Betriebe sorgfältig Rücksicht zu nehmen, ist aber ein Nachtheil oder die
Verhinderung des Wiederanbaues unvermeidlich, so leistet der Staatsschatz
hierfür die angemessene 8 Dünger wird dem Grundbesitzer belassen.
Dritter Abschnitt. Gebühren und Vergütung bei der dauernden .. quartierung.
8 “ §. 36. Bei dauernder Einquartierung hat das Militair die in dem anliegenden Ausweise A. und B. vorgezeichneten Gebühren anzusprechen. b §. 37. Das beiliegende Verzeichniß C. enthält die den Offizieren wun “ bei dauernder Einquartierung gebührende Zimer ine richtun *
8 38. Die Erfordernisse: a) eines von der Gemeinde beigestebl⸗ ten Militair⸗Zinszimmers sind in dem Ausweise ite göct der Gemeinde. beigestellten Milktatr⸗ Zinsstallung in dem Aus⸗ weise E., c) der Waffen⸗Uebungsplätze, Reit⸗Uebungsplätze (Reitschu⸗ len) in dem Ausweise F. angegeben. Die Erfordernisse an Raum für
Kanzleien (siehe auch die Ausweise A. und B.), Magazine, Depositorien, Wachstuben, Stockhäuser (siehe auch die Ausweise A. und B.), Transport⸗ sammelhäͤuser, Schießübungsplätze, Schwimmschulen, Uebungslager und
Spitäler werden von Fall zu Fall nach den Umständen bestimmt.
§. 39. Wird ein Mann vom Feldwebel abwärts außer Kasernen oder Militair⸗Zinszimmern untergebracht, so wird nur eine reine Liegerstatt, wie
sie im Hause vorhanden ist, gefordert und ist Beheizung und Beleuchtung
vom Quartierträger beizustellen. u §. 40. Bei dauernder Einquartierung gebührt auch der Mannschaft keine Verpflegung vom Quartierträger, doch hat sie bei der Unterbringung außer Kasernen und Militair⸗Zinszimmern die gemeinschaftliche Benutzung des Kochfeuers und des Kochgeschirres zum Abkochen anzusprechen. Die
Gemeinden und die politischen Behörden haben aber vorzusorgen, daß die öthigen Lebensmittel in guter Beschaffenheit und gegen billige Preise zum Ankaufe auch für das Militair vorhanden stnd.
8§. 41. Jedem Militair, welchem Pferdeportionen bewilligt sind, soll ür die Pferde, die er auf der Streu hält, jedoch nur innerhalb der vor⸗ schriftsmäßigen Zahl, die Stallung, wenn thunlich in dem nämlichen Hause, in welchem er einqnartiret ist oder doch möglichst nahe beigestellt werden.
§. 42. Für die untergebrachten Dienstpferde, sowohl der Offiziere, als der Mannschaft vom Wachtmeister abwärts, liefert der Quartierträger nebst der v; anch die Stallbeleuchtung in einer Laterne, dann die ersor⸗ derliche Stalleinrichtung auf die ortsübliche Art. Das Streustroh schafft die Militair⸗Verwaltung bei, der Dünger bleibt dem, welcher den Stall beigestellt hat.
§. 43. Der Platz⸗oder Stations⸗Kommandant hat wenigstens vierzehn
Tage vor Ausgang eines jeden Vierteljahres den Gemeindevorsteher von dem in Gemäßheit der ihm ertheilten höheren Weisungen anzufordernden Bedarfe von Wohnungs⸗ und sonstigen Räumlichkeiten im nächstfolgenden Vierteljahre mittelst eines Ausweises in die Kenntniß zu setzen und die darin nicht wieder angesprochenen Räume sind für das nächste Vierteljahr als anheimgesagt zu behandeln. Diese Ausweise haben nach Verlauf eines jeden Vierteljahres und nach darauf erfolgter Bestätigung des Kommandan⸗ ten, daß die Räume sämmtlich zum Gebrauche des Militairs wiiklich gestellt worden sind, zur Grundlage der Zinsausgleiche zu dienen.
S. 44. Angeforderte und von der Gemeinde beigestellte, von dem Mi⸗
litair aber nicht oder nur theil⸗ oder zeitweise benutzte Räume sind für das aanze Bestellungs⸗Vierteljahr voll zu bezahlen, doch kann die Militair⸗ erwaltung darüber für die Zeit des bezahlten Zinses gleich jedem anderen
Miether verfügen.
§. 45. Wenn während des Verlaufes des Vierteljahres ein vermehr⸗ ter Bedarf an Räumlichkeiten zum Gebrauche des Militairs eintritt, so ist sich mit den für dieses Vierteljahr schon gemietheten zu behelfen und, so weit nen nicht möglich ist, einstweilen die Durchzugsbehandlung eintreten zu §. 46. Bei der dauernden Einquartierung leistet der Staatsschatz die
Vergütung an die Gemeinde nach den alle zehn Jahre für die Benutzung
und bezüglich die geforderte Einrichtung ermittelten im Orte gewöhnlichen
Miethpreisen der Offiziers⸗Quartiere, der Kanzleien u. s. w.
§. 47. Bis diese Vergütungspreisc ermittelt werden können, ist sich in den Gemeinden aller Kronländer, wo bereits Miethverträge über die Be⸗ nutzung und Einrichtung der Quartiere u. s. w. bestehen, einstweilen nach diesen zu richten, wo aber für die Einrichtung bis jetzt nichts vergütet wird, ist diese letztere Vergütung auszumitteln und zuzuschlagen, außer solchen
Fällen endlich, wo bisher keine oder eine feste Schemalvergütung geleistet wurde
und zwar in Niederösterreich, Böhmen, Mähren, Schlesien nach den in dem beilie⸗ genden Ausweise G., in Ungarn, Siebenbürgen, Slavonien, endlich in der serbischen Woywodschaft und dem temescher Banate nach den in dem bei⸗ nenhsn Ausweise H. festgesetzten Beträgen die Vergütung vom Staate zu
S. 48. Bei der Unterbringung der Mannschaft in einer Gemeinde⸗
Kaserne oder in einem Militairzins⸗Zimmer vergütet der Staatsschatz an
die Gemeinde gegen Beistellung der vollen Gebühr für einen Mann auf einen Tag einen und einen halben Kreuzer C. M., und für die Unterbrin⸗ gung eines Dienstpferdes in einer Militairzinsstallung gegen Beistellung des
Stalllichtes und des Stallgeräthes für einen Tag und eine Nacht einen
Kreuzer 8 s. (§S. 36 und 38.) 1 “
§. 49. Für die Unterbringung der Mannschaft bei Quartiecträ⸗
S 88 8 “ sit vhen Tag und ba- “ zer E e
und eben so viel für die Unterbringung eines Die Sotg. ö1“ gung eines Dienstpferdes vom Staats⸗
Ein⸗
Wien, 23. Mai. Vorgestern fand hier ein Wettrennen statt bei welchem Ihre Kaiserliche Hoheiten die Erzherzoge Wilhelm, Albrecht, Franz Karl und Ernst und Se. Königliche Hoheit ber Großherzog Hessen erschienen.
