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dieses seine Unzuträglichkeiten gehabt. Nun habe das Juli⸗Mini⸗ sterium über die Beschlagnahme bedeutende Differenzen mit dem
Ausschuß gehabt. Der Ausschuß behauptet, das Recht der Be⸗
schlagnahme sei durch die Grundrechte aufgehoben worden, die Ge⸗ richte haben aber dieses Recht als entschieden bestehend anerkannt. Das Ministerium habe dem Ausschuß in einer Note vom Septem⸗ ber 1850 erklärt, der Beobachter könne den von ihm behaupteten ärgerlichen Verwickelungen mit der Polizei ausweichen, wenn er sich in den Schranken der Gesetze und der Ordnung halte. Allein in der Zeit weniger Monate sei der Beobachter sechs⸗ mal wegen strafwürdigen Inhalts mit Beschlag belegt worden. Schoder habe als so tadelnswürdig hingestellt die Beschlagnahme der Protokolle des sogenannten Pseudo⸗Ausschusses. Nachdem die Regierung ausgesprochen habe, daß sie neben sich den Ausschuß als zu Recht bestehend nicht anerkannt habe, konnte sie auch keine Thä⸗ tigkeit desselben dulden. Die Herren Schoder, Reyscher u. s. w. waren ja nicht gehindert, einzeln sich vernehmen zu lassen, nur der illegitime Ausschuß durfte dieses nicht thun. Ja von vielen Sei⸗ ten ist verlangt worden, man sollte gegen diesen Aus⸗ schuß weit strenger einschreiten. Die Regierung ist von vielen Seiten dringend aufgefordert worden, gegen die schlechte Presse vorzukehren und endlich einem Zustande ein Ende zu machen, der so unzuträglich sich darstelle. Die Regierung mußte sich daher dringend aufgefordert fühlen, Maßregeln zu tref⸗ fen. Der Departements⸗Chef vertheidigt nun die Bestimmungen der Verordnung, daß ein Redacteur Inländer sein muß; denn wer über die Verhältnisse eines Landes polemisiren wolle, müsse doch auch die Verhältnisse dieses Landes kennen. Man habe die Bestim⸗ mung angegriffen, daß ein Redacteur 25 Jahre alt sein müsse; man werde doch nicht verlangen, daß einer vor der Confirmation Re⸗ acteur soll sein können; wer in diesem Saale spreche, müsse ja 30 ahre alt sein, soll man also Einem, der für ganz Deutschland sprechen darf, gestatten, dies in jedem Alter zu thun? Der Redner schließt, indem er die Annahme des Kommissions⸗Antrags, als den Interessen der wahren Preßfreiheit entsprechend, empfiehlt. Prälat von Mehring spricht für den Kommissions⸗Antrag. Namentlich pricht er über den ungeheuren Schaden, welchen die Lokalblätter stiften, die selten etwas Eigenes haben und von anderen Blättern überall nur das Verderbliche aufnehmen. Der Kommissions⸗Mehr⸗ heit habe man die verschiedensten Vorwürfe gemacht, aber mit Un⸗ recht. Die Kammer soll sich nur frei und offen äußern, und gerade dann kann es nicht zweifelhaft sein, welches das Resultat ihres Be⸗ schlusses sein werde. Duvernoy, als Berichterstatter der Minder⸗ heit: Es unterliege gar keinem Zweifel, daß die Presse in den letz⸗ ten Jahren nicht die rechte Haltung beobachtet habe, und nicht nur die demokratische, sondern auch die konservative Presse⸗ habe oft gegen das oberste Gesetz der Wahrheit gesündigt. Aber ob denn im Monat Dezember die Presse in einem o aufgeregten Zustand, die Stimmung des Volkes eine so gefährliche gewesen sei, daß man habe zu einer Ausnahmemaßregel greifen müssen. Blos wegen des möglichen Eintritts außerordent⸗ licher Verhältnisse Ausnahmemaßregeln eintreten zu lassen, in die⸗
sem Sinne habe man den §. 89 nicht in die Verfassung aufgenom⸗
nen. Er achte den Prälaten von Kapff schon seit vielen Jahren, aber glaube, daß man mit dessen Ansichten am Ende auf die Cen⸗ sur kommen müßte. Er, der Redner, sei für ein Preßgesetz, aber nur für Repressiv⸗Maßregeln; die besprochene Verordnung aber er⸗
scheine ihm nach ihrem Inhalt nicht billig, nicht zweckmäͤßig, nicht heilsam. Deshalb habe er seinen Antrag gestellt und sei weit ent⸗
fernt, irgend einer anderen Ansicht einen Vorwurf ma⸗ chen zu wollen. Die Nothwendigkeit der Anwendung des §. 89 im Dezember könne er wenigstens nicht anerkennen. Wiest von Ehingen: Die Möglichkeit des Eintritts außerordent⸗ licher Verhältnisse könne in wenig Tagen zur Wirklichkeit werden; mit der Möglichkeit der Gefahr sei ihr Eintritt selbst schon zugege⸗ ben. Eben so vertheidigt der Redner den Kommissions⸗Antrag der Mehrheit im Einzelnen gegen die gemachten Ausstellungen. Nestle: Er glaube ein eben so entschiedener Freund der Preßfreiheit zu sein, als irgend Jemand in diesem Saale, und nicht erst seit 1848, und habe dennoch dem Kommissions⸗Antrag der Mehrheit zugestimmt, aus dem Grunde, weil ihm der Inhalt der Verordnung in den meisten Beziehungen zweckmäßig erschienen sei, und weil kein Zweifel obwalte, daß die Regierung bei der Verordnung in gutem Glau⸗ ben gehandelt habe. Prälat von Hafner kommt nach Erwägung aller Gründe zu der Ueberzeugung, daß der Zustand der Presse im Jahr 1850 nicht der Art war, daß die Erlassung der Verord⸗ nung im Hinblick auf die Gefährdung des Staates begründet ge⸗ wesen, denn durch ein paar Zeitungsblätter werde wohl der würt⸗ tembergische Staat, dem man eine größere Festigkeit zutrauen müsse, nicht zusammengeblasen werden. Man habe vor der Revolution einen zu großen Schrecken, es sei aber ein bekanntes preußisches Sprüch⸗ wort: „Bangemachen gilt nicht.