1851 / 123 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

lichen Ordnung zum Ungehorsame liege, in keinem gerechten Ver⸗ hältnisse stehen, fügten aber bei, daß dessenungeachtet das Gesetz aus Gründen der Zweckmäßigkeit zu empfehlen sei, indem bei stren⸗ gen Strafen leicht ein Umgehen des Gesetzes abseiten des Richter⸗ amtes zu besorgen stehe. Der K. Staatsminister der Justiz, von Klein⸗ schrod, nahm hiervon Veranlassung sich folgendermaßen zu äußern: Allerdings könne es scheinen, daß die von der Regierung vorge⸗ schlagenen Strafen nämlich 3 Monate bis 2 Jahre Gefängniß zu milde, und daß daher die von der zweiten Kammer beschlossene Herab⸗ setzung des Strafminimums auf ein Monat noch bedenklicher sei. Allein es komme zu erwägen, daß einerseits die Differenz des Kammerbeschlusses von dem Regierungsvorschlage nur geriug sei und daß andererseits keinesweges ein Mißverhaͤltniß zwischen der Größe des Reates und der Strafe bestehe. Das gegenwärtige Gesetz habe nämlich nur die milderen Straffälle, wodurch die Siche 8 heit des Staates nicht gefährdet werde, zum Gegenstande und ent⸗ halte darum im ersten Artikel ausdrücklich den Satz: „wenn nicht in Gemäßheit anderer Gesetze eine höhere Strafe verwirkt sei. Demgemäß haben daher in schwereren Fällen, z. B. wenn Gefahr für den Staat entsteht, auch die härteren Strafbestimmungen der allgemeinen Strafgesetze des Code penal wie des diesrheinischen Gesetzbuches in Anwendung zu kommen, so daß in solchen Fäl⸗ len möglicherweise sogar auf die Todesstrafe erkannt werden könne. Für die durch das neue Gesetz verpönten gelinderen Fälle dagegen reichen auch die milderen Strafen des nunmehrigen Entwurfes aus. Auf diese Erörterungen hin wurde venn auch der Entwurf in der von der zweiten Kammer beschlossenen Fassung angenommen mit einziger Modification des Schlußsatzes. Nach diesem wollte nämlich die Abgeordneten⸗Kammer mit dem Erschei⸗ nen des neuen Gesetzes das ganze Gesetz vom 4. Nivose IV. aufge⸗ hoben wissen. Der Justiz⸗Minister machte jedoch die hohe Kammer darauf aufmerksam, daß dieses Gesetz vom 4. Nivose IV. sechs Abschnitte enthalte und, streng genommen, nur in seinem vier⸗ ten Artikel genau zu dem gegenwärtigen Gesetze passe, da die übri— gen fünf Artikel von den Falschwerbern im Allgemeinen und von prozessualischen Bestimmungen handeln, deren sofortige Aufbebung so bedenklich sei, daß er dermalen nicht in der Lage sei, mit Sicher⸗ heit zu erklären, ob die Regierung das Gesetz annehmen werde, falls die Kammern auf Aufhebung des ganzen Gesetzes vom 4. Ni⸗ vose IV. bestehen sollten. Nach einer kurzen Debatte darüber, ob eine Beschränkung des Schlußsatzes auf fragliche Ziffer 4 in aus⸗ drücklichen Worten nothwendig sei und nicht vielmehr sich von selbst verstehe, wurde sich fürs erstereentschieden und der hiernach gefaßte Beschluß einstimmig genehmigt. Den Schluß bildeten die Vorträge der Reichsräthe Graf von Reisach und Frhr. von Franken⸗ stein über die verfassungsmäßige Zulässigkeit der Vorstellungen der Lyceal⸗Professoren zu Bamberg um Gehalt⸗Erhöhung und des Frhrn. von Aufsees um Schutz der bestehenden Erbfolge in den alten Lehn⸗ und Stammgütern. Beide wurden für zulässig erkannt und den Ausschüssen I. und II. zur Berücksichtigung bei der Be rathung des Budgets, beziehungsweise des Fideikommißgesetzes,

Gegeben Stuttgart, den 29. April Linden. Knapp.

88 * dieser Verordnung beauftragt. 1851. Wilhelm. Milller. Plessen.“

Baden. Rastatt, 30. April. (Karlsr. 310 Ver⸗ flossenen Sonnabend Abend ist der österreichische General von Schmerling, zu dessen Brigade das Regiment Benedek gehört, hier eingetroffen. Den folgenden Tag hielt er Inspection über die beim Regiment Benedek eingetretenen Rekruten, so wie über die Sap⸗ peur-Abtheilung; am Dienstag sodann über das ganze Infanterie⸗ Regiment, das im Schloßgarten in Reihen aufgestellt war. Tags vorher fand bei dem Gonverneur ein Festessen zu Ehren des Ge⸗

Wächter⸗Spittler.

Nachmittagszug seine Ruckreise antrat.

Auslaund.

Oesterreich. Venedig, 28. April. (Ll.) Die Kommission für die Angelegenheiten des Freihafens hält heute ihre erste Sitzung.—

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 30. April. Den Vorsitz führt Benoist d'Azy. Das Skruti⸗ nium zur Wahl eines Staatsrathes wird abermals begonnen. Der Unterrichts⸗Minister zieht eine Kreditforderung von 7000 Fr. für die pariser Sternwarte zurück. Ohne Debatte werden mehrere Ge— setzentwürfe von lokalem Interesse angenommen. Mehrere unbedeu⸗ tende Anträge werden ebenfalls ohne Debatte in Betracht genom⸗ men. Der Präsident verkündigt das Resultat des Skrutiniums über die Staatsrathswahl: Stimmenvde: 544, absolute Majorität 273. Corne 218, Darcy 187. Es wird also morgen zu einem fünften Skrutinium geschritten werden. Chegaray verlangt Vertagung bis Montag, was nach kurzer Debatte und einer zweifelhaften Abstimmung an⸗ genommen wird. Leon Faucher verlangt Vertagung des auf der Tagesordnung stehenden Antrages Dufournel's üben Gemeindegüter und des Nationalgarde⸗Gesetzentwurfes. Die doppelte Vertagung wird bewilligt. Der Rest der Sitzung bietet kein Interesse.

Paris, 30. April. Nach dem Constitutionnel haben die Minister des Krieges und der Finanzen gestern dem Präsidenten der Kommission für Supplementar⸗Kredite aungezeigt, daß die Re⸗ gierung auf der Forderung von 245,000 Fr. fuͤr rückständigen Sold Jerome Bonaparte’'s bestehe und die genannten Minister heute der Kommission ihre Motive mittheilen würden. Der Con⸗ stitutionnel bedauert diesen Entschluß, hofft aber, da die Frage vorher noch im Ministerrathe zur Sprache kommen soll, man werde nicht einer „sicheren und wirklich verdienten Niederlage“ muthwillig entgegeneilen.