Fäür das Uebungslager bei Olmütz werden nicht nur Truppe aus Mähren, sondern auch aus Böhmen und “ sammengezogen. In Olmütz und der Umgebung sind alle Wohnun⸗ gen von Fremden, welche dem militairischen Schauspiele beiwohnen wollen, bereits gemiethet. Im nächsten Monate wird auch in der Unicg duing ein mehrtägiges Truppen⸗Manöver stattfinden, vegbeegrvat daß sich die hohen Gäste von Olmütz nach Wien
Feldzeugmeister Freiherr von Jelacic ist gester Agra ca8 vegzede en Freih i Jelacic ist gestern aus Agram
Mitttelst Kaiserlicher Entschließung vom 7ten d. M. sind noch inige Herabsetzungen des in der Verpflegung zu haltenden Lokal⸗ tandes angeordnet worden: Die bei der zweiten Armee befindliche Stabsdragoner⸗Division wird auf eine Escadron herabgesetzt, da⸗ gegen diese Dragoner bei den übrigen Armeen (mit Ausnahme des vierten Armee⸗Corps) ganz abgeschafft; das Gleiche trifft jämmt⸗ liche Botenjäger, deren Mannschaft in die Gendarmerie ein⸗ getheilt wird. Die General⸗Quartiermeisterstabs⸗Parteien blei⸗ ben beim vierten Armee⸗Corps, werden in der zweiten Armee auf 15 Köpfe herabgesetzt, in den übrigen Armeen aber aufgelöst. Die da⸗ durch überzählig entfallenden Stabsfouriere werden, bis zur Ein⸗ bringung, denjenigen Truppen zugetheilt, welche mit Rechnungs⸗ rückständen behaftet sind. Die zweiten Zimmerleute per Compagnie werden beurlaubt. Die vierten Bataillone der ungarischen sieben⸗ bürgischen, kroatischen und slavonischen Linien Regimenter werden auf den Lokostand von 120 Mann, die vierten Bataillone der italienischen Infanterie ⸗Regimenter auf 100, die un⸗ garischen Grenadier ⸗ Bataillone (ausschließlich der bei der zweiten Armee befindlichen) auf 100, die dritten Feldbataillone der Infanterie⸗Regimenter Nr. 2, 31, 34, 39, 48, 51 und 60 dann sämmtliche Compagnieen der neuorganisirten vier siebenbür⸗ gischen Regimenter, so wie die ersten Bataillone jener Gränz⸗Re⸗ gimenter, welche nicht zur zweiten Armee gehören, auf 120 Mann,
und die Jäger⸗Bataillone, mit Ausnahme derjenigen der zweiten
Vergütung, der auf den Lagerplätzen zurückbleibende
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Armee, des vierten Armee⸗Corps, der Brigaden Kudriaffski und
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690 Stankowich, auf 12 Patrouillenführer und 100 Mann per Com⸗ ie herabgesetzt. . 1 na vegeseicische Regierung hat, dem Lloyd zufolge, mit allen fremden Regierungen, welche in Mailand Konsulate unterhal⸗ ten, die Uebereinkunft getroffen, daß die Wirksamkeit derselben mit Ende d. J. aufhört. Oesterreichische Unterthanen sind bereits der Verpflichtungeuberhoben, bei Reisen in das Ausland ihre Pässe von Konsuln in Mailand vidiren zu lassen.
Zwischen Oesterreich und Bayern ist in Betreff der Bequartie⸗ rung und Verpflegung österreichischer Truppen auf bayerischem Ge⸗ biete ein Staatsvertrag abgeschlossen und bereits ratifizirt worden. Nach demselben werden österreichische Truppen in Bayern eben so verpflegt wie die bayerischen selbst; die bayerische Regierung trägt die Kosten aus Eigenem, dieselben werden ihr aber von Monat zu Monct durch die österreichischen Kassen vergütet. Auch in Oester⸗ . steht eine Regelung des Militair-⸗Bequartierungswesens in Aussicht.)
Die L. Z. C. schreibt: „Wie wir vernehmen, wird der zwischen den Regierungen von Oesterreich und Rußland abzuschließende Donau⸗Schifffahrts⸗Vertrag auf neuer Basis, welche allen Wün⸗ schen und Bedürfnissen vollkommen genügt, errichtet. In voller Würdigung der Wichtigkeit der Donau⸗Schifffahrt hat besonders unser Handels-Ministerium auf Beseitigung der Donau derzeit noch bestehenden Hindernisse für die Schifffahrt an⸗ getragen.“
Der Minister des Innern, Dr. Bach, begleitet den Minister⸗ Präsidenten, Fürsten von Schwarzenberg, auf der Reise nach Olmütz.
Den Minister Grafen von Stadion erwartet man im Monate Juni hier. Derselbe hat die Prießnitzsche Kur zu Gräfenberg nun vollendet und ist der Genesung nahe.
Triest, 20. Mai. (Ll.) Der Wladika von Montenegro ist am 17ten hier angekommen.
Bayern. München, 22. Mai. (N. C.) Die Kammer der Reichsräthe hat den Gesetzentwurf über die bürgerlichen (civil⸗ rechtlichen) Verhältnisse der Israeliten einstimmig angenommen; des⸗ gleichen die Giechschen Auträge in der Fassung, die sie im Ausschuß erhalten hatten.
Herr von der Pfordten ist von Dresden eingetroffen.
Der J. und III. Ausschuß der Kammer der Reichsräthe hat den Antrag des Reichsraths von Arnold auf eine zweckmäßigere Gesetzgebung in protestantischen Ehetrennungssachen in der von dem Referenten vorgeschlagenen Fassung einstimmig angenommen. v. Heintz wollte noch eingeschaltet wissen, daß der Antrag blos für die Kreise diesseits des Rheines gestellt werde, da eine Abänderung in der pfälzischen Gesetzgebung in dieser Materie nicht nothwendig sei, welcher Vorschlag jedoch die Zustimmung nicht erhielt.
Die Entschädigungsansprüche für die zur Pacification Kur⸗ hessens verwendeten 22,000 Bayern berechnen sich auf 1,400,000 Fl. In dieser Summe sind die Ansätze für die nach der Pacification bis zur Zeit in Kurhessen verbliebenen Truppen nicht enthalten.
