1856 / 137 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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S ste Stück der Gesetz⸗Sammlung, welches heute aus⸗

gegeben wird, enthält unter

Nr. 4423. den Allerhöchsten Erlaß vom 15. Mai 1856, betreffend die Verleihung der Städte⸗Ordnung für die Rhein⸗ Provinz vom 15. Mai 1856 an die auf dem rheini⸗

schen Provinzial⸗Landtage im Stande der Städte ver⸗ tretenen Gemeinden von weniger als 10,000 Einwoh⸗ nern; unter

4424. die Städte⸗Ordnung für die Rheinprovinz. Vom 15. Mai 1856; und unter das Gesetz, betreffend die Gemeinde⸗Verfassung in der Rheinprovinz. Vom 15. Mai 1856. ö

Berlin, den 13. Juni 1856.

Debits⸗Comtoir der Gesetz⸗Sammlung.

Der bisherige Geheime revidirende Kalkulator Geheimen Rechnungs⸗Revisor ernannt worden.

emäß §. 98 der Bank⸗Ordnung vom 5. Oktober 1846 wird die Zahlung einer Dividende von 20 Rthlr. Courant b für den Dividendenschein Nr. 19. der Bankantheilscheine vom 4. Jukt v. Z ab bet ver Haupt-Bankkasse zu Berlin, bei den Provinzial⸗Comtoiren zu Breslau, Cöln, Danzig, Königsberg in Pr., Magdeburg, Münster, Posen und Stettin, so wie auch bei den Bank⸗Kommanditen zu Bromberg, Crefeld, Coblenz, Dortmund, Düsseldorf, Elberfeld, Elbing, Frankfurt a. d. O., Gleiwitz, Glogau, Görlitz, Graudenz, Halle, Landsberg a. d. W., Memel, Siegen, Stolp, Stralsund, Thorn und Tilsit erfolgen. Berlin, den 10. Juni 1856.

für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. Chef der Preußischen Bank 1111“

Angekommen: Se. Excellenz der General der Kavallerie,

General⸗Adjutant Sr. Majestät des Königs und kommandirende

General des Garde⸗Corps, Graf von der Groeben, von Königs⸗

berg i. Pr. . Der General⸗Major und Inspecteur der Artillerie⸗Werkstätten,

Kunowski, und 3 Der Erbschenk in der Kurmark Brandenburg, von Hake, von

Magdeburg.

Abgereist: Se. Excellenz der Staats⸗Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, von der Heydt, nach Eilenburg.

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Berlin, 12. Juni. Seine Majestät der König haben Aller⸗ gnädigst geruht: Dem Minister⸗Präsidenten und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Freiherrn von Manteuffel, die Erlaubniß zur Anlegung des von des Kaisers von Rußland Maäjestät ihm verliehenen St. Andreas⸗Ordens zu ertheilen.

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2 li ch e S.

Preußen. Berlin, 12. Juni. Der erste Eisenbahnzug aus Kassel hat am 11. Juni c. in Gerstungen den Anschluß an den zweiten Zug hierher nicht erreicht.

Hannover, 11. Juni. Das Ministerium der auswärtigen

Angelegenheiten bringt in der gestrigen Gesetzsammlung die Er⸗

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klärung des pariser Kongresses über verschiedene Grundsätze des

Seerechts in Kriegszeiten zur öffentlichen Kenntniß, mit dem Hin⸗

zufügen, daß die hannoversche Regierung auf erfolgte Einladung

der Erklärung beigetreten sei. In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer kam der Ge⸗

setz Entwurf wegen Verbesserung der Schulstellen zur Be⸗

rathung.

