1858 / 176 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Nachricht an die Landwirthe!

Bei dem in diesem Jahre in mehreren Bezirken des Staats zu befürchtenden Mangel an Futtermitteln für das Vieh, balten wir es für unsere Pflicht, die Landwirthe darauf aufmerksam zu machen, daß die Fütterung mit getrocknetem Laube in manchen Ge⸗ enden, wo es an dazu geeigneten Holzarten nicht fehlt, eine er⸗ wünschte Aushülfe gewähren kann. Es ist die Laubfütterung fruͤber in ähnlichen Fällen und na⸗ mentlich in den letzten Nothjabren in der Provinz Schlesien mit Vortheil angewendet worden und hat desbalb auf unser Ersuchen

8 151 für die landwirthschaftlichen 26 Angelegenheiten.

der Präfident des dortigen landwirthschaftlichen Central⸗Vereins, Herr Graf von Burghauß, auf Grund eigener langjäͤhriger Erfah⸗ rungen eine Darstellung der Bereitung, Verwendung und Nutzbar⸗ keit des Laubfutters entworfen, die wir nachstehend (a) im Inter⸗ esse der betreffenden Landwirtbe zur allgemeinen Kenntniß bringen, mit dem Bemerken, daß in Schlefien in diesem Jahre außer dem Laube der Bäume auch das Laub und die Stengel wildwachsender Sträucher, namentlich der wilden Himbeersträucher mit gutem Er⸗

folge zu Viehfutter geworben und angewendet werden.

Berlin, den 30. Juli 1858.

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11 b .r 6 Darstellung der Bereitung, Verwendung und Nutz⸗ 1 barkeit des Laubfutters.

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Werbung von Laubfutter dadurch geschritten, daß aus den leben⸗ digen Hauen, die —1* Herbst zum Abtrieb kommen sollen, alle schwächeren Aeste und Seitentriebe von Eichen, Linden, Erlen und Pappeln berausgehauen und in Gebuͤnden an den Rändern der Haue oder auf Brachen in der Art und in halben Feldmandeln aufgestellt werden, wie dies beim Getreide geschieht, welches man in sogenannte Stiegen stellt.

Die Bereitung dieses Laubholzes ist allerdinugs muͤhsamer und es werden pro Schock hier bei mir 5 Sgr. Arbeitslohn bezahlt; gut bestan⸗ dene Haue, die größtentheils aus Eichen und Linden bestehen, geben aber auch eine große Masse dieses Laubholzes, so daß in dem einen Hau meiner hiesigen lebendigen Wälder wohl 10 Schock pro Morgen werden gewonnen werden, während die nützlicheren Stangen des Haues alle steben bleiben und für den Herbst einen bequemen und lohnenden Abtrieb geben.

Die Bereitung solchen Laubholzes, aus denen im naͤchsten Herbst abzutreibenden Laubholzschlägen kann demnach mit voller Ueberzeugung bei der vorherrschenden Futternoth angelegentli empfohlen werden. 8

Laasan, den

1A“ Hamburg, 29. Juli. Se. Hobeit der Herzog von

Nassau ist gestern unter dem Namen eines Grafen von Rheinau, (H. B. H.)

von Kopenhagen kommend, über Kiel bier eingetroffen.

Holstein. Rendsburg, 26. Juli. Sicherem Vernehma nach ist Herr Advokat Bargum in Kiel von seinem Amte als Advokat und Notar suspendirt worden. (Rendsb. Wochenbl.)

Nassau. Wiesbaden, 28. Juli. Die Erste Kammer

Da in hiesiger Gegend die Sitte ziemlich allgemein verbreitet ist, Laubfutter für die Schaafe bereiten zu lassen und namentlich diese Sitte sich auf meinen eigenen Gutern, sehr zum Nachtbeil der Naturschönheit, seit undenklichen Zeiten dergestalt eingebuͤrgert und mit so gutem Erfolge für das Gedeihen und die Gesundheit der Schaafe bewährt, daß, obschon immer verletzt durch den Anblick der kahl gehauenen Bäume, ich mich doch nicht habe entschließen können, diese Operation einzustellen, so sehe ich mich veranlaßt, einige Details über die Gewinnung des Laubfutters auf Grund der Aufforderung eines sehr verehrlichen Landes Oekonomie⸗Kolle⸗

giums vom 14. d. M. anzugeben.

