1861 / 60 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

dinal, militairisch habe Frankreich sich in Italien ausgezeichnet benom⸗ men; so wie es aber zu politisiren angefangen, sei Unsicherheit und Verwirrung entstanden. „Gestern hat man uns den Schlüssel dazu gegeben. Bis jetzt glaubten wir, Frankreich habe Italien retten, nicht einig machen, habe die weltliche Herrschaft des Papstes vertheidi⸗ gen und Rom die Hauptstadt der Christenheit bleiben lassen wollen. eute ist dieser Wahn zerstört. Man hat stets die Einheit Italiens gewollt. Zur Vollendung des Werkes zeigt man uns einen starrköpfigen und gegen Frankreich undankbaren Papst. Bei dieser neuen Lage, in cer nach dieser Rede (des Prinzen Napoleon) Frankreich und die Kirche sich befänden, bitte ich die Räthe der Krone, uns zu sagen, ob jene Rede die An⸗ sichten der Regierung ausdrückt.“ General Husson: „Sie haben gut reden; die weltliche Macht ist todt.“ Minister Billault erhält das Wort. Jeder, sagt der Minister, könne hier frei seine Meinung aussprechen, das wolle der Kaiser, aber „Niemand hat das Recht, in Seinem Namen zu sprechen, Niemand kann Ihn durch sein Wort binden; Er ist nur an die Erklärungen derer gebunden, welche hier in Seinem Namen zu sprechen befugt sind. 9 (Sehr gut) Dann geht der Minister auf die vorliegende Frage ein. Es sei nicht das erste Mal, daß die Interessen Frankreichs und des päpstlichen Stuhles in Kollision geriethen. „Ünsere Vaͤter waren aufrichtige Katholiken, aber niemals haben sie die Sache des Staats der Sache der weltlichen Herr⸗ schaft des Papstthums und den Ansprüchen desselben geopfert. Ein Staatsmann darf keine ausschließlich himmlische und spiritualistische An⸗ schauungsweise haben; er muß die menschlichen Bedürfnisse berücksichtigen. Deshalb muß ich Sie um Kaltblütigkeit bitten, die doch sonst Ihre Gewohn⸗ beit und niemals nothwendiger gewesen ist als heute. (Beifall.) Billault schildert nun übersichtlich alles das, was der Kaiser in den verschiedenen Phasen der italienischen Frage gethan und erzielt hat. „Als er den Frieden von Villa⸗ franca schloß, was war damals seine vorgefaßte Meinung? Den heiligen Vater an die Spitze des italienischen Volkes zu stellen und den Traum, den Pius IX. beim Antritte seiner Regierung gehabt, zu verwirklichen; er wollte den Papst zum Haupte des italienischen Bundes machen. Man darf nicht sagen, wie gestern Se. Kaiserliche Hoheit der Prinz Napolgon, daß das Werk von Villafranca ein todtes war. Nein! der Kaiser wollte Italien ernstliche Elemente der Organisation geben und beide Parteien versöhnen. Aber weder die eine, noch die andere hat das annehmen wollen, was ihnen die Mäßigung des Kaisers anbot. Die Rathschläge sind hartnäckig und in blinder Ehrsucht zurückgestoßen worden. Aber es ist möglich, daß die ferneren Begebenheiten sie die ganze Weisheit dieser Rathschläge erkennen lassen. Als die Revolution in Sieilien aus⸗ brach, wandte sich der Kaiser an England mit der Frage, ob das, was in Sicilien geschehe, in Gegenwart der Flagge der Großmächte zulässig sei. Es handelte sich darum, die Unternehmungen Geribaldi's zu hemmen. England antwortete abschlägig. Was sollte der Kaiser machen? Seine Politik ist immer gewesen, das Einverständniß mit den Großmächten auf⸗

