eine kurze Dauer der Amtsthätigkeit zu rechtfertigen. Staatsminister von Münchhausen hält lebenslängliche Landrathswahlen gleich⸗ falls nicht für zweckmäßig; aber die Gewährung eines angemessen begränzten und nicht zu kurzen Zeitraums für die Wirksamkeit der Ausschuß⸗Mitglieder erachtet er durch den Zweck selbst durchaus geboten. Deshalb möge man das Prinzip nicht auf die Spitze treiben und die Wahl auf längere Zeit wenigstens nicht ganz ab⸗ schneiden. Dem schließt Saxer um so mehr sich an, weil er in der Durchführung des entgegengesetzten Prinzips und wenn zugleich mit dem auftraggebenden Landtage auch die Wirksamkeit des Nus⸗ schusses aufhören sollte, eine Gefährdung der Selbstständigkeit schüsse erblickt. Die Abstimmung ergiebt sowohl für den Paragraphen, als auch für den Ausschuß⸗Antrag die Mehrheit; worauf der nere §. 32 ohne Diskussion ebenfalls angenommen wird. 8 §. 33 wirft Bacmeister die Frage auf, ob * “ 8 ihm obliegenden Functionen in Bezug auf die C eschwornen “ nur dann, wenn der Landtag selbst nicht versammelt sei, vncne 6 habe; das Gesetz über Bäͤdung der Schwurgerichte schreibe im §. 11 vor, daß durch den Ausschuß die Reduction vorgenommen werden solle. Nachdem Wolff für die unbedingte Ausübung sich ausgesprochen, erkennt Bening die Nothwendigkeit eeiner Verbesserung auch zur Beseitigung eines ähnlichen Zwei⸗ fels an, und schlägt deshalb eine solche Umstellung der ein⸗ zelnen Nummer vor, woraus ersichtlich, daß dem Ausschuste wäh⸗ rend des versammelten Landtages nur die Mitwirkung bei Aufstel⸗ lung der Geschworenenlisten und die Verwaltung des landschaft⸗ lichen Vermögens obliegen, die Vertretung der Landschaft im Uebri⸗ gen aber bei versammeltem Landtage cessiren soll. Der §. 33 wird mit den desfallsigen Anträgen Bening's einstimmig angenommen. Die §§. 34 bis 38 geben zu keiner Diskussion Anlaß und werden einstimmig angenommen. Der §. 39, welcher der Regierung das Bestätigungsrecht des anzustellenden Land⸗Syndikus und des Unterpersonals beilegt, soll nach dem Vorschlage des Ausschusses gestrichen werden. Bening weist auf die wichtige Stellung des Landsyndikus in der künftigen Landschaft hin; er werde nicht nur der Rathgeber der Landschaft, sondern auch der Geschäftsführer derselben sein. Eine Einwirkung der Regierung sei daher wohl begründet. Wenn auch hinsichtlich der Landsyndiken nicht allent⸗ halben, so habe doch der Regierung das Bestätigungsrecht der Landräthe seither schon zugestanden, und deren Function gehe ge⸗ wissermaßen auf den Landsyndikus über. Wyneken glaubt eher eine verminderte Wirksamkeit desselben, als eine erweiterte an⸗ nehmen zu müssen, weil den Ausschüssen die hauptsächlichste Geschäftsführung zugewiesen sei; zugleich sucht er aus einer Vergleichung der einer Bestätigung nicht bedürfenden General⸗ Secretaire der allgemeinen Stände ⸗Versammlung mit dem Landsyndikus auch für diesen wenigstens die Entbehrlichkeit des Be⸗ tätigungsrechts zu folgern. Bacmeister weist indeß auf die dar⸗ us sich ergebende Verschiedenheit hin, daß dem Landsyndikus auch die Erledigung administrativer Geschäfte obliegen werde, dieser da⸗ her insoweit als Staatsdiener zu betrachten, und nach richtigen Prin⸗ zipien insofern auch der Bestätigung der Regierung bedürfe. Außer⸗ dem zeigt Staats⸗Minister von Hammerstein, zur Widerlegung der Wynekenschen Ansicht, daß der Landsyndikus die erheblichsten Geschäfte zu erledigen haben werde, daß er die unentbehrlichste Person auf dem Landtage sein und, wie zuvor richtig bemerkt sei, gewissermaßen die Functionen der früheren Landräthe auszuüben haben werde. Er trägt deshalb darauf an, den §. 39 dahin zu modisiziren: „Der Landsyndikus bedarf der Bestätigung der Re⸗ gierung.“
Während Breusing auf historische Verhältnisse hier, wo es um Begründung einer wefentlich neuen Institution sich handle, kein Gewicht legen will, kommt Wyneken noch einmal darauf zurück, daß die Landschaft, der Regierung gegenüber, eines unabhängigen Mannes um so mehr bedürfe, als der letzteren an Mitteln und Gelegenheit es nicht fehle, ihren Gründen Geltung zu ver⸗ schaffen.
Nachdem Staats⸗Minister von Hammerstein diese Ansicht widerlegt, indem er bemerkt, daß, wenn ein friedliches Verhältniß, wie im Interesse einer gedeihlichen Geschäftsführung zu wünschen, zwi⸗ schen Regierung und Provinzial⸗Landschaften aufrecht erhalten und geför⸗ dertwerden solle, die Bestätigung erforderlich sei, schlägt Kraut zu dem obigen Verbesserungs⸗Antrage einen Zusatz vor, wonach im Falle der Verweigerung der Bestätigung die Gründe derselben anzugeben sind. Nicht sowohl in der wichtigen Stellung, als vielmehr haupt⸗ sächlich in der Geschäftsverbindung, in welcher der Landsyndikus mit der Regierung steht, findet er die Nothwendigkeit begründet, keine persona ingrata dazu auszuersehen.
Staats⸗Minister von Münchhausen bezeichnet den Landsyn⸗ dikus als die eigentliche Handhabe der Geschäftsführung; gleichwie auch die stimmfuͤhrenden Mitglieder des Magistrats in den Städ⸗ ten der Bestätigung durch die Regierung bedürfen, so werde auch hier dieselbe unentbehrlich sein, damit die Regierung von der gehö⸗ rigen Befähigung des Anzustellenden genügender, als durch bloße Wahl möglich, sich zu überzeugen im Stande sei.
