1854 / 25 p. 4 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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geme iche Bestimmung nicht; indeß finden sich schon seit dem An⸗ eeehhe üldgen dührpunderts, polizeiliche Verordnungen und spezielle Reglements, welche den Schutz dieser Erzeugnisse des Geistes zum Gegen⸗ stande haben. Ein polizeilicher Beschluß vom 11. Juli 1702 verbietet den Gießern, die Werke der Bildhauer, welche ihnen zum Gießen übergeben sind, nachzuformen oder Andern zum Nachformen zu übergeben, und den Bildhauern, die Modelle, welche sie für Gießer gemacht, oder welche die Gießer ihnen überliefert haben, Andern mitzutheilen, und zwar vei einer Geldstrafe von 500 Fr. In gleicher Weise wird in einem im Mänz 1730 für die Innung der Maler und Bildhauer der Akademie von. Saint⸗Luc in der Stadt, den Vorstädten und dem Weichbild von Paris erlassenen Reglement den Meistern der Innung untersagt, ohne schristliche Genehmi⸗ gung des Urhebers die Werke ihrer Genossen zu kopiten oder kopiren zu lassen, zu formen oder nachzuformen, um sie zu verkaufen oder bei ihren Unternehmungen anzuwenden. Aehnliche Verbote, zum Theil unter An⸗ drohung sehr hoher Geldbußen, enthält die durch polizeilichen Beschluß vom 16. Juli 1766 und durch Parlaments⸗Beschluß vom 30. ej. m. et a. bestätigte Erklärung der Gießer⸗Innung vom 21. April 1766, so wie das anscheinend von der Regierung nicht bestätigte, im Jahre 1776 erlassene Statut für die vereinigte Innung der Gießer und Former in Meiall, Erde und Sand, der Ciselire, Drechsler, Ingenieure, Damascirer, der erzierer in Eisen, Guß, Kupfer oder Zinn, der Formschneider, der Guillochirer ꝛc.; das letztere hat bereits die Vorschrift, daß eme Zeich⸗ nung und ein Modell der Form auf dem VLüreau der Innung deponirt nd dort registrirt werden müsse, und daß auch den Goldschmieden und Bildhauern das Recht zustehen solle, um ihre Werke gegen Nachbildung zu schützen, Zeichnungen auf dem gedachten Büreau zu hinterlegen. Endlich bestimmte die Declaration des Königs vom 15. März 1777, daß bei Geldstrafen und der Strafe der Confiscation Niemand die Bildwerke der Akademie oder Kopieen derselben nachformen, zum Verkauf ausstellen oder in das Publikum bringen soll, es sei denn, daß er die Erlaubniß des Urhe⸗ bers oder der Akademie erhalten habe. 8 An einer ausdrücklichen allgemeinen gesetzlichen Vorschrift über das Eigenthum an Fabrilformen fehlt es auch jetzt noch; indeß läßt sich aller⸗ dings aus Art. 7 des Dekrets vom 19. Juli 1793: die Erben des Verfassers eines literarischen oder gestochenen Werkes oder jedes andern Erzeugnisses des Geistes vder des Talents, welches den schönen Künsten angehört, sollen das auosschließliche Eigenthum desselben während 10 Jahre haben, ““ und aus den Worten des Art. 425 des code 166“ 9 8 Jede Ausgabe von Schriften ꝛc. oder andern Erzeugnissen, und des Art. 427 ibid.; 8 die Plaiten, Modelle und Matrizen der nachgebildeten Gegenstände sollen kbenfalls konfiszirt werden, X““ wohl folgern, daß der Gesetzgeber auch den Schutz des Eigenthums an den Formen bezweckt habe und es haben die Gerichtshöfe des Landes in der That auch die Gewährung dieses Schutzes bisher nicht versagt. Es sind im Laufe der Zeit Judikate zu Gunsten der Bronce⸗Fabrication, der For⸗ mer in Gyps und Thon, der Eisengießer, der Prägekunst, der Goldschmiede,

