bearkeit der Bannrechte.
zig 138,985 Stück, Chemnitz 34,635 Stück), an Geldbriefen, Geld⸗ ässern, Geldpaketen und Werthsendungen überhaupt 613,039 Stück (davon Dresden 107,931 Stück, Leipzig 163,676 Stück, Chemnitz 34,867 Stück). Mit sämmtlichen Posten wurden 257,671 Reisende (Dresden 19,007, Leipzig 15,960, Chemnitz 256,509) befördert. Der Werth der Geldsendungen betrug in Summa 80,510,080 Rthlr., und zwar 11,815,080 Rthlr. in Silber (davon Dresden 4,421,520 Rthlr., Leipzig 3,354,428 Rthlr., Chemnitz 343,780 Rthlr.), 3,992,303 Rthlr. in Gold (davon Dresden 441,488 Rthlr., Leipzig 1,787,305 Rthlr., Chemnitz 312,759 Rthlr.), in Papier 56,490,784 Rehlr. (davon Dresden 13,243,513 Rthlr., Leipzig 19,830,960 Rthlr., Chemnitz 4,087,938 Rthlr.), und an Staatspapieren, Dokumenten, Pretiosen und anderen Werthsendungen 8,211,913 WW ““ Dresden 3,831,024 Rthlr., Leipzig 541,939 Rthlr., Chemnitz 197,579 Rthlr.)
Hannover. Hannover, 18. März. (H. Z.) Zweite Kammer. In der heutigen Sitzung referiren die General⸗Syn EEE ferenzen, und zwar zunächst Dammers aus der Konferenz . der divergirenden Beschlüsse zu dem Gesetzentwurfe über die b hebung oder Ablösung von Bannrechten und bö 8 werberechten. Die auszugleichenden Differenzen betrafen die 8 188 §8. 1—3 enthaltenen Bestimmungen über dier Aufhebung resp. eg Während die erste Kammer den Entwurf von zweiter Kammer 1 1u . Beschlu efaßt, wonach die Ablösbarkeit der fraglichen Fecte da Ploltung als Regel hinstellt und daneben be⸗ stimmt war, daß ohne Entschädigung diejenigen Rechte aufgehoben sein sollten, welche erweislich auf allgemeinen gesetzlichen oder ge⸗ werbepolizeilichen Verfügungen beruhen, es sei denn, daß der ge⸗ genwärtige oder ein früherer Inhaber eines solchen Rechtes dasselbe titulo oneroso erworben hätte. In der Konferenz hat man sich zu folgendem Vorschlage vereinigt: „Unter Aufgabe der beidersei⸗ tigen Beschlüsse, die §§. 2 und 3 des Regierungs⸗Entwurfes zu be⸗ seitigen und den §. 1 in der Fassung anzunehmen, daß dem zweiten Absatze hinzugefügt werde: „sind ablösbar gegen Entschädigung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes“, dagegen den dritten Absatz des §. 1 zu streichen; sodann einen §. 2 hinzuzufügen des Inhalts: „Ohne Entschädigung sind dagegen aufgehoben diejenigen Zwangs⸗ und Bannrechte und übertragbaren ausschließlichen Gewerberechte, welche auf gesetzlichen oder gewerbepolizeichen Verfügungen be⸗ ruhen;“ sodann im Begleitschreiben die Regierung zu ersuchen, Nachforschungen darüber anzustellen, ob sich Verhältnisse finden, in welchem ohne Entschädigung aufgehobene Rechte von dem gegen⸗ wärtigen Inhaber titulo oneroso erworben sind, und über das Re⸗ sultat solcher Nachforschungen so wie darüber, ob und auf welche Weise den dadurch Benachtheiligten eine Entschädigung zu gewähren, den Ständen erforderlichenfalls weitere Vorlagen zugehen zu lessen, ohne jedoch den Erlaß dieses Gesetzes deshalb aufzuschie⸗ ben.“ Dieser von Dammers, Stüve und Bergmann, als Konferenz⸗Mitgliedern empfohlene Vorschlag wird von Lindemann um deswillen für bedenklich erachtet und reprobirt, weil der im Laufe der Zeit meistentheils völlig verdunkelte und seinem inneren Charakter nach unveränderte ursprüngliche Entstehungsgrund der frag⸗ lichen Rechte allein über die Aufhebungsfrage entscheidend sein soll, und ehe man durch nähere Nachforschungen zu einer Gewißheit über die aufgestellte Vermuthung gekommen, daß dergleichen Verhältnisse, in welchen ohne Entschädigung aufgehobene Rechte von dem gegen⸗ wärtigen Inhaber titulo oneroso erworben sind, fast nirgend vor⸗ kommen, alle solche Rechte schon jetzt definitiv aufgehoben, die Ent schädigungsfrage aber einer künftigen Untersuchung vorbehalten werden soll. Nachdem von anderer Seite darauf hingewiesen, daß dieses Bedenken in gleichem Maße auch den Regierungs⸗Entwurf treffe und den Beschlüssen erster Kammer gegenüber etwas Anderes nicht wohl zu erreichen gewesen sei, wird bei der Abstimmung der Konferenzvorschlag mit allen gegen 4 Stimmen genehmigt.