Nachdem von Honstedt aus allgemeinen Gründen für den Ausschuß⸗Antrag sich ausgesprochen, bemerkt Bening, daß aus der Streichung des Paragraphen die Beseitigung des Bestätigungs⸗ Rechts auf Seiten der Regierung noch keinesweges, sondern nur folge, daß dasselbe unbestimmt geblieben, so daß mithin in den einzelnen Landschaften der Gegenstand geordnet werden müsse. Hauptsache werde immer die Wahl sein, und nur in Ausnahmefällen die Bestätigung versagt werden; wenn nun nach dem jetzigen Unter⸗Verbesserungs⸗Antrage auch die Gründe der Versagung angegeben würden, so sei nicht die geringste Gefahr eines Mißbrauchs vorhanden.
Staatsminister von Münchhausen legt außerdem großes Gewicht darauf, daß häufig nur ein geringer Theil der Mitglieder der Landschaft den Landsyndikus kennen werde; die Krone dürfe daher aus inneren und äußeren Gründen das Recht der Prüfung nicht aufgeben. Nachdem Kraut noch geltend gemacht, daß der Landsyndikus nicht als Beamter des jedesmaligen Landtages, son⸗ dern der Landschaft selbst zu betrachten, und nachdem er zugleich auch auf den Widerspruch aufmerksam gemacht, wenn, wie beschlossen, das Unterpersonal der Bestätigung, der Land⸗ syndikus einer solchen aber nicht bedürfen solle; schließt Präsi⸗ dium die Debatte. Vor der Abstimmung eignet sich Staats⸗ Minister von Hammerstein den Krautschen Unter⸗Verbesserungs⸗ Antrag an, worauf der so erweiterte Haupt⸗Verbesserungs⸗Antrag gegen 28 Stimmen die Annahme der Kammer findet, womit der Eö1 Inhalt des §. 39 des Entwurfs als beseitigt
Nachdem §. 40 ohne Weiteres genehmigt, geht die Kammer zu dem letzten Abschnitte, „Schlußbestimmungen“ enthaltend, und den dazu gestellten Ausschuß⸗Anträgen über. Wegen vorgerückter Zeit wird die weitere Berathung indeß bis zur morgenden Sitzung ausgesetzt, zuvor aber noch der Eingang eines Schreibens der Kö⸗ niglichen Regierung vom heutigen Tage, das Volksschulwesen be⸗
treffend, vom Präsidium angekündigt. ““
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Hannover, 30. Mai. (Hannov. Ztg.) In der heu⸗ tigen Sitzung erfolgte die zweite Berathung des Ministerial⸗ Schreibens vom 13ten d. M. wegen einiger Abänderungen des Gesetzentwurfs über die Amtsvertretung. Nachdem der erste Regie⸗ rungsantrag ohne Weiteres wiederum genehmigt worden, giebt ein zur Nr. 2 von Ellissen gestellter Antrag auf Wiederaufhebung des mit dem Antrage der Regierung übereinstimmenden Beschlusses der ersten Berathung und Festhaltung an den in voriger Diät gefaßten Beschlüssen zu einer abermaligen längeren Diskussion über die Vor⸗ theile und Nachtheile des ständigen Ausschusses der Amtsversammlung Veranlassung. Auf der einen Seite sind Klee, Grumbrecht, Lang I., Oppermann, von der Horst, Detering, Kau⸗ len, Schlüter, Freudentheil und Lang II. mit dem An⸗ tragsteller der Ansicht, daß mit dem ständigen Ausschusse der eigent⸗ liche Kern des ganzen Institutes herausgeschält werde und nur eine leere Form stehen bleibe, welche der Lebenskraft entbehrend bald wieder untergehen oder wenigstens allen eigentlichen Werth verlieren werde. an glaubt daher nur mit dem ständigen Aus⸗ schusse die Amtsvertretung für eine wünschenswerthe Einrichtung betrachten zu können. Auf der anderen Seite bleibt Buß bei sei⸗ ner früheren Ansicht über die Schädlichkeit und Unausführbarkeit des ständigen Ausschusses stehen, in welcher letzteren Beziehung er namentlich auf den bei den Bewohnern des platten Landes so häufig wahrzunehmenden Mangel an Gemeinsinn sich beruft. Auch Lindemann sucht wiederholt das Unzutreffende der gegenseitigen Deductionen darzuthun. Entspräche das wirkliche Leben den Idea⸗ len, die man einerseits von ausgezeichneten Beamten und anderer⸗ seits von tüchtigen Mitgliedern des Ausschusses sich zu machen so sehr geneigt sei, so würde — wie er glaubt — die Ein⸗ richtung des ständigen Ausschusses wenig Bedenkliches haben, im Gegentheil vielleicht sehr nützlich sein. Man könne aber keine Il⸗ lusionen sich darüber machen, daß nicht jeder Beamte ausgezeich⸗ nete Befähigung habe und nicht jede Wahl von Ausschußmitglie⸗ dern eine glückliche werde zu nennen sein. Bet der künftigen iso⸗ lirten Stellung des Beamten, wo ihm auf der einen Seite der Rath und die Stütze seiner Kollegen, auf der anderen Seite aber die frühere Strafgewalt fehle, sei Alles sorgsam zu vermeiden, was diese an sich mißliche Stellung noch unhaltbarer machen würde. Die Regierung habe nach sorgsältiger Prüfung die unumstößliche Ueberzeugung gewon⸗ nen, daß in recht vielen Fällen mit dem ständigen Ausschuß nicht durchzukommen sein würde, und sie werde es nicht auf sich nehmen können, mit dem ständigen Ausschusse das In⸗ stitut der Ortsversammlungen in das Leben zu rufen. Der Redner sucht dann zu zeigen, wie man auf der anderen Seite einen übertriebenen Werth auf den ständigen Ausschuß zu legen scheine. Die Theilnahme des Volkes an der Verwaltung werde durch die Beseitigung des Ausschusses keinesweges geschwächt. Es bleiben der Amtsversammlung alle Befugnisse, die ihr der ursprüng⸗ liche Entwurf beigelegt. Es werde nur die Unnittelbarkeit der Betheiligung von Seiten einer größeren Versammlung mit einer größeren Summe von Erfahrung und Sachkenntniß und mit mehr ausgleichenden Elementen befördert, wäh⸗ rend gleichzeitig die Uebelstände vermieden werden, welche die naturgemäß oppositionelle Richtung eines ständigen Ausschusses unausbleiblich stets mit sich führen würde. Diesen ausführlich ent⸗ wickelten Gründen will man andererseits jedoch keine Geltung ein⸗ räumen, namentlich befürchtet Grumbrecht gerade umgekehrt die geschilderten Nachtheile beim Nichtvorhandensein eines ständigen Ausschusses. Nur Weinhagen, Bueren und Metger, obwohl für die Einrichtung ständiger Ausschüsse eingenommen, legen gleich⸗ wohl kein so erhebliches Gewicht darauf, um dieserhalb die ganze Organisation in Frage zu stellen; und um der Regierung jeden Vorwand für die Nichtausführung der Organisation zu benehmen, werden sie gegen den Ellissenschen Antrag stimmen. Lang 2. warnt gegen dieses Verfahren, da er glaubt, daß die Opfer der Ueberzeugung umsonst gebracht werden, daß es hier gehen werde, wie es der gothaischen Partei gegangen, welche trotz aller Opfer am Ende doch nichts bekommen habe. Nach geschlossener ausführlicher Debatte wird über den Antrag Ellissen's auf sein ge⸗ nügend unterstütztes Verlangen namentlich abgestimmt und derselbe dabei mit 38 gegen 34 Stimmen angenommen.