“ Er müsse in der Verordnung Be⸗ stimmungen erkennen, die einen Privativ⸗Charakter haben. Die freie Presse habe noch nirgend Revolutionen hervorgerufen. Er tritt dem Antrag der Minderheit der Kommission bei. Den Abgeord⸗ neten Mohl wolle er noch versichern, daß er sein Leben lang gegen die Censur und für die freie Presse gewesen sei, indem er in derselben nur das vorzüglichste Bildungsmittel nicht nur für das Volk, sondern auch für die Prälaten gesehen habe. Staats⸗ Rath von Wächter⸗Spittler: Es sei unmöglich, daß man vor dem Unfuge, welchen die Presse, namentlich die Lokalpresse, in den letzten Jahren gemacht, die Augen verschließen könne. von Teuf⸗ fel spricht für den Kommissions⸗Antrag und findet die Bestimmun⸗ gen der Verordnung zweckmäßig und nothwendig. Entschieden und offen erkläre er: die Regierung war bei Erlassung der Verordnung in ihrem vollen Rechte. Schott: Er halte es fuͤr ein großes Un⸗ recht, wenn man von den beiden Seiten, welche jede Sache hat, stets nur diejenige heraushebe, welche man als die für den Augen⸗ blick günstige ansieht. Man spreche immer von Volkswohl, der größte Feind des Volkes sei aber der Vorwand des Volkswohls. Man berufe sich immer auf England, wenn es sich darum handle, einen alten Zopf wieder einzuführen, wolle man aber englische Freiheiten, dann sage man, solche Einrichtungen können nur in ei⸗ nem großen Staate wie England bestehen. Dem Prälaten von Hafner dankt er für die schöne Ausführung, daß noch nie in der Welt die Preßfreiheit eine Revolution gemacht habe. Dem Herrn Minister des Innern spricht der Redner die Kenntniß mit den Zu⸗ ständen des Volkes nach seiner Geburt, Erziehung, Stellung und Umgebung ab, indem er sich in einer früheren Versammlung aus⸗ gesprochen habe, daß er von sich und seinem Kreise sagen könne, daß gegen das Institut der Geschworenen eine große Abneigung vorherrsche. Die Minister insgesammt seien nur eine Masche in dem Netz der Reaction, welches von St. Petersburg aus über Europa gespannt werde. Staatsrath Linden weist aus den frü⸗ heren Verhandlungen nach, daß er sich nicht so geäußert, wie Schott vorgetragen habe, er habe nur Zweifel erhoben. In Württemberg liegen allerdings Erfahrungen vor, wonach man im Allgemeinen mit dem Institut der Geschworenen zufrieden sein könne, ob es aber in ganz Deutschland der Fall sei, stehe dahin. Prälat von Hau⸗ ber:; Er gehöre zwar auch zu der Bank, auf welcher nach Mohl’'s
Aussage politische Bildung nicht zu finden sei, doch verlange auch er zur Bildung und Helung des Volks freie Ideen. Eine fixe Idee sei aber das Postulat der unbedingten Preßfreiheit. Die Regierung habe in allyeg nicht nur das Recht, sondern die heilige Pflicht gehabt, gegen eine ärgernißgebende Presse Vor⸗ kehrungen zu treffen, und es sei Pflicht der Kammer, die Regie⸗ rung hierin zu unterstützern. Um 2 ¾ Uhr wird auf vielseitigen An⸗ trag die Debatte geschlossen. Es waren noch folgende Redner ein⸗ geschrieben: Gegen den Kommissions⸗Antrag: Probst, Tafel, See⸗ fried, Zimmermann, L. Seeger, Fetzer, A. Seeger, Krauth, Du⸗ vernoyv. Für den Antrag: Freiherr von Ow. Zu persönlichen Bemerkungen erhalten noch Mohl, Prälat von Hafner, Schott, Nestle das Wort. Duvernoy ändert den Antrag der Minorität der Kommission dahin ab, daß statt der Worte: wenn eine gesetz⸗ liche Regelung der Verhältnisse der Presse für nothwendig erachtet werde, gesetzt werde: da äne gesetzliche — erachtet werden muß. Einen weiteren Antrag stellt Wiest von Saulgau, welcher von dem vorigen dadurch abweicht, daß er die Zurücknahme der Verordnung von der Regierung nicht verlangt, wohl aber, daß sie die Regelung der Preßverhälmisse zur Verabschiedung bringe. Zuerst wird abgestimmt über den Antrag des Abgeordneten Schoder. Derselbe wird mit 61 gegen 20 Stimmen abgelehnt. Dafür: Fetzer, A. Seeger, Stockmaler, Rödinger, Ruoff, Tafel, Mohl, Egel⸗ haaf, Winter, Zimmermanz, Süskind, L. Seeger, Seefried, Nüßle, Pfeifer, Probst, Reger, Schoder, Schott, Sigel. Der Antrag von Duvernoy und Reyscher wird mit 50 gegen 31 Stimmen ab⸗ gelehnt. Dafür: A. Secger, Metz, Stockmaier, Nickel, von Haf— ner, Redwitz, Krauth, Goppelt, Rödinger, Ruoff, Tafel, Notter, Duvernoy, Reyscher, Egelhaaf, Steinbuch, Winter, Zimmermann, Süskind, L. Seeger, Platz, Seefried, Springer, Nüßle, Pfeifer, Probst, Reger, Schoder, Schott, Frei, Sigel. Der Antrag von Wiest von Saulgau wird mit 77 gegen 4 abgelehnt; dafür: Gop⸗ pelt, Pantlen, Nestle und Wiest von Saulgau. Schließlich wird der Antrag der Mehrheit der Kommission in fol⸗ gender von Dörtenbach vorgeschlagenen und von der Mehrheit der Kommission genchmigten Fassung: „die Re⸗ gierung zu ersuchen, ein auf dem Grundsatz des Revpressivsystems beruhendes Preßgesetz alsbald zur Verabschiedung vorzulegen oder, wofern dieses nicht geschehen könne, die Verordnung vom 25. De zember 1850 alsbald zur Verabschiedung zu bringen“, mit 46 gegen 35 Stimmen angenommen. Dagegen stimmen: Seybold, A. See⸗ ger, Metz, Stockmaier, Nickel, Prälat von Hafner, Wiest von S., Redwitz, Prälat von Hauber, Krauth, Rödinger, Ruoff, Tafel, Notter, Mohl, Duvernoy, Reyscher, Egelhaaf, Steinbuch, Winter, Zimmermann, Suskind, L. Seeger, Platz, Seefrid, Springer, Nüßle, Pfeifer, Probst, Reger, Schoder, S. Schott, Frei, Sigel. Nächste Sitzung ist am Mittwoch; Tagesordnung: Fortsetzung dieses Berichts.