der Porzellan⸗, Fapence⸗ und Steinpappe⸗Fabrication ꝛc. ergangen, welche

darin vollkommen mit einander übereinstimmen, daß die Nachbilrung auf dem Gebiete der Skulptur mag sie sich als Kunstprodukt oder als Er⸗ zeugniß der Industrie darstelen nach den bestehenden Gesetzen unerlanbt sei. Daß das Bildwerk oder die Form neu und eigenthum⸗ lich, daß es sich als eine Schöpfung des Genies und dis Nachdentens seines Urhebers darstelle, ist auch hier noihwendige Vorbedingung für die Anerkennung eines Exklusivrechts; in der pratnischen Anwendung wird indeß der Begriff der Neuheit ziemlich weit ertendirt. Ein Bronce⸗ Fabrikant hatte einer Vase die Form der Medizäischen, aber mit abweichen⸗ den Verhältnissen, gegeben und Basreliefs seiner eigenen Composition ange⸗ bracht; ein Porzellan⸗Fabrikant zu einem Flacon die Figur eines sitzenden Pascha's aus einem Gemälde von Horace Vernet benutzt und einige Neben⸗ dinge seiner Erfindung hinzugefügt; ein Anderer die Statue einen antiken Kleopatra in verjüngtem Maßstabe als Modell für eine Uhr verwendet; ein Figurist die Canovasche Gruppe Psyche und Amor nach einem Stiche mit einigen Veränderungen nachgebildet; sie wurden von den Gerichtshöfen gegen die Nachahmer ihrer Werke obwohl diese zum bei weitem größe⸗ ren Theile älteren Kunstprodukten entlehnt waren geschützt. Zur Be⸗ gründung der Klage gehört, wie bei der Verfolgung des Muster⸗Kopisten, daß sich der Nachbildner ganz oder theilweise das Wert; des Urhebers an⸗ geeignet und ihm durch diese Aneignung einen Nachtheil zugefügt habe. Ob eine Absormung von dem Original oder die Nachbildung eines Mo⸗ dells, ein Kopiren desselben stattgefunden, macht nach der Meinung der Gerichte hinsichtlich der Strafbarkeit keinen Unterschied. Auch beschränkt sich das Recht des Urhebers nicht ausschließlich auf diejenigen Stoffe, welche er gewählt hat, um seinen Gedanten in den Verkehr zu bringen, sondern auf alle, in denen die Darstellung desselben ihm schaden könnte; so darf z. B. der Porzellan⸗ Fabrikant die Modelle der Bronce⸗ Fabrikanten und umgekehrt nicht benutzen. Dagegen wird es fuͤr eine strafbare Nachbildung nicht erachtet, wenn der Bildner oder Former ein Gemälde oder Zeichnung als Werk der Skulptur wiedergiebt.

Eine Hinterlegung der Modelle wird zur Erhaltung des Eigenthums nicht für erforderlich erachtet, da das Gesetz von 1806 nur von Fabrik⸗ Mustern handelt. Die Dauer des CExklusivrechts richtet sich nach der Lebenszeit des Urhebers; nach seinem Tode genießen seine Erben und Rechtsnachfolger dasselbe noch auf zehn Jahre.

Berlin, im Januar 1854.

betreffend den Erlaß eines Gesetzes zum Schutze des Eigenthums . 5 8

Im Separat⸗Artikel 9 zu Artikel 18 des mit Oesterreich abgeschlosse⸗ nen Handels⸗ und Zollvertrages, welchem bekanntlich die übrigen Zollver⸗ eins⸗Regierungen beigetreten sind, haben sich die kontrahirenden Theile verpflichtet, im Jahre 1854 wegen übereinstimmender Maßregeln in Betreff ausschließender Benutzungsrechte auf Muster in Unterhandlung zu treten. Mit Ausnahme der, in einigen Theilen der Rheinprovinz geltenden, zur Zeit der Fremdherrschaft erlassenen Gesetze über den Schutz an Fabrik⸗ Mustern und Formen, bestehen weder in Preußen, noch so viel bekannt ist in anderen Ländern Deutschlands auf diesen Gegenstand bezügliche gesetzliche Vorschriften. Es bedarf daher einer näheren Erwägung, ob es im Interesse der vaterländischen Industrie rathsam sei, ein ausschließliches Eigenthum an Mustern und Formen anzuerkennen, und, wenn dies der Fall, welche Vorschläge für die Vereinbarung und Ausführung eines das Gebiet des Zollvereins und Oesterreichs umfassenden Gesetzes zu machen sein möchten.