„Anhalt⸗Deßau. Cöthen, 28. Mai. Die heutige Anh. Cöth. Zig. bringt das Patent, durch welches der cöthensche Son⸗ derlandtag auf den 2. Juni einberufen wird, zur Berathung des Finanzgesetzes für die Etatsperiode vom 1. Juli 1851 bis dahin 1852. Durch die Verwaltung sind die Schulden des Landes seit dem Jahre 1846 von 4,223,551 Rthlr. auf 2,575,869 Rthlr. her⸗ abgebracht. Der vorjährige Etat war auf 437,640 Rthlr. festge⸗ stellt, der diesjährige auf 445,338 Rthlr. 1
Frankfurt. Frankfurt a. M., 30. Mai. (O. P. A. Z.) Der am 15ten d. M. in der Schlußsitzung der dresdener Konfe⸗ renzen gefaßte und von sämmtlichen Mitgliedern mit Ausnahme des Gesandten für Luxemburg⸗Limburg unterzeichnete Beschluß lautet folgendermaßen:
„Nachdem durch allseitige Beschickung der Bundes⸗Versammlung jetzt ein allgemein anerkanntes Organ der verbündeten deutschen Staaten in Wirksamkeit getreten und die Thätigkeit der Kommis⸗ sionen der Konferenz durch Vorlegung ihrer Berichte abgeschlossen, auch nach Ausweis des Protokolls vom heutigen Tage die Ueber⸗ zeugung gewonnen ist, daß sämmtliche Bundesstaaten über Aus⸗ gangs⸗ und Zielpunkte ihrer Bestrebungen übereinstimmen, eine so⸗ fortige unbedingte Zustimmung sämmtlicher Bundesregierungen zu allen einzelnen Punkten der Kommissions⸗Vorschläge jedoch nicht ertheilt werden konnte, wird es für angemessen erachtet, die Sitzungen der Kon⸗ ferenz zu schließen. Dabei erklären sich alle Bundesregierungen im Allgemeinen mit denjenigen Gesichtspunkten einverstanden, welche die Kommissionen bei ihren Anträgen geleitet haben, und verpflich⸗ ten sich, die Berathungen auf Grundlage des in den hiesigen Kon⸗ ferenzen gewonnenen Materials ungesäumt in der Bundesversamm⸗ lung fortzusetzen. Insbesondere erkennen sämmtliche Regierungen in den Anträgen der ersten Kommission, betreffend die Beschleuni⸗ gung des Geschäftsganges bei der Bundesversammlung und die stete Bereithaltung einer zu deren Verfügung zu stellenden Trup penzahl, die Befriedigung eines augenblicklichen und bis zur un⸗ verzüglich vorzunehmenden Revision der Geschäftsordnung und der Bundesmilitair⸗Verfassung dringenden Bedürfnisses. Sie verpflich⸗ ten sich daher, ihre Bundestags⸗Gesandten anzuweisen, sobald diese Anträge in dem im Geschäftsgange zulässigen Wege der Bundes⸗ versammlung zur Beschlußfassung vorgelegt werden, derselben un⸗ bedingt beizustimmen.“ 8
Frankfurt a. M., 31. Mai. (O. P. A. Z.) Der heute um 1Uhr Nachmittags begonnenen Ausschußsitzung des durchlauchtigsten Bundestags wohnten bei die Herren Graf von Thun, von Rochow, von Pylander, von Nostiz, von Scheele, von Münch, von Eisendecher.
Ausland.
Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 30. Mai. Die Petitionen um Reviston der Verfassung strö⸗ men zahlreicher herbei; 34 Repräsentanten von der Majorität, un⸗ ter denen man Montebello, General Husson, Goutard, Rancé, die beiden Schriftführer Berard und Lacaze bemerkt, übergeben heute solche Petitionen, von denen einzelne 8⸗ und selbst 10,000 Unter⸗ schriften tragen. Die Meisten verlangen, wie gewöhnlich, die Revi⸗ sion schlechtweg, Viele auch die Abschaffung des Artikels 45 gegen die Wiedererwählbarkeit des Präsidenten der Republik, Einzelne aus⸗ drücklich die gesetzliche Revision, Andere die sofortige Revision. Fünf Repräsentanten von der Linken übergeben Petitionen um Wiederher⸗ stellung des allgemeinen Wahlrechts, wovon eine zugleich die Bei⸗ behaltung der Verfassung von 1848 verlangt. Nach Erledigung eines Lo⸗ kalgesetzes kündigt Baroche, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, einen Zusatzartikel zu dem kürzlich mit Sardinien abgeschlossenen Handels⸗ und Schifffahrts⸗Vertrage an, wonach die von diesem Lande England und Belgien gewährten Vortheile auch Frankreich zugestanden werden sollen und der von der National⸗Versammlung ratifizirt werden muß. Die Dringlichkeitserklärung erfolgt sofort ohne Widerspruch. De Parieu übergiebt hierauf den Kommis⸗ sionsbericht über den Antrag Favreau's und de Riancey's auf Ein⸗ führung eines besonderen gerichtlichen Verfahrens zur Revision von Kriminal⸗Prozessen, wenn der Verurtheilte hingerichtet worden oder mit Tode abgegangen ist, und es offenbar wird, daß dasUrtheil falsch war. Die⸗ ser Antrag, durch das Rehabilitionsgesuch der Nachkommen vonLesurques veranlaßt und durch Uebertragung der Revision des Prozesses an den Cassationshof, die Vermeidung eines Uebergriffs der gesetzgebenden Versammlung in die Befugnisse der richterlichen Gewalt bezweckend, ist schon zur Berücksichtigung zugelassen worden. Gleichwohl spricht sich der neue Kommissions⸗Bericht für die Verwerfung desselben aus. Die jetzt folgenden Gegenstände der Tagesordnung sind ein Antrag auf Veräußerung uneinträglicher und viel kostender Staats⸗ waldungen, der nicht in Betracht genommen wird, und dann die dritte Berathung der Frachtfuhrwerks⸗ und Privatposten⸗Polizei. Die Debatte bietet kein Interesse.
