1851 / 147 p. 2 (Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Thormayer, v. donstedt und Breusing den Antrag bekämpfen, o erklärt doch Bening mit Kirchhoff und Wolff sich um des⸗ willen 8. denselben, theils weil er viel zu tief in die inneren Verhältnisse der einzelnen Landschaften eingreife und im Resultate fast einer Bevormundung derselben durch die allgemeine Stände⸗ versammlung 8 theils aber auch wegen der unver⸗ kennbaren Verschiedenheit der Verhältnisse in den einzelnen Pro⸗ vinzen. Auch jene Besorgniß theilt er nicht, weil §. 28 eine itio in partes bei Sonder⸗Interessen zwar gestatte, keinesweges aber vorschreibe, und nicht anzunehmen sei, daß häufiger Gebrauch von dieser Befugniß gemacht werde, eintretendenfalls aber die Be⸗ fugniß um so nothwendiger zu erachten, da die Interessen des Landes und der Städte allerdings wesentlich und nicht elwa nur vorübergehend von einander sich schieden. Staatsminister v. Mün ch⸗ hausen, dem Bacmeister im Resultate sich anschließt, erkennt ie Wichtigkeit des von Vezin in Frage gestellten Prinzips der Vertre⸗ tung an, und giebt zu, daß manche Zweckmäßigkeitsgründe für den Antrag geltend gemacht worden. Um aber, in Uebereinstimmung mit der gestrigen Diskussion, Prinzipien nicht auf die Spitze zu treiben, vielmehr die wünschenswerthe Verständigung anzuhahnen, hält er es für das Rathsamere, an den Grundzügen ein Mehreres nicht zu än⸗ dern, als im allgemeinen Interesse unumgänglich erforderlich. Um so mehr häͤlt er hieran fest, weil der Entwurf davon ausgeht, möoglichst wenig bestimmte Regeln aufzustellen, vielmehr der Ver⸗ handlung seitens der Regierung mit den Landschaften das Weitere zu überlassen, damit sowohl die in den einzelnen Provinzen ver⸗ schiedenen Verhältnisse, als auch die bisherige historische Entwicke⸗ lung gebührend berücksichtigt werden könne. Anders möchte die Sache vielleicht zu beurtheilen sein, wenn in der That in einzelnen Provinzen deren Interessen als gefährdet erscheinen sollten. Eine solche Gefährdung sei aber nicht behauptet; nur Möglichkeiten, nicht einmal Wahrscheinlichkeiten, wären dafür angeführt. Wenn endlich möglichste Gleichstellung zwar als etwas demnächst zu Er⸗ strebendes anzusehen sein möge, so rechtfertige sich dadurch nicht eine sofortige Octroyirung! Zulässig dagegen und angemessen hält er eine dahin gerichtete Aeußerung der Stände⸗ Versammlung, daß auf eine thunlichste demnächst zu erstrebende Gleichstellung hinge⸗ wirkt werden möge. Nachdem Staats⸗Minister von Hammer⸗ stein mit Kraut ebenfalls gegen den Antrag, Neupert aber für denselben sich ausgesprochen, Kanzlei⸗Direktor von Bothmer da⸗ gegen als Verbesserungs⸗Antrag zu dem Vezinschen Antrage einen Zusatz dahin vorgeschlagen „sofern nicht von den Provinzial⸗Land⸗ 6 ein Anderes beantragt wird;“ schließt Präsidium die De⸗ atte, worauf beide Anträge (ersterer gegen 6, letzterer gegen 14 Stimmen) abgelehnt werden, der §. 7 des Entwurfs aber gegen eine Stimme unverändert die Annahme der Kammer findet. §. 8 wird mit dem Ausschuß⸗Antrage 3 angenommen, womit ein Verbesserungs⸗Antrag Breusings, welcher die Ausschlie⸗ ßung des Magistrats von der Theilnahme an der Wahl bezweckt, von selbst als beseitigt erscheint. Nach unveränderter Genehmigung der 88. 9 und 10, beantragt von der Decken beim §. 11 prinzi⸗ paliter den Schlußsatz des zweiten Absatzes zu streichen, eventuell aber, unter gänzlicher Streichung des zweiten Absatzes, das Ver⸗ hältniß der Zahl der Vertreter der großen Grundbesitzer zu der Zahl der Vertreter der Landgemeinden gleichmäßig festzustellen. Beide Anträge, obwohl der erstere von vielen Seiten beifällige Auf⸗ nahme findet, werden von der Kammer abgelehnt, wogegen der §. 11 des Entwurfs angenommen wird.

