werden daher mit Rücksicht auf die jährliche Minderung durch Tilgung inkl. des Zuschusses zu ½ pCt. an die Tilgungskasse für Arrosirung durchschnittlich 1,050,000 Fl. per Jahr für die Verzin⸗ sung erforderlich sein, sohin für 4 Jahre 4,200,000 Fl. 2) Für die jährliche Tilgung nach ½ pCt. 175,000 Fl., sohin für 4 Jahre 700,000 Fl. 3) Für die Regie der Kasse für 4000 Fl. 4) Für Zinsen und Kosten der successive nach Bedarf für den Bahnbau aufzunehmenden weiteren Anlehen circa 3,400,000 Fl. 5) Für die pfälzische Ludwigs⸗Eisenbahn ist wegen der übernommenen Zinsengarantie vorsorglich eine jährliche Ausgabeposttion von Fl., sohin für 4 Jahre ö 88 88 etzen. Der sub I. und II. aufgeführte 1“ darf der Dotationskasse pro 1850 — 1855 beträgt demnach 10,453,500 J1 „Es ergiebt sic, sohin mit Hinzurechmung, 364 “ 43,624,054 Fl. ei tbedarf von 54,077,554 Fl., wov jedoch 85,“ 5,800,000 Fl. durch die Einnahmen der Eisenbahnbau⸗Dotationskasse pro 1850 — 1851, nämlich 800,000 Fl. Bahnrente und 9,000,000 Fl. Rest des durch das Gesetz vom 30. Juni 1850 bewilligten Anlehens von 10,000,000. Fl. als gedeckt erscheint. Es verbleibt sohin für die vier Jahre 1851 —1852 bis 1854— 1855 inkl. nur noch ein Bedarf von 44,277,554 Fl. Zur Deckung desselben ist nur die Bahnrente mit jährlichen 714,685 Fl. vorhanden, sohin für vier Jahre mit 2,858,740 Fl., nach deren Abzug noch ein Bedarfsrest von 41,418,814 Fl. oder in runder Summe von 41,500,000 Fl. besteht, welcher nur durch die Aufnahme von Anlehen gedeckt werden kann. Da der im Gesetze vom 30. Juni 1850 im Art. 3 enthaltene Bei⸗ satz „al pari“ sich wiederholt als eine finanziell nachtheilige Be⸗ schränkung erwiesen hat, indem dadurch die Staats⸗Regierung ge hindert werden kann, auf die für den Staat vortheilhaftesten An⸗ lehens⸗Anerbietungen einzugehen, so wurde im gegenwärtigen Ge⸗ setz⸗Entwurfe dieser Beisatz hinweggelassen.
Hannover. Hannover, 28. Mai. (H. Z.) Erste Kammer. Niachdem die Beschlüsse der zweiten Kammer zum Gesetz⸗Entwurfe, die Reorganisation der Provinzial⸗Landschaften betreffend, einge⸗ gangen, fährt die Kammer in dessen zweiter Berathung fort, welche mit dem Wirkungskreise der Landschaften (§. 18 bis 23) beginnt. Der §. 18 erfordert die Zustimmung der Landschaften unter An⸗ deren (sub Nr. 1) bei Provinzialgesetzen, so wie bei den für ein⸗ elne Theile einer Provinz zu erlassenden Gesetzen. Der Ausschuß⸗ Antrag 16 schlägt vor, diese Nummer zu streichen und dafür dier Nr. 1 und 2 sub III. der Grundzüge wieder herzustellen, dahin lautend: 1) bei Erlassung, Wieder⸗Aufhebung, Abänderung und authentischer Interpretation aller Provinzialgesetze, durch welche die persönliche Freiheit, das Privat⸗Eigenthum oder sonstige wohler⸗ worbene Rechte der Unterthanen entzogen oder beschränkt werden, 2) bei Lokal⸗Statuten, insofern dieselben Gesetzeskraft erhalten sollen. In der zweiten Kammer ist der Ausschuß⸗Antrag mit der Modification angenomwen, daß statt des ersten Theils nur die Worte „bei Prsvinzialgesetzen“ in den Beschluß auf⸗ genommen worden. Nachdem Bening das Bedenkliche sowohl des ursprünglichen als des modifizirten Ausschuß⸗Antrags nachge⸗ wiesen und auch von Kraut, Thormeyer, Neupert und Wyneken der Regierungs⸗Entwurf als zutreffender anerkannt worden, entscheidet sich die Kammer für unveränderte Beibehaltung des letzteren. 8 Bei Nr. 3 desselben Paragraphen beantragt Kirchhoff, daß
der im §. 19 sub Nr. 5 vorgesehene Fall, in welchem nur das Gutachten der Landschaft erfordert werden soll, in die Zahl der⸗ jenigen Fälle aufgenommen werde, in welchen die Zustimmung derselben nothwendig, so daß diese nicht allein bei Auflösung einer Gemeinde gegen deren Widerspruch, sondern auch bei einer Entschei⸗ dung der Landdrostei, durch welche eine Gemeinde unter Widerspruch neu gebildet oder mit einer anderen vereinigt werden soll, so wie über die Bedingungen der Vereinigung, erforderlich sein soll. Während Neupert für den Antrag sich erklärt, denselben jedoch auf Kolo⸗ nieen ausgedehnt zu sehen wünscht, weist der Minister⸗Präsident von Münchhausen, nach einer Aeußerung Wyneken's, daß ohne nachfolgende Neubildung die Auflösung einer Gemeinde ihm undenkbar scheine, und deshalb auch bei jener die Zustimmung nothwendig sei, auf die nicht fern liegende Möglichkeit hin, wo der Bildung einer Gemeinde eine Auflösung keinesweges vorauszugehen brauche, daß übrigens aber, auch bei vorausgesetzter Nothwendig⸗ keit der vorgängigen Auflösung, eine Gefahr dennoch nicht vorhanden sei, weil schon durch §. 18 Nr. 3 die sichernde, das Erforderliche in die Hand der Stände legende Bestimmung getroffen sei, zumal selbst im Falle des §. 19 die Landschaft doch jedenfalls zuvor mit ihrem Gutachten gehört werden müsse. Nachdem Wyne⸗ ken von der ausreichenden Garantie des Entwurfs nunmehr über⸗ zeugt, und auch Wolff mit von Honstedt für denselben sich erklärt, warnt Bening gegen eine zu weit ausgedehnte Mitwirkung der Provinzial⸗Landschaften, als einer Institution, welche zwar nützlich wirken könne, aber auch die Administration jedenfalls verweitläuf⸗ tigen werde. Der Kirchhoffsche Antrag wird von großer Majorität abgelehnt, die obige Nr. 3 aber angenommen. Nr. 4 erfordert die Zustimmung der Landschaft bei Einführung neuer und Abänderung öffentlicher Weg⸗, Fähr⸗ und Brückengelder, so weit dieselben nicht durch allgemeine Gesetzgebung geregelt sind. Mit der von Kirch⸗ hoff beantragten Ausdehnung auf Kanalgelder, ohne indeß auch die Schleusengelder, wie von Honstedt vorgeschlagen, gleich⸗ falls aufzunehmen, nimmt die Kammer die obige Nr. 4 an. Nach Genehmigung auch der Nummern 5, 6 und 7 bean⸗ tragt Kirchhoff, aus dem §. 