wird sich die Rundreise, welche der Minister des Innern im kom⸗ menden Frühjahr anzutreten beabsichtigt, auch auf Ungarn erstrecken.“ Im Ministerium der Landeskultur ist ein Entwurf vollendet, welcher neue Vorschriften in Betreff der Hütung von Weingärten enthält. Vor einigen Tagen ist hier Herr von Seltener, Attacheé im französischen Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, durch⸗ gereist, welcher, dem Lloyd zufolge, mit einer besonderen Mission nach St. Petersburg, Berlin und Wien beauftragt war. —*. 1 Der freiwillige Eintritt von Minderjährigen in die Gendar⸗ merie wird in Folge eines Ministerial⸗Erlasses nicht gestattet.
Prag, 8. April. Se. Kaiserl. Hoheit Erzherzog Leopold ist heute Mittag hier angekommen
Bayern. München, 7. April. (A. Ztg.) 1 önig⸗ liche Sas „Regierung hat heute von dem ihr im er bewilligten Anlehen für den Ausbau der Eisenbahnen am lionen einen Betrag von zwei Millionen Gulden in fünsproz “ Obligationen wieder ausgeben lassen. Fünf Millionen 88 1“ früher emittirt worden. Unter den zahlreichen Fecchs⸗ ung uss⸗ halten mit Recht diejenigen Staatsgläubiger den à 89 büceghe Obligationen auf Namen begehren, also nicht zunächst dee S wegen sich vormerken lassen. Ueber das Befinden Sr. Majestät vestie⸗ Königs in Riva am Gardasee lauten die Nachrichten voll⸗
kommen befriedigend.
Sachsen. Dresden, 9. April. (Dr. J.) Erste Kammer. Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung befand sich der Be⸗ richt der außerordentlichen Deputation über den Entwurf eines Ge⸗ setzes, die Aufhebung der die Publication der deutschen Grundrechte betreffenden Verordnung vom 2. März 1849 betreffend.
Bevor jedoch zu der Tagesordnung selbst übergegangen wurde, gelangte zuvörderst ein allerhöchstes Dekret vom 6. April d. J., den Schluß der Sitzungen und den feierlichen Schluß des Landtags be⸗ treffend, zum Vortrage. Der Schluß des Landtags ist für den 12en d. M. anberaumt und wird, einer ebenfalls zum Vortrage gelang⸗ ten Mittheilung des Königlichen Gesammt⸗Ministeriums zufolge, durch Se. Majestät den König selbst erfolgen. Nachdem durch Herrn Präsidenten von Schönfels die ständische Schrift, die Wahl der Mitglieder zum Staatsgerichtshofe betreffend, verlesen und von der Kammer genehmigt worden war, bestieg Herr Bürgermeister Müller die Rednerbühne, um den obenerwähnten Bericht vorzutragen. Die Mitglieder der Deputation hatten zwar über die Rechtsgültigkeit der deutschen Grundrechte abweichende Ansichten, allein über die
Nothwendigkeit der Aufhebung der Verordnung vom 2. März 1849 waltete unter ihnen kein Zweifel ob. Nur die Frage: „wie das Gesetz formell zu fassen sei?“ rief eine umständliche Erwägung in der Deputation hervor. Einige Mitglieder erachteten fur sachgemäß, dem Gesetze diejenige Fassung zu geben, welche von der Staatsregierung in dem mittelst allerhöchsten Dekrets vom 19. Juli 1850 unter D. vorgelegten Entwurse vorgeschlaͤ⸗ gen, auch in §. 1 der jetzigen Vorlage wörtlich wiedergegeben ist. Die übrigen Deputationsmitglieder neigten sich mehr zu der in der jetzigen Vorlage enthaltenen, von der zweiten Kam⸗ mer in der Hauptsache bereits genehmigten Fassung hin, oder hielten wenigstens die bloße Aufhebung der Grundrechte für um so weniger genügend, als nach ihrer Ansicht die vor dem 2. März 1849 gültig gewesenen gesetzlichen Bestimmungen nach Aufhebung der Grundrechte keineswegs von selbst wiederum auf⸗ leben und daher, selbst abgesehen von dem materiellen Inhalte, schon aus formellen Gründen verschiedene Verlegenheiten und Zwei⸗ fel entstehen würden. Dies stellte sich als um so beachtenswerther dar, als alle Mitglieder der Deputation darüber einig sind, daß denjenigen Staatsangehörigen, welchen in Folge der Publication der Verordnung vom 2. März 1849 Vergünstigungen zu Theil ge worden sind, selbige nicht wieder entzogen werden sollen. Konnle man hiernach in der Deputation auch nicht über alle speziellen Punkte des Gesetzes zu einem einhelligen Gutachten gelangen, so mußte man doch im Allgemeinen die Annahme des Gesetz⸗Entwurfs der Kammer empfehlen.