Braunschweig. Braunschweig, 22. Juni. (D. R. Z.) In der heutigen Sitzung der Abgeordneten⸗Versammlung ward das ganze Gesetz, Abänderungen und Ergänzungen der Gewerbe⸗ und Gildeordnung vom 29. Oktober 1821 betreffend, sammt den von der Kemmission beantragten Veränderungen mit Ausnahme jedoch der Bestimmung, daß die Sattler sich auf dem Lande besetzen dür⸗ fen, mit 36 Stimmen angenommen, eben so das ganze Gesetz, die Unterstützung der hülfsbedürftigen Familien der Land⸗ wehrmänner im Falle eines Ausmarsches betreffend, nach voraufgegangener Genehmigung der zu dem Gesetze pro⸗ ponirten Anträge der Versammlung seitens der Regie⸗ rung. Hierauf ward die Verhandlung über das Gesetz, die vor Eingehung der Ehe einzubringenden obrigkeitlichen Beschei⸗ nigungen betreffend, wieder aufgenommen. Der Berichterstatter erklärt sich Namens der Kommission mit den von der Regierung gewünschten Abänderungen der Vorschläge der Abgeordneten⸗Ver⸗ sammlung einverstanden, wonach vornehmlich die Ertheilung von Trauscheinen auf dem Lande den Herzoglichen Kreis⸗Directionen überwiesen werden soll. Nachdem Rosenthal über diese Be⸗ schränkung der Befugnisse der Kommunal⸗Behörden sein Be⸗ dauern ausgesprochen, hebt Trieps hervor: In der Sache selbst habe einmal derjenige, welcher sich verheiratben wolle, und ferner die Gemeinde, in welcher sich der Heiraths⸗Kandi dat niederlassen wolle, ein Interesse bei der Frage, ob der Trau schein zu ertheilen sei oder nicht. Daß den Gemeinden allein und ohne die Möglichkeit eines Rekurses das Recht, einen Trauschein zu verweigern, zustehen solle, werde Niemand mit Grund verlan⸗ gen können, da die Gemeinde sonst Partei und letzter Richter in einer Person sein würde. Kollisionen zwischen den verschiedenen Interessen würden also jedenfalls von den Staats⸗Behörden aus⸗ geglichen werden müssen. Wenn nun das Gesetz die erste Entschei⸗ dung über Ertheilung des Trauscheins in die Hand der Kreis Direction lege, dabei aber vorschreibe, daß die Gemeinde mit
ihrem Gutachten zuvor gehört werden müssen, daß fer⸗
ner im Falle einer Meinungsverschiedenheit beider Behörden dem Herzoglichen Staats⸗Ministerium die endliche Entscheidung zustehen solle, so begreife er nicht, wie die Gemeinden noch mehr verlangen könnten, um ihre Interessen gewahrt zu sehen. Die Gemeinden seien den Herzoglichen Kreis⸗Directionen in einer ehrenvollen Weise völlig gleichgestellt, und in Kollisionsfällen müßte sich die Kreis⸗ Direction ebensowohl wie die Gemeinden dem Ausspruche des Mi⸗ nisteriums unterwerfen. Nach einer Erwiederung des bei sei⸗ ner Ansicht beharrenden Rosenthal bemerkt Caspari: Er habe sich freilich fruͤher für die ursprüngliche Kommissions⸗ Ansicht bekannt, müsse sich aber der Ansicht anschließen, daß man vollen Grund habe, eher die Regierungs⸗Proposition zu adoptiren, als das ganze Gesetz fallen zu lassen. Auch die Regie⸗ rung habe die Pflicht, nach ihrer besten Ueberzeugung zu handeln, und wenn sie den von ihr vorgezeichneten Weg für den richtigen halte, so sei ihr Festhalten an demselben achtend anzuerkennen. Gegen die Grundsätze der Gemeinde⸗Ordnung verstoße das vorlie gende Gesetz in keiner Weise, da dieselbe der Gemeinde nur eine Mitwirkung bei Ordnung und Verwaltung des Gemeindewesens und der Gemeinde⸗Interessen garantire. Diese Mitwirkung sei den Gemeinden aber auch in diesem Punkte nicht entzogen. Auch Schwannecke spricht sich gegen Rosenthal aus. Bei der Abstim⸗ mung über das ganze Gesetz in seiner durch die letzten Regierungs Propositienen gewonnenen Gestaltung wird dasselbe mit 9 Stimmen Majorität angenommen.
Sachsen⸗Weimar. Weimar, 24. Juni. (W. Ztg.) Am gestrigen Tage wurde durch festlichen Empfang die Ankunft des neuvermählten Fürstlichen Paares, Sr. Hoheit des Prinzen Hermann und Ihrer Königliche Hoheit der Prinzeß Auguste von Württemberg, gefeiert. Vormittags 11 ⅛ Uhr trafen die hohen Rei⸗ senden, nachdem Sie in Gerstungen von dem zu diesem Zweck entgegengesandten Kammerherrn von Seebach bewillkommt wa⸗ ren, in Eisenach ein, woselbst Höchstdieselben von dem Kammer⸗ herrn von Tschirschky und dem Stadt⸗Kommandanten empfan⸗ gen und in das Schloß geleitet wurden. Im Schlosse zu Eisenach wurde das hohe Paar von Ihrer Hoheit der Frau
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Herzogin Bernhard und Ihren Hoheiten den Prinzessinnen Anna und Amalia bewillkommt. Hier waren zugleich der ganze Hofstaat, das Offizier⸗Corps, so wie die höheren Staatsdiener, zum Empfang. versammelt und wurden in der sogleich folgenden Cour vorgestellt. Bei Ihrer Ankunft in der Residenzstadt, um 4½ Uhr, wurden die Herrschaften auf dem Bahnhofe von dem Ober⸗Kammerherrn Gra⸗ fen Werthern und von dem Ober⸗Jägermeister von Hopffgarten empfangen. Eben so wurden Höchstdiesetben hier von einer Depu⸗ tation des Stadtraths, von der Bürgerwehr und der Schützen⸗Com⸗ pagnie bewillkommt. Ein sechsspänniger Galawagen führte das hohe Paar in die Stadt. Demselben folgten Ihre Königlichen Ho⸗ heiten die Frau Herzogin Bernhard, die beiden Prinzessinnen und der Prinz Gyustav. Im Residenzschloß angelangt, wurde das hohe Paar von der Großherzoglichen Familie empfangen, worauf demselben in den Audienzsälen die hohen Staatsdiener, das Offi⸗ zier⸗Corps und das Diplomaten⸗Corps vorgestellt wurden. Unter dem Zudrang des zahlreich versammelten Publikums brachten die Bürgerwehr und die Schützen⸗Compagnie, welche sich auf dem Schloͤßhof aufgestellt hatten, ein mehrmaliges Hoch aus, daß mit freundlicher Begrüßung von dem hohen Paar, welches, begleitet von den Mitgliedern der Großherzoglichen Familie, auf den Balkon trat, erwiedert wurde. Die Freude der heutigen Geburtstagsfeier Sr. Königl. Hoheit des Erbgroßherzogs wird durch die Anwesenheit der hohen Anverwandten doppelt erhöht.