Die Anträge der Schulkommission gingen dahin: 1) dem Gesetz⸗ Entwurfe zuzustimmen, und die zur Erleichterung der Ausführung des Volksschulgesetzes bewilligte Summe, mit Rücksicht auf das

gegenwärtige Gesetz, vom 1. Juli d. J. an um 20,000 Rthlr. zu

erhöhen; 2) daneben die Regierung um Mittheilung über die aus der neuen Bewilligung an die einzelnen Schulgemeinden erfolgenden

jährlichen Zuschüsse und über das Verhältniß der Leistungen der

betreffenden Gemeinden, einschließlich des Schulgeldes, zu der nach dem Fuße der kombinirten direkten Steuern berechneten Steuer⸗ kraft derselben, zu ersuchen. Zu diesem Antrage der Kommission wurde noch im Laufe der Debatte der Zusatz gemacht: „und zwar zu dauernder Verbesserung der Volksschulstellen“. Die Kam⸗ mer nahm schließlich die Anträge der Kommission mit dem eben er⸗ wähnten Zusatze an. .

Baiern. München, 10. Juni. Der Gesetzentwurf in Betreff der Gerichtsorganisation wird in der Kammer der Reichs⸗ räthe noch im Laufe dieser Woche zur Berathung kommen, und in der Kammer der Abgeordneten wird in den letzten Tagen dieser Woche das Budget mit der Berathung des Finanzgesetzes seine Erledigung finden und dann an die Kammer der Reichsräthe ge⸗ langen. (N. C.)

Niederlande. Haag, 10. Juni. Die Zweite Kammer

ist auf den 17. Juni wieder zusammenberufen. In den letzten

Tagen wurden von unserer Regierung wieder mehrere Conventionen wegen Zulassung von Konsular⸗Agenten in den diesseitigen Kolo⸗ nieen geschlossen. Auch kam eine Uebereinkunft mit den Ver⸗ einigten Staaten wegen gegenseitiger Auslieferung von Verbrechern zu Stande.

Belgien. Brüssel, 10. Juni. Nach den bis jetzt einge⸗

troffenen Depeschen über die heute im östlichen Flandern, im Henne⸗ gau, Limburg und Lüttich stattgehabten Wahlen, zur Erneuerung

der Hälfte der Repräsentanten⸗Kammer, ist eine Niederlage der liberalen Partei zu melden. Die Provinz Lüttich ausgenommen, hat die Rechte fast überall gesiegt. In Gent sind alle sieben cleri⸗

kalen Candidaten erwählt, eben so in Charleroi, in Tournay, mit einer einzigen Ausnahme, in Termonde, Oudenarde ꝛc. So

weit das Ergebniß der bis jetzt bekannten Wahlen zu übersehen

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ist, würde die Rechte um sechs bis sieben Stimmen vermehrt werden. (Köln. Z.)

Morgen reisen die Königin Marie Amelie und der Herzog un die Herzogin von Nemours von hier ab, um sich über Ostende nach England zu begeben. In Ostende kommen bereits Bade⸗ gäste an.

Großbritannien und Irland. London, 10. Jumi Prinz Albert und der Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen besuchten gestern Morgens das Arsenal zu Woolwich. Am Nach—