In Großbritannien und Frankreich ist der Musterschutz bereits seit

dem vorigen Jahrhundert, anfänglich freilich nur für gewisse Zweige der

Industrie, später aber allgemein, eingeführt. Es wird behauptet, daß

diese Einrichtung wesentlich dazu beigetragen habe, die Fabrication jener Länder auf die hohe Stufe der Vollendung in Betracht der äußeren Aus⸗

stattung gewerblicher Erzeugnisse zu heben, welche sie heutigen Tages

einnimmt. Der Vorgang zeige auch, daß die Ausführung des Muster⸗ schutzes ohne nachtheilige Beschränkung der freien Bewegung in der Industrie möglich sei. Werde der Maßregel in Deutschland Ein⸗ gang verschafft, so werde es gelingen, die heimische Gewerbthätig⸗ keit, welche in Bezug auf die Technik der Darstellung und die Solidität der Erzeugnisse in den letzten Decennien einen s genommen, hinsichtlich des Geschmacks und der Schönheit der Formen aber in manchen Zweigen augenscheinlich zurückgeblieben und vom Auslande ab⸗ hängig sei, auch nach dieser Richtung hin einer weitern Entwickelung und der Selbstständigkeit entgegen zu führen. Der Musterschutz beruhe auf dem Rechtsbegriffe des geistigen Eigenthums. Für die Werke der Wissenschaft und Kunst sei dieser Rechtsbegriff in der Gesetzgebung Deutschlands in Preußen insbesondere durch das Gesetz vom 11. Juni 1837 zur Gel⸗ lung gelangt; es handele sich nur um eine konsequente Anwendung dessel⸗ ben auf dem Gebiete der Gewerbsamkeit.

Die Gewährung eines solchen ausschließlichen Rechtes möchte aller⸗ dings dazu beitragen, die Fabrikanten zu größeren Aufwendungen für die

Beschaffung neuer Muster und Fermen geneigt zu machen. Es ist ferner

wohl anzunehmen, daß sich in Folge dessen Leute von Talent eher, jetzt, dazu verstehen dürften, ihre Kräfte der Industrie zu weihen; lassen dieselben Rücksichten, welche dahin geführt haben, die Werke Wissenschaft und Kunst gegen unbefugte Nachbildung zu wahren, sich dafü geltend machen, den für die Vervielfältigung durch die Industrie und die Anwendung auf deren Produkte bestimmten Erzeugnissen des Gei⸗ stes einen gleichartigen Schutz zu verleihen. Demunerachtet erscheint es nicht unzweiselhaft, ob von einer solchen Maßregel wirklich ein überwiegender Nutzen für die vaterländische Gewerbsamkeit erwartet werden darf, und ob sich Mittel und Wege werden auffinden lassen, um die der Durchführung derselben sich entgegenstellenden Schwierigkeiten zu überwinden. Eine nähere Darlegung der in Betracht kommenden Gesichts⸗ punkte und der in Bezug auf die praktische Durchführbarkeit hervortreten⸗ den Schwierigkeiten ist der Zweck der nachstehenden Ausführung.

Es handelt sich in der Sache vornämlich um die Erledigung folgen⸗ der Fragen;

1) auf welche Muster soll sich das Gesetz überhaupt beziehen; 2) welche Instanz soll bei Streitigkeiten darüber entscheiden, ob eine

Nachbildung des geschützten Musters vorliegt;

wodurch soll das Exklusivrecht erworben werden;

welche Dauer soll dasselbe haben, und v“

welche rechtliche Folgen sollen den Nachbildner, den Verkäufer der

mit nachgebildeten Mustern versehenen Waaren und den Importeur solcher Waaren treffen?