Hannover, 23. Mai. (Hannov. Ztg.) Zweite Kammer. Als erster Gegenstand der heutigen Ee steht zur 1 das Ministerial⸗Schreiben vom 13ten d. M., den Ge⸗ halt der Verwaltungs⸗Beamten und Amtsrichter betreffend. Dem von Grumbrecht gestellten Antrage: „das Schreiben zu vorgängiger Prüfung an die Finanz⸗Kommission zu verweisen“ wird von Lang I, Ellissen und von der Horst in der Rücksicht widersprochen, als nicht lediglich die finanzielle Seite der Angelegenheit zu prüfen, die⸗ selbe vielmehr auch in der Beziehung einer Untersuchung zu unterziehen sein werde, ob die jetzt von der Regierung beliebten Abweichungen von den ursprünglichen Plänen zu acceptiren seien. von der Horst hält es demnach für zweckmäßiger, eine besondere Kommission von je 5 Mitgliedern jeder Kammer zur Prüfung des Schreibens nie⸗ derzusetzen, und richtet darauf einen bestimmten Verbesserungs⸗ Antrag. Von mehreren anderen Seiten von Rössing, Klee, Schlüter, Gerding, von Garssen und Kaulen giebt man jedoch dem ersteren Antrage um so mehr den Vorzug, als auch die erste Kammer dafür sich entschieden und wird bei der Abstimmung die Verweisung an die Finanz⸗Kommission mit großer Mehrheit beschlossen. Man wendet sich sodann zur dritten Berathung des Gesetz⸗Entwurfes wegen Reorganisation der Provinzial⸗Land⸗ schaften. Die §§. 1 10 inklusive werden unverändert so wieder angenommen, wie sie durch die frühere Berathung gestaltet worden, und findet sich dabei auch fast nichts zu bemerken, als daß Pfaff beim §. 4 einen langen Vortrag über die Bedeutung, die Vorzüge und die Rechte des Landes Hadeln hält, um zu zeigen, daß das gedachte Land einer fortdauernden selbständigen landschaft⸗ lichen Vertretung wohl würdig und dazu auch in allem Maße be⸗ rechtigt sei. Zu den §§. 11, 12 und 13 hat Lang I. seinen prä⸗ judiziellen, in zweiter Berathung abgelehnten Antrag wiederum eingebracht mit der geringen Modification, daß er nunmehr unver⸗ ändert die korrespondirenden Bestimmungen der Grundzüge an die Stelle der fraglichen drei Paragraphen setzen will. Unter Zurückstellun der übrigen zu diesen Paragraphen gestellten Ver⸗ besserungs⸗Anträgen, deren eine nicht geringe Anzahl vorliegt kömmt, wie in zweiter Berathung, der Langsche Antrag als präju⸗ diziell, vorab und abgesondert zur Berathung. Zur Vertheidigun desselben ruft Proponent mit der Vorbemerkung, daß er 1es thiger Wiederholungen sich enthalten werde alle die Gründe nochmals in das Gedächtniß der Versammlung zurück, mit welchen er in zweiter Berathung die Kammer zu überzeugen vergebens ver⸗ sucht hat. Die zunächst von Böhmer übernommene Widerlegung des Vortrages ist der Beginn einer lebhaften und lange anhalten⸗ den Debatte, in welcher neue Gründe nicht vorkommen; was mit Rücksicht auf die sehr ausführliche Besprechung in zwei⸗ ter Berathung als vollkommen und leicht erklärlich sich darstellt. Für den Antrag sprechen zum Theil zu wiederholten Malen Adickes, Freudentheil, Oppermann, Ellissen, Lang 2., Röben, Dammers, von der Horst, Detering, Schluͤter dagegen Böhmer, Lindemann, von Garssen, Gerding, Weinhagen, Bueren und Metger. Auf Adickes genügend unterstütztes Verlangen geschieht die Abstimmung durch Namens⸗ aufruf und zwar über zwei verschiedene Theile des Antrages. Das Resultat ist die Ablehnung beider Theile mit 49 gegen 30 Stimmen. Ein eventueller Antrag Adickes, mindestens für die Provinz Bre⸗ men die Bestimmungen der Grundzüge eintreten zu lassen, wird dann ebenfalls verworfen, indem nur ungefähr 20 Votanten sich dafür erheben. Man geht hiernächst zur Berathung der einzelnen oben enannten drei Paragraphen über, und wird §. 11 mit einem von lee beantragten Zusatze, wodurch mit Rücksicht auf die nach §. 28