mittage fuhren die Königin, Prinz Albert, die Prinzeß Royal

und der Prinz Friedrich Wilhelm nach Cremorne⸗-Gardens, wo sie die Ausstellung amerikanischer Pflanzen besichtigten, und beehrten am Abende im Lyceum-Theater eine Aufführung des Trauerspiels Medea (mit der Ristori in der Titelrolle) mit ihrer Gegenwart. In der gestrigen Oberhaus⸗Sitzung entgegnete Lord Pan mure auf eine Frage des Earl von Donoughmore, was aus den verschiedenen Fremdenlegionen werden solle: die Stärke dieser Trup⸗ pen belaufe sich im Ganzen auf 15,100 Mann, nämlich auf 8552 Deutsche 3013 Schweizer und 3335 Italiener. Die Entlassung der schweizer un der italienischen Legion werde hoffentlich in ein paar Wochen erfolgen, und was die deutsche Legion betreffe, so wünsche ein großer Theil der Legionaire, nach dem Vorgebirge der Guten Hoffnung zu gehen. Die Regierung werde Anstalten treffen, sie dort hin zu befördern, indem sie eine solche Ansiedelung für sehr wünschenswerth halte, da die besagten Deutschen in ihrem Wesen die größte Aehnlichkeit mit den ursprünglichen Ansiedlern jener Kolonie hätten. Der Earl von Carnarvon fragte, was für Nachrichten über die Beziehungen zwischen England und den Vereinigten Staaten das letzte Paketboot aus Amerika gebracht habe. Die Antwort des Earl Granville läuft darauf hinaus, daß aus den mit der „Asia“ angelangten Blättern nichts Bestimmtes über die Abreise Crampton’'s zu ersehen sei; eben so wenig habe die Regierung eine Nachricht über seine Entlassung erhalten. Doch erwarte sie noch an diesem oder am näͤchsten Tage Briefe Crampton's bis zum 27. Mai; gegenwärtig aber sei sie ohne authentische Nachrichten. * In der Unterhaus⸗Sitzung fragte Major Reed Herrn B. aillie, ob er nach den neulichen Aeußerungen Sir Bulwer Lyttons und Lord Palmerstons noch auf seinem Vorsatze beharre, den von ihm angekündig⸗ ten, die amerikanischen Werbungen betreffenden Antrag zu stellen. Baillie tntgeghene er werde die Werbe-Angelegenheit zur Sprache bringen, so⸗ bald die amtlichen Nachrichten über den Stand der Dinge in Amerika eingetroffen seien. Disraeli fragt, ob Lord Palmerston die direkte Nach⸗ richt von der Abreise Cramptons aus Washington erhalten habe. Lord Palmerston: Nein; ich habe in dieser Beziehung keine irgendwie verläßliche Nachricht erhalten. Auf Antrag Gibsons erfolgt die

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ritte Verlesung der Bill, durch welche der Abschwörungs⸗Eid auf⸗ gehoben wird. Sir F. Thesiger macht noch einen letzten Versuch, das seiner Ansicht nach unheilvolle Gesetz zu hintertreiben, indem er als Amendement eine der neuen Eidesformel zu gebende Fassung vorschlägt,

n welcher gleichfalls die Worte: „auf den wahren Christenglauben“ vor⸗ kommen. Er stützt sich bei seinem Kampfe gegen die Bill hauptsächlich darauf, daß England ein christlicher Staat sei. Lord J. Russell freut sich, daß Thesiger die alte Eidesformel aufgegeben und damit ihre Unhalt⸗ barkeit anerkannt habe. Wenn man aber eine neue Formel an ihre Stelle setze, so dürfe sie keine überflüssigen Worte enthalten, und wenn man die Juden vom Parlamente ausschließen wolle, so möge man das auf direkten Wege thun. Er glaube nicht, daß man den Zutritt zum Par⸗ lament von dem religiösen Bekenntnisse abhängig machen dürfe. Auch seien alle derartigen beschränkenden Bestimmungen rein illusorisch. Wie hätten sonst Lord Bolingbroke und Gibbon im Parlament sitzen können! Warren (der bekannte Novellist) spricht für das Amendement. T. Dun⸗ combe meint, es sei offenbar, daß alle Parteien sich des Abschwörungs⸗ Eides schämten und die Gegner der Bill sich nicht vor dem Hause Stuart, sondern vor dem Hause Rothschild fürchteten. Der gegenwärtige Zustand der Dinge dürfe nicht fortbestehen, selbst auf die Gefahr hin, daß hun⸗ dert Juden Sitz und Stimme im Parlament erhielten. Bei der Ab⸗ stimmung wird das Amendement Thesiger's mit 159 gegen 110 Stimmen verworfen und die Bill geht durch. Der auf die Re⸗ form der Universität Cambridge abzielende Gesetzentwurf wird im Comité berathen und eine Anzahl Artikel werden nach langen Erörte⸗ rungen angenommen. Der die Universität Oxpford betreffende Gesetz⸗ Entwurf wird zum zweiten Male verlesen.