Aus dem Begriffe des geistigen Eigenthums wie aus der Natur der Sache ergibt sich, daß nur neu erfundene und eigenthümliche Muster und Formen Gegenstand eines ausschließlichen Rechtes sein können. Dieser Grundsatz ist auch in der britischen und französischen Gesetzgebung an⸗ erkannt, denn, wenngleich der Vorbehalt des Eigenthums an jedem Muster, sofein er unter Beobachtung gewisser Formalitäten zu erkennen gegeben wird, zulässig ist, so wird doch der Schutz nur unter der Voraussetzung der Neuheit gewährt, und wieder aufgehoben, sobald das Irrthümliche dieser Voraussetzung dargethan ist. Muster und Formen sind Combina⸗ tionen von Farben, Zügen und in der Natur vorhandenen Ge⸗ bilden. In der unendlichen Mannichfaltigkeit dieser Combinationen liegt die Schwierigkeit einer objektiven Feststellung der Originalität eines Musters. Mit der Begriffsbestimmung, daß ein Muster dann neu und eigenthuͤmlich sei, wenn die Zusammenstellung der Farben, Züge und Formationen in ihrer Gesammtheit in dieser Weise früher noch nicht vorhanden gewesen, wird für die Sache des Musterschutzes nichts gewonnen. Einmal liegt nämlich auf der Hand, daß nicht jedes neue Muster in dem angegebenen Sinne geschützt werden kann. Gewisse Gattungen von Mustern fönnen in Betracht ihrer Einfachheit dem Gemeingebrauche nicht entrückt werden; beispielsweise würde man gestreifte, quarrirte, punktirte Muster, auch wenn die Gegenüberstellung der Farben, die Verbindung und Größe der einzelnen Quarreau's, Streifen oder Punkte eine neue wäre, doch unmög⸗ lich zum Gegenstande eines Exklusivrechts machen können, ohne zahllose

o erfreulichen Aufschwung

Streitigkeiten und Weiterungen herbeizuführen. Die Beurtheilung der

Frage, ob ein Muster überhaupt, und ganz abgesehen davon, ob es

neu ist oder nicht, des gesetzlichen Schutzes theilhaftig werden soll,

kann aber dem subjektiven Ermessen der Beamten oder Sachverständiger nicht überlassen werden; vielmehr würde in dem Gesetze selbst

der Kreis der Muster und Formen, auf welche es Anwendung finden soll, allgemein erkennbar abzugränzen sein, was wenn überhaupt möglich doch äußerst schwierig sein dürfte. Sodann möchte aber auch die Ent⸗ cheidung darüber, ob ein Muster oder eine Form nicht früher schon ein⸗ mal dargestellt worden sei, eine selbst für Sachverständige nicht zu lösende Aufgabe sein. Man muß sich dabei vergegenwärtigen, daß ein Muster oder eine Form schon dann als originell nicht mehr wird gelten können, wenn sie für einen oder den anderen Stoff zu irgend einer Zeit einmal angewendet, wenn also ein Muster für Seide früher in Baumwolle oder Wolle, oder eine Form für Porzellan früher in Bronce verarbeitet worden ist. Es würde also eine genaue Kenntniß aller auf dem gesammten Ge⸗ biete der Industrie von den ältesten Zeiten bis jetzt in allen Ländern der Welt vorgekommenen Muster und Formen erforderlich seen, die wohl bei Niemandem vorausgesetzt werden kann. 1 8 Sonach würde nichts übrig bleiben, als jeder Form und jedem Muster, an welchem das Eigenthum unter Beobachtung gewisser Formalitäten voi⸗ behalten wird wie dies in der That in Großbritannien und Frankteich geschieht vorläufig den Schutz gegen, Nachahmung zu verlethen, und dem Nachbildner, oder vielmeh: demjenigen, welcher ein jenem Mustet ähn⸗ liches angewendet hat, den Beweis aufzulegen, daß die Voraussetzung der Neuheit unrichtig gewesen sei. Gleichzeitig würde dem letztern wenn der Schutz nichtüberhaupt ein wirkungsloser sein soll der Vertrieb der nach dem Muͤster ge⸗ fertigten Fabrikate einstweilen und bis nach ausgemachter Sache untersagt werden müssen. Abgesehen davon, daß dies Verfahren den feststehenden Regeln der Beweistheorie nicht entspricht, da der Beklagte, wenn er be⸗ streitet, daß das Muster ein neues sei, den Klagegrund leugnet, und dann nicht er, sondern der Kläger zu beweisen hat, so ist es auch über⸗ haupt nicht geeignet, die Originalität eines Musters an das Licht zu stellen; denn daraus, daß der Beklagte nicht darzuthun vermag, daß das Muster von andern bekannten Mustern entnommen worden, folgt noch nicht, daß es eine Erfindung des Klägers ist. Streng genommen ist es also lediglich der unter Beobachtung gewisser Formen erklärte Vorbehalt des Eigenthums in Großbritannien und Frankreich die Depositton des Musters oder der Form —, welcher die eben erwähnten wichtgen Folgen nach sich zieht. Ist der Beklagte mala fide, d. h. hat er von dem E gen⸗ thumsvorbehalte Kenntniß gehabt und dennoch ein gleiches oder ähnliches Muster angewendet, so hat er sich die üble Lage, in welche er geräth, selbst beizumessen. Ist dies aber nicht der Fall, befand er sich in gutem Glauben, d. h. wogr es ihm unbekannt, daß ein Exr⸗ klusivrecht an dem Muster bestand, oder hat er gar selbst, ein Muster komponirt und angewendet, ohne zu wissen, daß ein ähnliches schon existire und geschützt sei, so liegt offenbar in der Aufbürdung der Beweis⸗

