Regierung wieder zu Kraft gelange, so könne man der Regierung
nur dadurch wieder Kraft geben, indem wir für die Notare nicht blos Versetzbarkeit verlangen, sondern denselben, damit sie die Re⸗
gierung an der Hand habe, Besoldung geben. Hierin liegt ein Vertrauens⸗Votum für die Regierung. Mit vieler Wärme und in umfassendem Vortrage spricht hierauf Graf Armansperg dem Regierungs⸗Entwurfe das Wort und widerlegt mit großen Scharf⸗ sinne die gegen denselben erhobenen Bedenken und die zu demselben Ungebrachten Modificationen der Versetzbarkeit und Besoldung der otare. Hierauf nimmt der Justiz⸗Minister von Kleinschrod das Wort: Dem gegenwäaͤrtigen Ministerium sei die Aufgabe geworden, die im Jahre 1848 verheißene Gesetzgebung zu erfüllen. Bei der Ausarbeitung des Gesetz⸗Entwurfs über die Gerichtsverfassung habe man die Ueberzeugung gewonnen, daß die Frage, ob das Notariat eingeführt werden solle, keiner weiteren Prüfung mehr bedürfe, um so mehr, da die Erfahrung zeige, daß in den Ländern, wo das No⸗ tariat seit Menschenaltern bestehe, keine Unzufriedenheit mit demsel⸗ ben sich kundgebe, sondern im Gegentheil eine Anhänglichkeit an diese Einrichtung bestehe. Diese Rücksicht, keinesweges aber eine schwärmerische Vorliebe für die pfälzischen Einrichtungen, habe die Minister zur Vorlage des Entwurfs bestimmt. Der Redner giebt hierauf eine historische Entwickelung des Notariats in Deutschland, geht dann darauf über, daß man das Notariat bei dem Gesetz⸗Ent⸗ wurfe über die Gerichts⸗Verfassung, den die Regierung im Jahre 1849 dem Landtage vorlegte, sogenannten Amtspflegern übertra⸗ gen wollte, welche Ideen keinen Anklang fanden. Es seien sonach der Regierung die Direktiven vorgezeichnet worden und nach diesen der gegenwärtige Entwurf entstanden. Derselbe sei von dem Re⸗ ferenten im Ministerium dreimal vollständig umgearbeitet worden und hierauf in einer Kommission, die aus ihm (dem Redner) als Vorsitzenden, zwei Referenten des Ministeriums, einem erfahrenen Rathe des pfälzischen Cassationshofes, einem Landrichter und 2 Advokaten zusammengesetzt war, vollständig durchberathen worden, ehe er zur Berathung in den Staatsrath gekommen. Dies voraus⸗ geschickt, geht der Herr Redner auf die Bedeutung des Notariats und seine Vorzüge über und widerlegt die gegen den Entwurf ge⸗ machten Bedenken. Das Notariats⸗Gesetz habe nicht die Tendenz, alle Privat⸗Urkunden schwinden zu lassen, nur der, welcher der Urkunde sichere Kraft verleihen wolle, werde zum Notar gehen. Wo man octroyiren könne, da könne man so viele Gesetze vorlegen, als man für gut finde, wo man aber an die Zustimmung des Landtages gebunden sei, müsse die Gesetzgebung successive vor⸗ schreiten. Man werde nicht eher eine Taxordnung vorlegen, bis man wisse, ob überhaupt Notare gegeben würden. In allen bedeu⸗ tenden deutschen Ländern sei eine Besoldung der Notare niemals herkömmlich gewesen, dieselbe sei sogar mit dem jetzt zu schaffen⸗ den Institute unvereinbar und unmöglich in einer Zeit, wo der Staatshaushalt mit einem Defizit bedroht sei. Das Ministe⸗ rium werde sich nicht entschließen, wegen des Notariats neue Schulden zu machen, und die Einführung der allgemeinen Tax⸗ ordnung in Unterfranken und die Aufhebung der Siegelmäßig⸗ keit seien bereits bei der Entwerfung des Budgeis berücksichtigt worden. Ein besoldeter Notar würde sich um seine Geschäfte wenig kümmern, da ja doch seine Besoldung reichlich fließe; auch Beamte hätten den Schwur der Treue und die Achtung vor dem Gesetze leichtsinnig verletzt; für die Versetzbarkeit habe bereits der Art. 109 des Entwurfes Vorsorge getroffen, doch werde die Regie⸗ rung auch dem Antrage des zweiten Secretairs nicht entgegentreten. Zum Schlusse begegnet der Herr Justizminister der Aeußerung des Herrn Grafen Arco⸗Valley rücksichtlich der Zahl der aufzustellenden Notare, da die Zahl 500 nur beispielsweise genommen sei, und be⸗ merkt, er (Redner) würde, wenn man sich auch für besoldete No⸗ tare ausspräche, nie ein Mißtrauensvotum darin gefunden haben; so schmeichelhaft der Ausdruck des Vertrauens, den der Herr Reichs⸗ rath Arco⸗Valley ausgesprochen, für ihn sei, so könne er, wenn man auch die Notare nicht besolde, ein Vertrauensvotum darin fin⸗ den. Er sei weit entfernt, in dieser Beziehung nur die leiseste Andeutung zu geben, welcher der Sinn untergelegt werden könnte, als wolle er sich eine Einwirkung auf die eine oder andere Ansicht erlauben. von Arnold ergreift das Wort. Nach einer historischen Einleitung über das Notariat geht derselbe auf den Entwurf über, den er als ein Meisterwerk der Legislation bezeichnet, und danach auf die Fragen der Besoldung oder Nichtbesoldung und der Sta⸗ böbilität oder der Versetzbarkeit der Notare, die er trefflich bekämpft. Aus dem meisterhaften Vortrage des Herrn Redners heben wir Folgendes hervor: Ich nehme an, der Notar bekommt 600 Fl., würde er auf dieser Stelle bleiben wollen? Gewiß nicht; ein Jurist giebt sich für 600 Fl. jährlich nicht her. Was soll mit ihm wer⸗ den? Will man ihn in den eigentlichen Justizdienst einreihen? Wenn er mehrere Jahre Notar war, wird er für einen entscheidenden Richter nicht passen. Auf diese Art bekommen wir nicht ein Nota⸗ riat, sondern ein Proletariat. Nur ein Stümper