Frankreich. Paris, 10. Juni. Der „Moniteur“ meldet: „Der Kaiser ist gestern nach Angers abgereist; er hatte sich von Tours aus nicht dorthin begeben wegen der Schwierigkeit der Kommunicationen und weil er die Unglücksfälle noch nicht vernom⸗

men hatte, welche die Umgebungen dieser Stadt heimgesucht haben. V

Der Kaiser traf heute Abends 6 ½ Uhr inmitten der begeisterten

Jubelrufe der ganzen Bevölkerung zu Angers ein. Die Stadt

war mit Fahnen ꝛc. geschmückt. Der Kaiser begab sich sofort nach den Schieferbrüchen von Trelazé.“ Dasselbe Blatt theilt ferner mit: „Der Prinz Napoleon beabsichtigt eine wissenschaftliche Reise in die nördlichen Meere, und der Kaiser hat ihm für dieselbe die kaiserliche Jacht „Reine Hortense“ und den Dampf⸗Aviso „Cocyte“ zur Verfügung gestellt. Der Prinz wird Paris am 12ten verlassen, um sich nach Havre zu begeben, wo er per⸗ sönlich an Bord dieser beiden Schiffe die letzten Vorbereitungen zu seiner Expedition überwachen wird. Der Prinz wird nach Paris zurückkommen, um der Feierlichkeit der Taufe des Kaiser⸗ lichen Prinzen beizuwohnen und darauf sich wieder nach Havre begeben, um sich dort am 15ten Morgens einzuschiffen. Der Prinz nimmt, außer dem Personal seines Hauses, eine Kommission mit,

die aus Stabs⸗Offizieren, Ingenieuren der Marine und der

Bergwerke, Naturforschern, Zeichnern u. s. w. zusammengesetzt ist. Diese Reise, während deren der Prinz das Inkognito beibehält, wird etwa drei Monate dauern. Der Befehl über die Expedi⸗ tion ist dem Schiffs⸗Capitain Baron de la Ronciere de Noury, Befehlshaber der „Reine Hortense“, anvertraut worden.

Der gesetzgebende Körper hat gestern die Berathung des Budget⸗ Entwurfs für 1857 nach langen Erörterungen über die Frage der Einkommensteuer zum Schlusse gebracht und denselben ein⸗

stimmig genehmigt. In der gestrigen Sitzung wurde auch ein Gesetzentwurf vorgelegt, der die bisher noch im Zoll⸗Tarife auf⸗

geführten Eingangsverbote aufhebt und Zölle feststellt, die zur Er⸗ setzung dieser Verbote bestimmt sind. Dem Kaiser ist eine aus⸗ führliche Denkschrift übergeben worden, worin unter Hinweisung auf

die Aussprüche eines Humboldt, Gay⸗Lussac und Arago, die seit V

20 Jahren stets zunehmenden Lichtungen der Wälder als Haupt⸗ ursache der Ueberschwemmungen und der Verschlechterung des Klimas bezeichnet werden. Heute um 1 Uhr fand im Ausstellungs⸗ Palaste die Vertheilung der Preise durch den Minister des Acker⸗ baues an die Aussteller statt. Mehr als 300 Belohnungen wurden bewilligt. Eine an den Straßen⸗Ecken angeschlagene Bekannt⸗ machung des Erzbischofs theilt den „Gläubigen“ mit, daß der Kar⸗ dinal Patrizi sich heute um 3 Uhr in die St. Genevieve⸗Kirche begebe, um Gott für seine glückliche Ankunft in Frankreich zu danken. Der Erzbischof, das Kapitel und der übrige Klerus werden ihn

empfangen. Der Plan des Platzes de l'Ctoile ist veröffentlicht

.

