Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 29. Mat. In der Stadt Schöne⸗ beck, Regierungsbezirk Magdeburg, ist die Städte⸗Ordnung vom 30. Mai 1853 vollständig eingeführt worden. 3
— Aus Tilsit wird der „Pr. C.“ berichtet, daß, nachdem
der dahingesandte Regierungs⸗Kommissarius die Pontonbrücke
über die Memel besichtigt, beschlossen worden ist, eine Verstär⸗ kung der Brücke ausführen zu lassen, damit der jetzt so bedeutende Frachtverkehr gegen weitere Störungen gesichert sei. Es wird da⸗ her die Einziehung neuer Balken und die theilweise Herstellung eines neuen Bohlenbelages erfolgen.
Hessen. Darmstadt, 20. Mai. Heute vertagte sich unsere Zweite Kammer auf drei Wochen, nachdem sie die letzte ihrer
finanziellen Arbeiten, das Finanzgesetz für die Finanzperiode 1854 bis 1856, fertig berathen hatte. Inzwischen tritt die Erste Kammer zusammen.
Frankfurt, 26. Mai. Heute Vormittags ist Se. Königl. Hoheit der Kronprinz von Württemberg mit der Frau Kronprin⸗ zessin Olga Kais. Hoheit auf der Rückkehr von Petersburg hier angekommen und hat auf der Main⸗Neckar⸗Bahn die Reise nach Stuttgart fortgesetzt.
— 27. Mai. Der preußische Ministerresident bei unserer freien Stadt, Graf Perponcher⸗Sedlnitzky, ist von seiner Reise nach Dresden wieder hierher zurückgekehrt. — Frhr. von Reitzenstein, der preußische Militairbevollmächtigte, ist in der gestrigen Sitzung der Militair⸗Kommission als Mitglied derselben eingetreten. (Frankf. Bl.)
Baden. Karlsruhe, 26. Mai. Se. Königliche Hoheit der Regent ist heute von Baden wieder hierher zurückgekehrt. — Die Staats⸗Regierung hat den Staatsrath Brunner nach Rom abgesandt, um daselbst über die neuesten Vorgänge in Freiburg und die dadurch hervorgerufenen Maßnahmen der Regierung Be⸗ richt erstatten zu lassen. — Das 2te Bataillon des 3ten Infanterie⸗ Regiments (Oberst⸗Lieutenant Weber) und die 1ste Schwadron des Zten Reiter⸗Regiments (Rittmeister von Freydorf) sind nach dem Odenwald und der Main⸗ und Taubergegend abgegangen, um da⸗ selbst, wenn sich irgendwo Gelüste zeigen sollten, der gesetzlichen Obrigkeit ungehorsam zu sein, sofort energisch einzuschreiten. Diese Truppenabtheilung wird theils in Mosbach, theils in Wertheim stationirt werden. (Bad. Bl.)
Württemberg. Stuttgart, 26. Mai. Se. Königliche Hoheit Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen ist gestern zum Besuche bei der Königlichen Familie hier angekommen. Diesen Morgen reiste Se. Königl. Hoheit nach Baden⸗Baden weiter, wo Höͤchstdieselben Nachmittags eintrafen.
Großbritannien und Irland. London, ⸗25. Mai. Das Schraubendampftransportschiff „Holyrood“ ist gestern Nachmittag von der Ostsee in Sheerneß angekommen. Es hat Sir Charles Na⸗ pier mit dem Flaggenschiff „Duke of Wellington“ und den übrigen Schiffen der Ostseeflotte am 16. d. verlassen, als die Schiffe etwa 30 Miles NNO. von Gottska Sandoe kreuzten. Bis zum 16. waren noch keine Angriffe weder auf Reval, die Alands⸗Inseln oder irgend eine andere russische Besitzung unternommen worden, auch erwartete man den Beginn der Operationen nicht vor Ankunft der französischen Flotte, von welcher sich damals nur das Linienschiff „Austerlitz“ bei der englischen Flotte befand. Die Dampfsloop „Basilisk“ von 6 Kanonen war bis nahe an Hangö Udd heran zum Rekognosziren vorgeschickt worden und hatte weiterhin eine russische Flotte, 10 bis 12 Segel stark, vor Anker liegen gesehen. Es wurde von der Batterie eine Kugel auf den „Basilisk“ abge⸗ feuert, die aber nicht traf, worauf das Schiff sich wieder entfernte. Der „Holyrood“ hat 61 invalide gewordene Matrosen nach England zurückgebracht.
