und Vertrauen noch nicht wieder herge⸗ stellt waren, deren momentane Verwerfung verlangt. Es handle sich also darum, ob die Lage des Landes sich jetzt geändert habe. Die Regierung glaube es nicht; sie halte die Abschaffung der Ver⸗ bannungsgesetze für gefährlich, nicht wegen des erwähnten Zwanges zu Gewaltschritten, sondern wegen der Unruhe, welche die Gegen⸗ wart der fraglichen Prinzen nothwendig herbeiführen müßte. Im Gefühle der Pflicht und der Verantwortlichkeit widersetze sich die Regierung dem Antrage. Barthelemy St. Hilaire erklärt, er werde für den Antrag stimmen. Er erinnert, wie man dem Prin⸗ zen Joinville nach der Februar⸗Revolution die Weisung ertheilt habe, bis auf Weiteres Frankreich zu verlassen, was die Idee eines Provisoriums eingeschlossen habe. Nach seiner Ansicht haben die orleanistischen Prinzen keine monarchischen Tendenzen, wie der Graf von Chambord, der nur als König wiederkehren könne, was den Widerstand der Legitimisten gegen die Maßregel er⸗ kläre. Savatier, Laroche, Charras, Lagrange und Ar⸗ naud (de l'Ariège) bringen folgendes Amendement ein: „Alle Ge⸗ setze und Dekrete über Verbannung, Verweisung, Transporta⸗ tion, wie alle seit 1815 verhängten politischen Verurtheilungen, sind aufgehoben. Das Gesetz vom 18. April 1832 und das Dekret vom 26. Mai 1848 sind inbegriffen.“ Dasselbe erregt allgemeines Aufsehen. Ueber den Schluß der Sitzung berichtet das Journal des Débats in Folgendem: „Man konnte meinen, die Diskussion ginge zu Ende. Alle Meinungen, alle Parteien, welche die Ver⸗ sammlung spalten, waren nach der Reihe auf der Tribüne vertre⸗ ten gewesen. Der Berg allein hatte ein verächtliches Schweigen beobachtet. Man wollte die Diskussion schließen, als ein Mitglied des Berges das Wort verlangt. Dieses Mitglied ist Marc Dufraisse, ein bis jetzt unbekann⸗ ter Redner, der aber nie vergessen werden wird. Man muß auf die schlechtesten Zeiten unserer Geschichte zurückgehen, um etwas zu finden, was der Beredsamkeit Mare Dufraisse's gleichkommt. Die Sprache der Saint Just, der Coutton, der Collot d'Herbois kön⸗ nen allein eine Idee davon geben, was wir gehört haben. Der Redner schente nicht vor der kaltblütig und durchdachten Apo⸗ logie der verhaßtesten Thaten zurück, welche die blutige Herrschaft des Konvents bezeichnen und sein Andenken dem Fluche der Nach⸗ welt überliefert haben. Der Skadal hatte alle Schranken durch⸗ brochen. Die ganze Majorität, sagen wir zur Ehre Frankreichs, drei Viertel der Versammlung bebten vor Wuth und Scham. In diesem Augenblicke sahen wir Berryer mit blitzendem Auge und dro⸗ hender Geberde nach der Tribüne stürzen. Berryer erklärte, daß nach diesen abscheulichen Worten die Gewissen nicht mehr frei seien, und mit bewegter Stimme schlug er Vertagung der Diskussion auf sechs Monate vor. Ein unaussprechlicher Tumult folgte diesem un⸗ erwarteten Antrage. Die Sitzung wurde eine halbe Stunde un⸗ terbrochen. Endlich erklärte Justiz⸗Minister Royer die Zustim⸗ mung der Regierung zu diesem Antrage. Piscatory verlangte Fortsetzung der Debatte am Montag. Nach langen Bemühungen konnte Vice⸗Präsident Benoist d'Azy die Vertagung durch Auf⸗ stehen und Niedersetzen zur Abstimmung bringen. Eine bedeutende Majorität entschied für Vertagung auf sechs Monate.“