Eine andere Konferenz hat stattgefunden wegen des auf einen Urantrag Gerding's in voriger Diät von zweiter Kammer ge⸗ faßten — von erster Kammer in dieser Diät abgelehnten — Be⸗ schlusses in Betreff der Vorbereitung zur Kodifizirung des Civil⸗ rechts. General⸗Syndikus von Garssen referirt über die Kon ferenz⸗Verhandlungen und empfiehlt folgenden Konferenz⸗Vorschlag zur Annahme des Hauses: „Unter Aufgabe des Beschlusses zwei⸗ ter Kammer die Regierung zu ersuchen: 1) dahin wirken zu wol⸗ len, daß ein für ganz Deutschland gültiges, die allen Staaten Deutschlands gemeinsamen Rechtsverhältnisse regelndes Gesetzbuch zu Stande gebracht werde; 2) inmittelst aber und in besonderer Erwägung, daß bei dem öffentlich⸗mündlichen Civilprozeßverfahren die Anwendung des sogenannten gemeinen Rechts, der Par⸗ tikular⸗ und Lokal⸗Gesetze, so wie der verschiedenen Gewohnheits⸗Rechte, erheblichen Schwierigkeiten unterliegt, a) übersichtliche, möglichst systematisch geordnete Zusammenstellun⸗ gen der in den einzelnen Landestheilen geltenden Partikular⸗ und Lokalrechte, so wie der Gewohnheitsrechte, zunächst durch Beförde⸗ rung und Vermittelung einzelner Privat⸗Arbeiten, zu veranlassen. b) einzelne Rechts⸗Institute, als das Hypotheken⸗, Depositen⸗ und Vormundschaftswesen, insbesondere aber die Rechtsverhältnisse der bäuerlichen Besitzungen, namentlich mit Rücksicht auf Zusam⸗ menlegung und Trennung der Grundstücke, so wie auf das ehe⸗ liche Güterrecht und das Erbrecht bei den durch Ablösung frei ge⸗ wordenen Höfen, durch organische Gesetzgebuug zu regeln und in letzterer Beziehung, zur Abhülfe eines täglich dringender werden⸗ den Bedürfnisses, die entsprechenden Entwürfe an die allge⸗ meine Stände⸗Versammlung möglichst bald gelangen zu lassen.“ Gerding erklärt, dem Vorschlage in der Konferenz nur beige⸗ stimmt zu haben, weil ein Mehreres nicht zu erreichen gewesen, reprobirt aber entschieden den ersten Theil des Vorschlages, weil er unter den gegenwärtig in Deutschland „herrschenden Zuständen die Erreichung des vorgesteckten Zieles für völlig unmöglich erachtet und ersprießliche Folgen von einem etwaigen dahin zielenden Ver⸗ suche in keiner Weise sich zu versprechen vermag. Bei der Ab⸗ stimmung entscheidet sich die Kammer fast einstimmig für Annahme des Konferenz⸗Vorschlages.
Hannover, 19. März. (Hannov. Ztg.) Erste Kammer. Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des in voriger Diät an die Justiz⸗Kommission verwiesenen aber nicht erledigten Gesetzentwurfs, das Disziplinarverfahren gegen Richter betreffend. Einleitend hebt Vezin, als Berichterstatter der Kommission, her⸗ vor, daß das Streben derselben dahin gerichtet gewesen, die unab⸗ hängige Stellung nicht sowohl der einzelnen Richter, als vielmehr des richterlichen Amtes überhaupt zu fördern; worauf §. 1 mit dem dazu gestellten Kommission⸗Antrage ohne Diskussion angenommen wird. Zum §. 2, welcher die Zuständigkeit der Disziplinargerichte erster Instanz feststellt, beantragt die Kommission, daß die Entschei⸗ dung in den schwereren Disziplinarfällen, in denen der Antrag auf die sub 3, 4, 5 des §. 5 dieses Gesetzes bezeichneten Strafen ge⸗ richtet ist, wider die Mitglieder des Obergerichts nicht von dem Gerichte, bei welchem der Angeschuldigte angestellt, sondern von ei⸗ nem anderen im Verordnungswege im voraus zu bestimmenden
ngenommen hatte, war
yndiken aus Kon⸗
394
Antrag erklären sich, außer dem Berichterstatter Vezin, Kirchhoff, Kanzlei⸗Direktor von Bothmer und Wyneken. Zunsichst wird von ihnen das Drückende für die erkennenden Richter, zugleich aber auch das Empfindliche für den Angeschuldigten hervorgehoben, von denen gerichtet zu werden, mit welchen er in kollegialischen Ver⸗ hältnissen an demselben Gerichte, wie zuvor, so auch in den S5 sten Fällen nach abgegebener Entscheidung verbleiben wird; chin⸗ gewiesen wird dabei auf die Nachtheile des dadurch gestörten Frie- dens im Kollegium, und außerdem auf die besondere Natur der Disziplinarfälle, bei welchen an positiven Anhaltspunkten es größten⸗ theils fehlt und unbewußter Einstuß nur zu leicht sich geltend macht, zumal wenn die gegenseitige Stellung des Anklägers, An⸗ geschuldigten und der Richter ins Auge gefaßt wird; deshalb zur Ergänzung der vagen gesetzlichen Bestimmungen Gegen⸗ gewichte nothwendig. Dagegen aber wendet Bacmeister, in Uebereinstimmungen mit Bening, von der Decken, Staats⸗ ministern von Münchhausen und von Hammerstein, zur Ver⸗ theidigung des Entwurfs ein, daß, wenn Untersuchung und Ent⸗ scheidung, von einander getrennt, verschiedenen Gerichten übertragen, ein Widerstreit mit den Grundsätzen der neuen Strafprozeß⸗ ordnung vorliegen würde, daß aber, wenn vereint beides einem anderen Gerichte überwiesen werden solle, wie rücksichtlich der Mit⸗ glieder des Ober Appellationsgerichts schon an sich unmöglich, dann eine solche Bestimmung in Beziehung auf rie Mitglieder der Ober⸗ gerichte sowohl wegen zu besorgender erheblicher Weiterungen, als auch in Betracht des erforderlichen kostspieligen und unverhält⸗ nißmäßigen Apparats nicht rathsam erscheinen könne; bestritten auch wird die in der Bestimmung des Entwurfs für den Angeschuldigten gefundene größere Härte, und daneben die im Kommissions⸗Antrage unentschiedene Frage, welchem Gerichte die Vollstreckung des Er⸗ kenntnisses obliege, aufgeworfen, während zugleich die Sonderung der schweren von den leichteren Fällen, insofern davon die Zustän⸗ digkeit des Gerichts abhängig gemacht werden soft, für unzuträg⸗ lich gehalten wird, weil in voraus mit Sicherheit nicht zu ermessen, ob ein leichter oder schwerer Fall vorliegt. Nachdem sodann dafür gehalten, daß die nächststehenden Kollegen am besten im Stande sein werden, über den betreffenden Fall und den Grad der Ver⸗ schuldung zu urtheilen, wird schließlich von den Vertheidigern des Kommissions⸗Antrags dieses letztere Argument, als die unparteiische richterliche Anschauung trübend, in den Hintergrund gestellt, sodann dem aus der getrennten Untersuchung und Entscheidung durch ver⸗ schiedene Gerichte entnommenen Einwande entgegengesetzt, wie in Gemäßheit des künftigen Strafprozesses nur auf Grund der in öf⸗ fentlicher Sitzung stattgehabten Verhandlungen, ohne Rücksicht auf sonstige Quellen der Wissenschaft, eine Entscheidung abzugeben, daß ferner nöthigenfalls auch eine Abweichung von dem entgegen⸗ gestellten Grundsatze der für Disziplinarsachen ohnehin nur analoge Anwendung zulassenden Strafprozeßordnung nicht ausgeschlossen sei, wenn innere Gründe einer solchen das Wort reden, daß übrigens aber ein eventuelles Auskunftsmittel sich biete, wenn unter Aufge⸗ bung der Trennung des untersuchenden von dem erkennenden Ge⸗ richte und mit Beseitigung der Unterscheidung zwischen leichten und schweren Disziplinarfällen ein drittes Gericht mit Cognition und Entscheidung aller solcher Fälle beauftragt werde, was um so un⸗ bedenklicher, als die leichteren Fälle, mit Rücksicht auf die erweiter⸗ ten Befugnisse der künftigen Präsidenten, zu den Seltenheiten ge⸗ hören werden. Die Abstimmung ergiebt eine große Majorität für den Kommissions⸗Antrag, mit welchem der §. 2 angenommen wird. Dagegen findet ein zum §. 3 von der Kommission gestellter Antrag, wonach die Disziplinarstrafgewalt von dem Ober⸗Appellationsgericht durch das „Plenum“ des Cassations⸗Senates ausgeübt werden soll, von Baemeister, Staats⸗Minister von Münchhausen und Breusing, als über die organischen Bestimmungen der neuen Gerichtsverfas⸗ sung, so wie über das Bedürfniß, hinausgehend, bestritten, die An⸗ nahme der Kammer nicht. Den übrigen Theil der Sitzung füllt eine mit Lebhaftigkeit geführte, tief in die inneren Verhältnisse ein⸗ gehende Debatte über den §. 5 und den dazu gestellten sechsten Kommissions⸗Antrag. (Schluß folgt.)