Hannover. Hannover, 21. Mai. (Hann. Ztg.) Zweite Kammer. Nachdem Präsidium die Mahnung ausgesprochen, doch möglichst präzise zur festgesetzten Zeit künftighin in den Sitzungen erscheinen zu wollen, fährt die Kammer in Berathung der Vorlage wegen Reorganisation der Provinzial⸗Landschaften ffort, rücksicht⸗ lich deren noch die beiden letzten Kommisstons⸗Anträge zu erledigen übrig sind.
Zu dem vorletzten, in Beziehung auf die osnabrücksche Land⸗ schaft gestellten, von Stüve unter spezieller Darlegung der beson⸗ deren Verhältnisse im Bezirke der Landdrostei Osnabrück ausführlich motivirten Kommissions⸗Antrage bringt Lehzen — annehmend, daß dem Kommissions⸗Antrage eine nicht völlig richtige Auffassung des betreffenden Passus im Regierungs⸗Schreiben unterliege — folgende Verbesserung in Vorschlag:
„Stände setzen voraus, daß zuerst das Verhältniß der Landestheile zu einandrr, sodann der Grundsatz, daß die Landgemeinden jedes Am⸗ tes füͤr sich einen Vertreter wählen, und endlich der Satz festgehalten werde, daß die Vetretung der Staͤdte nicht unter Zweidrittel der Ge⸗ sammtvertretung herabgedrückt werden dürfe, daß also eintreten⸗ denfalles der Stadt Osnabrück hoöͤchstens ein Deputirter ent⸗ zogen und den großen Grundeigenthümern beigelegt werden könnte.“
Mit diesem von Westerkamp und Kaulen befürworteten Ver⸗ besserungsantrage erklärt sich Lindemann für heute und unter Vorbehalt, etwaige Aenverungen später zu beantragen, einverstanden, so wie denn auch die Kammer mit großer Mehrheit dafür sich er⸗ hebt, gegen den Widerspruch Detering's, welcher an den Be⸗ schlüssen der Landschaft festhalten will, und unter Ablehnung eines von Bueren proponirten Zusatzes, daß bei 5 Deputirten der Stadt Osnabrück nur Einer dem Magistrate solle anzugehören brauchen. Die Annahme des letzten Kommissionsantrages, wonach Stände sich mit der Regierung darunter einverstanden erklären, daß für die erstmaligen Wahlen der Landgemeinden in denjenigen Aemtern, wo die Amtsvertretung nicht sofort durchgeführt werden kann, pro⸗ visorische Anordnungen nach Maßgabe der im Regierungsschreiben enthaltenen Vorschläge — jedoch unter einigen Modificationen — getroffen werden, findet keine Schwierigkeit. Ein von Weinhagen beantragter, von Oppermann, Schlüter und Bueren befürworteter, von Stüve und Lindemann dagegen als durchaus unzweckmäßig und die Ausführung hindernd entschteden bekämpfter Zusatz, demzufolge in allen Gemeinden, welche den Wunsch aussprechen, statt der Vor⸗ steher besondere Deputirte gewählt werden sollten, hat sich der Billi⸗ gung des Hauses nicht zu erfreuen. 8
Nachvdem somit alle einzelnen Anträge ihre Erledigung gefun⸗ den, kommt das Gesetz im Ganzen zur Abstimmung. Es votiren gegen das Gesetz, wie es nunmehr gestaltet: Ellissen, weil er mit der Würde der Ständeversammlung es nicht vereinbaren kann, den ephemeren Gewalten des Augenblicks ein größeres Gewicht einzu⸗ räumen, als den gewaltigen und endlich zermalmenden Forderungen des Jahrhunderts; Adickes und Schlüter, weil sie eine Bevor⸗ zugung der Ritterschaften darin finden und mit ihrer ganzen Pro⸗ vinz lieber das Alte behalten wollen, als dieses Neue erhalten; Dammers, weil der Langsche Antrag abgelehnt und er niemals für einen von den Vorschriften für die Wahlen zur ersten Kammer abweichenden Census für die großen Grundbesitzer stimmen kann; Frendentheill, weil das Gesetz einem Anachronismus gleicht und, als Kaufschilling für die Organisation betrachtet, ihm der Preis zu hoch für die Waare erscheint; endlich Röben weil durch Annahme mehrerer Kommissions⸗Anträge die gütliche macht ist. Für das Gesetz stimmen: Weinhagen, Bueren und Met⸗ ger, weil sie es für nothwendig halten, daß die Organisation end⸗ lich zur Ausführung gelange, und in der Voraussetzung, daß durch die Annahme des Gesetzes dieses Ziel erreicht werde; Gerding, weil die Hauptsache — die Aufhebung der politischen Rechte der Ritterschaften, worin der Schwerpunkt der ganzen Sache liege — durch das Gesetz erreicht werde, und weil er dem Ministerium in
an der unteren
Allem nachgeben will, um zu sehen, wer denn eigentlich im Lande die Regierung führte; endlich Lindemann in der Hofsnung, daß die dritte Berathung diejenigen Beschlüsse beseitigen werde, mit denen das Gesetz von der Regierung nicht ausgeführt werden könne. — Bei der sodann folgenden Abstimmung wird das Gesetz gegen etwa 24 Stimmen angenommen.