Paris, 1. März. In der Kommission, die den Amnestie⸗Antrag verworfen hat, erklärte der Minister des Innern: „Wir stehen vor einem Zeitpunkte, wo ernsthafte Debatten über Revision der Verfassung sich eröffnen werden. Ist es klug, in einer solchen Lage die Rückkehr ins Vaterland jenen Menschen zu gestatten, welche sich gegen dessen Ruhe verschworen haben?“ Der Minister unterschied zwischen den Flüchtlingen in London, in der Schweiz, den Gefangenen auf Belle⸗ Jsle und den Transportirten zu Bona. „Die Ersteren“, sagte er, „verdienen in keiner Weise die Wohlthaten einer allgemeinen Amnestie, denn ihre revolutionaire Propaganda ist die Ursache, daß der Sozialismus seit einiger Zeit wieder seine Fahne erhebt. Die Verschwörung von, Lvon hat ihren Ursprung ausschließlich in den Umtrieben der Flüchtlinge in der Schweiz, und die zu London gemachten Publicationen beweisen augenscheinlich die Absichten ihrer Verfasser, zeigen, ob sie des für sie in Anspruch genommenen Inter esses würdig sind.“ Wegen der Gefangenen von Belle⸗IJsle berief sich der Minister auf den letzten Tumult daselbst, als Grund gegen die Amnestie. „Nur die Trans⸗ portirten von Bona“, bemerkte er, „verdienen einige Berücksichti⸗ gung. Die Regierung beschäftigt sich mit Auswahl derer., welche eine indivuelle Begnadigung zu verdienen scheinen.“ Der Minister verpflichtete sich förmlich, nächstens der Versammlung diese Arbeit vorzulegen, welche auch Individuen anderer Kategorieen begreifen soll, wenn die Regierung es ohne Gefahr für die öffentliche Sicher⸗ heit thun zu können glaubt. Im gleichem Sinne sprach der Justiz⸗ Minister Royer. Für den Antrag sprachen Didier, Canet, Thouret, gegen denselben am entschiedensten Piscatory, der zum Berichterstat⸗ ler ernannt wurde. Von den 30 Mitgliedern der Kommission waren nur 22 anwesend.

Die hiesigen Fleischer agitiren für Bildung einer Coalition in ihrem Gewerbe, um die Herabdrückung der Preise durch den Lici⸗ tations⸗Verkauf des Fleisches zu annullixen. Bereits haben sich die Munizipalität und der Polizei⸗Präfekt über Maßregeln gegen diese Agitation berathen. 1

Der Messager de l'Assemblée enthält jetzt einen langen Artikel zur Vertheidigung der Nothwendigkeit einer Coalition, deren Existenz bisher von allen konservativenà lättern in Abrede gestellt wurde.

Der Bericht der Kommission für den Kredit zur Erhaltung der Occupations⸗Armee im Kirchenstaate enthält Folgendes: „Es han⸗ delte sich für Frankreich auch darum, zu verhindern, daß nicht ganz Italien unter den ausschließlichen Einfluß der einzigen europäischen Großmacht komme, welche einen Theil seines Gebietes beherrscht. Gegenwärtig scheint der eine Theil des Werkes, welchem Frankreich

mit Fastnachts⸗Ochsen in Paris stattgefunden.

seine Kräfte gewidmet, seinem Ende nahe zu sein. Der andere laßt

noch über den Augenblick seiner desinitiven Beendigung Zweifeln Raum, und es ist wichtig, daß die Regierung nicht im voraus Ver⸗ pflichtungen eingehe, bei deren Vollzuge sie nothwendig die Ent⸗ schließungen einer anderen Macht in Rechnung zu bringen hätte. Der geforderte Kredit betrug für 1850: 1,715,846 Franken, für 1851: 1,502,055. Der Effektivstand der Occupationsdivision ist für 1851: 10,000 Mann und 1500 Pferde.“

Auf die Empfangsrede Nissard's in der Akademie wird St.

Mare Girardin antworten; Herrn Montalembert anwortet Guizot.