recht zu erbalten.“ Sodann antwortet der Minister auf die Frage, was Frankreich nun fernerhin thun werde, mit der Erklärung, daß in einer so schwierigen Frage mitten unter der Eifersucht Europa's, zwischen den Kreuz⸗ und Quergaͤngen der Diplomatie jetzt nicht gesagt werden könne, was der Kaiser kuͤnftig thun werde; das würde ihm nicht einmal ein diplomatischer Anfänger zumuthen. (Beifall.) „Ich habe Ihnen zei⸗ gen wollen, und hoffentlich ist es mir gelungen, daß alles, was moͤglich war, vom Kaiser geschah, um die italienische Freiheit gleich⸗ eitig mit der Unabhaͤngigkeit des Papstes zu vertheidigen. Glauben Sie das, so sprechen Sie es aus, bestimmt, aufrichtig.“ Hier unterbricht ihn Graf de Segur d'Aguesseau mit der Frage, ob die franzoöͤsischen Trup⸗ pen vielleicht Rom verlassen würden. Der Minister erklärt, darauf nicht antworten zu wollen. „Niemand hat das Recht, unsere Ehrlichkeit, un⸗ sere Hingebung an den heiligen Vater zu verdaͤchtigen. Man hat den Kaiser angeklagt, man hat gedroht, man hat von Meineid gesprochen, man ist so weit gegangen, eine gehässige Anspielung aus der Bibel (Auf⸗ regung) zu machen. Eine Erklärung des Senats muß solchen Schmä⸗ hungen Einhalt thun und alle diejenigen zur Achtung mahnen, die sie vergessen. Man soll wissen, daß die großen Staatskörper, welche den Herrscher umgeben, die Achtung zu gebieten wissen werden, welche dem Fürsten gebührt, der Alles für die Kirche gethan hat. Es giebt keinen Umstand, wo er nicht seine ganze Liebe zum heiligen Vater an den Tag gelegt hätte. Er hat ihn zum Pathen seines Sohnes genommen, dieses Sohnes, auf dem die Zukunft unserer Kinder ruht. Weisen Sie die un⸗ würdigen Schmähungen zuruͤck, welche gegen den Kaiser gerichtet werden. Ich weiß nicht, ob sie sein Herz kränken; ader sie werden weder seinen Glauben noch diese Politik ändern, welche sein Ruhm ist. Er wird fortfahren, mit der Ausdauer, welche Europa ehrend anerkennt, die wahren Interessen Frankreichs zu vertheidigen, die Unabhängigkeit des heiligen Vaters und die italienische Freibeit.“ (Beifall.)

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Kardinal Donnet bittet um das Wort und beantragt ein Amendement, „daß Frankreichs Schwert fortfahren möge, nicht nur die persoͤnliche Sicherheit des Papstes, sondern auch seine Un⸗ abhäͤngigkeit und die Aufrechthaltung der weltlichen Herrschaft zu verthei⸗ digen.“ Minister Baroche erklärt, daß die Regierung dieses Amende⸗

ment zurückweise.

Der Präfekt von Toulon, Vice⸗Admiral Jacquinot ist hierher berufen und wird dort durch den Vice⸗ Admiral Bouet Willaumez ersetzt werden. Der Hafen von Toulon soll gründlich gereinigt und auf eine Normaltiefe von 12 Metres gebracht werden, so daß die größten Schiffe dort einlaufen können.

Italien. Turin, 1. März. Die schon kurz erwähnte Kundmachung, welche der Kriegs⸗Minister Fanti unterm 15. Fe⸗ bruar erlassen hat, lautet:

Mit dem Falle Gaeta's ist jede Spur eines bourbonischen Heeres ver⸗ schwunden. Das Waffentragen unter einer Fahne, die nicht mehr besteht, und das Recht, welches eine Nation besitzt, in ihren Interessen und Ge⸗ finnungen, die sie durch einmuͤthige Abstimmung kund gegeben, nicht ge⸗ stört zu werden, bestimmen mich, Folgendes kund zu machen: „Die frem⸗ den M ltairs, welche den dourbonischen Truppen angehörten, oder die un⸗

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ter den päpstlichen dienten und dienen, und welche mit den wenigen Ban⸗ den, die noch einige Gebirgsgegenden des südlichen Theiles der Königlichen Staaten verwüsten, gemeinsame Sache machen würden, werden, wenn sie von den National⸗Truppen gefangen genommen werden, nicht als Mi⸗ betrachtet, sondern nach der Strenge des Gesetzes behandelt werden.

