1857 / 246 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 17. Oktober. Am 15. Oktober beging die hiesige Universität in der Aula die Feier des Königlichen Geburtstages und des Wechsels des Rektorats. Se. Excellenz der Herr Kultus⸗ Minister von Raumer und der Herr Präsident des Ober⸗ Kirchen⸗Raths von Uechtritz, die Herren Direktoren und Räthe des Kultus⸗Ministeriums, der Herr Bischof Neander, der Herr Ober⸗Bürgermeister Krausnick und viele Mitglieder anderer Behörden wohnten der Feierlichkeit bei. 8

Nachdem dieselbe unter Leitung des Professors Marx mit Gesang eröffnet war, hielt der Geheime Rath Dr. Boeckh die Festrede in deutscher Sprache. Der Redner ging davon aus, daß in einem gesunden Reiche der König zugleich über alle Staatsglie⸗

erhaben und von ihnen geschieden, und dennoch mit einem jeden derselben durch ein festes Band, gleichsam wie Eltern und Kinder, verbunden sei. Den Vater des Vaterlandes müsse mit dem Volke die Liebe verbinden; wenn Streit und Freundschaft die in der Welt wirkenden Kräfte seien, so ent⸗ stehe die natürliche und sittliche Weltordnung, doch nicht durch jenen, sondern nur dadurch, daß die entgegengesetzten Elemente zur Einbeit verbunden würden. Derjenige habe im mensch⸗

ich Leben die höchste und schönste Bestimmung, der azu berufen sei, die Eintracht aller Glieder der Gesellschaft u vermitteln, und diesen Beruf gebe die Krone. Indem der Redner diesen hohen und erfreulichen Beruf des Königthums, welchen Se. Maäjestät der König stets vor Augen gehabt, zu ent⸗ wickeln im Begriff stand, betrauerte er, daß bei der heutigen Feier nicht die ungetrübte Freude und Heiterkeit vergönnt sei, a sich in sie, selbst nach der günstigeren Wendung der Krank⸗ heit Sr. Majestaͤt, das Gefuühl der Wehmuth und der Gedanke an die Unstetigkeit alles Irdischen einmische. Der Redner stellte hiernächst die Gegensätze dar, welche sich in der menschlichen Ge— ellschaft vorfinden und mit der fortschreitenden Bildung mehr und mehr steigern, und wies nach, daß auch, ehe. die ganze Summe derselben sich wie in unserem Jahrhundert angehäuft, die Theorie schon im Alterthum einen Weg gesucht habe, dieses Unheil mit der Wurzel auszurotten und zwar durch den sogenannten Kommunismus und Sozialismus, der, obgleich schon von Aristo⸗ teles gründlich beseitigt, in unserem Zeitalter auf die Spitze getrie⸗ ben worden und die Auflösung der Familie, den Umsturz des Staates und die Vernichtung des Königthums bezweckt. Nicht auf ,„ zeigte der Redner, sei die Versöhnung der Gegen— t llschaft zu suchen, sondern im Staat selbst; in diesem sei sie aber weder durch die Demokratie noch durch die Aristokratie, noch durch irgend eine andere Staatsform zu erreichen, als durch das erbliche und gesetzmäßige Königthum, welches dem Streit aller Parteien entnommen die ungetheilte Idee des Staates vertrete. Das Königthum fasse alle Faͤden der Gesellschaft, die in ihm als ihrem Mittelpunkt zusammenliefen, mit starker Hand zum Heil des Ganzen zusammen; dieses habe un⸗ seres Landes Blüthe und Ruhm gegründet, nicht durch Bevorzugung besonderer Richtungen, sondern mit Ausgleichung und Verschmel⸗ ung der Unterschiede. Die Regierung Sr. Majestät Friedrich ilhelms des Vierten sei durch das Zusammentreffen vieler heil— samer und vieler verderblicher Dinge eine der denkwürdigsten ge⸗ worden, der König habe mit vaͤterlicher Milde und weiser Mäßigung die unglücklichen Verhältnisse überwunden und die eingetretenen günstigeren zur Beruhigung, Befestigung und Erhebung des Staates benutzt. Der Redner schloß mit dem Flehen zu Gott, der den liebreichsten Fürsten aus der nahen Gefahr errettet, fuͤr die Erhaltung des Königs und seines Hauses.