19 Nr. 3 (Anlage von Kolonieen u. s. w.) unter einer neuen Nr. 8 aufzunehmen, um auch rücksicht⸗ lich dieser das Zustimmungsrecht der Landschaften zu sichern. Be⸗ ning bemerkt indeß dabei, daß theils der Zweck viel zu weit führe weil unter Nr. 3 nicht etwa nur die Kolonieen, sondern auch son⸗ stige Anbauungen von größerer Ausdehnung und Bedeutung be⸗ griffen, theils aber durch das Gesetz vom 22. August 1847 über Ent⸗ und Bewässerungen die Verhältnisse hinreichend geregelt er⸗ schienen. Wolff sieht in dem Antrage zugleich eine unstatthafte Abweichung von den nicht ohne Weiteres zu beseitigenden Vorschrif⸗ ten der Domizil⸗Verordnung, während Breusing von demselben einen nicht gerechtfertigten und selbst zu gefährlichen Konse⸗ quenzen führenden Eingriff in das Privateigenthum fürch⸗ tet. Der Antrag wird hierauf von großer Majorität ab⸗ gelehnt. Die §§. 19, 20 und 21, letzterer mit dem Aus⸗ schußantrage 17, finden ohne Diskussion die Zustimmung der Kammer. Zufolge §. 22 soll den Landschaften 1) von der Ver⸗ wendung der von ihnen bewilligten Abgaben, Lasten und Leistungen (§. 18 Nr. 2 und 5), so wie 2) von der Verwaltung der inner⸗ halb der Provinz belegenen Institute, welche unter der unmittel⸗ Idn Verwaltung der Königlichen Behörden stehen, so fern deren Mittel ganz oder theilweise aus provinziellen Fonds fließen, auf ihr Verlangen Kenntniß gegeben werden. Der Ausschuß beantragt die Strrichung der Worte: „auf ihr Verlangen“. Gegen diesen von Wolff begründeten und von Breusing vertheidigten Antrag spricht Staats⸗Minister von Münchhausen, wie auch Bening schon aus dem Grunde sich aus, weil, im Falle die Landschaften die
— 11“ 1“
Mittheilung nicht verlangten, nur unnoͤthige Arbeit und Schreiberei verursacht werde. Der Ausschuß⸗Antrag wird hierauf mit großer Majorität abgelehnt, der §. 22 aber, gleichwie auch §. 23, ohne Weiteres genehmigt.
Hannover, 30. Mai. (D. R. Ztg.) Die heutige Gesetz⸗ sammlung enthält eine Bekanntmachung des Finanz⸗Ministeriums, daß die Bestimmungen des deutsch⸗österreichischen Postvereinsver⸗ trages vom 1sten künftigen Monats an für den Postverkehr mit dem gesammten Kaiserlich österreichischen Staatsgebiete nebst Liech⸗ tenstein, dem gesammten Königlich preußischen Staatsgebiete nebst den unter preußischer Verwaltung stehenden Postgebieten von Anhalt⸗ Bernburg, Anhalt⸗Cöthen und Anhalt⸗Deßau, Schwarzburg⸗Rudol⸗ stadt und Schwarzburg⸗Sondershausen, Waldeck und dem Fürsten⸗ thume Birkenfeld, dem Königreiche Bayern, dem Königreiche Sach⸗ sen, so wie den Großherzoglich und Herzoglich sächsischen Ländern, dem Großherzogthume Baden, dem Herzogthume Holstein (ohne Lauenburg) nebst dem Fürstenthum Lübeck, den Großherzogthümern Mecklenburg⸗Schwerin und Strelitz, der Landgrafschaft Hessen⸗ Homburg, den Fürstlich reußischen Ländern und der freien Stadt Frankfurt zur Anwendung kommen werden.
Württemberg. Stuttgart, 28. Mai. (N. C.) Die Abgeordnetenkammer hat den Eisenbahnvertrag mit Baden mit 65 gegen 19 Stimmen einfach genehmigt und ihrem Beschlusse nur den Ausdruck der Erwartung beigefügt, daß die Staats⸗Regierung alle ihr zu Gebot stehenden Mittel in Anwendung bringen werde, um die Konkurrenzfähigkeit der Straße, die von Mannheim, zu Wasser bis Heilbronn, nach Bietigheim fuͤhrt, mit der Eisenbahn⸗ linie Mannheim⸗Bruchsal⸗Bietigheim, namentlich in dem Falle, wenn sie durch exceptionelle Tarifsätze in Baden oder durch andere Begünstigung der Linie Mannheim⸗Bruchsal gestört werden sollte, wiederherzustellen. Die Kommission hatte diese „Erwartung“ als „Voraussetzung“, d. h. Bedingung der Genehmigung des Art. 14 des Vertrags beantragt, worauf aber, wie erwähnt, die Kammer nicht einging. Außerdem wurde beschlossen, daß die Regierung die bei dem Vertragsabschluß versäumte Abschaffung der Neckarzölle wenigstens nachträglich bewirken und sobald als möglich Einleitung treffen möge, daß Württemberg von Baden das Recht erhalte, auf seine Kosten eine Zweigbahn nach Pforzheim zu bauen.
Hessen. Kassel, 26. Mai. (O. P. A. Z.) Der Ober⸗ Bürgermeister unserer Residenz, Herr Hartwig, ist heute vom kur⸗ hessischen permanenten Kriegsgerichte zu drei Monaten Festungsarrest verurtheilt. Das frühere, wegen Unvollständigkeit der Untersuchung vom General⸗Auditoriat aufgehobene Urtheil lautete bekanntlich nur auf zwei Monate. Das heutige erklärt den Angeklagten, weil er auf die ihm im Oktober v. J. zugegangene Benachrichtigung des militairischen Ober⸗Befehlshabers, General⸗Lieutenant von Haynau, von der angeordneten Auflösung der hiesigen Bürgergarde dieser Maßregel durch eine schriftliche Erwiederung entgegengetreten sei, so wie nach seiner hierauf durch den Ober⸗Befehlshaber ausge⸗ sprochenen Suspension seine amtlichen Functionen dennoch fortge⸗ setzt habe — des Ungehorsams und Widersetzlichkeit gegen die An⸗ ordnungen des für die Dauer des Kriegszustandes ernannten Ober⸗ Befehlshabers schuldig und deshalb wider ihn eine dreimonatliche Festungsstrafe und Ersatz der Untersuchungskosten.