An der allgemeinen Debatte betheiligte sich nur von Hey⸗ nitz, welcher nicht umhin kann, sein Bedauern darüber auszusprechen, daß man erst am Schlusse des Landtages zur Beseitigung der Grundrechte, dieses „Revolutions⸗Produktes“, gelangt sei. Der §. 1 des Entwurfes wurde, dem Vorschlage der Deputation gemäß,
unverändert und ohne Debatte angenommen. Anlangend §. 2, so hatte die Deputation angerathen, den §. 2 des Entwurfes abzuleh⸗ nen und demselben folgende Fassung zu geben: „Mit Aufhebung der Verordnung vom 2. März 1849, die Publication der Grund⸗ rechte betreffend, treten alle bis dahin gültiggewesenen Bestimmun⸗ gen, auf welche sich die §§. 8, 10 und 11 der Grundrechte bezie hen, wieder in Kraft.“ Se. Königliche Hoheit Prinz Johann erhebt aber gegen die von der Deputation vorgeschlagene Fassung einige Bedenken, namentlich wünschte der erlauchte Sprecher von der Staatsregierung zu wissen, ob in dem Falle, wenn über das Wiederinkrafttreten gewisser durch die Grundrechte aufgehobener Gesetzesbestimmungen nach Beseitigung der letzteren Zweifel ent⸗ stehen sollten, diesem Uebelstande auf dem Verordnungswege abge⸗ holfen werden könne? Ein ähnliches Bedenken veranlaßte von Zehmen ⸗Stauchitz, zu §. 2 einen Verbesserungs⸗Antrag des Inhalts einzubringen, daß unter Wegfall der Worte: „auf welche sich die §§. 8, 10 und 11 der Grundrechte beziehen“, gesetzt werde: „so weit nicht bereits durch besondere Gesetze Aenderun⸗ snd Le ecsigsesHeten Nachstehendem Ausnahmen festgesetzt worden sn ehenereh von Friesen bemerkte, daß die Deputation die hier einschlagende Zweifelsfrage nicht habe anregen wollen; übrigens verstehe es sich wohl von selbst, daß mit Aufhebung der Grundrechte die früher bestandenen Bestimmungen wieder in Kraft treten müßten. Dieser letzteren Ansicht pflichtet insbeson⸗ dere auch von Heynitz bei, und Staatsminister Dr. Zschinsky äußerte auf die Anfrage Sr. Königlichen Hoheit, wie auch er der Meinung sei, daß in Zweifelsfällen wegen des Wiederinkrafttretens der bisher ausgehobenen gesetzlichen Bestimmungen im Verordnungs⸗ wege das Erforderliche verfügt werden könne. Mit dem Antrage des von Zehmen könne er sich eben so wenig wie mit der von der Deputation vorgeschlagenen Fassung des §. 2 ganz einverstanden erklären und schlug deshalb nachstehende neuer Fassung vor: „Die⸗ jenigen Bestimmungen, welche durch die §§. 8, 10 und 11 der Grundrechte bisher aufgehoben waren, treten mit Publication des gegenwärtigen Gesetzes bis auf Weiteres wieder in Kraft.“ Bür⸗ germeister Hennig endlich beantragte den gänzlichen Wegfall des §. 2 und dafür die Aufnahme eines Antrages in die ständische Schrift, nach welcher die Staats⸗Regierung ermächtigt werden soll, die mit Aufhebung der Grundrechte entstehenden Zweifel im Wege der Verordnung zu beseitigen. Unter Ablehnung des Deputations⸗ Gutachtens mit dem von Zehmenschen Amendement, so wie des Vorschlags der Staats⸗Regierung, gelangte der Antrag des Bürger meisters Hennig gegen 9 Stimmen zur Annahme. Rücksichtlich des §. 3 konnte sich die Deputation auch nicht dahin vereinigen, die⸗ jen Paragraph, welchen die zweite Kammer in der im Entwurfe
Die König⸗
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ss it dem Zusatze: „dies gilt insonderheit auch 1.9878 Pesang , 8,8 nertefen stimmig angenommen hat, einhellig zur “ zu Geee. Sie schlägt vielmehr in ihrer aus drei Mitglie eh. Majorität der Kammer vor: „den Beschluß der zweiten Kammer eben so wie die Fassung des §. 3 im Entwurfe abzulehnen.“ Da⸗ ebe U 2 Deputation: „diesen Paragraph
en empfiehlt die Minorität der atit — eeee n der zweiten Kammer beschlossenen Weise anzunehmen.“ Nach einer längeren Debate, in welcher namentlich auch der von der zweiten Kammer beschlossene Zusatz wegen des §. 37 der
Anfechtung erlitt, während er von der Staatsregie⸗
dem Referenten als ganz unschädlich bezeichnet wurde, erlangte das Minoritätsgutachten, so weit sich dasselbe auf Annahme des §. 3 in der Fassung der Vorlage bezog, gegen 12 Stimmen Genehmigung der Kammer, während dagegen der von der zweiten Kammer beschlossene Zusatz gegen 7 Stimmen und das Ma⸗ joritätsgutachten mit 21 gegen 13 Stimmen abgelehnt wurden. An⸗ langend den §. 4, so hatte sich die Deputation in eine Majorität und Minorität gespalten; nach der ersteren sollte §. 4 lauten: „Hin⸗ sichtlich der Verhaͤltnisse derjenigen Juden, welche sächsische Unter⸗ thanen sind, treten bis zu einer allgemeinen gesetzlichen Regulirung der Verhältnisse derselben die früheren Gesetze und namentlich das Gesetz vom 16. Angust 1838 wieder in Kraft; vorbehaltlich jedoch derjenigen Wirkungen, welche seit Publication der Grundrechte zu Gunsten einzelner Individuen eingetreten sind.“ Die Minorität da⸗ gegen empfiehlt den Beitritt zu den Beschlüssen der zweiten Kammer, welchen jedoch um deswillen, weil es nach selbigen zweifelhaft zu sein scheint, ob die außerhalb Dresden und Leipzig wohnhaften Israe⸗ liten nunmehr in eine dieser beiden Städte zurückziehen müssen, eine veränderte Fassung zu geben sein wird. Die Minorität rathet daher der Kammer an, §. 4 also zu fassen: „Israeliten dürfen von Publication dieses Gesetzes an nur in den Städten Dresden und Leipzig ihren bleibenden Aufenthalt nehmen. Im Uebrigen bewendet es hinsichtlich der Juden zur Zeit und bis zu einer all⸗ gemeinen gesetzlichen Regulirung der Verhältnisse derselben bei dem, was in der Ausführungeverordnung vom 20. April 1849 §. VI. geordnet und verfügt worden ist.