zulässige itio in partes klarer noch gestellt werden soll, daß die

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großen Grundbesitzer nur vereint mit den Vertretern der Landge⸗ meinden (gegenüber den Städten) als Vertreter des Landes in Be⸗ tracht kommen können, angenommen. Beim §. 12 kommen wie⸗ derum die einzelnen Nummern nach einander zur Berathung, der früher beschlossene Census für die kalenbergsche und die göttingen⸗ grubenhagensche Landschaft wird ohne Anfechtung wiederum geneh⸗ migt. Zu Nr. 3, lüneburgsche Landschaft, hat Lang I. die Wie⸗ derherstellung des in zweiter Berathung abgelehnten fünften Kom⸗ missions⸗Antrages (cf. den Bericht über die zweite Berathung) proponirt, und liegt außerdem ein Antrag von Klee vor, wodurch dem Uebelstande der ungleichen Vertheilung der großen Grundbesitzer über die Pro⸗ vinz Lüneburg durch Errichtung mehrerer Wahlbezirke abgeholfen werden soll. Der erstere Antrag, dessen Zweck ist, die Bestimmung des Entwurfes, wonach je nach der Größe der zu zahlenden Grund⸗ steuer ein Grundbesitzer mehrere und zwar höchstens sechs Stimmen führen kann, zu beseitigen) wird von Böhmer und Lindemann aus den früheren Gründen bekämpft, während gegen den von Hintze befürworteten Kleeschen Antrag sich nichts zu erinnern findet. Die Abstimmung entscheidet gegen Lang I. und für Klee, ingleichen für die wiederholte Genehmigung des Census für die lüneburgsche Landschaft. Nr. 4 Hoya⸗Diepholzsche Landschaft fällt hier aus, in⸗ dem in zweiter Abstimmung beliebt ist, die weiteren Bestimmungen über den Census bei dieser Landschaft der Regierung zu überlassen und geht man daher sofort zur Nr. 5 Bremen⸗Verdensche Landschaft über, rücksichtlich deren in zweiter Berathung abweichend vom Regierungs⸗Entwurfe der Census auf resp. 100 Rthlr. und 50 Rthlr. (jie nach Marsch und Geest) festgestellt worden. Es liegen dazu eine Reihe von Verbesserungs⸗Anträgen vor, von denen jedoch wegen vorgerückter Zeit nur noch derjenige Reese's: „den Census auf 80 Rthlr. und resp. 40 Rthlr. zu ermäßigen, insoweit zur Berathung gelangen kann, als Proponent einen langen Vortrag zur Rechtfertigung des Antrages hält. G Hannover, 24. Mai. (H. Ztg.) Erste Kammer. In der heutigen Sitzung geht die Kammer zur weiteren Berathung des Gesetzentwurfs, Reorganisation der Provinzial⸗Landschaften betreffend, über und beschäftigt sich während der ganzen Sitzungsdauer mit dem wichtigen Inhalte des §. 12, welcher den Begriff des großen Grundbesitzers zu bestimmen zwar den einzelnen Provinzial⸗Verfas⸗ sungs⸗Urkunden überläßt, dabei indeß einen Census feststellt, welcher einen nach! Verschiedenheit der einzelnen Landschaften verschieden bemessenen Betrag der jährlichen Grundsteuer nicht übersteigen soll. Bevor die Kammer zu dem Census im Einzelnen sich wendet, be⸗ antragt von Exterde eine den ganzen Paragraphen beseitigende Bestimmung dahin: „Zu den großen Grundbesitzern gehören alle Einwohner der Provinz, welche vermöge ihres Grundbesitzes zur ersten Kammer der allgemeinen Stände⸗Versammlung wählbar sind.“ Berichterstatter Wolff knüpft hieran das Refe⸗ rat aus einer Anzahl im Wesentlichen gleichlautender und mit der Tendenz des jetzigen Antrags übereinstimmender Petitionen aus der Provinz Bremen, indem er seinerseits auf die in den Provin⸗ zial⸗Landschaften demnächst vorherrschende administrative Thätigkeit und die dadurch begründete Abweichung von der Compositioen erster Kammer aufmerksam macht. Staats⸗Minister von Münchhausen hebt mit Bezugnahme auf seine in vorletzter Sitzung gemachte Aeußerung hervor, wie bei der hohen Bedeutung dieses Para⸗ graphen es sich zeigen werde, ob Stände ihre Absicht, daß ohne Herbeiführung eines Bruches mit den Provinzial⸗Landschaften in dem Organisationswerke vorgeschritten werden möge, zu bethätigen geneigt seien. Schon dieserhalb will er den Begriff des großen Grundbesitzes, wie die Provinzial⸗Landschaften ihn aufge⸗ stellt haben, in allem Maße festhalten, indem er alle die⸗ jenigen, welche eine friedliche Lösung der Frage erstreben, dringend auffordert, den übereinstimmenden Ansichten und Beschlüs⸗ sen der Landschaften entgegenzukommen. Aber nicht etwa nur die Provinzial⸗Landschaften, auch die Königliche Regierung sei von der Ueberzeugung durchdrungen, daß die Vertretung der großen Grund⸗ besitzer ein nothwendiges Element der aufzurichtenden Verfassungen sei. Ohne eine solche Vertretung gesichert zu sehen, werde die ge⸗ genwärtige Regierung ganz außer Stande sein, die Reorganisation fortzusetzen. Breusing, welcher von dem Census, wie er im Ent⸗ wurfe vorgeschlagen, eine nachtheilige Rückwirkung insbesondere auf die Umgestaltung der ersten Kammer fürchtet, sieht in den Worten, womit der Minister⸗Präsident geschlossen, eine unzulässige „Dro⸗ hung”; worauf Letzterer indeß entgegnet, daß eine Drohung von ihm weder beabsichtigt sei, noch auch in seinem Vortrage gefunden werden könne. Nur eine Pflicht gegen die Kammer glaube er erfüllt zu haben, indem er die innige Ueberzeugung der Regierung ausgesprochen, daß ein wesentliches Element im Staats⸗Organismus nicht fehlen dürfe und daß sie selbst am wenigsten sich dazu berufen fuühlen könne, einen fehlerhaften Zustand zu gründen. Die den Vorredner (Breusing) mit Besorgniß erfüllende Rückwirkung könne möglicherweise eintreten; aber der weiteren Fortbildung müsse man ohnehin entgegensehen: nach welcher Seite hin, sei mit Gewißheit nicht vorauszusehen. Hier komme es indeß nur darauf an, gesunde Keime zu legen, damit etwas Lebensfähiges und Dauer Verspre⸗ chendes daraus hervorgehen könne. In Uebereinstimmung hiermit erkennen auch Bening und Kirchhoff in dem großen Grund⸗ besitze ein wichtiges konservatives und eben deshalb nothwendiges Requisit der Vertretung an, während sie der Rücksicht auf die an sich zwar nicht nothwendige, allerdings aber mögliche Rückwir⸗ kung des jetzigen Census keinen entscheidenden Einfluß auf die hier zu beschließende Höhe desselben gestatten wollen, und zwar um so weniger, als die etwanige demnächstige Umgestaltung der ersten Kammer nur auf verfassungsmäßigem Wege, folglich auch nur mit Zustimmung der letzteren selbst, werde geschehen können. Gleich⸗ wohl beantragt von Honstedt eine ausdrückliche Verwahrung, wonach die jetzige Bestimmung des Census ohne Einfluß auf die verfassungsmäßige Compofition der ersten Kammer bleiben soll, wel⸗ chem Antrage jedoch Kraut mit gleicher Entschiedenheit, wie der von Exterbeschen Proposition, sich widersetzt; theils um die Einig⸗ keit zwischen Regierung und Ständen, die mehr denn je Noth thue, erhalten zu sehen, theils aber auch um mit mög⸗ lichster Schonung der Interessen der Ritterschaften zu ver⸗ fahren, welche ohnehin am meisten geopfert und, wie mit Dank anzuerkennen, zum Wohle des Landes in der entscheidenden Stunde nachgiebig sich gezeigt hätten. Ein zwiefacher Antrag von der Decken's bezielt 1) dem ersten Absatze des §. 12 folgende Be⸗ stimmung zu substituiren: „Die Erfordernisse, welche zum Wahlrechte behufs der Vertretung für den großen Grundbesitz berechtigen, sollen durch die Provinzial⸗Verfassungsurkunden näher bestimmt werden.“ 2) Eine fernere Bestimmung, wonach, statt des näher festgestellten Maximal⸗Betrages, derselbe als ein feststehender angenommen wird. Indem wir aus der fortgesetzten Debatte weitere Mittheilung im nächsten Blatte uns vorbehalten, beschränken wir uns für jetzt auf das Resultat der Abstimmung, in welcher der von Exterdesche An⸗ trag gegen 17 Stimmen, der von der Deckensche erste Antrag gegen 19, und der zweite gegen 6 Stimmen abgelehnt wird; wäh⸗ rend der Antrag von Honstedt's bis zur demnäch über den §. 12 ausgesetzt bleibt.

Zur Begründung seines Antrages auf Substituirung eines fest⸗ stehenden Census für den im Gesetz⸗Entwurfe nur dem Maximal⸗ betrage nach begränzten Census führt von der Decken an, daß der dem Bauern⸗ und Hausmannsstande an Bildung und Kennt⸗