Oppermann überreicht dann eine Petition des Rudolph Ben⸗ fey von hier wegen Eingriffs in die persönliche Freiheit und knüpft daran folgenden Urantrag: 1
„Da nach einer bei den Ständen eingegangenen Petition, wie nach öffentlichen Blättern es vorgekommen, daß ein heimatberech⸗ tigter Hannoveraner von Polizei wegen aus der Stadt Hannover ausgewiesen ist, ohne daß dafür irgend welche Gründe ange⸗ geben und ohne daß anscheinend durch Gesetz oder Recht be⸗ bestimmte Gründe dazu vorhanden waren, solche Maßnahmen aber mit dem §. 28 des Landesverfassungs⸗Gesetzes in direktem Widerspruch zu stehen scheinen, so ersuchen Stände Königliche Regierung um baldmöglichste Aufklärung.“ eFersgea
Hannover, 22. Mai. (Hann. Zeitg.) Erste Kammer. Den wichtigeren Gegenstand der heutigen Tagesordnung bildete die Berathung des Regierungsschreibens vom 29. März Il. J., Rror⸗ ganisation der Provinzial⸗Landschaften betreffend. Beim Beginn der Verhandlung richtet von Exterde an den Minister⸗Prasidenten von Münchhausen die Frage, ob mit Sicherheit anzunehmen, daß, wenn die gegenwärtige Vorlage nebst den Ausschuß⸗Anträgen, so weit sie die Billigung der Königlichen Regierung finden sollten, ständischer⸗ seits angenommen würde, die beabsichtigte neue Organisation dann wirklich zur Ausführung komme. Der Minister⸗Präsident erklärt, daß die Regierung keinesweges mit allen Anträgen des Ausschusses einverstanden sei, verweist im Uebrigen aber auf den Inhalt des zur Berathung stehenden Schreibens, aus welchem die aufgewor⸗ fene Frage von selbst und zwar dahin sich beantworte, daß die Regierung dasjenige auch zur Ausführung zu bringen beabsichtige, wozu sie jetzt die Zustimmung der Stände beantrage. Indeß bemerkt er zu⸗ gleich mit gewohnter Offenheit, daß über künftige Verhältnisse, de⸗ ren Eintritt nicht in seiner Macht stehe, er jeder Aeußerung sich enthalten werde, um nicht Täuschungen zu veranlassen, welche nur nachtheilig wirken könnten. Als hierauf der Fragesteller zwar mit der ertheilten Antwort sich befriedigt erklärt, gleichwohl aber die⸗ selbe, mit Bezugnahme auf die voraufgegangenen mehrfachen Ab⸗ änderungs⸗Vorlagen, als sich von selbst verstehend, nicht anerkennen will, weist der Minister⸗Präsident darauf hin, daß die beantrag⸗ ten Aenderungen früherer Beschlüsse nur als unabweisliche Folge eingetretener Bedürfnisse betrachtet werden könnten und
Besorgnisse der angedeuteten Art keiaesweges rechtfertigten. Aus der zweifellosen Bejahung der obigen Frage ent⸗ nimmt Schatzrath von Bothmer, daß nach Annahme der Regie⸗ rungs⸗Vorlage ohne weiteres Einverständniß mit den Provinzial⸗ Landschaften in der Organisation vorgeschritten werden solle. Die Kompetenz der allgemeinen Stände⸗Versammlung in vorliegender Frage nicht anerkennend, vielmehr den Provinzialständen das ältere Recht vindizirend, glaubt er von seinem Standpunkte aus der Theilnahme an der weiteren Berathung sich enthalten zu müssen und verläßt darauf den Sitzungssaal. Uebereinstimmend mit der zuvor ausgesprochenen Ansicht, deutet Kanzlei⸗Direktor von Both⸗ mer an, daß die jetzige Frage zwar durch allgemeine Gesetzgebung geregelt werden könne, daß aber die Faktoren derselben hier nur König und Provinzialstände sein könnten. Ein großer Theil der Landschaften hege diese Ueberzeugung; sämmtliche Ritter⸗ schaften theilten sie und wären entschlossen, mit allen gesetzlichen Mitteln ihre Rechte zu wahren. Aber dennoch möchte er den Weg der Verständigung, wiewohl schon einmal abgelehnt, auch jetzt noch angebahnt sehen und auf das deingendste ihn empfehlen. Wichtig zwar sei die Frage, auf welchem Wege, aber ungleich wichtiger noch, in welcher Weise die Reorganisation zu beschaffen sei. Die Land⸗ schaften würden sich beruhigen, wenn nur materiell ihrem Rechte Genüge geschehe. Der Redner wirft sodann die Frage auf: ob man auf der Bahn der Verflachung der historischen Institute fort schreiten wolle? Freund der Fortbildung, aber Feind der Ueber⸗ stürzung, will er die vorhandenen Institute zwar von ihren Män⸗ geln befreien, jene selbst aber erhalten sehen. Wohin das Nivelli⸗ rungs⸗System führe? Dieses habe keine Gränzen; endlich würden die Rothen nivelliren! Gemeinschaftliche Verständigung liege im drin⸗ genden Interesse aller Konservativen. Mit schwerem, doch aufrichtigem Herzen, wie von ihm bezeugt wird, empfiehlt er die Verständigungsfrage noch einmal dem Hause. Nachdem von Exterde hervorgehoben, daß im Ausschusse die Ansicht durchweg Geltung gefunden, die Provinzial⸗Landschaften hätten der allgemeinen Gesetzgebung sich zu fügen, kann von Honstedt nicht unbemerkt lassen, wie die Basis der ersteren in Folge der Ablösungs⸗Ordnung wesentlich sich geän dert habe, so daß mit dem Wegfalle der älteren historischen Grund⸗ lage die Nothwendigkeit der jetzt in Frage stehenden Abänderung sich von selbst ergebe und rechtfertige. Hierauf erhebt sich der Minister⸗Präsident von Mün chhausen, um zu erklären, daß der zur Versöhnung mahnende Vortrag des Vorredners (Kanzlei⸗ Direktors von Bothmer) nur dankbar aufgenommen werden, und die Offenheit, mit welcher derselbe sich ausgesprochen, ebenfalls nur Anerkennung finden lönne. Wunsch der Regierung sei es von jeher gewesen, im Einverständnisse mit den Provinzial⸗ Landschaften die Angelegenheit zu reguliren, und daß auch jetzt noch dieser Wunsch vorherrsche, zeige der Inhalt der Vorlage, welche auf die Anträge der Landschaften die größt möglichste Rücksicht genommen habe, indem auch die Königliche Re⸗ gierung nur von der Uebereinstimmung aller Theile Heil und Gedeihen hoffen könne. Je mehr diesel’e deshalb die Wünsche der Land⸗ schaften zu Rathe gezogen, desto sorgfältiger möge man, um des Einverständnisses sich zu versichern, an materielle Fragen sich halten, und nicht durch prinzipielle Gegensäte die Erreichung des zu er⸗ strebenden Zieles unmöglich machen. Die im §. 33 des Verfassungs⸗ Gesetzes vom 5. September 1848 enthaltenen Normen aufzugeben, sei für die Regierung eine Unmöglichkeit; nur innerhalb der Ver⸗ fassung könne sie, nur innerhalb dieser dürfe sie sich bewegen! 81' weniger deshalb eine prinzipielle Einigung zu erwarten, desto eher sei, bei anzutreffendem guten Willen, eine Lösung der Frage in materieller Hinsicht möglich und zu erstreben, wozu die Aufrichtung der nach Erledigung der jetzigen Vorlage in Frage kommenden Provinzial⸗Statute besonderen Anlaß biete. Nachdem der Minister sodann bemerkt, daß die von Bothmersche Auffassung rück⸗ sichtlich der allgemeinen Gesetzgebungsbefugniß (im Vereine der Pro⸗ vinzialstände mit dem Könige) ihm unverständlich geblieben, daß aber eine Konkurrenz derselben hinsichtlich der allgemeinen Gesetzgebung schon aus dem Grunde ausgeschlossen sei, weil ein gemeinsames Organ der Provinzialstände verfassungsmäßig nicht existire, wendet er sich zu dem vorhin nur vage angedeuteten und deshalb seinem Begriffe nach hier kaum festzustellenden allgemeinen Nivellirungs⸗ Systeme. Sei tabula rasa (ein gänzlicher Umsturz, ein völliges Brechen mit der Vergangenheit) mit demjenigen gemeint, vor wel⸗ chem gewarnt; dann erkläre er mit dem Vorredner sich ein⸗
verstanden. Sorgfältig aber sei davon die Frage der Reform
sätzen nur irgend vereinbar gewesen.
auf sich beruhen lassen.