Bremen. Bremen, 21. Juni. (W. Z.) Heute war die letzte Sitzung der Bürgerschaft von 1849. Zufolge einer Mitthei⸗ lung des Senats vom 20. Juni hatte die Gewerbekammer um eine Nachbewilligung nachgesucht, da sie im Interesse des bremischen Gewerbewesens vier Deputirte nach der londoner Industrie ⸗Aus⸗ stellung zu senden beabsichtigt. Der Senat befürwortete dieses Gesuch und beantragte Bewilligung von 850 Rthlr. zu dem bereg⸗ ten Zwecke. Nach kurzer Diskussion trat die Bürgerschaft dem Antrage des Senats bei. Schließlich fuhr man noch in der Be⸗ rathung der Gewerbe⸗Ordnung fort und nahm nach langen Debatten den §. 4 mit 61 gegen 53 Stimmen unverändert an. Derselbe lautet: „Die Eerichtung neuer Innungen, die Ver⸗ einigung mehrerer Innungen in eine einzige, so wie die Fest⸗ stellung oder Abänderung des Privilegiums einer Innung, kann auf dem Wege der Gesetzgebung jederzeit erfolgen. Namentlich sollen zu Innungen vereinigt werden: die Blau⸗ und Schönfärber, die Bürstenmacher, die Konditoren, die Grobbäcker, die Hand chuhmacher, die Maler, die Messerschmiede, die Mühlen⸗ und Ma⸗ schinenbauer und Mechaniker, die Müller, die Schirmmacher, die Schweineschlächter, die Spiegelmacher, die Bildhauer und Vergol der, die Steinhauer, die Uhrmacher, wenn von diesen Handwerkern die Mehrheit derjenigen, die das gleiche Gewerbe für eigene Rech⸗ nung betreiben, darauf anträgt.“ Der Präsident bemerkte, indem er die heut’'ge Sitzung schloß, daß er sich eigentlich vorbehalten hatte, auf die Wirksamkeit der Bürgerschaft während der zwei Jahre einen kurzen Rückblick zu thun. Der Stellung, welche ein Präsi⸗ dent der Bürgerschaft einnehme, wäre es aber wohl nicht ange⸗ messen, vor leeren Sitzen (es waren nur noch 101 Vertreter anwe send) einen längeren Vortrag zu halten; er beschränkte sich dahen darauf, den Wunsch auszusprechen, daß das, was die Bürgerschaft gethan habe, möge es nun beurtheilt werden, wie es wolle, dem Staat zum Segen gereichen, daß die nächste Bürgerschaft in ihren Bestrebungen glücklicher sein möge, als es diese Bürgerschaft in mancher Beziehung gewesen sei.
Musland.
Oesterreich. Venedig, 22. Juni. 8' · mittag ist Ihre Majestät die Kaiserin Maria Anna auf ihrer Reise nach Parma in Mestre angekommen und hat Nachmittags die Reise nach Verona im besten Wohlsein mitteist der Eisenbahn fort gesetzt. Se. Hoheit der Herzog von Braunschweig ist heute mit dem Dampfschiff „Dalmato“ nach Triest gereist, von wo er sich nach Wien verfügen wird.
Frankreich. Gesetzgebende Versammlung. Sitzung vom 23. Juni. Den Vorsitz führt Lacrosse. Maréchal begehrt das Wort über das Protokoll der Sonnabendssitzung. Er prote stirt gegen die Behauptung Testelin's von diesem Tage, daß er je in einem Klub und namentlich im Saale Mariel Reden gehalten habe. Testelin schiebt das Mißverständniß auf ven Moniteur und erklärt, er habe in der That einen anderen Maréchal genannt. Rechts: „Welchen?“ Testelin: „Den Redacteur des Ami du Peuple, welchen die Majorität subventionirt, damit er täglich gegen die Republik schreiben kann.“ Vesin bezrichnet dies als eine Be⸗ leidigung der Majorität und fordert Erklärungen. Testelin ent⸗ gegnet, wenn Jemand noch nicht befriedigt sei, möge er sich nur privatim an ihn wenden, wo er dann alle möglichen Erklärungen erhalten solle. (Großer Lärm.) Der Präsident erklärt diese Worte für eine Herausfordrrung und ruft Testelin zur Ordnung. Testelin spricht ein paar Worte von seinem Plabe. Rechts: „Censur! Censur!“ Destelin bemerkt, wenn man ihn hätte aus⸗ reden lassen, so würde man erfahren haben, daß er keine Her⸗ ausforderung brabsichtigt hͤabe, sondern hinzufuͤgen wollte, er werde seine Erklärungen auch auf Namen von Per⸗ sonen ausdehnen. c-- einen unverdienten Ordnungsruf am Sonnabend. Das Protokoll wird angenommen. Wie gewöhn’ich werden Petitionen niederge⸗ legt. An der Tagesordnung ist die erste Berathung uber Chapot's Antrag in Bezug auf Ausubung des Petitionsrechtes. Laurent (de l'Ardèche) bekämpft den Antrag als eine völlige Vernichtung des Petitionsrechtes. Namentlich ungerecht erscheint ihm die Be⸗ stimmung, welche Frauen nur wegen Beschwerden über Privatsachen zum Petitionsrechte zulasse, daher eine Rolland oder Staël des Petitionsrechtes berauben würde. Blavoyer, Mitglied der Kom⸗ mission, vertheidigt das Gesetz als eine kinesweges be⸗ schwerliche Regelung des Petitionsrechtes. TT69, rardin glaubt, Chapot thue mit seiner Regelung noch nicht genug, er geht daher weiter und verlangt Abschaffung des Petitionsrechtes. Stimmen rechts: „Es steht ja in der Ver⸗ fassung.“ Girardin: „Man handelt so of, gegen die Verfassung, daß ich wohl einmal gegen das Petitionsrecht sprechen kann.“ Er betrachtet es als ein Ueberbleibsel der Monarchie. Man stelle das allgemeine Wahlrecht wieder her, und das Petitionsrecht sei unnütz. Der Redner liest einen Artikel des National, demzufolge der Präfekt der Nieder-Alpen den Unterpräfekten seines Departements Befehl gegeben hätte, zu Revisions⸗Petitionen aufzufordern. Es stimme dies, sagt er, schlecht zur Botschaft vom 12. November, in welcher der Präsident erklärt habe, er allein könne die Revision der Ver⸗ fassung nicht verlangen. Er verliest endlich ein Cirkular eines Unter⸗Präfekten an die Nationalgarden seines Bezirkes, sie sollten Präsidentschafts⸗Verlängerung fordern und dem Neffen des Kaisers ihre Waffen zur Verfügung stellen. Berichterstatter Bauchart sucht das Gesetz zu vertheidigen, indem er es ebenfalls eine Rege⸗
lung und Moyralisirung des Petitionsrechtes nennt. Eine zweite Berathung wird beschlossen; hierauf wird der Antrag auf Abände⸗ rung der Jagdpolizei bezüglich der Jagd⸗Erlaubnißscheine diskutirt und dann die Sitzung geschlossen.