Baden. Mannheim, 18. März. (O. P. A. Ztg.) Die Königin von Holland ist hier angekommen. Die erlauchte Reisende wird sich nach Italien in ein Bad begeben.
Hessen und bei Ahein. Darmstadt, 17. März. Schw. M.) In der heutigen Sitzung unserer zweiten Kammer berichtete der Finanz⸗Ausschuß über den Vorschlag der Staats⸗ Regierung, das alte Finanzgesetz für das zweite Quartal d. J. zu erstrecken. Sechs Mitglieder waren für, eines (Müller⸗Melchiors) gegen die beantragte Maßregel, also unterliegt deren Annahme durch die Kammer selbst voraussichtlich demnächst keiner Schwierigkeit. Hierauf legte der Ministerial⸗Kath von Bechtold Namens des Mi⸗ nisteriums des Innern einen Gesetzentwurf gegen den Mißbrauch der Presse vor. (Unmittelbar darauf geschah auch diese Vorlage an die erste Kammer.) Er bezeichnete zugleich dieselbe als eine eilende. Nächste Folge war, daß die Parteien in der Kammer sich über die Frage stritten, wann der Ausschuß, der über den Entwurf zu berichten habe, gewählt werden solle. Die rechte Seite suchte diese Maßregel zu beschleunigen, die linke zu verzö⸗ gern. Endlich siegte die vermittelnde Ansicht, daß der Aus⸗ schuß in der nächsten (morgenden) Sitzung zu wählen sei. Eben so wurde, da man dies von allen Seiten her verlangte, der Entwurf nunmehr vom Sekretariate seinem ganzen Inhalte nach verlesen. Darnach sollen in allen Preßprozeßsachen, und zwar in Preß⸗ strafsachen die Hofgerichte und Kreisgerichte, in allen Preßpolizei⸗ sachen die Landgerichte, Stadtgerichte und Kreisgerichte, mit Ausnahme der Jury, erkennen. Als Strafen sind vorgesehen: Geld⸗, Gefängniß⸗ und Correctionshausstrafen. Unter die mit Be⸗ strafung vorgesehenen Gegenstände gehören auch Angriffe auf die bestehende Regierungsform, das Eigenthum; Aufforderungen zur Widersetzlichkeit; Versuche, das Militair von seinen Pflichten abwen⸗- dig zu machen; Aufforderung zu ungesetzlicher Bewaffnung; Preis⸗ geben einzelner Klassen von Staats ⸗ Angehörigen dem Haß und der Verachtung; Angriffe auf die Religjon; desgleichen auf die Amts⸗ und Dienstehre; der Beweis der Wahr⸗ heit ist für zulässsig erklärt, doch in einigen Fällen 1 die Strafe nicht aufhebend; besonders scharf ist das Kapitel von Kon⸗ zessions⸗Ertheilungen und deren zeitweise oder völlige Entziehung an Drucker behandelt, indem letztere von der Regierung angeordnet werden können, wenn wegen zweier aus einer Druck⸗Offizin her⸗ vorgegangenen Druckwerke rechtskräftige Strafurtheile ergangen sind und wiederholte Fälle der Art eintreten. Die erforderlichen Eigenschaften der Redacteure bieten dagegen nichts Auffallendes. Eine Erlaubniß (der vorgesetzten Behörde) ist nur für die Staats⸗, Kirchen⸗ und Schuldiener nöthig, welche Redactionen führen wol⸗ len. Berichte in Zeitungen über Berathungen von Geschworenen und Behörden sind mit Strafe bedroht. Die Cautiesnen, welche bei der Haupt⸗Staatskasse baar zu hinterlegen sind und verzinst werden, sind geringer gegriffen, als in Baden, nämlich mit 1000 Fl. für Blätter, die nicht mehr als
Obergerichte abgegeben werden soll. Für den Kommissions⸗ vII1I BIIVIöü v1616“ 5. 8 8 i
dreimal, und mit 2000 Fl. für dergleichen, welche mehr als drei⸗
mal in der Woche erscheinen. Die Redacteure haben die Verfasser oder Einsender auf Verlangen dem Gericht zu bezeichnen. Auch über die Plakate sind besondere Bestimmungen erlassen. Zeitschrif⸗ ten können verboten werden in Folge zweimaliger Verurtheilungen wegen Preßvergehen. Das Gesetz soll vom Tage seines Erschei⸗ nens im Regierungsblatt an in Wirksamkeit treten. In den dann auch vorgelesenen Motiven des Gesetz⸗Entwurfes war auf den Umstand, daß schon im März 1848 beide Kammern ein Preßgesetz gewünscht, so wie auf die Erfahrungen der letzten Jahre, wo ein Theil der Presse so aufregend gewirkt, Bezug genommen. Der verfassungsmäßige Grundsatz der Preßfreiheit sei aufrecht erhalten, Frankreichs, Preußens und Bayerns Gesetzgebung berücksichtigt worden.