Hierauf leitete der Professor ord. Dr. Trendelenburg die Uebergabe des Rektorates an den Geheimen Justiz⸗Rath und Professor Dr. Rudorff mit der statistischen Uebersiche der Er⸗ eignisse des verflossenen Jahres ein. Er erwähnte zunächst der in diesem Jahre hingeschiedenen Lehrer der Universität, des Privat⸗ Docenten der medizinischen Fakultät Dr. Simon, des Privat⸗ Docenten der philosophischen Fakultät, Professor Dr. Alexander Schmidt, und verweilte bei dem Gedächtniß des in mannigfaltiger

Thätigkeit um die Universitäͤt seit ihrer Stiftung verdienten Gehei⸗ men Medizinal⸗Raths Professor Dr. Lichtenstein. Es wurde ferner bemerkt, daß der Geheime Medizinal⸗Rath Professor Dr. Wolff, der 27 Jahre an der Universität thaͤtig war, mit dem 1. April d. J. von seinem klinischen Lehramt zurückgetreten. In der juristischen Fakultät, so wurde weiter erwähnt, schied der Privat⸗Docent Dr. Martens aus und trat in das Priester⸗Seminar zu Münster ein. In derselben Fakultaäͤt folgte Dr. Pernice einem Rufe als Professor extraord. nach Göttingen. Zu außerordent⸗ lichen Professoren wurden ernannt in der medizinischen Fakultät die Privat⸗Docenten Doctoren von Graefe, Traube, von Baerensprung, in der. philosophischen Fakultät der Lehrer des Königlichen Gewerbe⸗Instituts Professor Dr. Weierstraß, Mitglied

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der Königlichen Akademie der Wissenschaften, und der Privat⸗Docent Dr. Schaum. Als Privat⸗Docenten habilitirten sich in der theologischen Fakultät Dr. Laemmer, in der juristischen Dr. von Holtzen⸗ dorff, in der medizinischen Dr. Hoppe, in der philosophischen Dr. Franz. An den Instituten der Universität wurde angestellt, Privat⸗Docent Dr. Gerstaecker als erster Custos an der entomo⸗ logischen Sammlung, Dr. med. Lieberkühn als Prosektor am anato⸗ mischen Theater, Dr. ph. G. Fr. H. Müller als Conservator am neu⸗ gestifteten kartographischen Institut. Es wurde der Bereicherung der Sammlungen und der Verlegung des großen Herbariums aus Schöneberg in die Universität gedacht. Ferner wurde auf Nie⸗ buhr's Marmorbüste aufmerksam gemacht, welche aus Allerhöchst gewährten Mitteln nach E. Wolf in Rom vom hiesigen Bildhauer Heidel ausgeführt und zum heutigen Tage in der Aula aufge⸗ stellt sei. Mit Anerkennung wurde der Registrator Reyher er⸗ wähnt, der, durch Krankheit genöthigt, aus der Zahl der Beamten ausscheide. Die Frequenz der Universität hielt sich auf einer er⸗ freulichen Höhe, da im Winter⸗Semester 1856 57 1570 immatri⸗ kulirte Studirende und, Andere eingerechnet, überhaupt 2276, im Sommer⸗Semester 1857 1409 immatrikulirte Studirende, über— haupt 2038 die Universität besuchten, und die Zahl der neu immatrikulirten Studenten während des verflossenen Jahres 1038 betrug. Promovirt wurden bei der theologischen Fakultät 2, bei der juristischen 2, einschließlich 1 honoris causa, bei der medizini schen 128, bei der philosophischen 9. Die Disziplin bekundet im Allgemeinen den Geist guter Sitte, wenn auch 2 Studirende mit dem consilium abeundi und 1 mit der Exklusion belegt werden mußten. Schließlich wurde auf das Mißverhältniß hingewiesen, in belchem ungeachtet des manchen Guten, was geschieht, noch immer die geringen Mittel zur Unterstützung armer und würdiger Studi

renden auf der Universität stehen. Es wurden dabei die vor zwei Jahren aus dem Vermächtniß des Rentier Herrn Kleemann ge⸗ stifteten zwei Stipendien fuͤr Studirende der Mathematik und Natur⸗ wissenschaften und die durch thäͤtige Theilnahme von Amtsgenossen, Freunden und Mitbürgern auf ein Kapital von gegenwärtig 3119 Thlr. gegründete Böckhstiftung, sowie die Mitwirkung für den allgemeinen Krankenverein dankbar hervorgehoben und diese ganze Angelegen

heit dem thätigen Wohlwollen empfohlen. Hierauf wurde der Rector der Universität für das neue Studienjahr verkündet, der Geheime Justiz⸗Rath Professor Dr. Rudorff.