S92m vorausschicken, daß hier und in der Umgegend, wo regelmäßig Laubfutter bereitet wird, Eichen, Linden, Erlen und Pappeln an Wegen, Dämmen, Gräben und Buschrändern, ein für allemal die Bestimmung zum Laubmachen haben, und in einem 2jährigen Turnus eingetheilt sind. 1“ 8

Sobald der Johannistrieb in dem Baumwuchs vorüber ist, beginnen die Schäͤferknechte in den Morgenstunden, wo die Schafe noch nicht ausgetrieben werden koͤnnen, die Arbeit des Laubmachens. Sie hacken die Bäume kahl bis zu dem außersten Wipfel, welcher unversehrt bleiben muß, und weil eben diese Bäume nur 2jährige Triebe haben, können alle Aeste berunter gehauen werden. Diese werden nun mit Strohseilen oder Weidenruthen in kleine Vündel von circa 6 bis 7 Zoll Durchmesser zusammengebunden und mit dem Laub nach oben, an den Stamm des Baumes zum Trocknen aufgestellt. Diese Arbeit kann bis Ende August fortgesetzt werden. Sobald das Laub an den aufgestellten Gebunden abgetrocknet ist, wird es hereingefahren und auf die Schaafstallböden gebracht oder bei größerer Menge in Schober, die Holzenden nach Außen, zu⸗ sammengelegt.

Bei dem Verbrauch desselben im Winter ersetzt ein solches Laubfutter in vollem Maße ein Fuder Heu und ist, vorausgesetzt, daß das Laub gut aufgebracht worden ist, der Gesundheit der Schafe außerordentlich zuträglich; namentlich verzehren die Schafe das Laub von Eichen am liebsten. Das Laud von Erlen wird als ein Mittel gegen die Egelkrankbeit betrachtet. Das Laub von Pappeln wird am wenigsten werth gehalten. Die Schäfer ziehen gutes Laub dem Heu vor.

8 In diesem Jahre nun, wo die Duͤrre nur wenig Heufutter für die Schafe hat aufbringen lassen und für die uͤbrigen Futter⸗ mittel exorbitant hohe Preise gefordert werden, wird nicht allein

bei mir, sondern in der ganzen Umgegend zu einer umfangreicheren

bielt beute Sitzung in der Eisenbabnfrage. Dieselbe geneh migte, gleich wie die mit diesem Beschluß bereits vorausgegangere Zweite Kammer, den von der Regierung vorgelegten Gesetzentwur

und zwar mit einer Majorität von 9 gegen 4 Stimmen. (t. J 1

Baden. Rothenfels, 26. Juli. Gestern Nachmittag kam Se. Königliche Hobeit der Prinz von Preußen von Baden berüber, um Sr. Großberzoglichen Hoheit dem Herrn Markgrafen Wilbelm einen Besuch abzustatten. Darauf kehrte der Prinz wieder nach Baden zurück. (Karlsr. Ztg)

Baiern. Tegernsee, 27. Juli. Dem am Sonntag, den 25sten, stattgehabten protestantischen Gottesdienste in der Schleß⸗ kalpelle wohnten Ihre Majestäten der König und die Königin und Ihre Koͤnigliche Hoheit die Prinzessin Alexandrine nebst gesammtem Gefolge bei. Nach dem Gottesdienst machten Se. Majestät der König in Begleitung des Minister⸗Residen⸗ ten von Neumont, des Geheimen Ober⸗Bauraths Stüler und des diensthabenden Fluͤgel⸗Adjutanten eine Fußpromenade und später begaben Ihre Majestäten der König und die Königin so wie Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Alexandrine Sich mit nächstem Gefolge nach der Kapellenhöhe von Georgenrieth. von wo man eine schöͤne Aussicht sowohl über das Gebirgspane⸗ rama, als nach dem Flachlande genießt.

Gestern, den 26, nach dem Diner machten Ihre Ma jestäten der Köͤnig und die Königin und Ibre Königliche Ho belh die Prinzessfin Alexandrine nebst nächstem Gefolge eißt Spazierfahrt nach Rottach, stiegen bei dem sogenannten Hansel⸗ bauer ab, begaben sich zu Fuß nach der Duftenmüͤhle, wohimn dee Weg am Fuße des Wallberges durch das berrliche, mit uͤppigen Wiesen geschmuͤckte Rottachthal führt und kehrten Abends 8 Ukt nach Schloß Tegernsee zurück. Das Wetter ist jetzt hier, mit nur seltenen Unterbrechungen, stets schön und klar. Se. Majestat der König werden, wie man vernimmt, Allerhöchstihren Aufenl⸗ balt hierselbst verlängern, da die kräftigende Gebirgsluft eine sehl wohlthuende Einwirkung auf das Befinden Sr. Majestäaͤt aus' uͤben soll.