Das Kanonen⸗Dampfboot „Otter“ geht heute von Woolwich nach der Ostsee ab; die Kanonen⸗Dampfboote „Pigmy“, „Minx“ u. s. w., welche zum Dienst in den Scheeren des finnischen Meer⸗ busens bestimmt sind, werden unverweilt folgen.
Als die nach Griechenland bestimmten Infanterie Regimenter werden jetzt bezeichnet das 46ste (statt des nach Candia beorderten 97sten), das 63ste, 21ste, 20ste, 34ste und das erste Bataillon der
Der am 10. Juli v. J. von Sir C. Hotham mit dem pro⸗ visorischen Direktor der argentinischen 8. hochnaa n⸗ S. abgeschlossene Vertrag wegen Freigebung der Schifffahrt auf dem Parana und Uruguay ist jetzt dem Parlamente mitgetheilt wor⸗ den. Durch diesen Vertrag verpflichtet sich die Conföderation, die Schifffahrt auf jenen Flüssen, so weit sie ihr Gebiet berüh⸗
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Abgereist: Se. Excellenz der Wirkliche Geheime Rath und Ober⸗Präsident der Provinz Preußen, Eichmann, nach Konigs⸗ v
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ren, allen Nationen freizugeben und selbst im Falle eines Krie⸗
es unter den Plata⸗Staaten freizulassen, ausgenommen mit
ezug auf den Transport von Kriegs⸗Contrebande. Auch ver⸗ pflichtet sich die Conföderation, das Leuchtfeuer⸗ und Tonnen⸗ Wesen zu unterhalten und ein gleichmäßiges Zollsystem einzuführen Was die Insel Martin Garcia betrifft, deren Besitzer befähigt sein würde, die freie Schifffahrt auf dem Plata⸗Strome und seinen Ne⸗ benflüssen zu stören, so versprechen die kontrahirenden Theile, ihren Einfluß dahin zu verwenden, daß die Insel (die zu Buenos⸗Ayres hebaeh nicht in den Besitz eines Staates gelange, welcher dem Prinzip der freien Schifffahrt nicht beigetreten seix. Der Vertrag ist von England am 11. März d. J. ratifizirt worden. „Frankreich. Paris, 26. Mai. Der „Moniteur“ ver⸗ öffentlicht ein (bereits seinem Inhalte nach telegraphisch gemelde⸗ tes) Kaiserliches Dekret, welches den zwischen Frankreich und Eng⸗ land betreffs der Prisen abgeschlossenen Vertrag promulgirt. Die Bestimmungen des Vertrags lauten also:
„Art. 1. Wenn die Seemacht beider Länder gemeinschaftlich eine Prise macht, so wird die Verurtheilung des Schiffs der Jurisdiction des Landes zufallen, deren Flagge im Kampfe den ältesten Offizier trug.
„Art. 2. Wenn ein Kreuzer der beiden verbündeten Nationen eine Prise gemacht, und zwar in Anwesenheit oder Angesichts eines Kreuzers der anderen verbündeten Nation, mag dieser auch dazu beigetragen haben, den Feind einzuschüchtern und zum Angriff zu ermuntern, so soll die Verurtheilung der Jurisdiction dem anheimfallen, der das Schiff genemmen.
„Ait. 3. Falls ein Handelsschiff einer der beiden Nationen wegge⸗ nommen wird, so soll die Verurtheilung immer der Jurisdiction des Landes des weggenommenen Schiffs anheimfallen; die Ladung wird durch das Schicksal des Schiffs bestimmt.