Paris, 29. Mai. Es sind nun ausführliche Nachrichten über die Expedition gegen Kabylien eingetroffen. Am 11ten fand General Saint Arnaud, der Kommandant der Expedition, drei Hügelauf seiner Marsch⸗ route von Kabylen verschanzt und mit 4000 Mann besetzt. Die Schan⸗ zen waren aus Steinen ausgeführt. Das Terrain von denselben war sehr coupirt, der Angriff des Hügels aber nur unter einem ver heerenden Flintenfeuer auszuführen. General Arnaud theilte sein Corps in drei Sturmkolonnen zu drei Bataillonen mit zwei Hau⸗ bitzen. Am linken Flügel kommandirte General Lucy, am rechten General Bosquet, im Centrum Oberst Espinasse. Die Flügel⸗Ko⸗ lonnen hatten jede außerdem 70 Pferde. Oberst Jamin deckte mit drei Bataillonen die sehr beträchtliche Bagage. Die Sturmkolon⸗ nen brachen mit Tagesanbruch auf, hatten um 7 Uhr Wed Sa⸗ überschritten, die eingebornen Tirailleure nahmen das von den Ka⸗ bylen vertheibigte Dorf Kalen mit dem Bajonnette. Um neun Uhr war der Feind aus allen Stellungen verjagt, und die Sturmkolon⸗ nen veinigten sich hinter den Hügeln. Die Führung der Truppen war ausgezeichnet. Auf dem Plateau am linken Flügel war der Kampf äußerst heftig. Kommandant Vallicon blieb auf dem Platze, die Capitaine Faucon und Jollivet wurden verwundet. General Bosquet, am rechten Flügel, wurde leicht an der Schulter verwun⸗ det, blieb aber stets an der Spitze seiner Kolonne. Endlich lie⸗ ferte die Nachhut noch ein glänzendes Gefecht, in welchem Kom⸗ mandant Robuste und Capitain Berthier verwundet wurden. Die Expeditionsarmee zählte an diesem Tage 11 Todte und 81 Ver⸗ wundete. Am 12ten fanden Einzelngefechte statt, in denen blos der Feind Verluste erlitt. Am 13ten und 14ten hatte das Corps einen beschwerlichen Marsch durch waldiges Terrain, welches von dem Feinde besetzte Höhen in der Flanke bestrichen. Zwei Compagnieen des 10ten Linienregiments wurden an diesem Tage hart mitgenom men. In der Hitze zu weit vordringend, wurden sie plötzlich von den Arabern, die unter dem Schutz der Bäume ganz nahe herangekrochen waren, umzingelt, und nur dem kräftigen Einschreiten eines Bataillons vom 9ten Linienregiment hatten sie es zu verdanken, daß sie nicht gänz⸗ lich aufgerieben wurden. Am 14ten wagte der Feind einen ver⸗ wegenen Angriff, wurde aber von den Zuaven unter Laure und den Tirailleuren unter Bataille blutig zurückgeschlagen. Er mußte alle seine Todten auf dem Schlachtfelde lassen. Am 15ten drang Oberst Marulaza in die Berge, um die Kabylen für ihren Angriff wäh⸗ rend des Marsches in ihren Wohnsitzen zu züchtigen. Sobald die Straße breiter würde, hörten alle Angriffe auf, und es bi⸗ vouakirte am 16ten das Corps vor Dschidschelli, ohne weiter beunruhigt worden zu sein. Am 19ten brach General Saint⸗ Arnaud von da wieder auf und hatte noch an diesem Tage ein Gefecht zu bestehen. In drei Kolonnen, die er die Tor⸗ nister ablegen ließ, unter seinem, der Generale Luzy und Bosquet Kommando, wurde der Angriff gegen eine vom Feinde zahlreich besetzte Höhe, die sein Lager beherrschte, ausgeführt. Ein glänzen⸗ der Bajonnet⸗Angriff und eine Kavallerie⸗Attakke unter Oberst Rousvarin entschieden den Sreg. Von 2000 Kabylen waren 120 geblieben. Die frauzösische Armee zählte 2 Todte, 31 Verwundete. Am 20sten brach General Saint Arnaud um 11 Uhr aus seinem Lager mit 8 Bataillonen ohne Gepäck, 4 Haubitzen und der gan⸗ zen Reiterei auf. Der Feind hat in der Entfernung von einer fran⸗ zösischen Meile einen zwei Kilometer langen bewaldeten Bergsaum besetzt. Links deckt ihn ein enormer Ravin, rechts dehnt sich eine Ebene aus, die aufsteigend sich bis zu den von ihm besetzten Höhen hinzieht. Ein Kanonenschuß giebt das Signal. Die Kavallerie, welche sich hinter einer Terrainfalte, formirt hatte, bricht vor und führt eine glänzende Charge aus, die in Verbindung mit einem Bajonett⸗Angriffe des zweiten Jäger⸗Bataillons den Feind nach dem Ravin links rängt. Der Kampf wurde nun fürchterlich. Das Feuer von 3 Infanterie⸗Bataillonen streckte von 1200 Kabylen 380 todt nieder. Der Sieg war voll⸗ ständig. Abends war das Lager Saint Arnaud's mit Beute über⸗ füllt. Drei große Parteien der Beni Amram, die Achalb, Uled⸗ Breira und Uled Bu Aschair zeigten ihre Unterwersung an. Dschidschelli ist entsetzt, und man hofft, die feindlichen Allianzen in Klein⸗Kabylien werden sich auflösen. Der fanatische Derwisch Bu Bagla, der Urheber des Ganzen, ist von den Kabylen verjagt, und die hauptsächlichsten Führer denken auf Versöhnung mit den Franzosen.