Die bereits erwähnte Schrift: „Die Abdankung Ludwig Phi⸗ lipp's, von ihm selbst erzählt“, ist von E. Lemoine herausgegeben und bei Michel Levy in Paris erschienen. Ein „Besuch bei König Ludwig Philipp“, von demselben Verfasser, machte seiner Zeit gro⸗ ßes Aufsehen.

Paris, 2. März. Der gestern nun auf sechs Monate ver⸗ tagte Antrag Creton's war in der Sitzung vorher noch nicht ver⸗ tagt, sondern mit 340 gegen 319 Stimmen auf die gestrige Tages⸗ ordnung gesetzt worden. Für die Vertagung stimmten vorgestern sämmtliche Bonapartisten und Legitimisten, gegen die Vertagung die meisten Orleanisten, die Linke und der Berg. Un⸗ ter den Ersteren bemerkt man Baroche, Ferdinand Barrot, de Broglie, Darn, Faucher, Fould, de Maleville, Mont⸗ talembert, Parieu, Rouher. Unter den Letzteren Odilon Barrot, Pierre und Napoleon Bonaparte, Chambolle, Dufaure, J. de Lastey⸗ rie, General Oudinot, Passy, Piscatory, den früheren Kriegs⸗Mi⸗ nister Reynaud de St. Jean d'Angely, St. Beuve und Thiers. Die Analyse der gestrigen Abstimmung, durch welche der Antrag beseitigt wurde, liegt noch nicht vor. 1

Im Bulletin de Paris liest man: „Gestern suchte man

das Gerücht von der definitiven Verschmelzung der beiden Linien

des Hauses Bourbon zu verbreiten. Nachrichten, welche wir von Personen, die über die Ansichten der Herzogin von Orleans best⸗ unterrichtet sind, eingezogen haben, erlauben uns die Behauptung, daß die ganze Nachricht eine Erfindung ist.“ Zum erstenmale seit drei Jahren wieder hat heute der Umzug Es waren deren drei, alle von dem Viehzüchter Adeline geliefert: „Liberté“ wog 1950, „Champy“ 1904, „Californien“ 1925 Kilogramme. 8 Der offizielle Moniteur bringt heute die Nachricht, daß vom 1. März an die Privat⸗Korrespondenz durch den elektrischen Tele⸗

8 graphen zwischen Paris, Rouen, Amiens, Arras, Lille, Calais, Va⸗ lenciennes, Dunkerque, Chalons an der Marne, Orleans, Blois,

Tours, Angers, Bourges, Nevers und Chateaurour eröffnet ist.

Großbritanien und Irland. Parlament. Ober⸗ haus. Sitzung vom 28. Februar. Um 5 Uhr setzte sich der Kanz⸗ ler auf den Wollsack, das Haus war gedrängt voll, um die Stufen des Thrones hatten sich die meisten Mitglieder des diplomatischen Corps und andere angesehene Personen versammelt, während die Damengallerie von den aristokratischsten Toiletten glänzte. Ein neuer Pair, der bisherige Sir J. C. Hobhouse, jetzt Lord Broughton de Gyfford, legte den Eid ab und nahm seinen Sitz ein. Nach Ueberreichung einiger unwichtigen Petitionen erhob sich der Geheime⸗ raths⸗Präsident des abgetretenen Ministeriums, der Marquis von Lansdowne, um über den Verlauf und die bisherige Resultat⸗ losigkeit der Unterhandlungen zur Bildung eines Ministeriums Bericht abzustatten. Trostvoll sei der Umstand, daß die vorhandenen Schwie⸗