Schweiz. Bern, 27. Juli. Die Bundes⸗Versammlung tral heute außerordentlicher Weise zusammen, um sich über die Vorgänge ben der letzten Sundes⸗Präsidentenwabh lzu berathen. Der Abgeork⸗ nete Karrer verlangte, daß die Genehmigung des Protokolls dis nach Untersuchung der Sache durch eine Spezial⸗Kommission vel⸗ schoben werde. Nach einer kurzen Debatte ergaben sich 61— Stim⸗ men für und 61 Stimmen gegen die Verschiebung des Proto worauf der Präsident für sofortige Genehmigung entschied, ge

stuͤtt

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auf dieses Reglement, welches die materielle Abänderung eines ge⸗ faßten Beschlusses untersagt. Hierauf wurde eine Beschwerde von 16 bernischen Abgeordneten verlesen, welche eine Untersuchung der betreffenden Vorgänge verlangten. Ohne weitere Diskuffion wurde die Niedersetzung einer Kommisston durch das Präfidium beschlossen und die Kommission bestellt. Der Ständerath beschloß heute mit 26 gegen 7 Stimmen, über den Rekurs von Genf in der Flücht⸗ lings⸗Angelegenheit zur Tagesordnung zu schreiten. (Köln. Ztg.)

Belgien. Brüssel, 28. Juli. In der beutigen Sitzung der Kammer wurden die Debatten über die Befestigung von Antwerven fortgesett. Der Minister des Innern, Herr Ro⸗ gier setzte ansrinander, daß schon zwischen 1848 und 1852 neue Vertbeidigungswerke für Antwerpen vorgeschlagen waren, die im Nothfalle als verschanztes Laget dienen könnten. Die Geldsummen dafür wurden im Maͤrz 1852 bewilligt. Die ganze Forderung betrug 8, 100,000 Fr. Im Jahre 1855 wurde abermals ein Kredit von 9,400,000 Fr. verlangt, was jedoch verschoben wurde, bis vor zwei Jabren der Kriegsminister 8,200,000 Fr. für die Vergrößerung von Antwerpen im Norden verlangte. Die damalige Kommission war mit dieser und der Erbauung von detachirten Forts einverstanden. Spätet wurde jedoch eine große Ringmauer bean⸗ tragt, deren Kosten auf 52 Millionen veranschlagt wurden. Die Sache wurde damals wieder verschoben und so ist nun die jetzige Lage eingetreten. Das Ministerium hat abermals ein Comité zu Rathe gezogen, welches sich fuüͤr die detachirten Forts aussprach, allein in Bezug auf die fortlaufende Ringmauer getrennter Mei⸗ nung war, weshalb man letztere einstweilen aufgegeben hat. Vom. nationalen Gesichtspunkte aus läßt sich der Entwurf von selbst begreifen und was den Handel betrifft, so wird für diesen der längst gehegte Wunsch von Antwerpen erfuͤllt, da durch die Zuruͤckschiebung der Vertheidigungslinie um 4000 Metres (12,000 Fuß) die Gefahren einer Belagerung entfernt würden. Im Fall einer Ver⸗ werfung des vorgelegten Entwurfs werde ein verschlimmerter Sta⸗ tus quo eintreten, denn wenn die Regierung in den neuen Festungs⸗ werken keinen Ersatz für die noch immer zunehmenden Neubauten fände, so würde sie dieselben bald untersagen müͤssen. Die große Ringmauer versechsfache Antwerpen und das sei der Grund, wes— halb die verschiedensten Bittschriften eingelaufen wären. Gehe man endlich auf den Gesichtspunkt der Vertheidigung des Vaterlandes ein, so lasse sich nicht verkennen, dat das belgische Heer, gestüͤtzt auf eine gewaltige Festung, zehnfach an moralischer Kraft gewin⸗

Großbritannien und Irlaund. London, 28. Juli. Die „London Gazette“ enthält die amtliche Anzeige von der Er⸗ bebung des Sir John Varde Buller zum Peer des vereinigten Königreichs Großbritannien und Irland. Der neue Lord wird den Titel Baron Churston von Churston Ferrers und Lupton in der Grafschaft Devon führen.

