1860 / 37 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Kirchen⸗ und Schulverbände obliegenden Leistungen hinausgehen.

Auch die gesellschaftlichen Unternehmungen aller Art lassen davon keine Ausnahme zu, und nur bei den im Inlande domizilirten Actien⸗ Gesellschaften ist bei ihrer Instituirung oder bei etwaiger Abände⸗ rung ihrer Statuten eine Gelegenheit geboten, für die dadurch be⸗

rührten Kommunal⸗, Kirchen⸗ und Schul⸗FInteressen Fürsorge zu treffen. Die hierüber ergangenen Cirkular⸗Verfügungen vom 17. Dezember 1855 und vom 10. September 1858 können auf andere als die im Inlande domizilirten Actien⸗ Gesellschaften keine

Anwendung finden und kann deshalb eine zwangsweise Einwirkung auf die S. Eisenhütten⸗Gesellschaft zur Uebernahme der in den an⸗ geführten Erlassen bezeichneten Leistnngen nicht stattfinden.

Die Königliche Regierung hat indeß unerörtert gelassen, in wie weit die bestehenden Gesetze bezüglich der Kommunalsteuern und der Naturalisation der aus dem Auslande anziehenden Arbeiter

Gelegenheit bieten, die Gesellschaft und die Arbeiter entsprechend zu

den Gemeindelasten heranzuziehen. In dieser Beziehung eröffne ich,

der Minister des Innern, der Koͤniglichen Regierung Folgendes:

1) Das Gesetz über die Gemeinde⸗Verfassung in der Rhein⸗

Provinz vom 15. Mai 1856 verpflichtet im Artikel 8 nicht nur die juristischen Personen, sondern auch die auswärtigen physischen Personen (Forensen), welche in der Gemeinde Grundbesitz haben oder ein stehendes Gewerbe betreiben, an den Lasten Theil zu

nehmen, welche auf Grundbesitz, Gewerbe oder das daraus fließende

Einkommen gelegt sfind. Durch diese Bestimmung ist also für die Gemeinde, möge sie einer juristischen Person oder einer einfachen Handelsgesellschaft gegenüberstehen, stets die Möglichkeit gegeben, durch entsprechende Regulirung ihres Steuersystems Artikel 7 ga. a. O. und betreffende Ausführungs⸗Instruction außer den Hüttenarbeitern auch die Hütte beziehentlich die Zinsen und Dividen⸗ den 8 36 zur Gesellschaft vereinigten Huüttenbefitzer zur Besteuerung

zu ziehen.

2) Ob die Bestimmungen der §§. 14 und 18 der Gemeinde⸗ Ordnung vom 23. Juli 1845 über die Beibehaltung, beziehentlich Einführung oder Neuregulirung des Eintritts⸗ und Einkaufsgeldes auf die Verhältnisse der in Rede stehenden Gemeinde anwendbar

find, läßt sich aus den Vorlagen nicht ersehen. Eventuell dürften

sie von Werth sein. 1

3) Die Arbeiter, welche theils schon angesiedelt sind, theils noch zuwandern werden, sind ganz überwiegend Ausländer. Wollen sie ihre Aufnahme in den Gemeindeverband bewirken, so bedarf es

vorgängig der Naturalisation (Gesetz vom 31. Dezember 1842

5 12) und würde ich nicht für unstatthaft erachten, wenn die egierung deren Bewilligung von dem Nachweise abhängig machte, daß die Gemeinde⸗Interessen durch ein zwischen der Gemeinde einer⸗

seits und dem Arbeiter beziehentlich der Gesellschaft andererseits vereinbartes Abkommen gegen Gefährdung gesichert seien. Suchen die Arbeiter dagegen ihre Aufnahme in den Gemeindeverband nicht nach, so können dieselben nach §. 14 I. c. zur Beibringung von

Heimathscheinen angehalten werden und wuͤrde die Zurückweisung

in die Heimath nicht allein im Falle der Verarmung ꝛc. eintreten dürfen, sondern ich würde auch kein Bedenken tragen, zum Schutz der Gemeinde selbst die Ausweisung bereits anwesender Arbeiter eintreten zu lassen, falls die Gesellschaft, welche ausschließlich in

ihrem Interes Arbeiter heranzieht, sich nicht bereit findet, auf billige Vorschläge einzugehen, welche geeignet sind, die Gemeinde vor entschiedenster Ueberbürdung zu bewahren. Die Königliche Regierung hat daher nach den vorstehend an⸗ gedeuteten Gesichtspunkten mit der S. Eisenhütten⸗Gesellschaft weiter zu verhandeln und den Gemeinderath der Bürgermeisterei M. mit der entsprechenden Eröffnung zu versehen, ꝛc. Berlin, den 1. Oktober 1859.

Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. von der Heyhdt. Der Minister der geistlichen, Der Minister des Innern. Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ Graf von Schwerin. Angelegenheiten. G von Bethmann⸗Hollweg.

An die Königliche Regierung zu N.

Der Finanz⸗Minister von Patow.

Abgereist: Der General⸗Major und Commandeur der Ften Infanterie⸗Brigade, von Weltzien, nach Bromberg.

Tages⸗Ordnung.

S 6te Sitzung des Herrenhauses. ““ Veontag; 828 7 Fg uar 1860, Heeaae⸗ 11 Uhr. 1 er Dritten isfion ü E ee Fejez En urf. bas

Berlin, 10. Februar. Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗

tegent haben, im Namen Seiner Majestaͤt des Königs, Allergnä⸗ digst geruht: Dem Geheimen Regierungs⸗ und Baurath Hoff zu Trier die Erlaubniß zur Anlegung des von des Königs der Niederlande Majestät ihm verliehenen Commandeur⸗Kreuzes des Großherzoglich Luxemburgschen Ordens der Eichen⸗Krone; so wie dem Geheimen Kommerzienrath Mevissen zu Cöͤln zur Anle ung des von des Großherzegs von Hessen und bei Rhein Königsichen Hoheit ihm verliehenen Ritter⸗Kreuzes erster Klasse des Ludwigs⸗ Ordens zu ertheilen.

Michtamtliches.

BPreußen. Berlin, 10. Januar. In der heutigen (10.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurden für die übrige Dauer der Session wieder gewählt: zum Präfidenten Simson mit 195 von 290 gültigen Stimmen (Gegenkandidat Abg. von Arnim⸗ Neustettin mit 76 Stimmen); zum ersten Vice⸗Präsidenten Grabow mit 189 von 295 Stimmen (Gegenkandidat Reichensperger⸗ Cöln mit 98 Stimmen); zum zweiten Vice⸗Präfidenten Mathis⸗ Barnim mit 174 von 278 gültigen Stimmen nath mit s Siimmen).

vertrag, welcher die bisher streitige Frage über den Anschluß zwischen den Eisenbahnen auf nassauischem und denjenigen auf preußischem Gebiete regelt, hier in Wiesbaden vom Präsidenten von Wintzingerode nassauischer, und Präsidenten von Möller preußischer Seits abgeschlossen worden. So viel man hört, geht derselbe dahin, daß die linksrheinische Eisenbahn⸗Gesellschaft, welche bereits in ihrer im Dezember gehaltenen General⸗Versamm⸗ lung im Voraus dazu ihre Zustimmung ertheilt hat, den Bau einer stehenden Brücke zwischen Coblenz und Ehrenbreitstein (welche die rechtsrheinische und linksrheinische Bahn, die Lahn und die dem⸗ nächstige Moselbahn in direkten Rapport setzt), so wie der Strecke Ehrenbreitstein⸗Lahnstein übernimmt, ferner, daß die Dillbahn, als Stück der Deutz⸗Gießener, an die Cöln⸗Mindener Gesellschaft kon⸗ zessionirt, und daß die auf preußischem Gebiet zwischen Weilburg und Wetzlar zu erbauende Lahnbahn ein Stück der nassauischen Staatsbahn bilden wird. Nach dem den Ständen vorgelegten Haupt⸗Exigenzetat find die Staatsausgaben pro 1860 zu 3,360,046 Fl. 49 Kr., die Einnahmen zu 2,071,680 Fl. berechnet; das Defizit von 1,288,366 Fl. wird durch Erhebung von vier Simpeln direkter Steuern gedeckt. Die Einnahmen der Domainen⸗ kasse werden auf 1,759,668 Fl., die Ausgaben auf 1,295,598 Fl. 89 gr. das Reinerträgniß somit auf 464,069 Fl. 38 Kr. be⸗ rechnet.