Neapel. Der Kardinal Erzbischof von Neapel, Riario Sforza, hat an den Statthalter geschrieben, um gegen die Auf⸗ hebung der Klöster zu protestiren. In Folge dessen enthält die „Gazzetta di Napoli“ folgende Note Wir vernehmen, daß Se. Königliche Hoheit der Prinz⸗Statthalter den Kardinal mittelst eines sehr höflichen Schreibens eingeladen hat, seine Anerkennung der legitimen Herrschaft Victor Emanuel's kund zu thun. Im Weige⸗ rungsfalle ist die Regierung entschlossen, demselben die längere Ausübung seines Amtes nicht zu erlauben.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 27. Februar. Laut allerhöchsten Ukases vom 11. (23.) Januar 1861 wird in An⸗ erkennung dessen, daß die Volksbildung das treueste Unterpfand fuͤr die Wohlfahrt des Neiches ist, der neue Etat für die Gym⸗ nasien und Kreisschulen unter dem Ministerium der Volks⸗ Aufklärung bestätigt und zu gleicher Zeit zur Verstärkung der Etats der Gymnasien und Kreisschulen des dörptschen Lehrkreises auf Rechnung des Reichsschatzes 17,000 Rubel angewiesen, indem dem Minister der Volksaufklaͤrung üͤberlassen wird, die nöthigen Anordnungen zur Verwendnng dieser Summe ihrer Bestimmung gemäß zu treffen.

Ein hiesiges Blatt meldet, daß der Präsident des Conseils der Haupt⸗Gesellschaft der russischen Eisenbahnen, Varon Meiendorff, seinen Abschied genommen und an seine Stelle Herr Abasa getreten, zum Vice⸗Präsidenten aber Fürst Obolensky ge⸗ wählt worden.

Warschau, 1. März. Notable Einwohner der hiesigen Stadt haben nachfolgende Adresse an den Kaiser von Rußland gerichtet:

„Sire! Die schmerzlichen Ereignisse, die sich in Warschau zugetragen haben, die Erbitterung, die denselben vorausgegangen ist, und das tiefe Gefühl der Trauer, die alle Herzen durchdrungen, haben uns ermuthigt, gegenwärtiges Gesuch im Namen des ganzen Landes Ew. Maäjestät in der Heffnung zu Füßen zu legen, daß Ihr edles Herz, Sire, nicht taub gegen die Stimme einer sehr unglücklichen Nation bleiben werde. Die Ereig⸗ nisse, deren schmerzliche Auftritte wir zu beschreiben uns enthalten, wurden keineswegs durch subversive Leidenschaften besonderer Bevöl⸗ kerungs Klassen hervorgerufen, dieselben find im Gegentheil die einmüthige und beredte Kundgebung mit Geringschäͤtzung zurückgewiesener Gefühle und verkannter Bedürfnisse. Nachdem mehr als ein halbes Jahrhundert lang der ganzen Nation Leiden auf Leiden auferlegt worden, und zwar einer Nation, die Jahrhunderte lang durch freie Institutionen regiert wurde, sieht diese Nation sich sogar der gesetzmäßigen Stimme beraubt, ihre Schmer⸗ zen und den Ausdruck allgemein gefühlter Bedürfnisse zum Throne des Herrschers dringen zu lassen. Dieser ganze Stand der Dinge hat dieses Volk nothwendig dahin gebracht, daß es seine Stimme nur durch den Schrei seiner Opfer vernehmbar machen kann; daher bringt es solche in Ueberfluß dar. Im Grund der Seele eines jeden Bewohners dieses unglücklichen Landes glüht das tiefe Gefühl der besonderen Nationalität, welche von derjenigen der übrigen Völker Europa's verschieden ist. Dieses Gefuͤhl trotzt den Einflüssen der Zeit und der Ereignisse; weit entfernt, es abzuschwächen, hat das Unglüͤck es nur noch gesteigert. Alles, was dasselbe verletzt oder was ihm Abbruch thut, bekümmert und beunruhigt die Gemüther. So hat denn dieser unheilvolle Einfluß alles Vertrauen zwischen der Negierung und den Regierten untergraben. Auch kann das Vertrauen nicht wieder erwachen, so lange die Anwendung gewaltsamer und durchaus wirkungs⸗ loser Repressiv⸗Maßregeln forrdauert. Unser Land, das einst auf der Höhe der Civilisation seiner europäischen Nachbarn stand, kann sich geistig und materiell so lange nicht entwickeln, als seiner Kirche, seiner Gesetzgebung, seinem öffentlichen Unterricht und seiner ganzen gesellschaftlichen Organi⸗ sation nicht das Siegel seines Nationalgeistes und seiner historischen Ueber⸗ lieferungen aufgeprägt ist Die Bestrebungen der Nation find um so glüͤhender, als sie sich in der großen europäischen Völkerfamilie gegen⸗ wärtig beinahe allein jener absoluten Existenzbedingungen beraubt sieht, ohne welche keine Gesellschaft den ihr von der Vorsebung beschiedenen Entwickelungsgang durchmachen kann. Indem wir den Ausdruck dieses Schmerzes und unserer heißen Wünsche an den Stufen des Thrones nieder⸗ legen, wagen wir, Sire, im Vertrauen auf den hohen Billigkeits⸗ und Gerechtigkeitssinn Ew. Majestät, an Ihre Großmuth zu appelliren.

8 Ew. K. K. Majestät getreue Unterthanen.“—

Amerika. Mexiko. Aus Monterey wird gemeldet, daß der Präsident Miramon mit 2000 Mann in die Stadt Riverde eingebrochen ist, 200 Einwohner derselben getödtet und die Stadt selbst niedergebrannt hat.

Telegraphische Depeschen. lus dem Wol ff'schen Telegraphen⸗Büreau.)

S

In der heutigeu

London, Montag, 4. März, Abends. .

Sitzung des Unterhauses griff Hennessey die sardinische Po⸗ litik, Layard die paͤpstliche Regierung an. Boneys haͤlt Frank⸗ reich und England für die üͤber Italien zu fassenden Beschlüsse verantwortlich. Die Diskussion wird vertagt. G“

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Paris, Dienstag, 5. März, Morgens. Der heutige „Mo— niteur“ enthält einen Bericht des Justizministers Delangle über Mires. In demselben heißt es: Dem Kaiser seien Geruüͤchte be⸗ kannt geworden, daß Mireès durch Protection gerettet werben solle und daß die Regierung den Skandal unterdrücken werde. Der Justizminister sagt, man könne nicht dulden, daß man eine ehren⸗ hafte Regierung für faͤhig halte, sie werde einen Schleier über eine Handlung werfen, die dem Strafrechte unterliegt. Die Instruction des Prozesses wird mit Sorgfalt geführt. Delangle erklaͤrt schließlich, die Gerechtigkeit werde einschreiten, wenn solche Beschul⸗

digungen wider Erwarten nicht aufhören sollten. Von der polnischen Grenze, Dienstag, 5. März, Mor⸗

gens. Nach hier eingetroffenen Nachrichten aus Warschau hät⸗

ten sämmtliche Adelsmarschälle des Königreichs Polen ihre Demis⸗

fion genommen und würden alle Polen, die in russischen Diensten

stehen, ihrem Beispiele folgen.