Man behauptet, Minister Baroche beschäftige sich eifrigst damit, sein Ministerium auf ganz napoleonischen Grundlagen neu zu koͤn— stituiren. Er habe dazu eine Kommission niedergesetzt, und Herr. Drouyn de Lhuys sei angegangen worden, darin den Vorsitz zu

empfohlen. Hiermit schloß die Sitzung.

Eine Königliche Verordnung vom 11. April über die persön⸗ liche Postportfreiheit lautet: „Mayximilian II., von Gottes Gnaden ꝛc. In Berücksichtigung der von der Kammer der Reichsräthe und der Kammer der Abgeordneten gestellten Anträge und in Uebereinstim⸗ mung mit den im deutsch⸗österreichischen Postvereins⸗Vertrage ent⸗ haltenen Grundsätzen finden Wir Uns bewogen, die sofortige Auf⸗ hebung aller persönlichen Postporto⸗Freiheiten zu verfügen mit alleiniger Ausnahme 1) der Portofreiheit der Mitglieder des Kö⸗ niglichen Hauses, 2) der Portofreiheiten, welche durch spezielle Kö⸗ nigliche Bewilligung in unwideruflicher Weise verlichen worden sind, oder welche künftig im Interesse des öffentlichen Dienstes von Uns verliehen werden, 3) jener Portofreiheiten, welche auf Verträgen beruhen.“ Eine Verfügung der General⸗Direction der Königl. Vet kehrs⸗ Anstalten macht sodann zum Vollzuge vorstehender Verordnung Fol⸗ gendes bekannt: „1) Durch allerhöchste Entschließung vom 111en d. haben Se. Majestät der König auf den Grund der vorallegir ten Verordnung Ziffer 2 zu bestimmen geruht, daß, in so lange Allerhöchstdieselben nicht anders verfügen, a) den Königlichen Staats⸗ Ministern mit Portefeuille, b) dem Königlichen Ministerial⸗Direk⸗ tor im Staats⸗Ministerium des Handels und der öffentlichen Ar beiten und c) dem Vorstande der General Direction der König⸗ lich bayerischen Verkehrs⸗Anstalten die persönliche Postportofreiheit ferner zustehen soll. 2) Die in dem Verzeichnisse der portobefrei⸗

en Personen namentlich aufgeführten und resp. darin nachgetrage⸗ nen Königl. bayerischen und auswärtigen Civil⸗ und Militairbe amten bleiben vorläufig im Genusse der ihnen speziell verliehenen Postportofreiheit.“ 1

Nach einem heute erschienenen Kriegs⸗Ministerial⸗Reskripte hat eine unverzügliche Reduzirung in der sämmtlichen Armee auf den budgetmäßigen Ansatz, insbesondere bei den Pferden, einzutreten. (N. K.) Nach dem Entwurf des allgemeinen Theils des Strafgesetzbuches soll die Todesstrafe mittelst Enthauptung in Ge⸗ genwart einer Gerichts⸗Kommission und unter Zuziehung von min destens zwölf Urkunds⸗Personen in einem geschlossenen Raume voll⸗ zogen werden; die Gefängnißstrafe fur Vergehen wird von ein bis

u fünf Jahren ausgedehnt; der Unterschied zwischen Strafarbeits⸗ und Zuchthaus, eben so die Kettenstrafe hören auf und es soll künf⸗ tighin lediglich Zuchthausstrafe beibehalten werden, welche nicht unter fünf Jahren, dann auf bestimmte Zeit nicht über 20 Jahre

und endlich auf Lebenszeit ausgesprochen werden kann. Männliche

Verbrecher, deren Strafzeit 10 Jahre übersteigt und die noch nicht

üüber 60 Jahre alt sind, erhalten eine Kette. Geldstrafe kaun bis

100 Gulden ausgesprochen werden. Mit der Verurtheilung zum

Zuchthaus ist Stellung unter polizeiliche Aufsicht verbunden; letztere

liegt bei Vergehen in dem Ermessen der Gerichte.

Sachsen. Dresden, 30. April. (Leipz. Zeitg.) Se. Durchlaucht der Prinz Nikolaus von Nassau ist heute Nachmittag nach Wiesbaden wieder abgereist.

Württemberg. Stuttgart, 1. Mai. Der Staats⸗ Anzeiger enthält vdie folgende Königl. Verordnung, betreffend die Einberufung der Ständeversammlung: n e

„Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Württemberg. In Gemäßheit des §. 186 der Verfassungs⸗Urkunde und unter Be⸗

ziehung auf Unsere Verordnung vom 19. März d. J. baben Wir nach Anhörung Unseres Geheimen Raths beschlossen, die getreuen Stände Unseres Königreichs auf Dienstag den 6. Mai d. J. zum ordentlichen Landtag in Unsere Haupt⸗ und Residenzstadt Stuttgart einzuberufen. Wir befehlen demnach, daß die Mitglieder beider Kammern am Zten sich dahier einfinden und ihre Legitimation zur Prüfung sofort vorlegen. Zu⸗ diesem Geschäfte werden Wir eine besondere aus Mitgliedern beider Stände Kammern von Uns zu ernennende Kommission niedersetzen. Die Mitglieder der Komn is⸗ sion werden zu Prüfung ihrer eigenen Legitimation durch die zuerst legitimirten Abgeordneten ersetzt. Im Uebrigen wird die Legitima tions⸗Kommission bei Vornahme des Legitimations⸗Geschäfts nach den hierüber für den ständischen Ausschuß bestehenden Normen ver⸗ fahren. Unser Ministerium des Innern ist mit der Vollziehung

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übernehmen. Gestern Abends ging übrigens das Gerücht, Baroche solle im Ministerium des Auswärtigen durch Herrn von Mortemart ersetzt werden.