8. Februar. Die „Mittelrheinische Zeitung“ theilt heute den Entwurf des neuen Gewerbegesetzes mit, welcher den Kammern demnächst zur Berathung und Beschlußfassung vorgelegt werden wird. Dieser Entwurf ist auf das Prinzip der Gewerbe⸗ gegruͤndet. Wir entnehmen demselben folgende Para⸗ graphen:

§ 4. Von seinem gewählten Niederlassungsorte aus kann jeder Ge⸗ werbetreibende sein Gewerbe im ganzen Herzogthum betreiben, vorbehalt⸗ lich der gesetzlichen Bestimmungen über den Hausirhandel und die hau⸗ firend betriebenen Gewerbe, so wie derjenigen über die Befugnisse der Handeltreibenden, selbst oder durch Reisende Waarenbestellungen zu suchen oder zum Behufe des Wiederverkaufs Waaren aufzukaufen.

§. 5. Einer besonderen Konzession, deren Ertheilung nach Maßgabe der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen durch die betreffenden Behörden zu geschehen hat, bedürfen: Bank⸗ und Wechselgeschäfte, Mäkler aller Art, Schiffer und Steuerleute, Wirthe, Materialisten, Agenten für Feuerversiche⸗ rungen und Auswanderergeschäfte, Buch⸗ oder Steindrucker, Buch⸗ oder Kunsthändler, Antiquare, Inhaber einer Leihbibliothek oder eines Lese⸗ kabinets, Verkäufer von Zeitungen, Flugschriften und bildlichen Darstellun⸗ gen, Vorsteher von Erziehungs⸗ und Lehr⸗Instituten, Schauspielunternehmer. Die Berechtigungen konzessionirter Gewerbetreibenden find nach dem In⸗ halte der ertheilten Konzession und den Bestimmungen der bezüglich des speziellen Gewerbes erlassenen besonderen Verordnungen, und so weit diese

nicht entgegenstehen, nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu beur⸗

theilen. Baden. Karlsruhe, 8. Februar. Se. Hoheit der Fürst

von Hohenzollern⸗Sigmaringen und der Prinz Karl von

Hohenzollern sind heute Mittag um halb ein Uhr von hier nach Berlin abgereist. (Karlsr. Ztg.)

Oesterreich. Aus Wien, den 8. Februar, Abends, wird der „Köln. Ztg.“ telegraphisch gemeldet: Graf Degenfeld, Kom⸗ mandirender des zweiten Armeecorps, hat durch einen Tagesbefehl bekannt gemacht, daß vom 15. Februar ab das Kriegsrecht für das ganze Gebiet von Venetien, für die Provinz Mantuag und den Be⸗ zirk von Triest in Folge der zunehmenden Aufreizungen und Ver⸗ führungsversuche gegenuͤber den österreichischen Truppen in Kraft

(Gegenkandidat * beruhigendsten Versicherungen gab,

Nassau. Wiesbaden, 7. Februar. Heute ist der Staats⸗

treten wird. Die „Gazzeta di Venezia“ veröffentlicht auch eine

desfallsige Bekanntmachung.

Niederlande. Aus dem Haag, 8. Februar, wird tele⸗ graphirt, daß die Erste Kammer, nachdem sie die Vertheidigung des Fisenbahn⸗Gesetzentwurfes von Seiten der Minister ver⸗ nommen, diesen Entwurf mit 20 gegen 17 Stimmen verworfen hat.

Großbritannien und Irland. London, 8. Februar. Ihre Majestät die Königin und der Prinz⸗Gemahl waren gestern mit den Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses bei einem Kinderballe, den die Herzogin von Kent in Frogmore gab. Der Prinz von Oranien hatte den größten Theil des gestrigen Tages auf die Besichtigung des Arsenals von Woolwich und des Matrosen⸗Invalidenhaufes von Greenwich verwendet.

In der gestrigen (telegraphisch bereits erwähnten) Oberhaus⸗ Sitzung beantragte der Marquis von Normanby, wie bereits vorher angezeigt, eine Adresse an Ihre Majestät, worin die Königin, nach dan⸗ kender Erwähnung des Umstandes, daß die Regierung bereits über den Savoyschen Annexationsplan sich gegen die französische Regierung aus⸗ gesprochen hat, unterthaͤnigst gebeten werden soll, zur Verhinderung der beabsichtigten Gebietsänderung alle Anstrengungen zu machen. Der Mar⸗ quis bittet das Haus, wohl zu bemerken, daß der Antrag nicht gegen die

Regierung gerichtet sei, sondern mit ihr zu kooperiren bezwecke. Seit dem

1859, wo Lord J. Russell nach einer Korrespondenz mit Lord danen dem anderen Hause über die Pläne der franzöfischen Regierung die sei die fabphische ger