würde sich auf sein ganzes Leben um 600 Fl. verdingen. Rücksichtlich der Versetzbarkeit der Notare äußert der Redner: Der Staat soll den Notar, wenn er ihn in einem Bezirke nicht passend findet, in einen anderen versetzen können. Wird er dann dort passen? Wenn ein Notar einen Bezirk unterwühlt hat, so fragt es sich, ob es klug ist, ihn zu versetzen, damit er auch einen anderen aufwühle. Ist aber ein Bezirk schon aufgewühlt, so findet ein anderer Notar bereits guten Boden für seine Wühlerei; was soll also die Versetz⸗ barkeit helfen? Die Regierung wird hier und da eine Versetzung vornehmen, und aus der Staatskasse sind dann die Umzugskosten zu bestreiten. Warum will man aber gerade den Notaren solche Absichten unterschieben? Jeder Stand, selbst den geistlichen nicht ausgenommen, hatte ja aufrührerische Individuen aufzuweisen. In den größten Ländern Deutschlands, in Preußen und Oesterreich sind die Notare eingeführt. Soll Bayern zurückbleiben? Ist es nicht Ehrensache für unser Land, daß ein solches Institut einge⸗ führt werde? Ist es politisch, wenn die Unterthanen sehen, daß in Pfauben und Oesterreich bessere Institutionen sind, als in Bayern? Wer ein guter Bayer ist, muß das Notariatsgesetz Graf Arco⸗Valley erhält hierauf das Wort zu einer kur⸗ zen Erwiederung und führt zum Cerauf an: Da r keit der Notare für die Regierung nicht ausreiche, wie der Herr Vorredner dargethan habe, so werde er bei Artikel 100 auf die Besoldung zurückkommen, und in dieser Beziehung habe Herr Graf Armansperg einen Fingerzeig gegeben. Unter seinem Ministerium sei nämlich bei Eintheilung in Functions⸗ und Standesgehalt erfunden worden. Gebe man dem Notar 300 Fl. Standesgehalt, das an⸗ dere Functionsgehalt, so habe die Regierung den Notar in Händen; sie könne ihn zu einem hart gestraften Manne machen. Graf Ar⸗ mansperg entgegnet: Er könne sich mit dieser wohlthätigen Verfü⸗ ung der Regierung des seligen Königs Marx nicht schmücken; es b die betreffenden Gesetze in den Jahren 1805 und 1818 gegeben worden. Hart gegen das Gesetz spricht sich Fürst Wrede aus; er bezeichnet den Entwurf, wie so viele andere, als eine Ausgeburt des reyoylutionairen Jahres 1848, und meint, weil doch die Notare
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einmal eingeführt werden sollten, so wolle er sie 2gegete Heamtf, d. i. besoldet, haben. So gut ein Landgerichts⸗Assessor, der auch arbeiten müsse, mit 600 Fl. leben könne, gerade so gut könne auch brauche ja ein Notar nicht zu kaufen. Er könne dem Gesetzentwurf das Wort nicht reden, man müsse vielmehr mit der größten Vorsicht zu Werke gehen. Durch die Gesetzgebung seit 1848 seien die Kronrechte um ein Bedeutendes geschmälert wor⸗ den. Würde er dem Gesetze seine Zustimmung geben, so müßte er sich sagen, die Regierung habe wieder eine neue Gewalt verloren. Die Ereignisse in Frankreich, wo die Monarchie dreimal umgestoßen worden, seien Folgen der dortigen sogenannten liberalen Institu⸗ tionen; auch Belgien sei das Land der Unruhe. Die Geschichte der heute vielgepriesenen Pfalz habe bewiesen, daß die freisinnigen In⸗ stitutionen nicht zum Volksglücke mitwirkten, da das Jahr 1849 das größte Wehe über die Pfalz gebracht habe. Zum Schlusse ver⸗ wahrt sich der Redner gegen die Meinung, als wolle er gegen das Ministerium auftreten, allein er könne einem Gesetze nicht bei⸗ stimmen, das die Rechte der Krone noch mehr schmälere.
Von Heintz erklärt: Als er im Jahre 1848 das Gesetz über die Gerichtsorganisation eingebracht, habe das Gesetz in dieser Kammer Abänderungen und Zusätze erlitten, die ihm (dem Redner) zu frei⸗ sinnig schienen, und er habe damals einen Kampf zu bestehen ge⸗ habt, daß das Gesetz nicht zu freisinnig geworden. Heute greife man es an. Der Herr Fürst Wrede habe sich beim Jagdgesetze im vorigen Jahre entschuldigt, er sei bei der Diskussion über dasselbe im Jahre 1848 nicht zugegen gewesen; ob dies auch bei diesem Gesetze (Grundlagengesetz nämlich) der Fall war, wisse er nicht. Indeß glaube er (Redner), es sei ein Beweis von größerem Patriotis⸗ mus, wenn man zugegen gewesen, als wenn man sich damals zurück⸗ gezogen habe. Hierauf widerlegt der Herr Nedner die angeblichen Widersprüche in seinem Referate vom Jahre 1849, glaubt vielmehr, daß die Widersprüche in der Verschiedenheit der Jahre 1848 und 1851 bestehen, und spricht sich sehr scharfsinnig gegen Besoldung und Versetzung der Notare aus. Wolle man die Notare besolden, bemerkt der Herr Redner, so solle man das Gesetz in einen Artikel folgender Art fassen: „Einer von den Landgerichts⸗Assessoren nimmt den Titel Notar an, im Uebrigen bleibt es beim Alten.“ Man hege Furcht vor diesen Beamten, wenn sie im Lande ausgebreitet sind, und habe dies damit verglichen, wenn zu viele Advokaten im Lande bestehen. Dieser Vergleich sei in keiner Beziehung richtig, denn die Advokaten leben vom Streite und haben ein Interesse am Un⸗ frieden; dite Notare dagegen leben vom Frieden, wenn die Parteien einig seien, dann gingen sie zum Notar. (Heiterkeit.) Man stelle sich vor, es sollten die Advokaten Besoldungen haben und die Pro⸗ zesse umsonst führen. Würde der Advokat die Parteien anhören, und wie würde er ihre Prozesse führen? Dasselbe sei bei den No⸗ taren der Fall.