“ Amtshauptmann von Bieder⸗ mann erklärt sich im Hinblick auf die großen Nachbarstaaten und unter dem Gesichtspunkte der Gerechtigkeit und Humanität für den Minoritätsvorschlag, während Kammerherr von Frie⸗ sen in ausführlichem Vortrage das Majoriltätsgutachten ver⸗ theidigt und dabei den Grundsatz aufstellt, daß, wenn es sich um Wiederentziehung gewisser politischer Rechte handle, die Hauptfragen seien: Was ist räthlich? Was zweckmäßig und ge⸗ recht? Der Grundgedanke seiner weiteren Ausführung bestand darin, daß unser Staat ein christlicher Staat sei, daß man, wenn man an dieser Grundlage rüttle, auch die Grundfesten des Thrones erschültere. In allem Uebrigen möge man den Isracliten geben, was sie nur immer haben könnten, allein in religiöser, in geistiger, in politischer und bürgerlicher Beziehung müsse er dem christlichen Elemente im Staale das Uebergewicht sichern. Se. Königl. Hoheit Prinz Johann, von dem Grundsatze ausgehend, daß man das Gute prüfen und — woher es auch komme — annehmen müsse, spricht sich für das Minoritäts⸗Gutachten aus, will jeboch nach den Worten: „Aufenthalt nehmen“ eingeschaltet wissen: „Auch tritt der zweite Absatz des zweiten Theils im §. 5 des Gesetzes vom 16. August 1838 wieder in Kraft.“ von Zehmen⸗Stauchitz be⸗ trachtet die Frage mehr von ihrem nationalen Charakter, und unter diesem Gesichtspunkte findet er hinreichende Gründe, für die Majorität zu stimmen, jedoch hegt er gegen die von derselben vorgeschlagene Fassung mehrere formelle Bedenken, nament⸗ lich rücksichtlich der Niederlassung frembländischer Juden in Sach⸗ sen. Auch will er den Juden die in der Städte ⸗Ordnung aufgeführten Ehrenrechte zu Theil werden lassen. Seine desfall⸗ sigen Verbesserungs⸗Anträge finden in der Kammer ausreichende Unterstützung. General⸗Lieutenant von Nostitz⸗Wallwit ist unter dem Gesichtspunkte des Rechts für die Minorität, und macht er darauf aufmerksam, daß bereits Israeliten in den Reihen des Heeres dienten, und dennoch wolle man ihnen die bürgerlichen Ehrenrechte entziehen. Graf von Solms⸗Wildenfels, von Schönberg⸗Bibran und von H eynit schließen sich entschieden der Ansicht des Kammerherrn von Friesen an, gegen welche insbe⸗ sondere die Aussührung des Staatsministers von Friesen gerich⸗ tet war. Uebrigens mußte sich derselbe sowohl gegen den Majori⸗ täts⸗ wie Minoritätsvorschlag erklären, weil ersterer praktisch un⸗ ausfuhrbar sei und letzterer die Juden in mancher Beziehung noch schlechter stelle, wie die Gesetzgebung vor 1848. Die mannigfach we⸗ gen der gewerblichen Verhältnisse der christlichen Bevölkerung lautge⸗ wordenen Bedenken erklärte der Staatsminister im Himblick auf die geringe Zahl der Israeliten in Sachsen für sicherlich unbegründet. Dr. Harleß neigt sich in Betracht, daß die politische Gleichstellung der Israeliten nicht ermöglicht werden könne ohne eine vollstän⸗ dige Trennung der Kirche vom Staate, dem Majoritäts⸗Gutachten zu. Nachdem die Debatte eine längere Zeit fortgeführt worden war, wurde endlich nach mehrfach erhobenem Widerspruch der Schluß der Debatte über den §. 4 beschlossen. Hiernächst hatte aber die Deputation die auf körperliche Züchtigungen bezüglichen Bestim⸗ mungen in einem besonderen Paragraphen als §. 3 b zusammenge⸗ faßt und ihm die entsprechende redactionelle Form gegeben. Gegen diesen Paragraphen spricht von Erdmannsdorf, in Betracht, daß es Individuen gebe, bei welchen ohne körperliche Züchtigung nicht auszukommen sei. Was solle ein Untersuchungsrichter z. B. thun, wenn ein hartnäckiger Inkulpat nicht gestehen wolle? Nach⸗ dem Staatsminister Dr. Zschinsky und der Referent die erforderliche Auskunft gegeben, faßte von Erdmannsdorf Beruhigung. Bei der Abstimmung wurde bei §. 4 sowohl das Minoritäts-, als auch das Majoritätsgutachten abgelehnt und §. 4 in der unveränderten Fas⸗ sung gegen 12 Stimmen angenommen. Der §. 5 erlangte ohne Debatte Genehmigung, eben so der von der zweiten Kammer ge⸗ stellte ständische Antrag wegen des Auswanderungswesens. Bei der Abstimmung mit Namensaufruf wurde die ganze Vorlage gegen 8 Stimmen angenommen. ae
Baden. H. eidelberg .April. (Sch. M.) Heute be⸗ gab sich eine Deputation der Universität, bestehend aus dem Pro⸗ reltor und den Dekanen der vier Fakultäten, nach Karlsruhe, um Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzoge, als dem hohen Schir⸗ mer und Rector magnificentissimus der Universität, die Freude derselhen über dessen völlige Wiedergenesung auszusprechen und ihre aufrichtigen Glückwünsche darzubringen. Eine Abordnung von Seiten der Stadt, aus den beiden Bürgermeistern und einem Mit⸗ gliede des Gemeinde⸗Raths bestehend, ist zu gleichem Zwecke heute in die Residenz gereist.
Hessen. Kassel, 7. April. (O. P. A. Ztg.) Das von dem kurhessischen permanenten Kriegsgerichte wider den Rektor der Realschule, Dr. Gräfe, gefällte Urtheil auf drei Monate Gefängniß ist vom General⸗Auditoriat nicht bestätigt worden. Dasselbe hat vielmehr das kurhessische Kriegsgericht in dieser Sache für inkom⸗
petent erklärt, die Anklage in zwei Theile zerlegt und den einen
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an das Bundeskriegsgericht, den anderen an die Staatsprokuratur abgegeben, damit letztere den schwurgerichtlichen Prozeß gegen r. Graäje einleite. Der vor kurzem erst zum Lieutenant in der Garde du Corps ernannte älteste Sohn des Kurfürsten, Graf Friedrich von Schaumburg, tritt als Lieutenant in das österreichische Küras⸗ sier⸗Regiment Wallmoden. Hauptmann von Steinfeld vom General⸗ stab ist zum 3. Infanterie⸗Regiment versetzt.