Stände⸗Versammlung gegen die Annahme verwahrt,
(der Reorganisation) zu trennen, einer Reform, welche als un⸗ abweisliches Bedürfniß sich herausstellt und wobei nur die Grän⸗ zen zu beachten, welche zwischen Umsturz und vernünftigem Fort⸗ schritt unverkennbar gezogen. Den Umsturz wolle die Königliche Regierung nicht; davon sei auch in den jetzigen Vorlagen keine Spur zu erblicken, vielmehr das konservative Element darin ge⸗ wahrt, und zwar zunächst durch Vertretung der großen Grundbe⸗ sitzer, bedingt durch den entsprechenden Census. Der hohe Werth, welchen die Regierung auf die Erhaltung eines solchen konservati⸗ ven Elements legen müsse, werde Ständen die Gelegenheit bieten, es thatsächlich zu bewähren, daß die Vermeidung eines Zwiespalts ihnen am Herzen liege. Durch die noch offen erhaltene Möglich⸗ keit der Bereinigung erfreut, erklärt von der Decken seine Bereit⸗ willigkeit, zur Erreichung eines Einverständnisses nach Kräften, wie und wo er kann, mitzuwirken; zu welchem Zwecke er bei den ein⸗ zelnen Fragen seine Ansichten auszusprechen sich vorbehält. Kanz⸗ leidirektor von Bothmer ergreift nochmals das Wort, um die Schwie⸗ rigkeit des Auffindens der Gränze zu zeigen, wo das Eine (der Um⸗ sturz) anfängt, und das Andere (die Reform) aufhört. Aber ein festes Merkzeichen sei das: „Wo hört das Recht auf, wo fängt das Un⸗ recht an.“ Daran hielten die Provinzial⸗Landschaften fest. Das Gutachtens eines der größten dentschen Publizisten liege vor ihm und binnen 14 Tagen sei die Veröffentlichung eines Fakultäts⸗ Gutachten zu erwarten, welches, gleich jenem, die Rechte der Pro⸗ vinzial⸗Landschaften anerkenne. Nichtsdestoweniger versöhnlichen Maßregeln das Wort redend, biete er die Hand um so lieber zum Frieden, als er das strenge Rechtsprinzip zum Siege gelangen zu sehen nicht wünsche. Indem der Redner sodann die voraussichtliche Erfolglosigkeit demnächstiger Verhandlungen mit den Landschaften rücksichtlich der in Aussicht stehenden einzelnen Provinzial⸗ Statute, wenn zuvor die Grundlagen definitiv festgestellt, mithin die Verhandlungen in festbestimmte Gränzen gezogen, anschaulich zu machen sucht, beruft er sich auf das Urtheil Unbefangener, um anerkannt zu sehen, daß die Landschaf⸗ ten dem Fortschritte Rechnung zu tragen selbst mit Darbringung großer Opfer geneigt, zu diesen aber nur aus Ueberzeugung und mit freier Entschließung sich bereit finden lassen wollen. Schließlich gedenkt er noch Ostfrieslands, insofern weitere Verhandlungen mit der dortigen Landschaft ausdrücklich offen erhalten seien, obwohl ein Unterschied zwischen Ostfriesland und den übrigen Provinzen ihm nicht bekannt. In einem längeren Vortrage geht Bening zur Widerlegung der entgegenstehenden Argumente auf die Sache selbst näher ein. Zuvörderst nimmt er krinen Anstand, die so eben ausgesprochene Ansicht, als auf lebhafer Ueberzeugung von dem zur Seite stehenden Rechte beruhend, anzuerkennen, indem er es zugleich beklagt, daß ein Mitglied der Kammer gleich anfangs den Verhandlungen sich entzogen, während die Hand zur Verständi⸗ gung zu bieten, das Wünschenswerthere gewesen. Noch mehr aber bedauert er, daß außerhalb des Hauses nicht sellen Parteisucht einer Frage sich bemächtigt habe, in welcher nicht Leidenschaft, sondern nur Besonnenheit und Ernst fromme. Auch birgt er es nicht, daß die Landschaften und Ritterschaften von den ihnen gemachten Vorwürfen großentheils mit Grunde nicht ge⸗ troffen würden. Aber indem er die abweichenden Rechts⸗Ansichten Anderer ehrt, nimmt er für die Königliche Regierung, welche ihrer⸗ seits nicht weniger auf dem Boden des Rechts zu stehen sich über⸗ zeugt halte, die gleiche Billigkeit in Anspruch. Zur Erörterung der Frage übergehend, „wer Recht hat“, bezeichnet er zunächst die Vorschrift des schon erwähnten §. 33 als völlig klar, indem er dem Ausdrucke „durch“ allgemeine Gesetzgebung die gleiche Bedeu⸗ tung beilegt, als wenn es heiße „auf dem Wege“ der allgemeinen Gesetzgebung. Entschieden weist er ferner den Einwand zu⸗ rück, als sei jene Bestimmung nicht zu Recht beständig, weil die Provinzial⸗Landschasten nicht zugestimmt hätten. Ein Zu⸗ stimmungsrecht gesteht er ihnen überhaupt nicht zu, indem er, mit historischer Begründung des zur Zeit geltenden Verfas⸗ sungsrechts, zugleich auf die Souverainetät der Gesetzgebung, als schon im Begriffe des Staats wenn auch nicht des Bundes⸗ staats — liegend, sich stützt, um theoretisch und praktisch außer Zweifel zu stellen, daß auch die Provinzial⸗Landschaften unter der allgemeinen Gesetzgebung (d. h. König und Ständeversammlung in ihrer verfassungsmäßigen Mitwirkung) stehen. Könne daher ein Zustimmungsrecht von jenen nicht in Anspruch genommen werden, so komme nur die vorgeschriebene vorgängige Verhandlung in Frage. Welcher Zeitpunkt für den zweckmäßigsten zu halten gewesen, dar⸗ über könne man zwar verschiedener Ansicht sein: entscheidend aber und dem Gesetze sei völliges Genüge geschehen, wenn vor definiti⸗ ver Regelung der Verhältnisse mit den Landschaften die vorgeschrie⸗ bene Verhandlung (wie geschehen) stattgefunden habe. Doch nicht blos die Form sei erfüllt. Um von der höhern Gerechtigkeit, welche jede Gesetzgebung leiten solle, sich nicht zu entfernen, habe die Königl. Regierung, indem sie die Anträge und Wünsche der Provinziallandschaften berücksichtigt, denselben ein so hohes moralisches Gewicht beigelegt, als mit anderen auf gleiche Geltung Anspruch machenden Grund⸗ Sei ihr doch selbst von ent⸗ egengesetzter Seite deshalb der freilich völlig unbegründete Vor⸗ wurf nachgiebiger Schwäͤche gemacht worden; geleitet indeß von enem höheren Gerechtigkeitssinne und dem Grundsatze huldigend, daß von dem bestehenden Rechte wie von den Anträgen der bethei⸗ ligten Landschaften nicht weiter abzuweichen, als der Zweck noth⸗ wendig es erheische, könne die Königliche Regierung solchen Vorwurf Hiernächst führt der Redner aus, daß die⸗ selbe eine