last eine nicht zu rechtfertigende Härte. Der britische Gesetzgeber hat die Nothwendigkeit, den Vorbehalt des Eigenthums zur allgemeinen Kenntniß zu bringen, gefühlt, und deshalb die Bestimmung getroffen, daß jedes Stück der Waare, welches nach dem geschüͤtzten Muster oder der geschutzten Form gefertigt wird, ein Zeichen an sich tragen müsse, an welchem Jeder⸗ mann erkennen könne, daß das Muster oder die Form in der vom Gesetze für den Erwerb des ausschließlichen Benutzungsrechtes vorgeschriebenen Veise deponirt sei. Dies Zeichen besteht in den Buchstaben Kd. (resistred) unter Beifügung der Nummer resp. der Buchstaben, unter denen die Re⸗ gistrirung in der Muster⸗Rolle ersolgt ist, und ist wenn das Fabrikat tin Gewebe zum Druck ist, an einem Ende desselben, wenn es aber von anderer Beschaffenheit oder einem anrern Stoffe ist, an einem Ende oder einer Ecke oder andern gecigneten Stelle anzubringen. Der Schutz des Gesetzts triit nur dann ein, wenn dieser Vorschrift genügt ist (5 & 6. Victor. cap. C. sub IV.) In der französischen Gesetzgebung findet sich eine gleich⸗ artige Anordnung nicht, und sucht man selbst vergeblich eine Bestimmung, wonach ein Fabrikant Aufschluß darüber erhalten kann, ob auf ein Muster, welches er verarbeiten lassen will, oder auf ein diesem ähnliches nicht be⸗ reits ein Exklusivrecht besteht. Die Behörden, bei denen die Proben der Muster, für welche der Schutz des Gesetzes beansprucht wird, in versiegelten Paketen zu deponiren sind, die conseils de prud'hommes die Handels⸗ und die Civilgerichte erster Instanz dürfen dieselben nur im Falle eines Streites eröffnen (Art. 17 des Ges. vom 18. März 1806). Faktisch steht mithin die Sache in Frankreich so, daß der Fabrikant vorhandene Muster überhaupt gar nicht anwenden kann und selbst dann Gefahr läuft, belangt zu werden, wenn er in gutem Glauben, ein neues Muster geschaffen zu haben, zufällig etwas einem geschützten Muster Aehnliches denn eine volle Uebereinstimmung wird zur Begründung der Klage nicht erfordert verarbeitet hat. Man lönnte zu Gunsten dieses Zustandes viellricht geltend maͤchen, wie der Fall, daß zwei Personen übereinstimmende oder ähnliche Ideen produziren, nur selten eintreten werde, und daß die Strafe des Gesetzes, wie die Ver⸗ pflichtung zur Entschädigung doch mehrentheils nur den Nachbildner treffe. Der Einwand ist richtig, sofern es sich um Schöpfungen der Kunst und Wissenschaft handelt, auf dem Gebiete der Muster⸗ und Formenbildung trifft er nicht zu. Für die Ausschmückung, die äußerliche Gestaltung und Ausstattung der meisten Erzeugnisse der Industrie ist die Mode, die derzeitige Richtung des Geschmackes maßgebend; der Fabrikant will nicht, wie der Gelehrte und Künstler, unbekümmert um das Urtheil der Menge, Werke, welche die Mitwelt überdauern, schaffen; ihm kommt es ledig⸗ lich darauf an, daß seine Waare im Publikum Absatz finde, und diesen Zweck erreicht er nur dann, wenn er sich der Neigung desselben alkomo⸗ dirt. Die letztere zeichnet gewöhnlich ziemlich genau die Umrisse vor, welche die einzelnen Fabrikate, um zu gefallen, an sich tragen müssen; sie bestimmt das Genre. Während fuͤr die Production in Kunst und Wissenschaft das unermeßliche Feld der menschlichen Erkenntniß offen steht, ist das Gebiet, auf welchem sich der Dessinateur und Formbildner zu be⸗ wegen haben, oft ein eng begrenztes und auf diesem eine Begegnung der