Paris, 23. Juni. Bei der gestrigen Revue auf dem Mars⸗ felde, welche ein glänzendes militairisches Schauspiel bot, vernahm man keinen einzigen Ruf aus den Reihen der Armee. Die De zembristen aber begleiteten den Präsidenten vom Elysee an mit dem Ruf: Es lebe der Kaiser! welcher von anderer Seite mit dem Ruf: Es lebe die Republik! erwiedert wurde. Unmittelbar vor dem Marsfelde stimmten auch zwei Nationalgardisten in Uniform in letzteren Ruf ein. Darüber kam es zu einem Konflikt zwischen diesen und den Dezembristen, der erst durch die Dazwischenkunft - eines Offiziers aus dem Stabe des Präsidenten beendigt wurde. Die anwesenden Stadt Sergeanten verhafteten die Nationalgardisten und führten sie nach dem Wachtposten der Pompe Chaillot. Die Blätter bemerken, der Präsident habe gestern zwar wieder die Uniform eines Generals der Nationalgarde getragen, man habe aber auf seinem Hute den Federbusch vermißt. Nach der Revue vertheilte er 15 Ehrenlegions⸗ Kreuze, darunter zwei an Offiziere, welche im Jahre 1848 das Chateau d'Eau vor dem Palais Royal gegen das aufrührerische Volk vertheidigten
Während Herr Dupin, der Präsident der National⸗Versamm⸗
lung, in seinem pariser Organe erzählen lirß, er begebe sich nur zur Besichtigung der Industrie⸗Ausstellung nach London, erzählt ein Blatt seiner Heimat, das Journal de la Nicvre, Dupin hatte die Königliche Familie in Claremont schon im voraus benachrichtigen lassen, daß er sich nach England in der Absicht begeben werde, das Grab des Königs Ludwig Philipp zu besuchen. Er habe einen ganzen Tag in Claremont zugebracht, an der Tafel seien alle Mit⸗ glieder der Familie Orleans, auch die Kinder, gegenwärtig gewe⸗ sen. Der ehemalige Flügel⸗Adjutant Ludwig Philipp's, General Dumas, habe ihn auf Befehl der Königin nach der Gruft zu Weybridge geleitet. Im neuen Parlaments⸗Gebäude zu London sei sein Führer das Parlaments⸗Mitglied Ellice gewesen, bei wel⸗ chem auch Thiers während seiner letzten Anwesenheit in England gewohnt. 1 Der Kriegsminister hat verordnet, daß die 1851 ausdienenden Militairs sogleich von den Cadres der effektiven Armee gestrichen, die 1852 ausdienenden aber sofort auf Urlaub gesetzt werden. Es werden daher Urlaubsbewilligungen ertheilt für jedes Infanterie⸗ Regiment 90, selbstständiges Bataillon 30, Kavallerie⸗Regiment 15. Eine Ausnahme macht die erste Militair⸗Division, Paris und die angränzenden Departements, in welcher nur für jedes Iufanterie⸗ Regiment 40, selbstständiges Bataillon 15, Kavailerie⸗Regiment 10 Mann beurlaubt werden dürfen.
Ein Antrag auf Vertagung der Nationalversammlung während zwei Monaten, vom 1. September bis 1. November, soll nächstens eingebracht werden. In der letzten Partei⸗Sitzung der Rue des Pyramides wurde auch vie Frage der Vertagung der National! Versammlung verhandelt. Man war einstimmig über die Nothwendig keit, daß die National⸗Versammlung ihre Arbeiten einige Zeit unter breche. Nur über den Zeitpuntt war man verschiedener Meinung. Einige wollten die Vertagung unmittelbar nach der Revisions⸗De⸗ batte, Andere aber erst nach der Annahme des Budgets. Auch ge⸗ gen die Ernennung einer permanenten Kommission wurden Einwen⸗ dungen erhoben, und mehrere Mitglieder vertheidigten die Ansicht, es solle blos das Büreau der National⸗Versammlung mit der Vollmacht zur eventuell nöthigen Einberufung der Kammer verse⸗ hen werden.
Der Minister des Auswärtigen will unmittelbar nach Annahme der Verträge Leprédour einen Kredit zur Organisirung einer fran⸗ zösischen Gesandtschaft in Buenos⸗Ayres fordern.
Die Avignoner Bahn ⸗Kommission hat heute beschlossen, es solle auch die Bahnstrecke Lyon-⸗Avignon provisorisch vom Staate ausgeführt werden.