Hessen und bei Rhein. Darmstadt, 8. April. (Dst. Z tg.) In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer legt M.⸗R. Mau⸗ rer einen Gesetz⸗Entwurf, die Zusammensetzung der beiden land⸗ ständischen Kammern und die Wahlen der Abgeordneten betreffend, vor. Er bemerkte, daß er mit dem Wahlgesetze einen der wichtig⸗ sten Gegenstände der Aufgaben dieses Landtages überreiche. Wenn auch gerade hier die einzelnen Ansichten am meisten von einander abweichen würden, so möge man doch nicht übersehen, wie noth⸗ wendig eine Vereinbarung, wie nothwendig eine feste und gesicherte Wiederherstellung der Staats⸗Ordnung nach den Stürmen der Zeit sei. Der Redner hofft, daß man mit dieser Ueberzeugung und mit Besonnenheit ans Werk gehen möge. Er verliest aus dem über 50 Artikel enthaltenden Gesetz⸗Entwurfe die nach stehenden:
Art. 1. Die nach der Verfassungs⸗Urkunde des Großherzog⸗ thums den Ständen zustehenden Rechte werden durch zwei Kam⸗ mern ausgeübt. . b
Art. 2. Die erste Kammer wird gebildet: 1) aus den Prin⸗ zen des Großherzoglichen Hauses; — 2) aus eilf Abgeordneten, welche von den im Artikel 9 bezeichneten Häuptern der standesherr⸗ lichen Familien nebst dem Senior der Familie der Freiherren von Riedesel und Gutsbesitzern dergestalt gewählt werden, daß für fünf dieser Abgeordneten nur Häupter der standesherrlichen Familien oder der nächste Agnat eines jeden derselben, wie auch der Senior der Freiherren von Riedesel ge⸗ wählt werden können, daß von den sechs übrigen Gewählten aber zwei einer jeden der drei Provinzen als Einwohner angehören müssen; 3) aus neun in den Wahlkreisen (Art. 5) für jede der drei Provinzen zu gleicher Anzahl zu wählenden Abgeordneten; — 4) aus dem katholischen Landesbischof. Im Falle der Erledigung des Stuhles wird der Großherzog einem katholischen Geistlichen den Auftrag ertheilen, an der Stelle des Bischofs bei dem Landtage zu erscheinen; — 5) aus einem protestantischen Geistlichen, welchen der Großherzog dazu auf Lebenszeit mit der Wuͤrde eines Prälaten ernennen wird; 6) aus dem Kanzler der Landes⸗Universität oder dessen Siellvertreter; 7) aus denjenigen Staatsbürgern, welche der Großherzog auf Lebenszeit dazu berufen wird. Diese Ernen⸗ nungen sollen nicht über die Zahl von sechs Mitgliedern ausgedehnt werden.
Axt. 9. bildet.
Art. 9. Stimmberrchtigt bei der Wahl der 11 Abgeordneten. zur ersten Kammer Art. 2, Nr. 2 sind: 1) die Häupter der stan⸗ desherrlichen Familien des Großherzogthums. Dieses Stimmrecht ruht auf ihren standesherrlichen im Großherzogthum belegenen Be⸗ sitzungen. 2) Der Senior ver Familie der Freiherren von Riedesel. 3) Die unter Nr. 1 und 2 nicht begriffenen 35 wegen eigenthüm⸗ lichen oder nutznießlichen Grundbesitzes Höchstbesteuerten des Groß⸗ herzogthums. G
Art. 16. Als Abgeordnete zur ersten Kammer können nur olche Staatsbürger gewählt werden, welche an direkter Steuer den einem Normalsteuer⸗Kapital von 1100 Gulden entsprechenden Be⸗ trag entrichten oder an jährlichem reinem Einkommen 2000 Gulden beziehen. 1 1
Art. 17. Als Abgeordnete zur zweiten Kammer können nur solche Staatsbürger gewählt werden, welche an direkter Steuer den einem Normal⸗Steuer⸗Kapital von 550 Gulden entsprechenden Be⸗ trag entrichten oder an jaͤhrlichem reinem Einkommen 1000 Gulden beziehen. 1
Der Regierungs⸗Kommissar trug hierauf noch die Motive zu diesen Bestimmungen des Gesetz⸗Entwurfs vor, welcher sodann an die Abtheilungen verwiesen wurde.
In Gemäßheit der Tagesordnung schreitet die Kammer zur Berathung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Kraft a. G., die Hebung der Eisen⸗Industrie im Hinterlande betreffend. Der Antrag hat neben seiner generellen Richtung auch die spezielle, daß der Staat im Interesse der Eisen⸗Industrie und in Berücksichtigung der hohen Wichtigkeit, welche dieser Zweig gewerblicher Betriebsamkeit für einen Theil des Regierungs ⸗Bezirks Biedenkopf habe, in dem Debitwesen des Hütten⸗Be⸗ sitzers Justus Kilian zu dessen Gunsten einschreiten möge. Abgeordneter Breidenbach beantragte hierzu folgenden Beschluß: Die Stände, in Anerkennung des dringenden Bedürfnisses, der dro⸗ henden gänzlichen Nahrungslosigkeit des Hinterlandes vorzubeugen, ersuchen Großherzogliche Staatsregierung um baldigste zweckmäßige Vorschläge und versichern ihre Bereitwilligkeit zu demnachstiger Be⸗ willigung aus allgemeinen Staatsmitteln. Der Beschluß, die Größe vorbehaltend, wurde angenommen, eben so ein Antrag des Abg. Reh: Den Zustand der Eisenhüttenwerke des Justus Kilian im Hinterland durch die Staatsregierung kommissarisch untersuchen zu lassen, um hierdurch zu sehen, ob der Zweck der Beseitigung der drohenden Nahrungslosigkeit eines Theiles des Hinterlandes durch Unterstützung des Kiltan aus Staatsmitteln erreicht werden wird.
Schleswig⸗Holstein. Kiel, 8. April. (B. H.) Hier ist folgende Verfügung, betreffend das bei der Entlassung unfähiger oder unwürdiger Volksschullehrer auf dem Verwaltungswege zu he⸗ obachtende Verfahren, erschienen: Mit Rücksicht darauf, daß durch die von den Kommissarien des Landesherrn und des deutschen Bun⸗ des unter dem 2. Februar d. J. erlassene Bekanntmachung die schleswig-holsteinische Regierung außer Thätigkeit gesetzt ist, wird hinsichtlich des bei Entlassung unfähiger oder unwürdiger Volks⸗ schullehrer auf dem Verwaltungswege zu beobachtenden Verfahrens, unter vorläufiger Beseitigung der betreffenden Bestimmungen des §. 7 der Verordnung vom 4. April 1845, hierdurch Folgendes an⸗ geordnet: Der entscheidende Beschluß über die unfreiwillige Ver⸗ setzung eines Lehrers in den Ruhestand oder über die Entlassung eines Lehrers wegen Unwürdigkeit ist, nachdem die betreffenden Ak⸗ ten dem General⸗Superintendenten für das Herzogthum Holstein zur Begutachtung vorher mitgetheilt worden, von der obersten Civil⸗ Behörde auf gemeinschaftlichen Vortrag des Departements⸗Chefs für die geistlichen und Unterrichts⸗Angelegenheiten als Referenten und des Departements⸗Chefs für die Justiz als Korreferenten zu fassen. Kiel, den 4. April 1851. Die oberste Civil⸗Behörde. Adolph Blome. Heinzelmann.