Sachsen⸗Weimar. Weimar, 28. Mai. (W. Ztg.) Gestern Nachmittag sind Se. Hoheit der Erbprinz zu Sachsen⸗ Meiningen mit Höchstihrer Frau Gemahlin zum Besuch bei Hofe hier eingetroffen und im Großherzoglichen Residenzschlosse abgestiegen. Höchstdieselben sind heute nach Berlin abgereist.
Weimar, 29. Mai. Ihre Königliche Hoheit die verwittwete Frau Erbgroßherzogin von Mecklenburg⸗Schwerin sind heute Abend zum Besuche bei dem Großherzoglichen Hofe hier angelangt.
Frankfurt. Frankfurt a. M., 30. Mai. (O. P. A. Z.) In der heute um 12 ½ Uhr Nachmittags eröffneten Sitzung des durchlauchtigsten Bundestages waren anwesend: der K. K. öster⸗ reichische Bundes⸗Präsidial⸗Gesandte Herr Graf von Thun und Hohenstein für Oesterreich, der K. preußische General⸗Lieutenant Herr Baron von Rochow für Preußen, Herr General von Kylan⸗ der für Bayern, Herr von Nostiz und Jänkendorff für Sachsen, Herr von Scheele für Hannover, Herr von Reinhard für Württemberg, Herr von Marschall für Baden, Herr von Trott für Kurhessen, Herr von Münch⸗Bellinghausen für das Großherzogthum Hessen, Herr von Bülow für Holstein und Lauenburg, Herr von Scherff für Luxemburg und Limburg, Herr von Fritsch für die sächsisch⸗thürin⸗ gischen Staaten, Herr von Dungern für Nassau und Braunschweig, Herr von Oertzen für die beiden Mecklenburge, Herr von Eisen⸗ decher für Oldenburg und die kleinen norddeutschen Fürstenthümer, Herr von Linde für Liechtenstein, Herr Baron von Holzhausen für Hessen⸗Homburg ꝛc., Herr Schöff Dr. Harnier für Frankfurt, Herr Senator Banks für Hamburg, Herr Bürgermeister Brehmer für Lübeck und Herr Bürgermeister Smidt für Bremen.
Bremen. Bremen, 28. Mai. (Wes. Ztg.) In der heutigen Bürgerschafts⸗Sitzung wurde die Ratisication einer Ueber⸗ einkunft mit der Krone Hannover, die neue Dockanlage zu Bremer⸗ hafen betreffend, beschlossen. In derselben Sitzung theilte der Se⸗ nat seine Rückantwort wegen der Schulangelegenheit mit. Zur nä⸗ heren Prüfung des Gemeindeschul⸗Entwurfs wird, dem Wunsche der Bürgerschaft gemäß, eine Deputation nievergesetzt. Die Schuldepu⸗ tation wird beauftragt, behufs der unverzüglich in Angriff zu neh⸗ menden Reorganisation der Freischulen, nähere Vorschläge über er⸗ forderliche Neubauten ꝛc. unter Anwendung der im Organisations⸗ plane der Schuldeputation enthaltenen Bestimmungen, soweit solche unter Berücksichtigung der vorhandenen Verhältnisse geeignet er⸗ scheinen, auszuarbeiten, eben so über die Errichtung einer höheren Bürgerschule, so wie über die einer niederen Gewerbeschule, zu be⸗ rathen.
Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 28. Mai. Bei der Eröffnung der heutigen Sitzung werden gegen zwanzig Petitionen niedergelegt;, die theils die Verfassungs⸗ Revision schlechtweg, theils die Abschaffung des Artikels 45 oder die Verlängerung der Gewalten Louis Napolecon Bonaparte's verlan⸗ gen, welches Letztere auf den Bänken der Linken den Ausruf veran⸗ laßte: „Das ist rebellisch!“ Von einem Mitgliede der Linken wird auch eine Petition gegen das Gesetz vom 31. Mai überreicht. Nachdem Clary aus Veranlassung einer Aeußerung des Generals Gourgaud, welcher der Nationalgarde die Ehre zuschreiben wollte, am 15. Mai 1848 die Insurgenten aus dem Saale der konstitui⸗ renden Versammlung verjagt zu haben, im Namen des 2ten Ba⸗ taillons der Mobilgarde, das er kommandirte, Protest ein⸗ elegt und für dieses das Verdienst jenes Tages in An⸗ seruc genommen hat, wird die zweite Berathung des Na⸗
tionalgardengesetzes wieder fortgesetzt. Da es sich jedoch um unter⸗ geordnete Bestimmungen handelt, so bleibt die Diskussion lange sehr ruhig, bis endlich der General de Grammont, der die Nationalgarde überhaupt bekämpft, durch Erzählung einer Episode aus seinem Kommando zu La Gulllotiere plötzlich den Zorn der Linken aufregt. „Ich ließ“, sagt er, „zu La Gutllotiere, der schlechtesten der lyoner Vorstädte, für die Nationalgarde General⸗ marsch schlagen; allein Niemand erschien, mit Ausnahme eines alten Obersten aus der großen Zeit, aus der Riesenzeit (Heiterkeit in der Versammlung), der mir versicherte, daß die Nationalgardisten in ihren Häusern durch die Voraces, die Ventres Creux und die Rutilans (Gefräßige, Hohlbäuche und Röthliche sind Namen von Arbeiter⸗Verbindungen) blokirt seien. Ich ließ darauf mehrere Al⸗ theilungen Kavallerie durch die Straßen reiten, und als diese zurückkehr⸗ ten, kamen ganze Haufen Nationalgardisten hinter den Pferden drein⸗ gelaufen, um sich zu stellen.“ Beaune (öäußerste Linke) greift den Redner wegen seiner Aeußerung über die 60,000 Einwohner zäh