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Ekkeralur, Kunst und Wissenschaft. München, 2. März. Gestern hat im Foyer des Königlichen Hof⸗

Theaters eine seltene Feierlichkeit stattgefunden: Sophie Schröders,

der größten deutschen Schauspielerin, 80. Geburtstag, wurde von dem

gesammten Hoftheaterpersonale festlich begangen. Hr. Inspektor Schmitt

überreichte der großen Jubilarin im Namen Sr. Majestaͤt ein Königliches Handbillet nebst einer goldenen Medaille, die Mitglieder der Königlichen Hofbühne brachten ihr einen filbernen Pokal auf silberner Platte als Ehrengabe dar; Frau Dahn⸗Hausmann überreichte ihr ein Album nebst einem Lorbeerkranze und die zu einer Reihe von Gastrollen so eben ein— getroffene berühmte dramatische Künstlerin Frau v. Bulyowski überreichte ihr im Namen der Dresdener Hofbühne eine Lorbeerkrone nebst Adressen. Mit tiefster Rührung empfing die greise Künstlerin diese Beweise von Liebe und Verehrung.

Der 5te Band von Lord Macaulay's Geschichte Eng⸗ lands, der am 15ten d. (als Fragment) erscheinen wird, enthält außer einem Inhaltsverzeichniß zum ganzen Werke die Geschichtsperiode von 1698 1701, eine Schilderung des Todes des verbannten Königs und der allgemeinen Wahlen von 1701. Die Schilderung dieser Geschichtsperiode ist vom Verfasser beinahe ganz für den Druck vollendet worden. Für den spätern Zeitabschnitt fanden sich blos hingeworfene Noten im Nachlaß vor, aus denen sich eben nur eine Skizze von Wilhelm IV. Lebens⸗ und Re⸗ gierungsende zusammenstellen ließ. Die Herausgeberin hat Alles so drucken lass wie es der Verstorbene hinterließ.

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zu Brüssel starb am 27. Februar Se. Durchlaucht der Her⸗ zog Prosper Ludwig von Arenberg im 7östen Lebensjahre. Am 28. April 1785 zu Enghien geboren und während der Revolution mit seiner Familie aus Frankreich emigrirt, übernahm er 1803, da sein (1820 gestorbener) Vater freiwillig zurücktrat, die Regierung des Herzog⸗ thums. Im spanischen Feldzuge ward er von den Engländern gefangen genommen und bei Errichtung des Königreichs Westfalen seines Landes beraubt. Als mediatisirter Fürst gehörte er zu den Standesherren Preußens und Hannovers, Sein ältester Sohn Engelbert ist am 11ten Mai 1824 geboren.

Der „Schwarze Prinz“, so heißt die zweite eisengepanzerte Fregatte, die England bauen läßt, ist am 1. März im Beisein einer ungeheuern Menschenmasse auf dem Clydeflusse bei Glasgow vom Stapel gelassen wor⸗ den. Sie wird als Muster der Schiffbaukunst gepriesen, soll 40 der schwersten Armstrong-Kanonen führen, bis zum Juni vollständig aus⸗ gerüstet sein und gleicht im Wesentlichen der auf der Themse gebauten Eisenfregatte „The Warrior“. 1 8 1u 8

