1852 / 180 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

11.““

““ 11“ ö 8— 8, 1“ Erkenntniß des rheinischen Revisions⸗ und Cassations⸗ hofes vom 11. Mai 1852 den Thatbestand der 1“ Arbeitsscheu betreffennd.

Der Schriftseter M. in C., 23 Jahr alt, soll am 15. Augu v. J. bettelnd betroffen und dieserhalb polizeilich bestraft worden sfein. Am 18. August wurde er poltzeilich aufgefordert, binnen acht Tagen nachzuweisen, daß er sich ein Unterkommen verschafft, oder doch aller angewandten Mühe ungeachtet nicht vermocht habe, sich ein solches zu verschaffen. Am 26. Oktober v. J. von neuem vorgeladen, um sich über die Resultate seiner Bemühungen auszuweisen, erklärte er: einen und einen halben Monat am Rhein gegen Tagelohn von 15 Sgr., seit acht Tagen gegen Tagelohn von 11 Sgr. am neuen Hafen gearbeitet zu haben. Diese Angaben sollen nach einem Vermerk des Polizei⸗Kommissars mit der Wahrheit nicht übereinstimmen, und er ist deshalb der Ober⸗-Prokuratur zur Bestrafung wegen Arbeitsschtu angezeigt worden.

Der beauftragte Gerichtsvollzieher hat denselben in seiner Wohnung ordnungsmäßig vorgeladen, der Beschuldigte ist jedoch nicht erschienen und in contumaciam mit Anwendung der §§. 119 und 120 des Strafgesetzbuchs zu Gefängnißstrafe von einer Woche und in die Kosten verurtheilt worden, auch ward verordnet, daß derselbe nach ausgestandener Strafe in eine Corrections⸗Anstalt ab⸗ geführt werde.

M. hat rechtszeitig die Berufung ergriffen, und obwohl er in dem anberaumten Termine abermals ausblieb, so hat dennoch die Appellationskammer des Landgerichts zu N. reformatorisch auf Frei⸗ sprechung erkannt. Die Erwägungsgründe lauten wie folgt:

„In Erwägung, daß der Appellant, obgleich durch Akt des Gerichtsvollziehers vom 6ten d. M. gehörig vorgeladen, in der heutigen Sitzung nicht erschienen ist;“

1 „In Erwägung, daß aus einer Combination der §§. 117 bis 120 des Strafgesetzbuchs sich unzweifelhaft ergiebt, daß der

bloße Müßiggang ohne Konkurrenz eines sonstigen, zu die⸗

sen Paragraphen aufgezählten, hier nicht artikulirten Umstandes

nicht bestraft werden kann und Appellant eine feste Wohnung E“

Gegen dieses am 12. Februar d. J. gesprochene Urtheil hat das öffentliche Ministerium den Kassations⸗Rekurs ergriffen und zu dessen Rechtfertigung Folgendes angeführt:

„Das Motiv des ersten Urtheils enthält einen allgemeinen Satz: a) daß nämlich zur Anwendbarkeit der §§. 117 120 des Strafgesetzbuchs mit dem Müßiggange noch ein sonstiger in diesen Paragraphen aufgezählter Umstand koͤnkurriren müsse, und einen besonderen; b) daß eine feste Wohnung die Anwendung des §. 119 Nr. 3 ausschließe.“

„Der erste dieser Sätze ist richtig, dient aber nicht zur Recht⸗ fertigung des Urtheils-Dispositivs; der zweite ist unrichtig. In dieser Beziehung ist nur hervorzuheben, daß schon bei der An⸗ wendung des §. 6 Nr. 3 des Gesetzes über die Bestrafung der Landstreicher ꝛc. vom 6. Januar 1843 (Gesetz⸗Sammlung S. 19), welchem mit Erhöhung der Strafe der §. 119 Nr. 3 a. a. O. ent⸗ nommen ist, einzelnen abweichenden Meinungsäußerungen gegen⸗ über die naturgemäße Ansicht überall durchgedrungen ist, daß das „Unterkommen“ ein von dem Besitze einer festen Wohnung im ge⸗ wöhnlichen Sinne des Wortes völlig verschiedener und unabhängi⸗ ger Begriff sei, und Jemand ebensowohl eine Wohnung z. B. eine werthlose Hütte oder Schlafstelle ohne ein „Unterkommen“, wie umgekehrt ein Unterkommen ohne eine feste Wohnung haben könne. Jedenfalls gehört zum Unterkommen noch Anderes als eine bloße Wohnung, und das Gewicht, welches die Correctionell⸗Appel⸗ lationskammer auf die Angabe der Qualität des Cassationsverklag⸗ ten in den polizeilichen. Protokollen: „in hiesiger Stadt wohnend“ gelegt hak, ist schon deshalb für seine Entscheidung unzureichend.“