niß überlegenen Klasse der Gutsbesitzer als solcher eben deshalb ein

entsprechender Einfluß gesichert werden müsse, dieses aber nur durch Festhaltung des nicht zu hoch gestellten Census ohne alle Minderung möglich werde. Weit entfernt, den Bauernstand herabzusetzen, vielmehr gern es anerkennend, wie rühmlich unser Bauernstand, auf den Hanno⸗ ver stolz sein könne, vor demjenigen anderer Länder sich auszeichne läßt er zwar einzelne Ausnahmen, wo der Bauer dem Gutsbesitzer an Bildung gleichkomme oder selbst ihn überrage zu, gestattet aber einer solchen Ausnahme keinen Einfluß auf die nur die Regel be⸗ rücksichtigende Wahlordnung. Ausdrücklich bemerkt er sodann, daß der Adel nicht die Absicht hege, beseitigte Standesvorrechte zurück⸗ zufordern, nur diejenige Stellung wolle er erhalten sehen, welche, abgesehen von allen Vorrechten der Geburt, nach seinen persönlichen und übrigen thatsächlichen Verhältnissen in der burgerlichen Gesell⸗ schaft ihm, wie jedem Anderen, gebühre. Nothwendige Voraus⸗ setzung einer Einigung im Wege der Gesetzgebung sei deshalb die Festhaltung des Census nach seinem höchsten Betrage. Bacmeister findet in dem §. 12 ebenfalls eher die Abwehr, als Festsetzung eines Census, insofern nur eine Schranke für das Maximum, nicht aber für das Minimum gesetzt sei. Beruhigt indeß durch die hier gege⸗ benen Erklärungen, überläßt er sich um so mehr der Hoffnung, daß eine konservative Regierung den Census nicht herabdrücken werde, zumal die gegen denselben angeführten Gründe in ihrer Konsequenz zum allgemeinen Wahlrecht führen müssen, während die Theilnahme der Ritterschaften an der Vertretung nur lebhaft gewünscht werden könne, damit nicht ein so intelligenter, gebildeter und einflußreicher Stand in eine feindselige Stellung gebracht werden möge. Mit dieser letzteren Aeußerung einverstanden, erklärt sich Kirchhoffgleich⸗ wohl für die Beibehaltung des Entwurfs schon um deswillen, um nicht den einzelnen Landschaften durch absolute Bestimmungen vorzugreifen, welche bei dem Mangel genügender statistischer Nachrichten am wenigsten sich rechtfertigen möchten. Nachdem Staatsminister von Hammerstein mit Rücksicht auf den offen er⸗ haltenen Areal⸗Census für den Antrag sich ausgesprochen, weist Kanzlei⸗Direktor von Bothmer, dem Antrage gleichfalls das Wort redend, zur Widerlegung einer Aeußerung Kraut's, als ob in Ueberwindung der politischen Vorrechte der Ritterschaften ein Fort⸗ schritt zu erstreben sei, auf die Thatsache hin, daß sämmtliche Rit⸗ terschaften schon erklärt, ihre politischen Rechte aufgeben zu wollen. „Nur ein aristokratisches, nicht aber ein adliges Element wolle er in die Verfassung aufgenommen sehen.“ Das Resultat der Ab⸗ stimmung, die Ablehnung sowohl des von Erterdeschen, als der von der Deckenschen Anträge, ist bereits mitgetheilt. Die Versammlung wendet sich sodann zum Census für die einzelnen Landschaften. Für die kalenbergsche Landschaft ist sub 1 ein Maximal⸗Betrag von 60 Rthlr. jährlicher Grundsteuer vorge⸗ schrieben. Gegen diese und konsequent gegen alle weiteren Bestim⸗ mungen über die Höhe des Census stimmt Vezin, weil er den die Wählbarkeit zur ersten Kammer bedingenden Census auch für die Provinzial⸗Landschaften für ausreichend hält, übrigens aber durch eine für diese eiwa zu beschließende Erhöhung, wegen der daraus resultirenden demnächstigen Erhöhung auch für jene, sich nicht im voraus binden will, vielmehr es vorzieht, die Bestimmung des §. 14, welcher ausnahmsweise den Census für die ostfriesische und bent⸗ heimsche Landschaft in die Hand der Regierung legt, auf sämmt⸗ liche Landschaften auszudehnen. Minister⸗Präsident von Münch⸗ hausen widerlegt das der Ansicht Vezin's zum Grunde liegende Prinzip, wenn auch theoretisch nicht als verwerflich, doch als prak⸗ tisch nicht durchführbar. Eine Dauer versprechende Organisation sei durch den Bau von Unten nach Oben bedingt. Die einheimi⸗ schen Zustände im Jahre 1818 hätten Aenderungen erheischt. Durch landesverfassungsmäaͤßige Bestimmungen seien die vorhandenen Uebel⸗ stände zwar beseitigt, aber der vollständige Wiederaufbau des an die Stelle zu setzenden Neuen sei noch nicht erfolgt; erst durch die bevorstehende Organisation hoffe und strebe man, die verbliebenen Lücken zu ergänzen. Die nöthige Sicherung gegen Rückkehr be⸗ seitigter Uebelstände sei gegeben; jetzt aber sei es die Aufgabe, das Lebensfähige zu erhalten und so umzugestalten, daß ein harmoni⸗ scher Gesammt-Organismus daraus hervorgehen könne. Indem der Minister auf das eindringlichste gegen ein gefährliches Expe⸗ rimentiren warnt, damit man, so weit thunlich, mit dem weiteren Bau nicht eher fortschreite, bevor der sichere Grund geprüft und gelegt, wendet er diesen Grundsatz auf die vorliegende Frage an, um die Nothwendigkeit zu zeigen, zuvörderst auf fe⸗ ster Basis die Provinzial⸗Landschaften zu organisiren und nicht durch Rücksichten auf die etwaige künftige Gestaltung der allgemeinen Stände ⸗Versammlung sich bestimmen zu lassen. Eine Erläuterung Vezin's dahin, daß er der provin⸗ ziollandschaftlichen Organisation nicht hinderlich werden, sondern nur der Regierung die Bestimmung des Census ganz allgemein in die Hand geben wolle, veranlaßt den Minister⸗P räsiden⸗ ten zu der Erklärung, daß dieses ein so vollständiges und unbe⸗ dingtes Vertrauens⸗Votum enthalten würde, daß, wenn ein solches wirklich erfolgen sollte, nur mit staunender Dankbarkeit die König⸗ liche Regierung dasselbe entgegennehmen könnte. Nachdem noch Kirchhoff, Kraut und Bening für den im Entwurfe enthal⸗ tenen Census das Wort ergriffen und Letzterer angedentet, daß der Vorschlag Vezin's, die Schlinge, welcher er sich zu entziehen trachte, nur noch fester ziehe, schließt Präsidium die Debatte, worauf die Kammer den obigen Census für die kalenbergsche Landschaft mit großer Majorität genehmigt und eben so dem Ausschuß⸗Antrage 4 zum Begleitschreiben, „auf die im Sandboden belegenen Amtsbe⸗ zirke (Rehburg, Langenhagen, Ricklingen, Wölpe, Neustadt a. R. und Gericht Loccum) bei definitiver Feststellung der Provinzial⸗ Verfassungs⸗Urkunde ausgleichende Rücksicht zu nehmen“, ihre Zu⸗ stimmung ertheilt.

Schließlich findet der Census für die göttingen⸗grubenhagen⸗ sche Landschaft (sub 2) = 50 Rthlr. jährlicher Grundsteuer ohne Diskussion gegen 2 Stimmen die Billigung der Kammer.