Emile Girardin erklärt in der Presse, daß die ihm zugegan⸗ genen Nachrichten übereinstimmend bestätigten, es werde der 4. Mai vollkommen ruhig vorübergehen.

und Irland. Parlament. Un⸗ terhaus. Sitzung vom 29. April. Der Stabträger des Hauses erklärte, daß es ihm trotz der angestrengtesten Bemühungen nicht gelungen sei, die von St. Albans⸗Wahl⸗Comité angeklagten Per sonen zur Haft zu bringen, worauf Lord John Russell eine Mo tion ankündigte, die Königin um Vollmacht zur Ausschreibung eines Preises für die Verhaftung der besagten Individuen anzugehen. Sir G. Grey verlangte und erhielt nach einiger Diskussion die Erlaubniß, eine Bill zur besseren Beaufsichtigung und Organisation der londoner Wasserleitungs⸗Gesellschaften einzubringen, deren jetzige Monopolherrschaft vom Sanitäts⸗Kollegium eben nicht als ein Se⸗ gen für London erkannt worden ist. Herr Hume, Sir B. Hall und Sir W. Clay behielten sich ihre Kritik bis zur zweiten Lesung vor. Herr Ewart beantragte die Erklärung des Hauses, daß es zeitgemäß sei, in den Kolonieen die Strafgesetz⸗Milderungen des Mutterlandes einzuführen. In mauchen Kolonieen, wie Malta, Ceylon und dem Kap, steht auf nächtlichen Diebstahl, Einbruch, Falschmünzerei und andere ähnliche Berbrechen noch die Tobdesstrafe. Der Revduer war im Begriff, in nähere Details einzugehen, als der Antrag, das Haus auszuzählen, von anderer Seite gestellt wurde, und da nur 38 Mitglieder anwesend waren, vertagte sich das Haus um 8 Uhr Abends.

London, 30. April. Die Königin hielt gestern Nachmittag Hof im Buckingham Palast. Herr Mussurus, der neue türkische Gesandle und Baron Koller, der österreichische, hatten Audienz bei Ihrer Majestät; jener überreichte seine Kreditive, dieser ein eigen⸗ händiges Schreiben des Kaisers von Oesterreich. Beide wur⸗ den von Lord Palmerston vorgestellt. Die Königin und Prinz Albrecht besuchten gestern ormittag den Krystallpa⸗ jast. Die Herzogin von Kent kam gestern Mittag von ihrer Residenz Framgore bei Windsor in Clarence⸗House au. Prinz Albrecht mit Gefolge fuhr Nachmittags um 3 Uhr nach dem London⸗Bridge⸗Bahnhof zum Empfang Ibrer König⸗ lichen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin von Preußen, die vaselbst von Dover ankamen; um 2³. auf 4 Uhr stiegen die König⸗ lichen Gäste vor der großen Halle des Buckingham⸗Palastes ab, wo sie von der Königin in Person empfangen wurden; Abends er schien der Prinz von Preußen mit Gefolge in der Königliche Loge des Koͤnvent⸗Garden⸗Theaters,

Eine Deputation der neulichen Aussteller⸗Versammlung über⸗ reichte gestern dem Minister des Innern, Sir G. Grey, eine mit 1000 Unterschriften versehene Petition an die Königin, um freien Eintritt in den Krystall⸗Palast für alle Aussteller, einheimische b. auswärtige, zu erlangen. Die Deputation bestand aus lauter Engländern. Die Zahl der Ausstelleller aller Nationen beläuft sich, nach einer in dieser Petition angeführten Schätzung, auf ungefähr 15,000; von diesen ist jedoch kaum mehr als die Hälfte anwesend. Das Wogen der Menschenmassen im Hydepark, das Gedränge an allen Eingängen des Ausstellungs⸗Gebäudes, die lärmende Geschäftigkeit, welche heute Vormittag im Innern selbst die Sinne beinahe be⸗ täubte, ist das Vorspiel des Festes, welches morgen bevorsteht. Doch wird heute von 2 Uhr Nachmittags der Eintritt selbst den Ausstellern versagt bleiben, um den Arbeitern, welche mit den Ein⸗ richtungen für morgen beschäftigt werden, Luft und Raum zu las sen. Das Gedränge vor dem Büreau der Saisonkarten dauerte gestern bis spät am Abend fort und ist heute wo möglich noch gewaltiger. Die Polizei hat die Ordre erhalten, die Sitz⸗ plätze bis 11 ½ Uhr ausschließlich für Damen zu reserviren; das Ueberschreiten der im Gebäude aufgestellten Barrièren zu ver⸗ hüten; Niemanden zu gestatten, sich während der Feierlichkeit von

Großbritanien

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nerals von Schmerling statt, welcher gestern sodann mit dem ersten