Sachsen⸗Koburg⸗Gotha. Gotha, 16. März. (L. Z.) Der Bescheid erster Instanz in dem Allodial⸗Renten⸗Prozesse des Prinzen Albrecht ist gestern vom heidelberger Spruchkollegium hier eingelangt und sofort den Anwalten beider Parteien bekannt ge⸗ macht worden. Dieser Bescheid lautet für den Kläger günstig, er⸗ kennt seinen Anspruch als für zu Recht bestehend an und bestimmt, daß dem Renten⸗Berechtigten nicht allein die Rente fortgezahlt, sondern daß auch die Nachzahlung der vom Jahre 1849 an zurück⸗ gehaltenen Rentenquote angeordnet werde; außerdem wird die Staatstasse als Beklagte zur Bezahlung der Prozeßkosten verur⸗ theilt. Da auch dem Herzoge, welcher in seiner Eigenschaft als Regent dem Lande gegenüber klagend nicht auftreten wollte, durch diesen Bescheid der auf seine Person fallende Renten⸗Antheil ge⸗ sichert worden ist, so beträgt die beiden Perzipienten zustehende Summe inkl. des Anspruchs für dieses Jahr 150,000 Fl. Ob die Stände gegen dieses Ürtheil Appellation ergreifen werden, ist noch nicht ausgesprochen.
Gotha, 19. März. (L. Ztg.) Die Verhandlungen der hie⸗ sigen Kommissiarien neigen sich dem Ende zu. In Beziechung auf eine finanzielle Vereinigung Koburgs und Gotha's haben sie sich dahin ausgesprochen, daß dieselbe, da sie beiden Ländertheilen keinen Nutzen bringe, weder nothwendig noch wünschenswerth sei. Damit zusammenhängend ist ein weiterer Beschluß der Kommission, die Beurtheilung des Agnatenprotestes dem gothaischen Landtage allein zu überlassen, da mit dem Aufgeben einer finanziellen Union das In⸗ teresse Koburgs an dieser Protestation wegfällig werde. Was die Frage betrifft, ob in Bezug auf Verwaltung und Justizpflege die vom Ministerium befürwortete Vereinigung stattfinden solle, so waren die Kommissarien der Ansicht, daß eine Verschmelzung der Verwal⸗ tung nicht förderlich sei, da man an unser kleines Land nicht den Maßstab eines großen legen könne, daß aber eine Concentraton der Justizpflege zu wünschen sei. Bei einer solchen würden dann die beiden jetzt bestehenden obersten Landes⸗ZJustizbehörden aufgehoben, Schwurgerichte eingeführt und eine Ober⸗Staatsanwaltschaft, so wie ein Appellhof, in Koburg eingerichtet werden. Im Wesentlichen ist demnach das Vereinigungsprojekt gescheitert, da die Hauptfrage, die finanzielle, und im Zusammenhange damit die Frage von der Behörden⸗Organisation verneinend beantwortet, auch eine durchge⸗ hende Gemeinsamkeit hinsichtlich der Beziehungen zu den einzelnen deutschen Staaten bei der Verschiedenheit der Interessen beider Für⸗ stenthümer abgelehnt worden ist. Die Verhandlungen werden
wohl in dieser Woche geschlossen werden.
“ 8
Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung
vom 18. März. Den Vorsitz führt Dupin. In der Fortsetzung der ersten Berathung des Tarifs für Zucker und Kaffee stützt sich Corne namentlich auf die Wichtigkeit der inländischen Industriä, welche dem Landbauer für eine Hektare Runkelrübenfeld 500 bis 600 Franken Jahresertrag gebe. Das System der Kommission würde den Markt mit ausländischem Zucker überschwemmen und die einheimische Kultur ruiniren. Der Lärm der Privatgespräche wird so groß, daß man den Redner längere Zeit nicht versteht. Der Präsident erinnert die Versammlung, daß sie sich jetzt sechs Wochen mit Nichtsthun beschäftige, daß die gegenwärtige Frage von hohem Interesse für das Land sei, da sie Ackerbau, Schifffahrt und Handel zugleich betrifft. So werde die Versammlung sich beim Lande nicht in Ansehen setzen. Corne kommt nun auf den Kon⸗ sumenten, für diesen ist ihm billiges Fleisch das erste Bedürfniß, Runkel⸗ rübenbau aber befördere die Viehzucht und führe daher auch billige Fleisch⸗
preise herbei. Wenn man ihm den Vorwurf machen wolle, er spreche nur für
5 Norddepartements (Nord, Pas de Calais, Somme, Aisne, Oisne) so erwiedere er den Vertretern des Südens nur, was sie dazu sager würden, wollte man ihren Wein, ihre Maulbeerbäume, ihren Krap ruiniren. Nach seiner Ansicht wird die Beibehaltung des Zolle die Landleute auf dem platten Lande reich und glücklich machen daher deren Zuströmen nach der Stadt verhindern. England hab erst nach langen und ausgiebigen Schutzzöllen die Freihandels⸗ theorieen theilweise ausgeführt. Retting de Lancastel spricht zu erst für die große Brauchbarkeit und skrupulöse Genauigkeit der Sacchec vometer. Nach ihm hat die Runkelrübe keine einzige von de Versprechungen erfüllt, die man von ihr gemacht hatte. Dagege ist ihm der Vertrieb von Kolonial⸗Zucker ein wesentliches Mitte zur Hebung der französischen überseeischen Schifffahrt. Würde mar erst 60 Millionen ausländischen Zucker einführen, so führte mar wohl auch bald 60 Millionen Ackerbau⸗ und Industrieprodukte ein
Antony Thouret beklagt, daß trotz aller Versprechungen noch
nichts für den Ackerbau geschehen sri, daß man ewig den Antago⸗ nismus zwischen Norden und Süden hervorhebe. Der Lärm der Privatgespräche übertäubt den Redner der Art, daß man nur ein zelne Worte erhaschen kann. Die allgemeine Debatte wird ge⸗ schlossen und die spezielle auf morgen vertagt.
Sitzung vom 19. März. Den Vorsitz führt General Be⸗ deau. Mit Genehmigung Schölcher's beantragt Malleville, dessen Antrag auf Abschaffung des bürgerlichen Todes an die mit einem ähnlichen Antrage Walton's sich bereits befassende Kommis⸗ sion zu verweisen. Wird angenommen. Es folgt die Fortsetzung der ersten Berathung über den Zucker⸗ und Kaffee⸗Tarif. Der Berichtetstatter Zeugnot erklärt, die Kommission habe durch ihre Anträge Hebung der jährlichen 180 Millionen Kilogramme beabsichtigt, woran einheimische wie auswärtige Production Theil nehmen sollte. Dies hätte dem Ackerbau, den Kolonieen und der Schifffahrt geholfen. Er weist endlich dem Minister nach, daß die Interessen des Staats⸗ schatzes nichts weniger als gefährdet sind. Die Versammlung be⸗ schließt fast einstimmig eine zweite Lesung des Tarifs. Dieselbe wird auf Mortemart's Antrag zu nächstem Dienstag festgesetzt. Ohne Debatte wird in zweiter Berathung der Antrag M. Ter⸗
naux's und Richer's auf strengere Bestrafung der Betrügereien beim Waarenverkaufe angenommen, und man schritt dann zur drit⸗
ten Berathung des Gesetz⸗Entwurfs über Ackerbau⸗Kammern.