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Ideen um so cher möglich, als die Mode der Phantasie häufig nur einen geringen Spieltraum übrig läßt. Die meisten Gewerbtreibenden sind ferner nicht in der Lage, sich eigene Musterzeichnen halten zu können; sie kaufen ihre Muster von Dessinateuren und andern Künstlern. Auch wenn den letztern die Absicht einer Täuschung fern liegt, wenn sie ihren Kunden C15 Muster verkaufen, werden doch immer die von einem emse 9 usor herrührenden Werke sich bis zu einem gewissen Grade

auAn, zume, wenn die herrschende Geschmackrichtung eine vollkommen freie Bewegung nicht zuläßt. Es kann daher eine Verfolgung leicht ein⸗ den Fabrikanten noch den Dessinateur irgend eine

Daß die britische Gesetzgebung durch die oben erwähnte Bezeichnun der nach registrirten Mustern gefertigten Fabrikate eine hßen. Eegabr bei der Anwendung von Mustern und Formen erstrebt hat unterliegt kei⸗ nem Zweifel. Eine andere Frage ist aber, ob jener Zwech wirklich erreicht wird, ob die Vorschrift von einem praktischen Werthe ist. Abgesehen da⸗ von, daß sich die Marke bei vielen Gegenständen der Industrie ihrer Kleinheit wegen nicht dürfte anbringen lassen, und bei andern z. B. bei gestickten weißen Waaren, Shawls, Spitzen, Fabrikaten von Elfenbein ꝛc. eine Verunstaltung mit sich führen möchte, kann dieselbe gerade bei den⸗ jenigen Gaitungen gewerblicher Erzeugnisse, für welche der Musterschutz von besonderer Bedeutung sein soll, bei den Erzeugnissen der Weberei und der Tapeten⸗Fabrication, sobald diese in den Detail⸗Verkehr übergehen, wie dies ohne nähere Ausführung klar ist, ihren Zweck nicht erfüllen. Die Einsicht registrirter Muster ist auch in Großbritannien während der Dauer des Schutzes ohne Konsens des Eigenthümers nur bei sogenannten Nützlichkeits⸗Mustern ein Begriff, der im Gesetze nicht näher erläutert ist gestattet. 88 et 6 Victor. cap. C. sub XVII; 6 et 7 Wietor. cap. LXV. sub KX.

8 Bei der sehr schwierigen Entscheidung darüber, ob ein Muster neu und eigenthümlich sei, würde man sich indeß will man einmal den Muster⸗ schutz trotz der Vexationen, die möglicherweise für das gewerbtreibende Pu⸗ blikum daraus entspringen können doch dazu verstehen müssen, den Weg zu betreten, welchen die fremdländische Gesetzgebung eingeschlagen hat, und jedes Muster, dessen ausschließliche Benutzung sich der Eigenthümer vorbe⸗ halten hat, so lange zu schützen haben, bis vor dem Richter dargethan worden, daß es nicht neu und eigenthümlich, vielmehr einem schon früher vorhanden gewesenen Muster entlehnt sei. Es würde dann, wenn diese Thatsache festgestelltworden, der Richter nicht blos auf Abweisung des Klägers beziehungs⸗ weise Freisprechung des Angeklagten, sondern gleichzeitig auch die Auf⸗ hebung des Schutzes auszusprechen haben. Indeß wird vor allen Dingen und ehe überhaupt ein Verfahren, sei es im Civil⸗ oder Kriminal⸗Prozesse, gegen den angeblichen Nachahmer eingeleitet werden kann, feststehen müssen, daß wirklich eine Nachbildung des geschützten Musters vorliege, oder richti⸗ ger ausgedrückt, daß von dem Beklagten Fabrikate mit einem dem ersteren aͤhnlichen Muster an den Markt gebracht worden sind. Dies führt auf die Frage, wer darüber befinden soll, ob eine unerlaubte Nachbildung, ein Eingriff in das Muster⸗Eigenthum vorliege.