seinem Platze zu entfernen; jedem Gedränge in irgend einem Theile

des Gebäudes zuvorzukommen; darauf zu sehen, daß Jeder den ihm auf seiner Karte angewiesenen Platz einnimmt. Man rechnet für morgen auf ungefähr 25,000 Gäste im Innern des Gebäudes. Mit Ausnahme derjenigen Personen, welche zur Umgebung der Königin gehören, würden Herren und Damen blos in Morgen⸗Toilette erscheinen. Einer der großartigsten Momente war es, als gestern Nachmittag zum erstenmale die Dampfkessel au⸗ ßerhalb des Ausstellungs⸗Gebäudes geheizt wurden und der Dampf in die Maschinen⸗Abtheilung hineingeleitet wurde, um zu versuchen, ob hier Alles in erwünschter Ordnung sei, ob der Dampf durch die weite Röhrenleitung sich nicht etwa kondenstre. Es werden näm⸗ lich fünf Dampfkessel in einem westlich vom Hauptban gelegenen, vollkommen getrennten Gebäude die Lebensspeise für die ausge⸗ stellte Maschinenwelt liefern. Vier dieser Kessel sind vielröhrige, nach einem neuen, bewährten Systeme von Armstrong u. Comp. Allebesitzen zusammen 150 Pserdekraft und schicken den Dampf durch eine Lei⸗ lungsröhre von 9 Zoll Durchmesser zu den Maschinen selbst. Diese Haupt⸗Dampf⸗Arterie theilt sich allmälig wie die Blutadern in thierischen Körpern und speist auf diese Weise jeden einzelnen Be⸗ wegungsapparat. Der benutzte kondensirte Dampf wird auf der entgengesetzten Weise unter der Erde abgeleitet. Die ganze Dampfader⸗Verzweigung ist 3000 Fuß lang, wahrschein⸗ lich die größte Leitungslänge, die je mit Ersolg angewandt wurde. Und der Erfolg ist, nach dem gestrigen Expe⸗ rimente, vollkommen gesichert. Kaum daß der Haupthahn vder Röhre geöffnet war, als auch Leben und Bewegung in die bisher stille todtenähnliche Maschinenwelt fuͤhr. Ein Rad nach dem an— deren, ein Cylinder nach dem anderen setzten sich in Bewegung, um endlich in ein gemeinsames, verworrenes, betäubendes Spiel uüber⸗ zugehen. Wenn man nun vurch den Hauptmitteleingang in das Gebäude eintritt und die reichverzierte Bronzepfortt⸗ passirt, so ist der erste Gegen⸗ stand, auf den das Auge fällt, der Krystallspringbrunnen im Cen⸗ trum des Transepts des ganzen Gebäubdes, gearbeitet von Osler aus Birmingham und umgeben von verschiedenen Bilohauergrup⸗ pen britischer Künstler. Vor ihm zur linken Hand präͤsentiren sich die Reichthümer Ostindiens, zur rechten die Schätze von Tunis, kostbare Kleiderstoffe und Borten⸗Produkte aus dem glüch lichen Arabien. Auf derselben Seite findet man Bra⸗ silien mit seinen prachtvollen Luxushölzern und minera⸗ lischem Reichthum, daneben China, reich, geputt und phan⸗ tastisch. Drei Viertheile des Erdballs wetteifern mit einander, dem Besucher gleich bei seinem Eintritt einen Blick der Bewunderung abzugewinnen. Tritt man zur Mittelfontaine, um welche sich Blu men in voller Blüthe malerisch gruppiren, so kann der Blick un⸗ gehindert nach Westen und Osten bis zu den Endpunkten des ko⸗ lossalen Mittelraumes schweifen. „Die breite Mahagonitreppe zu der südlichen Gallerie durchschneidet die Abtheilungen von Kanada und Westindien. Verfolgt man die Richtung nach Westen, so gelangt man allmälig, zu den schmuck— losen, aber lehrreichen Sammlungen der Präparate und Boden⸗ Probufte, zu den Nahrungsstoffen, vegetabilischen und animalischen Substanzen, zu Kanonen und Modellen aller Art, namentlich der Schiffs⸗Baukunst. Wendet man sich nun nordwärts nach dem west lichen Theile des Gebäudes, so erreicht man die mittlere Südgallerie, welche von mathematischen Instrumenten, edlen Metallen, Shawls, Kleidungsstücken und Strumpfwaaren angefüllt sind, während auf der Ostseite des Transepts Seide aus Lyon, eine deutsche Or⸗ gel, Strohsachen aus der Schweiz, Baumwollenwaaren aus Massachussets und andere Erzeugnisse derjenigen Länder aufgestellt sind, welche den korrespondirenden Raum im Parterre einnehmen. Hat man den östlichen Mitteltheil überschritten, so gelangt man zur mittleren Nordgallerie, wo eine ausgezeichnete Saämmlung brüsseler und französischer Spitzen sich befinden. Ein besonderer Theil der Nord⸗ gallerie prangt in der lebhaftesten Sommerfarben, sie trägt die Glas⸗ malereien aller Nationen. Man uüberschreitet den Transept am Nordende, geht in die mittlere Nordgallerie und kömmt durch Thon- und Glas⸗ waaren, chirurgische, musikalische und mathematische Instrumente, bis man zur Riesenorgel von Willis am westlichen Ende gelangt. Von hier führt der Weg erstlich durch eine Modellsammlung in die Nordgallerie, wieder voll mit Bodenerzeugnissen und wissenschaft⸗ lichen Instrumenten. Steigt man hier die Treppe hinab, welche der ersten gegenüber liegt und die Proͤdukte Ostindiens von den Maltesern und Ceylonern trennt, so befindet man sich wieder an der Central⸗Fontaine, hierauf ist eine flüchtige Wanderung über die Gallerieen beendigt.

Admiral Sir Edward Codrington, der vorgestern Abend 6 Uhr in seiner hiesigen Wohnung, Eaton Square, starb, trat 1783 in den Seedienst, zeichnete sich in den meisten englischen Seekriegen aus und war in der Schlacht bei Trafalgar schon zum Capitain (des „Orion“) avancirt. Am bekanntesten ist er durch sein Kom⸗- mando in der Schlacht bei Navarin im Oktober 1827 geworden, wo er die türkische Flotte zerstörte. Von 1832 bis 1840 saß er im Unterhause für Devonport. Sir E. Codrington zählte zu den entschiedenen Liberalen.

NRußland und Polen. St. Petersburg, 25. April. Se. Maäjestät der Kaiser hat unterm 20sten d. folgendes Reskript an den General der Infanterie, General⸗Adjutanten von Berg I., Ge neral⸗Quartiermeister des Generalstabes Sr. Majestät, gerichtet: „Fedor Fedorowitsch! Ihre langjährige Dienstlaufbahn hat sich immer durch die eifrigste Pflichterfüllung ausgezeichnet und stets⸗ Meine Aufmerksamkeit auf Sie gelenkt. Gegenwärtig sehr ich zu Meiner besonderen Genugthuung Ihre thätigen und unermüdlichen

Mühwaltungen bezeichnet durch die in allen Theilen des Ihnen an⸗

vertrauten Dienstzweiges eingeführte vortreffliche Ordnung, insbe⸗ sondere aber durch die großartigen und ausgezeichneten Fortschritte in der topographischen Aufnahme des Reichs. Es ist Mir ange⸗ nehm, Ihnen Mein vollkommenes Wohlwollen und Meine Erkennt lichkeit für so nützliche Dienste auszusprechen. Ich verbleibe Ihnen für immerdar wohlgewogen. Nikolaus.“

Mittelst Kaiserlichen Tagesbefehls im Militair⸗Ressort vom 20sten d. sind für Auszeichnung im Dienst befördert: die General⸗

Lieutenants Arnold J., Chef der Artillerie und der Direction des Inspektors der Reserve⸗Kavallerie, zum General der Artillerie; von

Hartung, Commandeur des abgesonderten Corps der inneren Wache und Inspektor der Reserve⸗Infanterie, zum General der Infanterie

Olferiew, Chef der Kavallerie⸗Reserve Truppen, zum General der Kavallerie; Arbusoff JI., Inspektor der Garde⸗ und Grenadier⸗Re⸗

serve⸗Bataillone, zum General der Infanterie, mit Belassung dessel— ben in der Function eines General Adjutanten; Mitglied des Kriegsraths, zum

zum General der Kavallerie, und von Gurko I., Chef des Haupt⸗Sta

bes aller Reserve⸗Truppen der Garde und der Armee, zum General der Infanterie. Alle sieben Genannte verbleiben in ihren seitherigen Posten und General von Steandmann wird als Commandeur des Garde⸗

Reserve⸗Kavallerie⸗Corps bestätigt. Der General⸗Major Molost⸗ woff, Kurator des kasanschen Lehrbezirks, wird zum Geheimen Rath befördert, mit Belassung desselben auf seinem Posten. Zu General⸗Lieutenants sind folgende General⸗Majors befördert wor⸗

1e“

Kuprianoff I., General der Infanterie; von Strandmann, Kommandirender des Garde⸗Reserve⸗Kavallerie⸗Corps,

den: Pawlischtschew, Kommandirender der 5ten leichten Kavallerie⸗ Division; Marin II., Kommandirender der 15ten Infanterie⸗Divi⸗ sion, beide werden als Divisions⸗Chefs bestätigt, und Jermoloff II., Militair⸗Gouverneur der Stadt und Civil⸗Gouverneur des Gou⸗ vernements Witehsk, mit Belassung desselben auf diesem Posten. Der Vice-Admiral Serebriakoff, Chef der 1sten Section der Ufer⸗ Linie des Schwarzen Meeres, ist zum Chef der ganzen Ufer⸗Linie, und der Kommandirende des Grenadier⸗Regiments Sr. Kaiserlichen Hoheit des Großfürsten Konstantin, General Desbouts, zum Chef der 1sten Section der Ufer⸗Linie des Schwarzen Meeres er⸗ nannt.