politische Repräsentation der Ritterschaften, als mit der Ver⸗ fassung unvereinbar, fernerhin nicht habe zulassen können, nachdem die Rittergüter, worauf die Ritterschaften selbst wesentlich beruhen, längst ihre Bedeutung verloren; ob nicht zu lange schon ihre Existenz festge⸗ halten sei, läßt er rahingestellt sein. Wenn aber durch Ablösung, Besei⸗ tigung der Patrimonialgerichtsbarkeit, Aufhebung der Exemtionen im Staate, in der Kirche und Schule die Rittergüter dem übrigen großen Grundbesitze faktisch mehr und mehr gleichgestellt worden; dann könne man in der jetzigen politischen Gleichstellung der Rit⸗ tergüter mit dem letzteren nur mit Unrecht ein Nivelliren erblicken; eine solche Maßregel trage nur den Charakter gesunder Reform an sich. Eine Vertretung der großen Grundbesitzer aber, wie sie im Entwurfe vorliege, erklärt er für unabweisliches Bedürfniß, wäh⸗ rend die wirksame Theilnahme auch der adeligen Gutsbesitzer für das Gedeihen der Provinzial⸗Landschaften um so lebhafter von ihm gewünscht wird, als einerseits die faktische Ausschließung eines Stan⸗ des, welcher bis dahin große politische Vorrechte besessen, in seiner Rückwirkung nur schädlich, andererseits aber, bei gänzlich veränderter Sachlage, mit einer selbst starken Vertretung der adeligen Gutsbesitzer keine begründete Besorgnisse ver⸗ bunden sein, diese vielmehr nur auf gefährlicher Täuschung beruhen könnten. Im Zweifel darüber, wem das Recht zur Seite steht, hält Saxer eine Verständigung für dringend geboten; entschlossen übrigens, den alten Landschaften so viel Rechte zuzugestehen, als irgend thunlich, wünscht er, daß dieselben ihr formelles oder wirk⸗ liches Recht nicht dazu brauchen mögen, den Rechtszustand des Landes zu untergraben. Nachdem noch Breusing die allgemeine als habe sie
das Nivellirungssystem praktisch geübt und, auf eine Anfrage des⸗ selben, Staats⸗Minister von Münchhausen wiederholt bemerkt, daß, selbst nach Erlaß des in Frage stehenden Gesetzes, wegen Aufrichtung des Statuts mit den Provinziallandschaften verhandelt werden müsse, bezeichnet schließlich Kanzleidirekor von Bothmer den persönlichen Standpunkt, welchen er nicht als Landstand, wohl aber als gewählter Deputirler der evangelischen Geistlichkeit in der Kammer auch ferner einzunehmen beabsichtige. Nach geschlossener, präsidialseitig überhaupt nur bei der Wichtigkeit des Gegenstandes und behufs Abkürzung der Debatte im Einzelnen ausnahmsweise zugelassenen, allgemeinen Berathung, tritt die formelle Behandlung des vorliegenden Gesetzentwurfs nebst den dazu gestellten Ausschuß⸗ Anträgen in Frage. Auf des Berichterstatters Wolff Antrag be⸗ schließt die Versammlung, in Uebereinstimmung mit dem in zweiter Kammer beobachteten Verfahren, die einzelnen Paragraphen des Entwurfs der Reihe nach in Berathung zu nehmen. Nach kurzer Diskussion werden die vier ersten Paragraphen, welche den Um⸗ fang der Provinzial⸗Landschaften näher feststellen, unter Ablehnung jedoch der darauf bezüglichen Ausschuß⸗Anträge 1 und 2, mit gro⸗ ßer Majorität angenommen.
Hessen und bei Rhein. Darmstadt, 20. Mai. (Schw. M.) Die zweite Kammer berieth heute den Antrag des Abg. Müller auf Einführung von Vergleichs⸗ und Schiedsgerichten. Der Ausschuß hatte beantragt, ihn auf sich beruhen zu laffen, in⸗ dem er von der Ansicht ausging, daß solche Einrichtungen einzig Werth und Wirkung haben, wenn sie aus innerem Drang, durch Privatvereine, entstehen. Ein Gesetz, Zwang, helfe da nicht, denn es fehle das Vertrauen, das sich ein solches Institut nur durch Ent⸗ stehen aus dem Volk selbst erringe. Die Staatsregierung äußerte sich auch gegen eine gesetzliche Einführung aus gleichem Grunde und erklärte, den entstehenden Vereinen dieser Art stets ihre Ge⸗ nehmigung ertheilt zu haben und fernerhin zu ertheilen. Nur drei Stimmen waren für die Einführung auf gesetzlichem Wege. Dagegen ward der Antrag des Abg. Frank (von Reddighausen), die Staatsregierung möge öffentlich erklären, daß sie solche Vereine un⸗ terstützen wolle und gern sehe, mit ziemlicher Mehrheit angenommen.
Schleswig⸗Holstein. Kiel, 22. Mai. Die Flensb. Zeitung enthält folgende Bekanntmachung, betreffend eine Verän⸗ derung in dem provssorischen Wehrpflichtsgesetze für das Herzog⸗ thum Schleswig vom 26. August 1850): „Unterm isten d. M. ha⸗ ben Se. Majestät der König allergnädiast resolvirt, daß der §. 24 des provisorischen Gesetzes vom 26. August 1850, die Wehrpflicht im Herzogthum Schleswig betreffend, abgeändert werde dahin, daß derselbe lautet, wie folgt: Derjenige, welcher in Folge der gezogenen Nummer nicht sofort als Soldat verwandt wird, ist jedoch ver⸗ pflichtet, erforderlichenfalls sich in den Waffen üben zu lassen, und ist alsdann als überkompleter Soldat zu betrachten, so daß er, bis die auf der nächstfolgenden Session ausgehobenen Rekruten in den Waffen geübt sind, zur Deckung entstandener Vakanzen ein⸗ berufen werden kann. Diejenigen, welche in dem gedachten Zeit⸗ raume in dieser Weise nicht verwandt worden sind, werden auf der nächsten Session bei der Verstärkung angesetzt, auf welcher
sion sie jedoch der Aushebung zum stehenden Heere unterworfen
Mannschaft
Sess
werden können, falls die dann zur Aushebung stehende
für das vorgeschriebene Rekruten⸗Kontingent nicht hinreichend ist. Für diejenigen, welche in solcher Weise später verwandt werden, wird die Dienstzeit eben so berechnet, wie für die Altersklasse, mit welcher dieselben geloost haben. Solche Mannschaft kann nach Verlauf von zwei Jahren nach dem Loosen zum stehenden Heere nicht mehr ausgehoben werden. Solches wird hiermittelst zur all⸗ gemeinen Kunde gebracht. Ministerium für das Herzogthum Schleswig. Flensburg, den 14. Mai 1851. Tillisch.“
Sachsen⸗Weimar. Weimar, 22. Mai. (L. Ztg.) Staatsrath von Fritsch in Weimar, bisher Bevollmächtigter bei der Ministeral⸗Konferenz in Dresden, ist jetzt als Bundestags⸗Gesandter nach Frankfurt a. M. abgereist.