Hannover, 24. Mai. (H. Ztg.) Zweite Kammer. Die⸗ selbe fährt in der dritten Berathung des Gesetz⸗Entwurfs, die Re⸗ organisation der Provinzial⸗Landschaften betreffend, §. 12 über den Census der bremen⸗verdenschen Landschaft fort. Lang II. recht⸗ fertigt seinen Antrag: rücksichtlich dieses Census, eine ähnliche Be⸗ stimmung im Begleitschreiben zu treffen, wie in dem Kommissions⸗ Antrage Nr. 4 in Bezug auf den kalenbergschen Census geschehen sei, und Lindemann motivirt seinen Antrag auf die von ihm für unbedingt zweckmäßig gehaltene Wiederherstellung des Census des Entwurfs. Nach ausführlicher Debatte wird der bereits gestern gerechtfertigte Antrag von Reese abgelehnt, die Anträge von Lang II. und Lindemann aber werden angenommen. Rücksichtlich der übri⸗ gen Positionen des §. 12 werden die früheren Beschlüsse wieder⸗ holt. Der §. 13 des Entwurfs wird nach längerer Dis⸗ kussion unter Ablehnung sonstiger dazu gestellter Anträge durch den Vorschlag von Böhmer in der in dem Entwurfe ent⸗

haltenen Fassung wiederhergestellt: „die großen Grundbesitzer wählen ihre Abgeordneten aus ihrer Mitte.“ Rücksichtlich des §. 14 und des dazu gestellten Kommissions⸗Antrags werden die früheren Beschlüsse wiederholt, namentlich auch die von Lehzen rüher dazu gestellten und angenommenen Zusätze, deren Beseiti⸗ gung Groß vergeblich beantragt. Zum §. 15: „Die Abgeordneten der Landgemeinden werden von den Volksversammlungen gewählt“, beantragt Oppermann den Zusatz: „und können die größeren Grundbesitzer als Abgeordnete der Landgemeinden nicht gewählt werden.“ Dieser Zusatz wird abgelehnt und der §. 15 angenom- men. Die §§. 16, 17 und 18 anlangend, werden die früheren

Beschlüsse wiederholt, unter Ablehnung mehrerer Anträge von Groß. Die §§. 19, 20, 21, 22 und 23 werden mit den in voriger Be- rathung beschlossenen Modificationen angenommen.

Braunschweig. Braunschweig, 21. Mai. (H. 3.)

Am heutigen Tage hat das Ministerium der Landes⸗Versammlung einen Gesetzentwurf, die Errichtung von Kirchen⸗Vorständen in den evangelisch⸗lutherischen Gemeinden betreffend, zur verfassungsmäßi⸗ gen Mitwirkung vorgelegt. Diese Vorstände waren bereits in den §§. 217 und 218 der neuen Landschafts⸗Ordnung vom 12. Okto⸗ ber 1832 verheißen. 8 1

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Musland.

Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 24. Mai. Den Vorsitz führt Daru. Verschiedene Mitglieder legen Petitionen um Verfassungsrevision und Abschaffung des neuen Wahlgesetzes nieder. Gouin verlangt, es solle die erste Berathung V über Delessert's Antrag bezüglich der Sparkassen vor der Debatte über das Nationalgardegesetz an die Reihe kommen. Der Antrag wird angenommen. Mit 382 gegen 165 Stimmen und ohne De⸗ batte wird dem Justizminister ein Kredit von 495,409 Franken 28 Ct. zur Deckung der Kriminalgerichtskosten im Jahre 1850 bewil⸗ ligt. Eine zweite Berathung des Delessertschen Antrages über die Sparkassen wird beschlossen. Es folgt die zweite Berathung des Nationalgarde⸗Gesetzes. Napolecon Bonaparte beantragt fol⸗ genden Eingang: „Die Nationalgarde ist eingesetzt zur Verthei⸗ digung der Verfassung, der Republik und der Volkssouverainetät, zur Wahrung des Gehorsams gegen die Gesetze, zur Erhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe im Innern, zur Si⸗ cherung der Unabhängigkeit Frankreichs und der Integrität seines Gebietes gegen das Ausland.“ Der Redner tadelt den leitenden Gedanken des Gesetzes, welches die Nat onalgarde zu Freischaaren umgestalte, indem die Bourgeois gegen die Proletarier bewaffnet würden. Es sei dies die Organisation des Bürgerkrieges. Man wolle die verächtliche Menge nicht bewaffnen, wohl aber halte man sie durch die ökonomische Gesetzgebung im Elend. (Wiederholter Lärm. Zur Ordnung!) Der Redner erklärt, er werde den Gebrauch von der Freiheit der Tribüne machen, den er für angemessen halte. Er glaubt, dieses Gesetz gehöre zu dem Systeme Montalembert's, zu dem römischen Feldzuge im Innern, um das Volk zu knebeln. (Heftige Entgegnungen.) Der Redner erklärt sich persönlich gegen alle Gewalt, er habe öffent⸗

V hohen Gästen gestern Nachmittag zu Osborne auf der Insel Wight

pagen folgten dem Königlichen Wagen.

denten Ludwig an der Spitze der evangelischen Geistlichkeit empfan⸗

lich das 10te Bülletin getadelt. Aber die Gemäßigten möchten sich erinnern, daß auch sie ihr 10tes Bülletin, „das rothe Gespenst“, hätten. Berichterstatter Riancey will antworten. Rechts: Nein, nein! Es ist unnöthig! Pascal Duprat unterstützt Bonapar⸗ te's Antrag, welcher mit Ausnahme des Wortes „Republik“ statt „Monarchie“ nur eine Reproduction des Art. 1 des Gesetzes vom Jahre 1831 ist. Der Redner beklagt sich namentlich, daß man Alle vom Dienste ausschließen wolle, denen er angeblich zu beschwerlich werden würde. Man wolle ihnen verbieten, jährlich dem Vater⸗ lande einige Stunden zu weihen, während man sie durch das Gesetz über die Sonntagsfeier jede Woche um einen ganzen Tag bringen wolle. Der Redner findet, das Gesetz von 1831 sei viel liberaler gewesen. Am Schlusse beantragt derselbe ein fast gleichlautendes Amendement. Riancey, Berichterstatter, glaubt der Ansicht der Versammlung zu entsprechen, wenn er dem Träger eines großen Namens, der sich so bloßstelle, nicht antworte. P. Duprat's An⸗ trag hält er für unnütz, ja nach den gegebenen Erklärungen für gefährlich. Die Verfassung mache aus der Nationalgarde einen wesentlich gehorchenden und nicht einen berathenden Körper. Uebrigens wisse er, daß P. Duprat in den Tagen der Gefahr immer die Ordnung stütze, wie er denn auch 1848 den Belagerungszustand vorgeschlagen habe. P. Duprat: „Ich schlug ihn vor, weil berühmte Mitglieder der Rechten die Ver⸗ sammlung zu einer schmählichen Furcht nach Blois oder Bourges zu bringen beabsichtigten. Ich habe mit eigenen Augen ein Schreiben gesehen, welches einen berühmten Marschall nach einer dieser Städte in einem ganz anderen Interesse als dem der Republik berief.“ Larcy (Legitimist): Es sei ein Marschall allerdings berufen wor⸗ den, aber nicht von der Rechten, sondern von einem Freunde P. Duprat's. Riancey weist drn Gedanken zurück, es solle die National⸗ garde ein Gegengewicht gegen die von der Exekutivgewalt verwen⸗ dete stehende Armee sein. Die Bezeichnnng, man wolle den Bür⸗ gerkrieg, nennt er infam. Arnaud (de l'Ariège) betritt die Tri⸗ büne. (Schluß! Schluß!) Die ganze Rechte erhebt sich für den Schluß. Jules Favre verlangt und erhält das Wort gegen den Schluß. Er müsse auf die Verläumdungen Riancey's antworten. (Lärm.) Riancey: Ich habe nur einen Ausspruch Robespierre's wiederholt.“ Chégaray beruft sich auf den Paragraphen 38 der Geschäfts⸗Ordnung, welcher die Unterbrechun⸗ gen verbietet, die Majorität habe daher mit Recht den Schluß ver langt. P. Duprat's Antrag wird 416 Stimmen gegen 224 ver⸗ worfen, dadurch also der Antrag Bonaparte's beseitigt. Artikel 1 bis 6 werden angenommen. N. Bonaparte's Antrag, die Reorga⸗ nisirung aufgelöster Garden, habe binnen einem statt zwei Jahren zu geschehen, wird verworfen.