Unter seinem Vorsitz werden außer dem Königlichen Univer sitäts-Richter, Kammergerichtsrath Lehnert, und dem Prorector, Professor Dr. Trendelenburg, den Senat bilden: der Dekan der theologischen Fakultät, Consistorial⸗Rath Professor Dr. Leh⸗ nerd, der Dekan der juristischen Fakultät, Geheimer Justiz⸗Rath und Ober⸗Consistorial⸗Rath Professor Dr. Stahl, der Dekan der medizinischen Fakultät hr. Mitscherlich, der Dekan der philosophischen Fakultät, Professor Dr. Kummer, ferner die Senatoren Ober⸗Consistorial⸗Rath Professor Dr. Tw esten, Ober⸗ Tribunalsrath Professor Dr. Heffter, Geheimer Ober-⸗Regie⸗ rungs⸗Rath Professor Dr. Dieterici, Professor Dr. Braun und Professor Dr. Dove. Sodann leistete der Geheime Justiz— Rath Professor ord. Dr. Rudorff den vorgeschriebenen Rector⸗ Eid, nahm die Insignien der übertragenen Aemter in Empfang und hielt die Eröffnungs-Rede des neuen Jahres und Cursus, in welcher er auf die gemeinsame Aufgabe der Universität und die Bedingungen ihrer befriedigenden Lösung hinwies, wobei die in dem Wesen der deutschen Universitäten gegründete Lehr⸗ und Lern⸗ freiheit gebührend hervorgehoben wurde. Durch den Saͤngerchor wurde die Handlung mit einem Chorale geschlossen. 8

Coblenz, 15. Oktober. Gestern kam auf der Durch— reise nach Hohenzollern eine Deputation des Gemeinderaths der Stadt Düsseldorf mit dem Herrn Ober⸗Bürgermeister Hammers hier an, welche im Namen der Stadt der fürstlichen Familie von Hohenzollern⸗Sigmaringen die Glückwünsche wegen der Verlobung der Prinzessin von Hohenzollern mit Seiner Majestät dem Könige von Portugal überbringt. Heute in der Frühe hat dieselbe ihre Reise weiter fortgesetzt. (Köln. Z.)

Frankfurt, 14. Oktober. Die Wiedereröffnung der Sitzun⸗ gen der Bundesversammlung wird sicherem Vernehmen nach 22. d. M. stattfinden.

SDesterreich. Wien, 15. Oktober. Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Oldenburg hat gestern Nachmittag auf der Reise von Prag nach Wien Brünn passirt.

Großbritannien und Irland. London, 15. Oktober. Die Königin hat wie der Telegraph aus Aberdeen von gestern Abend meldet Balmoral gestern um halb 9 Uhr früh verlas⸗ sen, um den Earl of Aberdeen in Haddo⸗House mit einem Besuche zu beehren. Ihre Majestät traf daselbst nach 4 Uhr Nachmittag ein. Sir George Grey, der Minister des Innern, befand sich als Stellvertreter der Regierung bei der Königin. Heute verläßt die Königin 1 Uhr fruͤh Haddo⸗House, um gegen 1 Uhr in

Bernstorff

Aberdeen einzutreffen, und in Edinburg zu übernachten. Außer

der Königin und ihrem Gemahl waren nur die beiden ältesten Prinzessinnen mit nach Haddo⸗House gefahren. Graf und Gräfin

sind wieder nach dem preußischen Gesandtschafts⸗ hotel in London zurückgekehrt. Die Werbungen in Sheffield gehen gut von Statten, und so wie die 500 Mann beisammen sind, die von dem freiwillig daselbst gebildeten Ausschusse der Re⸗ ierung zugesagt sind, werden sie nach Chatham abmarschiren, um daselbst wahrscheinlich Einem Regimente zugetheilt zu werden. Auch in den anderen Landestheilen soll die Rekrutirung in der letzten Zeit erhebliche Fortschritte gemacht haben. Die Bank⸗ Direktoren machten heuke, nach kurzer Besprechung, bekannt, daß sie keine weitere Erhöhung des Diskontos vorzunehmen beschlossen haben. Zwei Bremer Schiffe, die „Hansa“, von 2500, und die „Germania“, von 2300 Tonnen Gehalt, sind in Southampton eingelaufen, um sich der Regierung als Truppentransportschiffe zur Verfügung zu stellen. Die „Hansa“ fuhr früher eben so wie die „Germania“ zwischen Bremen und New⸗Vork.