Der Ton der franzoͤfischen Presse, die den König Victor Emanue Füiegistegn wenn seine Behörden gegen die Annexation sind, habe nichts Beruhigendes; ebensowenig beruhigend seien, trotz ihrer Unverständlichkeit, M. Grandgutllot’s Berufungen auf die sogenannte Logik der Thatsachen. Niemand auf dem Kontinent wolle glauben, daß kein Vertrag oder Ab⸗ ommen über die Annexation zwischen Frankreich und Sardinien vorhan⸗ en sei, und es wäͤre zu wünschen, daß der Kaiser der Franzosen elbst seinem getreuen Alliirten diesseits des Wassers eine bestimmte Erklärung darüber gäbe. Was die öffentliche Meinung Savoyens be⸗ reffe, die so vielfach angerufen werde, so habe er trotz ernster Be⸗ mühungen dieselbe nicht recht zu ermitteln vermocht. Zugleich wisse Jeder⸗ mann, daß die Loyalität der Savoyarden seit 1848 in Folge der er⸗ höhten Steuerlast und des gezwungenen Dienstes in einem Kriege, für den as Alpenvolk kein Interesse fühlte, gelitten habe. Nach Erwähnung der rategischen Wichtigkeit Savoyens, dessen Abtretung den Köͤnig Victor Emanuel zwingen würde, seine Residenz von Turin nach Mailand zu ver⸗ legen, schildert der Antragsteller die Lage der letzteren Stadt als sehr larminend; jede Nacht fielen daselbst Mordthaten vor, und die piemonte⸗ schen Offiziere würden von den Damen eben so mißhandelt wie früher ie österreichischen. Auch da sei die drückende Besteuerung die Ursache. Zum Schluß versichert der Marquis, daß er nicht der Mann sei, dem Kaiser Napoleon nicht vollständige Gerechtigkeit widerfahren zu lassen; daß r England auf den besten Fuß zum Kaiserreich zu sehen wünsche, und daß r keinen Angriff auf die Regierung beabsichtige. Earl Granville ent⸗ 8 die englische Regierung seit der oft erwähnten beruhigenden Erklä⸗

ung Walewski's fortgefahren habe, der frañzöͤsis chen und sardinischen Regierung hre Ansicht über die Frage in freunds chaftlicher Weise vorzutragen. DieKaiserliche Regierung erwiderte, es sei im Augenblick von der Annexation keine Rede; vor dem Kriege sei die bedingungsweise Annexation einer der Hauptpunkte er Diskussion gewesen; doch da die dedegaases nicht eintraten, sei von er Annexation für jetzt nicht die Rede. alls Sardinien durch die Ein⸗ erleibung anderer Provinzen ein starker italienischer Staat werden sollte, würde die französische Regierung glauben erwägen zu dürfen, nelhe Be⸗ ingung sie an die französische Sanction dieses Arrangements nüpfen olle. Von Turin aus wurde erwidert, es bestehe kein franzöfisch⸗sar⸗ dinisches Uebereinkommen in Bezug auf die Frage; der König von Har. inien habe nicht die Absicht Savoyen zu verschachern un bzutreten; wenn die Savoyarden Beschwerden hätten, so besäßen

e das Recht, sich mit Petitionen an das piemontesische Parlament zu wenden. Ihre Lordschaften würden zugeben, daß die englische Regie⸗ runz die Pflicht habe, zu andern Regierungen über Fragen solcher Art it Offenheit zu sprechen. Sie vermöge dies im vorliegenden Falle um so leichter, als es für England selbst wenig Unterschied mache, ob Frank⸗ reich an seiner südlichen Grenze einige strategische Vortheile gewinne oder Wichtigkeit sei für England, Alles zu thun, um den