„Art. A stellt fest, daß so oft Schiffe von der Schiffen beider Nationen vereint weggenommen werden, so soll der Netto⸗Ertrag der Prise, nach Ab⸗ zug der Kosten, in so viele Theile zerfallen, als Leute an Bord der Schiffe,
ohne Unterschied des Ranges, sind; die Vertheilung der Gelder fällt jedem
resp. Gouvernement je nach den gesetzlichen Bestimmungen des Landes, an⸗ heim. Ein gleiches findet statt, wenn eine Prise Angesichts eines Kreuzers der andern Nation weggenommen wird, so daß die Mannschaften gleich⸗ mäßig danan betheiligt sind.
„Art. 5 stellt fest, daß die Kommandanten der Kriegsschiffe sich mit Bezug auf die Führung oder Auslieferung der Prisen nach den Instruc⸗
tionen zu richten haben, die der Convention angehängt sind, und welche
E1“ der kommandirenden Offiziere Prisen gegenüber speziell regeln.
„Art. 6 stellt fest, daß die Abschätzung eines genommenen Kriegsschiffs nach dem wirklichen Werthe von Sachverständigen beider Nationen ge⸗ schehen solle.
„Art. 7 bestimmt, daß die Mannschaften der weggenommenen Schiffe nach den Gesetzen und Reglements des Landes behandelt werden sollen, welchen die Vertheilung der Prise anheimfällt. In den diesem Vertrag angehängten In⸗ structionen für die resp. Kommandanten der Kriegsschiffe heißt es: „Frauen⸗ zimmer, Kinder und Civilisten, die sich an Bord eines weggenommenen Schiffes befinden, sollen nicht als Gefangene angesehen werden, sondern dürfen frei landen. Alle andern Personen, die am Bord feindlicher Schiffe gefunden werden, sind als Kriegsgefangene zu behandeln.“
Spanien. Die offizielle „Madrider Zeitung“ vom 20. Mai veröffentlicht bereits das Dekret über die angekündigte Zwangsanleihe ohne weitere Motivirung. Die Civil-Gouverneure und Admini⸗ stratoren der Provinzen sollen ihre Verwaltungsbefohlenen „ein⸗ laden“, einen Halbjahrs⸗Betrag ihrer Steuern, welchen Namen sie auch haben, die Gemeinde⸗Abgaben in Abzug gebracht, als „Vor⸗ schuß“ zu „unterzeichnen“, den der Staatsschatz in acht halbjähr⸗ lichen Terminen, vom 30. Juni 1855 angefangen, zurückzahlen soll. Die Unterzeichnung muß binnen 30 Tagen nach Publication des Dekrets geschlossen und die erste Hälfte des Vorschusses während der Monate Juni und Juli bewerkstelligt sein, wobei 6 pCt. Diskonto vergütet werden. Außerdem tragen die für das Eingezahlte auszustellenden Schatzscheine vom 1. Juni an noch 6 pCt. Interessen. Es wird Privatunternehmern so wie auch Gemeinde⸗ und Provinzial⸗Körperschaften freigestellt, die Beträge für einzelne oder mehrere Städte oder Provinzen für ihre Rech- nung zu übernehmen.
Italien. So viel man bis jetzt in Turin über den In⸗ surrections⸗Versuch politischer Flüchtlinge an der Küste des Golfs von Spezzia in Erfahrung gebracht hat, der bekanntlich durch das energische Auftreten der sardinischen Gränz⸗Zollbeamten und mit Hülfe der Nationalgarden der Um⸗ gegend auf der Stelle unterdrückt wurde, ehe noch die von Genua dorthin abgeschickten drei Schützen⸗Compagnieen daselbst eingetroffen waren, scheint dies eben so wahnsinnige als frevelhafte Unterneh men entweder in Amerika oder von dem Londoner Revolutions⸗ Comité angestiftet gewesen zu sein. Die Aufrührer hatten sich in einem Hafen des Mittelländischen Meeres (man glaubt, in Malta) versammelt, wo sie ein kleines Fahrzeug vorfanden, welches sie nach dem zu ihrer Landung ausersehenen Punkte brachte. Garibaldi soll der Sache nicht nur fremd ge⸗ blieben sein, sondern auch die Absicht haben, in einer öffentlichen Erklärung seine Mißbilligung über diese wie alle ähnlichen von Mazzini ausgehenden Versuche auszusprechen. Die Feigheit, mit der die revolutionalren Abenteurer, welche am 13. Mai in der