rigkeiten aus keinerlei persönlichen Rücksichten, sondern aus ehrlichen

Meinungsverschiedenheiten entsprungen seien. So große Opfer persön⸗ licher Ruhe und Behaglichkeit man in gewissen Zeiten von allen politischen Parteiführern mit Recht fordern dürfe, so könne man ihnen Ein Opfer nicht zumuthen, welches zugleich eine Aufopferung der Ehre und Würde der Krone wäre; nämlich einen längeren Versuch, ohne starke Majorität im Parlament und unter allen Umständen fortzu⸗ regieren, das könne man von keinem Staatsmann verlangen. Dar⸗ auf erklärte der Grafvon Aberdeen, warum er sich zum Eintritt in ein Kabinet Russell nicht entschließen konnte, indem er seinen un⸗ überwindlichen Widerwillen gegen die Bill über die geistlichen Titel in sehr starken Worten aussprach. „Ohne den arroganten Theil des römischen Pontifex und seines Kardinals mit geringerem Un⸗ willen als Andere zu ahnden“, sagte der Graf, „halte ich doch die Bill für einen prinzipiellen Rückschritt und eine Aufwärmung der barbarischen Gesetze der Vorzeit; und ich habe gefunden, daß mein Freund Sir J. Graham meine Ansicht vollkommen theile. Bei einem Blick jedoch auf die große Majorität, mit welcher das Haus die erste Lesung der Bill beschlossen, konnte ich eben so wenig, der Aufforderung Ihrer Majestät gemäß, selbst die Bildung eines Kabinets unternehmen.“ Lord Stanley: „Als ich, von der Königin berufen, um die Gründe von Russell's Rücktritt bat und diesen der Motion King Locke's und der Motion Dis⸗ raeli's zuschreiben hörte, erlaubte ich mir zu zweifeln, daß dies die einzigen und die Hauptgründe von Lord John Russell's Resignation seien, indem ich überzeugt war, daß die eigentliche Klippe der päpst⸗ liche Uebergriff sei. Anstatt daher, wie man am Montag im Un⸗ terhause sich ausdrückte, geradezu meine Unfähigkeit, ein Ministe⸗ rium zu bilden, zu Protokoll zu geben, habe ich mit Auseinander⸗ setzung der Parteistellung im Parlament auf mündlichem und schrift⸗ lichem Wege (der Lord las hier Stellen aus einem Ihrer Majestät vor⸗ gelegten kurzen Memoiren vor) die Königin ersucht, vorerst mit einer Ver⸗ schmelzung des Kabinets Russell und der Peel⸗Partei ein Experiment zu machen.“ Als die Fusion fehlgeschlagen, fuhr Lord Stanley fort, habe er selbst eine Einigung zwischen den Protectionisten und den Peeliten zu Stande zu bringen versucht; unter den Letzteren seien Männer von entschiedenem Talent, welches sie aber nur be⸗ nutzten, um kein anderes Kabinet als ein exklusiv⸗peelitisches ans Ruder kommen zu lassen. Er habe sich daher gezwungen gesehen, die Bildung eines rein proteclionistischen Ministeriums ins Auge zu fassen, doch fehle es der Schutzzollpartei an Männern von offi⸗ zieller Routine, mit Ausnahme eines einzigen Mitgliedes; außerdem habe ihm eine allzu mächtige Opposition im Parlamente gedroht, während eine Auflösung desselben im gegenwärtigen Augenblick unthunlich sei. So habe denn auch er (Stanley) seine Resignation in die Hände der Königin niedergelegt. Dem Gerücht, daß er die Königin um die Erlaubniß zur Parlaments⸗Auflösung bestürmt hätte, könne und müsse er eben so bestimmt widersprechen, wie dem Gerede, daß Lord John Russell seinen Unterhandlungen mit der Königin durch ungerufenes Erschei⸗ nen im Palast in den Weg getreten sei. Zuletzt skizzirte der Lord die Politik, welche er im Amte verfochten und durchzuführen gestrebt haben würde: Reduction der (von Peel 1842, ursprünglich nur für einen beschränkten Zeitraum eingeführten, aber noch fortbestehen⸗ den) Einkommensteuer auf bis ¼ ihres Betrages; Einführung eines mäßigen Getraide⸗Einfuhrzolls, der, ohne den Konsumenten zu drücken, eine Einnahme von 1,500,000 bis 2,000,000 Pfrd. eingetragen und dadurch die endliche Abschaffung der Ein⸗ kommensteuer ermöglicht hätte; und drittens: Einbringung einer wirklich wirksamen Aggressions⸗Bill, deren Inhalt er jetzt nicht näher angeben möge: einer Bill, die zwar keinesweges gegen die Gewissensfreiheit, aber gegen fremde Usurpation gerichtet gewe⸗