eur und das europaͤische Gleichgewicht aufrecht zu halten. Es wäre daher von Ihrer Majestät Regierung sehr unfreundlich gewesen, wenn sie der franzoͤsischen Regierung nicht Alles bemerklich gemacht hätte, was sich vom europäischen Gesichtspunkt gegen die angeblich beabsichtigte 8 nnexirung einwenden ließe. Auch ein etwas vergroͤßertes Sardinien brauche einem Lande von so herrlicher geographischer Pofition und einer so tapferen Bevölkerung wie Frankreich keine Eifersucht cinfloͤßen. Andererseits ehe die Frage ins Weite; wenn Frankreich bis an die Alpen muß, so sei man nicht sicher, daß es nicht ein andermal den Rhein nöthig haben werde. Auch würden die Feinde Frankreichs, im Fall der Annexirung, auf einen Gegensatz zwischen den Erklärungen und Handlungen des Kaisers deuten können. Diese und noch andere Vetrachtungen habe die englische egierung in ihrer Korrespondenz mit der franzöoͤsischen hervorgehoben. Die Politik der englischen Regierung sei nicht die der Nationalitäten in dem Sinne, wie der edle Marquis dieselbe oft gekennzeichnet hat, noch be⸗ stehe sie in Isolirung von anderen europäischen Mächten. England korre⸗ spondire in diesem Augenblicke über die italienische Frage mit Frankreich, Sardinien und Oesterreich. England wolle nichts vorschreiben und nichts verbieten; es sage nicht, daß Mittel⸗Italien zu Sardinien geschlagen werden müsse; es wolle weder behaupten noch läugnen, daß eine Majorität der Toskaner für den Großherzog sei. Wenn die Majorität da sei, möge sie ssc geltend machen. Felclanas einfache Politik

ine Politik, in welcher Frankreich ihm herzli

und Oesterreich so

herzlich, als man erwarten dürfte, ihm entgegenkam sei die Vermeidun

eines bewaffneten Einschreitens. Die Motion des edlen Marquis sei mit Courtoisie abgefaßt und lasse es nicht an Achtung vor dem Kaiser Napoleon fehlen, doch würde sie die Regierung eher schwächen als stärken, wenn sie ihr aufgedrungen würde. Ohnedies seien die Feinde des Kaisers Napoleon jetzt bemüht, das Geschrei zu erheben, daß die Religion und der Handel Frankreichs den Interessen Englands zum Opfer fallen. Unter solchen Umständen könnte die Motion, wenn auch gut gemeint, nachtheilig wirken. Und da die englische Regierung ohnehin die Absicht ausspreche, bei jeder Gelegenheit mit Rath und Einfluß zur Abwendung der besproche⸗ nen Annexation beizutragen, möge der edle Marquis seinen Antrag zurück⸗ nehmen. Earl Grey denkt, das Haus sei dem edlen Marquis für die Besprechung dieses Gegenstandes sehr zu Dank verpflichtet. Gern hätte er seinen edlen Freund (Granville) anders schließen und die Motion an⸗ nehmen gehört. Seine in manchen Punkten höchst Besorgniß erregende Rede zeige am schlagendsten, wie sehr die Motion geboten war. Die von ihm zitirten Rückäußerungen der französischen Regie⸗ rung seien ungemein unbefriedigend. Kein Mitglied werde, bei ⸗dem jetzigen Stande der Information über den Gegenstand, zu einem Kriege rathen um die Annexation zu hintertreiben, wohl aber müsse Jedermann auf die energischesten Gegenvorstellungen dringen. Wenige Ereignisse gebe es die vom prinzipiellen Gesichtspunkt für England und Europa nachthei⸗ liger sein könnten als die Ausführung des Annexationsplanes. Der Redner charakterisirt den neulichen „unerhörten“ Artikel der „Patrie“, und spricht (in derselben Weise wie die „Times“) von der gefährlichen Deutung, die man in Frankreich dem von der Thronrede in Bezug auf Italien ausgesprochenen Prinzip zu geben scheine. Wenn ein paar Agi⸗ tatoren die Meinung eines friedlichen und ruhigen Landes nach ihrem Sinn auslegen und nach dieser Auslegung das Geschick des Volkes entschieden würde, so sei keine Regierung Europas einen Tag sicher. Würde Frankreich selbst das Prinzip gelten lassen? Würde Napoleon III. es dem französtschen Volk anheimstellen lassen ob es eine Republik, eine orleanistische oder legiti⸗ mistische Dynastie vorziehe? Dann heiße es, die Alpen seien eine natür⸗ liche Grenze, und die Savoyarden seien mit Frankreich durch die Gemein⸗ samkeit der Sprache verbunden. Aber spreche nicht auch die Majorität der Belgier französisch? Wenn dergleichen Gründe gelten sollten, welche Sicherheit habe Europa gegen andere Uebergriffe derselben Art? Auch er