worden. Zwölf Bonlevards werden von diesem runden, den groß⸗

rtigen Triumphbogen umgebenden Platze auslaufen. Fünf bestehen

bereits, sieben andere werden errichtet. Italien. Sardinien wird bei der Krönung des Kaisers Alexander durch den General Broglio di Castelborgone, den Ca⸗

valiere Cugia und den Grafen Petitti vertreten sein. Die pie⸗

montesische Regierung hat beschlossen, 2000 Denkmünzen an das

französische Krim⸗Heer und die Mannschaften der französischen jetzt nur noch Wenige daran glauben, Herrn Crampton’'s Depeschen⸗

Flotte des Schwarzen Meeres zu vertheilen. Ein aus sieben Artikeln bestehendes Dekret des Königs beider Siecilien verfügt, daß, wer sich des Vergehens schuldig macht,

ohne vorher von Seiten der Polizei eingeholte Erlaubniß, verbotene affen zu tragen, mit Gefängniß erster Klasse (der gelindesten Stufe dieser Strafe) in Eisen bestraft werden soll, während über

den Verfertiger solcher Waffen die dritte Klasse derselben Ewaß⸗

so wie eine Geldbuße verhängt wird. Wer im Besitze verbotener Waffen ist, verfällt der gleichen Strafe. J ha erfolgt die Confiscation der Waßen C“

Spanien. Der „Agentur Havas“ schreibt man aus Ma⸗ drid vom 6. Juni: „In Folge der gegen die muthmaßlichen Komplott⸗Genossen eröffneten Untersuchung sind mehrere Verhaf⸗ tungen, worunter die eines bekannten Schriftstellers und eines Journal⸗Geranten, vorgenommen worden. Ein Königliches Dekret verleiht dem Gesandten in Paris, Olozaga, Rang und Würde eines Botschafters, jedoch ohne Gehalts ⸗Erhöhung Die Cortes haben in geheimer Sitzung beschlossen daß die Session Anfangs Juli bis zum Oktober vertagt werden soll. Die Infantin Amelia, Verlobte des Prinzen Adalbert von

Baiern, empfängt eine Mitgift von 4 Millionen Realen, so wie

außerdem von ihrem Vater noch eine beträchtliche Summe. Sie besitzt ferner den ihr durchs Loos zugefallenen höchst kostbaren Schmuck ihrer Mutter, dem die Königin noch einen anderen werth⸗ vollen Schmuck beifügte. ,

Eine Depesche aus Madrid vom 7. Juni lautet: „Die „Ma⸗

drider Zeitung“ bringt ein Dekret, das die Ausgebung von Actien

der Königlichen Straßen, jede von 1000 Realen, bis en S 9 zum Effektiv⸗ Betrage von 34 Mill. Realen anordnet. Zins 6 Pieen Die Licitation wird am 25. Juni statthaben.“ Türkei. Das Journal „de Constantinople“ vom 29. Mai

meldet: „In Folge der Heimkehr der französischen Truppen, noch

mehr aber wegen des verbesserten Gesundheits⸗Zustandes wurden

in den letzten Tagen fünf französische Hospitäler zu Konstantinopel

geschlossen. Die Räumung Skutari's von Seiten der englischen Truppen erfolgt mit großer Geschwindigkeit. Es befinden sich da⸗ selbst nur noch vier Kavallerie⸗Regimenter.

Rußland und Polen. Am 8. Juni ist in Warschau der förmliche Amnestie⸗Akt des Kaisers Alexander zu Gunsten .“ Flüchtlinge publizirt worden. Der betreffende Ukas autet:

„Von Gottes Gnaden Wir Alexander II., Kaiser und Selbstherrscher aller Reußen, König von Polen u. s. w. Die zahlreichen, von Personen welche eigenmächtig das Köͤnigreich Polen verlassen haben, angebrachten Gesuche um die Erlaubniß zur Rückkehr ins Land, unter Bezeugung der Reue über ihre augenblickliche Verirrung und der Bereitwilligkeit, sich in die Verfügungen der Regierung zu ergeben, liefern den Beweis, daß viele

der Fluüͤchtlinge und besonders die, welche das Land nach dem Aufstande

verlassen haben, nur wegen der Ungewißheit über ihr künftiges Schicksal im Lande mit der Einreichung ähnlicher Gesuche zögern. Indem Wir daher ihre vergangenen Irrthuͤmer der Vergessenheit uͤbergeben und Unsere Gesandtschaften bei den fremden Höfen ermächtigen, von denjenigen, welche aufrichtige Reue zeigen, Gesuche um die Erlaubniß zur Rückkehr ins Land entgegenzunehmen, um Uns dieselben durch Unseren Statthalter zur de⸗ finitiven Entscheidung unterzubreiten, befehlen Wir: 1) Alle die, welche die besagte Erlaubniß zur Rückkehr ins Königreich Polen erhalten von allen Untersuchungen wegen der Vergangenheit und von gericht⸗ licher Verfolgung in politischer Beziehung zu befreien; 2) Ihnen allen von dem Augenblick an, wo sie im Lande ankommen und den Huldigungseid erneuern, den Genuß ihrer standesmäßigen Rechte zurückzugeben, und 3) Denjenigen, deren Verhalten, vom Augen⸗ blick ihrer Ruͤckkehr an, drei Jahre hindurch untadelhaft ist, das Recht des Eintritts in den Civildienst nach Maßgabe ihrer Fähigkeiten zuzuer⸗ kennen, damit sie, indem ihnen die Möglichkeit gegeben wird, sich nützlich zu machen, zugleich den Beweis von der Aufrichtigkeit ihrer Gefinnungen ablegen können. Diese Unsere landesherrliche Huld, die wir denen an⸗ gedeihen lassen, welche aufrichtige Reue zeigen ‚Ferstreckt sich jedoch nicht auf diejenigen Flüchtlinge, welche durch ihr Verhalten fortdauernden Haß gegen Unsere Regierung bewiesen haben oder noch beweisen. Gege⸗ ben zu Warschau, 15. (27.) Mai im Jahre des Herrn 1856 und Unserer Negierung im zweiten. (gez.) Alexander. Durch den Kaiser und König der Minister⸗Staatssecretair (gez.) Ig. Turkull.“ 8

Amerika. In Liverpool ist am 9. Juni der Postdampfer

„Asia“ mit Nachrichten aus New⸗York bis zum 28. Mai ange

kommen. Die Nachrichten über die Entlassung Crampton’'s widersprechen sich (wie das die gestern und heute eingetroffenen Depeschen beweisen), obgleich die mit der „Asia“ angekommenen Passagiere die Ansicht aussprechen, daß sie erfolgt sei. Etwas Amt⸗ liches oder überhaupt Zuverlässiges darüber liegt jedoch nicht vor. Der Capitain der „Asia“ hatte noch eine halbe Stunde vor seiner Abfahrt von New⸗York eine Unterredung mit dem dortigen britischen Konsul, und dieser sagte ihm, er habe bis dahin noch nicht die Nachricht von der Entlassung Crampton's erhalten. In Folge einer telegra⸗ phischen Depesche hatte er in Washington angefragt und die Ant⸗ wort erhalten, daß nichts zu melden sei. Dem „New⸗York Herald“ hingegen wird aus Washington vom 28. Mai geschrieben: „Herr Crampton ward heute entlassen, wie ich das in meiner gestrigen Depesche voraussagte. Die Sache ging so still vor sich, daß selbst

träger ist heute Nachmittags mit der Antwort Marey's an Lord Clarendon abgegangen, die morgen der Dampfer nach Curopa bringen wird. Senator Mason aus Virginia meldete die Nachricht heute Nachmittags nach Cineinnati. Die Botschaft an den Kongreß wird morgen erwartet, und die amtliche öffentlich

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