Paris, 30. Mai. Der Parteiverein der Rue des Pyramides wird heute abermals eine Sitzung halten, um zu berathen, ob er nicht die Redaction seines Revisions⸗Antrages abermals modifiziren soll. Die Legitimisten bestehen darum so sehr auf der totalen Re⸗ vision, weil nach ihrer Auslegung der Verfassung die gesetzgebende Versammlung der Konstituante ein bestimmtes Mandat zu geben hat, das diese nicht überschreiten darf. Aus demselben Grunde halten sie sich auch ermächtigt, während der Revisionsdebatte schon
gute Rathschläge über die Details für die Konstituante zu geben.
Mehrere legitimistische Notabilitäten haben erklärt, lieber gegen alle
den Antrag der Rue des Pyramides stim⸗ men zu wollen. Im Gemrinderathe von Toulouse kam es am 26. Mai zu einer heftigen Scene. Vier legitimisti⸗ sche Gemeinderathe warfen dem Maire vor, er schicke Polizei⸗Ser⸗ geanten in Civilkleidern und mit der Aufforderung in der Stadt herum, eine von denselben vorgewiesene bonapartistische Revisions⸗ Petition zu unterzeichnen. Das Ordre sucht heute dem Natio⸗ nal zu beweisen, daß die Republikaner für legale Verfassungs⸗ Revision sein müßten, weil man sonst die Wiederwahl des Präsiden⸗ ten durch das Volk, welches sich weder um Ordre, noch Natio⸗ nal viel kümmere, nicht verhindern könne. Sei aber der Präsident einmal wieder gewählt, so müsse man sich gerade so darin ergeben, wie die Konstituaänte, als der verbannte Bonaparte zum Repräsen⸗ tanten gewählt worden. 18
Der National tadelt die Kriegführung des General Saint Arnaud gegen Kabpylien, da die Opfer an Soldaten in keinem Ver⸗ hältnisse mit den errungenen Erfolgen ständen, und bemerkt, daß Marschall Bugeand beide Expeditionen gegen Großkabylien nicht den zehnten Theil an Menschenleben gekostet. Der Tod des in Kabylien gefallenen Kommmandanten Valicon wird allgemein als ein großer Verlust der Armee betrauert.
Der Cassationshof hat, einem lichterlichen Urtheile der ersten Instanz und dem Appellhofe gegenüber, entschieden, daß die Mar⸗ seillaise kein aufrührerisches Lied sei, daher gesungen werden dürfe.
Die Parteivereine der Rue Rivoli und der Rue de l'Univer⸗ sité haben beschlossen, die jetzigen Quästoren Pauat, Baze und Leflo wieder zu wählen. Der Kandidat der Rue des Pyramides, der bonapartistische General Lebreton, dürfte daher kaum auf mehr als 150 Stimmen zu rechnen haben.
Desmeloize kömmt als französischer Konsul nach St. Peters⸗ burg, Castillon in gleicher Eigenschaft von dort nach Neweastle, Bucquez, noch 1848 ernannt, von dort nach Sidney in Austrialien.
Das Journal du Cher, Organ der Majorität, erklärt die Behauptung der Assemblee nationale, es seien in diesem De⸗ partement zwei Schlösser von aufständischen Bauern belagert wor⸗ den, für unwahr und versichert, es sei auch nicht der entfernteste Anlaß zu einer solchen Erdichtung vorhanden.
Minister Feuld ist von seiner Reise nach Tarbes zurückgekehrt und hat das interimistisch vom Justiz⸗Minister Rouher verwaltete Finanzportefeuille wieder übernommen.
Paris, 31. Mai. (K. Z.) In der heutigen Sitzung der National⸗Versammlung wurden von Moulin und Morin Proposi⸗ tionen zur Bildung eines Spezial⸗Comité's für die Revisions⸗An⸗ träge gemacht, Favre und Vesin sprechen darüber. Der Kom⸗ missions⸗Antrag wird daranf unverändert angenommen, mit der Ausnahme, daß das Revisions⸗Comité acht Tage nach dem Ein⸗ bringen des ersten Revisions⸗Antrages über denselben aburtheilen soll. Am nächsten Montag wird der Herzog von Broglie den Re⸗ visions⸗Antrag des Vereins der Rue des Pyramides deponiren; derselbe trägt 220 Unterschriften.
Morgen reist Louis Napoleon zur Einweihung der Eisenbahn nach Dijon.