Fürst Wrede fühlt sich durch die Aeußerungen des Herrn Vorredners hart angegriffen und entgegnet: er habe an Herrn von Heintz und das damalige Ministerium bei seiner Rede nicht gedacht; auch an den liberalen Modificationen, die Herr von Heintz erwähnt, keinen Theil genommen, dagegen verwahre er sich. Die Kammer wisse, das ihm das nie eingefallen sei. Wenn er (Redner) bei der Beralhung des Jagdgesetzes, durch welches wohlerworbene Rechte mit einem Federzuge entrissen worden seien, weggegangen, so sei dies aus Aerger geschehen. Hätte man erlaubt, die Sache mit dem Schwerte auszumachen, so wäre er (Redner) geblieben. Weil er aber gesehen, daß die Räthe der Krone selbst Alles aufgeboten, um alle Verhältnisse im Lande umzukehren, so habe er dies nicht mehr aushalten können und sei davongegangen. Der erste Präsident ersucht hierauf den Fürsten Wrede, sich mit seinen Ausdrücken in den gehörigen Schranken zu halten. An der allgemeinen Diskus⸗ sion über den Entwurf betheiligen sich noch von Niethammer und Graf von Giech; Ersterer mit Befürwortung der vom zweiten Secretair eingebrachten zweiten Modification, worauf der Justiz⸗Minister dem gemachten Vorwurfe entgegnet, als werde durch das Notariatsgesetz ein Theil der Regierungsgewalt vergeben. Der Redner bemerkt, das Ministerium habe dem Fürsten Wrede keine Veranlassung zu einem solchen Rath gegeben, es habe jetzt und im Jahre 1849 bewiesen, daß es die Rechte der Krone zu wah⸗ ren wisse. Prinz Luitpold verwahrt sich hierauf mit Entschieden⸗ heit gegen die von Herrn von Arnold am Schlusse seiner Rede ge⸗ machte Aeußerung in seinem und der übrigen Kammer⸗Mitglieder Namen, indem daraus gefolgert werden könne, daß der, welcher in den Prinzipien anders stimme, kein guter Bayer sei und die Regie⸗ rung Bayerns nicht vor Augen habe, worauf Herr von Arnold seine Worte interpretirt und beifügt, er ehre jede andere Ueber⸗ zeugung, sei übrigens von dem Gedanken, daß das Gesetz eine Wohl⸗ that sei, so ergriffen, daß er nichts sehnlicher wünsche, als daß dies Gesetz zu Stande komme. Prinz Luitpold beruhigt sich bei der abgegebenen Erklärung und bemerkt, daß er das Wort deswegen ergriffen habe, um einer von anderer Seite möglichen Folgerung aus jenem Ausspruche vorzubeugen. Hiermit schließt die allgemeine Diskussion.
Arl. I. des Gesetzentwurfs, welcher lautet: „Die Notare wer⸗ den vom Könige ernannt“, wird mit dem vom zweiten Seecretair bereits im Ausschusse beantragten Zusatz: „Ihre Ernennung ist so⸗ gleich definitiv; im Uebrigen richten sich ihre Dienstesverhältnisse nach den für die öffentlichen Beamten des Administrativdienstes gel⸗ tenden allgemeinen Bestimmungen“, mit 24 gegen 10 Stimmen an⸗ genommen. Der Herr Justiz⸗Minister giebt die Erklärung ab, daß, wenn die beiden Kammern ein Mehr der Versetzbarkeit der Notare beschließen, die Staatsregierung keinen Grund hätte, dem Entwurfe die Zustimmung zu versagen.
In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten bil⸗ dete den ersten Gegenstand der Tagesordnung die Berathung über
ein Notar leben; Häuser
den Antrag des mittelfränkischen Brandversicherungs⸗Comité auf Ab⸗
änderung der revidirten Brandversicherungs⸗Ordnung. Abge⸗ ordneter Crämer, welcher sich den fraglichen Gegenstand angeeig⸗ net, begrundet dessen Dringlichkeit. Im Jahre 1811 habe eine eigene Brandkasse für Nürnberg, das Fürstenthum Ansbach und Bamberg bestanden, damals zahlte man in der Stadt Nürnberg 2 ½ Kr., während man schon damals in Altbayern 9 Kr. Brandsteuer entrichtete. Durch die Vereinigung in eine allgemeine Brandversicherungsanstalt geschah den gedachten Provinzen ein großes Unrecht. Man spricht immer von der Gleich⸗ heit vor dem Gesetze; wo bleibt dieselbe hier? Bei uns in Franken muß der ärmste Bauer sein Dach mit Ziegeln decken; geschieht das auch in Altbayern? Ich führe Sie nicht in das Gebirge, in der Residenzstadt selbst befinden sich viele Häuser mit Schin⸗ deldsichern, und täglich werden neue Schindeln gelegt. In der heutigen Nummer der Neuesten Nachrichten wird auf tiesen Mißstand aufmerksam gemacht; es ist traurig, daß die Regierung erst durch öffentliche Blätter derartige Uebelstände erfahren muß. Der Redner schließt mit einer ironischen Bemerkung über die echt deutsche Natur der Petitionaire, denn nur deutsche Geduld könne das unendliche Vertrauen haben, wie es im Antrage des mittel⸗ fränkischen Comité, dessen Fassung er übrigems nicht völlig billige, enthalten sei, und er begreife nicht, wie der mittelfränlische Abge⸗ ordnete, der im Ausschusse sitzt, dem Gutachten des letzteren beistim⸗
men konnte, da ihm das bestehende Mißverhältniß sehr bekannt sein müsse und sei. Der Ministerialkommissar von Wolfanger ergreift das Wort zur Abkürzung der Debatte. Von dem Mini⸗ sterium seien bereits die nöthigen Verfügungen an die Kreisregie⸗ rungen ergangen bezüglich der Herstellung einer gleichmäßigen Be⸗ dachung; das Ministerium des Handels und der öffentlichen Ar⸗ beiten habe Alles vorbereitet, um die im vorigen Landtage gemach⸗ ten Zusicherungen zu verwirklichen. Bereits vor mehreren Mo⸗ naten wurden die Grundzüge einer Revision der Brandversiche⸗ rungs⸗Ordnung sämmtlichen Behörden und auch Sachverstän⸗ digen mitgetheilt, und es liegen bereits voluminöse Gutachten vor, welche einer genauen Prüfung und Würdigung unterwor⸗ fen werden, so daß noch im Laufe des gegenwärtigen Landta— ges der Entwurf eines revidirten Gesetzes der Kummer vorgelegt werden kann. Was den vorliegenden Antrag betrifft, so würde man dadurch nicht zum Ziele gelangen, weshalb es besser sei, den gemachten Zusicherungen Vertrauen zu schenken. Fürst Wallerstein verbreitet sich mit großer Ausführlichkeit über den Gegenstand, den er nach allen Richtungen erschöpft; er könne dem Antrage, wie er gestellt, nicht beipflichten, würde aber nie und nimmermehr dem
Ausschußgutachten beitreten, da dasselbe eine Schwächung des ge⸗ meinsamen Kammerbeschlusses vom vorigen Landtage enthalte; auf diesen gestützt, müsse man kategorisch verlangen, nicht ewig ver⸗
trauen. Forndran ist für die Decentralisation, von der er allein Abhülfe erwartet, kann aber aus formellen Gründen dem mittel⸗ fränkischen Antrage nicht beistimmen und glaubt, daß man den Zu⸗ sicherungen der Regierung hier Glauben schenken müsse.