Nachdem am vorigen Freitage, den 18. April, das Eis auf der Newa an mehreren Stellen innerhalb der Stadt sich in Bewegung gesetzt hatte und die Isaaks⸗Brücke abgelassen war, begann am darauf folgenden Sonnabende in der Mittagszeit der Eisgang den ganzen Strom entlaug. Da die Newa am 17. November vorigen zufror, i - dies al 153 Tage lang mit Eis belegt ge⸗ wesen. b

““

St. Petersburg, 26. Se. Majestät der Kaiser hat unternm Ahsten d. folgendes Handschreiben an den Prinzen Peter Georgirwitsch von Oldenburg gerichtet: „Kaiserliche Ho⸗ heit! In gerechter Anerkennung Ihrer ausgezeichneten Verdienste habe Ich Ihnen die wichtigen Obliegenheiten eines Präsidenten des Departementis der Civil⸗ und geistlichen Augelegenheiten des Reichsrathes und die Oberaufsicht über die Erziehung in den Haupt⸗Lehranstalten übertragen, neben den vielen anderen, Ihnen durch Mein besonderes Vertrauen auferlegten Beschäf⸗ tigungen. Mit herzlicher Freude sehe Ich den warmen Eifer, die unermubliche Thätigkeit und die wahrhaft musterhafte Hin⸗ gebung, die Sie unausgesetzt der Erfüllung Ihrer Obliegen⸗ heiten, wirmen. Indem Ich mit der lebhaftesten Erkenntlich⸗ keit Ihre nützlichen Arbeiten zum Besten des Dienstes und zur Förderung der Aufklärung entgegennehme, verleihe Ich Ihnen Meine Namens⸗Chiffre zum Tragen auf den Epauletten. Innigst

wünsche Ich, daß diese Belohnung für Ihre Verdienste Ihnen zu gleich zum Beweise dienen möge, wie sehr angenehm es Mir ist, bei Meiner herzlichen Zuneigung zu Ihnen, Sie Mir noch näher zu stellen. Ich verbleibe Ihnen für immer aufrichtig wohlgeneigt. Nikolaus.

Die St Petersburgische Zeitung enthält Folgendes über die russischen Artikel, welche auf der londoner Industrie⸗Ausstellung erscheinen werden: „Unsere Erzeugnisse sind von St. Petersburg im September und Oktober, von Odessa im November nach London abgegangen, außerdem werden mit dem ersten in der bevorstehenden Navigation von St. Petersburg abgehenden Dampfschiff noch einige Sachen dorthin befördert werden. Folgendes ist eine kurze Ueber⸗ sicht dieser Gegenstände nach der Ordnung, wie das londoner Comité die auszustellenden Sachen in seinem Programm klassifi⸗ Iüit bhat K. Rohe Materiale und Produkte. a) Aus dem Mneralreich sind zur Ausstellung geschickt: Erze und Metalle in den verschiedenen Stadien ihrer Verarbeitung, aus den Krons⸗ hütten am Ural, am Altai, im permschen und olonezschen Gou⸗ vernement, aus dem Königreich Polen und von vier Privathünten in Rußland; Anthrazit und Steinsalz; verschiedene chemische Pro⸗ dukte von 10 Fabrikanten; Glas von 2 Fabriken; verarbeitete Edelsteine von zwei Industriellen. b) Aus dem Pflanzenreich: Proben von Getraidearten, welche 36 Landwirthe eingesandt haben; Stärkemehl und Gummistoffe von 4 Fabrikanten; Runkelrüben⸗ zucker von 2; Taback und Cigarren von 2; Harze von 2; Flachs und Hanf von 19 Personen; Proben von Bauhölzern von 1 Per⸗ son. c) Aus dem Thierreich: Käse, Fleischbouillon und Fischwaaren von 3 Personen; Proben von Vließen und Wolle von 5 Landwir⸗ then; Haarproben von 2 Ausstellern; Borsten von 4; Seide von 4; Flaumhaar und Fevern von 4; Leder von 12; Stearin und Wachs⸗ jichter von 4 Fabrikanten. B. Maschinen und Instrumente: verschie⸗ dene Messungs⸗ und Rechenmaschinen von 3 Personen und aus den Ischewschen Fabriken; chirurgische Instrumente von einem Fabri⸗ kanten; Fabriksmaschiuen aus einer Manufaktur und von 2 Per⸗ sonen eingesandt. C. Fabrikate und Manufakte: leinene von 8 Fa⸗