Paris, 24. Mai. Man will wissen, der Präsident der Re⸗ publik werde dieses Jahr weder reisen, noch das Elysee mit einem Sommer⸗Aufenthalt vertauschen.

Die Kommission für die Verträge Lepredour's mit Rosas hat sich heute für Genehmigung derselben ausgesprochen und Larabit zum Berichterstatter gewählt.

Ein Courier mit Depeschen des General Gemeau an die Re⸗ gierung ist aus Rom angekommen. Derselbe verlangt neue In⸗ struction und namentlich die Ermächtigung zur ausschließlichen Be⸗ setzung aller festen Punkte und Posten in Rom durch die franzö⸗ sische Armee.

Die Nationalgarde⸗Artillerie von Roanne ist aufgelöst worden.

Der erste Zusammenstoß in Kabylien hat stattgefunden. Weder die Araber, noch die Franzosen hatten bedeutende Streitkräfte ent⸗ wickelt. Die Letzteren blieben Sieger.

In Morin's Antrag will die Kommission die einmonatliche Frist in eine dreimonatliche verwandeln. Sie hat Broglie zu ih⸗ rem Präsidenten und Kerdrel zum Secretair ernannt.

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Großbritanien und Irland. London, 24. Mai. Ihre Majestät die Königin und Prinz Albrecht sind mit ihren

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eingetroffen.

Nachdem gestern im Unterhause drei Amendements zu der Titel⸗ Bill, mit respektive 221 gegen 49, 316 gegen 61 und 317 gegen 57 Stimmen, ver vorfen worden waren, wurde die weitere Comité⸗ Berathung auf Montag vertagt.

Rußland und Polen. Warschau, 23. Mai. (Schles. Ztg.) Gestern von 11 bis 3 Uhr Nachmittags nahm Se. Maje⸗ stät der König von Preußen in Begleitung des russischen General⸗ Adjutanten Grünfeld, des Gardeobersten Theodor Fürsten von Warschau und des Literaten Grafen Heinrich von Rzewuski, zu Wagen die Stadt Warschau in Augenschein. Eine Menge Equi⸗ 1 Se. Majestät begab sich zuerst in die evangelisch⸗lutherische Kirche, wo sie vom Superinten-

Sodann besuchte der König den Kazimirowskischen gelehrte Botaniker Dr. Jarocki Sr. Museum zeigte. Darauf wurde der König vom Kurator des warschauer wissenschaftlichen Bezirks, Muchanow, in der Bibliothek empfangen, wo er besonders die Medaillen⸗ und Münzensammlungen in Augenschein nahm. Von da begab sich der König in die Kreuzkirche, welche aus zwei über einander befindlichen Theilen besteht, der unterirdi⸗ schen und oberen Kirche. Darauf besuchte Se. Majestät die pracht⸗ volle römisch⸗katholische Metropolitan⸗ und Kathedralkirche zu St. Johannes. Der Domprälat Deckert empfing den König mit einer französischen Anrede, begleitete Se. Majestät bei seinem Gange in der Kirche und zeigte Ihm alle Grabmäler und Bilder. Der Kö⸗ nig gab dem Prälaten seine volle Zufriedenheit zu erkennen. Dar⸗ auf erfolgte der Besuch der russischen Kathedrale, wo Se. Maje⸗ stät vom russischen Erzbischof Arseny empfangen wurde, sodann der der Kapuzinerkirche. In dieser besichtigten Se. Majestät auch die Kapelle, in welcher der Sarkophag, der das Herz Johann Sobieski's birgt, sich besindet. Demnächst besuchte der König noch verschiedene Stadttheile, erkundigte sich nach jedem hervorragenden Gebäude, sprach sich sehr lobend über den Senatspalast, den ehemaligen Ja⸗ blonowskischen Palast, welcher jetzt zum Rathshause umgeschafsen ist, und den Palast des Statthalters aus. In der Altstadt begab sich Se Majestät in ein sehr alterthümliches Haus, dessen Inneres sich durch seine eigenthümliche Bauart auszeichnet, und dessen Treppen den Werth des ganzen Hauses übersteigen. UIm In h Se. Majestät in den Belvedere⸗Palast zurück, wo der Minister⸗ Präsident von Manteuffel den König erwartete.

Warschau, 25. Mai. Gestern Vormittag hielt Se. Maje⸗ stät der Kaiser auf der Mokotower Ebene eine Truppenmusterung ab. Abends war glänzende Soiree bei Ihren Kaiserlichen Maje⸗ stäten.

gen wurden. Palast, woselbst der Majestät das zoologische

Turin, 21. Mai. (Ll.) Dem Vernehmen nach

Italien. s- m Protestpetition der Stadt Nizza ver⸗

sind die Unterfertiger der haftet worden.

Die Debatte des Kriegs⸗Ministerial⸗Budgets hot begonnen. Lamarmora erklärt, für Kriegszeiten sei ein Armeestand von

90,000, in Friedenszeiten von 45,000 Mann erforderlich, wozu jährlich eine Normalsumme von 32,000,500 Lire benöthigt werde. Nachdem sich der Abgeordnete Pottone über die Höhe dieser Un⸗ kosten beschwert und Sines Reformen dringend beantragt, werden zwei Artikel des Gesetzvorschlages angenommen.