„Die Verbindung des ersten, in abstracto richtigen Satzes seiner Motivirung mit der Entscheidung hat der erste Richter durch die Annahme herzustellen versucht, daß außer dem bloßen Müßig⸗ gange kein sonstiger in den §§. 117, 120 des Strafgesetzbuches auf⸗ gezählter Umstand artikulirt worden sei. Auf den ersten Blick könnte es nun zwar scheinen, diese Annahme sei eine faktische, mithin im Cassationswege unangreifbar, allein die Einsicht der Akten und der Zusammenhang dieses Satzes mit dem zu b. eben Erörterten ergiebt klar, daß dieselbe nur eine unrichtige Auslegung der §§. 117 —120, dee des §. 119 Nr. 3, worauf die Anschuldigung beruht, 4 Unterstellung enthält, dieses Gesetz erfordere zur An⸗ wendugg ver angedrohten Strafe Umstände, welche es in der That nicht erfordert, z. B. den Mangel einer Wohnung und etwa noch andere, deren Bezeichnung uns die Correktionell-A5llat; r

lbi vlieb ze g uns die Correktionell⸗Appellationskammer schu ig geblieben ist, so daß sich nicht feststellen läßt, welche Um⸗ stände denn ihrer Ansicht nach die Anschuldigung noch hätte artiku⸗ liren sollen. Die wirklich artikulirten Umstände bestehen darin: „daß der Cassations⸗Verklagte vor und am 18. August v J. kein Unterkommen gehabt hat;“ .

emselben an diesem Tage eine achttägige Frist zur Be⸗ schaffung eines solchen oder des Nachweises seiner Bemü⸗ hungen darum von der Orts⸗Polizeibehörde dahier be⸗ stimmt worden ist;“ daß er diese als fruchtlos verstreichen ließ.“

Alle diese Umstände hat auch der Cassations⸗Verklagte, dessen Angabe bei der Polizeibehörde, er wohne bei seinem Vater, außer⸗ dem sich als unwahr herausgestellt hatte, selbst durch sein Ausblei⸗ ben in beiden Instanzen stillschweigend zugestanden; sonstige Um⸗ stände verlangt der §. 119 Nr. 3 offenbar nicht zur Bestrafung; die Correctionell⸗Appellationskammer hat daher diesen Paragraphen durch das Verlangen noch anderer Umstände für seine Anwendbar⸗ keit verletzt.“

Der Antrag geht auf Cassation des angegriffenen Urtheils und Verwerfung der Berufung. b“

In Erwägung, daß der §. 119 des Strafgesetzbuchs, in Uebereinstimmung mit dem früheren Recht (Gesetz vom 6. Ja⸗ nuar 1843, §. 6), denjenigen mit Gefängniß von einer Woche bis zu drei Monaten bestraft, welcher nach Verlust seines bishe⸗ rigen Unterkommens binnen einer von der Orts⸗Polizeibehörde zu bestimmenden Frist sich kein anderweites Unterkommen verschafft hat, und auch nicht nachweisen kann, daß er solches aller ange⸗ wandten Bemühungen ohngeachtet, nicht vermocht habe;

daß der Ausdruck „Unterkommen“ sich nicht auf den Besitz

einer Wohnung beschränkt, sondern allgemein „die Mittel zu dem Unterhalt“ begreift, wie sowohl aus dem §. 117 und dem übrigen Theil des §. 119, als auch aus dem Zweck dieser Straf⸗ bestimmung hervorgeht, indem arbeitsfähige Personen für die öffent⸗ liche Sicherheit gefährlich erscheinen, wenn sie nicht die Mittel zu ihrem Unterhalt besitzen und sich auch nicht bemühen, dieselben durch Arbeit zu erwerben;

daß in der Vorladung vom 9. Dezember v. J. die Beschuldi⸗ gung dahin artikulirt wird, daß der Kassations⸗Verklagte der ihn. durch den Polizei⸗Kommissar gewordenen Aufforderung, sich inner⸗ halb acht Tagen ein Unterkommen zu verschaffen, nicht nachgekom⸗ men sei, und hierin die zur Anwendung des §. 119 Nr. 3 erfor⸗ derlichen Momente vollständig enthalten sind, nämlich Mangel des Unterkommens, Aufforderung der Polizei⸗Behörde, sich dasselbe zu verschafen, und unterlassene Führung des vorgeschriebenen Be⸗ weises;

daß aber der Appellations⸗Richter, statt sich der Prüfung zu unterziehen, ob diese behaupteten Umstände gegen den Kassations⸗ Verklagten nachgewiesen sind, darauf Gewicht legte, daß derselbe einen festen Wohnsitz habe, und in Verbindung hiermit ihn von der Beschuldigung freisprach, weil nicht solche Umstände artikulirt worden, welche den Müßiggang nach §§. 117 120 als strafbar darstellen; daß demnach hierdurch der §. 119 des Strafgesetzbuchs verletzt worden:

Aus diesen Gründen

Kassirt der Königliche Revisions⸗ und Cassationshof das Ur theil der Correctionell⸗Appellationskammer des Königlichen Land⸗ gerichts zu N. vom 12. Februar d. J.; verordnet die Beischreibung dieses Urtheils am Rande des kassirten, verfälligt den Cassations⸗ verklagten in die Kosten und verweist die Sache vor das Königliche Landgericht zu Bonn. v“

(Unterschrift.)

Angekommen: Der Staats⸗ und Justiz⸗Minister Simons, von Halberstadt. 1

Der Unter⸗Staatssecretair im Ministeriuni für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, von Po.m mer⸗Esche, aus Minden.

Abgereist: Se. Excellenz der General der Infanterie g. D. und Präses der General⸗Ordens⸗Kommission, von Selasinski,

pPpersonal-Chronik der

Provinzial⸗Behörden.

Provinz Brandenburg. Ernannt sind: Der Feldmesser August Moritz Höfer zu Senften⸗

berg zum Vermessungs⸗Revisor; der Postsecretair Leopold Schmidt zum

Ober⸗Postsecretair.

Uebertragen ist: Die durch die Versetzung des Försters Schmidt nach Kümmernitz erledigte Försterstelle zu Zempow, im Forstreviere Zechlin, dem sorstversorgungsberechtigten Jäger, bisherigen Forstaufseher August duhmis Nagel zu Negelsdorf, in der Oberförsterei Himmelpfort, interi⸗ mistisch.

Vereidigt sind: Der Doktor der Medizin und Chirurgie Karl

Friedrich Alexander Pfeffer zu Berlin, als praktischer Arzt, Operateur

und Geburtshelfer, die Doktoren der Medizin und Chirurgie Simon Gold⸗ stein und Herrmann Blaschko zu Berlin, als praktische Aerzte und Wundärzte; die Feldmesser Karl Friedrich Wilhelm Presch, Wilhelm Julius Hennicke und Paul Ernst August Wolfgang Hanstein. Versetzt ist: Der Förster Krecklow zu Neumühle, in der Ober⸗ försterei Limmritz, auf die Försterstelle zu Lindengrund; die Försterstehee zu Neumühle ist dagegen in eine Forstaufseherstelle umgewandelt, und ist der forstversorgungsberechtigte Garde⸗Jäger Aloys Tollmann zu Kuners⸗ Sorge als Forstaufseher zu Neumühle zuförderst auf Probe an⸗ estellt. gest Gestorben ist: Der Förster Sack zu Lindengrund in der Ober⸗ försterei Lagov. 1 8 8 FRhein⸗Provinz. Ernannt ist: Der bisherige provisorische Elementarlehrer Hippolit Schiffers zu Jülich zum Elementarlehrer definitiv. Versetzt sind: Der Regierungs⸗Assessor Pilgrim zum Kollegium der Königlichen Regierung zu Koblenz; der definitiv angestellte Lehrer Franz Joseph Eifler zu Nieden in derselben Eigenschaft an die Schule zu Wassenach. Erledigt sind: Durch die Versetzung des Lehrers Jakob Röhrig die Stelle als Schullehrer, Küster und Glöckner bei der evangelischen Ge⸗ meinde zu Schlierschied, Kreis Simmern; dir Lehrer⸗, Küster⸗ und Glöck⸗ nerstelle bei der evangelischen Gemeinde zu Auen im Kreise Kreuznach. Angestellt soll werden: In Anhausen, Kreis Neuwied, bis zum 1. Oktober d. J. ein zweiter evangelischer Lehrer, welcher auch als Küster und Organist den ersten Lehrer bei eintretendem Bedürfniß zu vertreten haben wird. Gestorben ist: Der Regierungs⸗Hauptkassen⸗Gehülfe Friedrich und ist der Kanzleidiätar Meißner zum Hauptkassen⸗Gehülfen ernannt öA1AA“ v“