Reinhart beginnt mit einer Betrachtung über „Versprechen und Nichthalten“ und versichert unter Hindeutung auf ein bekann⸗ tes Sprichwort, daß er zur Regierung kein Vertranen habe. In gewohnter Weise beklagt er, daß gerade im bayerischen Crystal⸗ lisalionskern sy viele Brände stattfänden. Es sei unbillig, daß Franken für die schlechte Bauart und Fahrlässigkeit in Altbayern mitbüßen solle. Der Redner schließt mit einem Vergleiche des In⸗ halts der März⸗Proclamation und dessen, was gehalten worden sei, und zieht varaus ein ungünstiges Resultat für das Ministerium. Kolb ist der Ansicht, daß die Decentralisation die Brandschäden vermin⸗ dern würde; er findet es durchaus unbillig, fünf Achtel des Landes für drei Achtel verantwortlich zu machen. Dr. Arnheim pflichtet dem Ausschußgutachten bei und beleuchtet die Kehr⸗ und Schatten⸗ seiten der Decentralisation, indem er auf die großen Brände hin⸗ weist, welche in Oberfranken, wie in Hof, Rehau, Wunsiedel, Kirchenlamitz, kurz auf einander gefolgt seien. Wäre der Kreis Oberfranken damals auf sich allein angewiesen gewesen, so würde er nicht im Stande gewesen sein, die Entschädigung zu leisten, und am Ende hätte der Staat als solcher in Mitleidenschaft gezogen werden müssen. Ein gleiches Unglück sei aber eben⸗ sowohl in Mittelfranken, wie in anderen Kreisen, denkbar; denn daß gute Bauart allein nicht schütze, habe der Brand von Ham⸗ burg gezeigt. Der Redner spricht schließlich die Hoffnung aus, daß die Regierung noch diesem Landtage die versprochene neue Brandversicherungs⸗Ordnung vorlegen werde. Dr. Morgen⸗ stern macht auf andere Staaten aufmerksam, wo keine gezwun⸗ gene Gegenseitigkrit bestehe und die deshalb doch gut daran seien. Trotz der mangelhaften Formulirung stimme er für den vom Ab⸗ geordneten Crämer angeeigneten Antrag, da seiner Ansicht nach das bisherige Prinzip nichts tauge und es dem freien Willen der Einzelnen überlassen bleiben müsse, wie und bei welcher Gesellschaft sie sich versichern lassen wollten. Kleine Verbesserungen an dem gegenwärtigen Gesetze oder auch ein neues Entschädigungs⸗Verfah⸗ ren würden dem Uebel nicht abhelfen, weil die Grundlage des Ge⸗ setzes falsch sei. Ruland stimmt dem Ausschußantrage bei; des⸗ gleichen Schnizlein unter Anerkennung der vorhandenen Uebel⸗ stände. Fürst Wallerstein will in dem Votum des Abgeordne⸗ ten Dr. Arn eim von heute und in seinem neulichen Antrage auf Zulassung der gothaer Versicherungsbank einen Widerspruch finden. Zur Frage selbst bemerkt er vom allgemeinen deutschen Gesichts⸗ punkt aus, daß es dahin kommen müsse, daß der Diutsche sich in Deutschland versichern lassen könne, wo und wie er wolle; es sei ja neulich in emer hochwichtigen Debatte selbst vom Ministertische aus die Einigung der materiellen Interessen als Grundlage po⸗ litischer Einigung aufgestellt worden. Hieran knüpft der Redner einige Bemerkungen über die Verleugnung des deutschen Elements, verweist auf die Abnahme der deutschen Kokarden und Bänder an den Helmen und Fahnen unseres Militairs und kritisirt den im neuen Strafgesetzbuche aufgenommenen vormärzlichen Begriff, wo⸗ nach jeder Nichtbayer als Ausländer bezeichnet wird. Trotz des jetzt faktisch herrschenden Dualismus werde, so hoffe er, die Eini⸗ gung doch noch zu Stande kommen. Nach einigen faktischen Be⸗ richtigungen der Herren Arnheim, Fürst Wallerstein, Morgen⸗ stern empfiehlt der Antragsteller Crämer nochmals mit Wärme die Annahme des Antrags, während der Referent Hirsch⸗ berger das Ausschußgutachten aufrecht hält. Ministerial⸗ Kommissär von Wolfanger belruchtet den Gegenstand nochmals nach seinen einzelnen Richtungen und hebt den patrioti⸗ schen und humanistischen Gesichtspunkt des gemeinsamen Zusammen⸗ wirkens bei entstandenem Unglücke hervor, worauf der Staats⸗ minister von Ringelmann nachweist, daß in dem Ansschußvor⸗ schlage keine Schwächung des früheren Kammerbeschlusses enthalten sei. Auf eine Bemerkung des Herrn Fürsten Wallerstein sei zu erinnern, daß man zur Freiheit Deutschlands nur dann ein passen⸗ des Element liefern werde, wenn man im engeren Vaterland ganz geeinigt sei und auf Tod und Leben zusammenhalte. Bei der nun erfolgenden Abstimmung wird der Antrag Crämer's verworfen und das Ausschußgutachten zum Beschluß erhoben.
Den zweiten Gegenstand der Tagesordnung bildet die Berathung⸗ und Schlußfassung über die Nachweisung der Erträgnisse der Kö⸗ nigl. Postanstalt in den Etatsjahren 1847 bis 1849. Der Aus⸗ schuß beantragt: „Es sei diesen Nachweisungen die Anerkennung zu ertheilen.“ Außerdem liegen noch zwei Anträge vor. Dr. Arnheim beantragt: hohe Kammer wolle den Wunsch beschließen: es möge der Tarif für Sendungen von Behörden an Private im Inlande von dem für nicht frankirte Objekte eingeführten Porto⸗ beischlage befreit werden; der Abgeordnete Crämer beantragt: die hohe Kammer wolle dem Referate über die Erträgnisse der Kö⸗ niglichen Postanstalten folgenden Wunsch beifügen: „In Anbetracht der bei den Ober⸗Postämtern München, Nüruberg und Würzburg so häufig vorkommenden Neubauten und Reparaturen von Post⸗ und Eilwagen sollen die einschlägigen Arbeiten für die Folge nicht wie bisher nur je einem der betreffenden Gewerbsmeister überlassen werden, sondern es solle damit etwa alle Jahre unter denselben ge⸗ wechselt werden und, so weit es sich mit den Interessen der Anstalt vereinbaren läßt, vorzugsweise auf die ärmeren Gewerbsleute Rück⸗ sicht genommen werden.“ Bei der Abstimmung ward der Ausschuß⸗ Antrag und der Antrag des Abgeordneten Arnheim angenommen, der Crämersche aber mit geringer Majorität verworfen.