Zucker⸗Consumtion auf
Pparis, 18. März. Obgleich alle halboffiziellen Journale, nament⸗
lich die Patrie, schon sehr oft die Ankunft des Generals Aupickin Paris, ja sogar seine Abreise von hier auf seinen neuen Posten nach London gemeldet haben, befindet sich derselbe, wie jetzt berichtet wird, noch immer in Konstantinopel. Er erwartet daselbst erst seinen Nach⸗ folger Lavalette. Dieser verläßt Paris gegen den 25sten d. M., geht in einer geheimen Sendung nach Rom und wird von da, also erst Mitte April in Konstantinopel eintreffen. Eine Dampffregatte von 500 Pferdekraft ist zu seiner Verfügung gestellt.
Jules Miot hat den Antrag auf Eröffnung einer Universal⸗ Kunst⸗ und Industrie ⸗Ausstellung in Paris eingebracht. Derselbe lautet: „Art. 1. Vom 1. September 1851 an findet in Paris drei Monate lang eine allgemeine Ausstellung der Industrie⸗, Kunst⸗ und sonstigen Erzeugnisse aller Gegenden der Welt statt. Art. 2. Alle Völker sind zur Theilnahme daran eingeladen. Art. 3. Die National⸗Versammlung ernennt sofort eine Kommission von dreißig Mitgliedern, welche ihr einen Bericht über den passendsten Ort und das beste Lokal zu erstatten hat. Art. 4. Später wird eine Jury gebildet, welche die Zulassungs⸗Bedingungen für die Ausstellenden zu entwerfen hat. Art. 5. Die Kosten der Ausführung werden durch eine National⸗Subsecription und einen dem Minister des In⸗ nern zu eröffnenden Kredit gedeckt.“
Das Gerücht von dem baldigen Rücktritte der Minister des Innern und der Finanzen gewinnt an Bestand. Dem aus der Zeit der sranzösischen Expedition gegen die römische Republik be⸗ kannten Herrn von Corcelles soll das Ministerium des Unterrichts angeboten worden sein, derselbe aber es abgelehnt haben.
Der russische Geschäftsträger läßt im Gesandtschaftshotel der Rue du Faubourg St. Honoré bedeutende Neubauten und Ver⸗ schönerungen ausführen. Man will daraus schließen, daß der Kaiser von Rußland nun einen Gesandten hierher schicken werde.
Drei Regimenter sind nach den Garnisonen im Osten, sechzehn Schwadronen nach Luneville in Marsch gesetzt worden.
Die Kommission für das Gesetz über innere Verwaltung hat beschlossen, daß keine Gemeinde oder Gemeinde⸗Section, ausgenom⸗ men im Appellations⸗ oder Cassationswege, gerichtlich ohne Er⸗ mächtigung des Präfekten einschreiten dürfe.
Goegg, der während der Revolution in Baden als Finanz⸗ Minister fungirte, ist von hier ausgewiesen und bereits nach Lon⸗ don abgegangen.
Das Gesetz über die Sonntagsfeier wird nach dem National⸗ gardegesetz auf die Tagesordnung kommen. Man zweifelt nicht, daß es, wenn auch mit Modificationen, angenommen werden wird.
Die Kommission hat den Antrag St. Beuve's auf Freiheit des Handels⸗ und Reform des Zollsystems verworfen. Lunayrac ist Berichterstatter. /
In der 11. Abtheilung der Nationalversammlung produzirte Sudre seine neue telegraphische Erfindung. 8
Das Zuchtpolizeigericht hat heute den Geschäftsführer des Pa⸗ villon frangais wegen Unterzeichnungsverstoßes zu 500 Fr. Strafe, und den Kassirer des Journal des Proscrits, wegen unbefugter Vertheilung des Journals, zu 25 Fr. verurtheilt.
Paris, 19. März. Der russische Geschäftsträger Kisseleff hat dem Präsidenten der Republik ein Schreiben übergeben, worin der Kaiser von Rußland die Vermählung der Großfürstin Katha⸗ rina Michailowna, seiner Nichte, mit dem Herzoge Georg von Mecklenburg⸗Strelitz anzeigt. Der schwedische Gesandte Graf Lö⸗ wenhjelm hat dem Präsidenten der Republik die Antwort seines Souverains auf das Abberufungsschreiben des französischen Ge⸗ sandten zu Stockholm, Victor Lobstein übergeben.
Der Moniteur enthält folgende amtliche Mittheilung: „Meh⸗ rere Journale beschäftigen sich mit einem Vorfall, der sich im Staats⸗ rath bezüglich der Tagesordnung des Gesetz⸗Entwurfes über die Verantwortlichkeit der Träger der öffentlichen Gewalt ereignet haben soll. Die darüber gegebenen Details sind ungenau. Folgendes ist der Thatbestand: Der Justizminister, welcher vorher eine Konferenz mit dem Staatsraths⸗Berichterstatter gehabt hatte, beschränkte sich auf die Aeußerung des Wunsches, einen Gesetz⸗Entwurf, der ein ernsthaftes Studium fordert und seit lange Gegenstand der Bera⸗ thungen des Staatsrathes ist, dem Ministerrathe vorzulegen. Die Vertagung wurde vom Staatsrathe einstimmig beschlossen.“
General Cabrera ist hier angekommen.
Ein Dekret des Präsidenten der Republik bestimmt, daß die in Frankreich cirkulirenden Actien ausländischer Compagnieen bis zum 1. Juli 1851 ohne Strafe zur Stempelung zugelassen werden. Der Stempel ist dann nach dem neuen Stempelgesetze zu bezahlen.
Eine amtliche Mitheilung des Handels⸗Ministers setzt die Aus⸗ steller für die londoner Industrie⸗Ausstellung in Kenntniß, daß Frankreich durch Vermittelung der Regierung den ursprünglich fest⸗ gesetzten Raum zurückerhalten habe.
Das bonapartistische Pays zeigt an, es werde vom 25. März an mit neuen Lettern, auf schönerem Papier, doppelt so großem For⸗ mate und mit einem Supplemente von einem Bogen erscheinen, ohne seinen bisherigen Preis, den niedrigsten aller französischen Journale zu erhöhen. Die Gesellschaft des Pays hat sich vor vor wenig Tagen aufgelöst, und das Journal ist von der Kasse der vereinigten Actien unter der Firma Miris und Compagnie an⸗ gekauft worden.