briken, baumwollene von 8, wollene von 16, seidene von 0, golddurch⸗

wirkte Stoffe von 3, gewalkte und Filzsachen von 14, Schreibpa⸗ pier von 3, Papiertapeten von 2, Messerwaaren von einer Person, silberplattirte Sachen von einer Person, Bronzesachen von 2, Goldgewebe von 1, Knöpfe von 1, Ofsizierssachen von 1, Sil⸗ berzeug von 1, Glaswaaren von 1, Spiegel von 41, Porzellan⸗ sachen von 1, Parketts und Möbel von 2, Arbeiten aus Holz und Stroh von 5, Taue von 1, Kautschuksachen von 1, Stie⸗ fel, Schuhe und Handschuhe von Leder, von 4 Personen. 0). Plastische Künste: Bildhauerarbeiten in Kupfer und Bronze von 2 Künstlern; Jaspisvasen aus 2 Fabriken; Mosai ken aus 1 Fabrik: Schriftproben von 1 Person. Die Namhaft⸗ machung aller zur Ausstellung eingesandten Gegenstände würde zu⸗ viel Raum einnehmen, wir können aber mit Zuversicht sagen, daß es unter denselben viele giebt, die vor den Augen unparteiischer Richter einen ehrenvollen Platz, selbst neben den kostbarsten Erzeugnissen an⸗ derer europäischer Länder, einnehmen können. Unsere Regierung hat jedoch nicht im mindesten vie Absicht gehabt, mit irgend einem anderen⸗ Lande in Konkurrenz zu treten, besonders in Betreff der Manufaktur⸗ Industrie, sondern sich blos darauf beschränkt, den vaterländischen Indu⸗ strielten die Einladung der englischen Regierung zur Beschickung der lon⸗ doner Ausstellung anzuzeigen und die dazu nöthigen Ausgaben zu über⸗ nehmen. Der Hauptzweck unserer Manufaktur⸗Industrie ist bis jetzt nur, die Bedürfnisse des eigenen Landes zu befriedigen, Be⸗ dürfnisse, die mit dem Reichthum und dem Wohlstand der Nation immer mehr steigen; auf die Ausbildung dieser Industrie hat die Regierung erst seit 30 oder 35 Jahren ihr besonderes Augenmerk richten können. Eine so kurze Zeit ist kaum hinreichend, die Ar⸗ beiter eines Menschenalters im gehörigen Grade mit der Mechanik der Kunst bekannt zu machen, deren Kenntniß zur vollkommenen und doch möglichst wohlfeilen Darstellung der Erzeugnisse so nothwendig ist. Dazu kömmt, daß, während im westlichen Europa die ange⸗ lernten Handgriffe und Kunstsertigkeiten der Arbeiter, so zu gen, sich von Geschlecht zu Geschlecht vererben, es in Ruß⸗ iud durchaus an einer besonderen Klasse der Leute fehlt, die hr ganzes Leben der Manufaktur ausschließlich widmen. In Rußland ist die Arbeit auf den Fabriken größtentheils zur Nebensache und ein Hülfsmittel der Dorfbewohner; selbst in denjenigen Gouvernements, wo die Industrie am meisten ausge⸗ bildet ist, bearbeiten die Bauern im Sommer ihre Felder, und

nur, wenn diese bestellt sind, gehen einige Familienglieder auf die

Fabriken oder arbeiten daheim für die Fabrikanten und legen den damit erworbenen Verdienst zum Gewinn aus dem Ertrag ihrer Aecker. Dies, vom ökonsmischen Standpunkt des Reichs im Allge meinen betrachtet, gewährt allerdings einen außerordentlichen Vortheil, nichtsdestoweniger hemmt eine solche Stellung des ar⸗ beitenden Volks den Fortgang unserer Manufakturen, deren Er⸗ zeugnisse, der vorerwähnten Ursachen wegen, wenigstens heutigen Tages noch nicht Anspruch auf Mitbewerbung mit den gleicharti⸗

gen Industriegegenständen anderer Nationen machen können die

in der Aufklärung und im Industriewesen Rußland um mehrere Jahrhunderte vorgeschritten sind. Unsere Manufaktur⸗Erzeugnisse fönnen eben nur zeigen, wie weit wir in den auf unserem Boden kaum erst einheimisch gewordenen Künsten gelangt sind. Doch kön⸗ nen auch selbst in dieser Hinsicht unsere zur londoner Ausstellung geschickten Erzeugnisse nicht für vollgültige Repraͤsentanten gelten, denn wegen des früh eintretenden Schlusses der Navigation auf dem baltischen Meer mußte der erste Termin zum Empfang der Sachen in St. Petersburg auf den 13. August angesetzt werden, wobei es fast keinem einzigen Fabrikanten möglich war, sich eigens den nach London zu schickenden Arbeiten ausschließlich zu widmen, während in den anderen Ländern die Fabrikanten nicht nur ihre geschicktesten Meister dazu verwendeten, sondern sogar fremre kommen ließen. Der größte Theil der aus Rußland eingesandten Sachen be⸗ steht aus den eben vorräthig gewesenen, für den gewöhnlichen Absatz im Innern des Reichs vorbereiteten Waaren, bei deren Verfertigung nicht die mindeste Absicht hatte obwalten können, sie eine Konkurrenz mit den Industrie⸗Erzeugnissen der ganzen Welt bestehen zu lassen. Die Kürze der Zeit, die man, wegen des muth⸗ maßlichen Schlusses der Navigation, für den Empfang der Sachen in St. Petersburg hatte ansetzen müssen, war Schuld, daß gewisse in Rußland schon sehr bedeutend ausgebildete Zweige der Industrie, wie z. B. die Wagenbaukunst, fast ganz ohne Repräsentanten ge⸗ blieben sind. Wenn man aus der Abwesenheit einiger Gegen⸗ stände auf der londoner Ausstellung schließen wollte, daß sie in Rußland nicht erzeugt werden, oder daß hier für solche keine Fa⸗ briken existiren, so wäre dies weit gefehlt. Wir wollen des Bei⸗ spiels wegen nur der Fabriken für Ackerwerkzeuge erwähnen: im Jahre 1830 wurde eine solche mit Unterstützung von Seiten der Regierung errichtet, und seitdem sind mehr den 15 solcher entstan⸗ den, aber beinahe alle befinden sich in den Central⸗Gouvernements, von wo die schnelle Herbeibringung so voluminöser und stark ins Gewicht fallender Gegenstände, wie die Ackerwerkzeuge, überaus schwierig ist. Bei der Beurtheilung unserer Industrie muß endlich berück⸗ sichtigt werden, daß Rußland vorzugsweise ein ackerbautreibendes Land ist, und daß der russische Bauer gewöhut ist, den größten Theil seiner Bekleidung, sein Schuhwerk und sogar seine Acker⸗ werkzeuge selbst zu machen; was im westlichen Europa der Land⸗ bewohner von Fabrikanten erhält, verfertigt der russische Bauer mit eigener Hand in Gemeinschaft mit seinen Familiengliedern oder etwa mit Hülfe der im Dorfe wohnenden Handwerker, die jedoch keine besondere Klasse der Gesellschaft bilden, sondern überall un⸗ ter den Bauern leben. Deshalb kann nach den in London auszu⸗ stellenden Gegenständen weder auf den Umfang, noch auf die Mannigfaltigkeit der Industriethätigkeit Rußlands geschlossen wer⸗ den, sie zeigen nur, aber ebenfalls nur unvollständig, das Talent, mit welchem es der russischen Nation gelungen ist, in der kurzen Zeit, seitdem sie die Bahn der Manufaktur⸗Industrie betreten hat, sich das Mechanische der Kunst anzueignen. Was die eigentlichen Bodenprodukte betrifft, so ist davon eine ziemlich vollständige Col⸗ lection nach London geschickt worden, besonders von solchen, welche einen Hauptzweig des auswärtigen Handels bilden, wie Flachs, Hanf, Wolle u. s. w. Leider ist Südrußland, welches im Getraide⸗ handel eines anerkannten Rufs genießt, während der drei letzten Jahre von wiederholten Mißärndten heimgesucht worden, während im verflossenen Jahr 1850 eine früh eingetretene Sommerhitze das Getraide nicht sein volles Wachsthum und die Körner weder ihre gehörige Fülle, noch ihr gutes Gewicht erreichen Heghz es ist daher möglich, daß die von dort eingesandten Getraideproben nicht als die besten Vertreter des Feldbaues unserer Steppen gelten werden; wir sagen, es ist möglich, weil die Produkte Südrußlands direkt von Odessa verschifft worden sind und wir sie nicht gesehen haben. Schließlich glauben wir noch bemerken zu müssen, daß, wenn die russische Regierung die Produzenten in den Stand setzte, sich an der londoner Ausstellung zu betheiligen, sie es in der Absicht that, durch ihre Bereitwilligkeit der Einladung einer befreundeten Nation zu entsprechen, was jedoch durchaus ohne alle Absicht auf äußeren Glanz, oder um mit anderen Nationen einen Wettstreit unternehmen zu wollen, geschehen ist.“