Der „National-⸗Verein zur Förderung der soeialen Wissen⸗ schaften“ hat am Montag unter Vorsitz Lord Broughams seine Arbeiten in einer Sitzung wieder aufgenommen, in welcher der edle Lord sich vorzugsweise bemühte, der anwesenden Versammlung die Wichtigkeit der Aufgabe, welche sie sich gestellt, zu Gemüthe zu führen. Der vor etwa 30 Jahren gegründete Verein hat den Zweck, die verschiedenen Zweige der Wissenschaft und Literatur der großen Masse des Volkes zugänglich zu machen, und sucht, um zu diesem Ziele zu gelangen, namentlich den Verkauf wohlfeiler belehren⸗ der Bücher zu befördern. Der Verein, welcher in den verschiedenen Theilen des Königreichs 70 Local⸗Ausschüsse zählt, hat bis jetzt ungefähr 200 gemeinnützige Werke in die Welt gesandt, von denen mehrere eine bedeutende Äuflage erlebt haben. So cireulirt z. B. das „Penny Magazine“ in einer Auflage von 230,000 Exemplaren. Paris, 15. Oktober.

Frankreich. Der „Moniteur“

bringt den Ausweis des Finanz⸗Ministers Herrn Magne über die

Einnahmen aus den indirekten Steuern während der ersten neun Monate dieses Jahres. Sie haben 781,083,000 Frcs. betragen, 26,865,000 Frcs. mehr als in den entsprechenden Monaten von 1856, und 81,294,000 Fr. mehr, verglichen mit 1855. Aus St. Petersburg, 6. Oktober, berichtet der „Moniteur“: „Die Schiffs⸗ Division, welche zur Verstärkung der russischen Marine in den chinesischen Gewässern bestimmt, ist am 30. September aus Kron⸗ stadt ausgelaufen. Diese Division, befehligt vom Capitain Kus⸗ netzow, besteht aus drei Korvetten und drei Dampf-Klippern, zu⸗ sammen mit 48 Kanonen und 800 Mann. In einigen Tagen wird ihr eine Fregatte von 46 Kanonen, „Askold“, mit 450 Mann Be⸗ satzung nebst 25 Offizieren oder Kadetten folgen.

Spanien. Madrid, 16. Oktober. Admiral Armero ist zum Präsidenten des Conseils und zum Kriegs⸗Minister ernannt worden. Die übrigen Ministerien werden interimistisch von den

betreffenden Unter⸗Staatssecretairen verwaltet werden. (Tel. Dep.)

Griechenland. Athen, 11. Oktober. Der König begiebt sich kommende Woche nach Patras und Missolunghi, um dort die Königin zu erwarten.

vhL Konstantinopel, 10. Oktober. Prinz von Join⸗ nr f ist von Sebastopol zurückgekehrt, wo er mit Auszeichnung Wehsngen wurde und die Schlachtlinien, begleitet von einem benie⸗Hauptmanne, besichtigte; er schiffte sich am 8ten d. M. nach

Brindisi ein. Die „Presse d'Orient“ erwähnt die Abs iner F;„ 2 . 2 Absendung einer 1IG der Pforte an ihre auswärtigen Agenten, betreffend sandee n esh cüs Nach Teheran geht ein außerordentlicher Ge— Dimnen p - egulirung der Differenz wegen der Grenzfestungen. Omer Pascha bereitet sich zur Abreise nach Bagdad vor.

Aus Marseille, 15. Oktober, wird telegraphirt: „Wir er⸗ 1u“ 15. graphirt: „Wir er⸗ bolhin N aus Konstantinopel, welchen zufolge der des britischen egriffe stand, 76 Medschidie⸗-Medaillen den Soldaten uͤbersenden und den Matrosen der britischen Flotte zu bei ber Einfa 6 sechuicht ban Wefestigungswerten, welche die Russen Die Pforte ha h as asow'sche Meer ausfuͤhren, wird bestätigt. Paris ehat sich entschlossen, ihre Gesandten zu Wien und s vorläufig auf ihren Posten zu belassen.“

Dänemark. Kopenha S. lis 75* nhagen, 15. Oktober. „Dagbladet“ sufolge hat der Land⸗Kommisair füuͤr Holstein, Etatsrath Thomas auf den bei ab ön, seine Austrittserklärung aus dem Reichsrathe vom Könige s ürhüsh auf Glücksburg gemachten Aufwartung zuelitagee eertenn Wunsch mit der ausdrücklichen Erklärung Ifc Brhxeeeee keönie be ervorgerufen worden, und daß er nicht wünschen ““ öö den Anschein hätte, als seien seine Mo⸗

tive dieselben, welche bei den verschieden Mitgliedern vermuthet werden Schweden und Norwegen. Christianig 82 Der Kronprinz, der sich seit Sonnabend Rüüste hier 5.r morgen die Storthings⸗Session schließen. Der Vorschlag der Majoritaͤt des Verfassungs⸗Ausschusses, die Königliche Proposition vom 11. März d. J., betreffend außerordentliche Bewilligungen nebst Ermächtigung zur Aufnahme eines Anlehens für den Fall unvorhergesehener und unumgänglicher Kriegsrüstungen, nicht zu genehmigen, wurde am 10. d. M. vom Storthing angenommen; der Antrag der Regierung ist demnach abgeschlagen. Dagegen Fenchmige 8 9 vorher den Antrag, daß der eil Norwegens an der Sundzo Ablösung mit; jes⸗ thaler jährlich bewilligt werden sölle.