Die Kommission für das Nationalgardegesetz hat sich heute über die noch fraglichen 3 Artikel geeinigt und sodann das Ganze angenommen. Nächsten Freitag wird Riancey den geänderten Be⸗ richt vorlesen.
General Castellan hat in seinem Belagerungsrayon verboten, daß ein Leichenzug aus mehr als 300 Personen bestehen dürfe.
Zu St. Amand, in den Gemeinden von Vaugirard, Passy und Grenelle bei Paris haben bei Gelegenheit der Rekruten⸗Verloosung dem Präsidenten feindselige Demonstrationen stattgefunden und es sind Verhaftungen vorgenommen worden.
General Gourgaud, Oberst der 1sten Legion der pariser Na⸗ tionalgarde, hat die Offiziere seiner Legion 198 die Mairie geladen, um mit ihnen über die Vertagung der Wahlen zu berathen.
Der frühere Generalsstabs⸗Chef Changarnier’'s, Cscadrons⸗Chef Morin, welchen Baraguay d'Hilliers nach Lille versetzte, ist in die⸗ ser Garnison gestorben; er galt für einen der ausgezeichnetsten Of⸗ fiziere der französischen Armee.
Großbritanien und Irland. Parlament. Ober⸗ haus. Sitzung vom 17. März. Der Graf von Carlisle wünscht die dritte Lesung der Bill über den Verkauf von Arsenik zu ver⸗ schieben, indem es wünschenswerth sei, einige neue Bestimmungen in die Bill aufzunehmen. Nach einer längeren Diskussion über die Assekuranz⸗Bill vertagte sich das Haus.
Oberhaus. Sitzung vom 18. März. Diese Sitzung wird zumeist von einer Rede Lord Torrington'’'s, des vielgenannten früheren Gouverneurs von Ceylon, ausgefüllt. So lange er die Aussicht hatte, sagte der Lord, daß seine Verwaltung in Ceylon, auf die Motion von Herrn Baillie hin, vom Unterhause in Unter⸗ suchung gezogen werde, habe er selbst in der Sache keinen Schritt gethan. Nun aber Herr Baillie seine Motion auf unbestimmte
Zeit zurückgezogen, müsse er im Interesse seiner Ehre den Antrag stellen, daß sich das Haus der Lords eine Abschrift jener Dokumente erbitte, welche dem Unterhause vorgelegt werden sollen. Dann sei er bereit, einen offenen und ungeschminkten Bericht über seine Ver⸗ waltung den Lords vorzulegen, und er hoffe beweisen zu können, daß er jederzeit seiner Pflicht gegen England und die Königin ge⸗ wissenhaft nachgekommen sei. ach Erledigung einiger Geschaͤfte vertagte sich das Haus.
Unterhaus. Sitzung vom 17. März. Herr Baillie, welcher die Motion gestellt hatte, die Verwaltungs⸗Angelegenheiten Ceylons vor das Parlament zu bringen, war eben durch diese Mo⸗ tion die Veranlassung, daß Lord John Russell die Budget⸗Debatte so lange vertagt wissen wollte, bis die ceyloner Angelegenheit er⸗ ledigt oder, wie er sich ausdrückte, dieses drohende Schwert von den Häuptern der Minister entfernt sei. Herr Baillie erklärte dar⸗ auf heute, daß ihn Lord John Russell in eine unangenehme Stel⸗ lung gebracht habe, indem er dem Lande gegenüber nun als das Haupthinderniß betrachtet werde, warum die wichtigsten Geschäfte nicht zur Erledigung kämen. In Anbetracht dessen verzichte er dar⸗ auf, die Motion wegen Ceylons schon am 25sten vor das Haus zu bringen, mit dem Vorbehalte jedoch, es zu einer späteren, gelegene⸗ ren Zeit zu thun. Dem widersetzt sich Lord John Russell. Eine Anklage wegen Grausamkeit, in solcher Weise, wie sie gegen Lord Torrington (den früheren Gouverneur von Ceylon) und mit⸗ telbar gegen den Kolonial⸗Minister, somit gegen eines der hervor⸗ ragendsten Mitglieder des Kabinets, erhoben worden sei, dürfe nicht auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Es sei gegen die Würde der Königlichen Regierung, irgend eine große Maßregel, wie das Budget, vor das Parlament zu bringen, so lange die Anklage nicht erwiesen oder widerlegt wäre. Er betrachtet das Ganze für ein Partei⸗Manöver, hält es aber für unschicklich, daß, wenn ein sol⸗ ches einmal ins Werk gesetzt worden, es auf unbestimmte Zeit ver⸗ schoben werden dürfe. (Beifall.) Herr Disraeli, dem es nicht gelegen ist, daß die Budget⸗Debatte verschoben wird, giebt als Grund der Verschiebung der Ceylon⸗Angelegenheit an, es seien noch nicht die nöthigen Dokumente vorhanden, um gegen Lord Torrington eine Anklage zu begründen. Bis diese Dokumente geordnet seien, könne die Regierung sehr wohl die Budget⸗Vorlage machen. Mit dieser Erklärung Disraeli's, die von der des ursprünglichen Antragstellers abweicht, wird die Debatte heftiger. Die Freunde des Ministeriums machen es ihren Gegnern namentlich zum Vorwurf, eine Motion gestellt zu haben, von der sie nachträglich eingestehen müßten, daß sie die Dokumente zu ihrer Begründung nicht in Händen hätten. Die Verhandlung über diesen Gegenstand wird endlich abgebrochen, um über die Titel⸗Bill zu diskutiren. Die bedeutendste Rede ist die des Herrn Moore, welcher die Frage in 5 Unterfragen theilt: 1) Fand von Seiten des päpstlichen Stuhles ein Eingriff in die Präro⸗ gative der Krone statt? Der Redner meint, das sei der Fall gewe⸗ sen. 2) War dieser Eingriff rein geistlicher Natur oder verletzte er auch weltliche Rechte? Der Redner bestreitet letzteres. 