8.

san wäre. Die Russellsche Maßregel unterzog Lord Stanley einer schneidenden Kritik, indem sie schlimmer sei als gar keine Maßregel und ganz im Geist der bisherigen Whighalbheit etwas durch das Gesetz verbiete, was sie in der Praxis zu dulden und zu erlauben denke. In derselben Weise habe man mehrere Klauseln der Katho⸗ liken⸗-Emancipations⸗Akte, z. B. die aber die Registrirung ka⸗ tholischer Ordensmitglieder, zum todten Buchstaben und zur Makulatur werden lassen. „Daß es mich kränkt“, schloß Lord Stanley, „daß ich es als eine tiefe Kränkung empfinde, mit der Bildung eines das Land zufriedenstellenden Kabinets gescheitert zu sein, will ich nicht in Abrede stellen; aber ich hege die Zuver⸗ sicht, Ihre Herrlichkeiten werden nicht glauben, daß ich, abgesehen von politischen Differenzen, ein Gefühl der Feindschaft gegen meine politischen Gegner näher.“ (Hört, hört! und Beifall.) Lord Stanley suchte übrigens den Eindruck, als ob seine Rede als End⸗ urtheil über die Protection aufgefaßt werden könnte, dadurch vor⸗ zubeugen, daß er die Endentscheidung über das Schicksal dieser Frage einer künftigen allgemeinen Parlamentswahl anheimstellte. Nachdem Lansdowne noch einmal die Bill über die geistlichen Titel als eine Schutz⸗ und Defensivmaßregel gegen fremde Einflüsse, die sich der Religion lediglich als eines Werkszeugs bedienten, vertheidigt hatte, vertagte sich das Oberhaus bis Montag.