Kairo, Mitte Februar. Chirullus, der jüngst verstorbene koptische Patriarch, ist mit großem Pomp und allen nur erdenklichen Ehren be⸗ erdigt worden. Die hohe und niedere Geistlichkeit aller Konfessionen war bei dem großartigen Leichenzuge vertreten und koptische Frauen und Män⸗ ner folgten zu Tausenden dem Leichenwagen, auf welchem in seinem Pracht⸗ ornate der hohe kirchliche Würdenträger in einem schwer vergoldeten Lehn⸗ stuhle soß, das Bild eines ehrwürdigen schlafenden Kirchenfürsten. Zwei Reihen Kawassen, welche theils die Polizei, theils die europäͤischen Kon⸗ sulate gestellt hatten, um den Todten zu ehren und Ordnung im Zuge zu erhalten, folgten mit ihren silberbeschlagenen Stöcken zu beiden Seiten, und ein Bataillon mohamedanischer Soldaten, das von der Regierung zur Leichenbegleitung kommandirt war, beschloß den Zug. Der immense Menschenstrom, welcher unterwegs immer mehr anwuchs, bewegte sich vom Palaste des verstorbenen Kirchenfürsten nach der neuen koptischen Kirche, wo die Ueberreste des Patriarchen beigesetzt wurden. In fruüͤberen Jahren Jugendlehrer des kühnen abyssinischen Kaisers Theodosius I, wurde er von Said Pascha vor einigen Jahren zu einer diplomatischen Mission nach

Habesch ausersehen, um die freundnachbarlichen Beziehungen des abyssini⸗

mMMapor Litb. A. 25 q Br.; de. Litt. D.

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schen Kaiserstaates mit den türkischen Sudanländern wieder herzustellen. Die Achtung vor Chirullus veranlaßte Theodosius I. auch wirklich, dem Vicekönig von Aeghypten nach Chartum entgegenzureisen, wo kostbare Geschenke ausgetauscht wurden und wo Theodosius I. erklärte, „er sei von der Idee zurückgekommen, den Nil auszudämmen und somit dem Lande Aegypten seine Lebensader zu rauben“, welche Eröffnung Said Pascha sehr zur Be⸗ ruhigung gereichte. Chirullus war es spaͤter, welcher den General⸗Statt⸗ halter von Aegypten veranlaßte, die Söhne koptischer Eltern von dem Militairdienste freizusprechen. Er errichtete eine Bibliothek und eine Schule, welche dazu beitragen sollten, die koptische Nation in Aegypten aus ihrer Verdumpfung herauszureißen und sie wieder lebens'ähig zu machen. Er projektirte schließlich den Bau einer neuen Kirche, der auch in Angriff genommen wurde, dessen Vollendung er jedoch nicht mehr sah; er wurde in denselb en Gewölben beigesetzt, zu denen er den Grundstein gelegt hatte

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Marktpreise.

Berlin, 4. März. 92 8c. Roggen 2 Thlr, auch 1 Thlr. 22 Sgr. 6 Pf. Grosse Cerste 1 Thlr. 28 Sgr. 9 Pf. auch 1 Thlr 27 Sgr. 6 Pf. Hafer 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., auch 1 Thlr. 5 Sgr. und 1 Thlr. 2 Sgr. 6 Pf. Das Schock Stroh 9 Thlr., auch 8 Thlr. 15 Sgr. und 8 Thlr. Kartoffeln, der Scheffel 22 Sgr. 6 Pf., auch 20 Sgr. 6 Pf., metzenweise 1 Sgr. 6 Pf., auch 1 Sgr. 4 PFf.

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Berlmer Getezreidebsrse t vom 5 März. 8 1

Weizen loco 70 82 Phlr. pr. 2100 Pfd, hochbunt poln. 81 ½ Thlr. und gelb. schles. 77 Thlr. pr. 2100 Pfd. bez.

Koggen loco nach Qualität 45 ½ 47⸗ Thlr. pr. 2000 pfd. ab Bahn bez., schwimmend 79pfd. 45 ¼ Thlr. pr. 2000 Pfd. bez, März u. März- April 45 ½ ½ 46 Thlr. bez. u. Br., 45 ½ G., Frühjahr 46 45 46 ½ Thlr. bez. u. Br., 46 ½ G, Mai- Juni 46 ½ ¼ 47 Thlr. bez. u. Br., 46 1 84 Juni - Juli 47 47 ½ Thlr. bez., Br. u. G., Juli allein 48 Thlr. bezahlt.