3) Wenn der Papst sich eines Eingriffs schuldig gemacht hat, that er es mit dem Bewußtsein, die englische Krone zu beleidigen oder nicht? Auf diese Frage antwortet der Redner, daß die Haltung der gegenwär⸗ tigen Minister, namentlich die Lord John Russell's im Jahre 1846, den Papst wohl habe glauben lassen müssen, daß die Gründung ei⸗ ner Hierarchie in England, wo nicht von der Regierung sanectionirt, doch stillschweigend zugelassen werden würde. 4) Wenn hier ein Mißverstaändniß vorgefallen ist, muß es dem Papste oder der briti⸗ schen Regierung zur Last gelegt wurden? Antwort: Der Regierung. Endlich 5) Wenn Repressalien gebraucht werden sollen, ge⸗ nügen die in der Titel⸗Bill enthaltenen? Der Redner glaubt dies mit Entschiedenheit verneinen zu können. Herr Wigram behauptet, daß die Rechte der englischen Krone wirklich angegriffen seien, und daß man die Titel⸗Bill annehmen solle, obgleich sie un⸗ genügend sei. Herr Roche spricht dagegen, erstens weil er nicht wieder in die Jahre der Intoleranz von 1792 und 1793 zurück⸗ gehen will, und dann weil die ganze antikatholische Bewegung uicht sowohl daher stamme, daß man sich vor dem Katholizismus fürchte, sondern weil die protestantische Kirche ungebührliche Ansprüche mache. Herrn Seymour dünkt nichts so gefährlich als die Vermehrung und Ausbreitung der Klöster. Gegen diese wünscht er kräftige Ge⸗ setze. Herr Goulburne erklärt sich für die Bill, wenn er auch die Regierungs⸗Handlungsweise in dieser Angelegenheit durchaus nicht für ganz gut anerkennen kann. Sir H. Barrow fragt, was man vom Bischof von Rom denn eigentlich denke; der „alte Herr“ könne doch unmöglich die Absicht gehabt haben, England zu beleidigen, da es sein Interesse sein müsse, auf gutem Fuße mit ihm zu stehen. (Heiterkeit.) Die Bill sei gar zu erbärmlich, ver⸗ ächtlich, widersinnig und zu nichts gut, als eine ewige Quelle po⸗ litischen Unheils zu werden. Herr Charters spricht darauf auch hauptsächlich für ein Gesetz gegen die Ausbreitung der Klöster. Sir Alex. Cockburne erklärt sich ebenfalls gegen die Bill, nicht des Prinzips wegen, sondern weil sie unpraktisch sei, weil ein klei⸗ ner Krieg zu gar nichts führe, und weil die Bill ihrer Kleinigkeit wegen weder die Ehre des Landes, noch die Prärogative der Krone schütze. Auf Antrag des Herrn M. Milnes vertagt sich das Haus.
Unterhaus. Sitzung vom 18. März. Nachdem eine Mo⸗ tion von Herrn Sadlein eingebracht und wieder zurückgezogen, eine andere von Herrn Anstey verworfen worden war, wurde die Debatte über die Titel⸗Bill weiter fortgesetzt. Herr Blewitt nennt die Bill die unklügste, die nur hätte vorgebracht werden kön⸗ nen. Er meint, der Papst habe nie die Absicht gehabt, die Präro⸗ gative der Königin anzugreifen, die Landesgesetze zu verletzen. Ein Episkopat sei in England zur Entwickelung der katholischen Kirche nothwendig, und somit sei es ganz natürlich, daß der Papst Bi⸗ schöfe ernannt habe. Herr Lopes erklärt sich für die Bill, spricht aber dabei die Hoffnung aus, daß sie im Comité neuerdings modi⸗ fizirt werde. Herr Walter betrachtet die päpstliche Maßregel als eine Uebertretung jener Parlaments⸗Akte selbst, durch welche die Katholiken das Recht erhielten, im Parlament zu sitzen. Die Akter von 1829 war durchaus nicht auf die bereits bestehenden Bischofs⸗ sitze beschränkt. Würde man die päpstliche Maßregel acceptiren, dann wäre England das einzige Land der Welt, wo die Entwicke⸗ lung des Katholizismus der Kontrolle des Staates entzogen wäre. Dem müsse man sich widersetzen, denn der Papst sei ein Feind, dem, wenn auch die Macht, doch der Wille nicht fehle, in die Gesetze des Reichs einzugreifen. Der Brief Lord John Russell's und die da⸗ durch angefeuerte Agitation sei in vielen Beziehungen, auch der katholischen Laien selbst wegen, sehr erwünscht gekommen. Denn wenn das Parlament nicht für zweckmäßige Gesetze gegen die Ueber⸗ griffe der katholischen Priesterschaft sorgte, so würde man es bald er⸗ leben müssen, daß das Volk selbst sich Hülfe verschaffen werde. Der Red⸗ ner stimmt für die Bill, wie sein Vorgänger in der Voraussetzung, daß sie aus den Berathungen des Comité's verschärft modisizirt hervor⸗ gehen werde. Dagegen will Herr Anstey eine ganz neue Bill, die sich nicht wie die gegenwärtige blos mit leeren Titeln und Namen, sondern mit Thatsachen und Realitäten befasse. Lord Ashley wünscht auf den Ausgangspunkt der ganzen Frage zurückzukommen. Solle das Parlament der Königin zur Hülfe kommen?