Sachsen⸗Koburg. Gotha, 7. April. (O. P. A. Z.) Mit dem heutigen Eisenbahn⸗Mittagszuge ist unser Herzog nach Kiel abgereist; ein Courier ist ihm gestern dahin vorausgegangen. Später wird der Herzog zu seinem Bruder, dem Prinzen Albrecht, nach London sich begeben, vorher aber dem Vernehmen nach das preußische von ihm befehligte Kürassier⸗Regiment in Halberstadt in⸗ spiziren
Die zweite Kammer wird aus 50 Abgeordneten ge⸗
Hamburg. Hamburg, 9. April. (B. H.) Heute Mit⸗ tag traf hier das 2te Bataillon des 24sten preußischen Infanterie⸗ Regiments pr. Eisenbahn ein und marschirte sofort durch die Stadt. Das Bataillon ist bestimmt, die preußische Garnison in Rendoburg zu ergänzen, da die Reserve⸗Mannschaften derselben zurückbe⸗ rpufen sind.
1 Der General von Knoblauch hat am Montag sein Amt als Festungs⸗Kommandant von Rendsburg angetreten. 1 2 88bb9
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Musland.
Fraukreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 8. April. Den Vorsitz führt Benoist d'Azy. Ohne Debatte werden ein Lokalgesetz und eine von Etienne beantragte Aenderung der Geschäftsordnung angenommen. Ohne Diskussion wird eine dritte Berathung des Gesetz⸗Entwurfes über Spitäler und Siechen⸗ häuser beschlossen. Moulin berichtet im Namen der betreffenden Kommission, daß dieselbe Guizard und Langsdorff als Kandidaten für den Staats⸗Rath vorschlage. Justiz⸗Minister Royer über⸗ reicht einen Gesetz⸗-Entwurf auf Bewilligung einer Pension von 250 Fr. für die Unteroffiziere und damals nicht in die Armee auf⸗ genommenen Offiziere der republikanischen Garde, welche sich in den Juni⸗Tagen 1848 ausgezeichnet haben. Es folgt die erste Bera⸗ thung des Gesetz⸗Entwurfes über die Nationalgarde. Boysset bekämpft namentlich die Theilung in stehende Cadres und Reserve, die ihm beleidigend und schmachvoll erscheint, da jeder Bürger Pflicht und Recht habe, die Freiheit und Verfassung zu vertheidigen. Die Kommission will nur die⸗ jenigen Bürger zum Dienste verpflichten, die er in ihrer Beschäftigung nicht hindert. (Beifall. Rechts: Gut! Links: Und
Der Redner erklärt, er begreifte, daß man Erleichte⸗
die Armee?) rungen auf Ansuchen zugestehen, aber keinesweges, daß man er officio ausschließen könne. Das Gesetz scheint ihm weit weniger freisinnig, als das von 1831. Die Bestimmung, die Nationalgarden hätten den bestehenden Obrigkeiten zu gehorchen, sri entweder ein Anachronismus oder ein Verrath an der Republik. (Beifall links.) Der Präsident verliest die Nachricht von dem Tode des Repräsentan⸗ ten des Departements Dordogne, Herrn Ducluceau. Fresneau ver⸗ theidigt die Ansicht der Kommission, da er nicht einsieht, warum man zu den vielen Stcuern den Bürgern noch eine Zeitsteuer aufle⸗ gen solle. Ihm sei das Endresultat einer nicht sehr sorgfältig gesichteten Nationalgarde stets eine Junischlacht. (Lärm.) Nicht zum Wohl des Lan⸗ vdes habe man 1848 die Nationalgarde auf 196,000 Mann gebracht. Madie r de Montjau staunt, daß man, wenn man eine Institu⸗ tion vernichten will, nicht den Muth habe, es zu sagen. Der ganze Bericht athme Furcht vor einer Macht, die nicht an⸗ sklavischen Ge⸗ horsam gebunden sei. Die Verfassung sei dem Schutze aller Fran⸗ zosen anvertraut, man wolle aber hier durch eine neue Anwendung des Wahlgesetzes vom 31. Mat gern feindliche Parteien schaffen. Die Gesammitdebatte wird geschlossen und eine zweite Berathung wird beschlossen. Die Sitzung wird aufgehoben. ’
Paris, 8. April. Der gestrige Minister⸗Rath hat beschlossen, von den Gesandten in Frankreich und der Schweiz genaue Detail⸗ berichte über Antecedentien, Lebensweise, Verbindungen und Tenden⸗ zen der dort wohnenden Flüchtlinge zu verlangen.
Die Ministerkrisis soll nun zu Ende sein und die gegenwär⸗ tigen Minister sollen sich bereit machen, ihre Posten zu verlassen. Ein heute Mittags stattfindender Ministerrath soll diese Erledigung zum Gegenstande haben. Das Ordre bestätigt heute, Malleville habe seine Weigerung, ein Portefruille zu übernehmen, damit motivirt, daß Baroche und Fould ins Kabinet treten sollten, daß Odilon Barrot und der Präsident der Republik über das neue Wahlgesetz nicht gleicher Ansicht mit ihm waren, und daß man we⸗ der der Revision durch die absolute Majorität, noch der Kandida⸗ tur für 1852 entschieden entsagen wollte. Nach dem Messager de ’ Assemblee soll Minister Vaisse vor wellig Tagen dem Präsidenten erllärt haben, die längere Fortdauer des Provisoriums könne namentlich in den Departements be⸗ renkliche Folgen haben. Der Präsident habe erwiedert, wenn einer der Minister sich unzufrieden fühle, möge er seine Entlassung ge⸗ ben, worauf Vaisse entgegnet hätte, es würde dies nicht blos von vinem, sondern von allen Ministern geschehen.
Minister Vaisse wird im Departement der Landes als Kandidat für die National⸗Versammlung auftreten.
Großbritanien und Irland. Parlament. Ober⸗ haus. Sitzung vom 7. April. Graf von Carlisle beantragt die zweite Lesung der Bill zum Schutz der Lehrlinge und Dienst⸗ boten. Lord Redesdale warf ein, daß sich wenige die viertel jährlichen Inspectionsvisiten der Armenhausbeamten gefallen lassen und lieber andere Bediente als Werkhaus⸗Schützlinge dingen würden. Man solle wenigstens die Wirksamkeit der Bill auf junge Leute unter 16 Jahren und nicht, wie die vorgeschlagene Fassung laute, bis zum Alter von 18 Jahren beschränken. Nachdem der Antragsteller bemerkt, daß in dem Falle eine neue Jane Wilbred keinen Schutz gegen eine neue Mrs. Loane finden würde, kam die Bill zur zweiten Lesung. Auf den Antrag des Herzogs von Wellington wurden Armee⸗ und Marine⸗ Aufruhrs⸗Bills zum zweitenmal verlesen. Graf von Malmes⸗ bury kündigte auf Donnerstag eine Petition von Britisch⸗Guiana um Gewährung einer Repräsentativ⸗Verfassung an. Nach Ueber⸗ reichung einer Menge anderer minder wichtigen Petitionen vertagten sich die Lords kurz nach 6 Uhr.