Großbritanien und Irland. Parlament. Unter⸗ haus. Sitzung vom 29. Mai. Auf der Tagesordnung war die vertagte Debatte über Ceylon. Sir J. W. Hogg unternahm eine umständliche Vertheidigung Lord Torrington's, dessen Sache er mit der von Warren Hastings verglich. Sir F. Thesiger meinte, nach einer eben so auoführlichen Bekämpfung der für Tor⸗ rington angeführten Gründe, es handle sich weniger um die Schuld oder Nichtschuld des gewesenen Gouverneurs von Ceylon, als um die Ansicht des britischen Parlaments von der besten Art, die Kolonieen zu regieren, und von dem Urtheil, das die Welt über die Gerechtigkeit und Humanität der britischen Na⸗ tion fällen werde. Oberst Dunne, der die Sache rein vom mili⸗ tairischen Standpunkt ansah, fand Torrington's Politik untadelhaft. Herr Hawes ging zur Vertheidigung Torrington's in eine de⸗ taillirte Geschichte des Aufruhrs von 1848 ein, den er mit den Insurrectionen von 1817 und 1823 verglich. Im Jahre 1817 habe die Rebellion mehrere Monate gedauert und den Briten 1000, den Eingeborenen 10,000 Menschen gekostet, weil nicht gleich anfangs energischer verfahren worden sei. Die Kriegsgerichte auf Ceylon hätten alle Regeln der Gerechtigkeit und Billigkeit beob⸗ achtet, und Lord Torrington habe im Ganzen vdie öffentliche Mei⸗ nung der Kolonie für sich gehabt. Dagegen behauptet Herr Gladstone, daß man in der Vertheidigung Torrington's die Zeugen der entgegengesetzten Seite rücksichtslos verleumdet hätte, und, wie Sirx F. Thesiger, hobsmum die ganze Politik der Regierung handle. Graf Grey habe, nicht in einer Depesche, sondern zu wiederholtenmalen, die Handlungs⸗ weise Lord Torrington's belobt und damit die Verantwortlichkeit für dieselbe auf sich genommen. Die Anklage laute auf muthwillige Aufopferung von Menschenleben, denn die sogenannte Rebellion habe kaum diesen Namen vervient, dagegen sei ihre Quelle in der gerechten Unzufriedenheit zu suchen, welche Torrington durch ungewohnte und drückende Steuern hervorgebracht. Die un⸗ nöthige Verlängerung des Kriegszustandes sei das Hauptverbrechen des gewesenen Gouverneurs, ein Verbrechen der Blutschuld, die der Redner geradezu der Regierung aufwälzen zu müssen glaubte. Der General⸗Prokurator erinnerte daran, daß die meisten Mit glieder, welche gegen die Regierung zu stimmen beabsichtigten, die voluminösen Zeugen⸗Aussagen nicht durchstudirt hätten; das Unter⸗ suchungs⸗Comité habe diese Studien gemacht und doch kein Urtheil zu fällen gewagt. Wie wolle daher das Haus sich für kompetent halten, über Lord Torrington den Stab zu brechen? Lord Hotham, gewesenes Mitglied des erwähnten Comiteé's, gab die Versicherung, daß die Regierung keinen Einfluß auf den Bericht des Comité’s geübt habe, und Lord J. Russell sagte: „Lord Torrington's Regierung vertheidige sich selbst durch den guten Erfolg; er ließ Ruhe zurück, wo er Rebellion fand, und einen Ueberschuß an der Stelle eines furchtbaren Defizits.“ Was den Kolonialminister Graf Grey betreffe, so athmeten seine Instructio⸗ nen an den Gouverneur von Ceylon den Geist der Milde und Unparteilichkeit, und was die Billigung betreffe, die Graf Grey dem Verfahren Torrington's habe zu Theil wärden lassen, so grün⸗ dete sich dieselbe auf die Motive des edlen Lords, der nur an die gewissenhafte Erfüllung seiner Pflichten gedacht habe. Herr Disraeli fand eine schreiende Inkonsequenz zwischen dem Zeug⸗ niß, das der Premier⸗Minister dem Gouverneur von Ceylon ausgestellt, und der Thatsache der plötzlichen Zurückberufung dieses Gouverneurs. Lord Torrington scheine mit einemmal ein größerer Finanzier als Sir C. Wood (der Kanzler der Schatzkammer) und ein besserer Diplomat als Lord Palmerston zu sein, denn er solle einen größeren Ueberschuß und eine tiefere Ruhe auf Ceylon zu Wege ge⸗ bracht haben, als jene Staatsmänner in England. Warum habe man also den großen Staatsmann von seinem Posten abge⸗ rufen? Etwa wirklich nur wegen eines elenden Geklatsches zwischen seinen Untergebenen? Kurz man vertheidige Torrington mit den⸗
Revision, als für
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selben Gemeinplätzen und Scheingründen, wie einst Verres sich ver⸗ theidigt habe. Die Abstimmung ergab für Herrn Baillie’'s Motion 202, gegen dieselbe 282 Stimmen, also eine Majorität von 80 Stimmen zu Gunsten Lord Torrington's und der Regierungs⸗ Politik. Schluß der Sitzung um 3 Uhr nach Mitternacht.
London, 29. Mai. Der Telegraph meldet heute ernste Ruhestö⸗ rungen in Tamworth. Die Häupter der Protectionisten hatten sich gestern Abend daselbst zu einem großen Bankette eingefunden, darunter die bekannten Parlamentsmitglieder Lord Levisham, Spooner, Noung und Newdegate. Dieser Flecken Tamworth ist bekanntlich der Ge⸗ burtsort des verstorbenen Sir Robert Peel, und der Präsident des Banketts, Herr Woolferslan, hatte noch nicht Zeit gehabt, seine übliche Eröffnungsrede zu halten, als das Volk auf der Straße durch einen Steinhagel, der alle Fenster des Bankettsaales zertrüm⸗ merte, zu verstehen gab, daß es mit den Prinzipien der Versamm⸗ lung durchaus nicht einverstanden sei. Letzterer blieb nichts Anderes übrig, als in geschlossenen Reihen abzuziehen und sich ein anderes Versammlungslokal zu suchen. Sie flüchtete nach Arms⸗Hotel, aber in einer halben Stunde war auch hier keine Scheibe mehr ganz. Um halb 11 Uhr war der Lärm am größten. Von den beiden Polizisten, der ganzen Mannschaft des Fleckens, war der eine, der den rechten Angriffsflügel bildete, gleich zu Anfang kampfunfähig geworden. So blieb einigen der Unternehmendsten nichts weiter übrig als, wie das in England bei drohenden inneren Gefahren stets Sitte ist, den Konstablereid vor dem Magistrate zu leisten, d. h. selbst Konstabler des Augenblicks zu werden. Nebenbei wurde nach Birmingham um Truppenassistenz geschickt. Aber der Pöbel hatte sich zur Ruhe begeben, nachdem es ihm gelungen war, das Bankett zu stören. An Verwundungen fehlt es nicht, doch ist kein Leben gefährdet.
London, 30. Mai. Der Hof setzt regelmäßig an jedem Mor⸗ gen die Besichtigung der Ausstellung fort. Die Königin erscheint gewöhnlich nach 9 Uhr im Gebäude und verweilt daselbst bis nach 11 Uhr, um mit sichtbarer Theilnahme das Zuströmen des Publi⸗ kums, welches sich um diese Stunde einfindet, zu beobachten. Ihre Hoheit die Herzogin von Sachsen⸗Koburg⸗Gotha besichtigte gestern die chinesische Dschunke, welche seit mehr als einem Jahre in der Gegend von Sommersethouse auf der Themse vor Anker liegt. Abends war der Hof in der italienischen Oper von Coventgar⸗ den, der Fürst von Leiningen mit der Herzogin von Kent im französischen Schauspiel. Die Königin hat die Einla⸗ dung des Lord⸗Mayor's zu dem großen Bankett in der Guildhall, welches die City zu Ehren der fremden und einheimischen Ausstellungs⸗Gäste giebt, angenommen. Ihre Majestät hat seit vielen Jahren die City nicht betreten, und es soll ein Fest werden, wie es die Londoner lange nicht erlebt haben. Der Lord⸗Magyor will über 8000 Pfd. St. für die Tafel verwen⸗ den. Morgen, als am Geburtstage der Königin, ist in allen Aem⸗ tern, mit Ausnahme der Post, Feiertag. Auch auf den Börsen wer den keine öffentlichen Geschäfte gemacht werden.