lende Vorstadt La Gutlllotiere aufs heftigste an und nennt sie geradezu lügenhaft, wofür er zur Ordnung gerufen wird. (Es verbreitet sich alsbald das Gerücht, daß General de Grammont unverzüglich den General Tartas beauftragt hat, dem Repräsentan⸗ ten Beaune wegen dieser Beleidigung eine Herausforderung zu überbringen.) Nach diesem Zwischenakt werden die Artikel des Nationalgarde⸗Gesetzes rasch hinter einander angenommen. Der vor⸗ letzte allein, der die wichtige Bestimmung enthält, daß die Regierung ers binnen zwei Jahren zur Reorganisation der Nationalgarde zu schreiten braucht, während welcher Zeit die Nationalgarde überall bleiben soll, wie sie ist, und zwar auch aufgelöst, wo sie aufgelöst ist, giebt zu einer längerer Erörterung Veranlassung. Monet findet den der Regierung gelassenen Spielraum zu weit und schlägt vor, den⸗ selben für die nicht aufgelösten Corps der Nationalgarde auf sechs Monate, für die aufgelösten auf ein Jahr herabzusetzen, besonders da durch das provisorische Nationalgarden⸗Gesetz an vielen Orten völlige Desorganisation der Nationalgarde eingetreten sei oder ein⸗ treten werde. Leon Faucher, Minister des Innern, entgegnet, daß die Regierung ohne den ihr gelassenen Spielraum nicht für die Erhaltung der öffentlichen Ruhe stehen könne, daß sie übrigens aber nur an den Orten, wo noch Aufregung herrsche, davon Gebrauch zu machen gedenke. Das Amendement von Monet und Flandin wird verworfen und die zweijährige Frist mit 389 gegen 238 Stimmen angenom⸗ men. Hiermit sind die 120 Artikel des Gesetzes beendigt. Gene⸗
ral de Grammont schlägt als Zusatz folgende Bestimmung vor: „Jeder Nationalgardist, der, gegen eine Insurrection kommandirt, sich nicht gestellt hat und sich über seine Abwesenheit nicht ausweisen kann, wird auf 10 Jahre von den Listen gestrichen, entwaffnet und zu 50 bis 2000 Franken Geldbuße verurtheilt.“ Dieselbe wird jedoch nach einer Protestation von Baze, der darin einen versteck
ten Angriff auf die Nationalgarde finden will, wodurch sie der Feigheit vor der Emeute verdächtigt werden solle, mit 312 gegen 177 Stimmen verworfen. Ein von Estancelin vorgeschlagener Zusatz: „Die Nationalgarde des Departements, wo sich der Sitz der Regierung befindet, wird aufgelöst und entwaffnet“ wird ohne Weiteres durch die Vorfrage beseitigt, und dann das ganze Natio⸗ nalgardengesetz in zweiter Berathung genehmigt. Zum Schlusse der Sitzung übergiebt Moulin die Resolutionen der Kommission für die Vorschläge von Monlin und Morin. Die Kommission schlägt der National⸗Versammlung folgenden Beschluß vor: „4) Die Anträge auf Verfassungs⸗Revision werden einer besonderen Kommission überwiesen, die acht Tage nach Einlaufen des ersten Antrages in den Abtheilungen ernannt wird und spätestens nach einem Monat ihren Bericht liefern muß. 2) Jeder Antrag auf Verfassungs⸗Revision, ver in erster Berathung verworfen worden ist, kann erst nach drei Monaten wieder eingebracht werden und wird einer neu zu ernennenden Kommission überwiesen, die auf alle in der Zwischenzeit eingegangenen Anträge auf Verfassungs⸗Revision zu begutachten haben wird.“ Dieser Gegenstand wird sofort für dringlich erklärt und die Diskussion auf nächsten Sonnabend, den 31. Mai, angesetzt.
Paris, 28. Mai. Der Constitutionnel in seinem Leitartikel daran, daß heute das dritte Jahr der gesetzgebenden Versammlung beginne, in welchem die Revi⸗ sion ausgesprochen werden könne. Er hofft, die Versammlung werde dem Wunsche Frankreichs gemäß, es möge diese Verfassung nicht so lange dauern, als die beiden aus ihr her vorgegangenen Gewalten, die Revision beschließen. Er erwartet, daß die verschiedenen Fractionen der Majorität sich einigen, und giebt namentlich dem Revisions⸗Antrage der Rue des Pyramides seine volle Zustimmung. Diesen Hoffnungen des Constitutionnel gegenüber spricht heute die legitimistische Union sich dahin aus, daß die letzten zwei Siz⸗ zungen der Rue des Pyramides hinlänglich bewiesen hätten, wie dieser Parteiverein nicht mit den Legitimisten gehen wolle. Das⸗ selbe Blatt sucht darauf zu beweisen, daß die Fusion für die Be⸗ wahrung der bestehenden Freiheiten unumgänglich nothwendig sei. Das Journal des Débats bemerkt heute: „Zwei Fragen sind in diesem Augenblicke dem leidenden und beunruhigten Frantreich gestellt: die Frage der Revision und die der Ab schaffung des Gesetzes vom 31. Mai. Wer verlangt die Reviston? Die Majorität. Das ist unbestreitbar. Wir werden also die Re vision haben? Nein, weil bei dieser Lebensfrage das Veto der Minorität genügt, um den Wunsch der Majorität zu lähmen. Zweihundert Deputirte halten vierhundert auf. Diese vierhundert Deputirten, welche vielleicht den Willen von sechs Millionen Wäh lern repräsentiren, müssen sich vor ihren zweihundert Kollegen beugen, welche höchstens die Hälfte dieser Wählerzahl dar⸗ stellen. Wer wird also hier die National⸗Souverainetät ausüben? Die Minorität. Die Minorität wird über eine Majorität, über eine enorme Majorität siegen. So will es die Verfassung. Was soll man zu dieser Weise, das allgemeine Wahl recht zu verstehen und die Souverainetät des Volkes auf die Beine zu bringen sagen? Aber man verlangt auch Abschaffung des Ge⸗ setzes vom 31. Mai. Wer verlangt sie? Die Minorität. Die Minorität verlangt nicht, sie fordert die Abschaffung, sie diskntirt nicht, sie versucht nicht zu überreden, sie droht. Man wird sich schlagen. Die ausgeschlossenen Wähler werden die Wahlkollegien stürmen. Das ist ihr letztes Argument. Ist es also nicht augenscheinlich, daß die Republik uns unter dem Vorwande des allgemeinen Wahlrechts zur positiven Regierung der Minoritäten führt? In der That, ist die Republik zur Welt gekommen, um die National⸗Souverainetät zu organisiren oder um sie zu ersticken? Man sieht, diese Frage verdient Beachtung, und vicht ohne besonderen Beweggrund haben wir die Aufmerksamkeit des Publikums auf sie lenken wollen.“ Von Cormenin wird dieser Tage eine Broschüre über die Revision erscheinen.