München, 13. Mai. (O. P. A. Z.) Heute Nachmittag um 3 ½ Uhr starb die Frau Herzogin Amalig von Leuchtenberg, Herzo⸗
gin von Braganza, Wittwe des Kaisers Dom Pedro J. von Bra⸗ silien (geb. 31. Juli 1812). 8
Sachsen. Dresden, 14. Mai. Das Dresd. Journal enthält Folgendes: „Heute Morgen 25 Uhr ist (wie bereits er⸗ wähnt) der Kaiserl. österreichische Ministerpräsident Fürst v. Schwar⸗ zenberg von Wien und der Koönigl. preuß. Ministerpräsident Frei⸗ herr v. Manteuffel Mittag 41 Uhr von Berlin hier eingetroffen. Beide wurden in königl. Hofwagen von den Bahnhöfen nach dem Königl. Prinzenpalais abgeholt, wo dieselben wie bei der früheren Anwesenheit, wieder abgetreten sind. Von München ist Herr Mini⸗ sterpräsident von der Pfordten, von Hannover Herr von Münchhausen, von Darmstadt Herr von Dalwigk, von Karlsruhe Freiherr von Rüdt, von Stuttgart Freiherr von Neurath angekommen, sowie überhaupt die meisten der Herren Minister, welchs der Eröffnung der Konfe⸗ renz beigewohnt haben, hier wieder anwesend sind. Von Berlin ist ferner angelangt der Kaiserliche Gesandte, Herr von Prokesch⸗Osten, von Wien der Königl. bayerische Gesandte Graf von Lerchenfeld und der Königl. sächsische Gesandte Herr von Könneritz. Einem Diner, das heute zu Ehren der Ministerpräsidenten von Oesterreich und Preußen beim Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Freiherrn von Beust, stattfand, wohnte auch ein Theil der bereits anwesenden Konferenzbevollmächtigten bei.
Hessen und bei Rhein. Darmstadt, 13. Mai. (O. P. A. Z.) In der heutigen Sitzung stellten die Abgeordneten Win⸗ ter, Grolmann, Engelbach und Humann den Antrag, die Staats⸗ regierung um Vorlegung des Entwurss eines Gesetzes zu ersuchen, wonach mit ausgedienten Militairs, unter dem Rang eines Offiziers, untergeordnete Staatsdienststellen ausschließlich zu besetzen seien. Auf der übermorgenden Tagesordnung der zweiten Kammer steht der Goldmannsche Antrag wegen Reorganisation der Verwaltung durch Rückkehr zu dem Institut der Landräthe.
Ausland.
Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 13. Mai. Den Vorsitz führt General Bedeau. Die beiden Skrutinien zur noch ausstehenden Wahl der Vice⸗Präsidenten und Secretaire werden eröffnet. Der Präsident theilt mit, daß der Repräsentant Esquiros den Minister des Innern über die Be⸗ handlung der politischen Gefangenen auf Belle Isle en mer zu interpelliren wünsche. Die Interpellation wird auf kommenden Dienstag festgesetzt. An der Tagesordnung ist die Fort⸗ setzung der dritten Berathung des Gesetz⸗Entwurfes über die Westbahn. Man erfährt, daß die vom legitimistischen Parteivereine der Rue Rivoli zur Feststellung der Ausgangspunkte der Vorberei⸗ tungs⸗Diskussion erwählte Kommission aus 16 Mitgliedern besteht und Falloux zu ihrem Berichterstatter erwählt hat. Das Westbahn⸗ gesetz wird in dritter Lesung mit 436 gegen 208 Stimmen ange⸗ nommen. Bei der Vice⸗Präsidentenwahl hat nur Daru die abso⸗ lute Majorität erhalten. Bei der Wahl der Secretaire hat YNvon allein die absolute Majorität; da Arnaud (be l'Ariège) nicht an⸗ nimmt, so findet morgen Kugelung zwischen Heeckeren und Moulin statt. Emil von Girardin will den Minister des Innern wegen einer am 9ten an den Präfekten der Landes, in welchem Departe⸗ ment am 11ten die Wahl stattfinden sollte, abgesendeten telegraphi⸗ schen Depesche interpelliren, wird bis zur Wahlprüfung verschoben und die Sitzung aufgehoben.
Paris, 12. Mai. Die Ankündigung, welche die Beschlag⸗ nahme der Gazette des Communes veranlaßte, enthielt das politische Programm dieses Blattes und lautete: „Zeitung der Ge⸗ meinden, Organ des Widerstandes gegen den Sozialismus und der antirepublikanischen Propaganda, Journal des Geistlichen, des Bür germeisters und des Schullehrers, des großen und kleinen Grund⸗ besitzers, des großen und kleinen Rentiers von Stadt und Land und der Reactionaire aller Klassen. Krieg dem Sozialismus! Krieg der Anarchie! Krieg der Revolufion! Die Republik ist die Anarchie in den Ideen und der Wirklichkeit, die Re⸗ volution in Permanenz, die Unterdrückung Aller durch Jeden und Jedes durch Alle, die Unordnung, das Mißtrauen, das Elend und der Tod, das Leben von einem Tage auf den anderen, die schlimmste Lage eines Volkes. Die Monarchie ist die Ordnung, die Freiheit, die Achtung aller Rechte, das Vertrauen, die Wohl⸗ fahrt, die Kraft und die Zukunft. Frankreich geht auf die Mo⸗ narchie los. Glaube, Vergessenheit, Eintracht und Thätigkeit ist der Wahlspruch, die Anfgabe, mit einem Worte: dee Politik der Zeilung der Gemeinden.“
Die plötzlichen Angriffe auf Schildwachen und andere verein⸗ zelte Militairs vermehren sich in neuester Zeit dergestalt, daß der Kriegsminister beschlossen haben soll, ein Rundschreiben ergehen zu lassen, wonach die Soldaten die Stadtmauern nur je vier zusammen verlassen und im Falle eines Angriffes sofort von ihren Waffen Gebrauch machen sollen.
Nach einem ürtikel des Journal des Döobats beliefen sich die Gesammt⸗Einlagen in die Sparkassen des Landes, welche beim Ausbruche der Febrnar⸗Revolution etwa 350 Millionen betrugen und am 31. Dezember 1848 auf 10,976,338 Fr. gesunken waren, am 31. Dezember 1849 auf 39, am 31. Dezember 1850 auf 102 ½ und am 5. April 1851 auf 165 Millionen.