Italien. Turin, 26. April. (Ll.) In der Deputirten⸗ Kammer wurde das Schifffahrtsgesetz mit 111 gegen 4 Stimmen angenommen. Das von dem Ministerium der Kammer vorgelegte Gesetz, betreffend die Verpachtung der Dampferpost für die Insel Sardinien, wird so eben einer Debatte unterzogen.

Turin, 25. April. (Lloyd.) Der Senat beendigte heute die in seiner gestrigen Sitzung angefangene Diskussion über das Gesetz zur Verbesserung der Leihanstalten auf der Insel Sardinien; die 25 Artikel, aus denen es besteht, wurden ohne Modificationen mit 51 gegen 4 Stimmen angenommen.

Eine Batterie schweren Geschützes und, wie einige behaupten, auch eine Compagnie Pontoniers, mit allen zum Brückenschlagen nöthigen Geräthen, soll nach Novara abgehen. Ob ein Garnisons⸗ wechsel oder ein Uebungsmanöver damit beabsichtigt ist, läßt sich noch nicht mit Gewißheit angeben. In diesen Tagen ist von eini⸗ gen Artillerie⸗Offizieren eine Statistik aller auf der inneren Polinie der piemontesischen Staaten befindlichen Mühlen, Barken und Fahr⸗ zeuge verfaßt worden. Diese, wie es heißt, vom Ministerium des Innern angeordnete Statistik ist überdies mit Noten bezuglich der längs beider Flußufer befindlichen Holz⸗ und Tau⸗Magazine und mit genauen Angaben der Zahl jener Barken, welche die beständige jeberfuhr besorgen, versehen.

Nächstens wird ein Journal mit dem Titel: „Die große Lon⸗ doner Exposition im Jahre 1851“ erscheinen.

In Spezia ist am 25ten d. M. um die siebente Morgenstunde ein mit Proviant für die nordamerikanische Fregatte „Independenza“ beladenes und mit sechs Matrosen des nordamerikanischen Freistaats bemanntes Boot mitten im Hafen von einem Windstoß erfaßt und umgeworfen worden. Vier der Unglücklichen sind gerettet worden, die anderen erschienen nicht mehr an der Oberfläche des Meeres.

In Ferrara wird für den künftigen Sonntag Se. Excellenz der Feldmarschall Graf Radetzky erwartet, wohin sich auch der K. K. General⸗Major Graf Nobili aus Bologna und der K. K. Brigade General Baron Lederer aus Modena zum Empfange des Marschalls begeben werden.

Genua, 24. April. (Ll.) Gestern versammelte sich das vierte Wahl⸗Kollegium zur Wahl eines Deputirten an die Stelle des ausgetretenen Cobella. Die meisten Stimmen erhielten Nicolo Arduino und Orso Cerra, der erstere 77, Cerra 71.

Genua, 25. April. (Ll.) Der amerikanische Contre⸗Admi⸗ ral ist auf dem Linienschiffe „Mississippi“ aus Neapel hier einge laufen; mehrere politische Emigranten, welche sich auf demselben Schifse befanden, sind in Spezia gelandet.

Modena, 21. April. Gestern sind der regierende Herzog und die Herzogin nach Venedig abgereist.

Florenz, 26. April. Der Mon. Tosc. enthält folgend es Großherzogliches Dekret: „l. die Polizeibehörden sind in den im

13. Artikel des Polizeireglements vom 22. Oktober 1849 vorge⸗ sehenen Fällen berechtigt, wegen verbrecherischer Anschläge ver⸗ dächtigte Personen einem achttägigen Arreste zu unterziehen, oder sie von dem betreffenden Orte bis auf die Dauer eines Monats provisorisch zu entfernen. 2. Die Präfekturräthe sind nach vorläufi⸗ ger Verification und von der administrativen Polizeibehörde vorge⸗ nommenen summarischen Contestation berechtigt, gegen diejenigen, die sich der Theilnahme an einem gegen die öffentliche Ordnung gerichteten Anschlage, oder an einem Attentate gegen die Sicherheit, oder gegen die Regierung oder einer beabsichtigten Strörung oder gar des Umstur⸗ zes der Staaksreligion, schuldig gemacht haben, einen Zwangsauf⸗ enthalt in irgend einem bestimmten Orte, selbst auf den Inseln des Großherzogthums, auf die Zeit eines Jahres, und, wo es ihnen nothwendig scheint, auch in einer Festung zu dekretiren. Gegen diesen Ausspruch der Präfekturräthe kann ein Rekurs an das Mi⸗ nisterium des Innern stattfinden, aber ein solcher hält die Execution des gefaßten Ausspruchs nicht auf. 3) Jedermann, der sich öffentlicher, aufrührerischer Manifestationen gegen die Re⸗ gierung, oder ihre Gesetze, oder ihre Beamten, oder gegen die Staats⸗Religion, oder das Militair, oder eine Klasse von Bürgern, sei es mit Worten, Schriften, Mauer-⸗Anschlägen, Liedern, Emble⸗ men, Zeichen, oder auf irgend eine Weise schuldig macht, wird, wenn diese That nicht an sich selbst schon durch den Titel eines anderen Verbrechens einer größeren Strafe unteliegt, mit einem Arrest von drei Monaten bis zu einem Jahre gestraft und später unter Polizei⸗Aufsicht gestellt, während der Dauer der Untersuchung aber einer präventiven Bewachung unterzogen.“

Ancona, 15. April. (Ll.) Corrado Politi von Ruanati, gewesener Repräsentant der konstituirenden Versammlung, der seit den ersten Tagen der Restauration sich dort in Verhaft befand, ist in die hiesigen Gefängnisse gebracht und ihm der Prozeß gemacht worden. Seit gestern verlautet, daß er von dem Gericht zum Tode verurtheilt ist. Heute hat sich seine Mutter in Begleitung eines seiner Verwandten nach Rom begeben, um für ihn Gnade zu er⸗ flehen. Man hofft allgemein auf seine Begnadigung.