An Unterschriften für die Verfassungs⸗Revision hat das allge⸗ meine Revisions⸗Comité in Paris (Pexin Lehalleur) bis jetzt 8000, die Wahl⸗Union 20,000 aufgebracht. Von diesen 28,000 Unter⸗ schriften kömmt die Hälfte mit 14,000 auf die Bannmeile.
In der Angelegenheit des Amtsverkaufes sind gestern der frü⸗ here Präsident der Gesellschaft des zehnten Dezember, Gallix, und der frühere Direktor der Gobelins, Larvocat, vernommen worden. Der Repräsentant Lemulier erklärt, er habe seine Demission nur deswegen noch nicht gegeben, um, falls die richterliche Untersuchung seitens der Regierung und die Verleumdungsklege gegen Carlier, Forcade und Virmaitre nicht zur gewünschten Aufklärung führen sollten, in seiner Eigenschaft als Repräsentant eine parlamentarische Untersuchung verlangen zu können, die man ihm dann gewiß nicht verweigern würde.
Man verfaßt gegenwärtig eine ausführliche Arbeit über die Ehrenlegion, welche der National⸗Versammlung bei Gelegenheit der Budgetdebatte vorgelegt werden wird.
Die Reclamationen des Gesandten in Washington, de Sar⸗ tiges, wegen der Beschlagnahme französischer Schiffe in Kalifornien betragen angeblich nicht 12 Millionen, wie amerikanische Korre⸗ spondenzen berichten, sondern eine weit geringere Summe.
Der päpstliche Nuntius Garibaldi hatte gestern eine lange Konferenz mit Baroche, dem Minister des Auswärtigen. Auch Lord Normanby hatte gestern eine längere Konferenz mit dem Mi⸗ nister Baroche.
Die Union, Berryer's Organ, spricht sich heute indirekt, durch Billigung des Vatismenilschen Berichts über die Gemeindeordnung, abermals für Beibehaltung des neuen Wahlgesetzes aus.
Paris, 24. Juni. (K. Z.) Im Revisions⸗Comité erklärte sich der Herzog von Broglie fur eine freie Revision und gegen den Bericht für eine monarchische oder republikanische Revision. Die Vorschläge der Abgeordneten Creton und Larabit sind zurückgewie⸗ sen und diejenigen des Vereins der Rue des Pyramides vertagt worden. Die Petitionen aus funfzig Departements ergeben 256,664 Unterschriften fur eine reine Revision, 184,431 für Revi⸗ sion und Verlängerung der Präsidentschaft, ferner 10,160 für bloße Präsidentschafts⸗Verlängerung.
Großbritanien und Irland. London, 23. Juni. Die Königin, Prinz Albert und ihre belgischen Gäste besuchten am Sonnabend in den Morgenstunden die Ausstellung. Zu gleicher Zeit war auch die verwittwete Königin Amalie im Gebäude. Heute Mittags war große Parade im Hydepark, welcher der König der Belgier beiwohnte.
Der bisherige englische Gesandte in Griechenland, Edmund Lyons, steht im Begriff, in gleicher Eigenschaft nach Stockholm ab⸗ zugehen. 1
Falls die gegenwärtigen Minister auch in der nächsten Session noch im Amte sein sollten, würden sie, heißt es, eine Wahlreform G um die Opposition der Protectionisten vollends zu
rechen.
ZJItalien. Turin, 18. Juni. (Ll.) Die Frage über die Kompetenz des Senates in Finanz⸗Angelegenheiten schien ernsthaft werden zu wollen. Im Namen des Senates eröffnete Herr Briani mit einer Broschüre unter dem Titel: „das Statut und seine Aus⸗ leger“, eine energische Polemik gegen Professor Melegri, der so⸗ wohl im Risorgimento, wie von der Kanzel herab, das Prin⸗ zip der Inkompetenz vertheidigte. Der Senat legte diesen Streit, der ihn nachgerade doch zu inkommodiren anfing, dadurch gewisser⸗ maßen bei, indem er durch die Annahme des Erbschafts⸗Besteue⸗ rungsgesetzes den weiteren unliebsamen Erörterungen vorbeugte.
Das sanctionirte Gesetz wegen Aufhebung des Zehnten für die Insel Sardinien ist bereits erschienen.
Der Zudrang zu den Unterschriften für die 18,000. Staats⸗ Obligationen war wieder so groß, daß die Bank nicht Allen genu⸗ gen konnte und man zur Erleichterung der Zahlungen eine zweite Bank öffnen mußte. Bis zum Sonnabend waren zusammen 641 Erklärungen für 5283 Stück Obligationen eingegangen. Das Ge⸗ rücht von einer Termins⸗Prorogation zum Verzeichnen der steuerba⸗ ren Fabrikate wird von der Gaz. Piemontese in Abrede gestellt.
Von den drei Kriegsschiffen, die man gegen Villafranca, um den störrischen Nizzarden zu imponiren, abgeschickt glaubte, wird nicht mehr gesprochen, indessen haben wieder die größten sechs Kriegsschiffe den Befehl erhalten, sich zum Auslaufen bereit zu halten. Das Kommando hierüber war dem Grafen Persano zuge⸗ dacht, der bekanntlich das Schiff mit den piemontesischen füͤr die londoner Industrie-Ausstellung bestimmten Gegenständen auf eine Sandbank auffahren ließ, hierüber einen Prozeß bekam, aber frei⸗ gesprochen wurde. Der Graf entschuldigte sich mit seinem sechs⸗ monatlichen Urlaub, den er nun anzutreten wünsche.
Das Portefeuille der Justiz ist nun schon seit drei Monaten unbesetzt, nach Herrn Sieccardi will sich Niemand zur Uebernahme desselben entschließen. Das Kabinet soll zu wiederholten Malen mit Siccardi deswegen unterhandelt haben, aber es wird versichert, daß die Gewissensbisse über den von ihm herbeigeführten Zwiespalt zwischen Staat und Kirche ihm nicht mehr erlauben, sich an der Politik weiter zu betheiligen.
Der Courrier des Alpes veröffentlicht das Urtheil des Appellations⸗Gerichtshofes gegen die neun wegen des bekannten Un⸗ fuges bei Veranlassung eines Begräbnisses in Ciamberi am 10. Fe⸗ bruar d. J. verhafteten Personen; es lautet gegen einige auf fünf, gegen andere auf drei und auch auf ein Jahr Arrest.