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Nshe des kleinen Ortes Lerici, unweit Spezzia, landeten, bei dem I ihnen entgegengesetzten Widerstand ohne Kampf die Flucht ergriffen, zeigt überdies von wemg Selbstvertrauen; einige derselben, etwa 10 bis 12, wurden verhaftet, die Mehrzahl aber entfloh in die benachbarten Berge, unter Zurücklassung einer Kiste mit etwa 150 Gewehren. Es sollen sich unter den Verhafteten auch einige von denen befinden, die bei einem ganz ähnlichen Unternehmen, im September v. J., von den sardinischen Truppen gefangen genom⸗ men und aus augenscheinlich übel angebrachter Milde straflos ent⸗
lassen wurden. (Pr. C.) 1
Griechenland. Die „Triest. Ztg.“ schreibt aus Athen vom 19. Mai: „Verflossenen Sonnabend, den 1. (13.) Mai, wurde dem Minister des Aeußern, Herrn Paikos, eben so von Seiten des französischen Gesandten, Herrn Forth⸗Rouen, wie von Seiten des englischen Gesandten, Herrn Thomas Wyse, eine (telegraphisch be⸗ reits erwähnte) Note übergeben, zu deren Beantwortung eine Frist von vier Tagen anberaumt worden war, welche aber auf Verlangen der griechischen Regierung bis auf Montag, den 22. Mai, verlän⸗ gert wurde. Man verlangt ungefähr die augenblickliche Erfüllung
olgender Punkte: 4 folg 1) Der König und die Reglerung sollen öffentlich und unverhüllt
aussprechen, daß sie bei dem orientalischen Kampfe strenge Neutralität
beobachten werden. 2) Sie sollen öffentlich die strafwürdigen Handlungen Derjenigen
verurtheilen, welche, den griechischen Dienst verlassend, in die Reihen der
Aufständischen übergingen. 18 804 an 1n Aufstand theilnehmenden Angestellten sollen innerhalb
kurzer Frist zur Rückkehr aufgefordert werden, unter Androhung strenger Verfolgung im Falle des Ungehorsams.
4) Es soll öffentlich bekannt gemacht werden, daß Niemand mehr in den öffentlichen Dienst aufgenommen wird, welcher Urlaub verlangt oder seine Entlassung nimmt mit der Absicht, sich mit den Aufständischen zu vereinigen.
Vor Allem aber soll das Benehmen des Hofes und der Re⸗ gierung in Uebereinstimmung gebracht werden mit den Aeußerungen derselben, und es soll keine Veranlassung gegeben werden, daß die Idee bestärkt werde, daß der König die Verbindlichkeiten seiner Stellung gegenüber den beiden Mächten vergesse. Sollte endlich bis zum 22. Mai keine genügende Antwort den beiden Mächten
zukommen, so werden sie die Macht haben, ihren Entschließungen Achtung zu verschaffen, deren Folge die Vernichtung des helleni⸗
schen Thrones und die Einführung einer anderen Regierung sein
wird, welche der Thätigkeit der beiden Mächte kein Hinderniß ent⸗ gegensetzt. — Eine weitere Note des englischen Gesandten verlangt die Veröffentlichung des Wiener Protokolls vom 8. April, die In⸗ tegrität der Türkei betreffend. —
Ein türkischer Dampfer brachte am 14ten im Schlepptau ein griechisches Segelschiff von 200 Tonnen, welches von demselben im Hafen von St. Nicola bei Cassandra aufgebracht wurde, als es 400 Hellenen ans Land setzte. Der Capitain des Dampfers rich⸗ tete seine Kanonen so gut, daß etwa 100 Griechen getödtet wur⸗ den, die übrigen flüchteten ins Gebirge. An Bord des Schiffes sind noch 30 Mann, Munition, vier Kanonen und viel Geld.
Türkei. Konstantinopel, 15. Mai. Die EEEEEEE“ schreibt: Den vor wenigen Tagen eingeschifften englischen Regimen⸗ tern soll morgen — wenn bis dahin kein Gegenbefehl erscheint — die ganze leichte englische Brigade folgen. Man hält das Ziel ihrer nächsten Bestimmung ziemlich geheim, doch glaubt man, sie sei nach Varna bestimmt.
