9 gemeinde darf derjenige nicht Theil nehmen, dessen Interesse mit dem der Gemeinde in Widerspruch steht. Kann wegen dieser Aus⸗ schließung eine beschlußfähige Versammlung nicht gehalten werden, so hat der Magistrat oder, wenn auch dieser aus dem vorgedach⸗ ten Grunde einen gültigen Beschluß zu fassen nicht befugt ist, die Aufsichtsbehörde für die Wahrung des Gemeinde⸗Interesses zu sor⸗ gen und nöthigenfalls einen besonderen Vertreter für die Stadt⸗ gemeinde zu bestellen.
Sollte ein Prozeß der Stadtgemeinde gegen alle oder mehrere Mitglieder des Magistrats aus Veranlassung ihrer Amtsführung nothwendig werden, so hat die Regierung auf Antrag der Stadt⸗
verordneten⸗Versammlung zur Führung des Prozesses einen Anwalt zu bestellen.
Die Sitzungen der Stadtverordneten sind öffentlich. Für ein⸗ zelne Gegenstände kann durch besonderen Beschluß, welcher in gehei⸗ mer Sitzung gefaßt wird, die Oeffentlichkeit ausgeschlossen werden. Die Sitzungen dürfen nicht in Wirthshäusern oder Schänken gehal⸗ ten werden.
§. 46.
Der Vorsitzende leitet die Verhandlungen, eröffnet und schließt die Sitzungen und handhabt die Ordnung in der Versammlung. Er kann jeden Zuhörer aus dem Sitzungszimmer entfernen lassen,
welcher öffentliche Zeichen des Beifalls oder des Mißfallens giebt oder Unruhe irgend einer Art verursacht. “
Die Beschlüsse der Stadtverordneten⸗-Versammlung und die
Namen der dabei anwesend gewesenen Mitglieder sind in ein beson⸗
deres Buch einzutragen. Sie werden von dem Vorsitzenden und wenigstens drei Mitgliedern unterzeichnet.
Dem Magistrat müssen alle Beschlüsse der Stadtverordneten, auch diejenigen, welche ihm durch das Gesetz zur Ausführung nicht überwiesen sind, mitgetheilt werden.
Den Stadtverordneten⸗Versammlungen bleibt überlassen, unter Zustimmung des Magistrats eine Geschäftsordnung abzufassen und darin Zuwiderhandlungen der Mitglieder gegen die zur Aufrecht⸗ haltung der Ordnung gegebenen Vorschriften mit Strafen zu be⸗ legen; diese Strafen köͤnnen nur in Geldbußen bis zu fünf Thalern und bei mehrmals wiederholten Zuwiderhandlungen in der auf eine gewisse Zeit oder für die Dauer der Wahlperiode zu verhän⸗ genden Ausschließung aus der Versammlung bestehen.
Versagt der Magistrat seine Zustimmung, so tritt das im g. 36
vorgeschriebene Verfahren ein.
Die Stadtverordneten beschließen über die Benutzung des Ge⸗ meindevermögens; die Declaration vom 26. Juli 1847 (Gesetz⸗ Sammlung Seite 327) bleibt dabei maßgebend.
Ueber das Vermögen, welches nicht der Gemeinde⸗Corporation in ihrer Gesammtheit gehört, kann die Stadtverordneten⸗Versamm⸗ ng nur insofern beschließen, als sie dazu durch den Willen der Zetheiligten oder durch sonstige Rechtstitel berufen ist.
Auf das Vermögen der Corporationen und Stiftungen haben die zur Stadtgemeinde gehörenden Einwohner (§. 3) als solche, und auf dasjenige Vermögen, welches blos den Hausbesitzern oder anderen Klassen der Einwohner gehört, haben andere Personen keinen Anspruch.
In Ansehung der Verwaltung und Verwendung des Ver⸗
mögens der Stiftungen bewendet es bei den stiftungsmäßigen Be⸗
stimmungen. Soweit es hierbei auf den Begriff von Bürger an⸗
kommt, sind die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes (§. 5)
an sich selbst nicht maßgebend. 8 h
§. 50.