“
V
könnte man b
beweisen, daß die päpstliche Maßregel si ’ te vo 1829 halten, dann mäüßte 8 sib izr sch genace an 81 sei nicht der Fall. Wollte man über das Prinzip nbechn gter Re ligionsfreiheit jede andere staatlich gebotene Rücksicht dann freilich müßte man sich gleichfalls stillschweigend fügen. Aber einer Rechtsverletzung werde sich das englische Voltk nie fügen, und diese liege durch die Annahme ves Titels „Erzbischof von Westminster“ vor. Wie eine Verfolgung darin gesucht werde, wenn dieser Titel verboten werde, sei eben so schwer zu begreifen, als daß die freie Ausbreitung des Katholizis⸗ mus von diesem Titel abhängen solle. Der Redner ergeht sich in sehr starken Ausfällen gegen die Priesterschaft, gegen welche man die katholische Latenschaft des Landes schützen müsse. Schließlich stimmt er für die Bill, obwohl sie ihm einem so gewandten Feinde gegenüber keine genügende Waffe scheint. Herr Herbert bemüht sich, zu zeigen, daß die Bill nach keiner Seite hin etwas tauge, er wirft die Frage auf, warum, wenn man schon Gesetze gegen die Katholiken in England gebe, man diese Gesetze nicht lieber geradezu gegen den Papst richte. Der Redner hält den gegenwärtigen Moment für sehr günstig dazu, denn England habe seit den Zeiten der Reformation nie eine größere Anhänglichkeit an den protestantischen Glauben gezeigt als eben jetzt. Lord Palmer⸗ ston zieht die Zumuthung des Vorredners ins Lächerliche, denn die Legislatur auf den Papst ausdehnen, könne man nur mit einer Flotte im Mittelmeere, und dem Kanon mit Kanonen entgegenzu⸗ treten, müsse er, für seine Person, als höchst unzweckmäßig erklären. Es sei wohl sehr schmerzlich, daß das Parlament wieder einmal der Tummelplatz religiöser Erörterungen sei, aber der Fehler liege nicht am Parlamente und eben so wenig am Volke oder an der Regie⸗ rung. Der Angriff des Papstes sei politischer Natur, und nur von diesem Gesichtspunkte müsse die Frage behandelt werden. Die ka⸗ tholische Kirche übe nicht blos geistliche, sondern auch weltliche Macht aus. Jede Kirche, als große Körperschaft, habe das Bestreben, Eingriffe in die Staatsgewalt zu machen. In der katholischen mehr als in jeder anderen seien diese Tendenzen entwickelter und gefährlicher, weil sie von einem fremden Mittelpunkte aus han⸗ delnd auftreten. Beweise für diese Gefährlichkeit seien in neuester Zeit Sardinien, Spanien, Portugal und Oesterreich. Unterhand⸗ lungen mit dem Vatikan wären eben so unwürdig, als feindliche Demonstrationen zweckwidrig wären. Strafgesetze seien auch ihm verhaßt, aber die Bill sei kein solches. Sie sei blos ein Kompli⸗ ment zur Emancipations ⸗Akte, die nicht blos ein Toleranz⸗Edikt gewesen, sondern die Bestimmung gehabt habe, die souverainen Rechte und die Religionsfreiheit des Volkes zu wahren und festzu⸗ stellen. Durch die Erfahrung belehrt, daß der Bill sowohl in Eng⸗ land als in Irland Gehorsam werde geleistet werden, müsse er noch behaupten, daß sie weiteren legislativen Akten, wofern diese als nothwendig erkannt würden, durchaus nicht die Hände binde Die Debatte wurde hierauf vertagt. Schluß der Sitzung nach Mitternacht.
London, 19. März. Gestern Nachmittag wurde ein andert halbstündiger Kabinetsrath in Lord John Russell's Privatwohnung gehalten. 8
Die Gemahlin des preußischen Gesandten gab gestern eine große Soiree.
Man glaubt, die zweite Lesung der antipäpstlichen Titel⸗Bill werde mit großer Majorität bewilligt werden.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 14. März. Der König ist heute Nachmittag 6 Uhr mit dem Prinzen Oskar aus Christiania wieder hier eingetroffen und hat sogleich die bis⸗ herige in seiner Abwesenheit fungirende Regierung aufgelöst.
Christiania, 14. März. Im Storthing hat gestern die De batte über die Eisenbahn begonnen und ist nach sechsstündiger Siz- zung auf heute vertagt.
Dänemark. Kopenhagen, 18. März. (H. C.) De Volksthing hat mit 39 gegen 14 (darunter Monrad) beschlossen, Grundtvig's Interpellation über die schleswigschen Verhältnisse zu⸗ zulassen. Graf Reventlow⸗Criminil wird jetzt erst Sonntag hier erwartet. Orsted's Leiche wird heute in feierlichem Trauerzuge vom Universitätsgebäude nach der Frauenkirche geführt.
Der Konferenzrath Laurids Engelstoft ist im 76sten Jahre ge⸗ storben; er war akademischer Lehrer und eine lange Reihe von Jahren Mitglied der Direction für Universität und gelehrte Schulen.
Die dänische Flotte besteht aus 5 Linienschiffen, 3 auf 84, 1 auf 80 und 1 auf 66 Kanonen; 7 Fregatten auf 48 — 40 Kano⸗ nen, 1 Fregatte („Dronning Maria“) auf 60 Kanonen und 1 auf dem Stapel von 44 Kanonen; 4 Korvetten auf 22 und 20 Ka⸗ nonen und 1 auf dem Stapel; 4 Briggs auf 16 und 12 Kanonen; 1 Barkschiff auf 14 Kanonen; 3 Schooner und 2 Kutter. Die Ruderflottille besteht aus 86 Schaluppen und Jollen, 6 Dampfschiffe von zusammen 860 Pferdekraft und 1 Schraubendampfschiff auf dem Stapel von 260 Pferdekraft und auf 12 Kanonen.
Die Marine zählt folgende Offiziere: 1 Vice⸗ und 3 Contre⸗ Admirale, 7 Commandeurs, 7 Commandeur⸗Capitains, 17 Capi pitains, 27 Capitain⸗Lieutenants, 35 Premier⸗Lieutenans und 41 Seconde⸗Lieutenants; außerdem noch 35 Monats⸗Lientenants und 30 Kadetten. A la suite: 3 Commandeur⸗Capitains und 40 Capitains und Capitain Lieutenants.
Italien. Genua, 12. März. (Ll.) Der Admiralitäts⸗ Rath hat die Anstifter des Unfugs in dem Druckerei⸗Lokale der Strega gegen 10,000 Lire Caution auf freien Fuß gesetzt.
Florenz, 14. März. (Ll.) Die, Statuten zur Gründung einer Diskontobank in Toscana sollen demnächst der Großherzog⸗ lichen Sanction unterbreitet werden⸗
Der hier erscheinende Chalboffizielle) Conservatore costi⸗ uzionale soll in Neapel verboten worden sein. 8
Herr Malaguzzi, ein Herzoglich modenesischer Agent, ist hier eingetroffen.
Rom, 9. März. (Gazzetta Ufficiale di Venezia.) Die Regierungen von Oesterreich und Frankreich sind über die Gränzpunkte für ihre im Kirchenstaate stationirten Garnisonen nunmehr definitiv dahin übereingekommen, daß künftighin die öster⸗ reichischen Truppen den Bezirk Otricoli, die französischen Civita⸗ Castellana nicht überschreiten sollen.
Rom, 12. März. (Ll.) Die Handelskammer beabsichtigt, der päpstlichen Regierung eine Remonstration gegen die übermäßige Circulation von Kupfermünze vorzulegen. “
Dem Vernehmen nach sind zwei starke Räuberbanden bei Rieti und Viterbo erschtenen, 3 Infanterie⸗Compagnieen und 150 fran⸗ zösische Dragoner sind sofort nach den bedrohten Plätzen aufge⸗ brochen. 3 b
S kam es zwischen französtschen und roͤmischen Aetilerisen zu einem blutigen Streite, wobei mehrere Franzosen verwun Fitench den und ein Maler, der beschwichtigend einschreiten wollte, gefährlich 9 des Kardinals Fornari verlautet nichts mehr
von seiner Ernennung zum Staats⸗Secretair.
1