Alssien. Einer Depesche der „Morning Post“ aus Marseill vom 14. Oktober zufolge hatte das Kontingent von Gealiar 88 Maharadschah von Seinde abgesetzt und den Kaiser von Delhi als Herrscher proklamirt. Lord Canning hatte sich geweigert, der von den Bewohnern Kalkutta's an ihn ergangenen Aufforderung, das Kriegsrecht zu verkündigen, zu willfahren. Die zu Delde stehenden Insurgenten waren 17,000 Mann stark. Ein Viertel dieser Streitmacht bestand aus Kavallerie. In Khorassan war ein Aufstand ausgebrochen. Die Turkomanen zogen raubend und plündernd umher. Um die Ruhe wieder herzustellen, waren 5 Re⸗ gimenter und die Trupprn, welche das Lager zu Herat geräumt entsandt worden

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Paris, Freitag, 16. Oktober, Nachmittags. (Wolff's Tel. Bur.) Der Kaiser wird nächsten Sonntag nach Compiegne abreisen.

Nach hier eingetroffenen Nachrichten aus Madrid vom gestrigen Tage werden die Unter⸗Staatssecretaire die betreffenden Ministerien nur so lange interimistisch verwalten, bis Mon aus Rom wieder eingetroffen sein wird.

Statistische Mittheilungen. Berlin, 17. Oktober. Die Anzahl rechtskräftiger Todesur⸗

theile, welche im Laufe des verflossenen Jahres zur Einholung der Allerhöch⸗

sten Bestätigung bei dem Justizministerium vorgelegen haben, belief sich nach amtlichen Angaben im Ganzen auf 48, also auf 6 weniger, als im Jahre 1855. Davon kamen 19 auf die Provinz Schlesien, 9 auf Brandenburg, 8 auf Preußen, 4 auf Pommern, 4 auf Sachsen, 3 auf Posen, 1 auf die Rheinprovinz, keine auf die Provinz Westfalen. Von diesen 48 Todes⸗ urtheilen waren am Jahresschluß noch unerledigt 14, in Betreff der übrigen war in 26 Fällen (gegen 28 des Vorjahres) das Urtheil be⸗ stätigt worden, in 8 Fällen (gegen 11 des Vorjahres) im Wege der königlichen Gnade die Umwandlung in lebenslängliche Zuchthausstrafe eingetreten. Von den 34 erledigten Urtheilen waren aus §. 175 des Strafgesetzbuches (Mord) gefällt 29 (19 gegen Personen männlichen, 10 gegen Personen weiblichen Geschlechts), aus §. 178 des Strafgesetzbuches (Todtschlag bei Unternehmung eines Verbrechens) 4 (sämmtlich gegen Personen männlichen Geschlechts), aus §. 285 des Strafgesetzbuches (Brandstiftung) 1 (gegen ein Frauenzimmer). Als Motiv des Mordes ergab der Inhalt der Akten in 14 Fällen Eigennutz, in 7 Haß oder Rache, in 8 häusliche Zwistigkeiten, in 2 Chebruch, in 2 Fällen Noth, 8 in einem Fall war das Motiv unklar geblieben. Das Motiv der Brand⸗ stiftung war Rache. Die 4 Fälle des Todtschlags waren bei Gelegenheit des Diebstahls vorgekommen. Von den wegen Moͤrdes Verurtheilten waren 18 geständig, 11 nicht geständig. Von den ersteren wurden 3, von den letzteren 4 der königlichen Gnade theilhaftig, welche außerdem in dem er⸗ wähnten in der Provinz Preußen vorgekommenen Fall der Brandstiftung ein⸗ trat. Der Tod derjenigen Personen, welche die Opfer der angeführten Ve brechen wurden, ist herbeigeführt worden: in 5 Fällen durch Erdrosselung, in 1 Fall durch Messeerstiche, in 12 Fällen durch Erschlagen mittelst eines Hammers oder einer Axt, in 4 durch Erschießen, in 4 durch Ertränken, in 6 durch Vergiftung und in 2 Fällen durch Feuer. (Pr. C.)

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