Unterhaus. Sitzung vom 28. Februar. Zwei neue Mit⸗ glieder, Oberst Gelpin für Bedfordshire und Sir G. Tyler für Glamorgan, nahmen ihre Sitze ein; eine lange Reihe von Peti⸗ tionen kam auf den Tisch des Hauses, namentlich sehr viele gegen und etwa ein Dutzend für Russell's Aggressions⸗Bill und eine aus Orford gegen die Juden⸗Emancipation. Darauf gab Lord John Russell seine Version von den bisherigen Unterhandlungen und vertheidigte seine Politik im Ganzen, hier und da Konzessionen machend. Zuerst wies er, gestützt auf ein Billet von Prinz Albrecht und auf das erwähnte Memoire Lord Stanley's, den „anmaßenden und nicht eben courtoistevollen“ Widerspruch Disraeli's vom vorigen Montag zurück (Hört! und Beifall) und erwähnte ausführlich der Unterhandlungen mit Aberdeen und Gra⸗ ham, bemerkend, daß er „gesonnen war, sich beträchtliche Aenderun⸗ gen und Modisicationen der Aggressions⸗Bill gefallen zu lassen“ (Oh! oh! Gelächter. Zur Ordnung!), während die beiden Herren die Bill ganz und gar über Bord hätten werfen wollen. Dazu könne er nie und nimmer seine Zustimmung geben. Schweigend könne England den Unglimpf von Seiten Roms nicht hinnehmen, aber, nachdem er erfahren, daß die zweite und dritte Klausel der Bill selbst einem so gemäßigten und mit Recht verehrten Manne, wie der katholische Erzbischof Murray, bedenklich und schädlich schienen, wolle er diese Punkte gern opfern, denn eine wesentliche Beeinträchtigung der Wirksamkeit des katholischen. Klerus liege nicht in der Absicht der Bill. Mit Bezug auf die Motion Locke King's sei er für reiflichere Erwägung der Maßregel. Ein Unterhaus, das blos die Volkszahl repräsentire, würde ein Theil seiner konservativen Elemente einbüßen und sich schwerlich mit einer Monarchie, einem Hause erblicher Pairs und einer Staats⸗ kirche vertragen. (Hört, hört!) Herr Disraeli entschuldigte sich wegen seines Ausfalles am Montag. Er habe Auftrag gehabt, keine Aeußerung über Lord Stanley’s Versuch, die dem Aus⸗ gang desselben schaden könnte, unerwiedert zu lassen; daß er durch seinen Widerspruch eine Aeußerung von allerhöchsten Lippen in Abrede stellte, davon habe er sich nichts träumen lassen, doch wolle er ein⸗ räumen, daß seine Ausdrücke nicht so gluͤcklich gewählt wa⸗ ren, als wenn er Zeit gehabt hätte, sich vorzubereiten. Ueber die allgemeinen Fragen sagte der Redner kein Wort. Sir J. Gra⸗ ham bestätigte nur die Angaben aller anderen Minister⸗Kandidaten und erklärte sich in der Freihandels⸗ und der Wahlrechtfrage mit Russell vollkommen einverstanden; nur die Aggressions⸗Bill reiße eine weite Kluft zwischen ihm (Graham) und dem gewesenen Premier⸗ Minister (Russell). Herr Hume stimmte dem Vorredner bei, in Bezug auf die Bill, die man opfern müsse, wenn der Regierung die Ruhe Irlands lieb sei. Er ging jedoch über Graham und Russell hinaus mit der Erklaͤrung, daß es ohne Freihandel, Erweiterung des Wahlrechts und Einschränkung in den Ausgaben fortan keine stabile Regierung gebe. (Hört!) Sir R. Inglis freute sich über die protestantische Ausdauer Russell's, während Herr John O'Connell die ganze Bewegung eine ei⸗ genn tzige Diversion der anglikanischen Bischöfe nannte, die für ih⸗ ren Säckel bange wären. (Oh! oh!) Herr B. Osborne meinte, die Russellsche Bill werde eine Erhöhung der Einkommen⸗ steuer um 3 pCt., nämlich eine Vermehrung der stehen⸗ den Armee gegen Irland, nöthig machen. Nach vielfa⸗ chen Hin⸗ und Widerreden liberaler und konservativer Mitglieder erhob sich Herr Wakley gegen die „aristokratische Exklusivität der Whigs.“ Das Land sei es müde, von jungen unerfahrenen Lords regiert zu werden. Sollte eine Reform⸗Regierung wieder zu Stande kommen, so werde es eine Schmach und Schande sein, wenn das Mitglied für Montrose (Herr Hume) nicht im Rath der Mini⸗ ster und der Königin sitze! Das Haus vertagte sich gegen 8 Uhr Abends anf Montag.

London, 1. März. Die Auseinandersetzungen über die Mi⸗ nisterkrisis, welche in den Sitzungen des Ober⸗ und Unterhauses gegeben worden, beweisen nicht nur, daß die Krisis noch nicht zu Ende ist, sondern daß sie noch keinen erfolgreichen Schritt ihrer Lö⸗ sung entgegen gethan hat. Heute weiß man nur so viel mit Be⸗ stimmtheit, daß die Königin bis jetzt noch Niemanden gefunden hat, der mit der Bildung eines Kabinets zu Stande kam, und daß außer den in den letzten Tagen vielfach Genannten kein ande⸗ res Parlamentsglied zur Bildung eines Ministeriums aufgefor⸗ dert wurde. Die Berufung des Herzogs von Wellington nach dem Buckingham⸗Palast hatte, nach den übereinstimmenden Ansichten aller Journale, keinen anderen Zweck, als den guten Rath des alten erfahrenen Staatsmannes in Anspruch zu nehmen. Auch der Mar⸗ quis von Lansdowne, der gestern zur Königin beschieden war, sollte blos seine Ansicht über den Stand der Dinge abgeben. Wenn Lord John Russell, was heute allerdings wieder für etwas wahr⸗ scheinlicher gehalten wird, die Rekonstruirung des alten Ministeriums übernähme, so zweifelt man nicht, daß der Marquis wieder als Geheime⸗ raths⸗Präsident eintritt. Er hatte gestern eine längere Besprechung mit allen seinen alten Amtskollegen, bevor er sich zur Königin begab. Im Laufe des Tages gingen Depeschen zwischen Lord John Russell und Lord Stanley hin und her. Sir James Graham konferirte viel mit Lord Aberdeen, eben so Gladstone, Herbert und Cardwell. Spät am Abende wurde der Herzog von Wellington wieder in den Pa⸗ last gerufen. Der Globe zieht aus der gestrigen Rede Lord John Russell's den Schluß, daß derselbe an die Rekonstruirung des Kabi⸗ nets gehen werde. Das genannte Blatt triumphirt über die Unfähig⸗ keit der anderen Parteien, ein Kabinet zu bilden, und meint, jetzt müsse Lord John, wenn er eintrete, seinen Gegnern Bedingungen stellen, da es sich nun klar herausgestellt habe, daß ohne ihn keine Regierung möglich sei. Er habe das vollkommene Recht, zu ver⸗ langen, daß, wenn er sich dienstwillig zeige, indem er die Bürden der Regierung auf sich nehme, auch sie sich dienstwillig zeigen und sich zu offenem ehrlichen Spiel verbürgen müßten. .