Mit unermuͤdlicher Thätigkeit verfolgt das Militair im Kirchen⸗ staate die noch zurückgebliebenen versprengten Räuber, die in man⸗ chen Gegenden noch ihr Unwesen treiben. Nächst Bologna in dem Orte Belvedere haben sich bei Annäherung einer Militair⸗Abthei⸗ lung sechs solcher Individuen in einem Hause verschanzt, feuerten aus ihren Doppelgewehren durch die Fenster und unterhielten einen verzweifelten Kampf mit den Soldaten; es gelang ihnen zuletzt, mit Hinterlassung eines Todten zu entfliehen, einen Schwerverwundeten aber mit sich fortzutragen. Dieser Todte wurde als Felice Scheda, Felicione, auch Anguillone genannt, auf dessen Kopf als eines der berüchtigtsten aus der Bande des Passatore, eine Prämie von 500 Scudi ausgesetzt war, erkannt. An dem Todten fand man kostbare Ringe und in dem Hause, wo diese Räuber Nahrung verlangten, verschiedene Gegenstände von Werth, einige Waffen und Munition.
Das Gerücht von der Unterhandlung eines Konkordats zwischen Rom und dem Herzoge von Parma erhält eine immer größere Be⸗ stätigung. Unter den vorzüglichsten Punkten desselben wird die An⸗ erkennung der Rechte dieses Fürsten auf Parma sein, denn bekannt⸗ lich hat die römische Kurie bis jetzt den Besitz dieses Theiles vom Kirchenstaate durch keinen wie immer beschaffenen legalen Akt einer Verzichtleistung ausgesprochen.
Rom, 15. Juni. (Ll.) Der Osservatore Romano be⸗ richtigt das von der Ankunft eines neuen französischen Jägerbatail⸗ lons verbreitete Gerücht als einen Irrthum, welcher dadurch ent⸗ stand, daß man einige zurückgebliebene Jäger von Vincennes, die wegen Unpäßlichkeit ihrem respektiven Corps nicht folgen konnten, für die Erwarteten hielt; das besagte Bataillon wird jedoch, ver⸗ läßlichen Nachrichten zufolge, erst gegen Ende des laufenden Mo⸗ nats in Rom eintreffen.
Mit der Anleihe zur Tilgung des Papiergeldes scheint es nicht sehr wünschenswerth zu gehen, da der Monat April nicht einmal 4000 Scudi einbrachte; es scheint sonach, daß man mit Ende des Jahres zur Zwangsanleihe werde schreiten müssen.
Spanien. Madrid, 18. Juni. (Fr. B.) Die Nach⸗ richt der Epoca, es wollten mehrere Minister im Falle einer Ver⸗ tazung der Corntes noch vor derselben den Schuldregelungs⸗Entwurf erledigt wissen, ist unverburgt. Die Mitglieder der Majorität ha⸗ ben eine Versammlung gehalten, um sich wegen Wahl der Kom⸗ mission für den Schuldregelungs⸗Entwurf zu besprechen. Fünf Mitglieder der früheren Kommission wurden beibehalten. Als neues Mitglied nennt man Congo Arzuelles und als wahrscheinlichen Er⸗ satzmann des Grafen Vilches den Deputirten Miota. 2
Der Text des Konkordats mit dem heiligen Stuhle ist auf das Büreau des Senats zur Einsicht vor der Diskussion niederge⸗ legt worden.
Vorgestern gegen Ende der Sitzung der Deputirtenkammer begann die Debatte über den Antrag des Deputirten Manuel Ber⸗ mude; de Castro, oder eigentlich über das Mißtrauensvotum gegen das Ministertum. Bermudez de Castro beschuldigte dasselbe na⸗ mentlich der Willkür und Gewaͤltthärigkeit bei den letzten Wahlen. Ihm antwortete der Minister des Innern, Bevctran de Lys. Er meinte, das gegenwärtige Ministerium werde thun, was alle Mini⸗ sterien thun müßten, die sich der Angriffe der periodischen Presse erwehren wollten. Solle man nicht strafen, wenn
satirische Journale die Minister und die Cortes lächerlich machten? Er sei ein Freund der Preßfreiheit, aber der beschränkten. Darum wolle er ein äußerst strenges Preßgesetz, um die periodische Presse zu retten. Aus demselben Grunde wolle er auch die Beschrän⸗ kung gewisser politischer Rechte im Interesse des Repräre⸗ sentativsystems. Das Ministerium werde sich in seinem Wirken zum allgemeinen Besten nicht beschränken lassen. Die gestrige Sitzung der Deputirten⸗Kammer war sehr stürmisch. Bermudez de Castro und Bravo Murillo, namentlich aber Letzterer, entwickelten eine ungewöhnliche Heftigkrit. Das von 18 Deputirten unterzeichnete Mißtrauensvotum wurde verlesen und soll morgen weiter diskutirt werden. Die genannten Herren warfen sich vor⸗ läufig heute Lügen und Unehrlichkeit vor.
Ein Königliches Dekret genehmigt die Demission des Her⸗ zogs von Rivas und ernennt an seine Stelle zum Vice⸗Präsiden⸗ ten des Senats den Marquis Someruelos.
Der Clamor publico ist heute abermals von der Polizei mit Beschlag belegt und der Satz der Nummer von Polizei⸗Agen⸗ ten vernichtet worden.
Markt⸗Berichte.
Berliner Getraidebericht vom 26. Juni. Am heutigen Markt waren die Preise wie folgt: Weizen loco nach Qualität 57 — 63 Rthlr. im Detail 58 — 63 Rthlr. 88Spfd. bunt. poln. 60 Rthlr., 87pfd. hochb. bromberger 60 ½, 89 pfd. hochb. guhrauer 62 bez.
Roggen loco nach Qualität 39 — 41 Rthlr. — im Detail 40 — 42 Rthlr. schwimmend 87 Pfd. 9löth. 40 ¾ Rthlr. bez. pr. Juni 38 ½ Rthlr. bez. 1 Juni /Juli 37 ½, 38 a 38 Rthlr. bez., 38 ⅞ Br., G. Juli /Aug. 39 Rthlr. bez. u. Br., 38 ¼ G.