Die Division des Prinzen Napoleon ist auf dem Marsche von
Gallipoli nach Stambul. Eine andere französische Division sollte nach umlaufenden Gerüchten bereits auf dem Wege nach Adria⸗ nopel sein.
Nach einer aus Bukarest in Wien eingetroffenen Mittheilung vom 18. Mai hat General Lüders mit dem Centrum und linken
Flügel seines Corps den Marsch auf der über Basardschik nach Schumla führenden Straße am 10. Mai angetreten. Der Marsch konnte nur langsam bewerkstelligt werden, da die türkischen Streif⸗ corps wiederholt Angriffe machten, um sie zum Rückzuge zu nöthi- gen. Am 15. standen die Avantgarden, geführt von General Grotenhelm, in Mussabei zwischen Basardschik und Silistria, wo am 14. ein heftiges Gefecht ohne Erfolg für die Türken statt⸗ gefunden.
Die in Umlauf befindlichen Gerüchte von einer Einnahme Schumla's, einer durch die Russen gewonnenen großen Schlacht bei Schumla, Besetzung Varna's u. s. w., haben, wie Berichte aus Orsova vom 2lsten d. M. aufklärend melden, ihre Quelle in einer von den Russen zur Beschleunigung der Uebergabe Silistria's gebrauchten Kriegslist. Es erschien nämlich am 16. Mai ein Par⸗ lamentair vor Silistria, der den Festungs⸗-Kommandanten zur Uebergabe aufforderte; nebenbei aber auch im Privatgespräche über fabelhafte Siege der Russen, wie eben erwähnt, erzählte. Diese Mittheilungen verbreiteten sich mit Blitzesschnelle durch das ganze Land und wurden hin und wieder von den Russen als vollkommen
wahr bestätigt.
Der Bericht eines Wiener Blattes, die Russen hät ten am 19.
[oder 18. Mai bei Oltenitza die Donau passirt und die Cernirung
der kleinen Festung Turtukai begonnen, kann auf Grundlage russi-⸗ scher Berichte als eine Erfindung bezeichnet werden.
Ueber dieselbe Angelegenheit wird dem „Wanderer“ aus Bu⸗ karest, den 20. Mai, geschrieben: Die Türken von Turtukaja hat⸗ ten mehrere Tage hindurch ruhig zugesehen, wie die Russen die Bestandtheile einer aufzuschlagenden Brücke bei der oberhalb Olte⸗ nitza, gegenüber von Turtukai liegenden Insel, zusammenfügten. Am 12. haben sie die Russen nur wenig belästigt; am 13. hielten sie sich ganz still bis 3 Uhr Nachmittags. Um diese Zeit aber setzten sich vom jenseitigen Ufer 15 türkische Schiffe und Kanonenboote in Bewegung, und steuerten der Insel zu. In der Nähe derselben eröffneten die Kanonenboote ein wohlgezieltes Feuer auf den östlichen Theil der Insel und auf die bis dahin vollendete Brücke. Bald landete auch die Mannschaft von 4 Schiffen am oberen Ende der Insel, und griff alsogleich zum Bajonette, während 5 andere Schiffe ein Ma⸗ növer oberhalb der Insel gegen das diesseitige Ufer ausführten. In weniger als anderthalb Stunden wurden die auf der Insel be- findlichen Russen überwältigt und verdrängt, und die Brücke theils auseinandergerissen, theils zerstört. Der Verlust muß natürlich beider⸗ seits sehr groß gewesen sein; jener der Rossen kann daraus beurtheilt werden, daß am 17., 18. und 19. von Oltenitza nach Bukarest 289 Wagen mit Verwundeten gekommen sind. Auf jeden Wagen muß man 4 oder wenigstens 3 Verwundete rechnen. Unter diesen befinden sich 22 Offiziere niederer Chargen, 3 Hauptleute, 2 Majore u. s. w. Diese sind aber nur die leicht Verwundeten, denn die schwerer Verwun- deten sind in Oltenitza und in anderen zunächst liegenden Spitälern gelassen worden.