Unterhaus. Sitzung vom 7. April. Der Stabträger des Hauses berichtete die Verhaftung eines Zeugen vor dem Wahl⸗Un⸗ tersuchungs⸗Comité in St. Albans (einen Burgflecken, der wegen arger Wahlbestechungen verrufen ist und beinahejährlich lange Untersuchungen veranlaßt). Der Zeuge weigerte sich, die Fragen des Comité's zu beantworten; drei andere Personen suchten einen wichtigen Zeugen fern zu halten, und der Präsident des Comité's, Herr Ellice, ungewiß über die gerichtlichen Befugnisse des Comité's, ließ die Sache vor das Haus kommen, welches fast einstimmig in dem Verfahren der erwähnten Personen einen Bruch der Privilegien des Parlaments erkannte und den Sprecher bevollmächtigte, Ver⸗ haftsbefehle gegen sie zu erlassen, damit sie vor den Schranken des Hauses zur Rechenschaft gezogen werden könnten. Auf der Tages⸗ ordnung war die Frage wegen Forterhebung der Einkommensteuer auf eine begränzte Frist 3 Jahre), wobei Herr Herries, wie voraus angekündigt, das Amendement beantragte, daß zwei Sie⸗ bentel der Einkommensteuer in Großbritanien und der Stempel steuer in Irland nachgelassen werden sollen; dies würde nur einen Ausfall von 1 ½ Millionen Pfd. St. verursachen; die Fenstersteuer müßte dann freilich beibehalten werden, könne aber solche Modi⸗ ficationen erleiden, daß die sanitätspolizeilichen Gründe gegen die⸗ selbe bedeutend an Kraft verlieren müßten. Die Einkommensteuer sei ursprünglich von Sir Robert Peel als ein Nothbehelf und Ausnahmegesetz für eine Zeit der Krisis, die längst verschwunden
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glorreichsten Ueberschusses, nicht durch eine allmälige Ein⸗ schränkung den Anfang zu ihrer Abschaffung mache, so werde es nie geschehen. Eine Hauptwaffe des Antragstellers bestand in Citaten aus den Reden der jetzigen Minister, Sir C. Wood, Herr Labouchere, Sir F. Baring und Lord Howick, die sich alle einmal gegen die Steuer ausgesprochen. Der Kanzler der Schatz⸗ kammer (Sir C. Wood) vertheidigte die Konsequenz seiner jetzi⸗ gen Politik. Seine einstmalige Opposition gegen die Einkommen⸗ steuer habe sich auf das Verlangen einer entschädigenden Abschaffung mehrerer Verbrauchssteuern, wie der auf Getraide, Zucker und Bauholz, gegründet. Diese Steuern seien jetzt abgeschafft, und andere, die er zu ermäßigen oder zu beseitigen denke, seien viel drückender als die Einkommensteuer. Herr Herries habe wohlweislich des Getraide⸗ zolls, der im Hinterhalt seines Planes schwebe, keine Erwähnung gethan, und überhaupt lasse sich sein Amendement mit den Projek⸗ ten seines politischen Meisters, Lord Stanley, nicht zusammenrei⸗ men; mit anderen Worten, er sei entweder unaufrichtig oder un⸗ klar. Schließlich protestirte Sir C. Wood gegen die Idee, die Einkommensteuer auf die Dauer eines Jahres zu beschränken. Herr Prinzep bestritt es, daß die vielgerühmten Steuer⸗Erlässe den arbeitenden Klassen zu gute kommen würden. Herr Fred. Peel wollte nicht geradezu dem ganzen Finanzplan der Regierung seine Beistimmung geben, unterstützte aber die Motion des Ministers in diesem besonderen Punkte; denn die Einkommensteuer habe seit 1842 den Erlaß von 10 Millionen Pfd. St. an anderen Steuern möglich gemacht, und doch brächten Zölle und Accisen jährlich denen Staat eine Million mehr als früher ein. Diese Politik sei nur noch nicht konseqguent und vollständig durchgeführt. Eine Ab⸗ schaffung der Einkommensteuer würde im Staatsschatz ein furcht⸗ bares Leck und die Wiedereinführung mehrerer indirekten Abgaben unumgänglich machen, aber so lange es noch ir⸗ gend einen Schutzzoll gebe, könne er für Steuerbefreiung des Eigenthums nicht stimmen. Herr T. Baring tadelte die Schweigsamkeit der Minister gegenüber der Volks⸗Agitation. Er liebe einen hübschen Ueberschuß im Staatsschatz als Sicherheit gegen unvorhergesehene Fälle und könne sich daher mit dem von Herrn Herries gewünschten Ausfall nicht befreunden, obwohl er im Prin⸗ zip mit ihm einverstanden sei. Eine Rubrik der Einkommensteuer zeige, daß entweder das gewerbliche Vermögen unler den Strahlen der Freihandelssonne immer mehr zusammenschmelze oder daß das Publikum gewöhnt sei, bei der Einkommen⸗Abschätzung die Regierung entsetz⸗ lich hinters Licht zu führen. Die Ermäßigung der Fenstersteuer sei nur eine theilweise Wohlthat und eine bloße Popularitätshascherei. Herr Wilson: Es handle sich in dieser Frage einfach um Frei⸗ handel oder Schutzzoll. Der Redner entwickelte in ausführlicher Darstellung die unberechenbaren Segnungen der bisherigen Frei⸗ handels⸗Politik, bestritt die Doktrin, daß eine Steuer wegen ihres Beinamens ‚Kriegssteuer“ verwerflich sei, und klagte darüber, daß die Grundbesitzer⸗Klasse für sich als Klasse ausschließliche Vergünstigungen in Anspruch nähmen. Die Census⸗ Tabellen zeigten, daß der Ackerbaustand nicht die Hauprolle in der Thätigkeit und der Production Englands spiele, vielmehr sei das Zahlenverhältniß der Ackerbau⸗ gegen die übrige Bevölkerung jähr⸗ lich ein geringeren; es sei aber nothwendig, dem Volke neue Er⸗ werbszweige zu pflanzeu, der Industrie Englands neue Kanäle zu öffnen. Herr Booker, gegen die Einkommensteuer, hielt dafür, daß sie mit doppelter Ungerechtigkeit