Marquis von Londonderry liegt in Folge eines Sturzes vom Pferde krank danieder.
Die Zahl der Besucher der Ausstellung belief sich vorgestern auf 37,184, was eine Einnahme von 1859 Pfd. St. ergab. Am 11. Juni giebt die reiche londoner Schneiderzunft den fremden Aus⸗ stellungs⸗Kommisffären ein Bankett.
Vorgestern, als am Jahrestage der Restauration, hielt der Herzog von Wellington eine Revue über die Haustruppen der Kö⸗ nigin ab.
Nußland und Polen. Warschau, 30. Mai. Ihre Majestät die Kaiserin hat sich vorgestern in Begleitung der Fürstin von Warschau von hier nach Neu⸗Alexandrien (Pulawy) begeben.
Italien. Turin, 27. Mai. (Lloyd.) Die Abgeordneten⸗ Kammer hat das Kriegs⸗Ministerial⸗Budget mit 98 gegen 20 Stim⸗ men angenommen.
Die Handels⸗Verträge mit England und Belgien haben nun⸗ mehr die Königliche Sanclion erhalten. 1
Außer den Verträgen mit Preußen, den Zollvereins⸗Staaten und einem Nachhange zu dem mit Frankreich, sind den Kammern auch die Handels⸗ und Schifffahrts⸗Traktate mit Portugal und den Hansestädten zur Bestätigung vorgelegt worden. 8
Ueber die mittelst Gesetzes vom 22. Juli 1850 autorisirte Emission von 15 Millionen Lires in Schatzscheinen enthält die Kö⸗ nigliche Verordnung vom 15. Mai nähere Bestimmungen. Diese Tresorscheine haben durchaus keinen Zwangscharakter, sie sind bloße im Namen des Staates ausgestellte Wechsel, nicht aber Kreditpa⸗ piere, mit denen die Regierung ihre Schulden, Verbindlichkeiten und Ge⸗ halte zahlen oder den allgemeinen Verkehr ergänzen will. Sie kön⸗ nen von der Nationalbank skontirt werden. Ihre Emission geschieht von 3 — 10 Monaten, die ersten 6 Monate tragen sie 5, aber bis zu Ende 6 pCt. Interesse. Am 27sten wird die Kammer den Gesetz⸗ Vorschlag über die Veräußerung der Obligationen berathen.
Aehnliche Proteste, wie in Nizza, sollen auch an mehreren an⸗ deren Orten vorbereitet werden, überhaupt soll in der ganzen Pro⸗ vinz und in Savoyen eine bedenkliche Bewegung stattfinden.
Der Munizipal⸗Rath von Fossano hat die Auszahlung des von den Fasten⸗Predigern bis jetzt bezogenen Gehalts von nun an einzustellen beschlossen.
Aus Nizza wird geschrieben, daß die flüchtigen Herren Givau und Belgrand in San Lorenzo del Varo von der französischen Gen⸗ darmerie verhaftet und nach Gicasse gebracht worden sind. Die Untersuchungs⸗Kommission hat im Stadthause alle dem Syndikus übergebenen Exemplare der Protestnote sequestrirt. Der Magistrat hat den Nationalgarde⸗Kommandanten angegangen, die nächtlichen Patrouillen in der Stadt einzustellen, weil sich die Nationalgarde dadurch gehässig machen dürfte und die öffentliche Ruhe nicht wei⸗ ter gestört wird. 1
In Genua hat das Appellationstribunal die Geschäftsführer des Cattolico und der Strega freigesprochen, womit es von dem gerichtlichen Verfahren gegen sie abgekommen ist. Der Erstere wurde wegen Verletzung der den Gesetzen schuldigen Ehrfurcht durch einen in seinem Blatte eingerückten Artikel angeklagt, der zweite, Herr Daguino, aber, weil er Aufsätze in sein Blatt ein⸗ rückte, welche den Umsturz der Constitution androhten und zwischen verschiedenen Bürgerklassen Haß und Zwietracht predigten.
Genua, 27. Mai. (Lloyd.) Das Schwurgericht hat den
Lire Geldbuße verurtheilt.
Florenz, 27. Mai. (Lloyd.) Eine pisaner Gesellschaft schlägt dem Handels⸗Ministerium vor, dem Flusse Serchio einen anderen Lauf zu geben und einen wichtigen Verbindungs⸗Kanal auf ihre Kosten zu graben.
Rom, 25. Mai. (Lloyd.) Der Einfuhrzoll auf Seiden⸗ Cocons ist von 5 Bajocchi auf 1 Skudo per Centner erhöht worden.
Der Militair⸗Kommandant von Ancona hat mittelst Kund⸗
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machung denjenigen Bewohnern, welche der Regierung als unver⸗ dächtigt, frei von politischen Vorurtheilen und als moralisch bekannt sind, und deren Häuser auf dem Lande so weit von einander ablie⸗ gen, daß im Falle der Noth sie sich gegenseitig nicht Hülfe leisten können, erlaubt, ein einziges Feuergewehr zur Abwehr behalten zu dürfen, und zu diesem Ende sollen diejenigen Häuser, welche sich in der besagten Lage befinden, von den betreffenden Gemeinden dem Gerichte binnen vier Wochen angezeigt werden.
Se. Heiligkeit der Papst hat eine aus sechs Kardinälen be⸗ stehende Congregation eingesetzt, welche sich mit Erhebungen über den moralischen und Disziplinarzustand der Klöster zu beschäftigen und Vorschläge zu geeigneten Reformen Sr. Heiligkeit vorzule⸗ gen hat. b
Spanien. Madrid, 24. Mai. (Fr. Bl.) Als Senats⸗ Praäftdent wird General Concha, mit mehr Wahrscheinlichkeit aber Marquis Viluma genannt. Die Regierung hat sich jetzt für Mayans als Präsidentschafts⸗Kandidaten der Deputirtenkammer ausgesprochen. Die Opposition stellt Mon oder Rios Rosas.