Rom, 20. April. Der Gaz. Uffic. di Venezia wird aus Rom geschrieben: „In den höheren Sphären der römischen Gesellschaft, wo man von den geheimen Verhandlungen der Politik unterrichtet zu sein pflegt, wird viel von einem bedeutenden Vorfalle gesprochen, der in den letzten Tagen stattgefunden hat. Der Präsident der französischen Republik soll dem Papste durch Herrn Reyneval ein authentisches Dokument mitgetheilt haben, das sowohl durch die Neuheit seines Inhaltes, wie durch die Eigenschaft der hierdurch kompromittirten Personen und durch die Kühnheit die Aufmerksam⸗ keit auf sich gezogen und den Unwillen der höchsten Autorität er⸗ regt hat. Es soll sich um nichts weniger, als um ein an den Prä⸗ sidenten der französischen Republik von den drei römischen Fürsten Filippe Doria Pamphili, Mario Massimo und Lorenzo Sforza Ce⸗ sarini gerichtetes Schreiben handeln. Diese drei Fürsten, die sich, man weiß gar nicht wie, als Repräsentanten einer politischen Partei geriren, sollen darin den Grundsatz aufstellen, daß die Prälaten und Kardinäle von allen Ministerien der welt⸗ lichen Administration des päpstlichen Staates ausgeschlossen und vom römischen Abdel ersetzt werden sollen. Einige behaupten sogar, die drei Fürsten hätten sich selbst zu künftigen Staats⸗Ministern vor⸗ geschlagen, indem sie von der öffentlichen Meinung getragen wären. Der heilige Vater soll darüber sehr unwillig gewesen sein. Gewiß aber ist, daß Prinz Doria in letzterer Zeit lange geheime Audienzen beim heiligen Vater hatte und man ihn ganz verwirrt heraustreten sah. Man will sogar wissen, der Prinz hätte seine constitutionellen Neigungen dem Papste gestanden und erklärt, daß er seine politi⸗ schen Grundsätze der Nothwendigkeit untergeordnet habe. Herzog Mario Massimo lebte zurückgezogen von öffentlichen Geschäften bis zu der letzten Zeit Gregor's XVI., von dem er berufen wurde, mit den Grafen Philipp Cini und Camill Jacobint einen Administrationsrath zu bilden. Er war ein besonderer Freund des Grafen Pelegrino Rossi. Er schloß sich in der Folge der Bewegung an, war Brigade⸗General der Natio⸗ nalgarde und zu zwei verschiedenen Malen Minister der öffentlichen Arbeiten. Nach einer längeren durch politische Wirren veranlaßten Abwesenheit kehrte er vor ein paar Monaten in die Hauptstadt zurück. Der Fürst Philipp Doria Pamphili, mit der Gräfin Shrewsbury vermählt, ist das Haupt einer sehr reichen und an⸗ sehnlichen Familie, welche den größten Theil ihres Reichthums den Päpsten Innocenz X. und Clemens VIII. verdankt. Der Fürst lebte immer zurückgezogen und trat erst mit dem Anfange des ge⸗ genwärtigen Pontifikats öffentlich auf; er war Oberst und Kriegs⸗ Minister im Kabinet Mamiani. Herzog Lorenz Sforza Cesarini war Oberst in der Nationalgarde und führte meistens ein zurück⸗ gezogenes einsames Leben im Palaste Gonzano. Sollte seine Theilnahme an dem besagten Dokumente sich wirklich bestätigen, so hat diese häusliche Zurückgezogenheit seinen Geist von der politi⸗ schen Leidenschaft nicht abzuziehen vermocht.“

Palermo, 10. April. (Ll.) Gefangene begnadigt.

Der König hat abermals drei

Türkei. Rhodus, 16. April. (Ll.) Augenzeugen, welche so eben aus Makri eintreffen, erzählen, daß sich in der That ein Vulkan zwischen Simbonus und Levis gebildet habe. Er wirft jedoch keine Flammen aus, nur ein dichter weißlicher Rauch hebt sich hoch empor, welchen man bei heiterem Wetter hier bemerkt. Das Erdbeben dauert dort noch immer heftig fort und läßt auch hier bei uns seine Wirkung in kleinen Stößen täglich spüren.

Der berüchtigte Pirat, unter dem Namen der Schwarze bekannt⸗ und vor kurzem von Syra entflohen, ist in den letzten Tagen im Hafen von Bezza (40 Seemeilen von hier), begleitet von einem Dutzend Uebelthäter, erschienen. Er griff bei hellem Tage zwei Gorlotten an, nämlich eine türkische, welcher er 6000 Piaster und eine griechische („Aspasia“ Capitain Demetrius Evangelopulo), die, mit Gärberlohe befrachtet, nach Triest segelte, welcher er 28,000 Piaster theils in Gold, theils in Waaren, nebst einem Matrosen abnahm.

Vom bosnischen Kriegsschauplatze bei Bihacs, 21. April. (Agr. Ztg.) Am 18ten unternahm Skenderbeg zwet Angriffe auf die das linke Unnaufer besetzt haltenden Insurgeneen⸗ den einen bei Kralje unterhalb der Einmündungestelle des den anderen oberhalb von Bihacs bei Privelicza. Haech

2 , 4 —. 4 i beabsichtigte er die Insurgenten aus den dort aufgeworfen Phs 1 vee, Insurgenen G zütz einführten, zu delogiren, schanzungen, wohin sie auch ein Geschütz 87 z vorgeschobene De⸗ und da ihm dieses nicht gelang, so zog er aeLager zuruck. Bei taschement wieder in das früher innegehabte Lager zurück. Be

b ingewehrfeuer, indem die In⸗

Privelicza entspann sich ein starkes Kle 8 2 seraesa 1-S eine üd Gestrüpp dicht bewachsene Insel von Pri

1b S rbeg's bei Ribich aufge⸗ b z übersetzten und Skenderbeg Ribich aufg

ten. Erst nach einem fast einstündigen Kampfe gelang es, die Vnsurgenten von der Insel auf das linke Unnaufer wieder zurückzutreiben. Der Brand der einzelnen Häuser