wolle die Motion der Regierung nicht gegen ihren Willen aufdrängen,

denn es würde dann den Anschein gewinnen, als ob über die Frage eine Meinungsverschiedenheit in England herrschte, während fie seiner Meinung nach nicht vorhanden sei. Allein er begreife nicht, weshalb die Re⸗ gierung sich gegen den Antrag sträube? Derselbe könne in Frank⸗ reich unmöglich mißdeutet werden, außer wenn man den zahl⸗ reichen und feierlichen Erklärungen des Kaisers Napolcon, daß er nicht an Vergrößerung denke, keinen Glauben schenken dürfte. Ohne Vertrauen aber werde ein liberaler Handelsvertrag nicht die von demselben erwarte⸗ ten Früchte tragen. Er müsse es auch als eine schwere Vernachlässigung rügen, daß die englische Regierung den Handelsvertrag unterzeichnete, hebor sie vom franzöfischen Kalser eine authentische und formale Desaboui⸗ rung der ihm zugeschriebenen Annexationsplane erlangt hatte. Der Earl von Shaftesbury äußert sich noch entschiedener. Er schließe aus allen Anzeichen, daß der Kaiser Rapoleon noch immer die Annexirung be⸗ treibe, und daß die sardinische Regierung dagegen ankämpfe. Unter diesen Umständen müsse England seine Meinung aussprechen. Die Annexirung würde einen unauslöschlichen Schandfleck der fran⸗ zösischen und sardinischen Regierung anheften; und selbst Italien wäre nicht tadelfrei, da es sich auf Kosten der erblichen Rechte eines anderen Volkes gewisse Vortheile gefichert hätte. Die Annexation wäre der erste Schritt zur Verwandlung des Mittelmeers in einen fran⸗ zöfischen Binnensee. Nach dem Raisonnement der Annexationsfreunde müßte auch Genf französisch werden; könnte Deutschland die russischen Oftseeprovinzen und Rußland die slavischen Provinzen Oesterreichs ver⸗ langen. Solle Savohen schon von Sardinien losgerissen werden, so möge man es der Schweiz einberleiben. Er werde ewig dagegen protestiren, daß man eine Natieon, die sich freier Staatseinrichtungen erfreut, einer despotischen Dynastie in die Hand spiele. England habe längst gegen den Handel mit Mrnschenfleisch protestirt; er protestire in dem⸗ selben Sinn gegen den Handel mit Volks⸗ und Menschenrechten. Der Herzog von Neweastle ersucht das Haus, sich von der Sprache des edlen Grafen, der an die leidenschaftliche und dabei harmlose Erörterung gewisser heimischer Fragen gewöhnt sei, nicht erhitzen zu lassen. In aus⸗ wärtigen Angelegenheiten wäre solche Gluth nicht ganz harmlos. Man dürfe nicht vergessen, wie die Sprache gewisser Personen in Frankreich obgleich dieselben mit geringerer Autorität bekleidet waren (der anglo⸗ phobischen Obersten) diesseits des Kanals gewirkt habe. Gleiche und noch schlimmere Wirkungen könnten aufregende Oebatten drüben haben. Hätte Ihrer Majestät Regierung sich je eines solchen Tones, wie der edle Graf, bedient, so wäre die Folge entweder ein Krieg oder die so sehr deprezirte An⸗ nexation gewesen. Er hoffe, daß eine friedliche Loͤsung wahrscheinlich sei, und halte daher die Motion für unndthig und eher schädlich als zweckdienlich. Lord Brougham ist eben so entschieden gegen die Annexation eines einzigen savoyischen Dorfes, glaubt aber die Sache in guten Händen, da Lord Granville’'s Erklärungen ihn zufriedengestellt hätten, und empfiehlt dem edlen Marquis die Motion] zuruͤckzunehmen. Der Earl von Derby ent⸗ wickelt, wie unheilbringend die Annexation für den Kaiser Napoleon und den König von Sardinien werden muüßte. Er will sich gern der Hoffnung hingeben, daß die Vorstellungen des englischen Ministeriums, welches endlich die hier einschlagende Polilik seiner Vorgänger adoptirt habe, eindringlich genug gewesen und vom Kaiser N

poleon auch wirklich beherzigt worden seien. Es komme vor Allem darauf an, daß Piemont fest bleibe und auf jede französische Eröffnung mit dem Wort: „Unmöglich!“ antworte, denn Gewalt werde Frankreich nicht zu brauchen wagen. Jedenfalls werde die Diskussion des Antrags der Welt zeigen, daß der Annexationsplan im britischen Senat nicht einen einzigen Fuͤrsprecher gefunden habe. Und insofern habe der Antrag