Für die gewöhnlichen Gerichtshöfe dürfte diese Entscheidung eine schwierige Aufgabe sein. Selten stellt sich die Nachahmung als ein reines Facsimile des Originals dar; meist sind mehr oder weniger Veränderungen angebracht, die es oft dem geübten Auge des Technikers schwer machen, zu erkennen, ob es sich um eine Nachahmung oder um ein selbstständiges Werk handelt. Man würde also jedenfalls dem Richter ein aus Sachverständi⸗ gen, aus Musterzeichnern, Formbildnern und Fabrikanten zu kombinirende begutachtendes Kollegium an die Seite zu setzen haben, ähnlich wie der §. 17 des Gesetzes vom 11. Juni 1837 in Bezug auf die Prüfung der Frage, ob ein Nachdruck oder die Nach⸗ bildung eines Kunst⸗Produktes vorliege, anordnet. Es bliebe die Wahl, entweder mehrere solche Kollegien mit einer anf bestimmt abzu- gränzende Bezirke beschränkten Kompetenz oder aber eine Centralstelle nach dem Vorbilde des artistischen Sachve ständigen⸗Vereins einzusetzen. Die eine wie die andere Alternative hat ihre Bedenken. In den östlichen Pro⸗ vinzen Preußens, wie in manchen anderen Theilen des Gesammtgebietes, für welches der Musterschutz eingeführt werden soll, werden viele Zweige der Industrie gar nicht, oder doch nur sehr vereinzelt betrieben; es würden sich dort Kollegien, welche auch nur Vertreter der Hauptrichtungen der Ge⸗ werblhätigkeit, der Fabrication von Metallwaaren, von Holz, Elfenbein und Horn, von Seide, Wolle und Baumwolle, von Tapeten ac. in ihrer Mitte hätten, nur schwer bilden lassen. Ferner würde bei Einsetzung mehrerer Sachver⸗ ständigen⸗Räthe eine Einheit in der Praxis und das Festhalten an bestimm⸗ jen Grundsätzen, was doch bei der Entscheidung von Fragen, die wie die hier in Rede stehende der subjektiven Auffassung einen weiten Spielraum offen lassen, ganz unerläßlich ist, nicht zu erreichen sein. Endlich dürften kaum überall Personen gefunden werden, welche die Versäumniß und die Kosten, die durch die Zureise nach dem Versanemlungsorte und den Aufent⸗ halt daselbst entstehen, zum Opfer zu bringen geneigt sind. Der Staats⸗ kasse können diese Kosten nicht aufgebürdet werden, und eben so wenig er⸗ scheint es angänglich, sie den Parteien aufzulegen, da die Kosten, nament⸗ lich wenn nur ein einzelner Prozeß die Veranlassung zum Zusammentritte des Collegiums darbietet, sehr erheblich und ganz unverhältnißmäßig sein würden. Durch die Errichtung einer Centralstelle für den gesammten Bereich des Zollvereins und Oesterreichs würde allerdings für die gleich⸗ mäßige Entscheidung der vorkommenden Streitigkeiten viel gewonnen werden. Allein der Bildung einer solchen Centralstelle scheinen sich kaum zu beseitigende Hindernisse entgegenzustellen. Will man sie aus Gewerbtreibenden und Künst⸗ jern aller betheiligten Staaten zusammensetzen, so würden die oben hervorgeho⸗ benen Schwierigkeiten in Bezug auf die Auffindung von Personen, die mit Hintansetzung ihrer eigentlichen Berufsthätigkeit sich dem in Rede stehenden Geschäfte widmen möchten, in Bezug auf den Kostenpunkt ꝛc. nur in einem noch höheren Maße hervortreten. Soll sie aber nur aus Mitglie⸗ dern bestehen, welche am Sitze der Centralstelle wohnhaft sind, so würde sie abgesehen davon, daß kaum eine Stadt nachzuweisen sein wird, in welcher alle oder auch nur die wichtigeren Zweige der Industrie mit glei⸗ cher Prävalenz vertreten ind das ihr unentbehrliche Vertrauen und die

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