Das Ministerium wird nicht, wie das Gerücht geht, einen ver⸗ änderten, sondern den ursprünglichen Schuldregulirungs⸗Entwurf den Cortes vorlegen. b
Der Minister der Justiz macht bekannt, daß die verschiedenen Bestimmungen des Konkordats erst nach Veröffentlichung aller be⸗ züglichen Instructionen in Kraft treten werden. 1
Gonzalez Bravo soll zum Gesandten in Nordamerika ernannt werden. 1 1 In der großen Cigarren⸗Fabrik fand gestern ein Aufstand der Arbeiterinnen statt.
Madrid, 25. Mai. (Fr. B.) Es scheint, die Regierung wolle für die nächste Zukunft bedeutende Maßregeln zur Erhal⸗ tung der Ruhe und Ordnung ergreifen. Man will nämlich wissen, daß die Ereignisse an der madrider Universität, wie die Studen⸗ tenbewegungen zu Saragossa und Valencia, der Politik nicht fremd seien. Marquis Morante ist zum Rektor der madrider Universität ernannt worden.
Das Budget dürfte Mitte Juni vorgelegt werden.
General Urbistondo hat für die Waffenthat von Jala das Großkreuz des Isabellen⸗Ordens erhalten.
Die Nacion unterstützt heute die Kandidatur Mendizabal's in Sevilla, wo Cortina die Wahl nicht angenommen hat.
Morgen findet die erste Progressisten-Versammlung statt, um über das Verhalten in der kommenden Sitzung zu berathen. Drei⸗ ßig progressistische Deputirte sind bereits in Madrid angekommen.
Türkei. Konstantinopel, 14. Mai. (Lloyd.) Der Großherrliche Gesandte ist von Aegypten zurückgekehrt; er bringt des Vice⸗Königs Unterwürfigkeit und Versicherungen unwandelbarer Treue und des Gehorsams, aber auch einige ehrfurchtsvolle Proteste, namentlich gegen die Reduction des Heeres, das im gegenwärtigen Augenblicke wegen der gährenden Stimmung der Bevölkerung wohl noch vermehrt werden müsse, wofür die blutigen Aufstände der Neger stämme in dem Gebirge den schlagendsten Beleg liefern; über die anderen Punkte aber möge eine aus Großherrlichen und ägyptischen Abgeordac⸗ ten zusammengesetzte Kommission mit Rücksichtsnahme auf die speziellen Zustände und Verhältnisse Aegyptens das Zweckdienliche ausmit⸗ teln. Es ist hier aber lange kein Geheimniß mehr, daß Abbas
Geranten der Italia libera zu zwei Monaten Arrest und 1000
Pascha seine Beschickung der londoner Industrie⸗Ausstellung nur deswegen von der des Gesammtreiches trennte, weil er die Mission seiner Vertrauten an Lord Palmerston maskiren wollte. Reschid Pascha soll daher entschlossen sein, Großherrliche Truppen zum Schutze der viceköniglichen Regierung nach Aegypten abzuschicken und damit die Hindernisse der Reduction der ägyptischen Ar⸗ mee, aus dem Ueberreste eine bloße Landmiliz zu organisiren, zu beheben.
Bekanntmachung.
Die geehrten Mitglieder und Wohlthäter des Vereins für die Besserung der Strafgefangenen werden hierdurch zu einer General⸗ Versammlung auf
Freitag, den 6ten k. M., Nachmittags 6 Uhr,
im Hausvoigteigebäude, Hausvoigteiplatz Nr. 14, ergebenst eingeladen. Außer der Berathung über die bisherige und demnächstige Wirksamkeit des Vereins werden die erforderlichen Wahlen zur Ergänzung der im Direktorium erledigten Stellen zu bewirken sein.
Berlin, den 16. Mai 1851.
Das Direktorium des Vereins für die Besserung der Strafgefangenen. 1
Königliche Schauspielte.
Dienstag, 3. Juni. Im Opernhause. 63ste Aetvinern ats. Vorstellung. Auf Allerhöchsten Befehl: Iphigenia in Aulis, lyrische Tragödie in 3 Abth., mit Ballets. Musik von Gluck.
dreise der Plätze: Parquet, Tribüne und zweiter Rang 1 Rthlr. Erster Rang, erster Balkon daselbst und Proscenium 1 Rthlr. 10 Sgr. Parterre, dritter Rang und Balkon daselbst 20 Sgr. Amphitheater 10 Sgr. Mittwoch, 4. Juni. Im Opernhause. 64ste Abonnements⸗ Vorstellung: Ich irre mich nie! Lustspiel in 1 Alt, nach dem Französischen, von C. Lebrun. Hierauf: Das hübsche Mädchen von Gent, großes pantomimisches Ballet in 3 Akten und 9 Bildern, von St. Georges und Albert. Musik von A. Adam. In Scene gesetzt vom Königl. Balletmeister Hoguet. (Fräul. Forti: Beatrix, als vierte Antrittsrolle.)
Preise der Plätze wie oben.
V I Rönigsstädtisches Theater.
Dienstag, 3. Juni. Mein Freund, Posse mit Gesang in 3 Akten, nebst einem Vorspiel, von J. Nestroy. Musik von J. C. Stenzel. 8 8 mMlittwoch, 4. Juni. Der Weltumsegler wider Willen, abenteuer⸗ liche Posse mit Gesang in 4 Bildern, von Räder. 8—
Die Gastdarstellungen der Mad. Josephine Weiß aus Wien mit ihrem Ballet⸗Personale beginnen nunmehr bestimmt Ende dieser Woche. Die bereits eingegangenen Meldungen zu Billets zur ersten und zweiten Vorstellung sind berücksichtigt, und können dieselben Mittwoch, den 4ten d. M., im Billet⸗Verkaufs⸗Büreau, Burgstraße Nr. 7, in Empfang genommen werden, widrigenfalls anderweitig darüber verfügt werden muß. “
veeis desr Plätze: Es. Platz in den Logen und im Balkon des ersten Ranges 1 Rthlr. ꝛc.