Die Handelskammer zu Lyon hat sich an der Subscription für
die beschäftigungslosen Arbeiter mit 10,000 Fr. betheiligt.
Im Korreze⸗Departement, so wie zu Perpignan, wo in letzter Zeit nächtliche Versammlungen stattfanden, sind eine Anzahl Ver⸗ haftungen vorgenommen worden.
Paris, 13. Mai. Man wollte gestern am Schlusse der Sitzung in der National⸗Versammlung wissen, daß das Elysee der Idee Veron's bezüglich Abschaffung des neuen Wahlgesetzes keinesweges abgeneigt sei und mit denjenigen Mitgl’iedern des Kabinets, welche auf dessen Beibehaltung bestehen, bereits eine Auseinandersetzung stattgefunden habe, die deren Rücktritt zur Folge haben dürfte. Odilon Barrot hatte gestern eine längere Konferenz mit dem Präsidenten der Republik. Die legitimistische Opinion pu⸗ blique bemerkt zu dem gestrigen Artikel Veron’'s: „Undankbare Stadt! rief Coriolan aus, als er Rom den Rücken kehrte, um zu den Volskern überzugehen. Die Politik ist herzlos, sagt Dr. Veron, indem er dem Elysee zur Hälfte den Rücken wendet. Wird Veron jetzt zu den Volskern übergehen? Wir glauben es nicht. Veron hat zu viel Patriotismus und politische Erfahrung, um nicht zu wissen, daß man auch anderswo, als bei den Volskern gut aufge⸗ nommen werden kann. Wir erwarten ihn.“
Die Presse meint, daß nach den Erklärungen der leitenden pariser Journale weder eine Verfassungsrevision, noch ein Druck von außen durch Petitionen, noch eine Präsidentschaftsverlängerung stattfinden werde. Die Wahl am 10. Mai werde also, wenn das allgemeine Wahlrecht bis dahin wieder hergestellt wäre, eben so ruhig, wie die des 10. Dezember vor sich gehen. Ja, die große Partei der Ordnung habe schon ihren Kandidaten, den General
Cavaignac. Das Sisele unterstütze ihn bereits, das Journal des Débats werde nicht fehlen, und wahrscheinlich kommt auch der Constitutionnel dazu. Die Legitimisten, Fusionisten und Or⸗ leanisten würden Cavaignac diesmal eben so gegen Bonaparte un⸗ terstützen, wie sie früher Bonaparte gegen Cavaignac unterstützt hätten. Endlich finde Cavaignac große Unterstützung bei den Ban⸗ quiers, Fabrikanten und dem hohen und mittleren Handel. Soviel stehe überall fest: Verfassungswidrig für Bonaparte stimmen, hieße constitutionell Ledru Rollin wählbar machen, dessen Kontumazurtheil drei Millionen Stimmen aufzuheben bereit seien. 8
In der National⸗Versammlung hieß es gestern, die Fusion sei vollzogen. Die Generale von St. Priest und Changarnier hätten eine lange Konferenz gehabt. Dem gegenüber behauptet die Presse, wenn die Fusion auch in Paris fertig sei, so sei sie es doch nicht in Claremont, wo sie vorgestern, Freitags, entschieden und einstim⸗ mig zurückgewiesen und gemißbilligt worden, da, trotz aller entgegen⸗ gesetzten Behauptungen, der Herzog von Nemours, wie die Her⸗ zogin von Orleans und die Prinzen Aumale und Joinville, ent⸗ schirdene Gegner derselben seien.
Der Constitutionnel empfifehlt heute der National⸗Ver⸗ sammlung den Antrag Morin's, daß selbst verworfene Verfassungs⸗ Revisions⸗Anträge binnen Monatsfrist wieder eingebracht werden könnten, zur Annahme. Das General-⸗Revisions⸗Comité hat nun⸗ mehr seine Büreaus definitiv in der Rue Neuve Saint Augustin Nr. 20 eröffnet.
Bei den Vice⸗Präsidenten⸗Wahlen in der gestrigen Sitzung der National⸗Versammlung erhielt General Bedeau allein die ab⸗ solute Majorität. 1
Im Laufe dieser Woche will der Präsident dem gesammten diplomatischen Corps ein großes Bankett geben. 1
Alle Krystallfabrikate, welche Frankreich nach London gesendet hat, sollen nach Beendigung der dortigen Ausstellung hier ausge⸗ stellt werden. Die von der londoner Jury Ausgezeichneten dürf⸗ ten, wie man glaubt, das Ehrenlegionskreuz erhalten.
Heute und gestern wurde der berühmte Porzellanservice der Familie Orleans zu sehr annehmbaren Preisen verkauft.
In der gestrigen National⸗Versammlung war der Bruder des verstorbenen irländischen Agitators John O'Connell erschienen. Er entfernte sich aber sofort, als die Interpellation wegen des Belage⸗ rungszustandes verlagt wurde. Seine Aehnlichkeit mit Daniel O’'Connell wurde täuschend gefunden.
Die Kommission fuͤr innere Verwaltung hatte gestern den ihr zugewiesenen Gesetz⸗Entwurf über Verlängerung der Amtsdauer der General⸗, Bezirks⸗ und Gemeinderäthe auf der Tagesordnung. Ungeachtet der von der Regierung verlangten Dringlichkeit wurde dessen Berathung auf einen anderen Sitzungstag verschoben.
Die demokratischen Petitionen um Abschaffung des neuen Wahlgesetzes erhalten jetzt Unterstützung in legitimistischen, welche ebenfalls die Wiederherstellung des allgemeinen Wahlrechtes fordern.
Zu Aiguessives im Gard⸗Departement kam es am 8. Mai zu Exzessen, indem ein Volkshaufe das Militair und die Gendarmen,
welchen die Verhinderung eines angekündigten Stiergefechts befoh⸗ len war, mit Steinen warf, so daß die Soldaten, die durch eine Schwadron Reiterei unterstützt wurden, das Bajonnett fällen und die Menge auseinandertreiben mußten. Ein Stier, den man auf die Soldaten losließ, wurde erschossen. Bei diesen Exzessen sollen die Ortsbewohner Barrikaden errichtet haben und fünf derselben von den vordringenden Soldaten verwundet worden sein. Am fol⸗ genden Tag war Alles wieder ruhig.
Man versichert, daß Herr von Broglie im Namen des Vereins der Pyramiden⸗Straße am 5. Juni den Antrag auf Verfassungs⸗ Revision einreichen werde.