Die legitimistische Opinion publique spricht sich heute bei Erwähnung des Beschlusses der Rue des Pyramides, den General Lebreton als Kandidaten zur Quästur aufzustellen, für Beibehal tung der jetzigen Quästoren aus.
erinnert
Der pariser Appellhof hat die Verurtheilung der Republique
“ “ “ v““ 8 1“
bestätigt und daher Wiederabdrücke von I urnal⸗Artikeln als selbst⸗
säändige Journal⸗Artikel erklärt.
Ir. Univers, ein Organ des Grafen Montalem⸗ bert, der mit dem Elysée jetzt sehr befreundet ist, sagt d Bezug auf die gestrige Sitzung der National⸗Versammlung: ¶Die Gefahr der Nationalgarde ist nicht in der Anzahl der Nationalgarden, son⸗ dern in der Institution selbst. So lange es eine Masse Bürger geben wird, berufen, die allgemeine Meinung zu repräsentiren und durch ihre Haltung den Graͤd von Achtung oder Sympatie anzu⸗ zeigen, welchen die Regierung in der Bevölkerung genießt, wird es keine beständige Regierung geben.“
garis, 29. Mai. Die Freunde des Elysee wollen wissen, daß
der Präsident am 1. Juni bei Eröffnung der Eisenbahn von Dijon eine Rede halten werde, in der seine Lage und seine Politik kräftig gezeichnet werden sollen. G Der portuglesesche Gesandte Paiva hat gestern die erste Note Saldanha's dem Minister Baroche ubergeben und mit demselben eine lange Konferenz gehabt. 2
Die legitimistische Union kritisirt heute den Revisions⸗Antrag der Rue des Pyramides. Er ist ihr weder eine Petition, weil Repräsentanten nicht petitionirten, noch ein Antrag, denn es fehle ihm die Form dazu. Es sei ganz einfach ein Verlangen. Darüber aber könne die National⸗Versammlung nicht abstimmen, denn Re⸗ vision könne nicht durch motivirte Tagesordnung beschlossen werden, sondern brauche einen Gesetzentwurf, da ja der Tag der Wahl und des Zusammentritts der Constituante von der gegenwärtigen Ver sammlung bestimmt werden müsse, die Klugheit aber gebiete, Alles in Ein Dekret zu vereinigen. Dem Inhalte nach sei der Beschluß der Rue des Pyramides noch unbestimmter, denn die Verfassung spreche ausdrücklich von totaler und partieller Revision und füge hinzu, daß die Constituante sich nur mit derjenigen Revision, für welche sie gewählt worden, beschäftigen dürfe. Die gesetzgebende Versamm⸗ lung müsse also entscheiden. Der Beschluß aber verdeckt den Sinn, in welchem die Revision geschehen solle. Darin sieht die Union eine Verkürzung der Rechte der Versammlung. Ueberhaupt hält vas Journal den Beschluß höchstens für ein Debattenthema, das die Rue des Pyramides noch werde ändern müssen. Die Opi⸗ nion publique, Organ einer anderen Fraction der Legitimisten, giebt folgende Verhaltungsregeln: „Die Verfassung total, aber nur in legaler Weise revidiren, keine Zweideutigkeit in der Frage der relativen oder constitutionellen Majorität suchen, das Gesetz voll⸗ ziehen und vollziehen lassen, statt dessen moralischen Werth zu dis⸗ kutiren, was immer Anfang eines Aufruhrs gegen das Gesetz ist, von dem die Ordnungsmänner niemals ein Beispiel geben dürfen, das wird das Benehmen unserer Freunde sein.“ Das Or⸗ gan der dritten Fraction der Legitimisten, die Gazette de France, enthält, gleichsam als sein eigenes Glau bensbekenntniß, ein Schreiben des Marquis Larochejaquelin über die Revision. Da er seit längerer Zeit krank ist und ihm die Aerzte die Tribüne verboten haben, wählt er den Weg der Presse, um seinen Wählern seine Ansichten mitzutheilen. Er klassifizirt zu⸗ erst die Partrien. Die Republikaner aller Farben könnten mit dem neuen Wahlgesetz ohne Verrath an sich selbst nicht für Revision stimmen, sie könnten aber dieselbe verhindern. Die Legitimisten der totalen Revision hätten wenig Aussicht, weil sie bei dem Gesetze bleiben wollten. Die Regentschaftsmänner, wie Broglie und Du⸗ pin, setzten sich über die Dreiviertel⸗Majorität hinaus, wollten we⸗ der Republik, noch Heinrich V. Gegen sie würden Republikaner und
Legitimisten stimmen. Thiers mit seinen dreißig Anhängern wolle die Republik in Schutz nehmen.