den Pächterstand treffe, der ge⸗ zwungen sei, selbst seine Verluste zu versteuern. Was über die gesteigerte Production und die Wohlfeilheit der Lebensmittel so oft vorgebracht werde, sei eitel Ruhmredigkeit und Knalleffekt⸗ macherei. Herr Slaney stimmt für, Herr Spooner gegen die Einkommensteuer; der letztere Redner citirt Hansard (die stenogra⸗ phischen Parlamentsberichte nach dem Regierungsdrucker kurzweg Hansard genannt), um den jetzigen Ministern ihre früheren Re⸗ den gegen die Einkommensteuer vorzuhalten, währed der Ir⸗ länder Reynolds allerhand Gründe hat, um die früher von ihm heftig vertheidigte Steuer heute unbedingt zu verwerfen. Lord Hamelton meint, daß ein Votum auf drei Jahre so viel sein würde, wie ein Votum auf ewig; und Herr S. Crawford kann sich so lange nicht entschließen, für die Einkommen⸗ steuer zu stimmen, als der Kanzler der Schatzkammer sich wei⸗ gere, sie wenigstens einigermaßen zu mildern. Sir Robert Inglis hat sehr Vieles an den Details der Steuecrerhebung auszusetzen, findet aber, daß das Amendement des Herrn Herries die Uebel der Steuer unberührt lasse. Nur widerstrebend und in Anbetracht der Erleichterungen, die der Finanzplan der Regierung der arbeitenden Klassen gewähre, erkläre er sich für das Ministerium. Bei der Abstimmung ergaben sich für die ursprüng⸗ liche Motion 278, für das Amendement von Herries 230 Stimmen. Die Regierung siegte demnach mit einer Majorität von 48 Stim⸗ men. Zunächst sind auf der Tagesordnung ein Amendement B. Disraeli’s, ein Amendement Hume's und eine Interpellation Cobden's, sämmtlich in Bezug auf die Einkommensteuer. Schluß der Sitzung um „ auf 2 Uhr Morgens.
London, 8. April. Die Königin, Prinz Albrecht, der Prinz von Wales und Prinz Alfred besichtigten gestern Nachmittag den Krystall⸗Palast in Hyde⸗Park. London beginnt sich bereits für seine fremden Gäste zu schmücken. Im Kirchspiel St. Martin's in the Fields ist man seit gestern damit beschäftigt, die Namen der Straßen groß und leserlich an die Ecken zu malen. St. James⸗, Westminster⸗, St. George's⸗ und Hanover⸗Square sind im Be⸗ griff, diesem Beispiel zu folgen. In der City fehlt die Straßenbe⸗ zeichnung noch an 150 Orten. Am Ende jeder Straße wird eine gemalte Hand die Richtung nach den Himmelsgegenden andeuten. Gestern kam endlich auch der lang erwartete Befehl zum Umhauen der Bäume innerhalb des Krystallpalastes; eine Masse Arbeiter wurde sogleich beschäftigt, Zweige und Aeste abzuhacken, und von den Büäumen am nördlichen Ende des Kreuzflügels stehen nur noch die bloßen Stämme, aber auch diese fallen heute Nacht. Bis zum 5. April einschließlich wurden im Kristallpalast in Empfang genommen: 9626 Packungen britischer, 7823 auswärtiger und 8837 Güter aus den Kolonieen.
Italien. Turin, 4. April. (Lloyd.) Die Deputirten⸗ kammer hat in ihrer Sitzung vom 2ten, nachdem sie über die In⸗ terpellation des Deputirten Pescatore eine einfache Tagesordnung votirte, die Kategorieen 1— 9 und die Artikel 2— 9 des Gesetz⸗ vorschlags über die Ausgaben der General⸗Azienda der Artillerie und der Militairfabriken und Fortificationen angenommen. Gestern hat sie das Budget des Kriegsministeriums bis zur 35sten Kategorie genehmigt.
In kurzem wird die Bekanntmachung einer längst ausgear⸗ beiteten Verordnung des Kriegsministers, betreffend alle jene Offi⸗ ziere aus der Lombardei, aus Parma und Modena, die nach den letzten Kriegsjahren in der Dienstleistung bei der Königlichen Armee verblieben sind, erwartet.
Die Geschichte der Strega endigte mit einem Duelle. Herr Andras von Seiten des Journals und der Marineoffizier Herr Daviry von der entgegengesetzten Partei forderten sich auf Pistolen;
sei, dem Lande auferlegt worden; wenn man jetzt, in Zeiten des der Erstere soll gefährlich verwundet worden und nach Einigen
auch schon in Folge der Wunde gestorben sein.
Griechenland. Athen, 31. März. (Wand.) Gregoriades interpellirte den Minister Paikos über die Maßregeln, welche die Regie⸗ rung ergriff, um die Verbreitung der ketzerischen Lehren zu hindern, zu welchen sich ein gewisser Kairi mit seinen Schülern bekennt. Kairi stiftete ein Schule in Andros und lehrte dort einelneue Religion, deren Grundlage der Deismus ist. Die heilige Synode ließ ihn in ein Kloster sperren und exkommunizirte ihn später. Kairi lebte dann zurückgezogen und mischte sich in nichts mehr. Der Senat ging zwar zur Tagesordnung über, aber im Publikum ist natürlich doch die Geschichte nicht so schnell zu beseitigen.
Die Deputirten⸗Kammer hat den Gesetz⸗Entwurf bezüglich der Straßenbanten fast unverändert angenommen.
Im Hause des protestantischen Geistlichen King (eines Ameri⸗ kaners) ist ein Tumult vorgekommen. Er predigte die Lehren des Evangeliums in griechischer Sprache und ließ sein Haus dem Pu⸗ blikum offen. Der Besuch wurde zahlreich, und als er kürzlich von Kain sprach und den verhängnißvollen Differenzen der religiösen Scheidungen, wollte Jemand eine Frage an ihn richten, die King aber nur zu beantworten versprach, wenn der Fragesteller bei der Sache bleiben wollte. Da nun die Einen die Beantwortung woll⸗ ten, Andere nicht, so entstand ein Lärm und King hißte die ame⸗ rikanische Flagge auf.