Sachsen⸗Koburg. Gotha, 18. Mai. (N. Ztg.) In der vergangenen Nacht starb einer der bedeutendsten Gelehrten unse⸗ rer Stadt, der als historischer Schriftsteller hochverdiente Ober⸗ Bibliothekar Dr. Friedrich August Ukert. Er war im Jahre 1780 zu Eutin geboren.
Hamburg. Hamburg, 23. Mai. (H. C.) Es sind nunmehr die in der nächsten Bürgerschaft vorzulegenden Anträge des Senats erschienen. Der erste und wichtigste betrifft das Ge⸗ setz über Organisation der Verwaltung nebst transitorischen Bestim⸗ mungen, nach welchem dieselbe in folgende acht Abtheilungen: 1) Finanzen, 2) Handel und Gewerbe, 3) Bauwesen, 4) Militair⸗ wesen, 5) Unterrichtswesen, 6) Justizwesen, 7) Polizei und andere inneren Angelegenheiten und 8) auswärtige Angelegenheiten zer⸗ fällt. Sämmtliche Zweige der Staats⸗Verwaltung, mit Ausnahme der auswärtigen Angelegenheiten, werden durch Deputationen und Kommissionen versehen, die aus Senats⸗ Mitgliedern und bürger⸗ schaftlichen Mitgliedern zusammengesetzt sind. Zu bemerken ist die Einleitung zu dem Gesetze, so wie die besonders beigegebenen Ver⸗ handlungen des Senats mit Ehrb. Oberalten über die Einführung des neuen Staats⸗Grundgesetzes. Besagtes Kollegium besteht auf seinem Widerspruch gegen die Einführung der neuen Verfassung, und besonders beachtenswerth ist folgender Schlußpassus seines Kon⸗ klusums vom 19. Februar d. J. (in welchem eine Menge von Mo⸗ nitis gegen das Gesetz über die Organisation der Verwaltung ge⸗ macht wird): „Wenn Ehrb. Oberalten nun, auch abgesehen von diesen in den einzelnen Paragraphen nachgewiesenen Mängeln, dem vorgelegten Gesetzenkwurfe seiner ganzen Tendenz nach Ihre Mit⸗ genehmigung versagen müssen, so erachten Sie sich zugleich ver⸗ pflichtet, E. E. Rath dringend aufzufordern, in sorgfältige Erwä⸗ gung zu ziehen, ob es selbst ohne Berücksichtigung der ernsten, von Ehrb. Oberalten gegen das neue Staats Grundgesetz angeregten Bedenken, überall noch an der Zeit sei, dessen Einführung einzu⸗ leiten; ob nicht vielmehr hier recht eigentlich der bereits im Unions Rezeß der Kollegien Kapitel 1, Artikel 12 vorgesehene Fall vorliege, „„daß nach gemachtem Rath⸗ und Bürgerschluß die Sache in einen solchen Stand gerathen, daß dieselbe zur Execution nicht gebracht werden könne.““ Die „„allgemeinen, unser Zeitalter beherr⸗ schenden Ideen““, welche die alleinige Grundlage jenes Grundgesetzes bilden, haben offenbar seit dem 23. Mai v. J. einen wesentlichen Umschwung erlitten; die Stellung der Parteien, deren momentane Versöhnung recht eigentlich der einzige Zweck jener ephemeren Schöpfung war, ist eine durchaus andere geworden; mit einem Worte, das Staatsgrundgesetz vom 23. Mai v. J. ist bereits vor seiner Einführung veraltet. Und dennoch sollte solche noch an der Zeit sein? Noch ist keines der diese Einführung bezweckenden Ge⸗ setze an erbgesessene Bürgerschaft gelangt; noch besteht unsere bis⸗ herige Verfassung in voller Wirksamkeit; noch kann dem völligen Umsturz alles Bestehenden und dessen verderblichen Folgen Ein⸗ halt geboten werden. Nur des ernsten Willens bedarf es, und an
die Stelle der Vernichtung tritt die reichste organische Entwicke⸗
lung von Innen heraus. Ehrb. Oberalten werden nicht ermüden, durch unablässig erneuerte Mahnung solche ins Leben zu rufen.“ Hierauf erwiedert der Senat in seinem Konklusum vom 24. März d. J., nach Beantwortung der generellen Monita, er könne zur Be⸗ rücksichtigung des Schlußpassus conclusi Ehrb. Oberalten, worin selbige Ihn auffordern, in Erwägung zu ziehen, ob es überall noch an der Zeit sei, die Einführung des durch den Rath⸗ und Bürger⸗ schluß vom 23. Mai 1850 beliebten Staatsgrundgesetzes einzuleiten, keine Veranlassung finden. Das Kollegium der Sechziger hat sich mit dem Gesetz⸗Entwurf im Ganzen einverstanden erklärt, ist jedoch in mehreren Punkten den Monitis der Oberalten beigetreten und erklärt eine definitive Regulirung der Verhältnisse der Kirche zum Staate vor Einführung des neuen Grundgesetzes für unbedingt er⸗ forderlich.
Ansland.
Oesterreich. Venedig, 19. Mai. (Ll.) Gestern pas⸗ sirte Se. Excellenz der Herr General⸗Gouverneur Feldmarschall Graf Radetzky Mestre, um sich nach Wien zu begeben, und wurde im Eisenbahnhofe von den Civil⸗ und Militair⸗Autoritäten begrüßt.
Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 22. Mai. Den Vorsitz führt Dupin. Mehrere Repräsentanten legen Petitionen um Verfassungs⸗Reviston nieder. Tagesordnung: Antrag Moulin's, alle auf die Revision bezüglichen Vorschläge einer Spezial⸗Kommission zuzuweisen. Die Kommission ist für Berücksich⸗ tigung. Savatier Laroche beginnt mit der Forderung, Mou⸗ lin's und Morin's Anträge zugleich diskutiren zu dürfen, und macht dem Berichterstatter Godelle auf seinen Einwurf die Entgegnung, daß nur das Votum getrennt sein müsse. Er sieht in Moulin's Antrag eine Ungerechtigkeit gegen seine Kollegen. Morin's Antrag ist ihm gefährlich. Er bemerkt, die Majorität kämpfe hier gegen die Minorität mit unehrlichen Waffen. Diejenigen, welche am 4. Mai und in ihren Glaubensbekenntnissen der Republik gehuldigt, hätten sie längst verrathen. Die Aemter gehörten den Legitimisten. Die Republika⸗ ner schmachteten in den Gefängnissen. Die verfassungstreuen Ge⸗ meinde⸗Räthe seien aufgelöst, das Gesetz vom 31. Mai habe die Republikaner noch von der Wahlurne entfernt. Und doch, man möge sich nicht täuschen, handle es sich heute um Republik oder Monarchie. (Lärm.) Man habe 4 Millionen Franzosen mit dem Schimpfnamen von Vagabunden belegt und wolle nun die Frage vor die National⸗Assisen ziehen. Das heiße, die Republikaner vor eine ausgesuchte Jury stellen. Die Majorität benehme sich wie ein Duellant, der mit scharf geladenem Pistol auf einen Gegner losgehe, welcher nur blind geladen habe. Sie wolle die Verfassung angreifen, die Minorität woll sie vertheirigen. Es werde gut sein, daß man es laut ausspreche, wie man Heinrich V. oder Joinville wolle, daß man ohne Scheu den Glanz von Versailles unter Ludwig XIV. oder des Kaiserreichs rühme. Der Antrag Moulin's sei ungerecht gegen die Oppo- sition, da eine in der Plenar⸗Versammlung gewählte Kommission sicher kein einziges Mitglied derselben enthielte, während die Büreauwahlen durch den Zufall der Verloosung doch zwei bis drei Oppositionsmitglieder durchbringen würden. Moulin giebt die Wahlen in den Abtheilungen zu. Savatier Laroche bemerkt, zu Morin's Antrag übergehend, daß es gefährlich sei, auf⸗ reizende Anträge allmonatlich zu reproduziren. Berichterstatter Godelle erklärt, Morin habe selbst den Zwischenraum zu kurz gefunden und füge sich den Bestimmungen der Kommission. Sa⸗ vatier Larxoche bemerkt noch, daß wichtige Gesetze, wie Hypo⸗ thekar⸗, Nationalgarde⸗, Verantwortlichkeits⸗Gesetz, zu erledigen seien, man müge also die fruchtlosen Debatten aufgeben. Nach ei⸗ ner kurzen Bemertung Moulin's wird der Antrag mit gro ßer Majorität in Betracht genommen. Cavaignac stimmt nicht mit. Es folgt der Antrag, Morin's verworfene Re⸗ visions⸗Anträge binnen Monatsfrist wieder einbringen zu können. Die Kommission ist für Berücksichtigung. Laclaudure nennt den ganzen Revisionsgedanken geradezu eine bonapartistische Conspira⸗ tion. Er will, daß diese das Land beunruhigende Agitation auf⸗ höre. Morin entgegnet, sein Antrag solle dem Lande nur zeigen, daß man sich durch einmaliges Fehlschlagen nicht abschrecken lassen werde. Emil Girardin meint, man müsse den Antrag genaue betrachten, denn er sei augenscheinlich eine Batterie. Werde der zuver sichtliche Morin, den ein Fehlschlagen nicht entmuthige, das Verhältni zwischen 562 und 188 andern. Man wolle die Versammlung zwin⸗ gen, wie am 15. Mai und am 13. Juni. Curial: „Wir haben nie eine bestehende Regierung im Straßenkampfe angegriffen.“ Girardin: „Ich bedaure Sie, wenn Sie Ihre politische Mei⸗ nung nicht im Straßenkampfe vertheidigt haben. Man muß nicht von den Aufrührern übel reden in einem Lande, das binnen 60 Jah⸗ ren den Sieg dreier Revolutionen erlebte. (Lärm.) Ich füge für die Unterbrecher hinzu, daß man auch uns auf der Straße finden wird. (Lärm rechts. Rauschender Beifall links.) Der Präsidentruft Girardin zur Ordnung. Emil Girardin: „Ich habe nur auf eine Unterbrechung geantwortet, sonst wäre ich bei der Sache geblieben. Durch ähnliche Manöver hat man die Constituante zum Abtreten gezwungen. Nimmt die Versammlung den Antrag an, so wird man jeden Monat den Sturm, wie bei Rateau's Antrag und dem Ge⸗ setze vom 31. Mai wiederholen. Sonst giebt es kein anderes Mit⸗ tel, die Ziffern 188 und 562 zu ändern, als einen 18. Fructidor. Wer wird ihn wagen?“ Berichterstatter Godelle entgegnete, die Majorität könne nicht die Ziffern ändern, aber die Ueberzeugungen könnten sich ändern. Sie wolle die Verfassung legal und friedlich revidiren, um einer Revolution vorzubeugen. Darum dürfe ihr Recht nicht nach der ersten Niederlage erschöpft sein. Die Ver⸗ sammlung nimmt Morin's Antrag in Betracht. Beide Anträge werden an eine Kommission verwiesen.
Paris, 22. Mai. Der Präsident der Republik war bei der heutigen Revue auf dem Marsfelde vom Kriegsminister und Ge⸗ neral Baraguap d'Hilliers begleitet. Auch General Narvaez wohnte der Revue bei. Gestern Abend kehrte der Präsident von einem Spazierritte über das Marsfeld zurück, wo eben das 58ste Regiment exerzirte. Er ließ die Truppe defiliren und wies ihr dann eine Ration Wein an. Als er fortreiten wollte, trat ein Ende Jahres ausdienender Unteroffizier vor und bat, ihn schon jetzt zu beurlau⸗ ben. „Mein Freund“, antwortete der Präsident, „ich brauche Sie und Euch Alle. Die Umstände zwingen mich, im Interesse der öf⸗ fentlichen Ordnung, Euch Alle zu behalten.“ .
Folgendes ist der Text der vom Comité der Wahlunion ange⸗ nommenen Petition um Verfassungs⸗Revision: „Herren Repräsen⸗ tanten! Die Verfassung hat selbst den Zeitpunkt festgesetzt, wann sie revidirt werden kann. Der Augenblick ist für Sie gekommen, über diesen gewichtigen Gegenstand zu berathen. In den Augen aller Freunde der Brdnung ohne Ausnahme, sind die Fehler der Verfassung dargethan. Ihr muß man die Leiden der Gegenwart
und die Gefahren der Zukunft zuschreiben. Herren Repräsentanten!