Die wenig zahlreichen Bonapartisten würden mit den Regentschaftsmännern gehen. Die Revisionsfrage werde also entweder in Lächerlichkeit enden oder die Wahlen der Constituante würde von tiefen Spaltungen influenzirt werden. Das neue Wahlgesetz gebe den Orleanisten und Bonapartisten, die mit einander gehen könnten, ungeheuren Cinfluß, namentlich wegen der 300,000 Staatsbeamten. Larochejaquclin's Antrag ist nun, das neue Wahlgesetz abzuschaffen und das allgemeine Wahlrecht zu verlangen. Das Sidele will wissen, daß die Revisions⸗Anträge blos deshalb verschoben worden seien, weil jetzt die Linke in einigen Abtheilun⸗ gen ziemlich stark vertreten sei und man abwarten wolle, ob nicht die Verloosung am 1. Juni revisionsfreundlichere Resultate gebe. Mit dem „Niagara“ ist eine Petition französischer in den Vereinig⸗ ten Staaten ansässiger Kaufleute um gesetzliche Revisisn der Ver⸗ fassung angelangt. 1 1 Die Urlaubskommission hat beschlossen, von nun an nur in unabweislich dringenden Fällen Urlaubsgesuche zu befürworten, da diese von den Majoritäts⸗Mitgliedern am häufigsten eingebracht werden. 1 1 Die Kommission für innere Verwaltung hat gestern beschlossen, daß alle Franzosen, welche ihrer Wehrpflicht genügt haben oder drei Jahre Wohnsitz nachweisen, auf die Gemeindewahllisten zu bringen seien. Diese Fassung wurde von den Legitimisten entschieden und mit Erfolg vertheidigt, von Orleanisten und Bonapartisten aber ent⸗ schieden bekämpft. “ Die Schriftsteller⸗Gesellschaft hat beschlossen, eine Petition um Abschaffung des Feutlletonstempels an die National⸗ Versammlung zu richten. 1 8 Der Appellhof hat gestern die Verurtheilungen der Journale National, Gazette de France und Journal pour rire kassirt und die Strafe des Sidele von 1500 auf 500 Fr. her⸗ abgesetzt. Sämmtliche Verurtheiluugen waren vom Zuchtpolizei⸗ gerichte wegen Unterzeichnungsverstöße ausgegangen. Das Ordre behauptet, das Central⸗Comité des Widerstandes sei trotz des gerichtlichen Einschreitens nicht aufgelöst, sondern trete verwegener auf als je. Das Journal veröffentlicht ein 1 1/tes Bülletin, welches mehreren Repräsentanten zugeschickt worden sein soll, in deren Händen der Redacteur es gesehen haben will. Das Bülletin ist an das Volk und an die Armee gerichtet. Die Revision im monarchischen oder Präsidentschafts⸗Verlängerungs⸗ sinne wird Darin als das Signal dem Kampfes bezeichnet, dessen Folgen und Verantwortlichkeit auf seine Urheber zu⸗ rückfallen sollten. „Wir geben also“, heißt es weiter, „den Mit⸗ gliedern der Majorität im voraus zu wissen, daß diejenigen von ihnen, welche durch ihre Voten das Signal zum Gemetzel geben, selbst ihr Todesurtheil gesprochen haben. Die Einrückung ihrer Namen in den Moniteur wird statt. des Urtheils gelten. Sie wollen eine Revolution, sie werden befriedigt wer⸗ den, denn es ist endlich Zeit, mit dieser unverbesserlichen Kaste ein Ende zu machen, die man nur dadurch zurechtbringen wird, daß man ihr ihre übel erworbenen Reichthümer entreißt.“ Das Ordre bemerkt ausdrücklich, es sei dieses Bülletin mehreren Repräsen⸗ tanten zugesendet worden.
Paris, 30. Mai. (K. Z.) In der heutigen Sitzung der National⸗Versammlung waren die Verhandlungen ohne Bedeutung; es wurden wieder zahlreiche Petitionen niedergelegt, jedoch noch keine Revisions⸗Vorschläge gemacht. Das Duell zwischen General Grammont und Herrn Baune ist ausgeglichen.
Großbritanien und Irland. Parlament. haus. Sitzung vom 27. Mai. Der Graf von Enniskillen, der Erzbischof von York und der Herzog von Argyll überreich⸗ ten antipäpstliche Petitionen aus Irland (Dublin, Waterford, An⸗ trun, Wicklow, Meath und anderen Orten), aus Yorkshire und Schottland. Auf Lord Kinnavid's Antrag kam die Bill über die Wirthshäuser in Schottland zur zweiten Lesung. Diese Bill, welche schon voriges Jahr von den Lords genehmigt, aber zu spät an die Gemeinen gekommen war, um Gesetz zu werden, verbietet Gewürz⸗- und anderen Krämern, die keine spezielle Wirths⸗ hauslizenz haben, den Verkauf geistiger Getränke und sucht dadurch der Trunksucht unter Dienstboten und anderen Kunden der Gewürz krämer zu steuern. In Schottland, bemerkte der Herzog von Ar⸗ gyll, bedürfe die Trunksucht eines doppelten und dreifachen Zügels; in Glasgow komme auf je 58 Erwachsenen ein Branntweinladen, und die Branntwein⸗Consumtion mache auf den Mann im Durch schnitt, 3½ Gallonen jährlich, während sie in England nicht ganz 1 Gallone auf den Mann betrage.
Unterhaus. Sitzung vom 27. Mai. Herr Cobden kündigt auf einen der ersten Junitage einen Antrag auf eine Adresse an Ihre Majestät an, damit der Staats⸗Secretair des Auswärtigen beauf⸗ tragt werde, in Unterhandlungen mit' Frankreich zu treten zu gegen⸗ seitiger Reduction der Waffenrüstungen und zur Verhinderung künftiger Kriege. (Im Juni sindet bekanntlich in London ein Friedenskongreß statt.) Herr Hume erklärt, sein Antrag auf eine Untersuchung von Brooke's Verfahren auf der Borneo⸗Küste sei aufgeschoben, nicht aufgehoben. Lord Palmerston habe den Aufschub verlangt, bis Sir J. Brooke selber anwesend sei, thue aber nichts, um diese Anwesenheit herbei⸗ zuführen. An der Tages⸗Ordnung ist H. Baillie's Motion in Betreff von Lord Torrington's Verfahren in Ceylon im Jahre 1848. Herr Baillie beantragt eine Reihe von Resolutionen: daß die Zwangs⸗ und Strafmaßregeln, welche während der Unruhen auf jener Insel zur Anwendung gekommen, ausschweifender Natur, vie standrechtlichen Hinrichtungen nach Unterdrückung des Aufstandes ein Akt der Willkür und grausamer Unterdrückung gewesen und daß Lord Grey, durch offizielle Billigung von Torrington's Politik, unbedacht und un⸗ vernünftig gehandelt habe, indem jene offizielle Belobung geeignet sei, künftige Grausamkeiten im voraus zu autorisiren und den guten Ruf Englands als eines humanen und gerechten Staates zu untergraben. Herr Baillie begründet seinen Antrag duich eine