Die Genehmigung der Regierung ist erforderlich:
1) Veräußerung von Grundstücken und solchen Gerecht⸗ samen, welche jenen gesetzlich gleichgestellt sind; 2) zur Veräußerung oder wesentlichen Veränderung von Sachen, welche einen besondern wissenschaftlichen, histori⸗ schen oder Kunstwerth haben, namentlich von Archiven; 3) buncg G die Gemeinde mit einem Schul⸗ nd belastet oder de reit andene vergrößer er bereits vorhandene vergrößert 4) zu Veränderun en i 8 G verungen in dem Genusse von Gemeindenutzungen (Wald, Weide, Haide, Torfstich und dergleichen). saüng
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Die freiwillige Veräußerung von Grundstücken u. s. w. (§. 50 Nr. 1.) darf nur im Wege der Licitation auf stattfinden. 8a“ 11
2 16““ b „ ““ Zur Gültigkeit der Licitation gehört: 1
1) einmalige Bekanntmachung durch das Amtsblatt des he
gierungsbezirks und die für Bekanntmachungen des Ma⸗ gistrats üblichen öffentlichen Blätter; “
eine Frist von sechs Wochen von der Bekanntmachung bis zum Licitations⸗Termine, und Abhaltung dieses Termins durch eine Justiz⸗ oder Ma⸗ gistrats⸗Person.
Ergebniß der Licitation ist der Stadtverordneten⸗Ver⸗ sammlung mitzutheilen und kann nur mit deren Genehmigung der Zuschlag ertheilt werden.
In besonderen Fällen kann die Regierung auch den Verkauf aus freier Hand, so wie einen Tausch gestatten, sobald sie sich über⸗ g 6 EöPö 8 Fe „ . zeugt, daß der Vortheil der Gemeinde dadurch gefördert wird.
„Für die Hypotheken⸗Behörde genügt zum Nachweise, daß der Vorschrift dieses Paragraphen genügt worden, die Bestätigung des Vertrages durch die Regierung.
§. 5. oeFg.
Durch Gemeindebeschluß kann die Erhebung eines Einzugsgeldes angeordnet und von dessen Entrichtung die Niederlassung in der Gemeinde (§. 4 des Gesetzes vom 31. Dezember 1842 Nr. 2317) abhängig gemacht werden.
Außerdem kann von Allen, sowohl von den Neuanziehenden als von denen, welche der Gemeinde bereits angehörig sind, bei der Begründung eines selbstständigen Hausstandes eine Abgabe (Eintritts⸗ oder Hausstandsgeld) gefordert und von deren Entrich⸗ tung die Theilnahme an dem Bürgerrecht (§. 5) abhängig ge⸗ macht werden. W
Die Theilnahme an den Gemeindenutzungen (§. 50 Nr. 4) kann außerdem von der Entrichtung einer jährlichen Abgabe und anstatt oder neben derselben von Entrichtung eines Einkaufsgeldes abhängig gemacht werden, durch deren Entrichtung aber die Aus⸗ übung des Bürgerrechts niemals bedingt wird.
Alle derartige Beschlüsse bedürfen der Genehmigung der Re⸗ gierung. Die mit dem Besitze einzelner Grundstücke verbundenen oder auf sonstigen besonderen Rechtstiteln beruhenden Nutzungsrechte sind den Bestimmungen dieses Paragraphen nicht unterworfen.
Beamte, welche in Folge dienstlicher Versetzung ihren Aufent halt im Stadtbezirk nehmen, sind zur Entrichtung des Einzugs geldes und des Hausstandsgeldes nicht verbunden.
S§. 53.
Soweit die Einnahmen aus dem städtischen Vermögen nicht hinreichen, um die durch das Bedürfniß oder die Verpflichtungen der Gemeinde erforderlichen Geldmittel zu beschaffen, können die Stadtverordneten die Aufbringung von Gemeindesteuern beschließen.
Diese können bestehen: “
In Zuschlägen zu den Staatssteuern, wobei folgende Bestimmungen gelten: 1) die Steuer für den Gewerbebetrieb im Umherziehen darf nicht belastet werden; 2) bei den Zuschlägen zur klassifizirten Einkommensteuer muß jedenfalls das außerhalb der Gemeinde belege Grundeigenthum außer Berechnung bleiben; 3) die Genehmigung der Regierung ist erforderlich: 8 a) für alle Zuschläge zur Einkommensteuer; b) für Zuschläge zu den übrigen direkten Steuern, wenn der Zuschlag entweder funfzig Prozent der Staatssteuern übersteigen oder zicht nach gleichen Sätzen auf diese Steuern vertheilt werden soll. Zur Freilassung oder geringeren Belastung der letzten Klassensteuer⸗ stufe bedarf es dieser Genehmigung nicht; oe) für Zuschläge zu den indirekten Steuern
I. In besonderen direkten oder indirekten Gemeindesteuern, welche der Genehmigung der Regierung bedürfen, wenn sie neu eingeführt, erhöht oder in ihren Grundsätzen
verändert werden sollen.
Bei besonderen Kommunal⸗Einkommensteuern ist jedenfalls die sub I. 2. erwähnte Beschränkung maßgebend. Die bestehenden direkten Kommunal⸗Einkommensteuern werden einer erneuten Prü⸗ fung und Genehmigung der Regierung unterworfen. 2
In den über die Erhebung von Kommnnalsteuern zu erlass senden, von der Regierung zu genehmigenden Regulativen können Ordnungsstrafen gegen die Kontravenienten bis auf Höhe von zehn Thalern angeordnet werden.