Cerste, grosse u. kleine, 42 47 TPhlr. pr. 1750 pfd.

Hafer loco 25 ½ 27 8 Thlr., Lieferung pr. März 25 8 Thlr. bez., Frühjahr 25 ¼ ½ Thlr. bez., Mai - Juni 25¾1 Thlr. bez., Juui - Juli 26 ½ Thlr. bez. 1

Erbsen, Koch- und Futterwaare 47 57- Thlr. 8

Rüböl loco 11 Thlr. Br.,, März, März-April 11 ½ Thlr. bez. u. G., 11 Br. April - Mai 11 ½ —- Thlr. bez., 11 1 Br., 11 ¼ G., Mai- Jani 41ThIr. dr . Han. 11 ½ G., September- Oktober 11² 512 ¾ Thlr bez. u Br., 11 ¾ Gld.

Spiritus loco ohne Fass 20 ½ Thlr. bez., März u. März-April 20 ½ ½.² Thlr bez. u. Br., 20 ½ G., April-Mai 20 ¾ ½ Thlr. bez., Br. u. G., Mai-Juni 20 4 21 ⁄, Thlr. bez., Br. u. G., Juni - Juli 21 ¼1 bis 21 Thlr. bez., Br. u. G., Juli-August 21 ½ 23 Thlr. bez., August- Septbr. 21 ¾ 136 Thlr. bez, September-Oktobve 20 21 Thlr. bez.

Weizen wegen höherer Forderungen beschränkter Umsatz. Roggen loco in feiner Waare spärlich offerirt und zu festen Preisen gut zu lassen, Mittelsorten ohne Beachtung. Termine verkehrten bei guter Kauflust in steigender Richtung und sehliessen fest. Gekündigt 6000 Ctr. Rüböl etwas besser bezahlt bei lebhafterem Handel. Spirituse neuerdings gestiegen bei auszedehntem Handel, namentlich

Leipzig-Dresdener 21 Brief. Löbau

MHagdeb.-Leipziger 188 ½ Br. Berlin-Anhalter Litt. A., B. n. C. —. Berlin-Stettiner —. Cöln- Mindener —. Thüringische 103 ½ G. Friedrich-- Wilhelms -Nor —. Altona-Kieler —. Ankalt-Dessauer Landesbank-Actien 18 Br. Braunschweiger Bauk-Actien —. Weimarische Bank-Actien

Oesterreichische 5 proz. Metalliques —. 1854er L.oose IGG““

National-Anleihe 51 ¼ Br. Preussische Prämien-Akleihe —.

Leipzig, 4. März.

Ereslam, 5. März, 1 Uhr 30 Ninuten Naechmittags. (TeJ. Dep. des Staats-Anzeigers.) Oesterreichische Banknoten 67 Br. Frei- burger Stamm-Actien 93 ½ G. Oberschlesische Actien Litt. A. u. G 124 ½ Br.; do. Litt B. —. Gberae Prioritäts- Obligatienen Litt. D., 4proz., 88 f Br.; do. Litt. F., 4 proz., 95 ½ Br.; do. itt. E., 3 ½ prez., 76 G. Eosel-Oderberger Stamm-Aetien 37 ½⅔ Br. Neisse- Brieger Actien —. Oppeln-Parnewitzer Stamm -Aetien 35 Br. Preussische 5proz. Anleihe von 1859 106 ¼ Br.

Sviritus pr. 8000 pCt. Tralles 20 ½ Thlr. 6. 75 93 Sgr., gelber 74 92 Sgr. Roggen 55 63 Sgr. Gerste 40 56 Sgr. Hafer 28 34 Sgr. 1

Die Börse war matt und geschäftslos und die Course wenig ver- ändert. Oppeln-Tarnowitzer allein wurden höher bezahlt

Weizen, weisser