detaillirte Wiederholung der verschiedensten Berichte über den, wie er sagt, „sogenannten“ Aufruhr auf Ceylon und sucht zu beweisen, daß Torrington's Vertheidigung im Oberhause keine einzige der Aussagen vor dem Untersuchungs⸗Comité (dessen Präsident Herr Baillie gewesen) entkräftet habe. Von Seiten der Re⸗ gierungspartei tritt für Torrington und für das Kolonialamt Ser⸗ jeant Murphy in die Schranken. Lord Torrington sei nicht vor dem geeigneten Tribunal gehört worden. Die meisten Aussagen vor dem erwähnten Comité hätten sich als unglaubwürdig und widersprechend erwiesen. Die Kriegsrechis⸗Proclamation auf Ceylon habe kein bürgerliches Recht suspendirt und den Angeklagten alle Bürgschaften der Vertheidigung gelassen. Confiscationen seien zum Behuf der Abschreckung angedroht, aber nicht ausgeführt worden. Endlich gab er zu beden⸗ ken, daß ein verdammendes Votum des Hanses die Energie der Staatsdiener in künftigen Zeiten der Gefahr und auf so schwie⸗ rigen Posten, wie Ceylon, lähmen würde. Herr H. Seymer spricht für die Motion. „Wir haben“, sagt er, „den Kolonieen ihre Handelsvortheile auf unseren Märkten genommen; um so mehr ist es Englands Pflicht, ihnen gute Regierungen und gute Gouver⸗ neure zu geben. Worin bestand Torrington's Befähigung für sei⸗ nen Posten? Er war ein gewesener Eisenbahn⸗Direklkor und Kuh⸗ stallerbauer, bevor er zur Regierung Ceylons berufen wurde. Die sogenannte Rebellion war eine Lumperei, welcher erst das unnöthige Standrecht eine Wichtigkeit gab.“ Graf Grosvenor verlheidigt Torrington's Strenge, welche durch die Noth des Augenblicks ge⸗ boten gewesen sei. Auch Herr Roebuck, obwohl Radikaler, verthei⸗ digte die Politik Torrington's. „Ceylon“, sagte derselbe, „ist durch das Schwert gewonnen und muß mit dem Schwert in der Hand behauptet werden. Das Resultat, die Erhaltung Ceylons un⸗ ter britischer Herrschaft, entscheidet hier, nicht die abstrakte Theorie. Die Hinrichtung von achtzehn Rebellen hat viel⸗ leicht ein dreijähriges Blutvergießen erspart, und die des eingalesischen Priesters, der in seinem Ornat aufgehängt wurde, war ein gutes Beispiel dafür, daß England vor Gericht kein An⸗ sehen der Person kennt.“ Er müsse, schloß Herr Roebuck, sich für Torrington erheben, da die Regierung, aus Furcht vor der Oppo⸗ sition, ihn seinem Schicksal überlasse. Dagegen protestirt sein radi⸗ kaler Freund, Herr Hume, gegen die Doktrine, daß ein gutes Resul⸗ tat schlechte Mittel rechtfertige. Auch einem eroberten Lande sei man eine christliche und verfassungsmäßige Regierung schuldig. Herr Hume griff dann die Regierung wegen der angeblichen Intriguen an, die sie in Bewegung gesetzt habe, um das Untersuchungs⸗Comité parteiisch zu stimmen und die Wahrheit nicht ganz ans Licht kommen zu lassen. Gewisse Aussagen seien im Druck geradezu verfälscht worden. Darüber entspann sich eine lange Diskussion, in deren Lauf Lord Palmerston die Fälschung, falls eine stattgefunden, einfach der Nachlässigkeit des Comité⸗Vorsiters (Baillie) zur Last legte; denn das Kolonialamt habe mit dem Comitébericht nichts zu thun ge⸗ habt. Die Anklage der Fälschung weist auch der Kolonial⸗Unter⸗ sekretair, Herr Hawes, entschieden zurück. Die Fortsetzung der De⸗ batte wird zuletzt auf Donnerstag vertagt. Schluß der Sitzung „auf 2 Uhr nach Mitternacht.
Unterhaus. Sitzung vom 28. Mai. Nach Erledigung einer Menge von Privatbills beantragte Lord H. Vane die zweite Lesung der Todten⸗
beschauer⸗Bill. Herr Fitzroy stellt das Amendement, daß die Bill vorerst einem Spezial⸗Comité zur Prüfung vorgelegt werde. Herr Palmer unterstützt, Herr Sotherson bekämpft das Amendement. Sir G. Grey erklärt sich ebenfalls für das Amendement. Wäh⸗ rend er den Vorschlag der Bill lobenswerth fand, daß die Todten⸗ beschauer feste Gehalte statt der üblichen Gebühren erhalten sollen, sah er darin keine Maßregel, um dafür zu sorgen, daß die Todten⸗ beschauer ihre Pflicht erfüllten, und daß die Gehalte im richtigen Verhältniß zur Arbeit ständen. Herr Wakley, Radikaler und selbst Todtenbeschauer, war für die Bill und beklagte sich, daß die Regierung eine wahre Wuth habe, ihre besten Freunde im Stich zu lassen und ihre Feinde zu gewinnen. Lord H. Vane ließ sich herbei, seinen Antrag zurückzuneh⸗ men, und die Bill wurde vor ein Spezial⸗Comité gewiesen. Das Haus, als Comité konstituirt, beschäftigte sich darauf mit Locke's Eisenbahn⸗Bill, kam jedoch nicht über die 8te Klausel; während der Diskussion über dieselbe entschieden sich b2 gegen 56 Stimmen für Vertagung des Comité's; was für die Bill beinahe einer Niederlage gleichkömmt. In der ordentlichen Sitzung kam auch die Bill über weitere Ausdehnung der Grafschaftsgerichte zur zweiten Lesung.
Monftinl
Schluß um ½ auf 6 Uhr Abends. “
ber⸗
„London, 29. Mai. Bei dem gestern Nachmittag von der Königin im St. Jamespalaste gehaltenen Lever waren von fürst⸗- lichen Personen Prinz Heinrich der Niederlande, der Herzog von Sachsen⸗Koburg, Herzog Ernst von Württemberg und der Fürst von Leiningen anwesend. Die Gesandten aller Mächte hatten sich in vollem Staat eingefunden, und es fanden eine Menge von Vorstel⸗ lungen anwesender Fremden statt. Abends war Konzert bei Hofe. Es sangen die Damen Grisi, Castellan und Pyne, die Herren La⸗ blache, Formes, Mario und Gardoni. An 300 Gäste waren ein⸗ eladen. 8 In der London⸗Tavern fand kürzlich die vierte Monats⸗ Versammlung der National⸗Reform⸗Gesellschaft statt. Die Par⸗ laments⸗Mitglieder Hume und Cobden sprachen in derselben. Hume’s Antrag, daß die Reform gegenwärtig die wichtigste Pflicht sei, wurde von der Versammlung angenommen.
Die Inhaber spanischer Bons scheinen auf Bravo Murillo’'s Vorschläge nicht eingehen zu wollen.
London, 30. Mai. (K. Z.) In der gestrigen Sitzung des Unterhauses wurde das Tadels⸗Votum gegen das Ministerium in 8 der Ceylon⸗Frage mit einer ministeriellen Majorität von 80 Stimmen verworfen.