Die Kammer der Abgeordneten füllte sich mit Neugierigen, um die Interpellation des Abgeordneten Valerio zu vernehmen. Die größte Spannung herrschte im Saale und auf den Tribünen, da begann der Interpellant mit einer Reihe von Fragen, welche der Minister⸗Präsident d'Azeglio mit demselben Aeccente der Allgemein⸗ heit und Vieldeutigkeit beantwortete, welche die Stellung allgemein gehaltener Anfragen gestattete. Ein angeblich zwischen Rom, Nea⸗ pel, Toscana und Parma unter den Auspizien Oesterreichs abge⸗ schlossenes Bündniß, dessen Zweck darin bestände, die Räumung Ita⸗ liens von dem französischen Besatzungs⸗Corps zu Rom zu erwir⸗ ken, wurde von ihm entschieden in Abrede gestellt. Ein Konkordat mit Rom sei nicht im Abschlusse begriffen, so wünschenswerth die Beseitigung der kirchlichen Differenzen sonst erscheine. Aus dieser negativen Antwort ergiebt sich in ziemlicher Gewißheit, daß die Differenz mit Rom sich immer noch in der alten Schwebe befindet. Valerio wollte die Ursache des Rücktritts Siccardi's gründlicher

kennen lernen, als das Amtsblatt Gazzetta Piemontese zu seiner Zeit für gut fand,

dieselbe darzustellen. Der Minister⸗ Präsident hielt es jedoch für rathsam, auf diesen ziemlich offen ge⸗ legten Hinterhalt nicht einzugehen, und verwies auf die schwachen Gesundheitszustände des ehemaligen Großsiegelbewahrers, welche diesen gleichwohl nicht verhindern, ein wichtiges Staats⸗ amt jetzt zu bekleiden. Valerio wollte außerdem erfahren, wie es mit dem Ehegesetze oder eigentlich mit der beabsichtigten Einführung der Civilehe stände. Der Minister⸗Präsident d'Azeglio versicherte darauf blos, daß die Regierung nicht aufgehört habe, sich mit dem wichtigen Gegenstande zu beschäftigen, daß derselbe jedoch reifliche und anhaltende Studien erfordere. Die liberale ultraconstitutionelle Partei sieht sich durch den Ausfall der Interpellation vollkommen befriedigt, nicht so die demokratisch⸗unitarische, deren Klagen über Zweideutigkeiten in ihren Organen nenerdings auftauchen.

China. Ueber die Unruhen in den an Canton gränzenden Theilen des Reichs bringt die neueste Nummer des Chinese Re⸗ pository vom Februar folgende Data: „Die Insurgenten sollen fast alle südlichen Departements der Provinz Kwangsi in ihrer Gewalt haben. Ihr Hauptquartier ist Sin⸗chan⸗fu, und ihren An⸗ führer haben sie als Tien⸗teh (Himmelstugend) zum Kaiser prokla⸗ mirt. Die „Himmelstugend“ erhebt schwere Abgaben vom Handel auf dem Perlstrom und versetzt den Kaiserlichen Finanzen einen Stoß nach dem anderen. Auch Kwei⸗tin⸗fu, die Hauptstadt der Provinz Kwangsi, ist, seit wir Obiges schreiben, in die Hand der Rebellen gefallen. Der ganze von den Insurgenten besetzte Land⸗ strich hat den Umfang von England und Wales zusammengenommen und eine Bevölkerung von etwa vier Millionen Seelen. Im Wi⸗ derspruch mit der eben angelangten Nachricht von der Einnahme Kwei⸗lin⸗fu's, hören wir, daß der Kaiserliche Kommissär Li noch in Kwei⸗lin residirt und einen Unter⸗Kommissär Namens Chang⸗ yuen⸗yan zu sich berufen hat, um mit ihm vereint energische Maß⸗ regeln gegen die Ausbreitung der Revolution zu ergreifen. Chan⸗ Tien⸗tsioh, vordem General⸗Gouverneur der beiden Seeprovinzen, hat die Stelle des abgesetzten Gouverneurs Ching erhalten. Dieser patriotische Beamte wurde früher einmal wegen seiner zwar wohl⸗ gemeinten, allein übertriebenen Strenge suspendirt. Er ließ, um den Opiumrauchern das nationale Laster abzugewöhnen, ihnen die Unterlippen abschneiden.“”)

Iths 1u“.“

Wissenschaft und Kunst.

. Die Schlacht bei Leuthen. Friedrich der Große und sein Heer in den Tagen der Schlacht bei Leuthen. Nebst einer umfassenden Darstellung der letzteren. Von Professor Hr. 1 Zoseph Kutzen. Mit Beilagen und einem Plane. Breslau, 1851. 246 Seiten in 8.

Einer gedrängten übersichtlichen Einleitung folgt die Darstellung der berühm⸗ ten Schlacht vom 5. Dezember 1757 selbst, welche mit kritischer Genauigkeit so frisch und lebendig gehalten ist, daß der Leser jeden Standes sich von Mo⸗ ment zu Moment in theilnehmender, freudiger Stimmung fortgezogen füh⸗ len muß. Die lichtvolle Erzählung ist ein Gewinn, welchen der patrio⸗ tische Geschichtsforscher seiner unmittelbaren Kenntniß des Terrains und dem Studium der Originalquellen verdankt, wohin besonders das noch unge⸗ druckte von Gaudische Journal und die Korrespondenz des Königs mit dem Prinzen Heinrich, seinem Bruder, und mit seinen anderen Generalen, so wie mit seinen Freunden, gehört. Dabei ist der Charakteristik des Königs die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet, wodurch von vorn herein die 8 folge seiner größten Kriegsthat auf das beste motivirt werden. Auch die Anekdote ist nicht verschmäht, der ganzen Erzählung den volksthümlichen Ton zu geben, welcher dem aktenmäßigen Berichte eine um so wohlthätigere Wirkung verleiht. 8 .