Der Minister des Innern soll beschlossen haben, bei eintreten⸗ den Vakanzen in den Präfekturen nur ehemalige Präfekte, die zur Wiederanstellung berechtigt sind, zu berücksichtigen. ““
In der National⸗Versammlung hieß es heule, daß fünf De⸗ partements des Centrums in Belagerungszustand erklärt werden sollten, weil dort der Sozialismus besonders thätig Propaganda treibe, deren Mittelpunkte Limoges, Brives und Tulle seien.
Irland. Parlament. Ober⸗ haus. Sitzung vom 12. Mat. Wieder kommen antipäpstliche Peti⸗ tionen auf den Tisch des Hauses; ferner auch Petitionen zu Gunsten der Bill gegen den Sonntags⸗Verkehr, von Geistlichen, Armenhaus⸗ Beamten und anderen Personen unterzeichnet. Darauf überreicht und befürwortet der Graf Glengall eine Petition der Großen Jury von Tipperary in Irland um Schutz gegen die ungeheure Mehl-Einfuhr vom Auslande, namentlich von Frankreich, in⸗ dem dieselbe den einheimischen Pächter, Müller und Häusler unvermeidlich an den Bettelstab bringen müsse. Sir Robert Peel's Trostwort, daß Frankreich, welches selber Getraide einführe, kein ge⸗ fährlicher Konkurrent sein werde, habe sich als falsche Prophezeiung erwiesen. Dieses Thema führte auch zu einigen erheiternden Zwischenscenen. So zog Graf von Glengall eine Tüte mit Mehl aus der Tasche und ließ sie herumgehen, um zu zeigen, wie schlecht die eingeführte Waare gewöhnlich sei, und der Graf von Mal⸗ mesbury rief, nachdem er die Weizeneinfuhr aus Frankreich auf 1,900,000 Centner jährlich geschätzt: „Glauben Sie, die Franzo⸗ sen schicken uns dies Alles aus Liebe zu England?“ (Schal⸗ lendes Gelächter.) Graf Granville gab die Noth der irländischen Müller zu, leitete sie aber nicht vom Freihan⸗ del ab, sondern von den zahllosen neueren Erfindungen und Verbesserungen im Mühlenbau und Mahlmaschinenwesen, wodurch ein beschränktes Kapital gegen das größere nicht aufkom⸗ men könne. Die Petition wurde dann auf den Tisch des Hauses niedergelegt. Die Bill zur Verbesserung der Akte üͤber die Kirchen⸗ gebäude wurde vor ein Spezial⸗Comité gewiesen, und das Haus vertagte sich um 3 auf 8 Uhr Abends.
Unterhaus. Sitzung vom 12. Mai. Ueber 21 antipäpst⸗ liche Petitionen, einige gegen die Titel⸗Bill von mehreren katholi⸗ schen Gemeinden, eine gegen die Zulassung von Juden ins Parla⸗ ment, aus Berkshire, überreicht von dem Mitglied der katholischen Opposition, Herrn Roundell Palmer, und andere wurden überreicht. Auf der Tagesordnung stand die Comité⸗Berathung der Bill gegen die Anmaßung kirchlicher Titel. Als der Sprecher seinen Lehnstuhl verlassen und somit das Zeichen zur Comité Konstituirung geben sollte, erhob Herr Moore, für Mayo in Irland, feierlichen Protest gegen diese Ceremonie durch Anrufung eines Paragraphen der Geschäftsordnung, der aus dem Jahre 1773 datire und wonach die Titel⸗Bill ihre bis⸗ herigen Stadien in formwidriger Weise durchgemacht habe, denn nach jener Bestimmung dürfe keine die Religion betreffende oder Aenderungen in religiösen Gesetzen bezweckende Bill eingebracht werden, bevor sie einem Comité des ganzen Hauses vorgelegt und die Berathung besagter Bill vom ganzen Hause genehmigt worden sei. Dieser Protest gab Gelegenheit zur Wiederaufnahmedes ganzen Themas. Sir G. Grey: „Die Regierung war auf den Einwand gefaßt. Der Ein⸗ wand ist ungültig, denn die Bill ist keine religiöse. Und wenn er gültig ist, so kömmt er zu spät.“ Herr Roebuck unterstützt den Protest. Der Sprecher: „Die Frage hat ihre Schwierigkeiten,
da es für die Auslegung der Definitionen „sich auf die Re
Großbritanien und
ion
beziehende“ und „die Religion betreffende Gesetze“ keine direkte Autorität giebt, doch sprechen viele legislative Beispiele da⸗ für, daß die vorläufige Comité⸗Berathung in Fällen, wie der vorliegende, unnöthig ist.“ Herr M. Gibson: Die Frage ist so zweifelhaft, daß ein Spezial⸗Comité vorerst die an⸗ geführten Präzedenz⸗Beispiele prüfen und ein Gutachten darüber zur weiteren Begutachtung durch den Sprecher und dann durch das Haus fällen sollte.“ Herr Grattan spricht kurz aber heftig ge⸗ gen die Bill. Herr Reynolds verlangt die Vertagung der De⸗ batte. Herr Keogh citirt die Ansicht von Rechtsgelehrten, um zu beweisen, daß die Bill die Bischöfe hindern würde, 5 geistlichen Pflichten zu erfüllen, also eine Religions⸗ FFe en gung implizire. Der Gerenal⸗Fiskal: „Die Worte „Re i⸗ gion“ und „religiöse Gesetze“ in der Reglements⸗ Bestim⸗ mung von 1773 beziehen sich lediglich auf die Staatskirche. Herr Gladstone: „Das Argument des General⸗Fiskals ist nicht unrichtig; die Bill bezieht sich aber klar und deutlich auf die Staats- kirche, indem sie dieselbe zu stärken und zu befestigen bezweckt; folg⸗ lich gilt jener Paragraph der Geschäftsordnung hier, und stimme ich für Herrn Gibson's Spezial⸗Comité.“ Lord John Russell: „Das Gutachten dieses Comité's muß ja doch wieder Alles der Entscheidung des Hauses überlassen.”“ Herr Bright ist ganz der Ansicht Herrn Gladstone's. Die Motion auf Ver⸗ tagung der Debatte kömmt zur Abstimmung und fällt mit 179 gegen 53 Stimmen durch. Herr Lawleß wiederholt den An⸗ trag, der wieder mit 145 gegen 36 Stimmen durchfällt. Herr John O’'Connell will, man solle sich des Gesetzgebens in ka⸗ tholischen Dingen enthalten, bis der Papst sich eine weltliche oder bürgerliche Gerichtsbarkeit in England anmaße. Herr Urquhart wiederholt seine Philippika vom vorigen Freitag, und Herr Keogh erneuert die Behauptung, daß die Regierung den Papst zur Erlas⸗ sung des Reskripts aufgemuntert habe. Er selbst sah in Rom das bri⸗ tische Konsulatgebäude illuminirt zur Feier der Erhebung Dr. Wiseman’s zum Erzbischof von Westminster. Lord J. Russell vertheidigt die Bill wiederum gegen den Vorwurf der Verfolgungssucht und meint, die Redner für „politische und religiöse Freiheit“ wollten doch nicht England jene religiöse Freiheit erringen, welche Rom ge-⸗ nieße. Herr Bright setzt in langer Rede aus einander, daß man der Frage Gewalt anthun müsse, um sie zu einer politischen zu machen; daß die Bill weder den Papst, noch den Kar⸗ dinal treffen, aber der englischen Regierung und Gesetz gebung schaden würde, daß sie Zwietracht zwischen England und Irland säen müsse und die Frucht einer Uebereilung sei, was die Regierung aus falscher Scham nicht bekennen wolle. Zum drittenmale wurde der Antrag auf Vertagung der Debatte gestellt und mit 365 gegen 54 Stimmen verworfen, bis endlich eine vierte Motion gestellt und mit Lord Russell's Zustimmung genehmigt wurde. Vor dem Schluß der Sitzung (¾ auf 2 Uhr Nachts) kam noch die Bill über die Eigenthums-Steuer zur dritten und letzten Lesung.