Aug. 7Sept. 39 ½ Rthlr. bez. u. Br., 39¼ G. Sept./Okt. 39 ½ a 40 Rthlr. bez., 40 Br., 392 Okt. /Nov. 40 Rthlr. Br., 39 ½ bez. u. G. werste, große 31 — 33 Rthlr. „ kleine 29 — 30 Rthlr. Hafer loco nach Qualität 29 — 30 Rthlr. „ schwimmend 48/50pfd. 29 — 30 Rthlr. Erbsen, Koch⸗ 42 — 44 Rthlr., Futter⸗ 38.—40 Rthlr Raböl loco 10½ Rthlr. Br., 10 ¼ bez., 10½ G. pr. Juni 10 ⁄⅞ Kthlr. Br., 10 G. Juni/ Juli Juli/ Aug. 105 Rthlr. Br., 10 ¼ G. August/Sept. 10 ½ Rthlr. Br., 105 G. Sept. /Okt. 10 a 8 Rthlr. bez., 10 ½ Br., 46 Okt./ Nov. 10 ¾⅞ Rthlr. Br., 10 G. Nov./Dez. 10³3, Rthlr. Br., 10 ⁄2 G. veinöl loco 11 ⅔f0 Rthlr. Br., 11 ⅜ G. „ Lieferung 11 ½ Rthlr. Br., 112
mohnöl 13 a 12 ½ Rthlr.
Hanföl 13 ½ Rthlr.
Palmöl 11 ¼ Rthlr.
Südsee⸗Thran 11 ½ Rthlr.
zpiritus loco ohne Faß 17 Rthlr. bez.
8 mit Faß pr. Juni 16 ½¾ a ⁴ Rthlr. Juni / Juli 16 ¾ a ½ Rthlr. Br., ½ Juli Aug. 16 ½ Rthlr. Br., 16½ G. “ Aug./Sept. 16 ½ Rthlr. bez., 16 ⁄ a 4 Br., 16 ⁄½⁄½ „ G6 1 1 Sept. Okt. 16 ½ Rthlr. bez., 16½ Br., 16 ½ a 12
Wetter: stark bezogener Himmel und kühl.
Geschäftsverkehr: nicht bedeutend.
Weizen: weniger Umsatz.
Roggen: bei steigenden Preisen blieb der Verkehr beschränkt.
Hafer: wieder steifer gehalten. 3
Ruböl: spätere Termine höher bezahlt, und auch sonst etwas
beachteter. Spiritus: loeo und laufender Termin in fester Haltung, spätere ohne erhebliche Aenderung. —
Woll⸗Berichte.
Stralsund, 21. Juni. Das in diesem Jahre hierher ge⸗ brachte und hier verwogene Wollquantum hat 4473 Centner 100 Pfund betragen, und sind außerdem noch etwa 700 Centner für Rechnung der Produzenten von hier nach Stettin gesandt worden. Von jenem Quantum wurden auf dem hiesigen am 14ten und 12ten d. M. abgehaltenen Wollmarkte etwa 1000 Centner zum Verkauf gestellt. Das übrige Quantum von jenen 4—5000 Centnern war bereits vor dem Markte von den Produzenten an Fabrikanten und Spekulanten verkauft worden.
Der die jährige Marktpreis der Wolle hat sich um 2 ½ bis 5 Riählr. pro Centner höher als im vorigen Jahre gestellt und sind 57 ½ bis 62 ½ Rthlr., für einen kleinen Theil 65 Rthlr. pro Centner, gezahlt worden.
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Königliche Schauspiete
Freitag, 27. Juni. Im Opernhause. 10 lste Schauspielhaus⸗ Abonnements⸗Vorstellung: Wilhelm Tell, Schauspiel in 5 Abth., von Schiller. Anfang 6 Uhr.
Kleine Preise: Fremden⸗Loge 2 Rthlr. Erster Rang und Balkon daselbst, inkl. der Prosceniums⸗Logen daselbst und am Orchester 1 Rthlr. Parquet, Tribüne, Parquet⸗Loge und Prosce⸗ nium des zweiten Ranges 20 Sgr. Zweiter Rang 15 Sgr. Dritter Rang und Balkon daselbst 12 ½ Sgr. Parterre 15 Sgr. Amphitheater 7½ Sgr.
Sonnabend, 28. Juni. Im Schauspielhause. 102te Abonnements⸗ Vorstellung: Prinz Friedrich von Homburg, Schauspiel in 5 Abth., von H. von Kleist.
Konigsestädtisches Theater.
Freitag, 27. Juni. Gast⸗Vorstellung der jungen Tänzerin⸗ nen, in 3 Abtheilungen. Vor dem ersten Stück: Allemande. Vor dem zweiten Stück: Großes Tanz⸗Potpourri, bestehend in 11 Na⸗ tional⸗ und Charakter⸗Tänzen. 1) Cachucha. 2) Schweizer Pas de deux. 3) Tarantella⸗Pas de deux. 4) Tyroler Pas de deux. 5) Masurka, ausgeführt von 16 Tänzerinnen. 6) Krakovienne, Soleotanz. 7) Linzer Pas de deux. 8) Polnisches Pas de deux. 9) Polka-Pas de quatre. 10) Ungarisches Pas de deux. 11) Stey⸗ rischer National⸗Tanz. Der Schluß von gesammten Tänzerinnen ausgeführt. Nach dem zweiten Stück und zum Schluß: Pas de lHleurs. (Sämmtliche Tänze komponirt von Frau Josephine Weiß.) Dazu: Caprice aus Liebe, Liebe aus Caprice, Lustspiel in 1 Akt, von Foodor Wehl. Und (neu einstudirt): Das Fest der Hand⸗ werker, Vaudeville in 1 Akt, von L. Angely.
Anfang 6 ½ Uhr. 1 1
Preise der Plätze: Ein Platz in den Logen und im Balkon des ersten Ranges 1 Rthlr. ꝛc.
Sonnabend, 28. Juni. Gast⸗Vorstellung der jungen Tänze⸗ rinnen. Dazu: Pantoffel und Degen, Lustspiel in 3 Aufzügen, frei nach Schröder, von Franz von Holbein.
Sonntag, 29. Juni. Vorletzte Gast⸗Vorstellung der jungen Tänzerinnen, in 4 Abtheilungen. Dazu: Preciosa. 1
Montag, 30. Juni. Letzte Gast⸗Vorstellung der jungen Tän⸗ zerinnen, in 4 Abtheilungen. Dazu: Preciosa. 7
Mit dieser Vorstellung wird das Königsstädtische Theater für lyrische und dramatische Darstellungen geschlossen.
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