In der gestrigen Oberhaus Sitzung wurde die Themse⸗Reini⸗ gungs⸗Bill und die gegen Wahlbestechung gerichtete Bill zum zweiten Male verlesen.

b 1— der Tagesordnung des Unterhau ses stand die Inbetrachtnahme er Amendements des Oberhauses zu der indischen Bill. Oberst Sykes reesn ,— die ganze Gesetzvorlage und stellte den Antrag, die Be⸗ dan saeh A“ bis über drei Monate zu verschieben, zog densel⸗ jeßt durch 8 1— Artikel 27, welcher bestimmt, daß Befehle, die zcir für eie. eeen Ausschuß übersandt werden, von dem Staatssecre⸗ Rathskondmer werden können, ohne daß derselbe vorher mit der Abnnd, Pale Rfa sprache nimmt, hatten die Lords die Worte hinzugefügt: 88 ein solcher Befehl soll gesandt werden, ohne daß er vorher dem Vice⸗Präfidenten und eine . EeE1u1ö16.“ b Mitgliede mitgetheilt einem anderen von dem Staatssecretair gewählten dessen die vue rn. . ist.“ Lord J. Nussell beantragte statt andere Mitglieder . 8 e. Mittheilung an den Vice⸗Präfidenten und kanzler schlug vor zu erfolgen habe. Der Schaß⸗ der Lords zu verneinen 2 8 mendement zurückzuziehen, jedoch auch das Ein gleiches Geschick 4.— 3. Russell’'s Amendement wurde verworfen. sich 38, dagegen 106 Geimmen des Oberhauses. Für dasselbe sprachen mit einigen unwesentlichen aus. Die uübrigen Amendements wurden St. Paulskirche zu E angenommen. Ein das in der S. Wortley's, welchem Vellington Denkmal betreffender Antrag neter Künstler von der Regkern ge noch eine bestimmte Anzahl ausgezeich⸗ lung Modelle einzusenden wura aufgefordert werden soll, gegen Bezah⸗

Die Koͤnigin hin e mit 41 gegen 26 Stimmen verworfen. auf ihrer Reise nach Potsdar „Morning Herald“ heute mittheilt, Monats antritt, von 9 m, die sie am 10ten des nächsten

g tritt, von Lord Malmesb Be. . e 4 Majestät reist incognito mesbury begleitet sein. Ihre

8 wodurch öffentliches Ceremoniell vermie⸗

den wird, und gedenkt 1 1 kehren. 5 am 29. August nach England zurückzu⸗

Contre⸗Admiral Codrington

v gton is

der Werften von Malta belaae

durch die Beförderung des Vice⸗ worden war. Admiral Lord Lyons befind

et si in N 9 18

r; von Malakoff hat seine Rhe.an. A1. 122922 e;

Albert“ nach Cherbourg zu gehen, angenommen.

gestern zum Superintendenten worden, eine Stelle, welche Admirals Stopford vacant ge⸗

Frankreich. Paris, 28. Juli. Der „Moniteur“ be⸗ tichtet über die Reise des Kaisers von Plombieres nach Paris Der Kaiser stieg an mehreren Orten aus. In Chaumont besichtigt er den gigantischen Viaduct, auf welchem die Eisenbahn das Tha der Suize überschreitet. Dieses Werk ist das herrlichste und kolossalste, das auf irgend einer Bahn Europa’s oder Amerika's errichtet ist. Der Viaduct ist 500 Metres lang und erstreckt sich mehr als 50 Metres über die Ebene. Der Kaiser bezeugte den Ingenieuren seine große Zufriedenheit und heftete selbst das Kreu der Ehrenlegion an die Brust des Herrn Gourdin. Der Kaiser

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ließ überall Beweise seiner Freigebigkeit zurück; namentlich an die

Inbaber von Helena⸗Medaillen.

Spanien.

Der Minister⸗Präsident meldet dem Minister

des Innern aus Valladolid, 23. Juli, 7 ½ Uhr Abends: „Ihre

Majestäten und Hoheiten sind in dieser Hauptstadt angelangt, wo ganz Castilien zusammengeströmt scheint. Eben begeben sie sich unter herrlichen Triumphbogen inmitten einer ungeheueren Men⸗ schenmenge nach der Kathedrale. Man hört nur Einen Ruf „„Es lebe die Königin!““

Türkei. Die Levantepost ist in Triest am 29. Juli mit Nachrichten aus Konstantinopel vom 24. Juli eingetroffen Die Gesundheits⸗Kommission, welche nach Bengast in Tripolis ge⸗ gangen, m daß die daselbst herrschende Krankheit die orientalische Pest seit