London, 13. Mai. Der Hof und seine hohen Gäste besuchten gestern Vormittags die Ausstellung. Prinz Albrecht präsidirte Nach⸗ mittags einer Sitzung der Ausstellungs⸗ Kommission. Die Prin⸗ zessin von Preußen fuhr mit der Herzogin von Kent nach Claremont und besuchte daselbst die Herzoginnen von Orleans und von Remours. Der Prinz von Preußen, Prinz Friedrich Wilhelm und die Prinzessin Luise von Preußen verließen mit ihrem Gefolge London um 12 Uhr, fuhren auf der Eisenbahn nach Windsor und nahmen dort ein Frühstück ein, worauf Dieselben in offenen vierspännigen Wa⸗ gen die Gärten von Cragmore besichtigten. Nach 4 Uhr trafen sie wieder im Buckingham⸗ Palast ein. Abends war Konzert bei der Königin, zu welchem alle Gesandten und der höchste Adel geladen war. Es waren 300 bis 400 Gäste anwesend. Das Konzert begann um 10 Uhr. Die Herren Formes, Mario, Coletti, Lablache und Gardoni, die Damen Castel⸗ lan, Duprez und Grisi trugen Stücke von Bethoven, Meyerbeer, Herold, Mozart, Rossini und einen vom Prinzen Albrecht komponir⸗ ten Chor mit Solopartieen vor. In der Pause um 11 Uhr wur⸗ den im Speisesaal Erfrischungen servirt.
Lady Franklin macht durch die heutigen Blätter bekannt, daß das von ihr ausgerüstete Schiff „Prinz Albrecht“ am 15. Mai seine Reise nach den Nordpol⸗Gegenden antreten wird. Es nimmt Briefe und Personen nach den dortigen Stationen mit.
Rußland und Polen. Warschau, 14. Mai. Gestern Abend 5 ½ Uhr trafen Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin hier ein und nahmen ihre Residenz im Palast Lazienki. In der Begleitung des Kaisers befinden sich die General⸗Adjutanten Graf Orloff, Graf Adlerberg und Apraxin, der Ober⸗Hofmarschall Graf Schuiwaloff und der Generalmajor Fürst Mentschikoff. Der Kaiser wurde am Palast vom Fürsten⸗Statthalter, die Kaiserin von de Fürstin, seiner Gemahlin, empfangen⸗ Die Stadt war Abends glänzend erleuchtet. Von Wien ist der russische Gesandte am dor⸗ tigen Hofe, Baron Meyendorff, hier angekommen.
Dänemark. Kopenhagen, 12. Mai. (Alt. Merk.) Die Notabeln aus dem Königreiche Dänemark reisen diesen Nachmittag mit dem „Geyser“ nach Flensburg ab. Sie hatten gestern, Jeder für sich, Andienz bei dem Könige. Dem Vernehmen nach wird auch der Minister von Tillisch mit demselben Dampfschiffe nach Flens⸗ burg zurückkehren.
Italien. Turin, 9. Mai. (W. Z.) Minister Graf Ca⸗ vour hat das Finanzprojekt vorgelegt. Nach demselben soll die pie⸗ montesische Schuld von 480 Millionen auf 600 Millionen Lire er⸗ höht werden. Zur Deckung des Bedarfes wird eine Anleihe zu London im Betrage von 75 Millionen Lire abgeschlossen und auf die Staats⸗Eisenbahnen hypothezirt, die Grundsteuer um 25 pCt. erhoht, eine freiwillige Subscription von 18,000 Staats⸗Obliga⸗ tionen im Inlande eröffnet und die Emission von Tresorscheinen im Betrage von 5 Millionen Lire verfügt.
Rom, 1. Mai. (Ll.) Im Hause des hiesigen Bürgers Giuseppe Forti ist eine Petarde oder, wie Einige behaupten, eine mit verschirdenem Zündstoff angefüllte Kiste gesprungen. Forti, ein wohlhabender Besitzer und Kaufmann, ist wegen seiner Ergeben⸗ heit an die päpstliche Regierung und wegen seines Einflusses, den ihm seine Rechtlichkeit und Handelsverhältnisse auf die Volksmasse geben, von der demokratischen Partei sehr angefeindet. In letzte⸗ rer Zeit wurde er zur Administration eines Zweiges der Doguane und indirekten Besteuerungs⸗Verwaltung berufen. Gleich beim Antritt seines Amtes mußte er einige wegen schlechter Gesinnung und Moralität verdächtige Arbeiter, die von seinem Vorgänger . günstigt worden waren, entlassen. Es wird allgemein geglaubt, daß diese Explosion ein von der demokratischen Partei ihm hinterlistig gelegter Fallstrick gewesen sei. Zum Glück war die Furcht bei der Explosi ößer S n. 8 Erploston größer, gis der Schahe Staatssekretariats⸗Schrei⸗
Der heilige Vater hat mittelst eines ztes bens den S-a.Ss honores und Bibliothekar von Lucca,
. 2 . W 8 c 58 Mgr. Telesforo Bini, in die Zahl seiner Haus⸗Prälaten aufge⸗- nommen.