Königliche Schauspiele. Ddienstag, 3. August. Im Opernhause. (Mit aufgehobenem Schauspielhaus⸗Abonnement.) Mit Allerhöchster Genehmigung, zum Besten der unter dem hohen Protektorate Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen stehenden Allgemeinen Landes⸗Stiftung, zur Unterstutzung der vaterländischen Veteranen und invaliden Krieger als National⸗Dank. Erste Abtheilung: Festmarsch von Spontini, unter Direction des Königlichen Kapellmeisters Taubert, gusgeführt von den Mitgliedern der Königlichen Kapelle und den sämmtlichen Königlichen Militair⸗Musik⸗Chören der hiesigen Garnison. Prolog, verfaßt und gesprochen vom Regisseur Stawinsky. Borussia, preu⸗ ßischer Volksgesang von Spontini, unter Mitwirkung des Herrn Roger, so wie der Königlichen Sängerinnen und Sänger, Frau Herrenburg⸗Tuczek, Fräul. Trietsch, Fräul. Gey, der Herren Mantius, Pfister, Krüger, Krause, Bost, Heinrich, Mickler, Basse und Weygoldt, so wie des Königlichen Chor⸗Personales. Zweite Abtheilung. Ouvertüre zum „Prinzen von Homburg“ vom Kapellmeister Henning. Erste Scene aus dem zweiten Akt des Schauspiels: „Prinz Friedrich von Homburg“ Gebet vach der Schlacht bei Fehrbellin, lebendes Bild nach einem Entwurfe des Professors Eybel. 1 Dritte Abtheilung. Der Militairbefehl, Lustspiel in 2 Abthei⸗ lungen, nach Anicet, von C. W. Koch. 6“ Vierte Abtheilung. Ouvertüre, komponirt von Friedrich dem Großen. Vor der Schlacht bei Lowositz, lebendes Bild nach Schulz. Fünfte Abtheilung. Jubel⸗Ouvertüre von C. M. von Weber. Allegorisches Schluß⸗Tableau. 6 Mittel⸗Preise: Fremden⸗Loge 2 Rthlr. ꝛc Mittwoch, 4. August. Der Barbier von Sevilla. Gastrolle.)

Keleine Preise: Fremden⸗Xog N

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mtlicher Weechsel-

2. .

Staats-Anleihe von 1850

Im Opernhause. (115te Vorstellung): (Frau von Strantz: Rosine, als erste

250 Fl. Kurz. 250 Fl. 2 Mt. 300 Mk. Kurz 300 Mk. 2 Mt 8. 1 Lst. 3 Mi. 23 ½ 300 Fr. 2 Mt. 8⁰ 12 150 Fl. Mt. 3 95 ½ 150 Fl. B8 1015 100 Thlr. M. 99 ½

100 Thlr. 2 Mt. 99 ¼ 100 2 Mt. 50 16

18e. vo“ 111A116“

vom 2. August 1852.

Freiwillige Anlemhe

dito 1852. . Staats-Schuld-Scheine ... Prämiensch. der Seehandl. à St. 50 Thlr. Kur- und Neumärk. Schuldverschreibung. Berliner Stadt-Obligationen

dito dito Kur- und Neumärk... “] ““ Pommersche Posensche ö dito bbe1“ u“ dito Lit. B. vom Staat garant. Westpreussische .... Kur- und Neumärk

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Pfandbriefe.

Preussische. Rheinische und Westphälische 11A4“; 8 Schlesische-. Sechuldverschr. d. Eichsf. Tilg.-C..

Preussische Bank-Antheil-Scheine

Rentenbriefe.

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Friedrichsd'or Andere Goldmünzen à 5 Thlr.

vom 2. August 1852.

Bergisch-Märkische.. 18 dito E ““ 8 dito dito II. Seri Berlin-Anhalter Lit. A. u. dito Berlin-Hamburger... I“ Prioritäts- be dito II. Em Berlin-Potsdam-Magdeburger. Prioritäts-Obligationen v (1110 dito Berlin-Stettiner dito Prioritäts-Obligationen.. Breslau-Schweidnitz-Freiburger Cöln-Mindener. dito Prioritäts-Obligat dito dito Düsseldorf-Elberfelder dito dito v“ Magdeburg Halberstädter Magdeburg-Wittenberge dito Prioritäts Niederschlesisch - Märkischohee.. 3 dito Prioritäts-. dito Prioritäts- III. Serie dito IW Serie Niederschlesisch-Märkische Zwe ahn. Oberschlesische Lit. A. . .. ... dito S Prinz-Wilhelms (Steele Vohw.) dito Prioritäts- dito II. Serie. I“ dito (Stamm-) Prioritäts dito Prioritäts-Obligationen..... dito vom Staat garantirtee Ruhrort-Crefeld-Kreis-Gladbacher.... .. 3 ½⅔ dito Prioritäts- 4 ½ Stargard-Posen . Thüringer’. dito Prioritäts-Obligationen .. Wilhelmsbahn (Cosel-Oderberg) 8 Prioritäts-5.

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