Dar vnas literarische und kritische Apparat ist, um den Text selbst in seiner tvpographischen Einheit zu erhalten, in Anmerkungen und Beilagen dem Buche angehängt, als ein neues Zeugniß für den ganz entschiedenen Beruf des Verfassers, einen Sieg zu beschreiben, welcher dem Heldenmuthe der Armee, dem einhelligen Wirken der Generale und dem militairischen Genie des Monarchen zu unsterblichem Ruhme gereicht. z

Wir zweifeln nicht, daß der Herr Verfasser, welcher sein Buch dem preußischen Heere am 31. Mai 1851 geweiht hat, in weitesten Krei⸗ sen desselben und in allen Schichten der Bevölkerung des Vaterlandes Eingang finden werde durch seinen klaren Vortrag, welcher von edler pa⸗ triotischer Wärme belebt ist, ohne der besiegten Armee irgendwie Unrecht zu thun. . 8 n Sammlung von Urkunden, welche, nach S. 144, nächstens er⸗ scheinen und auch über das Verhältniß des Königs zu dem damaligen Fürstbischofe von Breslau wichtige Auffchlüsse enthalten und theilweise zum Vortheile des Letzteren Zeugniß geben wird, kann den Freunden der Ge⸗ schichte nur willkommen sein, wenngleich das eben genannte Verhältniß schon jetzt durchaus spruchreif sein dürfte. Denn, wenn man auch von einem materiellen Mitfüßentreten des Schwarzen Adlerordens *) und von allen Gründen zu einer juristischen Anklage mit Freuden absieht; so wird man doch, vom patriotischen und vom reinsittlich en Standpunkte aus, den Grafen, in Bezug auf den König, „seinen Wohlthäter“, wie es 859 heißt, „dessen Gunst ihn zum preußischen Fürsten erhoben un dessen Bemühungen allein er seine hohe kirchliche Stellung zu verdanken hatte“ **), ganz anders ansehen und es mindestens bedauern müssen: daß der Fürstbischof, welcher bei der Uebergabe der Hauptstadt Schlesiens an die Oesterreicher in Breslau verblieben war (S. 8), in der Ka⸗ thedrale zu St. Johann auf dem Dome, den 26. November 1757, „in ei⸗ gener Person ein feierliches Hochamt und Tedeum gehalten, welchem Prinz Karl von Lothringen und seine Generale beiwohnten. Der Abt Tobias Stusche hat den preußischen Adler, den er an hohen Kirchenfesten Cnur symbolisch) trug **), ganz anders in Ehren zu halten gewußt.

Doch kehren wir mit dankbarer Freude zu der willkommenen Arbeit des Herrn Professors Kutzen zurück, um noch zu sagen, daß dem kritischen Le⸗ ser in dem reichen Anhange, von Seite 135 an, und in dem sauberen

Schlachtplane eine lehrreiche Zugabe bereitet ist. 8

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““ Bekanntmachung. .

1) Bei der Besichtigung und Beurtheilung der zur hiesigen Industrie⸗Ausstellung eingesendeten Gegenstände, insbesondere der Manufakturwaaren, haben verschiedene Jurys den Grundsatz ange⸗ nommen, daß die Preiswürdigkeit und Verdienstlichkeit solcher Ge⸗ genstände, über welche keine Preis⸗Angaben eingesendet waren, nicht beurtheilt werden könne. Auch in anderen Fällen ist der Grundsatz angenommen, daß Wohlfeilheit eines Artikels von großem Einflusse bei den zu vertheilenden Prämien ist.

Mit Bezugnahme . stellungs⸗Kommission veranlaßt, diejenigen Aussteller, welche bisher die Preise ihrer Waaren nicht mitgetheilt haben, auf die Wichtigkeit dieser Angelegenheit und die zu erwartenden Nachtheile aufmerksam zu machen, welchen nur durch ein sofortiges Einsenden der Preis⸗ Angaben vorzubeugen ist. 8

2) Der Zustand des Gebäudes und die Lebhaftigkeit des Be⸗ suches machen es bei vielen Gegenständen, namentlich bei Seiden⸗ waaren und anderen feineren Manufaktur⸗Artikeln, dringend wün⸗ schenswerth, daß dieselben durch Glasschränke gegen Entwendung, Staub und Verbleichen geschützt werden. Von einigen vereinslän⸗ dischen Ausstellern sind den hiesigen Ausstellungs⸗Kommissarien zu diesem Zwecke Fonds zur Verfügung gestellt worden, von den meisten aber nicht. 1

Es wird deshalb den vereinsländischen Ausstellern anheimge stellt, ob sie zum besseren Schutze und Verwahren ihrer ausgestell⸗ ten Gegenstände, dem Beispiele Anderer folgend, Geldmittel zur Anschaffung von Glaskästen und Glasglocken zur Verfügung stellen wollen. Es ist ohne dergleichen, vor Allem bei Manufakturwaaren, sehr zu besorgen, daß selbige, aller Sorgfalt der von uns ange⸗ stellten Aufseher ungeachtet, durch Staub und Schmutz ein unan⸗ sehnliches Aussehen erhalten. G 3) Bestellungen an das vereinsländische Erkundigungs⸗Büreau können sowohl im Ausstellungs⸗Gebäude selbst, bei der Treppe Nr. 9, als an dem Büreau Nr. 43, Albion Street, Hyde Park Terrace, gemacht werden. ¹ꝓLondon, den 23. Mai 1851. Vereinsländische Kommission bei der londoner Industrie⸗Ausstellung.

Viebahn.

Publikandum. Da am 31sten d. M. die Feier der Enthüllung des Denkmals Sr. Majestät Friedrich des Großen stattfinden wird, und sich daher erwarten läßt, daß neben den Zügen der dazu kommandirten Truppen und Gewerke auch noch anderweite zahlreiche Menschen⸗ massen sich in gedachten Stadttheilen einfinden werden, so wird

hierdurch der am Sonnabend den 38sten d. Mts. in der Mark⸗ grafen⸗Straße und auf dem Gendarmenmarkte stattfindende Wochen⸗ Heu⸗, Stroh⸗, Holz⸗ und Getraidemarkt auf den Freitag den 30sten d. Mts. verlegt. 8 Berlin, den 27. Mai 1851.

““ Der Polizei⸗Präsident.

von Hinckeldey.

Königliche Schauspiele.

28. Mai. Statt der im Opernhause angekündigt Familien Capuleti und

Mittwoch, gewesenen Vorstellung der Oper: Die Montecchi: 1

Im Schauspielhause. 86ste Schauspielhaus Abonnements⸗ Vorstellung: Der Puls, Lustspiel in 2 Abth., von Babo. Hierauf: Die Komödie der Irrungen, Lustspiel in 3 Abth., von Shakespeare.

Wegen Heiserkeit der Frau- Köster kann die Oper: Die Fa⸗

*) Friedrich der Große, eine Lebensgeschichte von J. D.

. Dr 7 8 c₰ 1

. EE1“ der Lebens eschichte Friedrich's des

Großen von J. D. E. Preuß. Bd. 92 113. ***) A. a. O. S. 116.

hierauf sieht sich die vereinsländische Aus-⸗

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