ZItalien. Turin, 27. Febr. (Lloyd.) Die Abgeordneten⸗ Kammer hat mit Ausnahme des 16ten und 17ten Artikels alle übrigen Artikel des Erbsteuer⸗Taxgesetzes angenommen. Der Senat beschäftigt sich mit dem Gesetze über den Reisbau.

Genua, 24. Febr. Der preußische Herzog von Aremberg ist aus Marseille hier eingetroffen und heute über Civitavecchia nach Neapel abgereist.

Das Journal Italia libera ist wegen Einschaltung eines Briefes von Mazzini mit Beschlag belegt worden.

Florenz, 25. Febr. Der Herzog von Parma ist hier ein⸗ getroffen.

Berichtigung.

In Nr. 64 des Staats⸗Anzeigers, Seite 301, Spalte 3, Zeile 21 von oben ist statt: circa 76 Meilen zu lesen: „S83 Mei⸗ len“, Zeile 22 statt: eirca 928 Meilen „935 Meilen“, Zeile 57 statt: 994 „1001 Meilen“, Zeile 67 statt: 1023 Meilen „1030 Meilen“.

Markt⸗Berichte. Berliner Getraidebericht vom 5. März. Am heutigen Markt waren die Preise wie folgt: Weizen nach Qualität 47—51 Rthlr. Reggen loco 31—33 Rthlr. 8 pr. Frühjahr 30 ¾ a * Rthlr. bez., 30 ½ Br. u. G. Mai/Juni 31 ¼ Rthlr. Br., 31 bez. u. G. Juni /Juli 32 ¾ Rthlr. bez. u. Br., 32 G. Gerste, große loco 25 28 Rthlr. kleine fehlt, am Landmarkt 26—28 Rthlr. Hafer loco nach Qualität 19 22 Rthlr. 48pfd. pr. Frühjahr 19 Rthlr. Br., 18 G. 50pfd. 19 ½ Rthlr. Br., 19 G. Erbsen, Koch⸗ 38 40 Rthlr., Futter⸗ 34 —36 Rthlr. Rüböl loco 55 Rthlr. Br., 10 ½ verk. pr. diesen Monat 2 8 März/April 10 ½ Rthlr. Br., 10 ¼ G. April /Mai 10 ½ Rthlr. Br., 10 ⅞l bez., 10 ½˖ G. Mai / Juni 10 ½ Rthlr. Br., 10 ¼ G. Juni/ Juli 10 Rthlr. Br., 10½ G. Juli/August 10 ½ Rthlr. verk. u. Br., 10 % G. Sept. /Okt. 10 %2% Rthlr. Br., 10¾ bez. u. G. Leinol loco 11 ½ Rthlr. Br. pr. April /Mai 11 % Rthlr. Br., 11 ½¾ G Südsee⸗Thran 13 Rthlr. Mohnöl 14 a 13 ½ Rthlr. Hanföl 11 ¼ a 11 ½ Rthlr. Palmöl 12 a 11 ¾ Rthlr. 8 Spiritus loco e 168 a Rthlr. verk. mit Faß pr. März 2 nin Febe en 154 Rthlr. Br., 15½ G. April /Mai 15 ½ Rthlr. Br., 15 ½ G. Mai /Juni 15 Rthlr. Br., 15 ½ G. 8 Juni / Juli 16 ½ a ¼ Rthlr. verk., 16 Br., 16 ¼ a ½ G. 8 Juli /Aug. 16 ¾ Rthlr. Br., 16 bez. u. G. Wetter: stark thauend mit Regen. Geschäftsverkehr: schwach. Weizen: ohne Geschäft. fes Roggen: im Allgemeinen matter, zuletzt nur etwas besser und ester. Haäfer: unverändert. Rüböl: stiller. Spiritus: wenig verändert.