Die Räuber machen noch immer genug von sich sprechen. In Mägara haben sie 6000 Drachmen erpreßt.
Türkei. Aus Bosnien, 31. März. (Ll.) Ibrahim Pascha ist dieser Tage von Chulthissar nach Varzar-Vakuf, einem von Jaiza ungefähr vier Stunden entfernten, wegen seiner großen Getraide⸗ märkte berühmten Orte, aufgebrochen. Der ehemalige Wesir der Herzegowina, Ali Pascha Stolcevic, weilt sammt seinem Sohne Hafiz gegenwärtig zu Jaiza. Die Verwaltung der Herzogawina ist einstweilen den Händen Ali Pascha Sarhos anvertraut. Eine zweite 1060 Mann starke Arnauten⸗Abtheilung ist in Bosnien angekom⸗ men. Einige von ihnen drangen in den Laden eines Uhrenhänd⸗ lers in Sarajewo und erschossen ihn. Am 27sten begab sich das regulaire Heer aus Travnik nach der Kraina auf den Marsch. Banjaluka ward von den Insurgenten gänzlich geräumt, nachdem sie zuvor die Wohnung des griechischen Bischofs ausplünderten. Miri Alaj Mohamet hat Livno zu dem Zwecke besetzt, eine Verei⸗ nigung⸗der zersprengten Insurgentenhaufen aus der Herzegowina und der Kraina zu verhindern.
Markt⸗Berichte.
Berliner Getraidebericht vom 11. April. Am heutigen Markt waren die Preise wie folgt: 8 Weizen loco nach Qualität 50 — 54 Rthlr. „ im Detail 51 — 55 Rthlr. moggen loco nach Qualität 30 — 32 ½ im Detail 31 — 34 Rthlr. schwimmend im Kanal 87 ½ pfd. u. 86 ½ pfd. zu 30 212 Rthlr. pr. 82 pfd. begeben. vr. Frühjahr 30 ½ a 29 ⅞ Athlr. verk., 29 ½ Br., X G. Mai/ Juni 30 .¼ Rthlr. Br., 30 bez. u. G. Juni /Juli 31 ½ a 31 Rthlr. verk., 31 ¼ Br., 31 G. Juli / August 31 ½ Rthlr. bez. u. Br., 31 ¼ G. Aug. Sept. 32 ¼ Rthlr. Br. Gerste, große 28 ½ — 29 Rthlr. „ fleine fehlt. Hafer heo nach Qualität 22 — 24 Rthlr „ 48 fd. pr. Frühjahr 21 ¼ Rthlr. G. „ 5 pfd. 22 Rthlr. Br., 24 ½ G. Erbsen, Koch⸗ 38— 42 Rthlr., Futter⸗ 34—36 Rthlr. Winter⸗Rapps und Winter⸗Rübsen geräumt. Sommer⸗Rübsen 58 a 56 Rthlr. Br., 54 a 55 G. Leinsaat fehlt. Rüböl loco 9 ⅞ Rthlr. Br., 9 ¾ bez., 9 ¼ G. r An E1 hn bycha 79 a Rthlr. verk., 9½ Br.,“ Mai / Juni 9 ¾ Rthlr. verk. u. Br., 9 ½ G. Juni / Juli 9 Rthlr. Br., 9 ¾ G. Juli /August 10 ½ Rthlr. Br., 10 G. August./Sept. 10 ½¼ Rthlr. Br., 10½ G. Sept. / Okt. 10 ½ a Rthlr. bez, 10 ½ Br., 10 ¾ Okt. / Novbr. 10 ½ Rthlr. Br., 10 ½ G. Leinöl loco 11 ½ Rthlr. Br., 11½ (. „ pr. April /Mai 11 ½ Rthlr. Br., 11 ½ G. Hanföl 14 a 13 ½ Rthlr. Palmöl 11 ¾ Rthlr. Mohnöl 13 ½ a 135 Rthlr Südsee⸗Thran 11 ¼ a 11 ½ Rth. Spiritus loco ohne Faß 15 ½˖ Rthlr. verk. mit Faß pr. April, 14 ½ a Rthlr. April /Mai 8 14 ⅜ a G. Mai /Juni 14 % a Rthlr. verk., 14 % Br., 14 ⅛ a ½ G. Juni / Juli 15 8 àa * Rthlr. verk., 15 ½ Br., 15 ¼ a ¼ G. Juli / Aug. 15 ½ a *½ Rthlr. verk., 15 ½ Br., 15 ½ G. Aug./Sept. 15½ a ½ Rthlr. verk., 15 ⅞ Br., ½ G. Sept./Okt. 16 Rthlr. Br., 15 ¼ G. Wetter: regnigt. Geschäftsverkehr: nicht unbelebt. Weizen: mehr angeboten. Roggen: flau und niedriger verkauf Hafer: fest auf Notirungen gehalten. Ruböl: still und etwas matter. Spiritus: weichend. — . 8 ] Marktpreise vom Getraide.
Berlin, den 10. April.
Zu Lande: Weizen 2 Rthlr. 2 Sgr. 6 Pf., auch 2 Rthlr. 8 Pf. Roggen 1 Rthlr. 13 Sgr. 9 Pf. Große Gerste 1 Rthlr. 8 Sgr. 2 Pf. Hafer 1 Rthlr. 2 Sgr. 6 Pf., auch 1 Rthlr.
Zu Wasser: Weizen (weißer) 2 Rthlr. 8 Sgr. 9 Pf., 2 Rthlr. 6 Sgr. 3 Pf., auch 2 Rthlr. 1 Sgr. 3 Pf. Roggen 1 Rthlr. 12 Sgr. 6 Pf., auch 1 Rthlr. 10 Sgr. Große Seese 1 Rthlr. 8 Sar. 9 Pf., auch 1 Rthlr. 7 Sgr. 6 Pf. Hafev⸗ Rtylr., auch 27 Sgr. 6 Pf. Erbsen 1 Rthlr. 22 Sgr. 6 Pf.⸗ auch 1 Rthlr. 16 dn 3 Pf. (eeS., en 8
Mittwoch, den 9. 1 8 8e 2, &
Das Schock Stean 0 Füchle 15 Sar⸗ au, 8 Nibtr. 15 Sgr.
Der Centner Heu 223 Sgr. 6 Pf., geringere Sorte guch gr. Har gc- hnh 11 Sgr. 3 Pf., metzen
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