Die Gemeinde kann durch Beschluß der S tadtverordneten zur Leistung von Diensten (Hand⸗ und Spanndiensten) behufs Aus⸗ führung von Gemeinde⸗Arbeiten verpflichtet werden; die Dienste werden in Geld abgeschätzt, die Vertheilung geschieht nach dem Maßstabe der Gemeinde⸗Abgaben oder in deren Ermangelung nach dem Maßstabe der direkten Steuern. — Abweichungen von dieser Vertheilungsart bedürfen der Genehmigung der Regierung. Die Dienste können, mit Ausnahme von Nothfällen, durch taug⸗ liche Stellvertreter abgeleistet oder nach der Abschätzung an die Gemeindekasse bezahlt werden.
Die in Bezug auf die Behandlung der Gemeindewaldungen für die einzelnen Landestheile erlassenen Gesetze und Bestimmungen bleiben in Kraft, bis ihre Abänderung im gesetzlichen Wege erfolgt sein wird.
on den Geschäften des Magistra . 656
Der Magistrat hat als Ortsobrigkeit und Gemeinde⸗Verwal⸗ tungsbehörde insbesondere folgende Geschäfte: die Gesetze und Verordnungen, so wie die Verfügungen der ihm vorgesetzten Behörden, auszuführen; die Beschlüsse der Stadtverordneten⸗Versammlung vorzu⸗ bereiten und, sofern er sich mit denselben einverstanden erklärt, zur Ausführung zu bringen.
Der Magistrat ist verpflichtet, die Zustimmung und Ausführung zu versagen, wenn von den Stadtverordneten ein Beschluß gefaßt ist, welcher deren Befugnisse über⸗ schreitet, gesetz⸗ oder rechtswidrig ist, das Staatswohl oder das Gemeinde⸗Interesse verletzt. In Fällen dieser Art ist nach den Bestimmungen im §. 36 zu verfahren; die städtischen Gemeinde-Anstalten zu verwalten und die⸗ jenigen, für welche besondere Verwaltungen eingesetzt sind, zu beaufsichtigen; die Einkünfte der Stadtgemeinde zu verwalten, die auf dem Etat oder besonderen Beschlüssen der Stadtverordne⸗
ten beruhenden Einnahmen und Ausgaben anzuweisen und das Rechnungs⸗ und Kassenwesen zu überwachen. Von jeder regelmäßigen Kassenrevision ist der Stadtverordneten⸗ Versammlung Kenntniß zu geben, damit sie ein Mitglied oder mehrere abordnen könne, um diesem Geschäfte beizu⸗ wohnen; bei außerordentlichen Kassen⸗Revisionen ist der Vorsitzende oder ein von demselben ein⸗ für allemal be⸗ zeichnetes Mitglied der Stadtverordneten⸗Versammlung zuzuziehen; das Eigenthum der Stadlgemeinde zu verwalten und ihre Rechte zu wahren; die Gemeinde⸗Beamten, nachdem die Stadtverordneten darüber vernommen worden, anzustellen und zu beaufsich⸗ tigen. Die Anstellung erfolgt, soweit es sich nicht um vorübergehende Dienstleistungen handelt, auf Lebenszeit; diejenigen Unterbeamten, welche nur zu mechanischen Dienst⸗ leistungen bestimmt sind, können jedoch auf Kündigung ange⸗ nommen werden. Die von den Gemeinde⸗Beamtenzu leistenden Cautionen bestimmt der Magistrat nach Anhörung der Stadtverordneten⸗Versammlung. In Städten „bis zu 10,000 Einwohnern (§. 30. 2) können die Geschäfte des Gemeinde⸗Einnehmers nach Vernehmung der Stadtverord⸗ neten⸗Versammlung und mit Zustimmung der Regierung dem Kämmerer übertragen werden; die Urkunden und Akten der Stadtgemeinde aufzube⸗ wahren; die Stadtgemeinde nach Außen zu vertreten und Namens derselben mit Behörden und Privatpersonen zu verhan⸗ deln, den Schriftwechsel zu führen und die Gemeinde⸗Ur⸗ kunden in der Urschrift zu vollziehen. Die Ausfertigun⸗ gen der Urkunden werden Namens der Stadtgemeinde von dem Bürgermeister oder seinem Stellvertreter gültig unterzeichnet; werden in denselben Verpflichtungen der Stadtgemeinde übernommen, so muß noch die Unterschrift eines Magistrats⸗Mitgliedes hinzukommen; in Fällen, wo
die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich ist, mu dieselbe in beglaubigter Form der gedachten ö“ beigefügt werden; “ )) die städtischen Gemeinde⸗Abgaben und Dienste nach den Gesetzen und Beschlüssen auf die Verpflichteten zu verthei⸗ len und die Beitreibung zu bewirken. “ 888 “ 88
Der Magistrat kann nur beschließen, wenn mindestens die Hälfte, in Stadtgemeinden, welche mehr als 100,000 Einwohner haben mindestens ein Drittheil seiner Mitglieder zugegen ist.
Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit ist die Stimme des Vorsitzenden entscheidend. Den Vorsitz führt der Bürgermeister oder sein Stellvertreter. Der Vorsitzende ist verpflichtet, wenn ein Beschluß des Magistrats dessen Befugnisse überschreitet, gesetz⸗ oder rechtswidrig ist, das Staats⸗ wohl oder das Gemein⸗Interesse verletzt, die Ausführung eines solchen Beschlusses zu beanstanden und die Entscheidung der Regierung ein zuholen. Der Beigeordnete nimmt auch außer dem Falle der Stell⸗ vertretung an den Verhandlungen und Beschlüssen Theil. 1
Bei Berathungen über solche Gegenstände, welche das Privat⸗ Interesse eines Mitgliedes des Magistrats oder seiner Angehörigen berühren, muß dasselbe sich der Theilnahme an der Berathung und Abstimmung enthalten, auch sich während der Berathung aus dem Sitzungszimmer entfernen. —
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Der Bürgermeister leitet und beaufsichtigt den ganzen Ge⸗ schäftsgang der städtischen Verwaltung.
In allen Fällen, wo die vorherige Beschlußnahme durch den Magistrat einen nachtheiligen Zeitverlust verursachen würde, muß der Bürgermeister die dem Magistrat obliegenden Geschäfte vorläu- fig allein besorgen, jedoch dem letzteren in der nächsten Sitzung behufs der Bistätigung oder anderweitigen Beschlußnahme Bericht erstatten. ö
Zur Erhaltung der nöthigen Disziplin steht dem Bürgermeiste das Recht zu, den Gemeinde⸗Beamten Geldbußen bis zu drei Tha⸗ lern und außerdem den untern Beamten Arreststrafen bis zu drei Tagen aufzulegen (§§. 15, 19 und 20 des Gesetzes vom 21. Juli 1852, Gesetz⸗Sammlung Seite 465)
Zur dauernden Verwaltung oder Beau sichtigung einzelner Ge⸗ schäftszweige, so wie zur Erledigung vorübergehender Aufträge, kön nen besondere Deputationen entweder blos aus Mitgliedern des Ma gistrats, oder aus Mitgliedern beider Gemeindebehörd en, oder au letzteren und aus stimmfähigen Bürgern gewählt werden. Zur Bil dung gemischter Deputationen aus beiden Stadtbehörden ist de übereinstimmende Beschluß beider erforderlich. “
Zu diesen Deputationen und Kommissionen, welche übrigens i allen Beziehungen dem Magistrate untergeordnet sind, werden di Stadtverordneten und stimmfähigen Bürger von der Stadtverord neten⸗Versammlung gewählt, die Magistrats⸗Mitglieder dagege von dem Bürgermeister ernannt, welcher auch unter letzteren de Vorsitzenden zu bezeichnen hat. . 16
Durch statutarische Anordnungen können nach den eigenthüm lichen örtlichen Verhältnissen besondere Festsetzungen über die Zu⸗ sammensetzung der bleibenden Verwaltungs⸗Deputationen getroffen werden.
§. 60.
Städte von größerem Umfange oder von zahlreicherer Bevöl kerung werden von dem Magistrat nach Anhörung der Stadtverord neten in Ortsbezirke getheilt.
Jedem Bezirk wird ein Bezirksvorsteher vorgesetzt, welcher vo den Stadtverordneten aus den stimmfähigen Bürgern des Bezirk auf sechs Jahre erwählt und vom Magistrat bestätigt wird. In gleicher Weise wird für den Fall der Verhinderung des Bezirksvor stehers ein Stellvertreter desselben angestellt.
Die Bezirksvorsteher sind Organe des Magistrats und ver
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pflichtet, seinen Anordnungen Folge zu leisten, ihn namentlich in
den örtlichen Geschäften des Bezirks zu nunterstützen. 8
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Jedes Jahr, bevor sich die Stadtverordneten⸗Versammlung mit dem Haushalts⸗Etat beschäftigt, hat der Magistrat in öffentlicher Sitzung derselben über die Verwaltung und den Stand der Ge⸗ meinde⸗Angelegenheiten einen vollständigen Bericht zu erstatten.
Tag und Stunde werden wenigstens zwei freie Tage vorher in der 1t annt gemacht.