Ebenso erfahre ich aus guter Quelle, daß die beim Rückzuge der Russen in der kleinen Walachei, am 24sten und 25sten bei Schiul, und am 2ten oder 3ten bei Radovan vorgefallenen Gefechte viel blutiger gewesen, als es anfangs verlautete. Namentlich war der Kampf bei Radovan für die Kosaken sehr empfindlich, denn ihrer sind daselbst nicht weniger als 140 todt am Platze geblie⸗ ben. (In der letzten Nummer der „Leipziger illustrirten Zeitung“ wird dieser Kampf von einem Augenzeugen beschrieben und die Zahl der getödteten Kosaken auf 147 angegeben.) v
Ein Bericht aus Giurgewo vom 14ten d. M. meldet, daß das Feuer der Russen der Festung Rustschuk noch keinen Schaden ge⸗ bracht; dagegen werfen die Türken von Zeit zu Zeit Bomben nach Giurgewo, die gewöhnlich ihren Zweck nicht verfehlen, so daß die Mehrzahl der Einwohner die Flucht ergreift. Am 12ten hat ein Theil der russischen Donauflottille unter dem Schutze der russischen Inselbatterieen bei Silistria die Donau passirt und nähert sich dem hartgeprüften Giurgewo. Da die Türken im Hafen bei Rustschuk auch eine große Zahl von Schiffen und Kanonenbooten haben, so zweifelt man nicht, daß es in einigen Tagen bei Giurgewo zu einer Affaire auf der Donau kommen werde. Jede Verbindung zwischen Giurgewo und Bukarest ist unterbrochen und kann nur durch Boten unterhalten werden.
Briefe aus Krajova vom 18. Mai bestätigen, daß die tür⸗ kischen Truppen am 17ten daselbst nun wirklich eingerückt sind. Die Türken konzentriren bedeutende Truppenmassen in der kleinen Wa⸗ lachei, und es scheint, daß sie, den Rückzug der Russen benutzend, die Aluta zur Operationsbasis gegen den Rücken der russischen Aufstellungen zu gewinnen suchen werden.
Die Nachrichten aus Circassien, welche bis zum 10. Mai reichen, lauten für die Russen sehr ungünstig. Die Tschetschenzen haben ihre Unabhängigkeits⸗Erklärung erlassen und sich mit den Tscherkessen dahin geeinigt, daß sie einen Neffen Schamyl's zu ihrem Oberhaupte provisorisch wählen. Die verschiedenen Völkerstämme des gebirgigen Circassiens rüsten sich, ihr Land gegen die Russen in Vertheidigungszustand zu setzen, und werden von der Türkei kräf⸗ tigst unterstützt.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 23. Mai. Der „Russ. Invalide“ enthält folgende Nachrichten von der Donau. Den 19. (31.) April brachen die Türken, 15,000 Mann stark, aus Kalafat hervor und errichteten ein Lager bei dem Dorfe Byleschti. Bei der Nachricht, daß die feindliche Kavallerie das Dorf Radovan besetzt habe, wurde der Oberst Sheltonoschkin, Commandeur des 38sten donischen Kosaken⸗Regiments, mit 3 ½ Ssotnien seines eige⸗ nen Regiments und 12 Ssotnien vom 42sten donischen Regimente des Oberst⸗-Lieutenants Ul'janow nach diesem Punkt gesandt, um die Stärke der feindlichen Truppen genauer zu ermitteln. In einer Entfernung von 3 Werst von Radovan warfen die Kosaken die Vorpostenkette der Baschi⸗ Bozuk, als aber diesen 7 Escadrons regulairer türkischer Kavallerie zu Hülfe gekommen waren, attakirte der Oberst Sheltonoschkin den Feind in der Flanke und zwang ihn, sich auf Radovan zurückzuziehen. Eine Abtheilung türkischer Kavallerie von 700 Mann erfuhr dasselbe Schicksal in dem Dorfe Kusgun (bei Rassewata, am rechten Ufer der Donau), wo es sich festgesetzt hatte. Der von dem General-⸗Adjutanten Lüders mit zwei Ssotnien seines Regiments abgesandte Oberst⸗ Lieutenant Walujew, Commandeur des donischen Kosaken⸗Regiments Nr. 22, verjagte den Feind nach der Richtung von Basardshik zu.