Stettin, 4. März. 2 ¾1 Uhr. bez. u. Br, pr. Juni 32 Br.

Rühöl 9 ½, pr. Herbst 10 ¾ Gld.

Spiritus 24, pr. Frühj. 23 ¾ Gld.

Roggen pr. Frühjahr 31. 8

Königliche Schauspiele.

Donnerstag, 6. März. Im Opernhause. Mit aufgehobenem Schauspielhaus⸗Abonnement: Faust, dramatisches Gedicht von Göthe, in 6 Abth. Anfang 6 Uhr.

Schauspiel⸗Preise im Opernhause: Proscenium 1Rthlr. 10 Sgr., erster Rang und erster Balkon 1 Rthlr., Parquet, Tri⸗ büne und zweiter Rang 20 Sgr., dritter Rang, Balkon daselbst und Parterre 15 Sgr., Amphitheater 7 ½ Sgr. Ein Fremden⸗ Logen⸗Billet 2 Rthlr.

Freitag, 7. März. Im Opernhause. 28ste Abonnements⸗ Vorstellung. Auf Allerhöchsten Befehl: Der Prophet, Oper in 5 Akten. Musik von Meyerbeer. Ballets von Hoguet. Anfang 6 Uhr. (Frl. Johanna Wagner: Fides. Ein weiteres Auftreten derselben kann wegen ihres beschränkten Urlaubs nicht stattfinden.)

Preise der Plätze: Parquet, Tribüne und zweiter Rang 1 Rthlr. Erster Rang, erster Balkon daselbst und Proscenium 1 Rthlr. 10 Sgr. Parterre, dritter Rang und Balkon daselbst 20 Sgr. Amphitheater 10 Sgr.

8 Königestädtisches Theater. Donnerstag, 6. März. Zweite Gastdarstellung des Herrn Klischnigg, gymnastischen Künstlers vom Königl. Theater Drury⸗ lane in London: Der Bräutigam und der Affe, Posse mit Gesang in 3 Akten, von J. Nestroy. (Herr Klischnigg: Mamock, ein Affe.)

Freitag, 7. März. Das Mädchen aus der Feenwelt, oder: Der Bauer als Millionair, großes romantisches Original⸗Zauber⸗ Mährchen in 3 Akten, von F. Raimund. 8

Sonnabend, 8. März. Gastrolle der Madame Castellan (Italienische Opern⸗Vorstellung.) Norma. Oper in 2 Akten Musik von Bellini. (Nad. Castellan wird zum vorletztenmale als Norma auftreten.)

Preise der Plätze: Ein Platz in den Logen und im Balko des ersten Ranges 1 Rthlr. 10 Sgr. ꝛc.

Meteorologische Beobachtungen.

1851. Mlorgens Nachmittags

Nach einmaliger Beobachtung.,

Abends

6 Uhr. 2 Uhr. 10 Ubr.

1. März.

2 0 22* 22 2 2 8 R. Lütrdehele . . . .. 333,91“„Par. 335,11“Par. 335,43 „Par. Quellwärme 25 . LuftwREIHG . .... 0,4 R. †+ 2,00 K +† 90,0, R. Sen Thaupunkt .. 2,6 IE 4,5 b 4,50 K Sos7ee

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