Belgien. Brüssel, 29. Mai. Der Commerce Belge sagt: „Die Gerüchte in Betreff der Minister⸗Krisis haben ihr ganzes Interesse verloren. Allgemein glaubt man, daß die bishe⸗ rigen Minister ihre Portefeuilles (deren Geschäfte sie übrigens noch fortwährend versehen) wieder übernehmen werden. Man spricht jedoch von dem Rücktritte eines der Mmnister, der aber nicht Herr Frére (der Finanz⸗Minister) ist, als möglich.“
Italien. Turin, 24. Mai. (Lloyd.) Der Senat eröff⸗ nete gestern die General-Diskussion über die Handelsverträge mit England und Belgien. Gegen dieselben erhoben sich die Senatoren Sauli und Castagneto, ohne jedoch die Mehrheit, welche für sie ist, beeinträchtigen zu können. Die holländische Regierung hat ih⸗ ren General⸗Konsul von Antwerpen nach Turin beordert, um hier einen Handelstraktat auf den Basen wie der mit England und Belgien geschlossene zu Stande zu bringen. Am 2lsten legte der Deputirte Avigdor der Kammer den Kommissionsbericht über den von Nizza beanstandeten Zolltarif vor.
Die turiner Deputirten⸗Kammer setzte in ihrer heutigen Size⸗ zung die Diskussion über die Kriegs⸗Bilanz, wovon die Katego⸗ rieen von 25 bis 53 und darunter 15 ohne Einrede angenommen wurden, fort. Nur die Kategorie 37, betreffend eine Ausgabe von 136,662 Lire für die Militair⸗Akademie, veranlaßte eine heftige Erörterung, wobei der Kriegs⸗Minister, sich auf ein von der fran⸗ zösischen Kammer gegebenes Beispiel berufend, diese als eine sou⸗ veraine Versammlung bezeichnete und die Eigenschaft der piemon⸗ tesischen abzusprechen schien, wodurch sich diese letztere sehr beleidigt fühlte. Der Finanz⸗Minister brachte vier Gesetzvorschläge, wodurch unter Anderem die geschlossenen Verträge mit Preußen, dem Zoll⸗ verein, dann ein Zusatz⸗Artikel zu dem Handels⸗ und Schifffahrts⸗ Vertrage mit Frankreich und eine Modisication der Nationalbank⸗ Statuten bestätigt werden sollen.
Die von dem Könige ernannte Kommission zur Anbahnung der Verwirklichung des Gesetzes über Aemter⸗Anhäufung hat alle Be⸗ amte, welche sich in den bezogenen Fällen befinden, eingeladen, ihre diesfälligen Eingaben mit den nöthigen Anmerkungen bis längstens den 10. Juni l. J. dem Ministerium des Innern vorzulegen.
Es wird allgemein angenommen, daß der Bewegung in Nizza französische Einflüsterungen zu Grunde liegen. Mehrere Bürger von Nizza haben Besitzungen in Frankreich, wo die Abgaben um Vieles geringer sind, zudem ist der südliche Theil dieser Provinz mit seinem Oelhandel vorzüglich an Frankreich angewiesen, und die Ausfuhr dieses Arkikels dahin ist so bedeutend, daß die Nizzarden jetzt herausheben, es koste sie die Union mit Piemont nur in dieser Beziehung jährlich über eine Million Lire. Mit den Produkten des nördlichen Theiles, als: Wolle und Schlachtvieh, wären sie von der Natur an das nahe Frankreich angewiesen. Ueberhaupt soll das neue Cavoursche Gesetz sie mehr als die Prohibition inkommodiren, indem nach die⸗ sem Gesetze unter Anderem nur für aus Frankreich bezogene Weine jährlich an 750,000 Lire Steuer gezahlt werden soll. Die Vor-⸗ theile einer Verbindung mit Frankreich werden daher ins hellste Licht gestellt und gezeigt, daß die piemontesische Regierung diese Provinz in Allem vernachlässigt, ja nicht einmal für ihre nöthigen Communicationswege gesorgt habe, da doch die einzige Straße, die Nizza jetzt hat, den Franzosen zu verdanken sei, während in ande⸗ ren Provinzen zu solchen Zwecken Millionen verwendet werden Auch der Klerus soll diese Stimmung theilen; das Städtchen Li⸗- mona hat sich offen dem Proteste angeschlossen. Avigdor ist noch immer in Haft; man verweigert, ihn selbst gegen die angegebene Caution freizugeben. Das Ministerium hat die Deputation, welche der Munizipal⸗Rath von Nizza mit der Protestnote nach Turin abschickte, nicht angenommen; auch sollen mehrere Truppen⸗Abthei⸗ lungen Befehl erhalten haben, sich nach dieser Provinz in Bewe⸗ gung zu setzen.
In Genua hat sich das Journal Libera Italia metamor⸗ phosirt und den Titel Italia e Popolo angenommen, wovon auch die erste Nummer erschienen ist; der gewesene Oberst Arduino hat sich von der Theilnahme an diesem Blatte zurückgezogen. Er ist, wie schon früher bemerkt worden, vom Gerichte zwar freige⸗ sprochen, aber des Dienstes enthoben und darf sich weder seines militairischen Ranges, noch der militairischen Abzeichen mehr bedie⸗ nen. Das neue Journal Il Povero hat bei seiner zweiten Num⸗ mer noch keine Abnehmer gefunden.
Die französische Regierung hat zu ihrem General⸗Konsul in Genua den Herrn A. Mimaut ernannt, indem Herr David, der bis jetzt diesen Posten versah, zum bevollmächtigten Minister ernannt und mit einer wichtigen Mission betraut worden ist.
Florenz, 26. Mai. (Ll.) Der Bevollmächtigte Englands, Richard Lalor Sheil, ist gestern hier gestorben. —
Der sardinische Geschäftsträger verweigerte einer Dame aus den päpstlichen Staaten das Visa zur Reise nach Sardinien und führte als Ursache an, daß man auch in Rom die sardinischen Un- terthanen nicht frei aus⸗ und eingehen lasse. Sollte dies Faktum, das die Croce di Savoja bringt, sich nicht als ein Irrthum herausstellen, so scheint zwischen der päpstlichen und sardinischen Regierung das Einverständniß, von dem so oft gesprochen wurde⸗ noch sehr entfernt zu sein.
Die Regierung hat die Errichtung eines protestantischen Bet⸗ hauses für die Engländer nur unter der Bedingung der Nichtöffent⸗ lichkeit des Gottesdienstes gestattet, weil es in Toscana nur eine herrschende Staatsreligion giebt. Nichtsdestoweniger wurde dies umgangen, man machte Proselyten und predigte und lehrte in ita⸗ lienischer Sprache. Der Herzog von Casigliano beschwerte sich hier⸗ über beim englischen Minister und erklärte, 875. wenn diese Miß⸗ bräuche nicht aufhören würden, die Regierung Mittel treffen werde, ihren Unterthanen die Theilnahme an diesem fremden Gottesdienste zu verwehren. Auf diese Note erwiederte Lo d Palmerston, lehnte