Aus Marseille, 28. Juli, wird französischen Blättern tele⸗ graphirt: „Wir erhalten Nachrichten aus K. andia vom 19. d. M Am 15. war ein Ferman veröffentlicht worden, jedoch mit bedeu— tenden Modificationen. Die Christen verlangten die Veröffentli⸗ chung des ursprünglichen Textes, und man versprach ihnen, dieselbe werde erfolgen. Die Tuͤrken von Retimo haben Excesse begangen. Die Christen wollten aus ihrem Lager herheieilen, um ihre Glau⸗ bensgenossen zu rächen, und Sami Pascha gab schließlich nach 10,000 bewaffnete Christen waren zu ihrem Heerde zurückgekehrt.“

N Rußland und Polen. St. Petersburg, 22. Juli. 2 ekanntlich ist von hier der russische Konsul für Japan, in Hakodadi auf der Insel Matermal, vor einiger Zeit abgereist. Laut Berichten aus Irkutsk ist derselbe in dieser Stadt am 30. Mai eingetroffer und reiste sofort weiter, um die Flottille des General⸗Gouverneurs einzuholen, mit welcher er an die Muͤndung des Amur zu gelangen hoffte. Am Amur ist gegenwärtig ein über 10,000 Mann starkes Armee⸗Corps konzentrirt, um, wie der Berichterstatter schreibt, den Gefuͤblen der Russen „verständlichen“ Ausdruck zu verleihen, weil die Chinesen ein unentschlossenes Volk, nach dem Sprüchworte: „geschrieben ist nicht gethan“. Andererseits stehen ihre Begriffe nicht im Einklang mit den eurobäischen. Ein chinefischer Gouverneur entschließt sich nicht ein fremdes Schrift stück dem Kaiser zu uübersenden, wenn in demselben nicht die chine⸗ sischen Kurialförmlichkeiten beobachtet find, weil anders er entweder abgesetzt oder geköpft wird. Aus diesem russischen Berichte gehen die Intentionen deutlich hervor, welche man den regierungsseitigen Schritten beilegte, als Rußland Putiatin mit einer Mission nach Peking betraute und dieser von der chinesischen Grenze zurückgewie⸗ sen wurde. Gleichzeitig wurden zur Vermehrung der Seekräfte Ruß⸗ lands im Stillen Ocean Schiffe von Kronstadt abgeschickt, außer der Fregatte „Askold“ noch ein Geschwader; es wurden die Kriegsrüstungen eifrig am Amur betrieben, Magazine angelegt, die Flottille des Amur ver⸗ stärkt und armirt. Man vermuthet, Rußland werde gleichzeitig mit den Westmächten nachdrückliche Forderungen an das himmlische Reich stellen und ist in Sibirien darauf vorbereitet, daß ernste Begeben⸗ heiten bevorstehen. Der General⸗Gouverneur hat bekanntlich eine weite Reise im vorigen Jahre gemacht, um jenseits des Baikal eine Heerstraße, beziebentlich Handelsstraße, aufzufinden, begab sich dann nach St. Petersburg und kam von dort mit Instructionen versehen zurück, worauf mit verdoppelter Energie Anstalten getroffen worden, deren der russische Berichterstatter oben erwähnt.

24. Juli. Durch Kaiserlichen Ukas find die Bauern auf sämmtlichen Apbanagen⸗Gütern dahin eman⸗ zipirt worden, daß sie in Zukunft ohne Bevormundung durch die Appanagen⸗Behörde, Grundeigenthum erwerben und veräußern dürfen, auch ihre Civil⸗Prozeßsachen selbst oder durch Vertretung führen lassen kͤnnen. Es find zu diesem Zweck zwei Gesetz⸗Regle⸗ ments erschienen. (H. B. H.)

Aßen. Die schon mit der vorletzten Ueberlandpost einge⸗ gangene Nachricht von der Wiedereinnahme von Gwalior wurde in Nadras durch folgendes am 20. Juni von Kalkutta von dem ostindischen Rath an den Gouverneur von Madras expedirte Tele⸗ gramm bekannt gemacht: „Sir Hugh Rose hat nach einer Haupt⸗ schlacht, die fünf und eine halbe Stunde dauerte, Gwalior ge⸗

nommen. Der Feind hat das Fort geräumt und wird von unserer Kavallerie und Artillerie verfolgt.

Ne lg. Die Ranih (Fürstin) von Dschansi ist getoͤdtet worden. Sir Hugh Rose schreibt dieses aus dem Palaste von Gwalior vom 19. Juni. Der General⸗Gouver⸗

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war zurückgekehrt und hat die Bestätigung mitgebracht,